REGJO
32. Ausgabe 1/2013 3,90 EUR
Das Magazin für Wirtschaft und Kultur aus Mitteldeutschland
ISSN 1614-2837 www.regjo-mitteldeutschland.de
Märchenhaftes Mitteldeutschland
Wo wilder Wald wieder wächst
Frisch gewagnert ist halb gewonnen
Märchen und Sagen, jene Überlieferungen aus der Zeit,
Mitten in Deutschland, abseits von Trubel und
Ganz Leipzig steht im Zeichen des 200. Wagner-
keting entdeckt.
unseren Breiten vorkäme.
als das Wünschen noch half, geben Zeugnis vom Alter der Kulturlandschaften und wurden längst vom Tourismusmar-
Geschäftigkeit, besuchen wir einen Wald, wie er ohne das Wirken des Menschen überall in
Jubiläums. Was gibt es 2013 in der Stadt von dem bedeutenden Musiker zu hören und zu sehen?
sachsen-anhalt
profitieren sie Vom sachsen-anhalt-faktor. Wir bieten optimale bedingungen für ihre geschäfte.
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Liebe Leserinnen, liebe Leser, „Es war einmal…“ – mit diesen Worten ist häufig das Bild einer Großmutter verbunden, die mit einer Brille auf der Nase in einer warmen Stube hockt und ihren Enkeln Märchen aus einem dicken Buch vorliest. Diese Situation selbst gibt es in Wirklichkeit wohl kaum, sie scheint genauso wenig wahr wie die Geschichten, die vorgelesen werden. Aber sie wirkt. Weil auch sie die Sehnsucht nach einer Welt weckt, die zwar nicht perfekt ist, in der aber am Ende alles gut ausgeht. Es ist also nicht verwunderlich, dass Märchen, Sagen und Mythen wieder Konjunktur haben. Gesellschaftliche, politische und ökonomische Umwälzungen lassen den Wunsch nach Imaginationsräumen und fantastischen Alternativen wachsen. Vielleicht könnte man es als einen Gegentrend zu unserem rational strukturierten Leben deuten. Die Märchen-, Sagen- und Mythenvermarktung jedenfalls begegnet uns inzwischen nicht nur in der Werbung, in Kinofilmen oder auf Mittelalterfesten, auch das Tourismus- und Regionalmarketing hat die kulturellen und kommerziellen Chancen daraus längst erkannt – es kann den erlebnisorientierten Konsumenten ohnehin nicht mehr allein mit geografischen Kriterien hinter dem Ofen hervor holen. In der ersten REGJO-Ausgabe dieses Jahres haben wir uns unter dem Schwerpunkt „Kultur und Tourismus“ auf die Suche nach diesem Kulturerbe gemacht, zu dem auch Bräuche und Tanz, Musik, regionale Handwerks- und Speisenkultur, Produkte, Sprache und Symboliken gehören. Wenn wir es mit Hans-Christian Andersen halten, der gesagt haben soll: „Das wunderbarste Märchen ist das Leben selbst“, so hätten wir wohl einige Beiträge mit „Es war einmal…“ beginnen können. Handeln sie doch immer auch vom Leben, vom Wünschen, Verändern und von Sehnsüchten – ob der Bergwerkbetreiber, der Gastronom oder die verwunschen wirkende Hohe Schrecke, ob der vogtländische Instrumentenbauer oder das Universum des sächselnden Verführers und Visionärs Richard Wagner, in dem es auch an Mythen und Sagengestalten nicht mangelt. Im Interview mit einem Kulturwissenschaftler, der von dem unstillbaren Verlangen zu reisen und dem damit verbundenen Wohl und Weh des modernen Tourismus erzählt, finden sich diese Elemente genauso wieder wie in den märchenhaft vermarkteten Orten, die wir mit kritischem Blick besuchten und deren Figuren, Motive und Geschichten vom jeweiligen Regionalmarketing aufgegriffen werden.
IHR ZUHAUSE IN LEIPZIG Mitten in der historischen Altstadt von Leipzig liegt das 4-Sterne Seaside Park Hotel. Hinter der denkmalgeschützten Fassade finden Sie 288 Zimmer im Art-Deco-Stil, einen Wellnessbereich, Tagungs- und Banketträume, das „Nikolai Bistro“ und den „Steaktrain“, das etwas andere Steakrestaurant. Park Hotel · Richard-Wagner-Str. 7· 04109 Leipzig Telefon: 0341 / 98 52-0 · Fax: 0341 / 98 52-750 info@parkhotelleipzig.de · www.seaside-hotels.de
„Wir meinen, das Märchen und das Spiel gehöre zur Kindheit: Wir Kurzsichtigen! Als ob wir in irgendeinem Lebensalter ohne Märchen und Spiel leben möchten“, notierte einst Friedrich Nietzsche. Kommen Sie also mit und lernen Sie Mitteldeutschland von seiner sagenhaften Seite kennen! Und vergessen Sie dabei das Augenzwinkern nicht.
Ihre Janet Schönfeld Redaktionsleitung
Erleben Sie kulinarische Höhepunkte in stilvollem Ambiente Genießen Sie täglich von 18 bis 24 Uhr unsere Steaks aus US Rumpsteak oder vom Holstein Rind gegrillt auf einem 300 °C heißen Lavagrill und ergänzen Sie dazu diverse Saucen und frische Beilagen. Unsere Tatars vom Rind, Lachs oder Thunfisch sind ein ganz besonderes Geschmackserlebnis. Richard-Wagner-Str. 7 · 04109 Leipzig · Tel.: 03 41/98 52-0 · Fax: -750
1913 35 Märchenhaftes Mitteldeutschland 03 Editorial 05 4 Köpfe – 4 Meinungen 116 Kuturkalender
2013
120 Wussten Sie, ...
Regionale Wirtschaft
Legendärer Lockstoff und Regionalmarketing zwischen Geschichte und Geschichten: Drachenschlucht und Teufelskanzel, stehende Steine und sagenhafte Höhlen leisten ihren Beitrag zur Vermarktung.
06 Damit Lehrstellen keine Leerstellen bleiben Azubi-Speed-Dating in der IHK zu Leipzig
JUBI L Ä U M S PAK E T PARK HoTEL LEIPZIG · Zwei Übernachtungen · Seaside Frühstücksbuffet · Park Hotel Welcomepaket · Kostenfreie Wellnessnutzung im Hotel · Ein 3-Gang Menü Abendessen im Restaurant · Eintrittskarte asisi Panometer „Leipzig 1813 – In den Wirren der Völkerschlacht“ · Eintrittskarte Völkerschlachtdenkmal · Zwei Fahrkarten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Ausstellungen · Stadtrundfahrt mit dem oldtimerbus Preis pro Person 157 € Verlängerung und Zuschläge pro Nacht: Aufpreis für die Juniorsuite 50,00 € Verlängerungsnacht im EZ 87,00 € Verlängerungsnacht im DZ 107,00 € Generell gilt – die Buchung unserer Pakete erfolgt auf Anfrage nach Verfügbarkeit und ist spätestens bis 7 Tage vor Anreise möglich, buchbar ab 04.08.13. Park Hotel · Richard-Wagner-Str. 7 · 04109 Leipzig Telefon: 0341 / 98 52-0 · Fax: 0341 / 98 52-750 info@parkhotelleipzig.de · www.seaside-hotels.de 2013 – Jubiläum 200 Jahre Völkerschlacht bei Leipzig und 100 Jahre Völkerschlachtdenkmal
07 Traum von der Champions League Verleihung der achten Leipziger Lerche an RB-Gründer Mateschitz
09 Internationale Marktforschung Blackbox oder Schlüssel zum Erfolg
10 Fantastische Möglichkeiten Von Bayern nach Sachsen-Anhalt: Christoph Osterroth fand in Sangerhausen einen Platz für seine kreativen Ideen.
16 Laufend Freunde treffen Mit der Siebenseenwanderung den Südraum Leipzigs morgens, mittags oder nachts erkunden.
Gesundheit & Lebensart 18 Elegante Therapie Ästhetische und medizinische Hautprobleme mit Laser behandeln
20 Eine Frage der Kultur Erfolgreiches Gesundheitsmanagement braucht eine veränderte Unternehmenskultur.
22 „Der Mensch wird wichtiger“ Ein Interview über die Veränderungen in der Personalentwicklung
Energie & Umwelt 29 Energie für die Zukunft Denkfabrik und Dialog rund um die Energiewende aus ostdeutscher Sicht
31 Wenn der Balkon zum Kraftwerk wird Mutige Unternehmer wollen die Solarbranche umkrempeln.
Titelthema 40 „Der Drang zu reisen ist unstillbar“ Wie werden bestimmte Orte zu Zielen und warum fahren wir eigentlich weg? Wir sprachen in der Touristenstadt Weimar mit einem Kulturwissenschaftler.
43 „Regionale Kooperationen“ Der Tourist will entweder Stadt oder Dorfidylle. Aber wie können sich die Orte behaupten, die dazwischen liegen?
45 Trend Verantwortung Das Urlaubziel auch für die nächste Generation erhalten: Die Malediven haben das schon vor Jahrzehnten verstanden.
48 Die Hohe Schrecke – ein alter Wald in Mitteldeutschland Sie liegt mitten in Deutschland und doch abseits von Trubel und Geschäftigkeit. Dieses Nischendasein hat ihr den Charakter bewahrt, der sie heute für Naturschutz und Regionalentwicklung so interessant macht.
54 „Nur Reis können wir nicht anbauen“ Lebensmittel aus der Region landen heute eher selten in deutschen Bäuchen. Ein Gastronom und ein Naturschützer gehen längst jene Wege, die nun seit den jüngsten Lebensmittelskandalen diskutiert werden.
regjo
INHALT 3
62 Frisch gewagnert ist halb gewonnen
100 Unterwegs
2013 wagnert es weltweit. Auch in Leipzig, wo Wagner am 22. Mai 1813 geboren wurde, steht der große Komponist in diesem Jahr im Mittelpunkt der Öffentlichkeit. REGJO begibt sich auf Wagners Spuren in Leipzig und schaut hinter die Kulissen.
Ein Besuch im Vogtland, der Heimat eines kleinen stolzen Völkchens, das sich mit seinen Produkten in der großen Welt behauptet.
Kultur
Unterwegs
64 Interview mit Ulf Schirmer REGJO sprach mit Ulf Schirmer, Intendant und Generalmusikdirektor an der Oper Leipzig, über die Instrumentation und Aufführungspraxis von WagnerOpern.
71 Interview mit Stefan Balkenhol REGJO im Gespräch mit Stefan Balkenhol über das Erbe von Richard Wagner und seinen Einfluss auf die bildende Kunst
74 Nur in unseren Köpfen? Die Ausstellung „Mythos Wagner“ in der Klinger-Villa zeigt Arbeiten von Markus Lüppertz, Mariano Fortuny, Anselm Kiefer, Jonathan Meese und Thorsten Brinkmann.
78 Tanz ohne große Worte Immer feste tanzen: Zehn Tage lang wird die Tanzwoche Dresden die Bewegungskunst zelebrieren.
83 Heimkehrer Von der Vielfalt der mit Sachsen verbundenen, künstlerischen Positionen.
84 Erkennen, Erinnern und Reflektieren Die Ausstellung „copy & repeat“ beschäftigt sich mit Fragen zum „Abbild“ und zur „Wiederholung“ in der bildenden Kunst.
85 Noch ein Gesamtkunstwerkler Zum ersten Mal wird das Jahr des „Alleskönners“ Henry van de Velde groß gefeiert
87 Statistik und aristokratisches Prinzip Die Leipziger Buchmesse zwischen Literatur und Zahlen als Mantra, erratischen Listen, Kalkül, wahren Bestimmungen und einer richtigen Preisträger-Wahl.
89 Donnergebrüll zum Jubiläum Ein Theaterstück zum Jubiläum der Völkerschlacht
99 Auf Luthers Spuren 79 Theaterlandschaft Mittelsachsen Veranstaltungen in Freiberg, Döbeln und Kriebstein zwischen traditionsreichem Bühnenboden und neu installierter Seebühne.
81 Sozialkritik auf dem Rummelplatz Das Theater der Jungen Welt portraitiert das Volk in der Krisenzeit.
82 Die Macht der Zeichen Eine Reise zwischen Mimik und Gestik, Kleidung und Sprache im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig.
Auerbachs Keller lädt zu einer reformatorischen Entdeckungsreise in die Zeit des 16. Jahrhunderts.
106 Zu Besuch im Musikwinkel Markneukirchen ist die Stadt, in der in einer Straße mehr Instrumentenbauer zu finden sind als anderswo im gesamten Bundesland. Wir sprachen mit einem Geigenbaumeister in fünfter Generation.
112 Verstummtes Berggeschrei Sachsens Bergbau zwischen Blüte und Niedergang: Eine unterirdische Reise in Welt des Hammers und des Schlägels.
115 Vater und Sohn Die Galerie e.o.plauen zeigt neben seinen bekannten Bildergeschichten auch den Menschen Erich Ohser als scharfen Beobachter seiner Zeit
Chemnitz | Dessau-Roßlau | Dresden | Erfurt | Gera | Halle | Jena | Leipzig | Magdeburg | Weimar | Zwickau
Meisterwerke sind unser täglich Brot. Von Mitteldeutschland aus schufen Martin Luther, Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller, Richard Wagner und die Bauhaus-Bewegung einzigartige Zeugnisse der europäischen Kultur- und Geistesgeschichte. Heute stehen der Thomanerchor, die Malerei der „Neuen Leipziger Schule“ und das Werkleitz Festival für die einzigartige kulturelle Vielfalt in der Metropolregion Mitteldeutschland. Besuchen Sie uns und entdecken Sie unsere Schätze! w w w.reg ion-m it teldeutsc h la nd.com
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Meisterwerke Ku lt u r vol les M it te ldeut sc h la nd
metropolregion mitteldeutschland
Meisterwerke unserer Metropolregion aus dem Kultur wegweiser im Downloadbereich unter region-mitteldeutschland.com.
metropolregion mitteldeutschland
regjo
Peter Hausmann
Prof. Dr. Birgitta Wolff
Karl Detlef Mai
MEINUNG 5
Stefan Voß
4 Köpfe – 4 Meinungen
Um eine stabile Tourismusentwicklung in Mitteldeutschland sowie weitere Nachfragezuwächse anzuregen, bedarf es einer steten Weiterentwicklung der touristischen Infrastruktur. Wo betrachten Sie Investitionen als am geeignetsten, um hierfür vermehrt Potentiale zu schaffen?
Peter Hausmann, Vorstand der Harz AG:
„Die touristische Infrastruktur des Harzes ist bereits gut aufgestellt. Das zeigen nicht zuletzt die stetig wachsenden Übernachtungszahlen. Ich sehe eine weitere Chance vor allen Dingen bei Schlecht-WetterAngeboten. Investitionen in diesem Bereich wirken einerseits der saisonalen Abhängigkeit des Tourismus allgemein entgegen, andererseits verhelfen sie der Region zu zusätzlicher Attraktivität. Darüber hinaus ist auch das Angebot für jüngere Zielgruppen ausbaufähig. Hierbei ist es sinnvoll, mit einer Kombination aus den Möglichkeiten der modernen Technik und dem natürlichen Angebot der Region zu begeistern. Denn die jungen Besucher von heute sind die potenziellen Urlauber von morgen.“ Prof. Dr. Birgitta Wolff, Ministerin für Wissen-
schaft und Wirtschaft des Landes SachsenAnhalt: „Die Gästeübernachtungen in SachsenAnhalt entwickeln sich stabil positiv. Dies ist auch ein Resultat einer touristischen Infrastrukturentwicklung, basierend auf einer Konzeption, die thematische Schwer-
punkte setzt. Zukünftig ist entscheidend, in Themen zu investieren, die Sachsen-Anhalt verstärkt in den internationalen Fokus rücken. Mit dem Reformationsjubiläum 2017 und dem Bauhausjubiläum 2019 liegen diese Themen bereits auf der Hand. Weiterhin gilt es, die Qualität bestehender Infrastruktur – ich denke hier an Rad- und Wanderwege sowie an die kulturellen Zeugnisse der ‚Straße der Romanik‘ und der ‚Gartenträume‘ – zu erhalten. Vorantreiben werden wir zudem die Entwicklung der touristischen Infrastruktur im Harz, der wichtigsten Destination in SachsenAnhalt.“ Karl Detlef Mai, Inhaber des Leipziger Tou-
rismus-Service Rundum Leipzig - MaiRegio Tour:
„Der gemeinsame Auftritt der Seenlandschaften in Mitteldeutschland trägt zur Erhöhung der Wahrnehmung neuer Angebote bei und bewirbt diese wechselweise. Die Touristenziele müssen öffentlich gut angebunden werden, bus- und behindertenfreundlich und von der verkehrsseitigen Erschließung her langfristig staufrei erreichbar sein. Der Bekanntheitsgrad des Leipziger Neuseenlandes und die Bünde-
Bildnachweis: Harz AG, Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt, Karl Detlef Mai, Sebastian Hoppe
lung bei Wegweisungen im Straßenverkehr, in Flughäfen, Bahnhöfen und Busbahnhöfen und mit neuen Informationstafeln im Wirtschaftsraum zwischen Leipzig, Halle und Dessau wirken länderübergreifend vernetzend. Als Besonderheit in der Region ist das bestehende Leitsystem zur Straße der Braunkohle zu nennen.“ Stefan Voß, Geschäftsführer der Stadtmarketing Halle (Saale) GmbH:
„Aktiv-, Natur- und Wellnesstourismus sind die Kernthemen für die Urlaubsregion Deutschland. Dazu muss vor allem die Infrastruktur an Beschilderung, Radwegen und Bootsanlegern in Mitteldeutschland verbessert werden. Auch an den Wegstrecken entlang der Saale sollten besondere Erlebnisse in puncto Gastronomie, Pensionen mit Wellness- und Ökoangeboten oder Kunst und Kultur geboten werden. Die Flusslandschaft Saale ist ebenso ein bisher noch wenig geschliffenes Juwel.Die direkte Lage Halles an der Saale birgt daher große Potenziale. Diese aufund auszubauen – gerade für Sport- und Freizeitbootsführer – ist sehr lohnenswert. Ein City-Beach-Areal am Saaleufer würde zudem Aufenthaltsqualität schaffen.“
6 REGIONALE WIRTSCHAFT
RegJo
Azubi-Speed-Dating auf dem Aktionstag Lehrstellen 2012: Volle Konzentration – zehn Minuten, um sich gegenseitig über Ausbildungsfragen auszutauschen.
Damit Lehrstellen keine Leerstellen bleiben IHK zu Leipzig bringt Unternehmen und Auszubildende zusammen. Text: IHK zu Leipzig Fotografie: IHK zu Leipzig
Die Ausbildungsumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig aus dem Jahr 2012 hat gezeigt: Die Unternehmen sehen in der eigenen Ausbildung den Schlüssel zur Fachkräftesicherung. Um auf die sinkenden Bewerberzahlen zu reagieren, setzen sie noch stärker auf ein verbessertes Ausbildungsmarketing, nutzen vielfältige Rekrutierungswege und bieten mehr Praktikumsmöglichkeiten an. Dabei hilft ihnen die IHK zu Leipzig. IHK-Lehrstellenbörse für Unternehmen und Jugendliche Die IHK zu Leipzig beteiligt sich an der bundesweiten Lehrstellenbörse der IHKs. Sie ist für Unternehmer und Jugendliche erreichbar unter www.leipzig.ihk.de/lehrstellenboerse. Betriebe, die ihre freien Ausbildungsplätze dort einstellen, dehnen ihren Suchradius auf ganz Deutschland aus. Unternehmen mit vielen Filialen können ihre Angebote zentral einpflegen und für ihre Standorte nach Auszubildenden suchen. Jugendliche, die sich für einen ganz speziellen Beruf interessieren, haben bes-
sere Chancen, einen passenden Ausbildungsplatz zu finden. Unterstützung bei der Vermittlung von Schülerbetriebspraktika Auch bei der Vermittlung von Schülerpraktika unterstützt die IHK zu Leipzig die Unternehmen. Dazu hat sie einen Katalog mit Anforderungsprofilen erstellt. Unternehmen können in einem Anforderungsprofil die Ansprüche, die sie an Praktikanten haben, detailliert darstellen. Dieses wird an die Schulen der Region weitergeleitet. So haben die Berufsorientierungslehrer in der Vorbereitungsphase von Schülerpraktika die Möglichkeit, die Unternehmen entsprechend der Interessen ihrer Schüler zu vermitteln. Alle Firmen, die sich in diesen Katalog eintragen, erhalten den im DIHKVerlag erschienenen „Leitfaden Schülerpraktika“. Aktionstag Lehrstellen in Leipzig mit AzubiSpeed-Dating Am 25. Mai 2013 findet in Leipzig wieder
der Aktionstag Lehrstellen statt – der größte Berufsorientierungstag in Mitteldeutschland. Unternehmen aus Sachsen, SachsenAnhalt und Thüringen stellen unter freiem Himmel im Zentrum für Aus- und Weiterbildung Leipzig am Ritterschlößchen insgesamt über hundert Berufe aus Industrie, Handel, Handwerk, Landwirtschaft, öffentlichem Dienst, dem Kommunikations- und Mediensektor sowie Bundeswehr vor und können mit dem Fachkräftenachwuchs ins Gespräch kommen. Neben zahlreichen anderen Aktionen findet auch ein AzubiSpeed-Dating zwischen Jugendlichen, die eine Lehrstelle suchen, und ausbildenden Unternehmen statt. Dabei bleiben nur 10 Minuten für eine kurze Vorstellung. Passgenaue Vermittlung Damit auch kleine und mittelgroße Unternehmen ihr Ausbildungsengagement aufrechterhalten können, hilft die IHK zu Leipzig mit dem kostenlosen Service zur „Passgenauen Vermittlung Auszubildender an ausbildungswillige Unternehmen“. Unternehmen, die Azubis suchen, können ihre Angebote der IHK zu Leipzig unkompliziert mitteilen. Die Ausbildungsberater erfassen die Anforderungen des Unternehmens, unterstützen bei der Suche nach geeigneten Bewerbern und vermitteln interessierte Jugendliche, die zum Anforderungsprofil passen.
www.leipzig.ihk.de
REGJO Regionale Wirtschaft 7
Übergabe: Dr. Mathias Reuschel reicht die Leipziger Lerche stellvertretend an RB-Geschäftsführer Ulrich Wolter. Umringt ist dieser von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (links), Laudator Burkhard Jung und einer Gratulantin.
Traum von der Champions League
Die achte Leipziger Lerche, der jährlich vom Gemeinsam für Leipzig e.V. verliehene Preis, ging dieses Jahr an RB-Gründer Mateschitz. Text: Franziska Reif Fotografie: Wolfgang Winkler
Großes Hallo in der Kuppelhalle der Leipziger Volkszeitung am 25. Januar: Der Gemeinsam für Leipzig e.V. hatte zum Neujahrsempfang geladen. Neben Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Oberbürgermeister Burkhard Jung waren Abgeordnete aus Stadt, Land, Bund und EU gekommen, außerdem unter anderem die Präsidenten der Handwerkskammer, Ralf Scheler, und der IHK zu Leipzig, Wolfgang Topf. Seit 2006 ist es im mittelständischen Unternehmerverein Tradition, den Neujahrsempfang mit der Verleihung der Leipziger Lerche zu verbinden. Geehrt werden damit Persönlichkeiten, die sich um die Stadt und die Region verdient gemacht und den Namen Leipzigs in der Welt gemehrt haben. Unter den Preisträgern waren schon Zoo-Chef Jörg Junhold, Kabarettist Bernd-Lutz Lange und Künstler Neo Rauch. Von der Oberliga zur Champions League Der Leipziger Fußballverein Rasenballsport Leipzig e.V. (RB Leipzig) wurde im Mai 2009 auf Betreiben von Dietrich Mateschitz
gegründet und spielte zunächst anstelle des SSV Markranstädt. Hinter dem Verein steht das Unternehmen Red Bull. Der Getränkehersteller hat ehrgeizige Pläne mit den Rasenballern, die derzeit in der Regionalliga Nordost spielen: Er strebt einen Aufstieg in die Bundesliga an, hat die Vision von der Champions League. Ein derartiger Griff nach den Sternen passt natürlich zum fast schon sprichwörtlich gewordenen Leipziger Größenwahn. Investitionen in Trainingszentrum Kontrovers wurde bei der Gründung von RB die Tatsache aufgenommen, dass ein Unternehmen einen Verein aus dem Boden oder genauer: Rasen stampft. Von „Retortenverein“ war die Rede und davon, dass solch ein Vorgehen mit „echter“ Fankultur nichts zu tun habe. Demnach dient ein Aufstieg der Mannschaft nicht dem fußballerischen Ansehen der Stadt Leipzig, sondern eher dem süßen Muntermacher aus der Dose. Weitere Kritik entzündete sich am RB-Trainingszentrum. Für das Zentrum
am Cottaweg, das in diesem Jahr fertiggestellt werden soll, nimmt Red Bull insgesamt um die 30 Millionen Euro in die Hand. Die Stadt selbst muss auch knapp drei Millionen Euro beisteuern. Umweltverbände hatten Bedenken angemeldet, weil durch die Bauarbeiten Änderungen im Biotop-Verbund des Auwalds unvermeidlich sind. Fußballclub und Trainingszentrum waren für die Entscheidung der externen Jury ausschlaggebend. „Dietrich Mateschitz unterstützt den RB-Verein und engagiert sich für das Trainingszentrum“, fasst Wolfgang Winkler, Vorstand des Gemeinsam für Leipzig e.V., zusammen. Erstmalig wurde in diesem Jahr der Preis in Abwesenheit verliehen. Mateschitz meidet die Öffentlichkeit, hat in der Vergangenheit auch schon Preise abgelehnt. Stellvertretend für den Red-Bull-Gründer übernahm das Messing RB-Geschäftsführer Ulrich Wolter. Die Laudatio auf Mateschitz hielt Oberbürgermeister Jung. www.gemeinsam-fuer-leipzig.de
Das Magazin für Wirtschaft und Kultur aus Mitteldeutschland
REGJO Das Magazin beschreibt den Wandel in Wirt-
Das Regional-Journal für den Wirtschaftsraum Leipzig/Halle Altenburg Dessau Wittenberg Bitterfeld Delitzsch Torgau Grimma Weißenfels Naumburg
REGJO
3/2006
4/2010
Das Magazin für Mitteldeutschland
www.regjo-leipzig.de Schutzgebühr 3 EUR
4 EUR
ISSN 1614-2837 www.regjo-leipzighalle.de
schaft, Gesellschaft, Forschung und Kultur in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Wissensdurst
Gesundheitsstandort im Fokus
Es berichtet kontinuierlich in den Rubriken regionale 1/2005
tur, Kultur & Tourismus über Aspekte, Veränderungen
1/2005
Wirtschaft, Energie & Umwelt, Immobilien & ArchitekDas Regional-Journal für den Wirtschaftsraum Leipzig/Halle Altenburg Dessau Wittenberg Bitterfeld Delitzsch Torgau Grimma Weißenfels Naumburg
3/2005
Das Regional-Journal für den Wirtschaftsraum Leipzig/Halle (Saale)
www.regjo-leipzig.de Schutzgebühr 3 EUR
2/2008
4 EUR
ISSN 1614-2837 www.regjo-leipzig.de
Drum prüfe, wer sich ewig bindet
Luthers Land
„Amerika“ als Neuanfang
und Trends.
Altenburg Bitterfeld Borna Dessau-Roßlau Jena Köthen Merseburg Naumburg Torgau Weißenfels Wittenberg
Meisterwerke
Zusammenhängen, zeigt Mitteldeutschland wie es ist:
1/2005
vielfältig, unverstellt, kreativ und widersprüchlich.
1/2005
Das Regional-Journal für den Wirtschaftsraum Leipzig/Halle
2/2008
REGJO Das Magazin sucht nach Hintergründen und
Quo vadis?
Das Regional-Journal für den Wirtschaftsraum Leipzig/Halle
Das Regional-Journal für den Wirtschaftsraum Leipzig/Halle
2/2006
Altenburg Dessau Wittenberg Bitterfeld Delitzsch Torgau Grimma Weißenfels Naumburg Jena
www.regjo-leipzig.de
1/2007 www.regjo-leipzig.de Schutzgebühr 4 EUR
Das Regional-Journal für den Wirtschaftsraum Leipzig/Halle Altenburg Dessau Wittenberg Bitterfeld Delitzsch Torgau Grimma Merseburg Weißenfels Naumburg Jena
Richard Wagner Spezial
Umbau Ost
Das Regional-Journal für den Wirtschaftsraum Leipzig/Halle
Die Sonderhefte 2013 aus dem REGJO-Verlag:
Der X-Faktor
1/2007
Anpfiff
Quadratur des Kreises
Der Faktor Mensch
Immer gut in Form
Altenburg Dessau Wittenberg Bitterfeld Delitzsch Torgau Grimma Weißenfels Naumburg
Anlässlich des 200. Geburtstages des Komponisten: Festtage und Kongresse 2013 in Leipzig: Erscheinung April 2013 (in deutscher und englischer Sprache)
Spinnerei 2013
Leipziger Galerien stellen aus: Erscheinung Mai/ Juni 2013 (in deutscher und englischer Sprache)
Sachsen Sail 2013
Wenn Unternehmer übers Meer reisen: Erscheinung Mai 2013
Deutsch-Russische Beziehungen
Erscheinung: Juni 2013 (in deutscher und russischer Sprache)
Kulinarische Reise durch Mitteldeutschland
Gastronomie und Erzeuger in Mitteldeutschland: Erscheinung
Keine ABO-Karte mehr? Dann unter:
Vernetzt Euch
Telefon 0341 975 67 1 0 E-Mail abo@regjo-leipzighalle.de und Abo-Formular www.regjo-leipzighalle.de
August/ September 2013
Verbände, Vereine und Initiativen der Wirtschaft in Mitteldeutschland: Erscheinung November 2013
Die spezifischen Mediadaten senden wir Ihnen gerne zu. Bitte melden Sie sich auf: info@regjo-leipzighalle.de
2/2007 www.regjo-leipzig.de Schutzgebühr 4 EUR
REGJO
GASTBEITRAG 9
Internationale Marktforschung – Blackbox oder Schlüssel zum Erfolg? Die Erfahrungen zahlreicher Unternehmen zeigen, dass erfolgversprechende Chancen in internationalen Märkten vielfach verkannt werden. Diesem Versäumnis kann man mit Hilfe der Marktforschung zumindest in relevanten Teilen begegnen. Damit wird das Instrument der Marktforschung – sofern richtig angewendet – zu einem wichtigen Bestandteil des Internationalisierungsprozesses. Es lohnt also ein näherer Blick darauf.
Text: Sergey Frank
Welche Daten und wie adaptiert? Um internationale Marktforschung zu einem effektiven Instrument zu machen, ist es u.a. wesentlich, lokale Eigenheiten in Erwägung zu ziehen. Schlüsselaspekte in diesem Zusammenhang: Wo existieren lokale Gegebenheiten, die den Markt relevant beeinflussen? Wie lautet die Definition des lokal adaptierten Markts? Tatsächlich machen viele Unternehmen den Fehler, den avisierten ausländischen Markt nahezu deckungsgleich mit dem Heimatmarkt zu identifizieren. In Bezug auf Kunden- oder Klientenbedürfnisse wird argumentiert: „Die sind schon ähnlich!“, das Wettbewerbsverhalten tun sie mit „Das sind doch eh immer die gleichen“ ab und zur Kommunikation meinen sie: „Wir haben eine englische und eine italienische Homepage, das passt auch für Indien“. Diese leicht überspitzten, aber leider zu häufig zutreffenden Beispiele zeigen, dass die Marktdefinition manchmal nicht detailliert genug angewendet wird. Überlegen Sie sich daher exakter, welche Parameter Ihren ausländischen Zielmarkt ausmachen. Dieser kann sich in einem anderen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen oder kulturellen Kontext deutlich vom Heimatmarkt absetzen: Wissen Sie zum Beispiel, ob Ihre potenziellen Kunden in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder in Thailand das gleiche Kundendienstportfolio um das Produkt herum wünschen wie in Deutschland? Haben Sie einen genauen Überblick darüber, welche vergleichbaren
Konkurrenten gerade in Russland tätig sind? Marktinformation effektiv einsetzen Man sollte wissen, dass Marktforschung in Wachstumsmärkten grundsätzlich nur selten mit Marktforschung in konsolidierten Ländern wie z.B. Frankreich oder den Niederlanden vergleichbar ist. Mitunter sind Daten nicht objektiv, sondern teilweise manipulativ und ergeben keine realistische Basis. Daher wird es äußerst relevant, eine Datenerhebung in diesen Ländern nicht nur auf öffentlich verfügbare Daten aufzubauen, sondern mehr „individuelle Detektivarbeit“ einzusetzen, d.h. relevante Marktinformationen durch bekannte Distributoren- und Vertriebskanäle, durch unabhängige Statistiken sowie durch das eigene Netzwerk zu erweitern. Eine richtig eingesetzte Marktforschung hilft in diesen Märkten insbesondere, die kommerziellen Verhältnisse, das Konsumverhalten und bestehende Trends besser zu analysieren. Jedoch ist diese Maßnahme nur als erster Schritt zu einem mittel- und langfristig erfolgreichen Markteintritt zu werten. Was folgen muss, ist die strategische Planung der weiteren Marketinginstrumente sowie der Aufbau von Distributionsverhältnissen und Netzwerken vor Ort. Pionier oder nicht Pionier? Das ist hier die Frage. Als Pionier in einem Markt können Sie sich als Erster bei den Kunden etablieren. Einmal etabliert wird Sie ein Konkurrent nicht so schnell von Ihrer Füh-
rungsposition verdrängen. Zudem wachsen die Wachstumsmärkte überproportional. Selbst mit einem stagnierenden eigenen Marktanteil können Sie also weiter vom natürlichen Wachstum des Markts profitieren. Darüber hinaus lassen sich strategische Partner und Vertriebskanäle besetzen. Wie geht es weiter? Stetige Aktualisierung – das ist der Schlüssel! Die Marktanalyse sollte ständig angepasst werden, da die zunächst gewonnenen Erkenntnisse nach gewisser Zeit nicht mehr zutreffen. Bitte beachten Sie, dass diese Wachstumsmärkte in ihrer inhärenten Dynamik eine sehr überschaubare Halbwertszeit haben. Auch diese Dynamik macht zahlreiche Wachstumsmärkte für ausländische Unternehmen und Investoren so attraktiv. Wichtig ist dabei jedoch immer die langfristige Strategie und vor allem auch Geduld – gerade am Anfang. Besonders im Konsumgüterbereich (B2C) ist es wesentlich, Vertrieb und Kommunikation den lokalen Gegebenheiten anzupassen – basierend auf den Erkenntnissen aus der Marktforschung. Dies gilt vor allem für Geschmacksvorstellungen, Kultur, Sprache und sonstige Marktgegebenheiten. Im B2B-Bereich sind Unternehmen insbesondere aus dem deutschsprachigen Raum oft erfolgreich, wenn sie innovative und für den spezifischen Markt interessante und adaptierbare Produkte, einen lokal agierenden Kundendienst und eine durchdachte Preisstrategie offerieren. www.sergey-frank.de
10 REGIONALE WIRTSCHAFT
RegJo
Basaltfasergewebe
Fantastische Möglichkeiten Nach 20 Jahren in Bayern fand der Unternehmer Christoph Osterroth in Sangerhausen den richtigen Ort, um zu expandieren und seine hochinnovativen Produkte und Technologien erfolgreich weiterzuentwickeln. Text: Katharina Lipskoch Fotografie: Joerg Lipskoch / Christoph Osterroth
Weiß wie Schnee ist das Granulat in dem Glaszylinder, den Christoph Osterroth in den Händen hält. Es ist Polycarbonat, ein wertvoller technischer Kunststoff, für den die Industrie zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten kennt – wenn er ihr lupenrein zur Verfügung gestellt wird. Der Ingenieur und Unternehmer Osterroth tut genau das sehr erfolgreich: indem er ihn mittels eines komplexen Verfahrens beim Recycling von CDs gewinnt. Die beeindruckende Palette dieser und anderer Produkte aus seinem Haus auf dem Gelände des Industrie- und Gewerbeparks „Alte Maschinenfabrik“ in Sangerhausen zeugen von den unternehmerischen Erfolgsgeschichten, die Christoph Osterroth geschrieben hat und weiter schreibt. Und davon, dass er einen Platz gefunden hat, an dem er seine kreativen Ideen Wirklichkeit werden lassen kann. Rückblick ins Jahr 2002. Die Firma Newcycle, ein Familienunternehmen, das Christoph Osterroth gemeinsam mit seiner Frau Susanne in München führt, ist mit einem patentierten Verfahren zum Recycling von CDs nach sieben Jahren europäischer Marktführer. Es ist an der Zeit zu wachsen. Doch sechs Monate vergeblicher Suche nach einer geeigneten Immobilie veranlasst die Osterroths, sich über Bayern hinaus umzusehen. Fündig werden sie ganz
woanders: in Sangerhausen, im Herzen Mitteldeutschlands. Pendelt Christoph Osterroth, vierfacher Familienvater, zunächst drei Jahre lang nach München und zurück, verlegt die Familie 2005 ihren Lebensmittelpunkt komplett nach Sangerhausen. Rückblickend sagt der Unternehmer: „Es war eine der wichtigsten strategischen Entscheidungen, unseren Standort hierher zu verlegen.“ Beste Bedingungen für den Mittelstand Mit seiner Lage im Zentrum der Bundesrepublik und der optimalen Anbindung durch die Autobahn und das nahe DHL-Drehkreuz lagen die logistischen Vorteile des neuen Standorts auf der Hand. Doch schon bald war es vor allem das große Engagement der kommunalen Verwaltung, allen voran der Wirtschaftsförderung, das Osterroths das Ankommen erleichterte – ob bei der Suche nach einer Immobilie oder der Bewältigung bürokratischer Hürden im Genehmigungsprozess. Selbst der damalige Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt, Dr. Reiner Haseloff, bot seine Unterstützung an. „Diese Offenheit und der persönliche Zugang zu Entscheidungsträgern stellt für mittelständische Unternehmen einen ungeheuer
REGJO REGIONALE WIRTSCHAFT 11
Detail einer Düsenwanne
positiven Standortfaktor dar“, lobt Christoph Osterroth. Nicht zuletzt, und ganz entscheidend für den späteren Erfolg, fand er in Sangerhausen Arbeitskräfte, wie sie für ein innovatives Unternehmen wie seines gebraucht werden: motiviert und mit der Fähigkeit zur Improvisation ausgestattet. So realisierte Newcycle mit derselben Mitarbeiterzahl wie zuvor in Bayern am neuen Standort eine Produktionssteigerung von 20 Prozent. In jeder Hinsicht, so zeigte sich bereits nach kurzer Zeit, war der Umzug nach Sachsen-Anhalt goldrichtig gewesen. Auch privat wurden der gebürtige Kölner und seine Familie in Sangerhausen schnell heimisch – dank der Menschen in der neuen Wahlheimat, die sie als „ganz besonders freundlich und integrativ“ beschreiben. Leidenschaft trifft Strategie Christoph Osterroth ist Unternehmer mit Leib und Seele – hellwach, mutig und
unkonventionell – und legt großen Wert auf seine Freiheit „in der Entscheidung und im Kopf“. Seine Strategie ist so schlicht wie genial: Ganz konsequent setzt er ausschließlich auf innovative Produkte und exklusive Industrienischen – und das mit größter technologischer und wirtschaftlicher Perfektion. Der Erfolg gibt ihm Recht: Das Familienunternehmen Newcycle hat nach der Expansion eine rasante Entwicklung erlebt und sich neue Geschäftsfelder erschlossen, ohne seinen Kernkompetenzen untreu zu werden. Neben dem Entschichten von CDs, dem Mahlen und Compoundieren von Kunststoffen stellt Osterroth gemeinsam mit einem großen deutschen Händler für technische Applikationen pulverisierte Weinsäure her, die er, ebenfalls als europäischer Marktführer, bis nach Afrika und Asien exportiert. Doch damit nicht genug. Vor acht Jahren hat Christoph Osterroth eine zweite Firma in Sangerhausen aus der Taufe gehoben. Die Deutsche Basalt Faser GmbH, ein
nur bei uns.de
deutsch-georgisches Joint Venture, produziert aus Basaltschmelze flexible Steinfasern, die beinahe täglich neue Anwendungsmöglichkeiten entdecken lassen. Ob in der Automobilindustrie, im Leichtbau oder als Bewuchsschutz für Offshore-Anlagen – die grün-golden schimmernde Steinfaser steckt voller Potenzial – ganz nach dem Geschmack des unermüdlichen Entdeckers Christoph Osterroth. Nicht zuletzt, weil er damit auf lange Sicht die Vision von vielen Arbeitsplätzen für die Region – seine Region – verbindet. Das Resümee des Unternehmers fällt eindeutig und mit Nachdruck aus: „Es war eine der besten Entscheidungen, mit unserem Betrieb nach Sangerhausen zu kommen. Wir haben hier fantastische Möglichkeiten.“ Mehr Informationen unter www.newcycle.de und www.deutsche-basalt-faser.de. Unter www.igg-mafa.de präsentiert sich der Industrie- und Gewerbepark „Alte Maschinenfabrik“.
Connex erinnert Sie gerne daran:
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Haben Sie Freude daran, Papierkram zu erledigen? Nein? Wir schon. Und zwar für Sie. Mit dem ganzen Spektrum an Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Unternehmensberatung und Rechtsberatung tun wir das, was wir am besten können: Ihnen einen freien Kopf verschaffen und Sie daran erinnern, mehr Spaß an Ihrem Geschäft zu haben. Hört sich das gut an? Dann schauen Sie doch mal, wo Sie uns in Ihrer Nähe finden und machen Sie einen Termin mit uns aus. Wir freuen uns. www.connex-stb.de
14 ADVERTORIAL RegJo
Zielgruppengerecht kommunizieren Bachelorstudium bei EC Europa Campus.
Wer Marken und Unternehmen bekannt machen will und Meinungen und Märkte verändern möchte, muss sich bewusst auf die jeweiligen Zielgruppen einstellen. EC Europa Campus bietet passende Studiengänge an, die den Studierenden dieses Know-how praxisgerecht vermitteln. Sie schließen mit dem Bachelor of Arts und dem Master of Arts ab. Ein Gespräch mit Prof. Dr. Volker Kreyher, akademischer Leiter des EC Europa Campus mit Studienzentren in Karlsruhe, Mannheim und Frankfurt/Main.
nete Kommunikationsinstrumente. Ein Charakteristikum dieser Trendgruppe ist, dass sie sowohl risikofreudig als auch traditionell eingestellt ist: Diese Jugendlichen sind gleichzeitig spaß- und erfolgsorientiert.
Was muss geschehen, um Marketingkampagnen wirksam zu machen? Kampagnen müssen geplant und gesteuert werden. Dafür ist es notwendig, alle Aktivitäten strategisch auf die Ziele und Zielgruppen auszurichten. In der taktischen Planung der Einzelmaßnahmen kann man dagegen flexibel bleiben.
Sport- und Gesundheitsorientierung liegen im Trend – wie lässt sich dieser Trend marktgerecht nutzen? Körperbewusstsein, Fitness, Wellness, Health and Beauty gehören zum Lifestyle junger, businessaktiver Menschen. Gerade wenn es um die Entwicklung touristischer und freizeitbezogener Angebote, etwa im Hotel- oder Gastronomiebereich, geht, sollten die Erwartungen des neuen „Lifestyles of Health and Sustainability“ gezielt erfüllt werden. Soziale Netzwerke und Event-Angebote sind auch hier die passenden Kommunikationsinstrumente, um sport- und gesundheitsorientierte Menschen gezielt anzusprechen.
Wie ist es mit der Zielgruppe der Jugendlichen – wie kann man sie erreichen? Eine sehr marktaktive Trendgruppe sind die „Großstädtischen Jugendlichen“: Sie sind mode- und markenbewusst, eventorientiert und experimentierfreudig. Körperkultur und Sport spielen eine wichtige Rolle. Social Media und Eventmarketing sind hier geeig-
Die Zielgruppe älterer Menschen ist für das Marketing besonders relevant – welche Trends zeichnen sich ab? Gerade im Mode-, Gesundheits- und Sportmarketing sind aktive ältere Menschen eine wichtige Zielgruppe. Jugend und Jungsein ist heute keine Frage des Alters mehr – sondern eine Frage der Einstellung. Lebensqualität und moderne Lebenskultur müssen in allen
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Aussagen, besonders in der bildlichen Ansprache, zum Tragen kommen. Eine Zielgruppe, die sich durch hohe Lebens- und Freiheitsansprüche auszeichnet, ist die jetzt in die Jahre kommende 68er-Generation: Für diese Marktgruppe müssen neue adäquate Produkt- und Leistungsangebote in den Bereichen Freizeit, Ernährung, Gesundheit, Sport und Wohnen entwickelt werden. Gemeinsam mit den Studierenden entwickelt EC Europa Campus aktuelle Marktstudien und Kommunikationskonzepte, die den Trends und Trendgruppen gerecht werden.
Mode- und markenbewusst, eventorientiert und experimentierfreudig: die Trendgruppe „Großstädtische Jugendliche“.
Prof. Dr. Volker Kreyher, akademischer Leiter des EC Europa Campus.
EC-Studienzentrum Karlsruhe
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16 REGIONALE WIRTSCHAFT
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Im Frühtau zu Berge wir ziehn: Jedes Jahr bietet die Siebenseenwanderung mehr Wanderstrecken und geführte Touren. Sie decken nicht nur den Südraum Leipzigs ab, die Startzeitpunkte liegen je nach Strecke und ihrem Schwerpunkt morgens, mittags oder in der Nacht.
Laufend Freunde treffen Die Siebenseenwanderung ist mit jedem Jahr mehr gewachsen. Dieses Jahr feiert sie ihr Zehnjähriges mit neuen Wanderstrecken und neuen geführten thematischen Touren. Text: Franziska Reif Fotografie: Stefan Pietsch
2004 starteten 182 Enthusiasten, um auf Initiative von Wolfgang Flohr das Neuseenland zu durchwandern. Es gab damals drei ungeführte Wanderstrecken mit einer Länge von 10, 20 oder 100 Kilometern. 2011 knackte die Teilnehmerzahl die Marke der 4.500. Die Organisation wurde daraufhin von dem Sportfreunde Neuseenland e.V., der Stadtverwaltung Markkleeberg und dem Tourismusverein Leipziger Neuseenland e.V. übernommen: „Herr Flohr unterstützt das neue Veranstalterteam mit seinem Wissen weiterhin“, sagt Henrik Wahlstadt, Vorsitzender der Sportfreunde. Zuwachs gab es nicht nur bei den Teilnehmern, auch die Strecken wurden jedes Jahr mehr, differenzierten sich nach Aufwand, Zielen und Tageszeiten. So gibt es die nur vier Kilometer lange Maikäfertour für die Kleinen oder die doppelt so lange Familientour mit Schiffsfahrt, die Midnight-Tour, die nachts um eins startet, oder die Sonnenaufgangstour mit Beginn um 4.30 Uhr. Neu in diesem Jahr sind mit jeweils neun Kilometern die Sonnenuntergangstour und der Lichtertraum. Bei beiden wird die Wanderung mit einer Fahrt auf dem Passagierschiff „MS Wachau“ des Markkleeberger Sees verbunden. Geführte Wanderungen mit Bildungsanspruch 2011 waren das erste Mal thematische Touren im Angebot. Sie verbinden das Wandern mit Wissen, so bei der Auwaldtour, der Orgeltour oder einem Zoobesuch bei Nacht. Abenteuer versprechen die Piratentour und die Geocaching-Erlebnistouren auf der Halde Trages. Ebenfalls 2011 war es, als die 7-Seen-Wanderung im Rahmen des Sächsischen Wandertages stattfand. „Dass wir die Teilneh-
merzahl danach noch einmal toppen können, haben wir nicht geglaubt“, so Wahlstadt. Knapp 5.000 Anmeldungen gab es 2012. Ansturm auf neue Touren Insgesamt 22 Seen prägen die Landschaft des Leipziger Neuseenlands. An sieben davon führt die Königsetappe, die mit 104 Kilometern längste Wanderung, vorbei: Waldsee Lauer, Cospudener und Zwenkauer See, Stausee Rötha, Bockwitzer See, Störmthaler See und Markkleeberger See. Der Wanderer kann seine Strecke selbst wählen und auf diese Weise jedes Jahr eine andere Route erleben. Zur Auswahl stehen in diesem Jahr 21 geführte und 13 ungeführte Wanderungen. Auch 2013 wird wieder mit einer Steigerung der Teilnehmerzahl gerechnet – bereits zwei Wochen nach dem Anmeldestart Anfang Januar waren die ersten Touren ausgebucht. Die begrenzten Kapazitäten dienen der Qualitätssicherung: „Wir achten immer darauf, dass die Touren nicht überlastet werden und es für die Wanderer zu jeder Zeit ein tolles Erlebnis wird – und für die vielen Wiederholungstäter auch bleibt“, so Wahlstadt. Die meisten Anmeldungen kommen natürlich aus Sachsen, aber auch aus Thüringen, Sachsen-Anhalt und Berlin, und sogar Wanderer aus Frankreich und der Schweiz schließen sich dem Motto an: „Laufend Freunde treffen“. Siebenseenwanderung: 3.–5.5. Sportfreunde Neuseenland e.V.: www.7seen-wanderung.de www.leipziger-neuseenland.de
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Investitionschance Bevölkerungsschwund
Die Nachfrage nach Wohneigentum in Mittel- und Großstädten wird in den kommenden Jahren steigen. Dies eröffnet Chancen für die Immobilienbranche, fordert aber auch die Politik. Text: Steffen Bieder Fotografie: BFW Landesverband Mitteldeutschland e.V.
Durch den demografischen Wandel wird es in den kommenden Jahren lukrative Chancen für die Immobilienwirtschaft in Mitteldeutschland geben. Davon geht der Bundesverband Freier Immoblienund Wohnungsunternehmen, Landesverband Mitteldeutschland (BFW) aus. Dazu gilt es, die Möglichkeiten für die Stadtentwicklung und wirtschaftlichen Klimaschutz optimal zu nutzen und alternative Finanzierungsmöglichkeiten effizienter einzusetzen. Mit Hilfe der Empirica AG wurde eine umfassende Studie über die Entwicklung Mitteldeutschlands und seiner Regionalmärkte erarbeitet. Sie ergab, dass bei insgesamt sinkenden Einwohner- und Haushaltszahlen zukünftig eine Nachfrage nach Neubau besteht. So wird für die drei Länder bis 2025 eine Gesamt-Neubaunachfrage von etwa 52.000 Wohneinheiten (WE) erwartet. Der stärkste Bedarf wird mit knapp 24.000 WE zwischen 2011 und 2015 gesehen. Diese Zahl erfasst die ungebrochene Nachfrage nach Wohneigentum
und die qualifizierte Nachfrage für klassischen Ersatzneubau ausgeprägter Wohnformen. Denn unsere Welt wird bunter, älter und vielfältiger. Die Gründe sind verschieden: Mittelund Großstädte respektive Mittelzentren gewinnen zu Lasten des Umlandes und erleben so einen Nachfrageschub. Etliche Städte Mitteldeutschlands erfahren zudem eine wirtschaftlich stabile Entwicklung. Die Kernstädte wachsen, Bevölkerungszahlen steigen moderat und mit ihnen die Immobiliennachfrage. Zu nennen sind hier in erster Linie Dresden und Leipzig, Chemnitz, die Thüringer Städtekette Jena, Erfurt, Weimar und Magdeburg. Das bedeutet für diese Städte Suburbanisierungsprozesse mit entsprechendem Potenzial z.B. in Radebeul, Meißen, Markkleeberg. Auch existieren in allen drei Ländern sogenannte „kleine Perlen“ wie Bautzen, Grimma, Arnstadt. Weiterhin entspricht der heutige Wohnungsbestand auch qualitativ immer
weniger den Nachfrageanforderungen. Das trifft vor allem auf nicht bedarfsgerecht sanierte Geschosswohnungen zu. Besonders dort, wo eine kaufkräftige Nachfrage existiert und kaum mehr Altbausubstanz vorhanden ist, klafft eine Angebotslücke. Beispielhaft genannt seien hier Zwickau, Erfurt, Suhl. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen sieht der BFW-Vorstandsvorsitzende von Mitteldeutschland Frank Müller die Politik gefordert: „Die Studien belegen den Trend in die Zentren. Hier muss Politik konsequent ansetzen.“ Im Zentrum sollte die umfangreiche Förderung des innerstädtischen Wohnens stehen. Unbedingt beibehalten werden muss die Denkmalabschreibung. Sie ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte. „Ohne die Denkmalabschreibung hätten wir nur 10 oder 20 Prozent des realisierten Bauvolumens erreicht, unsere Innenstädte würden längst nicht so attraktiv sein“, so der Verbandschef abschließend.
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Elegante hocheffektive Therapie Mit der dermatologischen Lasertherapie im Leipziger Laserzentrum lassen sich neben rein ästhetischen auch viele tatsächlich medizinische Probleme dauerhaft und mit wenig Aufwand behandeln. Text: Katja Schmal Fotografie: minemero - Fotolia.com / Ellen Gruszinsky
Medästhetik ist eine Prägung aus den Worten Medizin und Ästhetik. Es geht also weder ausschließlich um Schönheit noch nur um Medizin. Die dermatologische oder ästhetische Lasertherapie erlaubt die Behandlung von Leiden, die mitunter für die Betroffenen eine enorme Belastung darstellen: „Auf entstellende Problemzonen im Gesicht starrt jeder. Mit der Lasertherapie kann dies oft binnen weniger Minuten korrigiert werden. Für einige Patienten ist das wie eine Wiedergeburt“, erzählt Dr. Thomas Lipp vom Leipziger Laserzentrum. Manches stellt zwar kein Krankheitsbild dar, wird aber als sehr störend und verunstaltend wahrgenommen, teilweise mit erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität: etwa unerwünschte Behaarung in sensiblen Regionen wie Brustwarzen oder auffällige Äderchen im Gesicht, die im Volksmund schnell zur „Säufernase“ werden. Und bei der Achselenthaarung lässt sich oft gleichzeitig und ohne Mehraufwand mit einer
speziellen Lasereinstellung das für viele Patienten lästige Problem übermäßigen Schwitzens deutlich verringern. Anderes dagegen ist nicht nur eine Frage des Schönheitsideals. Ein von Warzen überzogener Fuß kann furchtbar schmerzhaft sein. Auch hier ist innerhalb von wenigen Minuten eine wundsparende, narbenfreie Verheilung nahezu garantiert. Nur Sekunden dauert die Behandlung von einzelnen Äderchen oder Besenreisern und das mit einer sehr hohen Erfolgsquote. Bei der Entfernung von kleinen Fältchen lässt sich ein Gesicht um ein paar Jahre verjüngen, und zwar ohne Skalpell und unblutig, sprich ohne Wunde. Hier liegt freilich ebenso wenig eine medizinische Indikation vor wie bei der Entfernung von Tattoos oder Altersflecken. Subjektiv störende Altersflecken kommen mittlerweile auch schon bei 40-Jährigen vor, eine Folge des heute so beliebten exzessiven Sonnenbadens, wie Lipp vermutet.
Dr. med. Thomas Lipp entfernt störende Hautveränderungen.
Für die verschiedenen Anwendungen hält das Laserzentrum von Lipp und Kompagnon Dr. Michael Schützenmeister viele hochdifferenziert einsetzbare verschiedene Lasertypen bereit. Laserzentrum Dr. Thomas Lipp, Dr. Michael Schützenmeister, Nikolaistraße 55, 04109 Leipzig, Tel. 0177/49 28 559, Tel. 0341/14 94 345, www.facebook.com/laserzentrum
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Himmlische Nachtruhe Seit Dezember 2012 versorgt der FENNOBED-Showroom in Leipzig seine Kunden mit Boxspringbetten. Text: Juliane Schöller Fotografie: Fennobed
Gesunder und erholsamer Schlaf ist mit das Wichtigste, um sich nach einem hektischen Tag auszuruhen und entspannt zu bleiben. Nur wer gut schläft, ist in der Lage, fit in den nächsten Morgen zu gehen. Mit dem Showroom der Firma FENNOBED direkt am Augustusplatz hat sich jetzt einer der Vorreiter für Boxspringbetten in Deutschland in der Leipziger Innenstadt angesiedelt und sich genau diese Art von Entspannung auf die Fahne geschrieben. Boxspringbetten sind Bettensysteme wie aus einem Guss, die Gestell, Lattenrost und Matratze zu einer Einheit verschmelzen und mehrlagig gefedert sind. Dadurch lassen sie sich zum einen sehr gut an individuelle Schlafgewohnheiten anpassen und zum anderen bieten sie eine unverwechselbare Optik, wie man sie meist nur aus amerikanischen Kinofilmen und Luxushotels kennt. Grundlage für jedes gute Boxspring-System sind hochwertige und nachhaltige Materialien, die in mehre-
ren speziell aufeinander abgestimmten Federlagen arrangiert werden. Nur so kann ein Bett die charakteristische, punktelastische Federung bieten, die sich dem Körper beim Schlafen perfekt anpasst. Die Betten sind gleichzeitig wandelbar. Durch verschiedene Kopfteile, Skirtings und Bettfüße können unterschiedlichste Stilvarianten entstehen. So passen sich die großen Matratzensyswteme in jedes Schlafzimmer ein – dezent oder auffällig, ganz nach Wunsch. Die komplette Bettenauswahl der MatriKollektion ist für den Kunden im stilvoll eingerichteten Showroom zum Probeliegen vorhanden. Eine fachkundige Beratung und Informationen über Rohstoffe und Herstellung der raffinierten Konstruktion sind natürlich inklusive. Das neue Traumbett wird mit der FENNOBED-Kollektion an Kissen und Decken sowie Textilien und Accessoires zur perfekten Schlaflandschaft.
Mal stylisch, mal smart, mal verspielt. Dem Geschmack sollten keine Grenzen gesetzt werden – weder bei der Garderobe noch bei der Einrichtung. Entdecken Sie bei FENNOBED hochwertige Bettsysteme, die Sie ganz nach Wunsch gestalten können. Wir freuen uns auf Ihren Besuch in unserem Showroom oder online unter www.fennobed.de
FENNOBED Showroom Leipzig Augustusplatz 5 04109 Leipzig
Telefon: 0341 - 99 99 51 30 E-mail: leipzig@fennobed.de
20 Gesundheit und Lebensart
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Eine Frage der Kultur Erfolgreiches Gesundheitsmanagement erfordert eine veränderte Unternehmenskultur. Dafür muss die Vorstellung davon überdacht werden, was die Kultur eines Unternehmens ausmacht und beeinflusst. Text: Sabine Freutsmiedl Fotografie: Fotolia
Psychische Erkrankungen belegen den dritten Platz. Sie befinden sich in einer Art Aufholjagd und sitzen den Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems und der Atemwege im Nacken. Dieses traurige Ranking ergab der Jahresbericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Anfang März. Er verzeichnet unter anderem die Fehlzeiten von Arbeitnehmern, die durch Krankheiten entstehen. Im Jahr 2011 hat ein Arbeitnehmer im Durchschnitt 12,6 Tage gefehlt, im Jahr davor nur 11,3 Tage. Diese Steigerung geht vor allem auf die Zunahme bei den Krankmeldungen aus psychischen Gründen zurück, die seit 2008 um 44 Prozent gestiegen
sind. Die Bundesanstalt wendet zwar ein, dass die Ursachen nicht nur in der Arbeitswelt zu suchen sind, konstatiert aber auch klar: „Psychisch belastende Arbeitsbedingungen sind demnach in der Arbeitswelt nach wie vor stark verbreitet.“ Belastung durch Krankmeldungen Arbeitsunfähige Mitarbeiter sind eine Belastung für alle Beteiligten. Das betrifft natürlich in erster Linie diese Mitarbeiter selbst, aber auch ihre Kollegen und schließlich das ganze Unternehmen. Somit
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Unternehmens- und Mitarbeitergesundheit müssen zentraler Bestandteil aller Führungsprozesse werden, denn ohne Führungskräfte ist BGM nicht umsetzbar. Dies erfordert in den meisten Fällen eine neue Führungskultur.
ist der gesamte Betrieb gefragt, die Aufmerksamkeit auf die Mitarbeitergesundheit zu legen. Da ist es nicht verwunderlich, dass die neue BGM DIN SPEC 91020 eine zentrale Anforderung an die obersten Leitungsebenen enthält: Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist als Teil der unternehmensstrategischen Ausrichtung aufzufassen. Mitarbeitergesundheit – und damit die des Unternehmens – muss als wichtige strategische Fragestellung systematisch in allen betrieblichen Kern-, Unterstützungsund Führungsprozessen verankert sein; entsprechende Ressourcen sind zur Verfügung zu stellen. Der Erfolg eines jeden BGM-Systems setzt also Verantwortung und Engagement aller Ebenen und Funktionen voraus, insbesondere aber bei der Geschäftsführung. Generell bedarf es einer neuen Führungskultur, die maßgeblich dazu beiträgt, dass einerseits Gesundheit und Leistung der Mitarbeiter erhalten werden und andererseits wertvolle Fachkräfte langfristig Teil des Teams sind. Durch diesen Stellenwert wird das Thema BGM zweifellos Einfluss auf wesentliche kulturelle Faktoren im Unternehmen nehmen. Unternehmensvitalität ist Chefsache Ein sehr großes Augenmerk gilt also künftig den Führungskräften. Sich selbst und andere gesund führen – das ist in der Regel nicht das, was Führungskräfte gelernt haben, perfekt beherrschen und traditionell leisten mussten. Hier wird sich in den nächsten Jahren ein neues Segment im Coachingbereich erschließen: Niemand ist auf Knopfdruck souverän im Umgang mit psychisch belasteten oder überforderten
Mitarbeitern und der Chef ist auch nicht unbedingt immer ein authentisches Vorbild – entsprechendes Verhalten will erlernt, verankert und reflektiert werden. Viele Unternehmen scheuen davor zurück, proaktiv und verpflichtend auf ihre Führungskräfte zuzugehen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass BGM-Prozesse sonst nicht lebensfähig sind. Gesundheitskompetenz sollte deshalb künftig bei Einstellungs- und Beurteilungsgesprächen und bei Zielvereinbarungen eine tragende Rolle spielen. Führungskräfte zum gesundheitsorientierten Führen zu befähigen, ist nicht nur zeitgemäß, sondern eine ganz klare betriebswirtschaftliche Entscheidung. BGM-Erfolg durch Struktur, Rahmenbedingungen und Prozesse Wie lässt sich eine solche Unternehmenskultur konkret umsetzen? BGM erfordert schließlich Wissen, Kompetenzen und Aufwand. Deshalb müssen für gesundheitsorientiertes Denken und Handeln klare Zuständigkeiten und Ressourcen festgelegt und BGM in die Managementsysteme integriert werden. Ein Arbeitskreis für Gesundheit ist aufzubauen und weiterzuentwickeln, alle Protagonisten müssen ergebnisorientiert an einen Tisch gebracht werden, die BGM-Maßnahmenpläne sind intern und extern zu kommunizieren, Angebote und Aktionen müssen geplant werden. Eine gute Vernetzung mit externen Unterstützern wie BGM-Dienstleistern, Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und Rehabilitationsträgern gehört ebenfalls zum Aufgabenspektrum. Je nach Unternehmensgröße und BGM-Maßnahmenumfang kann diese Tätigkeit sehr ambitioniert sein.
Ausbildung für die Unternehmensgesundheit Arbeitgeber müssen die beauftragten Mitarbeiter entsprechend befähigen. Die Ausbildung zum Betrieblichen Gesundheitsmanager ist eine Möglichkeit, die beschriebenen Kompetenzen zu entwickeln. Für kleinere Unternehmen kann es ebenso sinnvoll sein, sich dieses Know-how als externe Dienstleistung einzukaufen. Einführungen in das komplexe Thema BGM, speziell aufbereitet für Entscheidungsträger, können sehr schnell den Blick auf die betriebswirtschaftlichen Vorteile lenken. Dann sind beide Seiten der Medaille komplett: die Erhaltung der Gesundheit der Arbeitnehmer und ihrer Leistung auf der einen und die Unternehmensvitalität, die Produktivität, Arbeitgeberattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit bedeutet, auf der anderen Seite. Auf diesem visionären Nährboden, der von dem Gedanken der Prävention getragen wird, kann eine nachhaltige Gesundheitskultur Wurzeln schlagen und wachsen.
Sabine Freutsmiedl Geschäftsführende Inhaberin des Metabalance Instituts für Ganzheitliches Gesundheitsmanagement und Prävention Leipzig, Spezialistin für Ganzheitliche Organisationsberatung und salutogene Geschäftsprozesse, Managementtraining für Unternehmensvitalität, Gesunde Führungskräfteentwicklung, Integratives Coaching, Autorin Nähere Informationen: www.metabalance-institut.de
22 Gesundheit und Lebensart
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„Der Mensch wird wichtiger“ Die Personalentwicklung hat in den letzten Jahren an Komplexität zugenommen. Viele Unternehmer und Führungskräfte kommen dabei immer häufiger auf externe Coaches zu, um die Herausforderungen zu meistern. Wir haben bei firm nachgefragt.
Interview: Janet Schönfeld Fotografie: Frank Schletter
Kurz zur Firmengeschichte, seit wann arbeiten Sie zusammen? Katrin Gühne: firm gibt es seit 2005. Ich habe Arbeitspsychologie studiert und mein Kollege Manfred Philosophie. Wir haben im gleichen Unternehmen gearbeitet und uns gefiel nicht, dass man in der Eigeninitiative sehr eingeschränkt war. Deswegen verabschiedeten wir uns dort und haben etwas Eigenes gegründet. Wir machen das beide sehr gerne, was wir da tun, und es ist schön, entscheiden zu können, mit wem und in welchem Umfang man zusammenarbeiten möchte. Manfred Leimbach: Wir haben beide eine bestimmte Vorstellung von Zusammenarbeit, z.B. wie wenig Bürokratie es braucht. Wir machen viele Sachen per Handschlag und vertrauen dann darauf – ohne zwanzig Seiten Vertrag. Das hat sich bewährt. In der ganzen Zeit hatte firm nur zwei Forderungsausfälle und diese bedingt durch Insolvenz. Warum braucht man überhaupt externes Coaching? Katrin Gühne: Wir verleihen Menschen eine Stimme. Wir Trainer werden dafür bezahlt, Leute mit unseren Fragen zum Denken anzuregen. Das Geld könnten die Unternehmen eigentlich sparen, wenn
mehr Vorgesetzte dazu in der Lage wären, ihren Mitarbeitern zuzuhören und auf sie einzugehen. Aber wenn Sie in einem System stecken, können Sie bestimmte Dinge nicht verändern. Wenn jemand von außen kommt, ist es einfacher: Wir bieten eine andere Vertrauensbasis, wir können mit Abstand draufschauen, mit Erfahrung aus anderen Bereichen. Wir können bösere Fragen stellen als ein Mitarbeiter, sind emotional weniger eingebunden. Menschen wollen keine Antwort, wenn sie zu uns kommen, sondern Unterstützung, die Antwort selbst zu finden. Wir helfen dabei, eigene Lösungen zu entwickeln. Im Idealfall lernen Leute eine Methode, mit der sie uns nicht mehr brauchen. Ist die Bedeutung der Personalentwicklung gestiegen? Manfred Leimbach: Die Komplexität hat zugenommen. Vor fünf, sechs Jahren ging es vorwiegend um Konflikte oder Entlassungen. Jetzt fragen Personaler gezielter nach Veränderungen und Gestaltungsmöglichkeiten: Welche Leute brauche ich, wie soll mein Unternehmen in zehn Jahren aussehen, wie bekomme ich das richtige Personal, was muss ich mit denen machen, die ich habe? Insofern hat sich in der Tat der Schwerpunkt in Richtung Personalentwicklung verschoben. Gute Arbeitnehmer werden auch wählerischer. Sie gehen, wenn sie nicht die Rahmenbedingungen
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bekommen, die sie wollen und brauchen. Das zwingt Vorgesetzte zum Handeln. Katrin Gühne: Welches Unternehmen unterscheidet sich heute noch durch die Art der Dienstleistung oder die Art des Produkts? Es gibt alles in mannigfaltiger Ausführung: ein Produkt, tausend Anbieter. Daher geht die Tendenz mehr und mehr dahin, dass die Menschen, die dahinter stehen, wichtiger geworden sind – Gott sei Dank. Trotzdem kämpfen wir zunehmend mit Nachwuchsproblemen, Motivationsproblemen und psychosozialen Krankheiten. Die Leute werden nicht vom falschen Stuhl krank, sondern vom falschen Chef. Was ist Ihre Philosophie? Manfred Leimbach: Wir haben uns von Anfang an Kunden in Firmen gesucht und wollten nicht wie andere aus Fördertöpfen bezuschusst werden. Gute Qualität und ordentliche Leistung für das Geld, das unsere Kunden bezahlen. Das war unsere Grundausrichtung von Anfang an. Zusätzlich zu unseren Inhouse-Trainings wollten wir auch ein Zuhause für die Seminararbeit, einen Ort, wo die Kunden zu uns kommen
können und anders agieren als in anonymen Hotels oder im Unternehmen selber. Und die Menschen kommen nicht nur wegen der guten Inhalte zu uns, sondern sie kommen gern hierher, weil sie sich wohlfühlen und weil sie uns eben mögen (lacht). Katrin Gühne: Man kennt uns und bleibt uns treu. Ich mache das seit 10 Jahren, Manfred noch viel länger. Unsere Vorteile sind auch unsere Regionalität und das Netzwerk, das Manfred zum Beispiel durch den Personalerkreis pflegt. Wir haben dadurch immer das Ohr am Markt. Kunden können sich auf uns verlassen und jederzeit auf uns zugreifen. firm hat außerdem einen Trainerpool von 20 bis 25 Leuten – alle handverlesen. Sie passen zu uns, die Energie stimmt. Welche Programme und Methoden gibt es denn? Katrin Gühne: Das kann man so pauschal nicht sagen. Wir machen das, von dem wir glauben, das bewegt die Kunden. Zum Beispiel wird es 2013 etwas zu Generationen und Altersunterschieden geben, weil wir merken, das ist wichtig. Andererseits wollten wir auch etwas ganz Neues auspro-
bieren – mal eine neue Methode, eine eigene positive Erfahrung, wie zum Beispiel Managementtraining mit Pferden: nicht reiten, sondern das Pferd führen. Es sind sehr empfindsame Tiere, man kann dadurch viel über seine eigene Einstellung, Körperhaltung und Gestik erfahren. Pferde spiegeln in ihrer Körpersprache ehrlich und schonungslos ihren Gemütszustand wider – und reflektieren dabei gleichzeitig uns. Wie wird hinterher geprüft, inwiefern Erfolg eingetreten ist? Manfred Leimbach: Der Erfolg zeigt sich, indem Leute merken, dass da etwas passiert, und wiederkommen. Wir sehen die Leute meistens auch regelmäßig und können fragen, wie es läuft oder was nicht klappt. Katrin Gühne: Es gibt auch Trainings, an die die Vereinbarung geknüpft ist, dass wir ein halbes Jahr später schriftlich nachfragen, um Feedback zu bekommen. Dies ist sicherlich etwas aufwendig, aber für uns sehr wichtig, ich ziehe daraus meine Motivation. Wir danken für das Gespräch.
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Wirtschaftsförderer in Mitteldeutschland Landeshauptstädte Sitz der Wirtschaftsförderer Autobahn Diese Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn Sie den REGJO-Lesern Ihre Kommune oder Institution auf der REGJO-Karte der mitteldeutschen Wirtschaftsförderer präsentieren möchten, nennen wir Ihnen gern die Konditionen für die kostenpflichtigen Einträge. Unsere Kontaktdaten finden Sie im Impressum dieser Ausgabe oder unter www.regjo-leipzig.de.
Metropolregion Mitteldeutschland Leiter der Geschäftsstelle Herr Reinhard Wölpert Schillerstraße 5, 04109 Leipzig Tel.: 0341 / 6001620, Fax: 0341 / 6001613 metropolregion@leipzig.de www.region-mitteldeutschland.com
Wirtschaftsinitiative für Mitteldeutschland GmbH Geschäftsführer Herr Jörn-Heinrich Tobaben Schillerstraße 5, 04109 Leipzig Tel.: 0341 / 6001612, Fax: 0341 / 6001613 E-Mail: tobaben@mitteldeutschland.com www.mitteldeutschland.com
IMG Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt mbH Am Alten Theater 6, 039104 Magdeburg Tel.: 0391 / 568990, Fax: 0391 / 5689950 welcome@img-sachsen-anhalt.de www.investieren-in-sachsen-anhalt.de
Stadt Leipzig Wirtschaftsförderung Ansprechpartner Herr Dr. Michael Schimansky Martin-Luther-Ring 4-6, 04109 Leipzig Tel.: 0341 / 1235810, Fax: 0341 / 1235825 wirtschaft@leipzig.de www.leipzig.de
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Stadtverwaltung Altenburg Referat Wirtschaftsförderung Ansprechpartner Herr Tino Scharschmidt Markt 1, 04600 Altenburg Tel.: 03447 / 594840, Fax: 03447 / 594809 tino.scharschmidt@stadt-altenburg.de www.investor-altenburg.de, www.altenburg.eu
Landkreis Harz Wirtschaftsförderung Sachgebietsleiter Herr Wilfried Strauch Dornbergsweg 2, 38855 Wernigerode Tel.: 03943 / 935816, Fax: 03943 / 935815 wirtschaftsfoerderung@kreis-hz.de www.kreis-hz.de
Stadtverwaltung Markkleeberg Wirtschaftsförderung Ansprechpartnerin Frau Kerstin Kaiser Rathausplatz 1, 04416 Markkleeberg Telefon: 0341 / 3533235, Telefax: 0341 / 3533148 kaiser@markkleeberg.de www.markkleeberg.de
Landkreis Saalekreis Wirtschaftsförderung Leiter Referat Landrat Herr Uwe Lehmann Domplatz 9, 06217 Merseburg Tel.: 03461 / 401005, Fax: 03461 / 401012 uwe.lehmann@saalekreis.de www.saalekreis.de
Stadtverwaltung Bautzen Wirtschaftsförderungsamt Ansprechpartnerin Frau Heike Raue Fleischmarkt 1, 02625 Bautzen Tel.: 03591 / 534592, Fax: 03591 / 534599 wirtschaftsfoerderung@bautzen.de www.bautzen.de
Wirtschaftförderungsgesellschaft Jena mbH Geschäftsführer Herr Wilfried Röpke Markt 16, 07743 Jena Tel.: 03641 / 8730032, Fax: 03641 / 8730059 jenawirtschaft@jena.de www.jenawirtschaft.de
Stadt Schönebeck (Elbe) Amt für Wirtschaftsförderung und Tourismus Ansprechpartner Herr Ellert Markt 1, 39218 Schönebeck (Elbe) Tel.: 03928 / 710504 wifoe@schoenebeck-elbe.de www.schoenebeck.de
Stadt Halle (Saale) Wirtschaftsförderung Ansprechpartner Herr Dr. Heinz Friedrich Franke Marktplatz 1, 06108 Halle (Saale) Tel.: 0345 / 2214760, Fax.: 0345 / 2214776 wirtschaftsfoerderung@halle.de www.wirtschaft-halle.de
Burgenlandkreis Naumburg Weißenfels - Zeitz Wirtschaftsförderung Amtsleiter Herr Thomas Böhm Schönburger Straße 41, 06618 Naumburg Tel.: 03445 / 731308, wirtschaftsamt@blk.de Geschäftsführer WFG mbH Herr Günther Wienhold Tel.: 03442 / 261720, info@wfg-blk.de
Stadt Plauen Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing Ansprechpartner Herr Eckhard Sorger Unterer Graben 1, 08523 Plauen Tel.: 03741 / 2911800, Fax: 03741 / 29131800 eckhard.sorger@plauen.de www.plauen.de
Europastadt Görlitz-Zgorzelec GmbH Ansprechpartner Herr Christoph Ellsel Fleischerstraße 19, 02826 Görlitz Tel.: 03581 / 475712, Fax: 03581 / 475747 c.ellsel@europastadt-goerlitz.de www.europastadt-goerlitz.de
Wirtschaftsförderung Stadt Aschersleben Amtsleiter Herr Matthias May Markt 1, 06449 Aschersleben Tel.: 03473 / 958980, Fax: 03473 / 958920 wirtschaft@aschersleben.de www.aschersleben.de
Stadt Magdeburg Wirtschaft, Tourismus und regionale Zusammenarbeit Beigeordneter Herr Rainer Nitsche Julius-Bremer-Straße 10, 39090 Magdeburg Tel.: 0391 / 5402543, Fax: 0391 / 5402619 rainer.nitsche@ob.magdeburg.de www.ottostadt.de
Landkreis Leipzig Kreisentwicklungsamt Amtsleiterin Frau Gesine Sommer Stauffenbergstraße 4, 04552 Borna Tel.: 03433 / 2411050, Fax: 03437 / 984991050 gesine.sommer@lk-l.de www.landkreisleipzig.de
Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft Anhalt-Bitterfeld mbH Andresenstraße 1 a 06766 Bitterfeld-Wolfen, OT Wolfen Tel.: 03494 / 638366, Fax: 03494 / 638358 info@ewg-anhalt-bitterfeld.de
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Das Expertentreffen ist eine etablierte Veranstaltung, die das Netzwerk Energie und Umwelttechnik und die Wirtschaftsförderung der Stadt gemeinsam organisiert. Das nächste Mal wird sie am 2. Dezember 2013 auf dem Mediencampus stattfinden; die Planung umfasst Themen wie Wärme, Elektromobilität, dezentrale Energiegewinnung, Energiespeicherung.
Das Netzwerk wirkt NEU e.V., das Netzwerk Energie und Umwelttechnik, sorgt nach nur zwei Jahren für die europaweite Anerkennung des Leipziger Clusters, das längst Modell geworden ist. Text: Jana Dichelle
Umtriebig sind sie, das kann man schon sagen: Dem Netzwerk Energie und Umwelttechnik ist es nach nur zwei Jahren gelungen, sein Clustermanagement europaweit als gültig zu zertifizieren. Das European Secretariat for Cluster Analysis (ESCA) zeichnete das Netzwerk jüngst mit dem Bronze-Status aus. Das ist, nach nur zwei Jahren Vereinstätigkeit, eine schöne Auszeichnung: „Wir stehen gut da“, freut sich Thomas Lingk, zweiter Vorsitzender des Vereins, der auch für die Wirtschaftsförderung der Stadt tätig ist. Das Cluster Energie und Umwelttechnik, gefördert von der städtischen Verwaltung, wird durch die Netzwerkarbeit des Vereins NEU e.V. wesentlich unterstützt. Laut Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht, Vorsitzender des Vereinsbeirates, etabliere sich damit eine Innovationsplattform für den Bereich Energie und Umwelt in Leipzig. In einem komplexen Prozess wurde dafür das so genannte Clustermanagement des Vereins (bzw. des Clusters selbst) überprüft. Nicht zuletzt qualifiziert sich das Projekt mit dem Bronze-Status für deutsche und europäische Förderprogramme. Vereinsvorsitzender Dr. Winfried Damm freut sich über „noch mehr überregionale Sichtbarkeit Leipzigs und der Region als gut vernetzter Standort für Energie- und Umwelttechnologie“ Als Verein können Förderungen ja für alle Mitglieder beantragt werden – das ist die charmante Idee hinter dem Netzwerk, das viele wichtige Akteure der Region bündelt. Dazu zählen mittlerweile 48 Mitglieder aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, darunter auch Forschungseinrichtungen wie das Umweltforschungszentrum (UFZ) oder die Universität Leipzig, aber auch viele kleine und mittelständische Unternehmen. Der Verein setzt, Hand in
Hand mit der Wirtschaftsförderung, konkrete Projekte des Clusters um. Er beteiligt sich an Clusterteams zu Fragestellungen wie erneuerbare Energien, Elektromobilität oder Bioenergie. Durch den Bronze-Status des ESCA erlangt NEU e.V. nicht nur den Ritterschlag in Sachen Fördermittelbeantragung. Es wird auch offensichtlich, dass das Netzwerk in einem internationalen Rahmen agiert, ja agieren muss. „Der Bronze-Status ist ein wichtiger Schritt für die Internationalisierung“, so Lingk. Immerhin 58 andere Cluster im Energie- und Umweltbereich ließen sich vom ESCA begutachten. Die Cluster-Rating-Agentur hat bislang 351 Cluster in 28 Ländern getestet und regt den Austausch zwischen den Clustern an, um einander weiterzubringen. Roman Glowacki, Schatzmeister und Innovationskoordinator beim Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) wird sich im Netzwerk darum kümmern, dass das Cluster Energie und Umwelttechnik über Leipzig hinaus auch international Strahlkraft erlangt. Im Rahmen der engen Zusammenarbeit einzelner Regionen auf EU-Ebene entstehen dann interessante Effekte. Nicht nur die Cluster-Rating-Agentur ESCA befördert den lernenden Austausch zwischen den europäischen Clustern. Das DBFZ, seit 2008 in Leipzig angesiedelt, begleitet wissenschaftlich ein Prestigeprojekt, das TREC (Transregional Renewable Energy Cluster). TREC ist ein Projekt der „smartplus“-Familie vom Aufbauwerk Leipzig. Auf Basis des Leipziger Modells – Clusterpolitik plus organisiertes Netzwerk – werden in diesem EU-geförderten Projekt seit 2011 Regionen in Griechenland und Rumänien beraten, um ihre eigene Energie und Umweltförderung einzurichten. Gleichzeitig bietet TREC die Gelegenheit für Leipziger Unternehmen, ihr Netzwerk in das südliche und südöstliche Europa auszubauen. Hilfestellung ist dringend nötig: West-Mazedonien in Griechenland beispiels-
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Der Hintergrund: Leipzig betreibt mit seinem Amt für Wirtschaftsförderung Clusterpolitik – wie eine Vielzahl von Kommunen in Europa und, nach einer Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik von 2009, 63 Prozent aller deutschen Städte. Gemeint ist damit die (zumeist zeitweise) gezielte Förderung von einzelnen Wirtschaftszweigen. Die Idee stammt aus den USA. Seit den Nullerjahren wurde in Leipzig das Cluster für Energie- und Umwelttechnologie NEU e.V. etabliert, womit die Arbeit klarere und verbindlichere Strukturen erhalten und die Qualität des Netzwerks gesteigert werden soll. Der Verein repräsentiert zahlreiche Akteure, die sich in und um Leipzig mit Energie und Umwelt beschäftigen, sei es kommerziell oder wissenschaftlich.
weise kämpft mit Luftbelastung und Fragen der Rekultivierung von Tagebauten – letzteres ja doch ein Leib-und-Magenthema von Leipzig. Erst Ende Januar gab es dazu einen Strategieworkshop in Leipzig, zu dem Teilnehmer von Tschechien, Deutschland, Polen und der Slowakei kamen, die ein reges Interesse an der Weiterentwicklung von TREC zeigten. Hauptsächlich ging es im Workshop um den Teilbereich Erneuerbare Energien: Wo kann die Wissenschaft zusammenarbeiten, wo die Wirtschaft? Im September ist eine Konferenz mit weiteren Partnern aus Südosteuropa geplant – TREC ist also on track. Einen ersten wichtigen Schritt sieht Lingk im neuen Innovationszentrum für Bioenergie. Es startet im Herbst 2013; Stadt, DBFZ und NEU e.V. engagieren sich hier gemeinsam für für kleine und mittlere Unternehmen. Dazu zählt ein Innovationszentrum im Umfeld des DBFZ, das Büroflächen bereithält. Ebenso gibt es Hilfe bei der Antragsstellung für Fördergelder. Und, was vielleicht am wichtigsten ist: Neue, kleine, unbekannte Unternehmen werden mit den etablierten, erfahrenen bekannt gemacht. Lingk sieht darin einen „Inkubator für die Bioenergie-Wirtschaft“. Einiges tut sich im Bereich Bioenergie: Im vergangenen Jahr gelang es mit dem Netzwerk, das Spitzencluster BioEnergy (auch) nach Sachsen zu holen.
Die Leipziger Stiftung für Innovation und Technologietransfer finanziert dafür seit 2010 den Innovationskoordinator für das Zentrum, Romann Glowacki, der zudem als Schatzmeister beim Netzwerk-Verein tätig ist. Im Dezember vergangenen Jahres gewann die Stadt den Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie Lebensqualität & Stadtstruktur, für den Gesamtpreis Nachhaltigkeit (Großstadt), den am Ende Freiburg im Breisgau verdient nach Hause holte, war die Stadt nominiert Auch in Freiburg fing es einst mit bürgerschaftlichem Engagement an – mit einem Verein, wie es hier das Netzwerk Energie und Umwelttechnik ist, in dem sich Menschen neben ihrem Berufsleben einer Vision verschrieben haben. Auch in Freiburg wurden Solardächer gebaut, als sich das Land Baden-Württemberg noch ausschließlich konventioneller Energiegewinnung widmete. Die Energie der Zukunft – dafür verfolgt das Netzwerk Energie und Umwelttechnik aus Leipzig vielfältige Projekte, über TREC erfahren potentielle Nachahmer europaweit davon. Auf der Webseite des sächsischen Bundesministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr ist zu lesen, dass in Sachsen immer noch die Braunkohle führender Energielieferant ist. Wie lange noch werden wir in diesem Maße auf den fossilen Brennstoff bauen?
Die Webseite www.energiemetropole-leipzig.de bietet einen guten Überblick über die Aktivitäten und Akteure im Cluster Energie & Umwelttechnik. Interessant sind zum Beispiel die Milestones oder die Liste der Mitglieder des Clusters. Außerdem finden sich Informationen zu den einzelnen Clusterteams und einzelner Projekte. Weitere Linktipps: www.unendlich-viel-energie.de (Infoportal zu erneuerbare Energien) www.erneuerbare-energien.de (Infoportal vom BMU) http://www.smwa.sachsen.de/de/Wirtschaft/ Energie/18273.html (Energiepolitik, Stand und Sicht des SMWA Sachsen)
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Energie für die Zukunft Denkfabrik und Dialog rund um die Energiewende aus ostdeutscher Sicht: Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler und viele Experten werden am 29./30. April 2013 zum 2. Ostdeutschen Energieforum erwartet. Autor: Martin Jendrischik Fotografie: IHK zu Leipzig / Klaus Zimmermann
Vor dreihundert Jahren prägte Hans Carl von Carlowitz erstmals den Begriff der nachhaltigen Nutzung von Wäldern, aus der bis heute der Nachhaltigkeits-Gedanke hervorging. Dazu zählt auch, dass alle Energieformen ohne Diskriminierung einbezogen, zentral koordiniert werden und die und die Energiewende somit nachhaltig umgesetzt wird. Genau hierzu will das Ostdeutsche Energieforum als Denkfabrik der Energiewende aus ostdeutscher Perspektive seinen Beitrag leisten. Wirtschaft, Wissenschaft und Politik treten auch 2013 wieder im Congress Centrum Leipzig in Dialog mit dem ostdeutschen Mittelstand. Politische Hochkaräter Ausgerichtet von den Landesarbeitsgemeinschaften der Industrieund Handelskammern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin sowie von der Interessengemeinschaft der Unternehmerverbände Ostdeutschlands und Berlin hat die Veranstaltung nach ihrer erfolgreichen Premiere im vergangenen Jahr eine gewaltige Anziehungskraft entwickelt. So werden bei der Neuauflage unter anderem Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, Bundesumweltminister Peter Altmaier und Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig erwartet. Eingeladen sind überdies EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Dabei
werden die politisch Verantwortlichen von Hartmut Bunsen, Veranstalter und Vertreter der Unternehmerverbände, vor allem an dem gemessen werden, was sie dem ostdeutschen Mittelstand bei der Veranstaltung vor Jahresfrist versprochen haben – nämlich, dass die Energieversorgung der Zukunft zuverlässig und vor allem bezahlbar bleibt. Angesichts der Erhöhungen der Strompreise zu Jahresbeginn, weiter drohender Preissteigerungen und angedachter Belastungen für die Wirtschaft könnten hier durchaus kontroverse Positionen ausgetauscht werden. Fünf Foren, etwa zum Thema Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), zum grenzüberschreitenden Energieaustausch zwischen Netzen und Speicherung, zum energiewirtschaftlichen Bauen und zur Frage nach dem richtigen Energiemix zwischen Zentralisierung und Dezentralisierung in Deutschland, runden das zweitägige Konferenzangebot des Ostdeutschen Energieforums im Jahr 2013 ab. Klaus Olbricht, Präsident der IHK Magdeburg und Vizepräsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages in Personalunion, erwartet von dem Experten-Austausch in Leipzig vor allem, dass Lösungsansätze für die bestehenden Herausforderungen der Energiewende aufgezeigt werden: „Mit effizienter Planung, Engagement und neuen Ideen kann dieses Mammutprojekt geschafft werden.“ www.ostdeutsches-energieforum.de
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Balkonkraftwerke wie dieses entwickeln sich derzeit zum Renner im Solarhandel.
Alfred Jost, Präsident von Solar Bankers mit dem Prototyp.
Wenn der Balkon zum Kraftwerk wird Die Solar-Branche steckt nach wie vor in der Krise, Mitteldeutschland ist hiervon in besonderer Weise betroffen. Doch es gibt auch die andere Seite: Mutige Unternehmer wollen Kosten reduzieren und neue Anwendungsfelder schaffen. Autor: Martin Jendrischik Fotografie: Sun Invention / Medienkontor
Die Solarindustrie in Mitteldeutschland befindet sich im größten Umbruch ihrer, im Vergleich mit anderen Industrien, noch jungen Geschichte. War 2012 vor allem das Jahr von Insolvenzen, Übernahmen und Streiks gegen Subventions-Kürzungen, hat die Branche inzwischen wieder die Kraft, echten Innovationen in den Markt zu verhelfen. Wie die nächste oder übernächste Generation der Photovoltaik aussehen wird, zeigen Unternehmen wie die Dresdner Heliatek mit organischen Solarzellen oder die Allianz des amerikanischen Unternehmens Solar Bankers mit Apollon Solar mit Sitz in Dresden und Riesa. Die Partner verkündeten kürzlich eine „bahnbrechende Entwicklung“, die die Solarindustrie „völlig umkrempeln“ werde. Solar Bankers hat eine Solarzelle entwickelt und patentiert, die auf eine Holografie-Folie aufgebracht ist. Vorteil: Mit Hilfe von Lichtbeugung werden Effizienzwerte von derzeit 28 Prozent erreicht. Kaum Silizium benötigt Außerdem trägt das System der Holografie-Folie, die eine konzentrierende Wir-
Balkonkraftwerke kommen
hude bei Bremen hat die Idee von Balkonkraftwerken in die Tat umgesetzt. Das sind Solarmodule, die bereits einen Wechselrichter, einen Controller und optional einen Speicher integriert haben – und somit auch für Laien leicht zu installieren sind. „Das ist so einfach wie einen Ikea-Schrank aufzubauen“, sagt Laudeley, Ingenieur von Sun Invention. Der Clou: Die Plug & Save-Solarmodule können mit einem einfachen Montagesystem direkt an den Balkon montiert werden und per Stecker den erzeugten Strom ins Haushaltsnetz einspeisen. So haben auch Mieter mit Balkon oder Garage die Chance, die eigenen Stromkosten um bis zu 25 Prozent pro Jahr zu senken. Allein in Mitteldeutschland wurden seit Jahresbeginn 200 Balkonkraftwerke verkauft – und damit wurde eine Welle der Photovoltaik für jedermann losgetreten, die sich zu einem der entscheidenden Trends der Solarbranche in den kommenden Jahren entwickeln wird.
Mit seinen Zielen ist Alfred Jost seinem Unternehmerkollegen Holger Laudeley recht ähnlich – der Ingenieur aus Ritter-
www.solarbankers.com www.suninvention.com
kung hat, zur Ressourcenschonung und Kostensenkung bei: Es benötigt fast kein Silizium mehr – ein Rohstoff, dessen Preisentwicklung der Solarindustrie zu schaffen macht. „Das Sonnenlicht wird auf unserem Modul mittels einer auf einer Glasplatte aufgedruckten Silikonfolie gefiltert. Dieses Verfahren lässt sich kostengünstig kopieren und erspart aufwändige Laser- und Entwicklungsarbeiten“, beschreibt Alfred Jost von Solar Bankers das Prinzip. Üblich sind bei Konzentrator-Zellen kostspielige Fachlinsen (Fresnel-Linse) – doch auch auf diese kann aufgrund der holografischen Optik verzichtet werden. Der Unternehmer Jost, der die Solarindustrie umkrempeln will, hat große Pläne: In Mitteldeutschland oder den USA soll demnächst eine Fertigungslinie mit 300 Megawatt aufgebaut werden – damit aus dem Prototyp demnächst womöglich tatsächlich eine kleine solare Revolution werden kann.
MÄRCHENHAFTES MITTELDEUTSChLAND
Der Tourismus ist für die drei mitteldeutschen Bundesländer ein notwendiger Wirtschaftszweig. Das liegt zum einen daran, dass manche Gegenden kaum andere Einnahmequellen haben, zum anderen am geschichtsträchtigen Pflaster der Region. Nicht nur Geschichte jedoch zieht den Besucher an, auch Geschichten: Märchen und Sagen, jene Überlieferungen aus der Zeit, als das Wünschen noch half, geben Zeugnis vom Alter der Kulturlandschaften. Sie wurden längst vom Tourismusmarketing entdeckt. Wir bereisen das Märchenland, indem wir uns auf die Spuren von Frau Holle, Krabat, Teufel und Co. begeben.
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Märchenhaftes Mitteldeutschland Legendärer Lockstoff: Touristen reisen gern den großen Namen der Vergangenheit nach, aber auch Drachenschlucht und Teufelskanzel, stehende Steine und sagenhafte Höhlen leisten ihren Beitrag zur Vermarktung. Text: Tobias Prüwer und Franziska Reif Collagen: Christoph Ruhrmann
Mitteldeutschland bildet nicht eins, sondern viele Reiseziele. Das Wort ist ein Konstrukt, das nicht erst der MDR erfand, um sein Sendegebiet abzustecken. Es mag griffig sein, aber touristisch sind Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt nicht unter einen Hut zu bekommen. Sie punkten jeweils regional, und dann nicht einmal als ganzes Bundesland. Darin liegen aber ihre Stärken. Und noch etwas bildet ihr attraktives Pfund: Sie sind außerordentlich reich an märchenhaften Flecken. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass sie sehr alte Kulturlandschaften sind. Hier liegen die Wirkungsstätten von Frau Holle und Krabat, die Brüder Grimm schauten vorbei und
mit Moritzburg ist auch der Drehort von „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ hier lokalisiert. Und wenn allerorten behauptet wird, der gute Luther sei da gewesen, dann wird in der Hälfte der Fälle etwas dran sein. Immerhin hatte er in Stotternheim sein vom Himmel herab fahrendes Erweckungserlebnis, jagte den unheiligen Dr. Faust aus der Erfurter Uni und trieb auf der Wartburg den Teufel höchstselbst mit Tintenwasser aus. Wer aus dem Lutherbrunnen bei Tambach-Dietharz trinkt, wird 100 Jahre alt – die Autoren haben es probiert und harren der Ergebnisse. Wir wollen einige märchenund sagenhaften Orte abschreiten und der Frage nachgehen, wie die Regionen Figuren
und Geschichten zur Vermarktung einsetzen und mit ihnen die Touristenströme zu lenken versuchen. Alles Gute guckt von oben Die touristische Landnahme erfolgte auch in Mitteldeutschland über die Aussicht. Heute erklimmen die Urlauber in Massen die Höhen, um sich der freien Schau ins Land hinzugeben, beliebt wurde der Fernblick vor rund 200 Jahren. „Viele Steine, müde Beine, Aussicht keine, Heinrich Heine.“ – Mit diesen Worten soll der Dichter seinem Unmut Luft gemacht haben, nach einem schweißtreibenden Aufstieg
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keinen Panoramablick auf dem Brocken vorzufinden. Diese Schaulust erlebte im Gepäck der Bildungsreisen gehobener Schichten im ausgehenden 18. Jahrhundert ihren Durchbruch, als auch der Tourismus seine Geburtsstunde erlebte. Das Bürgertum tat es dem Adel gleich, wollte Abwechslung vom Alltag und fuhr an die See und ins Gebirge. Im Laufe der Zeit erweiterten sich Infrastruktur und Transportmittel und Arbeiter und Angestellte lernten ebenfalls den Urlaub kennen. Der Tourismus demokratisierte sich, wurde in den 1950ern zum Massenphänomen – und zum regionalen Wirtschaftsfaktor. Das lässt sich an der Entdeckung der Aussicht ablesen: Boten sich zunächst Kirchen für die Draufschau an, bestieg man bald jede Erhebung und baute steinerne Fernschaupunkte für den erhebenden Naturblick. Um 1800 erhielt das Brockenwirtshaus eine frühe Aussichtsplattform, bis 1914 entstanden auf vielen Gipfeln Fixpunkte der Sehsucht. Manche dienten nicht allein der Landschau, sondern waren als begehbare Memoriale inhaltlich aufgeladen wie das Kyffhäuserdenkmal oder die Bismarcktürme, von denen in Mitteldeutschland gut fünfzig zu finden sind. Der Blick von solchen Monumentalbauten mag manchem noch heute wie die Teilhabe an einem historischen Moment erscheinen, wenn er grimmig wie Barbarossa in die Goldene Aue späht. Teufel, Hexen, Romantiker Neben Heine war eine Reihe Romantiker auf Harzreise. Ludwig Tieck schrieb hier die Märchen „Der blonde Eckbert“ und „Der Runenberg“. Dank seiner Kunstmärchen bis heute berühmt ist Hans Christian Andersen. Er erwanderte etwa die Burgruine Regenstein und die Teufelsmauer. Diese 20 Kilometer lange Felsrippe soll entstanden sein, als der Gehörnte eine Mauer errichten wollte, um mit Gott die Herrschaftsbereiche zu klären. Da ihm der Mauerbau in der vorgeschriebenen Zeit misslang, riss er wütend einen Teil wieder ein. Nichtsdestotrotz gilt der Harz als Lieblingsgebirge des Pferdefußes, wo er ein eigenes Tanzparkett besitzt und auch beim legendären Hexentanzplatz vorbeischaut. Auf diesem wurden zu vorchristlicher Zeit in der Walpurgisnacht Feste zur Huldigung der Berggöttinnen gefeiert. Von Hexenversammlungen auf dem nicht weit entfernten Brocken, auch Blocksberg genannt, wird dann und wann berichtet, der als höchster Punkt des Harzes – nicht zuletzt der Aussicht wegen – auch ganz normale Sterbliche in Scharen anzieht. Magische Natur Nicht immer bedarf es seltsamer Kreaturen, die im Schutz der Dunkelheit ihr Unwesen treiben, denn manchmal strahlt die Natur selbst Magie aus. So überziehen Menhire und Steingräber in hoher Dichte Nordthüringen und Sachsen-Anhalt. Die sogenannte Dölauer Jungfrau bei Halle gilt mit 5,5 Metern Höhe als zweitgrößter Hinkelstein Mitteleuropas, und Hünengräber ruhen in großer Zahl südlich von Salzwedel sowie um Haldensleben. Auch ihrer Entstehung wird die Mitwirkung des Teufels nachgesagt. In den Löchern der Hörselberge bei Eisenach soll Frau Holle wohnen, die als Frau Venus in Sage wie Oper den Tannhäuser ins steinerne Liebesnest lockte. Ein anderer Abgrund tut sich bei Naumburg auf: Wenn heute Kanuten im Blütengrund unterwegs sind, paddeln sie am Donnerloch vorbei, das in früheren Zeiten
mordlustig ganze Menschengruppen verschlang. Ein weiterer unangenehmer Zeitgenosse ist der koboldartige Saalaffe, der mit reiner Zerstörungswut den Saale-Anrainern schadet. An der Merseburger Ölgrube ist ihm eine Brunnen-Skulptur gewidmet. Nicht weit davon befindet sich die Hohe Brücke, der vermutlich älteste Flussbogen Mitteldeutschlands, der nur deshalb noch steht, weil in ihn ein Kind lebendig verbaut wurde. Auf diese Weise wurde ebenso die Statik des Magdeburger Kroatentors verbessert; das eingemauerte Kind ist als Topos bei vielen mitteldeutschen Bauten zu finden, um die finsteren Naturmächte gnädig zu stimmen. Paradiesischer nimmt sich da die Natur im „Garten Eden“ des Frühhippies Gustav Nagel aus. Am Ufer des Arendsees bei Salzwedel gründete der langhaarige Jerusalempilger 1910 eine idyllische Anlage aus Naturtempeln und predigte von Liebe und Frieden. Reste seines Lusthains sind bis heute erhalten. Märchenhafte Orte In Heiligenstadt im Eichsfeld trafen sich die Brüder Grimm 1838 zur letzten Planung für ihr „Deutsches Wörterbuch“ – sie sollten die Fertigstellung dieses Mammutprojekts 1961 nicht erleben. Das Treffen bietet aber Grund genug, das Sole-Heilbad mit in die Deutsche Märchenstraße zu integrieren, die sich vor allem durch Hessen zieht, aber auch ein Stück Thüringen mitnimmt. Bekannte Märchen wie „Schneeweißchen, Rosenrot und der Bär“, „Tischlein Deck Dich“ und „Rumpelstilzchen“ sind in der Region um Heiligenstadt angesiedelt. Nicht nur dort gibt es Märchen zum Anfassen: Braucht der Prinz auf dem Weg zu Königreich und Prinzessinnenherz bekanntermaßen nur drei Prüfungen, muss der Wanderer auf dem Märchen-Naturpfad Feensteig im Hainich gleich 14 Rätsel lösen. Zur Vor- oder Nachbereitung sei es empfohlen, die Texte von der Gänsehirtin oder vom Waldminchen nachzulesen, Lösungen lassen sich aber nur auf dem Pfad selber finden, nicht im Internet. Im Rotbuchenwald wird den abenteuerlustigen Wanderer das Fürchten gelehrt, wenn er erfährt, wie unheimlich das wilde Grün den Menschen früher erschienen sein muss, die überzeugt waren, dass Pflanzen, Steine und übernatürliche Kräfte ihre Geschicke mitbestimmen. So verwundert es nicht, dass die oft genug als lebensfeindlich wahrgenommene Natur schon im „Hainich-Märchen“ dokumentiert ist: „Es war einmal im Herzen eines großen Landes ein vergessener Wald, der schlief wie Dornröschen hinter einer dichten Hecke und Soldaten mit Lanzen und Schwertern bewachten ihn. Niemand wagte diesen Wald zu betreten, einsam und verlassen lag er da, nur manchmal sah man schöne Vögel über ihm kreisen oder man erblickte von ferne sein leuchtend buntes Herbstkleid.“ Glaubt der Wanderer daran, dass die Natur von Feen bewohnt und hinter einer Pflanze ein verwunschener König stecken kann, erhält die gemütliche Ertüchtigung im Wald eine neue Qualität, wenn er in einer Baumrinde die Züge eines Gesichts zu erkennen meint. Vielleicht waren es Hänsel und Gretel selbst, die auf ihrem Irrlauf den Eichenkönig Robur entdeckten, eine mittlerweile 500 Jahre alte „Gebetseiche“ bei Weberstedt, die den Eingang zum „Märchenwald“ kennzeichnet. Eher Strauch als Baum ist der Holunder – ein MärchenwaldSouvenir ist die Konfitüre „Hainich Holundertraum“ – und dieser gilt als Baum von Frau Holle. Ihr hat die Welt die Thüringer Klöße zu verdanken. Das Rezept überreichte sie den Meiningern, weshalb
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man dort von Oktober bis Dezember das Märchen- und Sagenfest begeht. Die Stadt hat mit Märchen- und Sagensammler Ludwig Bechstein auch einen berühmten Sohn, dessen Wohnhaus und Grab auf Besucher warten, zudem ist Bechstein der Märchenbrunnen im Englischen Garten gewidmet. Ein Holzskulpturenpfad ehrt neben Bechstein auch seinen Kollegen Christian Ludwig Wucke: Der Pummpälzweg führt über 22 Stationen zwischen Salzstadt und der Wartburg. Beim Pummpälz, „Thüringens bekanntestem Kobold“, handelt es sich um einen haarigen Naturgeist, den Wucke so beschrieb: „Hier sitzt nachts ein rauhaariger Kobold, ähnlich dem Steinbacher Bieresel, springt den Nachtwandlern auf den Nacken, gibt ihnen Ohrfeigen und lässt sich eine Strecke Weges mit forttragen.“ Der kleine Kerl geht mit der Zeit: Er verdingt sich mittlerweile als Maskottchen von Radwanderungen und Marathonläufen.
Märchenbuch und Erlebniswelt Der Themenweg bringt Menschen dazu, einen Weg zu gehen, den sie vielleicht sonst nicht genutzt hätten. Somit haben Märchen auch etwas mit Marketing im Tourismus zu tun. Einige der Sprachbild setzenden Geschichten der Gebrüder Grimm lassen sich in Dittrichshütte auf der Saalfelder Höhe im weltgrößten Märchenbuch – vier mal drei Meter – nachlesen: zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen („Das tapfere Schneiderlein“), in Saus und Braus leben („Lumpengesindel“) und aus Stroh Gold spinnen („Rumpelstilzchen“). In den Saalfelder Feengrotten führt eine Fee in die als „Erlebniswelt“ beworbenen Höhlen, nebenan im Erlebnismuseum Grottoneum wird die Bergbaugeschichte erzählt. Dies ist ein Beispiel für einen aktuellen Trend im Tourismus: die Eventisierung, der Konsum des besonderen Erlebnisses. Davon zeugen
auch die Märchenhöhle in Walldorf/Werra, wo einst der Sandmann und die Seinen hausten und der Themenpark Märchenland in Saalburg (Saale-Orla-Kreis), der mit 40 meist lebensgroßen Schaubildern ein beliebtes Ausflugsziel darstellt. Gebaute Schlangenlinien: Ferienstraßen Während die Märchenstraße Mitteldeutschland nur kurz kreuzt, führen andere Themenwege vorrangig durch hiesige Regionen. Die Straße der Romanik hat insgesamt 80 Stationen, an der Klöster und Burgen als heute mitunter mystische Orte thronen, die Freyburger Neuenburg etwa, die den Haingott beheimatet: Die Kalksteinfigur gibt Rätsel auf, denn keiner weiß, wie alt sie ist und wen sie darstellt. Das Schloss Neuenburg wurde von TV-Zuschauern zur schönsten Burg Sachsen-Anhalts gekürt, doch gibt es in der Umgebung andere, die es locker
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mit ihr aufnehmen können: Schönburg, Rudelsburg, Eckartsburg. Letztere liegt ebenso an der Straße der Romanik wie jene Stadt, die unter dem Claim „Merseburg bezaubert“ mit Rabensage und in den Dom-Kreuzgang geschlagenen Teufelskrallen um Touristen buhlt. Sagen und Mythen des Weißen Goldes hat das Hallenser Salz- und Salinemuseum in seiner aktuellen Schau zum Thema – und liegt damit ebenfalls im touristischen Trend. Neben der Unterhaltung haben ja Legenden eine zweite, einst eigentliche Funktion: Die Bewahrung von Brauchtum und Traditionen. Sagen bilden zudem immer einen Sehnsuchtspunkt, beschwören die „gute alte Zeit“ oder ein Goldenes Zeitalter, wie die seit dem 30-Jährigen Krieg erhoffte Rückkehr von Barbarossa, die im von Monarchisten betriebenen Bau des Denkmals am Kyffhäuser kulminierte. Heute hat die erhabene Phallusgestalt besonders zu Himmelfahrt bei den wandernden Herren Hochkonjunktur. Landtourismus und Rückbesinnung Nicht nur in den Küchen und in der Wohnungseinrichtung schlägt sich die „Landlust“-Welle nieder, auch die Touristenströme folgen ihr. Im Gegensatz zu den zu DDR-Zeiten etablierten Reiseformen des Küsten- und Städtetourismus konnte sich der Landtourismus in Mitteldeutschland erst nach der Wende entwickeln, obwohl die drei Bundesländer naturräumlich überwiegend ländlich geprägt sind. Landtourismus bedeutet mehr als Ferien auf dem Bauernhof. Hierzu gehört die Begegnung mit regionalen Besonderheiten und Eigentümlichkeiten, die sämtliche Lebensbereiche vom Bauen und Handwerken über die Kulinarik bis hin zum täglichen Wirtschaften betreffen. Vielleicht liegt es an der wirtschaftlich unsicheren Lage, wenn das heimatbezogene Reisen, die Rückbesinnung auf die regionale Identität, auf Vergangenheit und Mythen derzeit so boomt. Statt exotischer Fernziele werden Kultur- und Naturlandschaften vor der Haustür erkundet. Entsprechend wird der Urlaub auf dem Lande in den drei Bundesländern beworben: idyllische Natur, Freizeitaktivitäten an der frischen Luft wie Wandern, Rudern, Radfahren, Reiten, die familiäre Atmosphäre des bäuerlichen Lebens mit Kontakt zu Anbietern, Produzenten und Gastgebern, regionale Produkte aus der Herstellung vor Ort, Tradition und Brauchtum, Gesundheit und Wellness.
Wirtschaftsfaktor Tourismus In den drei Bundesländern ist der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die Besuche und Übernachtungen steigen stetig und die Gäste zeigen sich zufriedener als in den meisten Teilen der BRD. Die Reiseeinnahmen aus dem Ausland nehmen ebenfalls zu, für 2013 werden weitere Zuwächse prognostiziert. Ostdeutschland ist besonders beliebt bei Niederländern, Österreichern und Schweizern, aber auch Gäste aus Polen, Dänemark und den USA spielen eine Rolle. Allerdings ist zum Beispiel in Sachsen vor allem das Interesse an den Städten Chemnitz, Dresden und Leipzig ungebrochen hoch, während ländlicher Raum und Mittelzentren als Attraktionspunkte noch ausbaufähig sind. Märchenhafte Marken und erfundenes Mittelalter Auf dem Land trifft man auch rein sagentechnisch auf ganz bodenständige Leute, so die Lutki bei den Sorben, kleine Erdbewohner, die sich von den Menschen Haushaltsgeräte borgen und ihnen dafür Brot und Kuchen geben. Hat Rotkäppchensekt ausnahmsweise nichts mit dem Märchen zu tun, so wirbt die Oberlausitz als Krabat-Region für sich. Der junge Held mit magischen Kräften, quasi der Lausitzer Harry Potter, ist Namensgeber für ein Fest, für Produkte von der Briefmarke bis zum Pils und die sagenhafte Mühle in Schwarzkollm. Die schöne Nixe Slusia gab Schleusingen dem Gründungsmythos zufolge nicht nur den Namen, sondern wurde dort auch zur Marke: Sport- und Karnevalsvereine sind nach ihr benannt, ihre Statue ziert die Innenstadt und ein Laufwettbewerb wird ihr zu Ehren ausgetragen. Weil Vielfalt und Ausdifferenziertheit den touristischen Trend bestimmen, gehört neben der Eventisierung der Mythen auch die Schaffung künstlicher Welten zum Tourismusmarketing. Mittelaltermärkte und KostümEvents auf Burgen sind Legion und ihr Boom reißt seit Jahren nicht ab. Ein Beispiel, dass man sich trotz Trend allerdings auch übernehmen kann, ist der bereits 2009 wieder geschlossene Themenpark Weltentor. Bei Ronneburg gelegen, sollte das ausgestaltete Areal Mittelalter und FantasyWelten erlebbar machen. Vielleicht aber ist sein letztes Kapitel noch nicht geschrieben, und auch dieses Märchen findet noch zu seinem glücklichen Ende.
MDR FIGARO. Hörgenuss pur – ob piano oder forte.
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Der Drang zu reisen ist unstillbar Das Wegfahren, die Auszeit gehören in jede Jahresplanung. Das Reiseziel legt der Reisende fest – aber wie werden bestimmte Orte zu Zielen und warum fahren wir eigentlich weg? Wir machten uns auf in die Touristenstadt Weimar, flanierten mit René Seyfarth, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der dortigen Bauhaus-Universität, durch die Stadt und erörterten diese und andere Fragen. Interview: Tobias Prüwer und Franziska Reif Fotografie: Barbara Proschak
Warum treffen wir uns am Goethe-und-Schiller-Denkmal? Weil es der Kulminationspunkt des touristischen Geschehens in Weimar ist. Hier müssen alle hin, wenn sie nach Weimar kommen. Dieses Duo vorm Nationaltheater findet man auf dem Reiseführer, in allen Broschüren, auf der Seite der Stadtverwaltung und man erwartet es beim Besuch.
hat sich in seinen Briefen über Weimar ausgelassen, es gibt Anekdoten über ihn. Sowas haben viele Orte, nur ist der Bekanntheitsgrad verschieden.
Man will also live sehen, was man schon von anderswo kennt? Das ist zu überspitzt. Aber das Tourismusgeschäft bereitet das Fremde für die Besucher auf, dass sie es auch. So ist es eigentlich das Bekannte, das man besucht.
Wieso wird etwas als wichtig erachtet? Das hängt mit unseren kulturellen Prägungen und Wahrnehmungsmustern zusammen und natürlich auch mit Politik. Es gibt Sehenswürdigkeiten, die ein Muss sind, und Orte, die ausgespart werden. Buchenwald etwa ist eine wichtige Gedenkstätte für die Verbrechen des NS-Regimes. An solchen Orten findet auch Tourismus statt, obwohl es kein touristischer Ort per se ist.
Wer legt fest, welches Reiseziel lohnt? Eine zentrale Vergabestelle gibt es nicht. Es wird durch verschiedene Erzählungen festgelegt. Beispiel Weimar: Man hat einerseits Goethe und Schiller, ihre Bücher, teilweise mit Ortsbezug. Goethe
Und neben diesen Erzählungen über Reiseziele? Da gibt es den wirtschaftlichen Aspekt – das Stadtmarketing bewirbt Orte aufgrund herausstechender äußerer Merkmale. Also Neuschwanstein sieht man so erst wieder im Eurodisneyland. Heute baut
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man ein Museum nicht nur, um dem Thema lokal eine Stätte zu widmen, sondern auch für den Fremdenverkehr. Besonders seit den Neunzigern ist er Teil der Wirtschaftsförderung geworden. Aus dem Großinvestor als Hoffnungsträger ist der Tourismus geworden? Richtig. Das hat etwas mit der Postindustrialisierung zu tun. In Mittelengland etwa haben Kommunen früh investiert, um Orten neue Attraktivität zu verleihen, indem Hafenanlagen in Eventparks umgebaut wurden. Diese Vermarktung ist aber nicht zu trennen von den Erzählungen: Die neue Bedeutung der Orte muss plausibel gemacht werden, was über Emotionalisierung, Romantisierung, Historisierung passiert. Die Beschreibung „das größte Kraftwerk der 1850er Jahre kann Alleinstellungsmerkmal sein. Wie wird ein Image aufgebaut? Man kann es nicht ohne Weiteres aufbauen, auch wenn das Marketingagenturen versuchen. Images sind sehr langlebig und werberesistent. Man hat eine bestimmte Vorstellung von einem Ort, die von außen an ihn herangetragen wird. Chicago hat Jahrzehnte lang versucht, das Bild als Verbrecherhauptstadt abzuschütteln. Die Anzahl der Werbemaßnahmen und die Höhe der darauf ver-
wendeten Mittel können nicht unbedingt etwas ändern. Das Bild kann um eine Facette bereichert, aber nicht komplett gedreht werden. Selbst wenn – wie bei Bitterfeld und Halle – die Eigenschaften für ein schlechtes Image gar nicht mehr vorhanden sind. Was kann eine Kommune tun? Sie kann in zwei Jahren mit einer Plakatkampagne nur wenig ändern. Mit Einschränkungen hat es Halle geschafft, über anhaltende Medienpräsenz überregional zu zeigen: So schlimm ist die Stadt gar nicht. Welche Rolle spielt Schönheit? Tourismus ist nicht nur reines Anschauen. Am Strand von Mallorca zum Beispiel geht es einfach um Entspannung und Erholung als Ortsgenuss. Alle Tourismusdefinitionen beinhalten auch die Überwindung des Raumes und des Alltags, was bei Urlaub auf Balkonien ja nicht gegeben ist. Dennoch, so richtig fremd wird es im Tourismus ohnehin nicht mehr. Die deutschen Gäste können in Ferienressorts nicht auf ihr deutsches Fernsehen verzichten und die Speisen sollten auch möglichst wie zu Hause schmecken. Bockwurst überall? Bis in die Neunziger vielleicht. Was die Offenheit für die Kulinaristik angeht, sind die Deutschen mittlerweile recht weit. Man
kann auch hier sein Chicken Masala kaufen. Italiener können nur schwer auf italienisches Essen verzichten und auch Chinesen finden das Essen in Europa seltsam, mit Absonderlichkeiten wie Käse. Ist Verreisen eine Flucht?
Das greift zu kurz. Man sucht auch etwas. Man vermutet etwas, das das eigene Leben bereichert. Dieses Verlangen ist wie Hunger nur temporär stillbar. Wie Nietzsche sagt – immerhin sind wir in Weimar: „Doch alle Lust will Ewigkeit“? Ja. Die Tourismusindustrie ist dauerexpansiv. Sie erschließt sich selbst immer neue Märkte. Nach außen werden immer exotischere und entlegenere Ziele anvisiert, etwa im Spacetourismus. Nach innen schaut man in Weimar eben nicht nur das Schiller-Haus an, sondern läuft die Botengänge von Goethes Hausdiener ab oder besucht politische Orte aus der Nazizeit. [zeigt am Markt angekommen auf das Hotel Elefant] In London gibt es seit den 1970ern den Besuch der Toiletten von Westminster. Sind Nachtwächterspaziergänge oder ähnliches ein Zeichen anhaltender Eventisierung? Festivalisierung ist im Tourismus immer inbegriffen, weil der Ortswechsel an sich
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relativ unspannend ist. Man muss ihn zum Erlebnis machen. Das kann ein Spaziergang sein, andere wollen die Thalassotherapie. Der Erfüllung dieser Konsumwünsche sind keine Grenzen gesetzt, sie werden oft erst durch das Angebot geweckt. Wenn es irgendwo ein Toilettenmuseum gibt, wird es auch besucht; überall nachfragen würden das die Leute aber nicht.
nur eine Momentaufnahme ist, gehört zur Illusionsmaschine Tourismus dazu.
Ein weiterer Ausdruck der Konsumkultur? Es ist auch Produktion. Touristen beeinflussen ihre Ziele. Schon in der Entstehungszeit des Tourismus, als Ende des 19. Jahrhunderts das Bürgertum auf dem Land frische Luft schnappte, stellten die Einheimischen für sie Bänke auf. In Weimar etwa sind es das riesige Theater und das umfangreiche Kulturangebot, das mit den lokalen Bedürfnissen nichts zu tun hat. Das wird in erster Linie für die Touristen gemacht.
...das erste deutsche Versicherungsunternehmen... ...Vieles ist dort einzigartig. Aber gesamtgesellschaftlich interessiert weniger die erste Sternwarte Europas, sondern jemand Unumstrittenes wie Goethe. Man will sich selbst nicht auf ein unbekanntes Terrain begeben, sondern die Sicherheit haben, dass man auch wirklich Wichtiges sieht.
Nachteil und Nutzen gehen Hand in Hand? Ja. Wenn ich im Alltag schnell von A nach B will und dann steht mir diese Gruppe hier [weist auf Menschen am Schloss] im Weg. Andererseits profitiere ich vom Kulturangebot, das ohne Tourismus fehlte. [kniet angekommen im Ilmpark nieder] Hier haben wir ein schönes Beispiel für die touristische Ausgestaltung einer Stadt. Diese Marken mit dem Spruch „Hebe deinen Blick und verweile“ sind im ganzen Park verteilt. Die Plakette weist auf eine von Goethe geschaffene Sichtachse hin. Das Abhandengekommene ist touristisch interessant? Ja. Ein Denkmal sagt: „Schauen Sie, hier war einmal.“ Es ist die Suche nach einem utopischen Ort. Da ist eine Ewigkeitsvorstellung enthalten: Ich setze mich mit einem ewigen Wert in Beziehung. Dass es
Sind Slogans wie „Gotha adelt“ hilfreich? Das reicht nicht. Gotha ist ein gutes Beispiel. Man kann mit einigem Recht behaupten: Weimar mag einige wichtige Leute beherbergt haben, aber in Gotha gab es auch Wichtiges.
Es gibt einen Club der toten Testimonials? [lacht] In Gothas Adel bestand eine Beziehung bis zum englischen Königshaus. Deshalb wird nach wie vor versucht, die Queen oder einen Teil der Royals dorthin zu locken und mit ihnen internationale Touristen. Wenn es keine Revolution à la Tucholsky – „Schaffen wir Goethe und Schiller ab“ – gibt, werden sie Weimar wohl erhalten bleiben. Ob in zehn Jahren Schlammpackungen noch gefragt sind, ist nicht so sicher. Vielleicht ist dann Pommesessen das nächste große Ding und alle fahren nach Belgien. Schadet ein lokaler Konkurrenzkampf innerhalb einer Region? Generell gilt: Je mehr Orte in einer relativ kleinen Region als touristisch wahrgenommen werden, umso attraktiver wird sie. Man fährt nicht nur nach Weißenfels, sondern besucht auch Naumburg und kann so mehrere Tage in der Region bleiben.
Gibt es deshalb so viele Ferienstraßen? Genau. Sie dienen dem Zweck, Orte, die eigentlich nur bedingt in Zusammenhang miteinander stehen, als erschließbares Paket zu erfahren. Minimierung der Raumüberwindung bei maximaler Raumerfahrung könnte man das nennen. Verdrängen Touristen Einheimische? Das ist weniger eine Folge des Tourismus, sondern der Stadtaufwertung an sich. Diese muss nicht mit Tourismus einhergehen. Berlin-Neukölln ist nach wie vor kein touristisch relevantes Gebiet. Das Touristenbashing wird von Leuten durchgeführt, die nicht verstehen, was um sie herum passiert. Die Auslöser sind vor Ort zu suchen, bei der sozialen Unverträglichkeit von Stadtumbau. Den Touristen zum Schuldigen allen Übels zu machen, ist verfehlt. Und ob sich nun jemand am Ballermann literweise Sangria gönnt oder bei der Anna-Amalia-Führung ist: Man muss doch den Leuten zugestehen, wenigstens für ein paar Tage im Jahr aus dem Alltag auszubrechen und nicht immer nach den Regeln zu leben, die sie zu diesem Ausbruch führen.
René Seyfarth
wurde 1980 im thüringischen Altenburg geboren. Er studierte Kulturwissenschaft, Ethnologie und Kunstgeschichte an der Universität Leipzig. Seit 2009 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für sozialwissenschaftliche Stadtforschung am Institut für Europäische Urbanistik der Bauhaus-Universität Weimar. Er promoviert zur Deutung und zu Konflikten bei der Nutzung urbaner Räume an der Europäischen Ethnologie der Humboldt-Universität Berlin.
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Titelthema 43
Oberbürgermeister Roland Dantz
„Regionale Kooperationen“ Touristen in Mitteldeutschland besuchen entweder die Städte oder die Dorfidylle. Die ebenfalls attraktiven Mittelzentren liegen dazwischen. Über die Rolle des Tourismus in solch einem Ort sprachen wir mit Roland Dantz, Oberbürgermeister von Kamenz, und David Kliemann vom Marketing der Stadt. Interview: Franziska Reif Fotografie: Stadtverwaltung Kamenz
Welche Bedeutung hat der Tourismus in Kamenz? Dantz: Eine große. Wir können eine stetig steigende Zahl an Übernachtungen verzeichnen, auch die Tagesgäste nehmen zu. Kamenz ist ja in der Außenwahrnehmung stark mit Lessing verbunden. Treten dafür andere Aspekte zurück? Dantz: Die Marke „Lessing“-Geburtsstadt hat als Alleinstellungsmerkmal eine überregionale bis internationale Reichweite. Das setzen wir aktiv im Stadtmarketing ein, aber immer zusammen mit den anderen städtischen Angeboten und Standortfaktoren. Was dient denn neben Lessing als „Aushängeschild“? Dantz: Das Angebot in Kamenz ist sehr reichhaltig und vielschichtig: das neue Museum für Sakrale Kunst in der Klosterkirche St. Annen mit fünf kostbaren spätgotischen Schnitzaltären, die Hauptkirche St. Marien, die St.-Just-Kirche, das Museum der Westlausitz, eine historische Innenstadt und natürlich noch vieles mehr.
Kliemann: Kamenz liegt an der touristischen Route „Via Sacra“, die im Dreiländereck Deutschland, Polen und Tschechien einzigartige Sakralbauten verbindet. Dantz: Der Hutberg lockt mit dem Blick über die Westlausitz und im Frühjahr mit blühenden Rhododendren und Azaleen. Mit den Konzerten auf der Hutberg-Bühne sprechen wir auch Publikum in Dresden oder Südbrandenburg an. Feste Termine sind die Lessing-Tage, das Lausitzer Anradeln, das Forstfest und das Advents-Spectaculum. Sieht sich Kamenz als Touristenstadt? Dantz: Der Tourismus ist nur ein Schwerpunkt. Kamenz ist auch Hightech-IndustrieStandort der Elektromobilität und kann als Wohnstandort punkten: im Speckgürtel von Dresden mit preiswertem Wohnraum in einem ruhigen Umfeld und mit breiter sozialer Infrastruktur. Begreift man sich in der Region als Konkurrenz? Dantz: Wir kooperieren miteinander und wir profitieren durch die Lage nahe der Landeshauptstadt, viele Dresdner und Dresden-
Urlauber wollen das Umland entdecken. Die Nähe zu Bautzen ist in Hinblick auf überregionale Touristen vorteilhaft. Kliemann: Wir sprechen überregionale und internationale Zielgruppen mit Marketingkooperationen an. Die Nähe zur Grenze gewinnt immer mehr an Bedeutung, die Lage im Dreiländereck nützt uns. Der Oberlausitzer Sechsstädtebund war früher zum Schutz vor Raubrittern gedacht. Wozu dient er heute? Kliemann: Auch noch heute – mehr als 666 Jahre nach der Gründung – fühlen sich die Mitgliedsstädte Kamenz, Bautzen, Löbau, Görlitz, Zittau und Lauban eng miteinander verbunden. Die gegenseitige Unterstützung liegt z. B. im Standortmarketing, wobei jede Stadt ihre Alleinstellungsmerkmale definiert. Durch die Marke Sechsstädtebund werden Touristen in die Region gelockt, was natürlich jeder einzelnen Stadt zugute kommt. Danke für das Gespräch. aktuelle Veranstaltungstermine unter: www.kamenz.de/veranstaltungen
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Geiseltal
regjo
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Ursprünglichkeit und unberührte Natur: Viele Reisende sind auf der Suche nach dem Paradies. Auf der diesjährigen ITB mit dem Thema Nachhaltigkeit wurden Projekte ums verantwortliche Reisen im Partnerland Indonesien vorgestellt. Im Bild eine Szene in West-Java.
Trend Verantwortung Nachhaltiges Reisen stellt sicher, dass die Urlaubsziele auch für die nächste Generation erhalten bleiben. Außerdem nimmt es die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort in Blick. Text: Katja Schmal Fotografie: Ministerium für Kultur und Tourismus Republik Indonesien
Wer Malediven hört, denkt an Urlaub und Entspannung: weißer Strand, blaues Meer, Palmen im Wind. Die ressourcenarme Republik im Indischen Ozean setzt auf Tourismus, immerhin belaufen sich die Einnahmen aus dem Sektor auf ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts. Seit europäische Reisende zu Beginn der 1970er den Inselstaat entdeckt haben, lassen die Malediver das Reisen nur innerhalb strenger Regeln stattfinden. Der Grund liegt in der Erkenntnis, dass Fremdenverkehr auch kaputt machen kann, was ihn einst anzog. Etwas pathetischer mag man das auch als Fluch und Segen des Tourismus beschreiben. Paradies bewahren Damit entwickelten die Malediven Nachhaltigkeitskonzepte schon zu einer Zeit, als die jüngste grüne Bewegung in den USA und Europa sich gerade die ersten Kinderschuhe schnürte. Unter Nachhaltigkeit verstehen Tourismuswissenschaft und -wirtschaft eine Entwicklung, die aktuelle
Bedürfnisse und Nachfragen bedient, ohne Kompromisse auf Kosten der späteren Generation einzugehen, weil sie nicht aus den Augen verliert, dass auch spätere Generationen Bedürfnisse haben werden. Bezogen auf die Malediven heißt das: Der Urlauber sucht die unberührte Natur und die Strände der Postkartenromantik. Wenn diese Strände nicht mehr da sind, bleibt der Urlauber weg. Hotels dürfen deshalb nur innerhalb zugelassener Inselresorts gebaut werden, die wiederum nur auf unbewohnten Inseln entstehen. Es muss mindestens doppelt so viele Einheimischen-Inseln geben wie Resortinseln. Auf den Inseln sind nur 20 Prozent durch Bebauung zu versiegeln. Die sensiblen Riffökosysteme dürfen nicht beschädigt werden. Das schließt ein, dass die küstennahe Strömung nicht verändert wird und Abwässer nicht ungeklärt versickern. Gleichzeitig soll auch das Umweltbewusstsein der Gäste in Hinblick auf den Verbrauch von Trinkwasser und Energie geschärft werden.
Nachhaltigkeit auf der ITB Mittlerweile ist Nachhaltigkeit zu einem Schlagwort im Tourismus weltweit geworden. So stand die Internationale Tourismusbörse Berlin (ITB) Anfang März diesen Jahres unter dem Zeichen der Nachhaltigkeit. Gezeigt wurde, dass diese Verantwortung schon bei Kleinigkeiten wie einem klimaneutralen Katalog beginnen kann. Damit unterstützt die ITB ein Geothermal-Projekt im diesjährigen Partnerland Indonesien, das neben der besseren Verfügbarkeit von Strom Arbeitsplätze und Unterricht vor allem für Mädchen schafft. Dies ist keineswegs das einzige der Nachhaltigkeit, also den sozialen wie ökologischen Bedingungen vor Ort gewidmete Projekt in Indonesien, das vorgestellt wurde. Damit liegen die ITB und die dortigen Aussteller voll im Trend, denn Fachleute mutmaßen, dass verantwortliches Reisen in den nächsten Jahren noch mehr an Bedeutung gewinnen wird.
RegJo
N i e d e rland e
H e rrsch e r Fotografie: Jutta Parnieske-Pasterkamp
Fotografie: Standortmarketing Mansfeld-Südharz
B e tru g
Fotografie: Standortmarketing Mansfeld-Südharz
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List und Gerste
Königswiege
Barbarossa
Wie Mansfeld zu seinem Namen kam.
In Stolberg wurde die Urahnin der Oranier geboren.
Der Kaiser im Kyffhäuser.
Der deutsche Kaiser hatte mit den Harzgrafen oft seine liebe Not, denn sie galten als Unruhestifter. Weil sie mit ihren Heeren aber immer wieder seine Feldzüge unterstützten und so den kaiserlichen Besitz mehrten, wollte der Herrscher sich erkenntlich zeigen und gewährte dem Stammherrn der Grafen eine Bitte. Dieser wünschte sich so viel Land in Thüringen, wie er mit einem Scheffel Gerste umsäen konnte. Diesen bescheidenen Wunsch gewährte der Kaiser. Begleitet von einem kaiserlichen Rat kam der Graf nach Wallhausen, westlich von Sangerhausen, wo er sogleich mit dem Säen begann. Er ließ seinen Kutscher langsam fahren und streute die Gerste in einer feinen Linie um das Feld. Zweihundert Dörfer umrundeten sie so. Der kaiserliche Rat wähnte seinen Herrn betrogen. Der aber lachte nur: „Gesagt ist gesagt! Kaiserliches Wort muss wahr bleiben, wie man es auch deutet. Das ist des Mannes Feld!“ Die Gerstenkörner im Wappen der Grafschaft erinnern bis heute an den gewitzten Sämann. KL
Majestätisch erhebt sich über der Stadt Stolberg das Schloss, in dem Juliana zu Stolberg am 15. Februar 1506 das Licht der Welt erblickte. Siebzehnjährig heiratete sie den Grafen Philipp II. von Hanau-Münzenberg. Nach dessen Tod erkor der selbst verwitwete Graf Wilhelm von Nassau-Dillenburg, ein Freund der Familie, Juliana zu seiner zweiten Gemahlin. Siebzehn Kinder gingen aus ihren beiden Ehen hervor. Über ihre beiden ältesten Söhne, Prinz Wilhelm I. und Graf Johann VI., wurden Juliana und ihr Mann zu den Stammeltern der älteren und jüngeren Linie des Hauses Oranien. Juliana war eine gebildete und glaubenstreue Protestantin. Sie hatten großen Anteil an der Einführung des Calvinismus, und hinsichtlich des Niederländischen Freiheitskampfes gilt sie als das Gewissen ihres Sohnes Wilhelm von Oranien. Juliana starb im für ihre Zeit hohen Alter von 74 Jahren am 18. Juni 1580 in Dillenburg. 533 ihrer Kinder, Enkel und Urenkel sind in ganz Europa bekannt. Bis heute pflegt die Stadt Stolberg ein enges Verhältnis zu den Niederlanden. KL
Es war zur Zeit der Kreuzzüge, als auch der deutsche Kaiser Friedrich I., wegen seines prächtigen roten Bartes Barbarossa genannt, ins Heilige Land zog. Auf tragische Weise soll er dort im Jahr 1190 im Fluss Saleph ertrunken sein. Doch bald schon gingen Gerüchte um, wonach der Kaiser gar nicht tot sei. Stattdessen sitze und schlafe er, gemeinsam mit seinem ganzen Hofstaat, in einer Höhle in den Tiefen des Kyffhäusergebirges. Des Herrschers stolzer Bart, noch immer wie Feuersglut leuchtend, sei inzwischen zweimal um ihn herum und durch den Tisch gewachsen. Doch sobald die Zeit dafür reif sei, würde Barbarossa aus dem Berg heraustreten, sein Reich neu errichten und ein goldenes Zeitalter begründen. Alle einhundert Jahre schickt der Kaiser einen seiner Zwerge heraus ans Tageslicht, um auszukundschaften, ob die Raben noch immer um die Spitze des Berges flögen. Denn solange sie dort ihre Kreise durch die Luft ziehen, ist die Zeit des Erwachens noch nicht gekommen. KL
regjo
Fotografie: Standortmarketing Mansfeld-Südharz
QUESTENBERG Fotografie: Standortmarketing Mansfeld-Südharz
TEMPLER
TITELTHEMA 47
Bischofszwist
Schicksalhafter Blumenkranz
Wie die Tempelritter in Beyernaumburg ihrer Verfolgung entkamen.
Was es mit der Tradition des Questenfestes auf sich hat.
Hatte der französische König Philippe IV. Haftbefehl für alle Anhänger des Templerordens erlassen, so war der deutsche König Albrecht I. nicht bereit, die adligen Ritter zu verfolgen. Der Erzbischof von Magdeburg Burchhard III. jedoch, ein heftiger Gegner des Ordens, erließ 1308 den Befehl, die Templer in den Sprengel der Harzregionen festzusetzen. Die Verfolgten zogen sich auf die Beyernaumburg zurück. Erzbischof Burchhard ließ die Burg belagern und baute zwei nahe Kirchen als Befestigungsanlagen aus. Nicht gerechnet hatte er mit dem Halberstädter Bischof Albert, seinerseits Unterstützer der Templer. Dieser nutzte seine kirchliche Macht, duldete die Zweckentfremdung der Gotteshäuser nicht und belegte den Erzbischof mit dem Kirchenbann. Ob er wollte oder nicht, Burchhard musste den Tempelrittern Sicherheit und Freiheit gewähren. Den Orden selbst rettete das nicht. 1312 war er endgültig zerstört, vom Papst aufgehoben und seiner Anführer beraubt. KL
Im 13. Jahrhundert lebte auf der Burg Questenberg im Tal der Nasse der Ritter Knut mit seiner Tochter Jutta. Eines Tages verirrte sich das Kind beim Blumenpflücken im Wald. Immer tiefer geriet es ins Dickicht und gelangte zu einer armen Köhlerhütte. Es setzte sich vor die Tür und flocht einen Kranz aus Blumen, von dem zwei Quasten herabhingen. Als der Köhler nach Hause kam, nahm er es freundlich in seinem bescheidenen Hause auf und versorgte es gut. Jutta hatte keine Sehnsucht nach der Burg. Stattdessen erfreute es sich der bunten Blumen vor der Hütte und flocht Kränze daraus. Nach einigen Tagen endlich stießen die Bewohner des Nachbardorfes Finsterberg bei ihrer Suche auf das Mädchen. Jubelnd und so schnell sie nur laufen konnten, brachten sie es zur Ritterburg. Den Blumenkranz, den Jutta eben flocht, banden sie an eine hohe Stange und trugen sie vor sich her. Der arme Vater, der alle Hoffnung längst verloren hatte, weinte vor Freude, als er sah, dass sein geliebtes Töchterlein lebte. Die Stange mit dem Blu-
menkranz und den Quasten ließ er im Hof aufstellen. Seiner Burg und dem Dorf gab er zum Gedenken an diesen Tag den Namen Questenberg. Außerdem veranlasste der Ritter, dass jedes Jahr zu Ehren der glücklichen Rückkehr Juttas auf dem höchsten Berg der Gegend ein Baum aufgerichtet und mit einem quastenverzierten Kranz geschmückt werden sollte. Bis heute feiern die Questenberger am dritten Pfingsttag ein großes Volksfest. Am Vorabend ziehen die jungen Männer des Dorfes in den Wald, schlagen einen großen Baum und bringen ihn am nächsten Tag, noch vor Sonnenaufgang, auf einen Berg hinter dem Dorf. Hoch oben befestigen sie einen wagenradgroßen Kranz aus Zweigen und Blumenquasten. Musik und Freudenschüsse begleiten sie dabei, und aus der ganzen Gegend laufen die Menschen zusammen, um das Spektakel zu erleben. Anschließend zieht die ganze Gesellschaft zur Kirche, feiert Gottesdienst und lässt den Tag mit Tanz bis in das Morgengrauen ausklingen. KL
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Die Hohe Schrecke – ein alter Wald in Mitteldeutschland Sie liegt mitten in Deutschland und doch abseits von Trubel und Geschäftigkeit. Dieses Nischendasein hat der Hohen Schrecke den Charakter bewahrt, der sie heute für Naturschutz und Regionalentwicklung so interessant macht.
regjo
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Text: Tobias Barth Fotografie: Thomas Stephan und Oliver Schein
Noch ist sie ein Geheimtipp. Wer nach der Hohen Schrecke fragt, wird selbst in Weimar, Erfurt, Halle oder Leipzig kaum jemanden finden, der damit etwas anfangen kann. Doch der kleine Höhenzug hat es in sich. Zwar ragt er nur knapp 300 Meter hoch, doch hier, an der Grenze von Thüringen und Sachsen-Anhalt, wächst ein Wald, wie er ohne das Wirken des Menschen überall in unseren Breiten vorkäme. Alte Laubbäume beschirmen einen über 7.000 Hektar großen, fast unzerschnittenen Laubwald. Die Naturstiftung David führt hier mit Unterstützung des Bundesumweltministeriums, des Freistaats Thüringen, der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt und verschiedenen Umweltorganisationen seit drei Jahren ein sogenanntes Naturschutzgroßprojekt durch. Das Ziel: den alten Wald für kommende Generationen bewahren. Wo wilder Wald wieder wächst Die Hohe Schrecke ist der Beginn eines Waldbandes, das sich über Kyffhäuser und Hainleite bis zum Nationalpark Hainich erstreckt. Die Nordhänge der bewaldeten Hügelkette fallen sanft in die geschichtsträchtige Niederung des Unstrut-Tals hinab. Hier lag die Lieblingspfalz der ersten deutschen Kaiser aus dem Geschlecht der Ottonen und hier fand man die berühmte Himmelsscheibe von Nebra. Anders als in der Umgebung wurde in der Hohen Schrecke im Mittelalter wahrscheinlich nicht radikal gerodet. Später befanden sich große Teile des Waldes im Besitz der Adelsfamilie von Werthern. Sie betrieb eine Waldbewirtschaftung, die man heute nachhaltig nennen würde. Im 20. Jahrhundert war es dann paradoxerweise das Militär, das für den Werterhalt des Waldgebietes sorgte: Erst sperrte die Wehrmacht den Wald für einen kleinen Übungsflugplatz, dann kam die Rote Armee mit Panzern und Raketen. In den weiträumig abgegrenzten Gebieten wuchs der Wald, wie er wollte – und dieses „Waldnaturerbe“ bekommt heute eine bundesweit bedeutsame Dimension.
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Ein Baum mit 570 Fledermäusen In den letzten drei Jahren liefen umfassende tierökologische und vegetationskundliche Untersuchungen im Gebiet. Erstaunliches kam zum Vorschein. Beispielsweise konnten alle für Thüringen bekannten Waldfledermausarten in sehr großen Populationen nachgewiesen werden. Einen Sensationsfund gab es im Wiegental, wo sich ein besonders urwüchsiger Buchenwald mit großem Anteil alter, knorriger Bäume erhalten hat: Die Biologen staunten nicht schlecht, als sich ein unscheinbarer Riss in einer alten Buche als gut besuchtes Wochenquartier von Rauhaut- und Bartfledermäusen entpuppte. An einem Abend zählten sie den Ausflug von 570 Tieren. Damit ist die alte Buche eines der größten Baumquartiere von Fledermäusen in Deutschland. Fast schon selbstverständlich wirkten da die Nachweise der verschiedenen Spechtarten, des Schwarzstorches und der Wildkatze. Auch der Luchs soll bereits gesichtet worden sein. Wildnis für den Artenschutz Durch den Strukturreichtum ihres Waldes ist die Hohe Schrecke zum Wildtierrefugium geworden. Auf dem mit Lößlehm überwehten Buntsandstein wachsen die Buchen und Eichen besonders gut. Dass die teils 250 Jahre alten Bäume noch stehen und noch nicht
geerntet wurden, ist die Besonderheit dieses Waldes. Auch der Totholzanteil ist in bestimmten Bereichen beachtlich. Diese Waldwildnis wird im Sinne des Naturschutzes in den nächsten Jahren ausgeweitet. Mindestens ein Viertel des Schrecke-Waldes soll zukünftig forstlich ungenutzt bleiben – damit hier die Natur Natur bleiben darf. Wie wichtig großflächige Wildnisflächen für den Artenschutz sind, zeigt Trox perissii, der Glanz-Knochenkäfer. Er galt in Thüringen seit 1909 als verschollen. Im Zuge der faunistischen Kartierungen konnte er wieder nachgewiesen werden – als eine von elf sogenannten Urwaldreliktarten der Hohen Schrecke. Diese Arten zeigen an, dass hier über Jahrhunderte Wald gestanden hat. Der Käfer ist ein echter Feinschmecker und Nahrungsspezialist. Er braucht zum Überleben den Mulm aus alten Federn und verwesendem Material, der sich am Grund von Spechthöhlen sammelt. Gleichzeitig ist er ortsgebunden und überwindet nur geringe Entfernungen, 500 Meter sind viel für ihn. Damit hat die Art im klassischen Wirtschaftswald kaum eine Überlebenschance, denn die Bäume werden dort in der Regel geerntet, bevor sie vom Specht bewohnt werden. Naturschutz mit Bedacht Vor vier Jahren hat sich die in Erfurt ansässige Naturstiftung David gemeinsam mit den Anrainerkommunen beim Bundeswettbewerb „idee.natur“ um ein Naturschutzgroßprojekt beworben. Die Jury
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ließ sich vor allem von der engen Zusammenarbeit zwischen Naturschützern und Ortsansässigen in der Hohen Schrecke überzeugen. Die Gemeinden erkannten frühzeitig den Wert des alten Waldes und setzen sich heute mit den Projektpartnern des Naturschutzes für eine nachhaltige Regionalentwicklung und einen naturnahen Tourismus ein. Im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes erfolgte bis Mitte 2012 eine umfassende Bestandsaufnahme und eine daraus abgeleitete verbindliche Naturschutzfachplanung. Nun sollen die geplanten Maßnahmen in die Praxis umgesetzt werden, damit es in der Hohen Schrecke zukünftig ein ergänzendes Nebeneinander von großflächigen Wildnisbereichen und besonders naturnah bewirtschafteten Wäldern gibt. Den Wald erleben Im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes soll das Waldgebiet behutsam für den
Naturtourismus entwickelt werden. So wird gegenwärtig das Wegekonzept für den Wald und die umliegende Region überarbeitet, in dem der Ausbau bestimmter Wege als Wander-, Reit- und Fahrradwege vorgesehen ist. Ein besonderer Schwerpunkt wird auf der Erstellung von Themenpfaden, wie beispielsweise einem Wildkatzen- oder Fledermauspfad, liegen. Daneben führt ein Urwaldsteig durch besonders wildes Areal. Die ungenutzten Waldbereiche werden durch individuell gestaltete „Wildnistore“ gekennzeichnet, um die Besonderheit der Wildnisflächen gegenüber dem Wirtschaftswald aufzuzeigen. Gleichzeitig wird die touristische Infrastruktur ausgebaut und mit bestehenden Angeboten – wie dem Besucherzentrum der Himmelsscheibe von Nebra – vernetzt. Die Hohe Schrecke wird damit regional und überregional bekannter und fördert die regionale Wertschöpfung. Denn die Region arbeitet mit Freude daran, dass sie kein Geheimtipp bleibt.
Wildnisfreund werden! Die Naturstiftung David hat ein ehrgeiziges Ziel: Rund ein Viertel des Waldes der Hohen Schrecke soll zukünftig forstlich ungenutzt bleiben – hier soll die Natur Natur sein dürfen, Lebensraum für Urwaldkäfer, Fledermäuse, Wildkatze und Luchs. Der Freistaat Thüringen nimmt einen Teil seines Staatswaldes aus der Nutzung. Ein anderer Teil aber ist Privateigentum. Um die Flächen aufzukaufen oder mit den Eigentümern einen auf Dauer angelegten Nutzungsverzicht zu vereinbaren, braucht es Spendengelder. Zusammen mit der Organisation Naturefund sammelt die Naturstiftung David deshalb Spenden für die Wildnisflächen in der Hohen Schrecke. Machen Sie mit – und werden Sie ein Wildnisfreund der Hohen Schrecke! www.naturstiftung-david.de
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Alles außer gewöhnlich „Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit“, sagte einst Erasmus von Rotterdam. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es einige Möglichkeiten, diesem Glück nahe zu kommen. In ausgefallenen Hotels zum Beispiel lassen sich aufregende Nächte in Märchen- oder Abenteuerwelten verbringen. Unsere Autorin Anja Bonitz hat sich auf die Reise begeben.
Feriendorf Auenland Herr der Ringe-Fans aufgepasst, das Auenland befindet sich nun im Thüringer Wald. Die erdverbundenen Hobbithäuser mit den runden Fenstern entführen jeden in eine andere Welt und lassen jegliche Fantasie lebendig werden. Ob entspannen am eigenen Holzkamin, Abenteuer erleben im nahegelegenen Freizeitpark oder auf zahlreichen Wanderwegen das Grüne genießen, hier ist für jeden etwas dabei. www.freizeitpark-waffenrod.de M & M GbR Zum Burgberg 1 98673 Eisfeld OT Waffenrod
Klausenhof Kofferhotel
Der Zug ist nicht gerade das gemütlichste, geschweige denn das zum Schlafen geeignetste Reisegefährt. Das Wolkensteiner Zughotel ist anders. Mehrere Schlaf- und Konferenzwagen sowie Ferienzüge mitkomplett eingerichtetem Wohn- und Küchenbereich inklusive Kamin sind optimal für einen Wochendausflug der ausgefalleneren Art. Wer gern Zug fährt, wird dieses Hotel lieben.
Wenn eine Reise ansteht, packt man seinen Koffer. In diesem Fall steht er bereits vor Ort. In der Nähe von Chemnitz wartet das wahrscheinlich kleinste Reisedomizil. Hier steht mit einem Doppelstockbett drinnen und der Dusche im Garten zwar nicht der Luxus, dafür aber der Spaß im Vordergrund. Ein Schlafsack als Mitbringsel reicht vollkommen aus. So kann man das Ungewöhnliche entdecken und fünf Quadratmeter Originalität erleben.
Wer sagt, eine Reise in die Vergangenheit ist nicht möglich, der ist noch nie im Klausenhof eingekehrt. Mittelalterliche Kemenaten, die mit Fellen und Wandteppichen geschmückt sind, verströmen hier pure Behaglichkeit und auch das Kreuzfahrerlager im Orientstil, das Schätze und Stoffe aus dem fernen Osten bereithält, lädt zu einem exotischen Aufenthalt ein. Im Zusammenspiel mit einer extra für Pilger mit Waschschüssel und antiken Holzbetten ausgestatteten Herberge wird man in ein längst vergangenes Jahrhundert versetzt.
www.wolkensteiner-zughotel.de Wolkensteiner Zughotel Am Bahnsteig 10 09429 Wolkenstein
www.prellbock-bahnart.de Fam. Lehmann-Trommer Burgstädter Str.1 09328 Lunzenau
www.klausenhof.de Klausenhof Das alte Wirtshaus unterhalb Burg Hanstein 37318 Bornhagen / Eichsfeld
Wolkensteiner Zughotel
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Bunker-Hotel Im Bunker-Hotel am Rennsteig wurde ein großes Stück DDR bewahrt. In der 3600 m² großen Bunkeranlage aus dem Jahr 1976 ist alles genau so belassen worden, wie es auch vor der Wende war. Neben den stilechten Betten wird ein umfangreiches Unterhaltungsprogramm mit Bunkerführung, Wachablösung, Dinner im NVA-Stil und einer Gute-Nacht-Geschichte geboten, die jeden automatisch ins Jahr der Wende zurückversetzt. Ein Muss für alle Ostalgie-Fans.
Mongolische Jurte Eine faszinierende Reise in das Reich des Dschingis Khans bietet dieses Domizil. In einer original mongolischen Jurte kann übernachtet, gefeiert oder auch ein romantisches Candle-Light-Dinner eingenommen werden. Aktivitäten wie Pferdereiten, Bogenschießen oder das Bestaunen einer Greifvogel-Show gestalten den Aufenthalt abwechslungsreich und ganz im Sinne der mongolischen Kultur. www.ferienunterkunft-dresden.de Jurtenpension „Ger-Mongolia“ Dresden Birkigter Hang 53 01189 Dresden
Pullman City Harz In Pullman City wird der wilde Westen wieder lebendig. Wie ein Cowboy kann man hier entweder auf einer Ranch in einer Blockhütte übernachten oder als echte Rothaut in einem Tipi nahe der Lagerfeuerstelle schlafen. Es empfiehlt sich auf dem Rücken eines Pferdes die Gegend zu erkunden oder einfach die Seele baumeln zu lassen. Auf keinen Fall darf man verpassen, seine Fingerfertigkeit beim Goldschürfen zu testen und auch ein Besuch des hiesigen Big Moose Saloons mit passender LiveMusik gehört unbedingt dazu. www.pullmancity-2.com Westernstadt Pullman City Harz Am Rosentale 1 38899 Hasselfelde
Baumhaushotel Einsiedel Ölmühle Eberstedt Einmal auf dem Wasser übernachten, dazu braucht es kein Schiff. Die schwimmenden Hütten in Eberstedt bieten diese Möglichkeit ganz bequem vom Land aus. Sechs an einem Schwimm-Steg angekoppelte Häuschen sorgen dafür, dass selbst die ärgsten Landratten bei diesem einmaligen Erlebnis mit von der Partie sind. Hier kann man sich von den seichten Bewegungen des Sees in den Schlaf wiegen lassen und sich an der idyllischen Lage im Herzen der Natur erfreuen. www.oelmuehle-eberstedt.de HME GmbH & CoKg Dorfstraße 28-29 99518 Eberstedt
Hoch in den Lüften befindet sich diese Behausung. Ein Traum, der nicht nur Kinderherzen höher schlagen lässt – ein Haus oben in den Ästen der Bäume. Acht ganz unterschiedliche Baumhäuser mit Namen wie Bodelmutzens Geisterhaus oder Modelpfutzens Wipfelgipfel laden zu einem außergewöhnlichen Erlebnis ein. Man kann hier die grandiose Aussicht über zahlreiche Baumkronen genießen oder die fünf Hektar große Abenteuerwildnis am Boden erkunden. Ein abendliches Lagerfeuer macht diesen Ausflug perfekt. www.kulturinsel.com Fa. Künstlerische Holzgestaltung Jürgen Bergmann Kulturinsel Einsiedel 1 02829 Neißeaue OT Zentendorf
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„Nur Reis können wir nicht anbauen“ Lebensmittel aus der Region waren vor einem halben Jahrhundert selbstverständlich. Heute landen sie eher selten in deutschen Bäuchen. Ein Gastronom und ein Naturschützer gehen längst jene Wege, die nun seit den jüngsten Lebensmittelskandalen diskutiert werden.
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Text: Janet Schönfeld Fotografie: Primigenius gGmbH, Ingolf Serwuschok
„Du bist ja verrückt, da verdienst du ja nie was dran!“ Thilo Junghanns hört so etwas nicht selten von Kollegen. Dass er anders ist als die Anderen, merkt man spätestens, wenn er einen Zirkel nimmt, die Spitze auf einer Landkarte in den Punkt „Leipzig“ sticht und einen Kreis zieht. „So, das sind hundert Kilometer Umland“, sagt er dann. „Unsere Waren kommen nur aus dieser Region.“ Er sieht einen dabei an, als erwarte er ein „Toll!“ Folgt stattdessen nur ein Kopfnicken, gerät der junge Koch erst richtig in Fahrt: „Wir haben so viele gute Sachen hier! Es muss nicht die Hochglanztomate aus Spanien sein oder das Masthuhn, das nur noch halb so groß ist, wenn ich es aus dem Ofen hole. Wir können doch eigentlich alles selbst! Außer Reis anbauen vielleicht“, ruft er, das Gesicht inzwischen tomatenrot, „dann gibt es eben nur das, was die Natur in der jeweiligen Jahreszeit zu bieten hat. Und das kann verdammt lecker sein!“ Eine eigentlich einleuchtende Lebensweise, die nicht nur den Transportwege-Irrsinn der Produkte durch die halbe Welt umgeht, sondern – insbesondere – die hiesige Wirtschaft unterstützt. Junghanns ist überzeugt, dass dort die Zukunft liegt und er glaubt daran, dass es nicht mehr allzu viele Skandale braucht, bis der Mensch die in ihm verwurzelte Bequemlichkeit zumindest hinterfragt und bestenfalls anfängt zu handeln. Er wurde wahrscheinlich schon mit der Kochmütze geboren. Seinen ersten Karpfen hat er geschlachtet, als er vier war. Sein Vater fischte das Tier aus dem Teich und ließ es bis Neujahr noch ein paar Tage in der Badewanne schwimmen. Die Familie musste sich stattdessen mit Katzenwäsche begnügen. „Ich glaube, von ihm habe ich gelernt, respektvoll mit Lebewesen umzugehen, auch wenn sie am Ende auf dem Teller landen.“ Und das Kochen hat er auch vom Vater. Der kochte gut und gern und hat dafür gesorgt, dass sich sein Sohn heute nicht mehr erinnern kann, jemals etwas anderes gemacht zu haben, als am Herd zu stehen und Zutaten in einen Topf zu werfen, die andere zwar kennen, aber nie kombinieren würden. Nach langen Lehrjahren bei Meistern und Großmeistern darf Junghanns es jetzt endlich selbst ausleben. Zum Glück. Vermutlich wäre er sonst vor Energie längst geplatzt. Selten erzählt einer mit so glühenden Augen von den Wundern der Küche. Der 27-Jährige betreibt zusammen mit seiner Frau das Sankt Benno, etwas versteckt in einer Seitenstraße in der Leipziger Südvorstadt, benannt nach einem Meißner Bischof. Auf der Speisekarte stehen Sachen wie Schweinefuss-Ravioli, Nutria an Birnenpaprika oder Ziegenkäse-Eis. „Ein Schnitzel kann man sich auch zu Hause braten. Ich will die Leute an das heranführen, was sie nicht kennen. Oft gucken sie erst ungläubig, dann sind sie überrascht, wie gut es schmeckt, und dann stellen sie begeistert Fragen.“ Preislich liegen diese Kreationen im unteren Feld der gehobenen Leipziger Cuisine. Kosten sind für Junghanns kein Grund, Convenient-Produkte zu verwen-
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den. Er kann jedem vorrechnen, dass eine Portion selbstgemachtes Kartoffelpüree weniger kostet als eine aus der Tüte. Und auch das Argument, man müsse schon eine reichlich gefüllte Geldbörse besitzen, um sich die Speisen leisten zu können, lässt er nicht gelten. „Wie wär´s denn mal mit weniger Fleisch essen? Und dafür bewusster. Und wenn man sich dann mal was gönnt, dann darf es das Gute sein. Kommt kostenmäßig auf´s Gleiche raus.“ Seine Speisekarte ist eine Tafel, auf der mit Kreide vier Hauptgerichte, zwei Vorspeisen und zwei Desserts angeschrieben sind. Mehr gibt es nicht. Keine zehn verschiedenen Pastagerichte nebst fünfzehn Suppen und Salaten, keine zig Sorten Fleisch und kein Wein aus drei Kontinenten. Dafür ist aber alles frisch. „Und wenn ein Gericht ausverkauft ist, dann ist es eben alle“, sagt Junghanns. Wer einen Tisch bestellt, weiß vorher nicht, was es zu essen geben wird. Junghanns überlegt sich das immer erst morgens. Wenn er auf dem Markt die Gurken oder den Sellerie kauft, das Landgut Chursdorf nach Büffelfleisch fragt und stattdessen Wildschwein angeboten bekommt oder ihm nach Ochsenschwanzsuppe vom Heckrind ist. Das Heckrind. Eigentlich war es nur logisch, dass Thilo Junghanns bei seiner Suche nach nachhaltigen Produzenten irgendwann den Geschäftsführer der Primigenius gGmbH, Andreas Wenk, am Telefon hatte. Und mit ihm eines Tages über die riesigen
Weiden im Wulfener Bruch nahe Dessau stapfte. Karg wirkt diese Landschaft, nirgends ein Hügel, wenig Menschen, ein paar Windräder am Horizont. Der Mensch hat hier jahrzehntelang mit großen Traktoren und großen staatlichen Subventionen große Flächen beackert und gemäht, hat seine bäuerliche Ehre an die EU verkauft und dafür gesorgt, dass dieses Feuchtwiesengebiet bald seinem Namen nicht mehr gerecht wurde. Weil das Wasser irgendwann unnatürlich niedrig stand. Bis Ende der Neunziger verschiedene Naturschutzorganisationen sukzessive das Land kauften oder pachteten, um Heckrinder und Wildpferde daraufzustellen. „Wir wollen damit zurück zu einem alten Kulturzustand und zeigen, dass Rindfleischerzeugung, Landschaftspflege und Erhaltung der Artenvielfalt zusammen möglich sind“, erklärt Andreas Wenk, dessen gemeinnützige GmbH als ökologisch wirtschaftender NaturlandBetrieb arbeitet. Mit einem Sack trockenem Brot laufen die beiden über die leere Wiese und rufen mit tiefen Stimmen „hooh“ und „hööh“ in die Ferne. Dann kommt Klaus. Schwarzhaarig, hünenhaft und schüchtern. „Wir müssen ihnen ab und zu mal Äpfel oder Brot bringen, sie würden sonst immer scheuer werden und verwildern“, sagt Wenk. „Wahnsinnig zartes Fleisch“, sagt Junghanns. Und baut sich im Kopf schon die Speisekarte für den Abend zusammen. Vielleicht dazu eine klare Gurkensuppe mit Zwiebeln, Ingwer und
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Der Meister in seinem Reich: Bei ihm können nur nachhaltige, regionale Produzenten landen.
Bei Andreas Wenk (li.) bestellt Gastronom Thilo Junghanns Fleisch von bester Qualität.
Knoblauch. „Pürieren, durchs Sieb gießen und aus dem Rest noch ein Sorbet zaubern?“ So träumt er vor sich hin. Weggeworfen wird bei ihm nichts, woraus seine Phantasie nicht noch etwas zaubern könnte. Klaus ist als Heckrind ein Abkömmling des im 17. Jahrhundert ausgestorbenen Auerochsen, benannt nach den Brüdern Heck, die in den 1920ern diese robuste Hausrindrasse gezüchtet haben. Er lebt ein unbeschwertes Leben. Ohne Stress, ohne Medikamente, ohne zusätzliches Kraftfutter, ohne Stall. Irgendwann wird er auch hier draußen sterben, ohne zuvor auf einem Laster einpfercht durch halb Europa gefahren zu sein. Gemeinsam mit seiner Herde und den Przewalski-Wildpferden pflegt und gestaltet er für viele andere Tier- und Pflanzenarten die Landschaft – auf sanfte Weise. Einfach nur, indem er da ist. Wie es vor 400 Jahren der Auerochse getan hat. „Ackerbau gehört
eben nicht in Niederungsgebiete“, erklärt Wenk, „der ökologische Wert dieser Landschaft ist durch die Entwässerungsmaßnahmen der Großflächenwirtschaft immer geringer geworden.“ Sie soll wieder ein Lebensraum für Mensch und Tier gleichermaßen sein und dazu gehört Vielfalt. Einfalt sei langweilig. Die engagierten Verbände wollen keinen Naturschutz wie unter einer Käseglocke betreiben, indem sie alles sich selbst überlassen, sondern gezielt modernes Pflegemanagement betreiben und den Beweis der Machbarkeit von naturverträglicher Bewirtschaftung antreten. „Und es geht“, sagt Wenk, „in den Nischen, die sich im Übergang von Gras- zu Waldland bilden, entstehen kleine Lebensräume, in denen mittlerweile wieder viele gefährdete Pflanzenarten in guten Beständen vorkommen.“ Junghanns fährt mit ein paar Lenden und Roastbeef vom Heckrind in der Tasche zurück in seine Leipziger Küche. Bevor er
da ankommt, hält er noch schnell im Fairkost-Laden in der Südvorstadt und packt das in den Kofferraum, was der eitle Biokonsument dort in den Regalen liegen lässt: krumme Möhren, mickrige Pastinaken, zu kleine Kartoffeln, schiefe Äpfel. „Ich mach’ euch aus allem etwas“ sagt Junghanns, so unmissverständlich wie ein Krieger, der bereit ist zum Kampf. Als könne er es kaum erwarten, mit Küchenmessern bewaffnet auf seinem kuscheligen Zehn-Quadratmeter-Schlachtfeld im Sankt Benno zu stehen und der Welt zu zeigen, dass das Gute so nahe liegt. Man muss es nur sehen. Und greifen. Aus der Idee mit der Ochsenschwanzsuppe ist inzwischen ein Rumpsteak mit Mangold und Pastinakenpüree geworden. Und es bleibt nur zu sagen: „Toll, Thilo!“ www.sankt-benno-leipzig.de www.nabu-koethen.de
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Die Schlimmsten aller Trolle werden in diesem Frühjahr die Burg Querfurt im Saalekreis erobern, wenn dort der neue Film von Christian von Aster gedreht wird. Die Burg ist beliebter Drehort für märchenhaft-fantastische und mittelalterliche Stoffe und hat sozusagen Erfahrungen mit Filmsets.
Bewegte Bilder im Saalekreis Der Saalekreis liegt in „Sexy Anhalt“, wie es Oscarpreisträgerin Helen Mirren nannte. Kein Wunder also, dass auch dort einige beliebte Drehorte zu finden sind. Diese eignen sich als Attraktion für Touristen. Text: Franziska Reif Fotografie: Burg Querfurt/Hajo Dietz
Was haben Oppin, Teutschenthal und Bad Dürrenberg gemeinsam? Zwei Dinge: Sie liegen im Saalekreis und sie waren schon im Kino zu sehen. Dokumentarfilmer Thomas Heise reiste für „Kinder wie die Zeit vergeht (STAU III)“ nach Bad Dürrenberg. In Teutschenthal bildete das klassizistische Schloss die Kulisse für „Liebeslied“ und der Bahnhof mit seiner Umgebung die für „Schultze gets the blues“. In Oppin zieht vor allem der Flughafen die Crews für Spielfilme oder den Polizeiruf an. Goethe, George Clooney, Querfurt Auch andere Orte im Landkreis hatten schon ihre Auftritte auf der Leinwand. Für „Goethe!“ wurde auf dem Roßbacher Rittergut das Bild vom Alten Fritz verhängt. Szenen von „Marieke, Marieke“ wurden in Merseburg gedreht, die Tupolew des dortigen Airparks kam in „Friends from France“ zum Einsatz und auf einer Brachfläche der Domstadt entstanden die Ruinen von Dresden nach dem Zweiten Weltkrieg. Diesen Dom besichtigte erst im Februar George Clooney als möglichen Drehort für die Nazi-
Kunstraub-Verfilmung „The Monuments Men“. Die große Diva im Saalekreis ist aber sicherlich die Burg Querfurt. Ob „Ritter Lanze“, „Die Päpstin“, „Der Alchemist“, „Jorinde und Joringel“, „1½ Ritter“, „Black Death“ oder „Der Medicus“ – die Liste der Streifen, die mit der Burg in Mittelalteratmosphäre eintauchen, ist lang. Schließlich hat sie alles, was es für die Illusion einer mittelalterlichen Festung braucht, die ältesten Teile der Bausubstanz stammen aus dem 10. Jahrhundert. In diesem Frühjahr nun kommen dort „Die Schlimmsten aller Trolle“ zu ihrem alljährlichen Thing zusammen, um zu beschließen, welche schlechten Dinge sie über die Welt bringen wollen. Regie und Drehbuch stammen von Fantasy-Autor Christian von Aster, Burgschreiber in Querfurt, der die alten Mauern wie seine Westentasche kennt.
aber können Filmcrews mehr hinterlassen, indem sie die Orte mit einer weiteren Attraktion aufladen und ihnen einen gewissen Event-Charakter verleihen. Dann kommen Film-Touristen, um die OriginalFilmschauplätze zu besichtigen. Sie brauchen nicht unbedingt die konservierte Studiosituation oder einen entsprechenden Themenpark, abgeholt werden können sie auch mit cineastischen Touren. Dieser Tourismuseffekt kann Jahre nach dem Kinostart anhalten, innerhalb von vier Jahren sind Multiplikatoreffekte von 50 Prozent möglich. Die wirtschaftlichen Strukturen vor Ort werden ebenso grundlegend verändert wie die soziale und kulturelle Infrastruktur. Zudem zieht jeder Film eine andere Zielgruppe an. Gründe genug für Anwohner, sich über Straßensperrungen wegen Dreharbeiten zu freuen.
Tourismus nach Kinostart Die Bevölkerung, so meint man, hat von solchen Drehs nicht mehr als die Erinnerung an gesperrte Straßen. Tatsächlich
www.saalekreis.de www.burg-querfurt.de
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Frisch gewagnert ist halb gewonnen Ob in Prag, Paris, Zürich oder Bayreuth – Wagner behielt seinen sächsischen Dialekt bei. Die Sprache ist eins von vielen Dingen, die Wagner in seiner Jugendzeit prägte. Text: Esther Niebel
Es scheint Mode zu sein, dass jede Stadt, jede Region und jedes Bundesland ein eigenes Prädikat braucht. Riesa ist Sport- und Nudel-Stadt. Wie praktisch, da werden die ganzen Kohlenhydrate wenigstens gleich wieder verbrannt. Sachsen-Anhalt wirbt damit, das Land der Frühaufsteher zu sein, weil die Sachsen-Anhalter laut Statistik zwei Minuten früher als der Durchschnittsdeutsche aus den Federn kommen, und Köthen ist nicht einfach Köthen, sondern Bachstadt Köthen, da Bach dort unter anderem die „Brandenburgischen Konzerte“ komponierte. Und warum heißen sie „Brandenburgische“, wo Köthen doch zu Sachsen-Anhalt gehört? Man kann davon ausgehen, dass es einen Grund dafür gibt – ob banal oder tiefgründig, wir wissen es nicht, solange wir nicht unsere Unkenntnis durch Wissen ersetzen. Wie immer auf eigene Gefahr, ob sich die Nachforschungen lohnen und uns die neue Erkenntnis bereichert. „Richard ist Leipziger“ lautet das Motto, mit dem der Richard-Wagner-Verband Leipzig seit einiger Zeit auf sich, auf Leipzig und auf Richard Wagner aufmerksam macht. Wir haben März 2013, das große Jubiläumsjahr anlässlich des 200. Geburtstages des Musikers hat gerade begonnen. Der „Ring für Kinder“, „Die Meistersinger von Nürnberg“, „Parsifal“ und die Premiere der Feen wurden bereits an der Oper Leipzig gegeben. Man stimmt sich langsam ein auf den
Jahreshöhepunkt um den Wagner-Geburtstag im Mai. „Aha, Richard ist also Leipziger…, das war mir nicht bewusst.“ Ja, Richard Wagner wurde am 22. Mai 1813 am heutigen Brühl in Leipzig geboren. Das ist unstrittig. Aber reicht es aus, um ihn einen Leipziger zu nennen? Ein Mal Richard für alle. „Als ich 2005 in den Richard-Wagner-Verband Leipzig eintrat“, so der heutige Vorsitzende Thomas Krakow, „fehlte in der Stadt jegliches Bewusstsein für den großen Musiker.“ Auch der Verband selbst agierte eher im Verborgenen, wobei seine Mitglieder sich weitgehend damit begnügten, ihrer persönlichen Wagner-Leidenschaft nachzugehen. Eine merkwürdige und verbesserungswürdige Situation, vor allem für eine Stadt mit einer außerordentlichen musikalischen Tradition wie Leipzig. Der selbstbewusste, Nähe suggerierende Slogan „Richard ist Leipziger“ war also zunächst nicht aus Gründen des Stadtmarketings entwickelt worden, sondern um die Leipziger Bürger zu mobilisieren. Das musikalische Allgemeinwissen, das kulturelle Gedächtnis der Leipziger sollte um einen bedeutenden Musiker bereichert werden, so dass die neue Formel
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Rechts.: Richard-Wagner-Autobahnschild, Foto: Richard-Verband-Leipzig. Links: Zwei Stühle aus dem Bayreuther Festspielhaus, stehen heute im RichardWagner-Verband-Leipzig, Foto: Björn Siebert. 2. Foto links: Die Leipziger Wohnung der Familie Brockhaus, in die Wagners Schwester Ottilie eingeheiratet hatte. Bei einer Abendgesellschaft im engen Familienkreis traf Richard Wagner hier am 8.11.1868 auf den Studenten Friedrich Nietzsche. Foto: Thomas Steinert
in etwa so lautet: „Bach war seinerzeit Thomaskantor, Mendelssohn-Bartholdy war Gewandhauskapellmeister und Wagner ist am Brühl geboren, hat das Nicolaigymnasium, die heutige Alte Nikolaischule, besucht, hat bei Thomaskantor Theodor Weinlig seine ersten Musikstunden erhalten und in Leipzig seine ersten eigenen Stücke komponiert.“ Es ging also zunächst um eine Art Wieder-Eingemeindung Wagners nach Leipzig. Hier sollte der Boden geschaffen werden, der dem Leit-Motto in Form von gelebtem Bewusstsein zu Realität verhelfen sollte. Ein langer, steiniger Weg, den nur der Erfolg wettmachen kann Lange hat der Richard-Wagner-Verband auf das diesjährige Jubiläumsjahr 2013 hingearbeitet. Das kann man sich heute gar nicht so recht vorstellen, jetzt wo der Zug rollt und man im Gegenteil den Eindruck gewinnt, dass alle aufspringen wollen. Aber das war, so Thomas Krakow, nicht immer so. Als er seine Vereinstätigkeit begann, interessierten sich nur wenige für Wagner.
Genau das sollte sich ändern, zunächst durch Öffentlichkeitsarbeit und eigene Publikationen vor allem über die prägenden Jugendjahre Wagners in Leipzig. Wagner lebte schließlich bis zu seinem zweiten Lebensjahr in Leipzig, um nach dem Tod seines Vaters mit der Familie und Stiefvater Ludwig Geyer nach Dresden umzusiedeln. Er kam als 14-Jähriger, Geyer war sechs Jahre zuvor ebenfalls gestorben, nach Leipzig zurück und blieb bis er 1834 eine Stellung in Magdeburg annahm, wo er seiner ersten Ehefrau Minna Planer begegnete. In Leipzig schrieb er eine Friedrich August II. von Sachsen gewidmete Ouvertüre, die am Leipziger Hoftheater floppte. 1830 komponierte er die Klaviersonate B-Dur, die vom Publikum wegen ihrer Exaltiertheit als „Paukenschlag-Ouvertüre“ verlacht wurde. Wagners erste Oper Die Feen entstand hier und sollte 1834 ebenfalls am Leipziger Stadttheater uraufgeführt werden, der Termin stand bereits fest. Fast in letzter Minute wurde die Aufführung abgesagt: Zu selbstbewusst, zu ungewöhnlich, zu unorthodox. Ob mit der Absage eher Wagners Person oder tatsächlich das Werk gemeint war,
bleibt unklar, sicher ist jedoch, dass sie Wagner tief verletzte und wohl auch mit ursächlich dafür ist, dass er nur noch nach Leipzig kam, um seine Mutter und seine wohlhabend verheirateten Schwestern zu besuchen, oft auch allein, um sie um Geld anzupumpen. Heute sind diese biografischen Umstände nicht mehr nur eingefleischten Wagnerianern bekannt. Die historische und die musikwissenschaftliche Forschung beschäftigt sich mittlerweile vermehrt auch mit den Jugendjahren Wagners, wo das Wagner-Typische zwar bereits angelegt war, das aber eher durch die Rückschau über die späteren Werke tatsächlich als Anlagen erkannt werden kann. So ist es kein Zufall, dass die Leipziger Oper unter der Leitung von Ulf Schirmer im Jubiläumsjahr die „Feen“ aufführt. Es spielt das Gewandhausorchester Leipzig, das „Liebesverbot“ wird unter dem Taktstock von Constantin Trinks präsentiert und „Rienzi“ von Christian Thielemann dirigiert. Alle drei frühen WagnerOpern werden Anfang Juli in Bayreuth als Kooperation der Oper Leipzig mit den Bayreuther Festspielen aufgeführt.
Foto: tom Schulze
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REGJO sprach mit Ulf Schirmer, Intendant und Generalmusikdirektor an der Oper Leipzig, 端ber die Instrumentation und Auff端hrungspraxis von Wagner-Opern.
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„Parsifal”, Produktion der Oper Leipzig, Foto: Andreas Birkigt
Am 13. Februar haben Sie im Leipziger Opernhaus „Parsifal“ dirigiert, am 16. Februar war die Premiere von „Die Feen“. Wie ist das für Sie, in einer Woche die erste und die letzte Wagner-Oper aufzuführen? Das ist hochspannend. Es ist deshalb so spannend, weil mir im Laufe meines Berufslebens, speziell im letzten Jahr, als ich an einem Artikel über die Instrumentation bei Wagner gearbeitet habe, einige Dinge besonders deutlich geworden sind. Und zwar geht es nicht nur darum, wie er komponiert, sondern eben auch darum, wie er instrumentiert. Wenn man sich seinen frühen Stücken widmet, fällt ins Auge, dass sich Wagner bereits als junger Mann, als Zwanzigjähriger, spezielle Effekte überlegt hat, die sich bis in sein Alterswerk durchziehen. Dinge, an denen er ein Leben lang gefeilt hat. Bei den „Feen“ ist also bereits eine Wagner ganz eigene Instrumentierung angelegt, die er im Laufe seines Schaffens weiterentwickelt. Zum Beispiel ist bei den „Feen“ bereits eine bestimmte Behandlung des Klangkörpers der Streicher angelegt, bei dem die Kontrabässe wider aller Schulregeln solistisch geführt werden. Wobei es fast naturwissenschaftliche Gründe gibt, die gegen eine solche Behandlung sprechen. Aber das hat Wagner nicht geschert. Was meinen Sie mit naturwissenschaftlichen Gründen? Es ist ja so, dass ein klassischer Streicherklang vergleichbar ist mit einem Akkord auf dem Klavier, den Sie mit einer Hand greifen,
beide sind bassgestützt. Wenn man nun unabhängig einen Bass setzt, dann ist dieser vom Klangspektrum viel tiefer als es mit der Hand kompatibel wäre. So entsteht ein fehlender Klangbereich. Wagner hat das so gelöst, dass er Celli und Bässe, deren Stimmen traditionell – vom Barock bis in die Klassik – gekoppelt waren, entkoppelt hat. Er hat die Celli dem hohen Klang zugeschlagen und die Bässe eine Oktave tiefer angesetzt. Er hat sich also mit 20 Jahren bereits eigenständige Gedanken über die Klangfarbe gemacht, jenseits der tradierten Kompositionslehre. Beim „Parsifal“, wo er diese Technik schließlich als durchgängiges Konzept verfolgt, kommt es zu einem eigentümlich schwebenden Klangbild. Das zeugt von einem mit 20 Jahren bereits stark ausgeprägten Selbstbewusstsein Wagners. Ja, absolut. Ich glaube auch, dass dies einer der Gründe war, warum „Die Feen“ in Leipzig schließlich doch abgelehnt wurden. 1834 war die Uraufführung am Leipziger Hoftheater eigentlich schon angesetzt. Dann warf man ihm jedoch vor, er würde zu überbordend instrumentieren. Aber dies war sicherlich nur einer, vielleicht auch ein vorgeschobener Grund, „Die Feen“ in Leipzig doch nicht aufzuführen. Zwischen den „Feen“ und „Parsifal“ liegen ungefähr 50 Lebensund Arbeitsjahre. „Die Feen“ hat Wagner noch im Stil der deutschen romantischen Oper konzipiert, wohingegen er bei „Parsifal“ mit dem Bühnenweihfestspiel seine ganz eigene Operngattung entwickelt.
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Rienzi, Produktion der Oper Leipzig, 2007 • Foto: Andreas Birkigt
Am 13. Februar haben Sie im Leipziger Opernhaus „Parsifal“ dirigiert, am 16. Februar war die Premiere von „Die Feen“. Wie ist das für Sie, in einer Woche die erste und die letzte Wagner-Oper aufzuführen? Das ist hochspannend. Es ist deshalb so spannend, weil mir im Laufe meines Berufslebens, speziell im letzten Jahr, als ich an einem Artikel über die Instrumentation bei Wagner gearbeitet habe, einige Dinge besonders deutlich geworden sind. Und zwar geht es nicht nur darum, wie er komponiert, sondern eben auch darum, wie er instrumentiert. Wenn man sich seinen frühen Stücken widmet, fällt ins Auge, dass sich Wagner bereits als junger Mann, als Zwanzigjähriger, spezielle Effekte überlegt hat, die sich bis in sein Alterswerk durchziehen. Dinge, an denen er ein Leben lang gefeilt hat. Bei den „Feen“ ist also bereits eine Wagner ganz eigene Instrumentierung angelegt, die er im Laufe seines Schaffens weiterentwickelt. Zum Beispiel ist bei den „Feen“ bereits eine bestimmte Behandlung des Klangkörpers der Streicher angelegt, bei
der die Kontrabässe wider aller Schulregeln solistisch geführt werden. Wobei es fast naturwissenschaftliche Gründe gibt, die gegen eine solche Behandlung sprechen. Aber das hat Wagner nicht geschert. Was meinen Sie mit naturwissenschaftlichen Gründen? Es ist ja so, dass ein klassischer Streicherklang vergleichbar ist mit einem Akkord auf dem Klavier, den Sie mit einer Hand greifen, beide sind bassgestützt. Wenn man nun unabhängig einen Bass setzt, dann ist dieser vom Klangspektrum viel tiefer als es mit der Hand kompatibel wäre. So entsteht ein fehlender Klangbereich. Wagner hat das so gelöst, dass er Celli und Bässe, deren Stimmen traditionell – vom Barock bis in die Klassik – gekoppelt waren, entkoppelt hat. Er hat die Celli dem hohen Klang zugeschlagen und die Bässe eine Oktave tiefer angesetzt. Er hat sich also mit 20 Jahren bereits eigenständige Gedanken über die Klangfarbe gemacht, jenseits der tradierten
Kompositionslehre. Beim „Parsifal“, wo er diese Technik schließlich als durchgängiges Konzept verfolgt, kommt es zu einem eigentümlich schwebenden Klangbild. Das zeugt von einem mit 20 Jahren bereits stark ausgeprägten Selbstbewusstsein Wagners. Ja, absolut. Ich glaube auch, dass dies einer der Gründe war, warum „Die Feen“ in Leipzig schließlich doch abgelehnt wurden. 1834 war die Uraufführung am Leipziger Hoftheater eigentlich schon angesetzt. Dann warf man ihm jedoch vor, er würde zu überbordend instrumentieren. Aber dies war sicherlich nur einer, vielleicht auch ein vorgeschobener Grund, „Die Feen“ in Leipzig doch nicht aufzuführen. Zwischen den „Feen“ und „Parsifal“ liegen ungefähr 50 Lebens- und Arbeitsjahre. „Die Feen“ hat Wagner noch im Stil der deutschen romantischen Oper konzipiert, wohingegen er bei „Parsifal“ mit dem Bühnen-
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Links: Premiere von „Die Feen“, Ada gesungen von Christiane Libor, Foto: Tom Schulze, rechts: Premiere von „Die Feen“, Ulf Schirmer, • Foto: Tom Schulze
weihfestspiel seine ganz eigene Operngattung entwickelt hat. Was ist das Besondere daran? Wagner hat ein Leben lang an seinem Konzept der durchkomponierten Oper gefeilt. Bereits als junger Mann wollte er weg von den Nummernopern. Dies gelingt ihm allerdings in den „Feen“ noch nicht. Da wird es an manchen Stellen holperig, vor allem im dritten Akt. Anders im zweiten Akt, da bemüht er sich gerade im Finale einen großen Sog zu erzeugen. Kompositorisch geht es dann bei den Wagner-Opern immer weiter. Ausgehend von den „Feen“ über „Der fliegende Holländer“ bis hin zum „Parsifal“, bei dem er das Prinzip des Durchkomponierens zur Perfektion bringt. Da haben wir eine Tonmasse, die wie eine Biomasse ständig in Gärung ist und sich verändert, wie bei einem Hefeteig. Das kann man wohl als das wesentlichste Merkmal des Bühnenweihfestspiels bezeichnen. Kann man sagen, dass durch das Durchkomponieren eine Sogwirkung erzeugt wird, die beim Publikum Distanzlosigkeit verursacht? Wagner hat ja dieses Mittel eingesetzt, um die Zuschauer ganz in seinen Bann zu ziehen und so das notwendige Mitleid zu erzeugen. Ja, das ist der Punkt: Wagner ist ein großes Verrätsler und Verführer. Er möchte um jeden Preis Menschen faszinieren und in die Musik und Handlung hineinziehen. Im Alter, mit der Hinwendung zum Christentum und zu gnostischen Gedanken, verbindet er dieses Gesamtkonzept mit einem christlichen Erlösungsgedanken. Dies wird ihm dann allerdings zum Beispiel von Nietzsche auch zum Vorwurf gemacht. Gegen Ende seines Lebens hat Wagner also noch ein Mal eine Lebenswandlung vollzogen, zwischenzeitlich hatte er ja durchaus anders gedacht. So entwirft er beim „Ring des Nibelungen“, der in die Richtung eines Anti-Evangeliums geht, noch eine Art Übermenschen. Dieser Übermensch wird dann beim „Parsifal“ zum Erlöser. Wagner war da sehr wandlungsfähig, er hatte eine sehr plastische Philosophie. Die Oper „Parsifal“ kann man als Wiedergutmachung Wagners am lieben Gott bezeichnen. Wagner war ein generell und auch in christlichen Fragen sehr gebildeter Mensch. So berichtet er von einem Erweckungserlebnis,
das er während des Gottesdienstes bei seiner Hochzeit mit Cosima gehabt haben soll. Allerdings muss man bei Wagner mit solchen Aussagen vorsichtig umgehen, da er einen starken Hang zur Selbststilisierung hatte. Aber auch wenn die konkrete Geschichte nicht stimmt, so muss doch irgendetwas diese Wandlung bei ihm, der sich sein Leben lang vom Christentum abgewendet hatte, ausgelöst haben. In der Schlussszene der Leipziger „Parsifal“-Inszenierung sehen wir ein Meer von Buddha-Figuren auf der Bühne. Warum hat sich die Regie ausgerechnet für Buddha-Figuren entschieden, wenn es eigentlich um einen christlichen Erlösungsgedanken geht? Das ist eine Idee von Bühnenbildner Robert Aeschlimann, der selber Buddhist ist. Er wollte den Karfreitags-Zauber in der Schlussszene bei „Parsifal“ unideologisch, im Sinne von einer Loslösung vom christlichen Dogma, darstellen. Die Szene bekommt dadurch etwas Pantheistisches. Hinzu kommt natürlich, dass sich Wagner damals, wie Schopenhauer und andere Zeitgenossen, sehr mit dem Buddhismus auseinandergesetzt hat. Die von Aeschlimann auf die Bühne gestellten Buddhas können auch auf den ökumenischen Gedanken verweisen, dass der Kern aller Religionen derselbe ist. Wagner hat sich zu seinen Lebzeiten sehr darum bemüht, dass „Die Feen“ in Leipzig uraufgeführt werden. Was ja, wie wir schon besprochen haben, fast geklappt hätte. Aber eben nur fast, weshalb Wagner zwischenzeitlich ziemlich enttäuscht von seiner Geburtsstadt war. Hat es vor diesem Hintergrund für Sie eine besondere Bedeutung, „Die Feen“ in Leipzig zu dirigieren? Nein, überhaupt nicht. Wenn es die Kooperation mit Bayreuth nicht geben würde, wo wir im Vorfeld lange überlegt haben, was wir beitragen können, hätte ich „Die Feen“ im Wagner-Jahr nicht auf den Spielplan gesetzt. Das wäre mir, praktisch als singulärer didaktischer Akt, zu wenig gewesen. Da wir uns aber schließlich entschlossen haben, alle drei frühen Opern Wagners, „Die Feen“, „Das Liebesverbot“ und „Rienzi“, einzustudieren und als Beitrag zu
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Premiere von „Die Feen”, Solisten, Kinderkomparsen und Chor der Oper Leipzig • Foto: Kirsten Nijhof
den Bayreuther Festspielen aufzuführen, entschlüsselt sich anhand dieser drei Werke und der an ihnen abzulesenden Entwicklung das Frühwerk Wagners wesentlich differenzierter. Allein zwischen „Die Feen“ und dem „Liebesverbot“ hat sich Wagners ästhetische Haltung dem Leben gegenüber enorm gewandelt. Deshalb haben wir uns auch entschlossen, „Die Feen“ sehr opulent, fast kunsthandwerklich, und dies meine ich im positiven Sinne, darzustellen. Nicht verklärend wie seine späteren Opern und auch nicht unter dem Aspekt, was uns Wagner mit dieser Oper heute noch zu sagen hat. Wie ist die Idee einer Kooperation mit Bayreuth zum Wagnerjahr 2013 entstanden? 2009 entstand hier im Haus die Idee, man könne den Bayreuthern zum WagnerGeburtstag etwas schenken. Ausgangspunkt der Überlegung war, dass einige Gewandhausmusiker regelmäßig bei den Festspielen in Bayreuth mitwirken. Dadurch bestand also bereits eine Verbindung, aus der heraus wir dann diese Ideen entwickelt haben. Schließlich kam Katharina Wagner nach Leipzig, woraufhin sich auch die Politik für das gemeinsame Vorhaben begeistert hat. Wir haben dann überlegt, wie genau unser Beitrag aussehen könnte. Dass wir uns letztlich auf die drei frühen Opern Wagners geeinigt haben, hat natürlich Gründe, die in Wagners Biografie zu suchen sind. Die Entstehungsgeschichte dieser Opern ist eng mit Leipzig, Dresden und der Region verbunden. „Rienzi“ wurde zudem in Dresden uraufgeführt. Wagner hat sich neben dem Komponieren mit allem Möglichen beschäftigt. Bei ihm sind Leben und Werk besonders schwer zu trennen. Spielt diese Tatsache eine Rolle, wenn man eine Wagner-Oper inszeniert?
Ja, das ist sehr wichtig. Das ist mir sehr eindrücklich deutlich geworden, als ich ein Team für eine „Ring“-Inszenierung gesucht habe. Wenn man dort keine Verbundenheit spürt in Hinblick auf den Umgang mit Symbolen, im Umgang mit dem Unbewussten, dann springt der Funke nicht über. Wenn man Bühnenbild und Musik ohne Zusammenspiel gegenüberstellt, wenn das Bild eine reine Kopfgeburt ist, so tut das doch dem wagnerschen Gedanken eines Gesamtkunstwerks einen deutlichen Abbruch. Wenn das nicht gegeben ist, so kommt es zu dem Phänomen, das mir immer wieder von Menschen geschildert wird, dass sie einfach die Augen schließen und sich nur noch auf die Musik konzentrieren. Aber so soll es ja gerade nicht sein. Als Intendant habe ich das Glück, mir die Darsteller und alle Mitwirkenden selbst aussuchen zu dürfen und so Einfluss auch auf das Gesamtergebnis und dessen Stringenz zu nehmen. Wagner hat auch bezüglich der Aufführungspraxis sowie der Gestaltung des Festspielhauses einige Dinge revolutioniert. Beispielsweise hat er eingeführt, dass der Zuschauerraum während der Vorführung verdunkelt wird und das Orchester in einem Graben verschwindet. Das Orchester sollte lediglich zu hören sein und so den akustischen Übergang zwischen der Realität des Zuschauerraums und der Fiktion der Bühne darstellen. Wir haben hier praktisch den Vorläufer der Filmmusik. Die Orchestermusik wird nur noch akustisch erfahren, die Musiker selbst spielen zu Gunsten der Aufführung oder des Films keine Rolle mehr. Aber auch musiktheoretisch hat Wagner hier Zeichen gesetzt. Im „Rheingold“ gibt es einen Orgelton, der akustisch fast nicht mehr erfahrbar ist, der nur noch vibriert. Wagner setzt diesen Akkord ein, um die Realität auszuhe-
beln und unser Unterbewusstsein zu öffnen. Ähnlich perfide Mittel werden ja auch beim modernen Blockbuster angewandt. Man kann durchaus sagen, dass Wagner auch hier Vorreiter war. Sie haben bei dem Film „Ludwig II.“, der vor Kurzem in die deutschen Kinos gekommen ist, mitgewirkt. Was war Ihre Aufgabe? Meine Aufgabe war es, die Filmmusik einzuspielen. Die Filmmusik stammt von Bruno Coulais, besteht aber auch aus Wagner-Originalanteilen, und da war ich in ganz anderer Hinsicht beratend. Es war so, dass der Film fertig gedreht und auch vollständig mit Musik unterlegt war. Das macht man wohl öfter so in der Branche, damit der Filmkomponist, aber auch die Leute beim Schneiden wissen, welche Emotion ungefähr vermittelt werden soll. Es ist also so, konkret bei den Wagnerpassagen, dass der Schauspieler den Mund zu einer bereits existierenden Aufnahme bewegt, die als eine Art Platzhalter dient. Meine Aufgabe war es, anhand der Szenen und vor allem der Mundbewegungen die Musik einzuspielen. Das war eine Frage des Sekundentaktes. Jeder Kameraschwenk, jede Drehung, jede Mundöffnung musste passend musikalisch untermalt werden. Meine Vorlage war ein Monitor, der die einzelnen Filmsequenzen gezeigt hat, woraufhin ich die Sänger und das Orchester dirigiert habe. Zum Schluss muss ja alles zueinander passen. Ein Verfahren, dass in etwa dem des Synchronsprechens gleicht. Auch anhand der Entwicklung im Film lässt sich also Wagners Einfluss ganz direkt bis heute nachvollziehen.
Das Gespräch führte Esther Niebel
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Am 22. Mai 2013 wird das Richard-Wagner-Denkmal in Leipzig eingeweiht. Der Künstler Stefan Balkenhol ergänzt mit seiner Plastik des lebensgroßen Wagners samt überragendem Schatten den von Max Klinger entworfenen Sockel. REGJO sprach mit Stefan Balkenhol über das Erbe von Richard Wagner und seinen Einfluss auf die bildende Kunst.
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Stefan Balkenhol bei der Arbeit am Richard-Wagner-Denkmal. • Fotos: Henrik Hornung
Das Größenverhältnis des von Max Klinger entworfenen Sockels zu seinem Entwurf der Wagnerfigur entspricht in etwa dem Verhältnis Klinger-Sockel und Wagners Schatten Ihres Entwurfs. Wagner selbst schrumpft also, und nur sein Schatten bleibt in den von Klinger konzipierten Größenverhältnissen. Ist es als ironische Anspielung gemeint, dass Wagner im Verhältnis zu den drei nackten Rheintöchtern, auf denen er steht, relativ klein dargestellt ist? Nein. Der Sockel von Max Klinger bezieht sich auf Wagners Werk, das im übertragenen Sinn das Fundament des Denkmals bildet. In der Frontansicht sind die drei Rheintöchter dargestellt. Auf diesen Sockel kommt nun die von mir entworfene Wagner-Plastik, wobei Wagner selbst ca. 1,80 und sein Schatten ca. 4 Meter hoch sein wird. Das ist nicht auf eine ironische Anspielung auf Wagners Beziehung zu den Frauen in seinem Leben festgelegt oder reduziert. Wenn dem Betrachter diese eine Lesart, neben vielfältigen anderen, in den Sinn kommt, ist das kein Missverständnis. Mir ging es aber vor allem darum, Wagner in seiner Menschlichkeit darzustellen und deshalb habe ich mich bewusst gegen die bei Denkmälern oft übliche Bedeutungsgröße entschieden, die mit der Größe der Person gleichgesetzt wird. In meinem Entwurf ist es der Schatten, der den Mensch Wagner überragt. Der Schatten hat eine andere Silhouette als die Person Wagner. Verselbstständigt sich Wagners Schatten? Person und Werk sind abhängig voneinander und lassen sich nicht
trennen. Dennoch ist der Schatten beziehungsweise das Werk von der Person selbst verschieden und hat oft weitreichendere und überzeitliche Dimensionen. Zusätzlich kommt bei dem Schatten der Aspekt der Projektion zum Tragen. Wagners Visionen von einem Gesamtkunstwerk und schließlich auch seine Kompositionen wachsen über seine Person hinaus, überschreiten das individuelle menschliche Maß, verselbstständigen sich im positiven wie im negativen Sinne. Aber ohne den Mensch Wagner auch kein Schatten! Er ist Ursprung und Impulsgeber. Soll der im Verhältnis übergroße Schatten ein Verweis auf die teilweise praktizierte Überhöhung Wagners sein? Das Spannungsverhältnis zwischen der Person Wagner und seinem überdimensionierten Schatten fußt zunächst auf der künstlerischen Entscheidung, die Person Wagners in tatsächlichem menschlichen Maß darzustellen. Distanziere ich mich damit zunächst von Klingers Entwurf, der Wagner überhöht und monumentalisiert, paraphrasiert der etwa vier Meter hohe Schatten den Entwurf Klingers, da der Schattenriss der Silhouette des klingerschen Wagners nachempfunden ist. Birgt die Skulptur auch einen Hinweis auf Leipzig? Die Plastik zeigt Richard Wagner als jungen Mann. In Leipzig ist Richard Wagner nicht nur geboren, sondern er hat auch prägende Jugendjahre hier verbracht. Schon zu dieser Zeit wiesen seine Visionen weit in die Zukunft, ohne dass er die spätere, weltweite und
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Prototyp der Edition zum Wagnerdenkmal Leipzig, 2013. Foto: Uwe Walter, courtesy: Galerie Jochen Hempel
bis heute wirksame Bedeutung seines Werks hätte kennen können. Der hauptsächliche Bezug zu Leipzig ist vielleicht so offensichtlich, dass man ihn nicht übersehen sollte: Das Denkmal steht in Leipzig.
wetterbeständig und daher für den Außenbereich weniger geeignet. Außerdem hat Bronze in Bezug auf die Bemalung, im Gegensatz etwa zu Stein, die holzähnlichsten Eigenschaften.
Schätzen Sie Wagner, als Musiker, als Dichter, als Revolutionär, als Universalkünstler, als Mensch?
Wagner ist ein ausgesprochener Geschichtenerzähler. Ihre Skulpturen erzählen, so haben Sie selbst einmal gesagt, keine Geschichten. In dieser Hinsicht gibt es also keine Parallele. Ist das die kreative Spannung, aus der heraus Sie sich mit Wagners Werk befassen?
Wagner war zweifellos ein Visionär. Sein Gestaltungswille und seine Fähigkeit, ein Gesamtkunstwerk zu schaffen, sind beeindruckend. Dabei ging er weit über die reine Komposition hinaus. Er führte Dissonanzen ein, erfand Musikinstrumente, schrieb Texte, entwarf sein eigenes Theater und kümmerte sich sogar um Lichteffekte. Wagner hat damit ganz neue Wege beschritten. Als Mensch und als Künstler hat er sich den existenziellen Fragen des Lebens wie der Liebe, dem Tod und dem Scheitern gewidmet. Warum haben Sie sich für Bronze als Werkstoff für Ihre Plastik entschieden? Diese Entscheidung hat primär konservatorische Gründe. Holz, das ich normalerweise für meine Arbeiten verwende, ist nicht so
Im Gegensatz zur zeitlich-linearen Abfolge von Musik und Text bei Wagner wirken Material, Volumen, Raum und Farbe einer Skulptur immer gleichzeitig und konstant. Zugleich thematisiert die Dreidimensionalität der Plastik den Standpunkt und Blickwinkel des Betrachters und nötigt ihn mit ihrer Räumlichkeit, um die Arbeit herum zu gehen. Vorn und hinten, Anfangspunkt und Ende, wie man es beispielsweise aus Partituren kennt, gibt es nicht. Ohne diese lineare Abfolge kann es deshalb bei der Skulptur keine zu Ende erzählten Geschichten geben. Meine Wagner-Arbeit ist die Übersetzung von zeitlichen Abläufen aus der Kultur- und Rezepti-
onsgeschichte in plastisch erlebbaren Raum. Vor den überlebensgroßen Schatten nach Klingers Entwurf stelle ich einen Richard Wagner in Lebensgröße und als jüngeren, unternehmungslustigen Mann dar, so wie er es in seinen Leipziger Jahren ja auch war. Wagner ist später von seinen Verehrern geradezu vergöttert worden und zu einem Ehrfurcht gebietenden, irgendwie ältlichen „Meister“ erstarrt. Ich zeige ihn menschlich und nahbar und hoffe, wenn Wagner aus der flachen Überhöhung herausgeholt und plastisch wird, dass man sich neu mit ihm befassen kann. An Wagners Geburtstag am 22. Mai 2013 wird das Wagner-Denkmal eingeweiht. Werden Sie anwesend sein? Ja, ich werde vor Ort sein. Die Einweihung und die Übergabe der Wagner-Plastik an die Öffentlichkeit stellen einen Moment der Überschneidung dar, in dem sich Wagnerianer und die bildende Kunst treffen. Das Denkmal soll über die Erinnerung an Wagner hinaus genauso auch als eigenständiges Kunstwerk Gültigkeit besitzen. Das Gespräch führte Esther Niebel.
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Nur in unseren Köpfen? Am 21. April eröffnet die Ausstellung „Mythos Wagner“ in der Klinger-Villa. Gezeigt werden Arbeiten von Markus Lüppertz, Mariano Fortuny, Anselm Kiefer und Jonathan Meese. Die Plastik „Walküre“ von Thorsten Brinkmann wird erstmalig gezeigt.
Text: Esther Niebel
Ein Mythos ist das, was uns so menschlich, ist das, was uns so göttlich macht. Ist das, von dem wir nicht genau sagen können, wo es herkommt und schon gar nicht, wo es hinführt. Ein Mythos ist für keinen so richtig greifbar, was die ganze Angelegenheit natürlich umso spannender und fantasieanregender macht, aber auch gefährlicher, weil scheinbar alles erlaubt ist. Richard Wagner, der sich zeitlebens mit Mythen auseinandergesetzt und sie in seinen Werken verarbeitet hat, ist mittlerweile selbst zum Mythos geworden. Genauer gesagt hat sich sein Leben mit seinem Werk zu einem neuen Mythos verquickt, wozu Wagner selbst, zum Beispiel mit seinem Buch „Mein Leben“, beigetragen hat. Auch ein Gesamtkuntwerk – Mariano Fortuny Mariano Fortuny war 12, als Wagner starb. Wie dieser war er ein unruhiger Geist, den es in die Ferne trieb, der sich für viele unterschiedliche Dinge des Lebens interessierte und ein wenig in seiner eigenen Welt lebte. Wie Wagner zog es Fortuny nach Venedig, fasziniert von der geheimnisvoll-romantischen Aura dieser Stadt. Fortuny war Wagner-Fan und obwohl in erster Linie Designer und Modeschöpfer, entwarf er ein Wagner-Festspielhaus, Theaterkulissen und -kostüme und malte Szenen aus Wagner-Opern. Sein
Parsifal-Zyklus umfasst 47 Werke und stellt alle drei Akte der Oper dar. In der Klinger-Villa werden eine Auswahl von 14 EitemperaBildern aus dieser Serie gezeigt. „Bei der Präsentation soll je ein Raum für einen Akt aus dem Bühnenweihfestspiel stehen“, so die Kuratorin Margit Im Schlaa im Vorfeld der Ausstellung. Von heute aus betrachtet kann man sich sicherlich über den Kunstwert der Arbeiten streiten. Aber so wie heutzutage die Regie der WagnerOpern nach Abstraktion schreit, existierte früher der Wunsch, in Wagners Sagenwelt mit allem phantastischen Pomp einzutauchen. So stehen die Bilder künstlerisch für eine distanzlos-schwärmerische Wagner-Verehrung und sind zugleich Zeugnisse einer Zeit, die Wagners Erbe noch nicht in die Moderne geholt hat. „No man, don‘t cry“ – Männer ohne Frauen – Markus Lüpertz „Männer ohne Frauen – Parsifal“ betitelte Markus Lüpertz einen sehr umfassenden Werkzyklus, der in den 1990er Jahren entstand. Acht Linol- und Holzschnitte dieser Serie werden anlässlich der Ausstellung zu sehen sein. Alle Grafiken zeigen schmerzverzerrte, teils weinende Männergesichter, die scheinbar aus dem Nichts kommen und keinen Verweis auf eine Handlung geben, sondern reine Emotion ausdrücken. Armin Zweite bemerkt dazu:
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links: Jonathan Meese, Keine Gurus, 2-teilig, Öl und Acryl auf Leinwand, 210 x 280 x 4,5 cm, 2011, Fotografie: Jan Bauer, 2012, courtesy Jonathan Meese rechts: Mariano Fortuny, Aus dem Wagner-Zyklus, Parsifal II. Akt, Eitempera auf Papier, 41,8 x 57,8 cm, 1892, courtesy Museo Fortuny, Venedig
„[...] die Formulierung ist vielleicht nichts anderes als eine geschickt gelegte Spur, die ins Nirgendwo führt, dem Maler aber Vorwand und Legitimation liefert, einer imponierend mächtigen Bilderflut einen ebenso ambitionierten wie vieldeutigen, vielleicht sogar bewusst irreführenden Titel zu geben.“ Eine Interpretation, die gleichzeitig ins Nichts und Überall hinführt. Tatsache ist, dass Wagner seinen „Helden“ Parsifal, den reinen Tor, nicht schont. In seiner, vom Leben bisher ungetrübten Naivität und Unschuld, ist es an ihm zu erlösen: Kundry, Amfortas, die Grahlsritter und wahrscheinlich die ganze Menschheit. Um dies zu erreichen, muss er unter Aufgabe seiner Sexualität der großen Verführerin Kundry widerstehen. Auch wenn er es schafft, leicht fällt es ihm nicht, Erlösung zu erlangen. So können die Grafiken, frei nach Freud, auch Sinnbild dessen sein, dass es die tägliche Qual eines Künstlers
ist, durch Triebsublimierung Kunst zu schaffen. Es ist nicht einfach, den Eros zur Agape aufsteigen zu lassen, da kann schon mal die ein oder andere Träne im Atelier vergossen werden. „Grane, mein Ross, sei mir gegrüßt“ – Anselm Kiefer Die Papierarbeit „Brünhilde Grane“ hat die Form eines Kreuzes und zeigt das Pferd, das Brünnhilde mit Siegfried gegen den Ring des Nibelungen tauscht. Grane ist es auch, auf dem sie nach Siegfrieds Tod in die Flammen reitet, in denen Siegfrieds Leichnam aufgebahrt ist. Danach tritt der Rhein über die Ufer und die Rhein-Töchter bekommen ihr Lieblingsspielzeug, den Ring, zurück. Was Anselm Kiefer uns hier zeigt, ist also der Wendepunkt, die Schlüsselszene des vierteiligen Ring-Zyklus. Grane, eigentlich eher tierischer Komparse
als Hauptdarsteller, steht, bis auf die Knochen entkleidet, auf dem Scheiterhaufen und brennt bis in alle Ewigkeit. Der Rhein kommt nicht, um das Feuer zu löschen und dennoch verharrt das Pferd in den Flammen. Die Kreuzform des Bildes verstärkt noch die Geste der Selbstopferung des Tieres. Lessing beschreibt in seinem Aufsatz „Laokoon“ den künstlerisch fruchtbaren Augenblick, der dann perfekt gewählt sei, wenn sich in ihm die ganze Geschichte widerspiegele. In seiner geballten Latenz wäre er besonders gut geeignet, die Fantasie des Betrachters anzuregen, um über diesen Moment und durch diesen über die ganze Geschichte nachzudenken. Einen solchen Augenblick hat Anselm Kiefer zweifellos gewählt. Aber Kiefer wäre nicht Kiefer, wenn er mit dem Scheiterhaufen nur in eine Richtung weisen wollte.
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Anselm Kiefer, Brünhilde Grane, Acryl und Schellack auf Holzschnitt auf Papier, 272 x 244 cm, 1993, courtesy Galerie Lia Rumma, Mailand
Keine Kompromisse – Keine Political Correctness – Jonathan Meese Dass Jonathan Meese auf Wagner steht, ist eigentlich klar. Daher verkündet er auch anlässlich eines Interviews, dass er in Hinblick auf seine „Parsifal”-Inszenierung 2016 in Bayreuth der Kunstzeitung Art gegeben hat: „Richard Wagner ist der Erznabel der Welt. Richard Wagner ist totalste Kunst, also immer Zukunft. Richard Wagner ist wie alle Kunst, eine liebevollste, ewig gärende Zumutung, ein Stachel im Fleisch aller Demokratienostalgen, super, super, super.“ Bei all dieser Sympathie kommen vermutlich zwei Dinge zusammen: Jonathan Meese verehrt Richard Wagner laut eigenen Angaben schon seit seiner Kindheit. Was ihn über die Musik hinaus an Wagner begeistert, ist seine Totalität. Seine Totalität in Bezug auf seine politische Überzeugung, seine Totalität in Hinblick auf seine Lebensführung und vor allem seine Totalität in Sachen Kunst. War Wagners Ziel noch das Gesamtkunstwerk, so ist es bei Meese die Diktatur der Kunst. Für beide ist die Verschmelzung von Leben und Kunst grundle-
gend, sie empfinden sich als ein Werkzeug, durch dass sich Kunst im Leben ausdrückt. Der Akt der Selbstentäußerung in und für ihre Kunst wird für Meese und für Wagner nicht als ein egoistischer, sondern als ein altruistischer angesehen. So sieht Meese in Wagner einen Bruder im Geiste. Folgerichtig hat er sich mit Wagner in einem Doppelportrait auch so dargestellt.
Ohne Kopf – Thorsten Brinkmann Wie die „Walküre“ letztendlich aussehen wird, die Thorsten Brinkmann zur Ausstellung zeigt, ist momentan noch ungewiss. Zu einem Teil im Atelier und zum größten Teil nur im Kopf, steht sie noch unter Verschluss – wir können gespannt sein. Er selbst sagt dazu: „Wie ich oben beschrieben habe, finde ich die ‚wagnerische‘ Arbeitsweise sehr interessant. So wird sich auch meine Walküre entwickeln, es gibt einen unbewussten Plan, und dem werde ich gehorchen, um es mal mit Wagner zusagen. Ich empfinde Wagner als Totalkünstler und als Hyperromantiker. Der Pathos, mit dem seine Figuren ihrer Gefühlswelt Ausdruck verleihen, und das
Leiden unter den Umständen empfinde ich als typisches Romantiker-Syndrom, passt ja auch in seine Zeit. In seinen Opern verschmelzen die Mythen mit der Alltagswelt. Das passiert auch mit Richard Wagner selbst. Er wird zum Mythos und sein Bayreuth steht, die Wagner-Familie lebt und leitet‘s und hinterm Haus Wahnfried liegt der Meister selbst.” Vier bildende Künstler reflektieren 200-Jahre Wagner und tragen somit im doppelten Wortsinn zu diesem „Mythos Wagner“ bei. Mythos Wagner Thorsten Brinkmann, Mariano Fortuny, Anselm Kiefer, Markus Lüpertz, Jonathan Meese 21.04.–08.07.2013 Klinger-Villa, Karl-Heine-Str. 2, 04229 Leipzig, Fr 14–18 Uhr, Sa u. So 10–18 Uhr Sonderveranstaltungen zur Ausstellung finden Sie kurzfristig unter: www.klingerforum-leipzig.de oder unter www.wagner-verband-leipzig.de
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Tanz ohne große Worte Immer feste tanzen: Zehn Tage lang wird die Tanzwoche Dresden die Bewegungskunst zelebrieren. Text: Tobias Prüwer Fotografie: Reinhard Riedel / temporäre teater berlin
„Bleiben Sie uns treu!?“ – Fast zaghaft bittend fragte Festivalleiter Julius Skowronek im vergangenen Jahr und bat das Publikum um Zuverlässigkeit. Auf Einen immerhin muss sich die Dresdner Tanzwoche verlassen können, um weiterhin die Bewegungskunst zu feiern. Denn der finanzielle Rahmen und die Arbeitsbedingungen sind für das Festival in 22 Jahren nicht gleich geblieben, sondern haben sich insgesamt verschlechtert. „Hochkarätiges Trotzdem“ Skowronek fährt im Programmheft fort: „Auch unser Festival steht in seiner Basisfinanzierung deutlich schlechter da als vor fünf Jahren. Sollten Sie – Besucher, Förderer, Sponsoren, Politiker ... – an der Förderung der Arbeit im Tanzbereich unserer Stadt, der Region und der gesamten Sparte interessiert sein, bekunden Sie dieses Interesse einerseits durch Ihren Besuch der Veranstaltungen der Tanzwoche und auch durch Meinungsäußerungen oder Spenden.“ Als ein „hochkarätiges Trotzdem“ bezeichnete der Festivalleiter die 21. Auflage, „aber wir sind an der Grenze fairen Arbeitens angelangt, nur das kollegiale Arbeiten der Partner in unserer Stadt macht diesen Jahrgang realisierbar.“ Weiterhin prekäres Arbeiten Diese Bedingungen haben sich auch in diesem Jahr nicht geändert. Die Ende April stattfindende 22. Tanzwoche wird unter beinah ehrenamtlicher Tätigkeit gestemmt und doch einmal mehr die Dresdner Tanzszene mit jener der Region in Verbindung brin-
gen und auch überregionale Akzente zum Tanzen bringen. Möglich ist das wieder durch die Hilfe der Kooperationspartner in der Stadt, wie der Presseverantwortliche Boris Michael Gruhl bestätigt. Die Zusammenarbeit mit dem Societaetstheater, dem Theaterhaus Rudi und dem Staatschauspiel mache manches möglich. „Im Staatsschauspiel etwa kann ich dermaßen gute Voraussetzungen erwarten, dass eine Megaveranstaltung wie die Eröffnung mit bis zu 70 Mitwirkenden an einem Tag einzurichten ist.“ Stumm und schön Die Tanzwoche macht 2013 zum Jahr des „Tanzes ohne Worte“ – es wurden keine Bewerbungen mit mehr als fünf Prozent Textanteil berücksichtigt. Dadurch ist die Konzentration auf die Kunst der tänzerischen Bewegung gewährleistet, etwa wenn das Cynthia Gonzales Dance Theatre aus Bern mit „High Heels 5“ eine Performance über die Weiblichkeit aufs Parkett legt. Eine ganze Nacht wird dem Flamenco gewidmet sein. Elf Tänzer zwischen 25 und 60 Jahren stellen in der Produktion des Zwickauer Mondstaubtheaters verschiedene Lebenssituationen tänzerisch dar. Ganz programmatisch wird die Tanzwoche auf der großen Gala, bei der große und klassische Tanzensembles wie das Semper-Oper-Ballett und das Ballett Leipzig auf Palucca-Tänzer und Vertreter der freien Szene treffen werden. Die Gala trägt den Namen: „Immer feste tanzen“. Tanzwoche Dresden, 19.–29.4. www.tanzwoche.de
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Unter freiem Himmel und mitten in der Natur finden die Aufführungen auf der Seebühne Kriebstein statt.
Das älteste Stadttheater der Welt, seit 1791 wird am Freiberger Buttermarkt Theater gespielt. Das zeigt auch diese Grafik aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.
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Historisches Theater mit modernem Anbau und neuem Zuschauerraum in Döbel.
Theaterlandschaft Mittelsachsen Drei Bühnen, knapp 180 Mitarbeiter, 15 Premieren und 20 Wiederaufnahmen locken in Freiberg, Döbeln und Kriebstein pro Jahr gemeinsam zu fast 600 Veranstaltungen auf traditionsreichem Bühnenboden bis hin zur neu installierten Seebühne. Text: Carolin Modes Fotografie: Mittelsächsisches Theater, René Jungnickel und Jörg Metzner
Es ist das „älteste Stadttheater der Welt“, so die Freiberger. Ende des 18. Jahrhunderts übernahm die Stadt Freiberg ein ehemaliges Bürgerhaus aus dem frühen 17. Jahrhundert, das kurz zuvor in ein Theater umgebaut worden war. Hier spielt das Ensemble nun seitdem durchgängig in städtischer Hand. Ältere städtische Gründungen sind nicht bekannt, längst in Neubauten umgezogen oder in andere Trägerschaften übergegangen. Dieses Jahr beginnt die 222. Spielzeit in dem historischen Gebäude.
Stadttheater Freiburg 1993 in der Mittelsächsischen Theater und Philharmonie gGmbH zusammen und eröffnete ein halbes Jahr später neu. Ein moderner Anbau mit Seitenbühne, Werkstätten sowie Studiobühne folgte 2007. Auch die Renovierung der Hauptbühne, des Zuschauerraums und des Foyers sind nun nach einjährigen Arbeiten abgeschlossen.
Die 140. Spielzeit in Döbeln kann beginnen
Die Seebühne am Ausflugs- und Erholungsort Kriebstein, der mit Schifffahrten auf der Talsperre und Spaziergängen um die Burg Kriebstein lockt, eröffnete 2007. Bereits seit dem Sommer 2005 fanden dort erste Aufführungen statt, die aufgrund ihres Erfolges beim Publikum nach Ausbau und Erweiterung der Bühne und der Zuschauerränge verlangten. So können die Zuschauer diese Saison mit der Operette „Im Weißen Rössl“ von Ralph Benatzky und der Operettengala „Dein ist mein ganzes Herz“ wieder auf einer 250 Quadratmeter großen Bühne im See
Auf eine ebenfalls lange Tradition blickt das Theaterleben in Döbeln zurück. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts bis 1992 gehörten Aufführungen zunächst im Ratshaussaal, dann in einem ehemaligen Marstall und schließlich im eigenen Theatergebäude an selbiger Stelle zum kulturellen Leben der Stadt und der Umgebung. Nach der Schließung des Döbelner Theaters aus finanziellen Gründen 1992 durch den Träger, den Landkreis Döbeln, schloss es sich gemeinsam mit dem
Die Seebühne Kriebstein ist das Ausflugsziel für Operettenfreunde
und mit 850 Sitzplätzen unter freiem Himmel genießen. Vom Kammer- bis zum Sinfoniekonzert, von der Oper über die Operette bis zum Musical, von der Komödie bis zur Uraufführung Das Mittelsächsische Theater feiert diesen Sommer die Premiere von Carlo Goldonis klassischer Komödie „Der Diener zweier Herren“ am 8. Juni im Schlosshof Freiberg. Die Bühnenfassung Dirk Englers von „Die Vermessung der Welt“ nach dem Roman von Daniel Kehlmann wird wieder aufgenommen und im März vier Mal in Freiberg aufgeführt. Das 6. Sinfoniekonzert „TELEMANN MEETS JAZZ“ lässt nach der Ouvertüren-Suite in e-Moll ein Konzert für Viola und Streicher, ein Konzert für 2 Flöten, Fagott und Streicher und Songs mit Cristin Claas und L’arc six erklingen: am 18. April in der Nikolaikirche Freiberg, am 19. April im Theater Döbeln und am 20. April in der Bürkelhalle Mittweida. www.mittelsaechsisches-theater.de
Sichtweisen Drüben Klischees Verfolgung Demokratie Ansichten Protest Teilung Ausreise Blickwechsel Einsichten Wohlstand Haft Illusionen Revolution Besserwessi Staatsfeind Vergangenheitsbewältigung Ostalgie Freiheit Maßlosigkeit Generation Anpassung Teilung Zustimmung Ost Repression Meinungen Übersicht Vorurteile Opposition Bürgerrecht Flucht Begeisterung Überwachung Jammerossi Widerstand Grenze Distanz Vertreibung Streit Durchblick Blühende Landschaften West Überwachung Schießbefehl Enttäuschung Mauer Verklärung Gewalt Überblick Verfolgung Antifaschismus Alltag Urlaub Aufbau Rückblick Kontroversen Ablehnung Klischees Drüben Sichtweisen Staatsfeind Demokratie Ansichten Streit Protest Revolution Ausreise Vergangenheitsbewältigung Blickwechsel Wohlstand Illusionen Streit Teilung Besserwessi Haft Freiheit Ostalgie Einsichten Staatssicherheit Generation Anpassung Zustimmung Repression Grenze Jammerossi Maßlosigkeit Teilung Übersicht Vorurteile Opposition Bürgerrecht Ost Begeisterung Meinungen Überwachung Widerstand Distanz Vertreibung Durchblick West Blühende Landschaften Antifaschismus Verklärung Schießbefehl Rückblick Flucht Enttäuschung Mauer Ablehnung Kontroversen Gewalt Überblick Überwachung Alltag Urlaub Streit Ansichten Blickwechsel Klischees Sichtweisen Verfolgung Drüben Ausreise Protest Teilung Aufbau Staatsfeind Wohlstand Vergangenheitsbewältigung Haft Illusionen Revolution Streit Besserwessi Maßlosigkeit Freiheit Einsichten Generation Anpassung Zustimmung Repression Jammerossi Teilung Staatssicherheit Übersicht Ostalgie Vorurteile Opposition Bürgerrecht Ost Begeisterung Meinungen Überwachung Widerstand Verklärung Distanz Vertreibung Durchblick Aufbau Blühende Landschaften Antifaschismus Mauer Schießbefehl Enttäuschung Mauer Gewalt Überblick Alltag Überwachung Klischees Kontroversen Urlaub Verfolgung Sichtweisen Streit West Ablehnung Ausreise Rückblick Flucht Demokratie Ansichten Protest Teilung Vergangenheitsbewältigung Blickwechsel Drüben Staatsfeind Wohlstand Illusionen Streit Revolution Besserwessi Freiheit Ostalgie Einsichten Generation Anpassung Zustimmung Repression Jammerossi Ost Maßlosigkeit Teilung Staatssicherheit Übersicht Vorurteile Opposition Vertreibung Begeisterung Meinungen Überwachung Flucht Widerstand Grenze Verklärung Bürgerrecht West Durchblick Blühende Landschaften Antifaschismus Distanz Schießbefehl Mauer Enttäuschung Gewalt Überblick Überwachung Streit Alltag Urlaub Aufbau Rückblick Ablehnung Klischees Kontroversen Drüben Sichtweisen Verfolgung Demokratie Protest Teilung Ansichten Dauerausstellung Revolution Ausreise Vergangenheitsbewältigung Wechselausstellung Staatsfeind Haft Wohlstand Illusionen Streit Blickwechsel Freiheit Besserwessi Ostalgie Veranstaltungen Einsichten Generation Anpassung Zustimmung Repression Jammerossi Ost Maßlosigkeit Staatssicherheit Distanz Antifaschismus Vorurteile Opposition Bürgerrecht Begeisterung Teilung Meinungen Überwachung Übersicht Widerstand Grenze Vertreibung Durchblick Blühende Landschaften Flucht Verklärung Schießbefehl Enttäuschung Überblick Gewalt Überwachung Streit Haft West Urlaub Aufbau Rückblick Kontroversen Mauer Ablehnung Klischees Drüben Sichtweisen Staatsfeind Alltag Demokratie Ansichten Protest Teilung Vergangenheitsbewältigung Blickwechsel Staatsfeind Wohlstand Besserwessi Ausreise Streit Revolution Illusionen Freiheit Teilung Einsichten Anpassung Zustimmung Grimmaische StraßeOstalgie 6 | 04109 Leipzig www.hdg.de Repression Jammerossi Maßlosigkeit Staatssicherheit Generation Übersicht Vorurteile DienstagFlucht – Freitag 9.00 –18.00 Uhr Ost Distanz Bürgerrecht Opposition Meinunge Überwachung Überblick Widerstand Samstag, Sonntag 10.00 – 18.00 Uhr Grenze Vertreibung Mauer Durchblick Blühende Landschaften Antifaschismus Verklärung Schießbefehl Enttäuschung Begeisterung Streit Alltag Urlaub Aufbau Überwachung West Eintritt frei Rückblick Kontroversen Teilung Ablehnung Sichtweisen Drüben Klischees Verfolgung Demokratie Ansichten Protest Illusionen Wohlstand Ausreise Staatsfeind Blickwechsel
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Sozialkritik auf dem Rummelplatz Oktoberfest an der Pleiße: Im Wiesnstück „Kasimir und Karoline“ wird das Volk in der Krisenzeit porträtiert. Das Leipziger Theater der Jungen Welt gibt es als quietschig bunte Karussellfahrt. Text: Tobias Prüwer Fotografie: Tom Schulze
Eine richtige Bombenstimmung will auf diesem Oktoberfest nicht aufkommen. Es ist die Zeit der Weltwirtschaftskrise 1929, in der Karoline ihren Bräutigam Kasimir zum Besuch des Jubel-Trubel-Marktes in München drängt. Der hat aber gerade seinen Chauffeur-Job verloren, will nicht ausgelassen feiern. Es kommt zum Streit, erst trennen sie sich räumlich auf dem Rummelplatz, nach mehreren Intermezzos und Techtelmechteln geht über den Abend auch ihre Beziehung in die Brüche. Kein heiteres Volksstück Es ist kein heiteres Volksstück, das Ödön von Horváth seiner krisengeschüttelten Gegenwart auf den Leib geschrieben hat. Es hatte 1932 in Leipzig Premiere und passt, nun im hiesigen Kinder- und Jugendtheater auf aktuelles Format gebracht, auch prima in die jetzige Zeit. Wie kann sich der Mensch durchschlagen, welche Überlebensstrategien stehen gerade den sozial Schwächeren zur Verfügung, diese Fragen werden
schließlich wieder drängender. Im Theater der Jungen Welt (TdJW) finden sie sich ohne zu viel Schwere verhandelt und auf den Punkt gebracht: Wie das Dasein weiter gestalten? Hunde, wollt ihr ewig (so) leben?
Görenhaftem ausgestattete Erna (Elisabeth Fues) und der herrlich auf Macker machende Merkl Franz (Matthias Walter).
Beweglich-beeindruckendes Bühnenbild
„Tot ist tot und es gibt keine Gespenster“: Unter dem Zerbrechen ihrer Beziehung in der Wirtschaftskrise hält der Regisseur für „Kasimir und Karoline“ im Zentrum eine Frage parat: Was ist man bereit, für den Erfolg zu tun? Ist Sich-hoch-Schlafen in der Krise ok? Wie sehr muss man den Chef umschmeicheln? Wer hätte seine Karriere nicht ohne Beziehungen geschafft? Ohne Kitsch, mit Humor und dramatischen Kniffen ist so ein quietschig buntes Stück entstanden, eine rasante Karussellfahrt durch die Krisen des Lebens. Dass man dabei auch mal über die Stränge schlägt und das Publikum mitschunkeln lässt, versteht sich bei einem Stück Oktoberfest natürlich von selbst.
Großartig zeigt sich schon der Kulissenaufbau. Das beweglich-beeindruckende Bühnenbild besteht aus eine schrägen Ebene, die als Rondell ein Karussell darstellt. Man kann es rotieren und damit zur optisch interessanten Spielfläche werden lassen. Rechts und links rahmen Bierbänke diese ein, über allem thront ein riesiger Kranz, der schon mal zur Achterbahn wird. Solchermaßen flexibel ausgestaltet, zeigt sich auch das Spiel kurzweilig und bewegt. Neben Kasimir (super bedröppelt: Sven Reese) und Karoline (ausgelassen süß: Anna-Lena Zühlke) sorgen hierfür sowie für herrliches Zetermordio insbesondere drei Charaktere: der schüchtern fordernde Eugen (Martin Klemm), die mit gehörig
Wie teuer ist Erfolg?
www.tdjw.de
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Die Macht der Zeichen
Mimik und Gestik, Kleidung und Sprache: In bewusst und unbewusst gesetzten Zeichen verdichten sich Weltanschauung und Identität. Welche Botschaft Zeichen übermitteln und warum sie auch täuschen.
Text: Anja Bonitz Fotografie: Johannes Hein
„Man kann nicht nicht kommunizieren“, sagte Paul Watzlawick, österreichischer Kommunikationswissenschaftler und Philosoph, in Bezug auf die menschliche Verständigung. In der aktuellen Ausstellung des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig mit dem Titel „Zeichen – Sprache ohne Worte“ wird dieser Grundsatz aufgegriffen und veranschaulicht. Unser Körper spricht, auch wenn wir schweigen. So hat man herausgefunden, dass der Mensch einen sehr visuell geprägten Charakter hat, wenn es darum geht, wie andere auf uns wirken: 7 Prozent durch Worte, 38 Prozent durch die Stimme und 55 Prozent auf der nonverbalen Ebene. Das ist enorm und auch der Grund, warum Frauen zu hohen Absätzen und Schönheitsoperationen greifen und Männer zu Krawatten und Hanteln. Es ist der altbewährte Kampf zwischen Individualität und Zugehörigkeit. Bedeutungswandel der Äußerlichkeiten Kostümierung, Farben und Accessoires können manchmal mehr ausdrücken, als wir
denken. So steht die Kappe der kirchlichen Amtsträger für eine bestimmte Position in einer Hierarchie, ein Kopftuch für die muslimische Religion und Springerstiefel für eine rechte oder linke Gesinnung. Auf der anderen Seite täuschen uns äußere Zeichen auch öfter und rufen Missverständnisse hervor. Mag sein, dass sich eine Frau mit Kopftuch einfach vor dem Wind schützen will oder ein Mann mit Springerstiefeln nur eine Vorliebe für bequeme Schuhe hat. Ebenso bedeutet der ausgestreckte Daumen oder die Verbindung von Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis in Deutschland etwas Positives, kann aber in anderen Ländern als harsche Beleidigung aufgefasst werden. Andere Zeichen haben sich erst im Laufe der Zeit, ob nun zufällig oder gewollt, zu einem Gegenstand mit einer bestimmten Aussage entwickelt: das Peace-Zeichen, welches ursprünglich als Aufforderung zur nuklearen Abrüstung entworfen wurde, oder die AntiAtomkraft-Sonne, die zunächst eine außerparlamentarische Protestbewegung versinnbildlichte, heute aber zum Symbol für den Kampf um erneuerbare Energien mutiert
ist. In wieder anderen Fällen haben Abbildungen oder Kleidungsstücke an Bedeutung verloren. Das weltbekannte Bild von Che Guevara ist mittlerweile mehr ein Accessoire als der Ausdruck eines revolutionären Gedankens und Jeans sind mitnichten mehr das Symbol des Protests gegen Tradition und Autorität. Kulturelle Kontinuität Der Veränderung zum Trotz können wir uns jedoch nach wie vor darauf verlassen, dass die Farbe Schwarz für Trauer steht, das vierblättrige Kleeblatt Glück bringen soll und die auf Gefahren hinweisende Kombination von Rot und Weiß uns immer erst inne halten lässt. Das Zeitgeschichtliche Forum hat all diese Beispiele und noch viel mehr zusammengestellt und mit rund 600 Objekten, Fotografien, interaktiven Elementen und Medienstationen zu einer farbenfrohen und ausdrucksstarken Ausstellung geformt. www.hdg.de/leipzig
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Kultur 83
Heimkehrer Der Großteil der Werke der Ausstellung „Sachsen“ ist in den Neunzigern durch die Deutschen Bank angekauft und auf ihre Firmensitze verteilt worden. Nun sind rund 200 Arbeiten aus der Sammlung zum ersten Mal im Zusammenhang zu erleben.
Text: Carolin Modes Fotografie: Cornelia Schleime
Das Museum der bildenden Künste Leipzig präsentiert in der Ausstellung „Sachsen – Werke aus der Sammlung Deutsche Bank“ Gemälde, Zeichnungen und Grafiken von 32 Künstlern wie KarlHeinz Adler, Georg Baselitz, Hartwig Ebersbach, Eberhard Havekost, Hermann Glöckner, Neo Rauch, Gerhard Richter, Thomas Scheibitz und Cornelia Schleime. Die Zusammenstellung der Werke vermittelt einen Überblick über die Vielfalt der künstlerischen Herangehensweisen der biographisch mit Sachsen verbundenen Künstler. Darüber hinaus werden gemeinsame Themenfelder aufgezeigt, mit denen sich Künstler damals auseinandersetzten. Die Ausstellung ist deshalb in sechs thematische Sektionen gegliedert. Die erste Sektion, die der Besucher betritt, ist mit „Helden/Anti-Helden“ benannt. Hier trifft beispielsweise das typische männliche Bildpersonal von Neo Rauch (*1960 Leipzig) und Georg Baselitz (*1938 Deutschbaselitz) auf den bekannten Ikarus von Wolfgang Mattheuer (Reichenbach/Vogtland 1927–2004 Leipzig). In der Sektion „Codes“ sind unter anderem WachsmalkreideZeichnungen von Via Lewandowsky (*1963 Dresden) und Werke von A.R. Penck (*1939 Dresden) zu sehen. Die Sektion „Auf kaltem Grund“ vereint Werke, die von der russischen Avantgarde, dem Konstruktivismus und geometrischer Abstraktion beeinflusst sind. „Affekt/Geste/Kontrolle“ stellt beispielsweise stark gestische Arbeiten von Hartwig Ebersbach (*1940 Zwickau) aus der KasparSerie den kühlen Arbeiten von Eberhardt Havekost (*1967 Dresden) gegenüber. „Farberaumkörper“ ist die leiseste Sektion. Hier sind ruhigere, kleinformatigere Arbeiten von beispielsweise Uwe Kowski (*1963 Leipzig), Ulf Puder (*1958 Leipzig) oder Rosa Loy (*1958 Zwickau) zusammengebracht, die die Farbe an sich und die Übergänge zwischen Abstraktion und Figuration thematisieren. Die letzte Sektion, „Nachbilder“, vereint Werke Gerhard Richters (*1932 Dresden) unter anderem mit der Stasi-Serie Cornelia Schleimes (*1953 Ost-Berlin). Hier verarbeitete Schleime ihre Stasi-Akte zu 14 herrlich bitterbösen Collagen mit dem bissigen
Cornelia Schleime, Auf weitere gute Zusammenarbeit, 1993, Fotografie aus einer Mappe mit 14 Blättern.
Titel „Auf weitere gute Zusammenarbeit“, in dem sie einzelne Blätter aus ihrer Akte mit inszenierten Fotografien von sich selbst versah und so die Bespitzelungen persifliert. Anlässlich der Ausstellung übergibt der Verein Villa Romana, den die Deutsche Bank und ihre Stiftung seit vielen Jahren unterstützen, ein Konvolut an Briefen von Max Klinger an das MaxKlinger-Archiv des Museums. Die Ausstellung ist noch bis zum 21. April 2013 im Museum der bildenden Künste in Leipzig zu sehen.
www.mdbk.de
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Von Bodenobjekten von Lukas Oehmigens über Robert Schwarks Drucke virtueller Welten bis hin zu klassischer Malerei und Grafik wie Norbert Reissigs Ölmalereien, in denen er die Mythen über Aliens und Dinosaurier rekonstruiert. Die Werke von Studierenden der HGB Leipzig spielen in der Ausstellung in der Kunsthalle der Sparkasse Leipzig ein breites Spektrum an „Wiederholungen“ durch.
Erkennen, Erinnern und Reflektieren Werke der bildenden Kunst sind, gleich welchen Mediums oder welcher Gattung, immer Abbilder von etwas – seien es mehr oder weniger ähnliche Abbilder von Personen, Landschaften, Ideen oder vorangegangenen Kunstwerken. Text: Carolin Modes Fotografie: Caroline Böttcher
Die Nähe eines Abbildes zu seinem Ursprung oder dem vorangegangenem „Original“, den Grad der Ähnlichkeit, lotet ein Betrachter stets mittels Erinnerung und Reflexion aus. Bei einer starken Ähnlichkeit zwischen Original und Wiederholung spricht man von einem Sonderfall der Wiederholung: der Kopie. Die Ausstellung „copy&repeat“ in der Kunsthalle der Sparkasse in Leipzig beschäftigt sich mit aktuellen Fragen zu den gegenwärtigen Formen von „Vervielfältigungen“ und „Wiederholungen“ sowie mit dem Verhältnis vom „Original“ zur „Kopie“ im digitalen Zeitalter. Joachim Blank, Professor für Medienkunst ebenfalls an der HGB Leipzig, und Katrin von Maltzahn, Professorin für künstlerische Lehre in den künstlerischen Druckwerkstätten an der HGB Leipzig, hatten zusammen mit Professor Thomas Locher, Leiter der Grafikabteilung der Königlich Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen, ein hochschulübergreifendes Projekt entwickelt, dessen Ergebnisse in der Ausstellung
und in einer parallel erscheinenden Publikation nun zu entdecken sind. Ziel war es dabei von Anfang an, Studenten einen gemeinsamen inhaltlichen Anknüpfungspunkt für ihr künstlerisches Schaffen anzubieten und zu neuen Arbeiten anzuregen. Ist Wiederholung Kunst? Wo steckt das Originale in einer Reproduktion? Um in künstlerischen Dialog zu treten, wurden seit April 2012 gemeinsame Lehrveranstaltungen mit Vorträgen, Workshops und Ausstellungsbesuchen in Leipzig und Kopenhagen durchgeführt. Im November 2012 folgte die erste Ausstellung von „copy & re:peat“ in der BKS Garage an der Kopenhagener Kunsthochschule, im Rahmen derer die künstlerischen Ansätze aller Beteiligten vorgestellt wurden. Als Höhepunkt und Abschluss des Projektes, die Ausstellung in der Kunsthalle der Sparkasse Leipzig, wurden die Arbeiten dann weiterentwickelt und werden zumeist nun zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Die Stu-
denten hinterfragen und deklinieren dabei verschiedene künstlerische Methoden des Zitierens, des Rekonstruierens, des Reenactments und des Replizierens mit ihren Werken aus den Bereichen Video, Installation, Sound bis hin zu Objekten, Malerei, Druckgrafik, Zeichnung, Fotografie und Performance durch. In der Publikation zur Ausstellung finden sich Beiträge aller am Projekt beteiligten Künstlerinnen und Künstler sowie Reflexionen zum Projekt in seiner Gesamtheit. Mit „copy&repeat“ ist es dem Kuratoren-Team Katrin von Maltzahn und Joachim Blank offensichtlich gelungen, einen fruchtbaren Boden für ein breites Spektrum an Arbeiten zu schaffen, die sich mit den unterschiedlichen Formen der Wiederholung und der Kopie befassen und hieraus wiederum eine äußerst interessante Ausstellung zu stricken. Bis zum 5. Mai 2013 ist die Ausstellung in der Kunsthalle der Sparkasse Leipzig zu sehen. www.kunsthalle-sparkasse.de
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Kultur 85
Die äußere Gestalt seines zweiten eigenen Wohnhauses „Hohe Pappeln“ von 1907/08 entwickelte Henry van de Velde dem Anspruch eines Gesamtkunstwerkes folgend aus der inneren Struktur und Funktion der Räume heraus.
Noch ein Gesamtkunstwerkler 2013 wird nicht nur das Jubiläumsjahr des einen gesamtheitlichen Anspruch an die Kunst verfolgenden Erneuerers Richard Wagner groß gefeiert, sondern auch zum ersten Mal das Jahr des „Alleskönners“ Henry van de Velde. Text: Carolin Modes Bild: Klassik Stiftung Weimar - Louis Held / Jens Hausprung
Ganz Thüringen oder zumindest gleich sechs Städte in Thüringen – Weimar, Jena, Gera, Bürgel, Apolda und Erfurt – widmen Henry van de Velde anlässlich seines 150. Geburtstages zahlreiche Sonderausstellungen und Events und sogar spezielle kulinarische Köstlichkeiten. Der belgische Künstler und Architekt ist vielleicht in Mitteldeutschland noch nicht allen bekannt, wenngleich er zu den erfolgreichsten europäischen Designern und Architekten des 20. Jahrhunderts gezählt wird und Gründer der Großherzoglich-Sächsischen Kunstgewerbeschule Weimar war. 1908 wurde diese private Lehranstalt auf seine Initiative hin von Großherzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar gegründet und finanziert. Aus der Vereinigung der Weimarer Kunstgewerbeschule mit der Kunstschule Weimar ging 1919 schließlich das Staatliche Bauhaus hervor, dessen Direktor auf Empfehlung van de Veldes hin Walter Gropius wurde. Die wegweisende Bedeutung des Bauhauses ist gerade hinsichtlich der Verknüpfung der Architektur mit der freien und angewandten Kunst allgemein anerkannt. Die Überwindung der Grenzen zwischen Kunst und Kunsthandwerk sowie die Verknüpfung von Form und Funktion im Sinne der idealen Gestaltung waren das große Anliegen van de Veldes. Somit galt es
für ihn, auch die Gestaltung aller Lebensbereiche zu durchdenken – den Bau des Hauses, die Gestaltung der Räume, die Form von Kleidung, Schmuck und Möbelstücken und die von Alltagsgegenständen wie Brieföffnern. Henry van de Velde schuf zahlreiche Werke in Thüringen, in denen die Grenzen zwischen Kunst und Kunsthandwerk aufgehoben sind Geboren 1863 in Antwerpen, verlebte van de Velde von 1902 bis 1917 in Weimar eine intensive Schaffensperiode, in der er Häuser, Keramik, Möbel, Textilien und Inneneinrichtungen schuf. Umbau und Erweiterung des Nietzsche-Archivs von 1902/03 im Auftrag seines Freunds und Mäzens Harry Graf Kessler hatten es dem Belgier das erste Mal ermöglicht, seine Idee eines „Gesamtkunstwerkes“ zu verwirklichen. Mehrere bedeutende Gebäude in der Region, wie die Villa Esche in Chemnitz von 1902/11 oder die Villa Schulenburg in Gera von 1913/14, demonstrieren bis heute die Einheit seines umfassenden Gestaltungsansatzes. Die beiden Kunstschulbauten von 1904/11 sind noch heute Zentrum der Bauhaus-Universität Weimar und zählen seit 1995 zum UNESCO-Weltkulturerbe.
In keiner anderen Stadt sind so viele seiner Gebäude nahezu unverändert erhalten geblieben und bis heute ganzjährig zu besichtigen wie in Weimar Am 3. April, dem Tag des 150. Geburtstags von Henry van de Velde, wird in Weimar im Haus „Hohe Pappeln“ sogar ein ganzes Tagesprogramm mit Geburtstagsfrühstück, Vorträgen und Festakt geboten – inklusive Internet-Liveübertragung. Den Abschluss bilden ein Festvortrag im Gasthof Zur Linde und der Geburtstagsausklang im Stammlokal der Bauhäusler. Beispiele für die zahlreichen Sonderausstellungen sind u.a. „Leidenschaft, Funktion und Schönheit. Henry van de Velde und sein Beitrag zur europäischen Moderne“ im Neuen Museum Weimar, „Der ewige Wanderer – Henry van de Velde in Jena“ und „Henry van de Velde – Der Maler und die NeoImpressionisten“ in den Städtischen Museen Kunstsammlungen Jena. Das Museumscafé im Jenaer Stadtmuseum bietet als kulinarische Hommage zu einer Tasse Kaffee ein Stück Torte mit speziellen Jenaer Pralinen auf einer Porzellan-Replik nach einem Entwurf des Künstlers für die Porzellan-Manufaktur Selle in Jena-Burgau. www.vandevelde2013.de
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Der Geheimtipp. Direkt am Thomaskirchhof überrascht unsere Weinwirtschaft mit frischem Konzept und einem kulinarischen Verwöhnprogramm. Genießen Sie leckere Kleinigkeiten, regionale Speisen und wunderbare Weine in gemütlicher und zwangloser Atmosphäre. Business Lunch Montag bis Freitag 12.00 bis 15.00 Uhr Weinhandel Sie sind auf der Suche nach einem besonderen Geschenk oder möchten Ihren Lieblingswein mit nach Hause nehmen? Weinwirtschaft im arcona LIVING BACH14 Thomaskirchhof 13/14 · 04109 Leipzig · Tel. +49 341 49614-606 Öffnungszeiten: täglich von 7.00 bis 24.00 Uhr
BACHmosphäre 2013 Francesco Tristano, Ausnahmepianist und Klassikstar der Techno-Szene, feiert Bachfest auf dem Leipziger Markt. Text: Bachfest Leipzig Bild: Bachfest Leipzig, Gert Mothes
Die Wohnsinfonie. Erleben Sie unser neues Boardinghaus arcona LIVING BACH14 in bester Leipziger Innenstadtlage. • 52 Apartments & Hotelzimmer, komfortabel und großzügig ausgestattet mit WLAN, Telefon- und Faxanschluss, DVD-Player, Flatscreen-TV, gemütlichen Sitzecken und teilweise mit Küchenzeile • Weinwirtschaft, LIVING Room (Wohnzimmer) • Sauna- und Fitnessbereich, Wasch- und Trockenraum Einzelzimmer ab 89,00 € pro Zimmer/Nacht Doppelzimmer ab 99,00 € pro Zimmer/Nacht Fragen Sie auch nach unseren attraktiven Arrangements. arcona LIVING BACH14 · Thomaskirchhof 13/14 · 04109 Leipzig Tel. +49 341 49614-0 · www.bach14.arcona.de
„BACHmosphäre“ spürt parallel zum Leipziger Bachfest ab dem 14. Juni 2013 jeder auf Straßen und Plätzen, in den Clubs und Cafés der Innenstadt. Auf der Open-Air-Bühne auf dem Markt sowie in zahlreichen Leipziger Clubs erklingt traditionell ein anspruchsvolles Programm aus Jazz, Rock und Pop, das die Konzerte in den Kirchen und Konzertsälen der Stadt auf unkonventionelle Weise ergänzt. Höhepunkt von „BACHmosphäre“ sind die großen Live-Acts täglich ab 21 Uhr auf der Open-Air-Bühne im Zentrum der Stadt, in diesem Jahr erstmals mit dem Klassikstar der Techno-Szene Francesco Tristano. Ausnahmepianist Tristano, der spielend sowohl Konzertsäle als auch die angesagten Clubs füllt, reist mit seinem Ensemble „Aufgang“ an und verspricht, am 15. Juni auf dem Leipziger Markt einen Bogen von brillanter Barockmusik bis zu New Electronica, Jazz und Techno zu spannen: Aufgang (re-)plays Bach! Weitere Open-Air-Highlights sind Konzerte mit der Chorakademie »b@ch für uns!« unter der Leitung von Bach-Medaillen-Träger Hermann Max, mit dem MDR-Chefdirigenten Kristjan Järvi, Simone Dinnerstein und dem Absolute Ensemble. Ein Besuch an allen drei Abenden lohnt, denn der Eintritt für die Open-Air-Veranstaltungen des Bachfestes ist ebenso wie für das anspruchsvolle Vorprogramm auf der Bühne mit Live-Musik und ausgesuchten Videoeinspielungen frei. Ermöglicht wird dieses Angebot durch das Engagement der Sparkasse Leipzig als Hauptförderer des Bachfestes. Leipzig feiert Bach, feiern Sie mit! www.bachmosphäre.de
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Klaus-Michael Bogdal erhielt den diesjährigen Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung für sein Buch „Europa erfindet die Zigeuner. Eine Geschichte von Faszination und Verachtung“.
Statistik und aristokratisches Prinzip Die Leipziger Buchmesse zwischen Literatur und Zahlen als Mantra, erratischen Listen, Kalkül, wahren Bestimmungen und einer richtigen Preisträger-Wahl. Autor: Steffen Georgi fotografie: Leipziger Messe GmbH, Stefan Hoyer / Suhrcamp Verlag
Wenn Erfolg sich in Zahlen bemisst, ist die Leipziger Buchmesse ein Erfolg. Und als ginge es dabei weniger um Literatur denn Statistik, reflektiert sich vor allem der Erfolg medial als alljährliches Mantra: So und so viel Verlage bieten so und so viel Publikationen, samt so und so viel Lesungen. Nicht zu vergessen, die so und so viel Besucher, die schließlich auch ein Erfolgsparameter sind. Wo nun in der Quantität die literarische Qualität zu entdecken ist, ist dann die Frage, die vorrangig das Feuilleton zu klären hat. Im Buchmessen-Vorfeld wurde da ja schon mal etwas moniert. Etwa über die Jury, die die Shortlist Belletristik für den diesjährigen Buchpreis verantwortete. „Erratisch“ sei diese Liste, was sich etwa Die Zeit damit erklärt: „Es ist das aristokratische Prinzip: Je klüger die Jury, desto exzentrischer ihrer Entscheidung.“ Exzentrisch also sei, dass Neuerscheinungen gestandener Autoren wie etwa Michael Köhlmeier oder Eva Menasse zu Gunsten von weitgehend Unbekannten (Ausnahme: David Wagners Roman „Leben“) übergangen wurden. Ein Umstand, den man indes statt mit Exzentrik auch mit Entdeckerlust seitens der Jury erklären könnte.
Kaum originell und exzentrisch schon gar nicht Sieht man allerdings genauer hin, schwächt sich der eine wie der andere Eindruck schnell ab. Verorten sich die in Frage kommenden Werke inhaltlich und formal doch allesamt im Reich der breiten Mitte. Was nicht zwangsläufig das der Mittelmäßigkeit sein muss. Doch ist die Nominierung eines Buches wie Birk Meinhardts „Brüder und Schwestern“ ganz sicher kein Akt der Exzentrik, nicht einmal einer der Originalität. Ein historisierender Familienroman in DDR-Folie gewickelt und derartig publikumskompatibel, dass man nicht viel riskiert, wenn man darauf wettet, dass der Schmöker bald zu seiner wahren Bestimmung gelangt. Zum TV-Event ins Öffentlich-Rechtliche. Mit Jan Josef Liefers in der Hautrolle. Schaut man dazu noch auf Ralf Dohrmanns „Kronhardt“ (wieder jüngere Vergangenheit als Familiengeschichte, diesmal allerdings in Westfolie) und auf Lisa Känzlers „Nachhinein“ (Schilderung einer neurotischen Kinderbeziehung im Tonfall eines mitunter doch arg bemühten Manierismus) ist von „aristokratischem Prinzip“ nicht viel spürbar. Originell immerhin die
Der Komiker, Regisseur und Autor Tommy Krappweis liest im Forum „buch aktuell“ (Halle 3) aus seinem neuen Buch „Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte“.
Wahl für Anna Weidenholzers „Der Winter tut den Fischen gut“ (eine Beobachtung über den im wahrsten Sinne leerlaufenden Alltag einer Arbeitslosen). Nichts zu monieren indes ist an der Verleihung des Buchpreises zur europäischen Verständigung an den Literaturwissenschaftler Klaus-Michael Bogdal. „Europa erfindet die Zigeuner. Eine Geschichte von Faszination und Verachtung“ heißt seine Studie, in der Bogdal die Diskriminierungsund Faszinationsgeschichte der Romavölker zur so differenzierten wie faktenreichen und lesenswerten Lektüre verdichtet.
© Goldener Spatz
© Rüstkammer, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Elke Estel_Hans-Peter Klut
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Aufrüstung Erweiterung der Präsentation der Rüstkammer im Residenzschloss in Dresden. Nicht die Größe des 57 m langen und 13 m breiten Saales verlieh ihm seinen Namen, sondern die ehemals auf den Pfeilern zwischen den Fenstern aufgemalten Riesen. Vor 460 Jahren wurde der das Dresdener Residenzschloss dominierende Riesensaal errichtet. Auf seinen über 700 m2 wurden Gäste repräsentativ empfangen und rauschende Feste gefeiert. Nach zahlreichen Umgestaltungen und fast 300-jähriger Schließung bzw. Umnutzung wird der Saal nun als ein Ort der Kunst- und Kulturgeschichte neugestaltet der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Rüstkammer Dresden präsentiert und inszeniert dort ihre kostbaren Prunkwaffen, Harnische und Kostüme des 15. bis 17. Jahrhunderts auf ganz großer Bühne und erweckt das Turnierwesen des 16. Jahrhunderts zu neuem Leben. Die Rüstkammer ist seit 1586 Teil des Museums, doch mit dem neuen Auftritt im Riesensaal zeigt sie sich nun von ihrer stärksten Seite. Fast 350 Objekte von wertvollen Waffen und Rüstungen bis hin zu lebensgroßen Reiterfiguren auf echt wirkenden Pferden aus Holz stellen die drei wichtigsten Turnierarten lebendig dar, die ursprünglich zur Vorbereitung auf den Kampf dienten und auch Teil des höfischen Zeremoniells wurden. CM www.skd.museum/de/museen-institutionen/ residenzschloss
Volles Programm für den altersgerechten Medienumgang Auf dem Medienfestival „Goldener Spatz“ üben sich Kinder und Jugendliche einmal mehr im Medienumgang. Kinder daddeln nur noch bei Videospielen vor sich hin oder verlieren sich anderweitig in virtuellen Räumen, lesen und schreiben vermögen sie nur noch wenige, zur Kurznachricht verdichtete Zeichen. So weit kann es mit dem Kulturpessimismus nicht sein, wie der Bewerberandrang für die Kinderjury des „Goldenen Spatzes“ zeigt. Hunderte waren es – mit einer selbst verfertigten Filmkritik! Medienkompetenz kann in einer Zeit, die durchvisualisiert und deren Wirklichkeit von vielfältigen Medien durchdrungen ist, nicht zu wenig erworben werden. Wie viel Schein im Sein liegt, gilt es genauso zu lernen wie den Moment zu genießen, wenn man unvermittelt der Welt auf dem Spielplatz begegnet. Ein Kompetenzzentrum für den Medienumgang ist das deutsche Kinder-Medien-Festival „Goldener Spatz“, das seit 1979 stattfindet. An sieben Tagen bietet es dieses Jahr in Gera und Erfurt ein volles Programm. Vom Kurzfilm bis zur Anima-
tion treten im Wettbewerb Filme und TVBeiträge gegeneinander an.In jeder Kategorie vergibt die Kinderjury einen „Goldenen Spatzen“. Die beiden Online-Jurys küren die beste Website und die beste TV-Website sowie das beste Online-Spiel. Und drei Mal wird der Spixel an die besten von Kindern gemachten Fernsehsendungen in den Bereichen Animation, Spielfilm und Dokumentation/Information gehen. Sehen lassen kann sich das medienpädagogische Programm. Sprachförderung und Medienkompetenz im Kindergarten etwa vermittelt das Projekt „Tabletop“, das Basteln und Zeichnen mit Fotografieren und Theaterspiel verbindet. Ältere Kinder können selbst das Filmedrehen erlernen. Weil nicht nur Kinder immer dazulernen, haben Pädagogen und Eltern die Möglichkeit, sich in Workshops fortzubilden. TR 26.–28.5. Gera, 29.5.–1.6. Erfurt, www.goldenerspatz.de
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Maja Chrenko, Alexander Gamnitzer und Albrecht Wagner bei den Proben zur Theatercollage „Ein einziges langes Donnergebrüll. Völkerschlacht. – Leben zwischen Pulverdampf und Freiheitsmythos“
Donnergebrüll zum Jubiläum Wie bringt man den Menschen heute die Völkerschlacht nahe? Die klassischen Mittel sind Bücher, Filme, Vorträge oder historische Gefechtsdarstellungen. 2013 wird es noch etwas anderes geben: Ein eigens zum Jubiläum verfasstes Theaterstück. Text: Dörthe Gromes Fotografie: Heimrich & Hannot
Das Stück „Ein einziges langes Donnergebrüll. Völkerschlacht – Leben zwischen Pulverdampf und Freiheitsmythos“ verarbeitet das Großereignis mit den Mitteln des Theaters. Und zwar ohne Komparsenregimenter und Kostümorigien, sondern einzig mit zwei Schauspielern – Maja Chrenko und Alexander Gamnitzer – in wechselnden Rollen und mit dem Musiker Albrecht Wagner. Sie werden eine Collage aus Theaterszenen, historischen Erlebnisberichten, Dokumenten und Musik aufführen. Es treten sowohl authentische als auch fiktive Personen auf, die ihre persönliche Sicht auf die Schlacht und ihre Folgen schildern. Da sind zum Beispiel drei Soldaten (ein Franzose, ein Sachse und ein Preuße), die das Geschehen unmittelbar am eigenen Leibe erleiden. Es werden Briefe von historischen Persönlichkeiten verlesen wie dem österreichischen Feldmarschall Karl Philipp zu Schwarzenberg oder dem Arzt Johann Christian Reil. Außerdem wird Theodor Apel den Zuschauer mit auf die Reise über die Schlachtfelder nehmen. Der Leipziger Schriftsteller stellte in den 1860er Jahren zum Gedenken an die Völkerschlacht die sogenannten Apelsteine auf. Zur Auflockerung werden Couplets und Gedichte vorgetragen und sogar das Völkerschlachtdenkmal selbst wird seine Stimme erheben. Gegenwartsbezug der Völkerschlacht „Die Menschen sollen spüren, wie viel die Völkerschlacht ihnen selbst zu erzählen hat. Dass Menschen wie wir sie durchlebten und durchlitten und dass die großen geschichtlichen Richtungsentscheidungen damals maßgeblich unser heutiges Europa prägen.“, erläutert Albrecht Wagner die Intention des Stückes. Wagner ist nicht nur als Musiker sondern auch als Autor und Journalist tätig.
Zusammen mit seiner Frau Maja Chrenko hat er das Stück bereits seit Ende 2011 entwickelt. „Wir interessieren uns beide sehr für geschichtliche Zusammenhänge“, erzählt er. „Dabei treibt uns immer die Frage um, warum es heute nun ist, wie es ist.“ Das Doppeljubiläumsjahr 2013, das 200 Jahre Völkerschlacht und 100 Jahre Völkerschlachtdenkmal feiert, sei daher ein idealer Anlass gewesen, Geschichtsinteresse und Beruf miteinander zu verbinden. Es ist nur folgerichtig, dass das Stück an Orten mit historischem Bezug aufgeführt wird. Die Premiere findet am 25. Mai in der Krypta des Völkerschlachtdenkmals statt, weitere Aufführungen wird es unter anderem in der Alten Handelsbörse, im AsisiPanometer und in der Bergkirche Beucha geben. Zahlreiche Helfer Der Leipziger Geschichtsverein hat das Stück seit seiner Entstehung begleitet. Durch die Vermittlung der Kulturpaten übernahm die Werbeagentur Heimrich & Hannot unentgeltlich Layout und Pressearbeit für das Projekt. Auch einige andere Firmen und viele engagierte Bürger halfen. „Es ist eine große Freude und Ermutigung zu erleben, wie groß das Interesse der Menschen an dem Thema und an ihrer Geschichte ist und mit wie viel Ideen, Einsatz und Begeisterung sie sich einbringen“, kommentiert Albrecht Wagner diese große Unterstützung. „Wir haben viele Leute angesprochen und jetzt entsteht daraus umgekehrt das Gefühl, als würde die ganze Stadt mitarbeiten.“ www.donnergebruell.de
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A ufbruch © Nolde Stiftung Seebüll
Mike & The Mechanics © T.S.O.M. – The Sound of Music
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Kraft der Farbe
Händels Open
Emil Nolde und Max Sauerlandt sorgten in Halle für den Aufbruch in die Moderne.
Das Festival „Händels Open 2013“ eröffnet im Mai auf dem halleschen Hallmarkt seine Kulturarena.
Vor hundert Jahren machte eine öffentliche Diskussion über den Ankauf moderner Kunst Emil Nolde als Erneuerer der Kunst und den hallensischen Museumsdirektor Max Sauerlandt als Wegbereiter der Moderne bekannt. Sauerlandt stritt sich dabei mit Wilhelm von Bode, Generaldirektor der Berliner Museen, ob sich ein religiöses Gemälde in so neuer, radikaler Bildsprache wie das Schlüsselwerk „Abendmahl“ des expressionistischen Malers Nolde von 1909 zum Ankauf durch das Museum eigne. Zum Jubiläum widmet die Stiftung Moritzburg nun Emil Nolde und dem Museum selbst eine Hommage mit dem Titel „Farben heiß und heilig“, die das Schaffen des Künstlers an einem radikalen Wendepunkt vorstellt. In der Zeit von 1908 und 1918 konzentrierte sich Nolde ganz auf den Umgang mit der reinen Farbe und fand so zu seinem eigenen, expressiven Ausdruck. Im Zentrum stehen drei seiner großen Themen: Die leuchtenden Gartenbilder, die religiösen Gemälde und die exotischen Südseebilder. Das Sammlungskonzept des Museums und die überstandenen Turbulenzen zweier Kunstdiktaturen werden ganzjährig in einem Veranstaltungsprogramm, bestehend aus einem Kolloquium, zusätzlichen Sonderpräsentationen, Themenführungen und museumspädagogische Aktionen, beleuchtet. CM
Zum 19. Mal findet das Festival „Händels Open“ auf dem halleschen Hallmarkt statt und präsentiert sich wie in den vergangenen Jahren in einer spannenden Vielfalt seinem Publikum. Es startet am 22. Mai mit der Hommage an den King of Soul: The Barry White Show von Pleasure Unlimited Orchestra feat. SIRE. Stargäste sind am Folgetag Mike & the Mechanics. Es ist das musikalische Projekt des britischen Songschreibers und Genesis-Gitarristen Mike Rutherford. Das auf Grund des Todes von Sänger Paul Young mit einem Bandneustart verbundene Album „The Road“ ist wie alle Alben zuvor in den Songs und im Sound geprägt von Mike Rutherfords Musikverständnis, das natürlich immer auch einen Touch Genesis besitzt. Der 24. Mai ist für ein Konzert mit dem italienischen Künstler Angelo Branduardi reserviert. „Mit einem Aussehen, das jedem Friseur Angst einflößt, mit seiner evokativen Stimme und Musik, mit antiken Instrumenten und magischen Geschichten über Natur und Legenden hat sich Angelo Branduardi seit der Mitte der 70er Jahre einen Namen gemacht“, fasst der italienische Geiger und Sänger treffend seine Karriere zusammen. Ein Höhepunkt des Festivals ist die Aufführung der dreiteiligen szenischen Kantate „Carmina Burana” von Carl Orff mit der Staatskapelle Halle, dem Chor und Solisten der Oper Halle am Samstag, den 25. Mai. Das Werk wird unter der Leitung des 1. Kapellmeisters der Oper Halle, An-
www.kunstmuseum-moritzburg.de
dreas Henning in der Originalfassung aufgeführt. „Carmina Burana” gehört zu den populärsten Stücken der ernsten Musik des 20. Jahrhunderts. Sie beruht auf einer Liedersammlung aus dem 13. Jahrhundert. Am nächsten Vormittag folgt Liedermacher Gerhard Schöne mit seinen schönsten und neusten Liedern für Kinder und ihre Eltern im Gepäck. Der Abend dieses Tages gehört Santiano. Das Musikereignis, dessen Erfolgsstory auch Insider der Branche völlig überrascht hat. Ihr Debütalbum „Bis ans Ende der Welt“ ((so auch der Titel des Konzertabends), das im Februar 2012 erschien und sich sofort auf Platz 1 der Album Charts platzierte, brachte eine fast vergessene Liedform, das Shanty, wieder ins Blickfeld des Publikums. Die vier Sänger (Björn Both, Peter David Sage, Hans-Timm Hinrichsen & Axel Stosberg) und ihre Band sorgen mit der genialen Kombination verschiedener Musikgenres für einen eigenständigen Sound und volle Konzertsäle. Für das klassische Rockpublikum folgt am 27. Mai Barclay James Harvest feat. Les Holroyd. Ihr musikalisches Markenzeichen sind schwermütige Rock-Etüden, ornamentiert von esoterischen Sphärenklängen. Im Mittelpunkt steht noch immer Sänger, Bassist und Gründungsmitglied Les Holroyd. Hits wie „Hymn“, „Mockingbird“, „Life is for living“ oder „Berlin“ sind heute längst zu Klassikern der Rockgeschichte geworden. UH
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MUSIKFEST
Kultur 91
Da, Wo die Musik bläst
Digitalradio kann mehr
Weltgewandt und klangstark
In Chemnitz trifft sich die Blechblaswelt auf dem Deutschen Musikfest.
Der MDR verbreitet seine Hörfunkprogramme im neuen Digitalradio.
Ensembles von Welt und großartige Nachwuchsgruppen zu Gast.
Nicht Rock am Ring, nicht Wacken-OpenAir. Fragt man nach dem größten Musikfestival Deutschlands, dann lautet die Antwort: das Deutsche Musikfest. Rund 15.000 teilnehmende Musiker zählt es, etwa 150.000 Besucher kommen hier aus dem gesamten Bundesgebiet und dem Ausland zusammen. Das seit 1989 alle sechs Jahre stattfindende Blasmusik-Festival weilt im Mai in Chemnitz – das erste Mal in den neuen Bundesländern. Auf dem Fest wird von Spielleuten und Blasorchestern die aktive Vereinsarbeit zelebriert, der gemeinsame Austausch ist ein erklärtes Ziel. Die Bandbreite der aufspielenden Musikensembles reicht von traditioneller Marsch- und Volksmusik über Klassik und Sinfonische Bläsermusik bis hin zu modernen Besetzungen in Jazz und Pop. Die Orchester schotten sich nicht ab, sondern suchen im Gegenteil das Publikum. Das hat auf diese Weise eine seltene Möglichkeit, in einem musikalischen Rundumschlag die Lebendigkeit und Verschiedenheit der deutschen Blasmusik zu erleben. Zudem können die Zuschauer die Meisterschaft in der Marschmusikwertung und in den Showwettbewerben: 20 Vereine messen sich in ihren Marschdarbietungen auf dem Theaterplatz. PR
Mit der digitalen Übertragungstechnik DAB+ steht ein leistungsfähiges Verfahren für die digital-terrestrische Verbreitung von Hörfunk zur Verfügung, das sich durch exzellente Qualität auszeichnet und eine höhere Programmvielfalt und Zusatzdienste ermöglicht. Für das Frühjahr 2013 ist mit den Senderstandorten Löbau (Lausitz), Chemnitz und Inselsberg der weitere Ausbau des Digitalradio-Sendernetzes geplant. Damit werden bis Mitte des Jahres 80 Prozent der Fläche Mitteldeutschlands mobil versorgt sein und 60 Prozent der Einwohner können zu Hause Digitalradio empfangen. Neben dem ausschließlich über DAB+verbreiteten Programm MDR KLASSIK profitieren besonders die Programme MDR INFO und MDR SPUTNIK von dem neuen Verbreitungsweg. Trotz der nur in SachsenAnhalt bestehenden und nicht flächendeckenden UKW-Verbreitung zeichnet sich ab, dass die Hörer schon jetzt nach anderen Wegen suchen, um das Radioangebot des MDR zu empfangen – zum Beispiel über Digitalradio. Zum Empfang der Digitalradio-Programme braucht man ein DAB+-fähiges Radiogerät. Die Geräte sind einfach zu bedienen. Auf dem Geräte-Display werden die Programme automatisch aufgelistet, die Frequenzsuche entfällt. Empfänger in allen Preiskategorien gibt es im Handel. KG
Ob Renaissancemadrigal oder Popsong, Vocal Jazz oder alte Weisen – wer Gesang liebt, findet beim Leipziger Vokalmusikfestival „a cappella“ immer etwas für seinen Geschmack und kann darüber hinaus jedes Mal Neues entdecken. Das Programm umfasst elf Konzerte mit neun Ensembles und reicht vom faszinierenden exotischen Obertongesang aus dem zentralasiatischen Tuwa über einzigartig dargebotene Alte Musik bis zum modernen Mix von A-cappella-Pop mit elektronischer Musik. Neben etablierten Vokalensembles wie Naturally 7, dem Orlando Consort und den Gastgebern amarcord – jüngst mit dem International Classical Music Award ausgezeichnet – steht „a cappella“ 2013 auch im Zeichen aufstrebender Nachwuchsgruppen: Drei der diesjährigen Ensembles haben bereits Preise beim festivalbegleitenden Internationalen A-cappella-Wettbewerb Leipzig geholt, darunter die jungen Leipzigerinnen Sjaella und die Kulturbotschafterinnen aus Lettland, Latvian Voices. Mit Teilnehmern u.a. aus Deutschland, Osteuropa und Georgien bereichert der diesjährige Wettbewerb eine Konzertwoche, die Gesang aus über 600 Jahren und quer durch alle Genres bietet. FM
Deutsches Musikfest Chemnitz 2013, 9.–12.5., www.deutsches-musikfest.de
www.mdr.de/digitalradio
14. Internationales Festival für Vokalmusik „a cappella“ Leipzig, 25. Mai–2. Juni 2013 7. Internationaler A CAPPELLA Wettbewerb Leipzig, 30. Mai–2. Juni 2013 www.a-cappella-festival.de
92 Kultur RegJo
BILD: Chursächsische Philharmonie
BILD: Saltimbanques, Köthen Kultur und Marketing GmbH
B ar o ck
A usnahm e künstl e r
Klassisches Festival
Varietéspektakel
Anspruchsvolles und abwechslungsreiches Veranstaltungsangebot in Sachen Schumann und Wagner: Vom 2. bis 23. Juni gibt Zwickau den Künstlern die Ehre.
In Köthen erhält die Zeit des Barocks einen ganz neuen Anstrich.
Die Stadt Zwickau feiert in jedem Frühling das Lebenswerk und musikalische Schaffen des Komponisten Robert Schumann. Anlässlich des Richard Wagner-Jubiläums findet es dieses Jahr unter dem Motto „Schumann und Wagner“ statt. In einem vielseitigen Programm wird das kollegiale Verhältnis dieser beiden großartigen Musiker in den Vordergrund gerückt und in einem breitgefächerten Spektrum wiedergegeben. Dazu zählen: Opern- und Theaterstücke, Ausstellungen, Kammermusik, Kinderveranstaltungen und vor allem Orchesterkonzerte, unter anderem vorgetragen von der Chursächsischen Philharmonie. Besonderes Glanzstück des Festivals 2013 bildet dabei die Uraufführung des bisher unbekannten 3. Satzes von Schumanns Jugend-Sinfonie g-Moll, auch Zwickauer Sinfonie genannt. Aus unveröffentlichten Handschriften rekonstruiert, wird diese nun auf Originalinstrumenten aus dem 19. Jahrhundert erklingen – passenderweise in Zwickau. Die Korrespondenz von Richard Wagner und Robert Schumann begann in den 1830ern und fand ihren Höhepunkt in den gemeinsamen Dresdner Jahren 1844 bis
1849, in denen Wagners „Tannhäuser“ und Schumanns „Genoveva“ entstanden. Das Schumann-Fest 2013 wird nun die Werke beider Komponisten in ihrer Individualität und Ideenvielfalt gegenüberstellen. Im Vordergrund werden dabei vor allem die Werke Schumanns stehen, für die belegbar ist, dass Wagner Kenntnis von ihnen hatte, wie das Klavierquintett EsDur, die Nachtstücke und die Heine-Ballade „Die Grenadiere“. Weitere Besonderheiten sind: die Papiertheater-Inszenierung von Schumanns einziger Oper „Genoveva“, ein von Heinrich Enke komponiertes Potpourri über deren Motive und natürlich die Verleihung des Robert-Schumann-Preises der Stadt Zwickau am 8. Juni, dem 203. Geburtstag des romantischen Komponisten. Ebenso werden auch Wagners Klavierkonzerte und Opernstücke eine wichtige Rolle einnehmen. Für Musikliebhaber ist Zwickau also auch in diesem Jahr die perfekte Adresse, um das Schaffen zweier, miteinander verbundener Ausnahmekünstler zu erleben und zu genießen. AB
Artistik der internationalen Spitzenklasse, das erwartet jeden, der vom 6. bis zum 15. September in Köthen das Veranstaltungszentrum aufsucht. Zu viele positive Stimmen von Besuchern und Kritikern wurden laut, dass es nach „La Cour – ein königliches Varietéspektakel“ unbedingt eine Wiederholung geben müsse. „Les Saltimbanques“ heißt das neue Stück, das von Stephan Masur inszeniert wird, erfolgreicher Produzent des Varietéspektakels in Köln und Bonn. Im Mittelpunkt steht einmal mehr Monsieur La Comte, jener exzentrische Adelige, der das Publikum sowohl mit Ironie und Witz als auch Arroganz und etwas Bissigkeit in seinen Bann zieht. Die einzelnen Auftritte sind durch eine Handlung und verschiedene Spielszenen miteinander verwoben, wobei junge und erfahrene Artisten aus aller Welt für Begeisterung sorgen werden. Diese Reise in den Barock, gepaart mit meisterhafter Akrobatik, lässt eine neue Art des Varietés entstehen, die eine einzigartige Atmosphäre schafft und so jeden Besucher verzaubert AB
www.schumannzwickau.de
www.varietespektakel.de
regjo LEIPZIG/HALLE
Im RampenlIcht
kunstmuseum des landes sachsen-anhalt | halle
21. April —28. Juli 2013
Rubrik 93
Emil NoldE
FArben heiSS und heilig
Stiftung Moritzburg | Friedemann-Bach-Platz 5 | 06108 Halle (Saale) Öffnungszeiten: Di 10 –19 Uhr, Mi –So und an Feiertagen 10 –18 Uhr www. kunstmuseum-moritzburg.de | © Nolde Stiftung Seebüll
Richard Wagner · Max Klinger · Karl May
WELTEN SCHÖPFER mit Räumen von
rosalie
Wir stellen unser Können nicht in den Schatten sondern mitten in die Stadt. Damit Leipzig schöner wird.
* Clemens Meyer Uwe-Karsten Günther
sowie Falk Haberkorn, Günther Meyer* und David Timm
16. Mai bis 15. September 2013
www.mdbk.de KSW GmbH I Karl-Heine-Straße 2 I 04229 Leipzig Telefon: 0341-989980-00 I Fax: 0341-989980-99 E-Mail: info@ksw-leipzig.de I www.ksw-leipzig.de
MAXIMILIAN SPECK VON STERNBURG STIFTUNG FÖRDERER DES MUSEUMS DER BILDENDEN KÜNSTE E. V. FREUNDESKREIS MAX KLINGER E. V. rosalie, CHROMA_LUX, 2009, ZKM Karlsruhe, Foto: Thomas Jürgens
94 Kultur RegJo
M ari o B i e R e nd e , p e rsp e ktiv e , 2 0 1 0
L utz - rain e r müll e r , y o u o nly ( . . . ) , 2 0 1 0
C hr . B e r g mann , R A g azz e , 2 0 1 1 ( A uss . )
Konstrukt
Die letzte Reise
Quintessenz
Von der Verwandlung eines zweidimensionalen Abbildes zum Objekt.
Das Haus, ursprünglich das ewige Refugium, muss dem Anlageobjekt weichen.
„Wenn man das Existenzielle im Banalsten entdeckt, entsteht Magie.“
Die geometrische Ordnung der Perspektive erscheint Mario BieRende als künstliches Konstrukt und Instrument absoluter, wissenschaftlicher Wahrheit, das einen technoiden Wirklichkeitsanspruch postuliert und diesen über die eigene, natürliche Wahrnehmung stellt. In der Arbeit „Perspektive“ versucht der Künstler, die der Perspektivzeichnung immanente Ordnung und Überschaubarkeit durch eine dreidimensionale Bearbeitung ihrer Linienstruktur zu untergraben. Hierzu schnitt BieRende aus einem flachen Bogen Tonpapier die Perspektivzeichnung aus und verformte diese. Durch die Eigenspannung des Papiers hebt sich das entstandene Objekt vom flachen Untergrund ab und eine Verschmelzung der Zweidimensionalität der Grafik und der Dreidimensionalität des Papierobjekts tritt ein. Auf den ersten Blick scheint der Betrachter eine Zeichnung zu sehen, bei genauerer Betrachtung erkennt er jedoch ein Objekt, welches als Relief in den Raum hineinragt. Mario BieRende, 1976 geboren in 2005 Studium Freie Quedlinburg, 1999– Kunst, Bauhaus-Universität Weimar. CM
Lutz-Rainer Müller ließ 2010 gemeinsam mit Stian Ådlandsvik ein Haus seine letzte Reise antreten. Den Ursprung hatte das zweiteilige Konzept der beiden Künstler „You only tell me that you love me when you‘re drunk“ in der Beschäfitgung mit einem Haus bei Bergen, welches einem gewinnträchtigem Neubau weichen sollte. Sie bauten ein exaktes Modell im Größenverhältnis 1:27 und verschickten es absichtlich schlecht verpackt an Bekannte in Beijing, Sidney, New York und Paris. Der durch den gewollt unachtsamen Transport entstandene Schaden wurde bei Heimkehr auf das tatsächliche Haus als temporäre Großplastik übertragen. In einer parallelen Ausstellung im Hordaland Art Centre zeigten die Künstler Einzelteile des Hauses, deren plastische Qualitäten durch die Zerstörung des Originalhauses entstanden waren, und eine überdimensionierte Brille aus Hausresten. Lutz-Rainer Müller, 1977 geboren in Neustadt, 1999–2005 Muthesius Kunsthochschule, Kiel, 2004–2006 National Art Academy, Oslo, seit 2007 freischaffend in Leipzig. CM
Der Ausgangspunkt für ihre meist großformatigen Arbeiten sind gefundene Fotos ihr unbekannter Menschen. Die stark farbigen, alltäglichen Familiensituationen oder politischen Szenen transportieren in der Übersetzung der Künstlerin jedoch stets das Wesentliche – das ewig Menschliche. Dieses Verborgene ist für sie gerade mit der Malerei besonders gut sichtbar zu machen. „Magie ist die Quintessenz des Kunstwerks“, findet Christine Bergmann. Doch die Künstlerin ist auch architekturbezogen künstlerisch tätig und schmückte so beispielsweise die öffentlichen Bereiche des Landeshauptarchivs in Magdeburg mit Wandmalereien und mit einem Buchstabenzaun sowie Glasstelen im Außenbereich. Christine Bergmann, 1976 geboren in Dessau,1996–03 Studium an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, zunächst Malerei, dann Fachklasse Malerei/ Textile Künste, 2003 Diplom der bildenden Kunst, seither freiberuflich tätig, seit 2001 Realisierung von 14 Projekten architekturbezogener Kunst, seit 2012 Lehrauftrag an der Burg Giebichenstein. CM
Weitere Informationen zu Mario BieRende finden Sie unter www.atelierbierende.de.
Weitere Informationen zu L.-R. Müller finden Sie unter www.lutzrainermueller.com.
Weitere Informationen zu Christine Bergmann finden Sie unter www.christinebergmann.com.
regjo
Kultur 95
B ilk e nr o th , A m j ä g e rpark 5 7 , 2 0 0 8
H o chst e in , D e r G o tt d e r S Tadt, 2 0 1 3
A nna N E R O , W urstmann , 2 0 1 2
Spiegelungen
Baal
Material
Der magische Augenblick zwischen Plattenbau und Ententeich.
Eilt sehr, eilt sehr steht da geschrieben und schon drehen sich die Derwische.
„Für mich spielen Begriffe wie abstrakt oder gegenständlich kaum eine Rolle.“
Eigentlich sind es alltägliche Dinge, die Beate Bilkenroth uns vor Augen führt. Doch durch die Art der Darstellung werden die Gegenstände, Häuser, Menschen, Tiere, Landschaften dem Alltag und der Banalität enthoben. Durch die Verzerrung, die Unschärfe, bekommen die Dinge ein Eigenleben, eine Seele und werden aus ihrem Kontext gelöst, um sich ihrer ganz eigenen Bestimmung zu ermächtigen. Selbst der Wohnblock, der eigentlich saniert werden müsste, wird zur magischen Verheißung. Alles existiert parallel, das Hässliche ist hässlich und schön zugleich. Der Fisch ist Gefangener des Aquariums und gleichzeitig Bewohner einer Welt mit anderen Gesetzen, in die nur er gehört und vor der wir außen vor bleiben. Die Enten lachen nicht und doch erquicken sie sich an ihrem Enten-Dasein derart, dass man meinem könnte ihr Lachen beim Baden zu hören. Beate Bilkenroth, geboren 1972 in Dresden, 1996–2003 Studium an der HBK Braunschweig bei Thomas Huber, Norbert Schwontkowski und Walter Dahn, lebt und arbeitet in Dresden. EN
Der 40 Zeichnungen umfassende Zyklus „Der Gott der Stadt“ geht auf das gleichnamige Gedicht von Georg Heym zurück. Die expressionistisch-poetische Beschreibung der Großstadt, von der Abenddämmerung bis zum Morgengrauen, wird von Katja Hochstein in dynamische, vielschichtige Bilder übersetzt. Nicht nur das telegrammartige „eilt sehr“ und die rotierenden Derwische lassen Fahrt aufnehmen. Die aktuelle Zeitungsmeldung ist morgen schon veraltet und kein Hahn kräht mehr danach. Und trotzdem drehen sich die Derwische weiter, um sich selbst, um ihre eigene Achse. Es geht von vorne los, der Kampf des Lebens, der Selbstfindung, der Jobsuche, der Wohnungssuche und wieder von vorne, als ständiges, sich selbst neu erfindendes, nicht stillstehendes Chaos. Und trotzdem gibt minus und minus plus und die Erde dreht sich seit Kopernikus um die Sonne. Katja Hochstein, geboren 1975 in Weimar, 1996–2003 Studium der Freien Kunst an der Bauhaus-Universität, 2010–2012 Masterstudium an der HFBK Hamburg, lebt und arbeitet in Ballstedt bei Weimar. EN
Erinnerungsfetzen, ein Plattencover, Werbung, Verpackungsmaterial. Was ist es eigentlich, was wir da so täglich sehen, ohne es wahrzunehmen? Gasrohre, eine Papppalme in einem Reisebüro, Nippes, wir blenden es zwar aus, aber speichern es trotzdem. Dass wir es gespeichert haben, wird uns bei Anna Neros Bildern klar. Sie zeigen Fundstücke unserer Konsum- und Freizeitkultur, die uns zwar vertraut sind, uns in ihrer aus dem normalen Sinnkontext herausgehobenen Darstellung jedoch befremden. Anna Neros Bildgegenstände sind frei, irgendwie müssen sie nicht, nicht mit sich und auch nicht mit dem Betrachter. Sie haben sogar die Freiheit abstrakt, halb-abstrakt oder doch lieber figürlich zu sein. Und sind eigentlich surreale Figuren abstrakt oder schlicht ein malerischer Bastard. „Die Malerei bietet mir die Möglichkeit, unmögliche Räume zu konstruieren, die sich den Gesetzten von Parallelperspektive entziehen“, so die Künstlerin über ihre Arbeit. Anna Nero, 1988 geboren in Moskau, 2009–2012 Studium an der Kunsthochschule Mainz bei Anne Berning, seit 2012 Studium an der HGB Leipzig bei Ingo Meller. EN
Weitere Informationen zu Beate Bilkenroth finden Sie unter www.b-bilkenroth.de.
Weitere Informationen zu Katja Hochstein finden Sie unter www.katja-hochstein.de.
Weitere Informationen zu Anna Nero finden Sie unter www.annanero.com.
96 Kultur RegJo
Flanieren im Panoptikum – die etwas andere Heimatkunde Text: Steffen Georgi Cover: Salier Verlag
Eine Welt ohne Thüringen? Undenkbar! Es würde so einiges fehlen, wie jetzt der Autor Tobias Prüwer, ein Thüringer im Leipziger Exil, in einer Beweisführung darlegt. Die kommt als essayistische Sammlung daher und heißt „Thüringen – ein Panoptikum“. Selbiges durchwandert Prüwer mit dem Schritt des Flaneurs, die Gedanken dabei hübsch schweifen lassend. Gern von der Vergangenheit in die Gegenwart; hin zu Obskurem, hinüber zu volkstümlich Deftigem und hinauf in geistesgeschichtliche Reflektionen. Zum Exkurs über Schiller in Jena gesellt sich einer über „Kuschelklöße“, zur Erkundung über den Mystizismus Meister Eckharts eine Abhandlung über den Mythos von Prinz Alberts Penis-Piercing. Ja, man staunt, was Thüringen alles hergibt. Und darf sich freuen an der liebevoll ironischen Art, mit der der Autor eine Heimat als Panoptikum portraitiert. Thüringen – ein Panoptikum Tobias Prüwer Salier Verlag Leipzig 2013 352 Seiten 18,00 € Tobias Prüwer ist Autor bei REGJO. Weitere Informationen: www.salierverlag.de
Potenzierte Poesie vom Außenseiterposten Text: Steffen Georgi Cover: edition AZUR
Wenn, wie Robert Schumann schrieb, Musik die höhere Potenz der Poesie ist, dann ist dieses Buch Musik. Eine Sinfonie in sechs Sätzen und im austarierten Wechsel zwischen orchestraler Wucht und kammermusikalischer Feinheit. Ein Glanzstück literarischer Komposition und von jener intellektuellen und poetischen Eigensinnigkeit, die vom großteilig in Fadheit genormten Gedudel des Gegenwartsliteraturbetriebes mit fataler Zwangsläufigkeit auf den Außenseiterposten verbannt wird. Auf dem arbeitet sich der 1965 geborene Autor Thomas Kunst seit jeher ab. Woran weder euphorische Besprechungen von Deutschlandfunk bis FAZ noch das inzwischen 14 Bände umfassende Gesamtwerk etwas änderten. Ob das jetzt mit „Die Arbeiterin auf dem Eis“ anders wird, bleibt abzuwarten. Mehr als nur verdient hätte es dieses Buch, das in sechs Kapiteln Gedichte und Briefe zu einem Kosmos verschmilzt, in dem die Wirklichkeit sich irrlichternd in Poesie komprimiert. Es geht um Liebe und Literatur, Ameisen in Palästina, Coyoten in Tucson haben große Auftritte, die Wut über „blutleere Gedichtattrappen“ bricht sich Bahn, Größenwahn zeigt sich als „verwildertes Selbstbewusstsein“, Venedig wird im Waschbecken erbaut oder sich frei jeglicher Folklore der grotesken Situation einer Schriftstellerexistenz in der DDR erinnert. All das: Sprachmusik, potenzierte Poesie – und der große literarische Wurf eines kleinen Verlages. Die Arbeiterin auf dem Eis. Gedichte und Briefe Thomas Kunst Edition Azur Dresden 2013 136 Seiten 22,00 € Weitere Informationen: www. edition-azur.de
regjo
Außenseiter – Spitzenreiter? Text: Tobias Prüwer Cover: Mitteldeutscher Verlag
Tief im Osten? Auch mehr als 20 Jahre nach dem Mauerfall ebben die Ossi-Wessi-Diskussionen nicht ab. Der Osten ist offensichtlich noch immer eine Himmelsrichtung mit besonderer Bedeutung, wie das Buch Leipziger Politikwissenschaftler andeutet: „Der ‚Ossi‘. Mikrostudien über einen symbolischen Ausländer“: „‚Ostdeutsche‘ gelten je nach Konjunktur sozialer und politischer Probleme als besonders umbruchserfahren, änderungsresistent oder rechtsradikal.“ Ohne weinerlichen Ton – man will dem Klischee des „Jammer-Ossis“ keinesfalls entsprechen – analysieren die Beiträge das Bild der Ostdeutschen durch die Brille des Westens. Dabei legen sie vom Töpfchensitzen als rechtsradikale Einstellungen erzeugend bis zum faulen Transferleistungsbezieher eine beeindruckende Liste des Ressentiments vor. Daneben wird im Band auch gezeigt, wie sich die Ostdeutschen selbst unter dieser Beschreibung verändert haben. So erscheinen sie auch als Avantgarde, die jene Krisen und Verluste bereits hinter sich hat, die den Westen erst in den vergangen Jahren überfallen haben. Der „Ossi“: Mikropolitische Studien über einen symbolischen Ausländer Rebecca Pates (Hg.) Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 238 Seiten 34,99 € Weitere Informationen: www.springer.com
Kultur 97
Verehrt und angespien Text: Tobias Prüwer Cover: Beck
Richard Wagners Leben war von großer Dramatik. Noch bewegter allerdings sollte sich sein Nachwirken gestalten. Wohl kein anderer Künstler, ein Komponist schon gar nicht, hat im Deutschland des 20. Jahrhunderts die Gemüter so gespalten wie der „Ring“-Schmied, hatte solch große politischen und gesellschaftlichen Einflüsse. Mag der Streit um Wagner etwas abgeebbt sein, geendet hat er auch im Wagner-Jahr nicht. Den verschiedenen Strängen von Wagners Nachwirken geht der Historiker Sven Oliver Müller in „Richard Wagner und die Deutschen“ nach. Sehr gut informiert schreitet er die wesentlichen Stationen der widersprüchlichen Rezeptionsgeschichte ab. Auf verständliche Weise wird auch der Mythos Wagner sichtbar, dessen Arbeit am großen Gefühl wie Chauvinismus. Sachlich, ohne Zeigefinger oder Verbrüderung, schildert Müller dieses deutsche Drama und liefert somit einen vortrefflichen Kommentar zum Jubiläumsjahr. Richard Wagner und die Deutschen. Eine Geschichte von Hass und Hingabe Sven Oliver Müller C.H. Beck München 2013 320 Seiten 22,95 € Weitere Informationen: www.chbeck.de
B O X
DER EWIGE WANDERER
HENRY VAN DE VELDE IN JENA
GEMÄLDE · ZEICHNUNGEN · PLASTIKEN · DRUCKGRAFIK · ENTWÜRFE · BÜCHER
10. MÄRZ – 26. MAI 2013 KUNSTSAMMLUNG JENA Markt 7 · Jena · www.kunstsammlung.jena.de Di, Mi, Fr 10 – 17 Uhr · Do 11 – 22 Uhr · Sa, So 11 – 18 Uhr
Leidenschaft, Funktion und Schönheit
Henry van de Velde und sein Beitrag zur europäischen Moderne
24. März bis 23. Juni 2013 |Neues Museum Weimar www.klassik-stiftung.de/vandeVelde
Henry van de Velde, Sechsarmiger Kandelaber, Detail, 1898/99, Musées royaux d’Art et d’Histoire, Brüssel © VG Bild-Kunst, Bonn 2013
regjo
Kultur 99
Auf Luthers Spuren Am 22. März werden die historischen Weinstuben in Auerbachs Keller wiedereröffnet. Im Zeichen der Lutherdekade laden dort Das geheime Treffen Gemälde zu einer reformatorischen Entdeckungsreise in die Zeit des 16. Jahrhunderts. Heinrich Stromer von Auerbach und Martin Luther am Abend des 3. Dezembers 1521
Text: Anja Bonitz
Foto: Auerbachs Keller
Volker Pohlenz, 2011
Auerbachs Keller gehörte schon lange vor Goethes Zeiten zu Leipzigs beliebtesten Weinlokalen und war europaweit bekannt. Was Luther mit Leipzig und Auerbachs Keller verbindet, präsentiert ab 22. März ein Rundgang in den wiedereröffneten Weinstuben, die um einige Gemälde und Objekte zu Stationen des Reformators erweitert wurden. Der Rundgang beginnt am Bild Grimmaisches Tor, das zu jener Zeit durchqueren musste, wer in die Stadt gelangen wollte. Luther kam im Juni 1519 „mit magerem Leib, durch Sorgen und Studien abgezehrt“ mit drei Kollegen von der Universität Wittenberg zum Zwecke der Disputation, die auf der Leipziger Pleißenburg stattfand. Er genoss wenig Achtung bei der Mehrheit der Leipziger Bürger und sagte Jahre später dazu bei einem Tischgespräch: „Leipzig ist wie Sodom und Gomorra. Mit Hurerei und Wucher überschüttet, darum kann’s ihnen nicht wohl ergehen. Oh Leipzig, du bist ein böser Wurm.“ Gastfreundschaft bei Doktor Auerbach Einer seiner Zuhörer war damals der Arzt Heinrich Stromer von Auerbach, der in seinem Keller Wein an die Studenten ausschenken ließ. Dies war eine medizinisch begründete Vorsichtsmaßnahme, weil Wasser damals vor allem in Bezug auf die Pest ein hohes Infektionsrisiko barg. „Die Leipziger haben uns in der Tat weder gegrüßt noch besucht und uns wie die verhasstesten Feinde behandelt: Doch luden uns Doktor Auerbach, ein Mann von sehr scharfem Urteil, und Ordinarius Pistorius der Jüngere ein.“ Daraus muss sich eine Freundschaft ergeben haben, die in dem Bildnis „Das geheime Treffen“ von Volker Pohlenz Ausdruck findet. Hierauf ist Martin Luther zu sehen, inkognito als Junker Jörg unter-
wegs, am Tisch sitzend mit Auerbach, der ihm in diesen schweren Zeiten Unterschlupf bot. Volker Pohlenz, deutscher Maler, hat sich gründlich in die Materie und die Umstände des Themas eingearbeitet und 2011 dieses Gemälde geschaffen. Gott, Teufel und Lutherbibel Dass auch der Alchemist Faust ein Zeitgenosse der beiden war, wird im Goethezimmer mit Bildern von Andreas Bretschneider und seiner mittelalterlichen Auffassung von Gott und Teufel belegt. Auch Goethe sah diese, als er während seines Studiums in Auerbachs Keller weilte. Im Fasskeller schließlich, in dem die Kellerszene in seinem „Faust“ angesiedelt sein soll, wird das Rattenlied gesungen, das Luther als mit Fett und Butter gemästeten Doktor beschreibt. Außerdem befinden sich in den historischen Weinstuben die Luther-Bibel, eine Luther-Statue und Wandvitrinen mit dem Wappen von Auerbachs und Luthers Rose. Wer sich darüber hinaus für das Leben Luthers und die Stationen der Reformation interessiert, dem sei eine geführte Tagestour zum 40 Kilometer entfernten ehemaligen Zisterzienser-Kloster „Marienthron“ zu Nimbschen empfohlen. Auf dem Weg zu der Ruine des Klosters, in dem Luthers Ehefrau Katharina von Bora ihre Kindheit verlebte, können die Pleißenburg, das Lutherdenkmal, die Stadtkirche St. Marien und St. Egidien besichtigt werden. Als Krönung des Ganzen lädt das Betreiberpaar der liebevoll hergerichteten Hotelanlage Kloster Nimbschen zu einem „Original Nimbschener Luther-Menü“ ein und schlüpft zu diesem Anlass selbst in die Rollen Martin Luthers und Katharina von Boras. www.auerbachs-keller-de
100 UNTERWEGS
RegJo
UNTERWEGS… IM VOGTLAND
regjo
UNTERWEGS 101
102 UNTERWEGS
RegJo
Schmölln Gera
Werdau
Thüringen Weida
Greiz Zeulenroda-Triebes Auerbach
Schleiz Plauen
Lobenstein
Sachsen Oelsnitz Adorf
Bayern
Hof
As Selb
Böhmen Ceb
Dort wue dorchs Land de Elster fließt Da wo Sachsen, Thüringen, Bayern und Böhmen zusammentreffen, liegt das Vogtland. Die Heimat eines kleinen stolzen Völkchens, das sich mit seinen Produkten in der Welt behauptet, und eine Region, in der es eigentlich nichts gibt, was man nicht machen kann. Text: Anja Bonitz Fotografie: Andreas Wetzel
„Mei Vuegtland is doch wunnerschie.“ So heißt es in der inoffiziellen Hymne der Vogtländer, und sie haben Recht. Der Nichtvogtländer muss seine Ohren ganz schön spitzen, um die Sprache der hiesigen Bewohner zu verstehen. Dafür werden seine Anstrengungen mit Freundlichkeit und Humor belohnt. Der Name der Region reicht bis ins 13. Jahrhundert zurück. Da geschah es, dass die Vögte von Gera, Greiz, Plauen und Weida einen Vertrag über ein Bündnis mit dem Markgrafen Heinrich von Meißen aushandelten, bei dem sie als gleichberechtigte Partner auftraten. Um dies nun im Weiteren namentlich zu unterstreichen und auch der Unterscheidung gegenüber dem Land des Markgrafen wegen wurde das Gebiet Land der Vögte (terra advocatorum) genannt. So heißt es bis heute und erstreckt sich über Sachsen, Bayern, Thüringen und Böhmen in Tschechien. Im Laufe der Zeit besiedelten slawische Sorben und Menschen aus Franken und der Oberpfalz diese Region. Die durch den Bergbau und die Textilindustrie aufblühende Wirtschaft sorgte für Goldgräberstimmung und lockte immer mehr Leute aus der nahen und fernen Umgebung an. Verfolgte böhmische Protestanten kamen im 17. Jahrhundert nach Markneukirchen und brachten den Instrumentenbau mit. Die Plauener Spitzen und Stickerein werden auch heute noch in Familienbetrieben für den deutschen und internationalen Markt hergestellt.
Doch nicht nur damit behauptet sich das kleine Völkchen in der großen Welt. Moderne Kunststoff-Produkte, Kesselbau, Maschinenbau, Automobilzulieferer und wer kennt nicht das Bier aus dem Dorf Wernesgrün – alles made in Vogtland. Hinzu kommt die Liebe zum Sport, besonders –natürlich – zum Wintersport und damit die gezielte Förderung und Entwicklung des Nachwuchsund Leistungssports mit Klingenthal und Oberwiesenthal als Zentren für die Nordischen Kombinierer. Nicht zu vergessen der alljährliche internationale Kammlauf auf dem Erzgebirgskamm, der zu den beliebtesten Langlaufveranstaltungen in Deutschland zählt. Wer das Vogtland bereist, wird sehen, dass es so viel mehr zu bieten hat als zänkische „Maschendrahtzaun“-Nachbarn. Wanderwege, Radwege, Bergwerke, Schlösser, Burgen, die Kurorte Bad Elster und Bad Brambach mit ihren königlichen Heilwassern, Moorpackungen oder Edelgastherapien, die Talsperren Pirk und Pöhl für Wassersport und zur Erholung. Oder die vogtländische Küche, die hauptsächlich Kartoffeln kennt und diese kreativ in jeder Art und Weise zubereitet: ob im Ganzen oder geschnitten, roh oder gekocht, gerieben oder zerquetscht, geröstet, gebacken oder gebraten. Griegeniffte (Grüne Klöße) und Erdäpfelkung (Kartoffelkuchen) werden dem Besucher oft begegnen. Und der sollte sich auf jeden Fall Zeit nehmen für dieses Fleckchen Erde.
regjo
UNTERWEGS 103
Fakten Das Vogtland gilt als eine der vulkanisch aktivsten Zonen in Mitteleuropa. Anzeichen dafür sind Schwarmbeben, heiße Quellen und Gasaustritte.
Der erste deutsche Kosmonaut und der erste deutsche Astronaut stammen aus dem Vogtland.
Die Kammloipe, die durch den Naturpark Erzgebirge/Vogtland verläuft, gehört zu den längsten, schönsten und schneesichersten Loipen Deutschlands.
Seit März 2007 bilden Klingenthal und Oberwiesenthal gemeinsam einen Bundesstützpunkt des Deutschen Skiverbandes (DSV).
In Mehltheuer befindet sich das kleinste Musikinstrumentenmuseum der Welt.
Im Vogtland kann man 14 unterschiedliche Dialekte entdecken. In kaum einer anderen Region Deutschlands findet man mehr Mundarten als hier.
Friederike Caroline Neuber, Schauspielerin und Theaterreformerin bzw. Mitbegründerin des regelmäßigen deutschen Schauspiels, sowie Olaf Schubert, Kabarettist und Musiker, wurden im Vogtland geboren.
Dr. phil. Konrad Duden veröffentlichte 1872 in Schleiz den ersten Duden „Die deutsche Rechtschreibung“, auch „Schleizer Duden“ genannt.
Seit 18. März 1436 wird im Dorf Wernesgrün Bier gebraut und ausgeschenkt.
Wie wird eine Oboe hergestellt? Entsteht ein Jagdhorn aus einem Stück? Wie lange braucht der Geigenbauer für ein Instrument? Antworten auf diese Fragen gibt es im vogtländischen Musikwinkel, auch Musicon Valley genannt, in dem 113 Musikinstrumentehersteller ansässig sind. Achtzig Prozent der hier hergestellten Orchesterinstrumente werden in die Welt verschickt.
Das von Einsatzfahrzeugen der Polizei und Feuerwehr bekannte Martinshorn heißt so, weil Max B. Martin es entwickelt hat – 1932 in Markneukirchen.
104 UNTERWEGS
RegJo
Mittelpunkt
Sie entstand in einer Zeit, wo andere Brücken wegen mangelnder Statikkenntnisse in sich zusammenbrachen. Sie aber steht noch und wird seither euphorisch mit Superlativen bedacht.
Wo die Erdachse mit Schnaps geschmiert wird.
Damals war sie ein ingenieurtechnisches Wagnis, heute ist sie die Grand Dame unter den Steinbogenbrücken im Vogtland. Mit ihr kam der internationale Verkehr in die Region und bescherte der Textilindustrie ein gehöriges Wachstum. Baumwolle aus Übersee fand leichter den Weg in die vogtländischen Produktionshallen und die fertigen Waren kamen schneller hinaus in die Welt. Die Göltzschtalbrücke überspannt das Göltzschtal westlich von Reichenbach. Diese kühne Konstruktion sollte damals die lang ersehnte Verbindung von Leipzig nach Nürnberg verwirklichen. Wir schreiben das Jahr 1846. Für das gewaltige Bauvorhaben wurde ein Wettbewerb mit einem Preisgeld von 1.000 Talern ausgeschrieben. Unter den eingereichten 81 Entwürfen schien keiner für ein solch imposantes Bauwerk angemessen. Niemand dachte damals an statische oder dynamische Berechnungen zur Belastung. Das sollte sich unter Prof. Johann Andreas Schubert ändern. Der Leiter der Prüfungskommission formte aus den vier besten Entwürfen selbst ein Projekt, in dem Statik eine Rolle spielte. Oberingenieur Robert
Rathaus Pausa • Quelle: Stadt Pausa-Mühltroff
Bildquelle: Archiv TVV (W. Zahn)
Rote Verbindung
Wilke steuerte im Zuge dessen die entscheidende Idee bei, Rundbögen mit konstanter Spannweite auf mehrere Etagen zu bauen, die der Brücke erst ihr markantes Aussehen verleihen würden. Um das Vorhaben sowohl schnell und preiswert als auch qualitativ hochwertig umsetzen zu können, fiel aufgrund der nahe gelegenen Lehmlager die Entscheidung für Ziegel als Baumaterial. Im November 1846 erfolgte die Grundsteinlegung. Am Bau dieser außergewöhnlichen Brücke waren 1.736 Arbeiter beschäftigt, 31 verloren dabei ihr Leben. Insgesamt wurde die stattliche Anzahl von 26 Millionen Ziegeln verwendet, das Bauwerk erreichte eine Höhe von 78 Metern und eine Länge von 574 Metern. Am 15. Juli 1851 fand die offizielle Einweihung statt. Es handelte sich damals um die höchste Eisenbahnbrücke der Welt, die größte Ziegelbrücke ist es immer noch. Heutzutage gilt das monumentale Viadukt als Touristenmagnet und Wahrzeichen des Vogtlands, das auch nach über 150 Jahren durch Stabilität und Langlebigkeit beeindruckt. AB
Ihre langen, gefährlichen Reisen zum Mittelpunkt der Erde hätten sich die Helden der vielen Romane und Filme sparen können, hätten sie gewusst, dass dieser im vogtländischen Pausa-Mühltroff liegt. Seit über zweihundert Jahren bezeichnet sich das Städtchen so und hat zur Versinnbildlichung dessen 1900 die „Erdachse“ als Messingkapsel in die Diele der Rathauswirtschaft eingelassen. Auch der Stammtisch im Ratskeller, der liebevoll als „Erdachsenschmierausschuss“ betitelt wurde, darf nicht fehlen. Zur Krönung des Ganzen thront seit 1934 auf dem Rathaus der Stadt ein sich drehender Globus mit der Aufschrift „Pausa – Mittelpunkt der Erde“ – leider in entgegengesetzter Richtung zur Erdrotation, weil sonst der Schriftzug nicht lesbar wäre. Die Reise nach Pausa-Mühltroff ist sicher weniger abenteuerlich (es sei denn, man startet auch im Krater eines isländischen Vulkans), dafür kann man dort die Erdachse mit Kräuterlikör selbst schmieren. Dazu wende man sich an die Erdachsendeckelscharnierschmiernippelkommission. Die gibt es nämlich auch. AB
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Plauen – eine Stadt erleben!
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Zu Besuch im Musikwinkel Markneukirchen ist die Stadt, in der in einer StraĂ&#x;e mehr Instrumentenbauer zu finden sind als anderswo im gesamten Bundesland. Einer von ihnen ist Stefan Kreul, Geigenbaumeister in fĂźnfter Generation.
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Text: Janet Schönfeld
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Fotografie: Lina Ruske
Die Dielen in der Werkstatt knarzen. Sie sind noch aus der Zeit, als Ururgroßvater Ernst Karl Kreul hier saß. Die Tür, die Werkbank, der Blick durch die großen Fenster nach draußen in den Garten, der anheimelnde Holzgeruch, das warme Licht – seit fünf Generationen fast unverändert. Wahrscheinlich auch die gleiche Bedachtsamkeit, mit der gearbeitet wird. Kein hektisches Herumfuchteln, kein Gehetztsein, keine scharfe Stimme. Nur sechs Hände, die mit viel Gefühl aus rohen Holzklötzen Instrumente formen. Zwei dieser Hände gehören zu Stefan Kreul. Der 40-Jährige kann als Geigenbaumeister auch Bratschen oder Celli fertigen. Er hat sich Letzterem verschrieben und baut verschiedene Modelle nach den Mustern von Stradivari und Guarneri oder nach den Ideen seiner Vorfahren. „Neun von zehn Instrumenten werden von alten Modellen kopiert“, erzählt Kreul und streicht mit der Hand über die Kurven des Cello-Körpers. „Vorn Resonanzfichte“, sagt er weiter, „mit besonderen akustischen Eigenschaften. Dieser ‚singende‘ Baum wächst nur in wenigen Gebieten in Europa.“ Der Boden ist aus Ahorn und das Griffbrett aus Ebenholz. So wie es schon die alten Meister gebaut haben, als sie den Musikinstrumentenbau in die Region brachten. Mit der Musik kam der Reichtum Sie kamen 1671 aus dem nahegelegenen böhmischen Kraslice nach Markneukirchen, weil sie im Zuge der Gegenreformation als
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Mit Liebe und Geduld wird unter den Händen von Stefan Kreul aus einem Holzklotz ein Meistercello.
Protestanten den katholischen Glauben nicht annehmen wollten und ihre Heimat verlassen mussten. Zwölf dieser Meister schlossen sich sechs Jahre später zu einer Innung zusammen. Es war die Geburtsstunde des Musikinstrumentenbaus im Vogtland. Nach und nach ließen sich die Bogenmacher und die Saitenfabrikanten nieder, der Gitarren- und Zitherbau entwickelte sich, Holzbläser und Waldhörner kamen hinterher und bald schon konnten fast alle klassischen Orchesterinstrumente hergestellt und verkauft werden. Zur Wende zum 20. Jahrhundert hatte es um die 20 Millionäre in der kleinen Stadt gegeben und sogar ein USA-Konsulat, um die Geschäfte mit Übersee schneller zu organisieren. Der Weltmarktanteil der Instrumente aus dem Vogtland lag damals bei achtzig Prozent. Heute kennt man die Region als Musikwinkel, zu dem Markneukirchen, Klingenthal, Erlbach, Schöneck und ein paar dazwischenliegende Dörfer zählen. Stefan Kreuls Mitstreiter sind sein Vater und der Geigenbaumeister Robert Ernat, der aus dem benachbarten Tschechien kommt. Auf den ersten Blick erinnert Ernat an einen Biker, mit seinen strammen, tätowierten Oberarmen und den Piercings. Aber wenn er das Holz befühlt, strahlt er eine Sanftmut aus, die so wohl nur ein Geigenbauer haben kann. „Für mich lebt es“, sagt er dann,
Das Holz muss singen und klingen: Der Geigenbaumeister in seiner Werkstatt.
„es bekommt Formen, einen Körper und irgendwie auch eine Seele.“ Und tatsächlich soll das Cello, dieses schön geschwungene Instrument, einem Frauenkörper nachempfunden sein. Ernat hobelt die Unebenheiten so behutsam aus dem rohen Holz, dass einem plötzlich ein Gedicht Erich Kästners einfällt, in dem es heißt: „Du meine neunte Sinfonie / Wenn du das Hemd anhast mit rosa Streifen / komm wie ein Cello zwischen meine Knie / und lass mich zart in deine Seiten greifen.“ Es ist schon irgendwie sinnlich, dieses alte Handwerk. Und von jedem Handgriff strahlen Harmonie und Geborgenheit durch die ganze Werkstatt. So viele Details sind wichtig für den Klang und die Festigkeit. Der Ton des Holzes zum Beispiel oder die gleichmäßigen Jahresringe, die Flammenmaserung, der Einlagespan, die Lackierung. „Es gibt nie zwei gleiche Instrumente“, sagt Kreul, „ jedes sieht anders aus und jedes klingt anders.“ Dafür sorgt am meisten die sogenannte Stimme, ein runder Holzstab, der mit Feingefühl zwischen Decke und Boden geklemmt wird und schon bei winzigen Verschiebungen die Töne des Cellos verändert. „Hier fangen die oft langen Abstimmungen mit dem Musiker an, der sofort hört, wenn die A-Seite ein klein wenig anders klingt.“
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Robert Ernat fällt es schwer, sich von besonders gelungenen Celli zu trennen.
China macht auf Masse Fast drei Monate dauert es vom Holzklotz bis zum fertigen Cello. „In China geht das natürlich schneller“, erzählt Ernat, der einige Wochen dort in einer Fabrik verbrachte und verzweifelt wiederkam. „Die hauen die Bretter in die Maschine und kriegen am Tag ein paar hundert Einzelteile raus. Da misst niemand die Stärke einer Decke oder eines Bodens nach. Zackzack. Fertig. Das bricht einem fast das Herz.“ China produziert zwar hauptsächlich für den Schülermarkt, bei dem der Verschleiß ohnehin recht hoch ist und es nicht so sehr auf den Meisterklang ankommt, „aber so ganz aus den Augen lassen darf man die auch nicht“, sagt Kreul. Der Instrumentenbau im Vogtland hat schon einige Schwankungen wegstecken müssen. Zwei Weltkriege, Inflation und Weltwirtschaftskrise
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Echte Handarbeit wie zu Ururgroßvaters Zeiten mit Messer und Hobel.
– Zeiten, in denen andere Dinge wichtiger waren als Musikinstrumente. In der DDR wurde ein Großteil der Betriebe enteignet und in Kombinaten verstaatlicht. Selbständige Instrumentenbauer konnten das besondere Material von der Musikinstrumentenbaugenossenschaft MIGMA beziehen. Und seit den Sechzigern war es weder erlaubt, den elterlichen Betrieb zu übernehmen, noch privat neu zu gründen. Mit Stein und Ruß auf alt gemacht Kreul hält eine Flasche Drachenblut in der Hand. Ein tiefrotes Naturharz, von Lackläusen produziert, mit dem man heilen, räuchern oder eben den Lack für ein Cello herstellen kann. „Mindestens sieben Mal wird das Holz hauchdünn bestrichen“, erzählt er. Und wenn das gute Stück mindestens sieben Mal geglänzt hat und fertig zu sein scheint
und nur darauf wartet, mit Saiten bespannt zu werden, dann nimmt der Meister einen Stein und ritzt Kratzer ins Holz. „Damit es schön alt aussieht. In die Ritzen klopfe ich jetzt noch Schwärze und Ruß ein. Volllack will heute kaum noch jemand haben, das wirkt wie aus der Fabrik, wie Plastik.“ Man muss schon ein paar Jahrzehnte spielen, bis sich jene Abnutzungsstellen zeigen, die mit ihrem gold-roten Schimmer das Instrument tatsächlich schöner aussehen lassen. Und so wundert es auch nicht, dass Urgroßvaters über hundert Jahre alte Geige im Spielzimmer der Kreuls viel jünger wirkt als ein neugebautes Instrument. Ob es eine sechste Generation Geigenbauer in der Familie Kreul geben wird, weiß der Meister noch nicht. Seine kleine Tochter ist noch weit vom Berufsleben entfernt. Zu wünschen wäre es. Damit nicht noch eine alte Handwerkskunst ausstirbt.
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Zehn Tipps Landschaft
Zerrwanst
Der 228 Kilometer lange Vogtland-Panorama-Weg führt in zwölf Etappen durch malerische Täler und blühende Wiesen. Immer wieder bieten sich verblüffende Ausblicke in eine Bilderbuchlandschaft, die ein Naturparadies der besonderen Art zeigen. Start- und Zielpunkt ist die Göltzschtalbrücke. Von dort aus geht es weiter durch die Vogtländische Schweiz nach Plauen in den südlichsten Zipfel des Vogtlandes und zurück über den Musikwinkel, durch Wald und das Göltzschtal.
…oder auch Riemenorgel, Quetschkommode, Tretschrank, Schifferklavier – der Volksmund kennt einige Bezeichnungen für das Akkordeon. Im Harmonikamuseum in Zwota kann man sich von dem Ideenreichtum der Hersteller von Mund- und Handharmonikas faszinieren lassen. Und vielleicht hört man dort auch die Legende vom kleinen zänkischen Bergvolk, die aus der seit Jahrhunderten bestehenden Rivalität zwischen Markneukirchen und Klingenthal entstanden ist.
www.vogtlandpanoramaweg.com
www.harmonikamuseum-zwota.de Kirchstr. 2, 08267 Zwota Tel. 037467 / 22262
Spitzenstadt Die Spitze hat den Namen Plauens in die Welt hinaus getragen und damit entscheidend die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der vogtländischen Region geprägt. Im 18. Jahrhundert schicken Kaufleute feine ostindische Tuche in die Stadt, um sie dort besticken zu lassen. Mit der Zeit wird die Handwerkskunst der Plattstichstickerei immer populärer und avanciert zur Haupteinnahmequelle im Vogtland. Hundert Jahre später kommt mit Handstickmaschinen die industrielle Revolution nach Plauen, lässt das Produktionspotential explodieren und verwandelt das sächsische Städtchen in das Zentrum der deutschen Spitzen- und Stickereiindustrie. Nach der Blütezeit folgen rezessive Jahre, die ihren Tiefpunkt zum Ende des Zweiten Weltkrieges erreichen, als vier Fünftel der Stadt zerstört sind. Aber der Vogtländer gibt nicht auf. Zur Zeit der Wiedervereinigung produziert der VEB Kombinat Deko Plauen Spitzen und Stickereien, die in 40 Länder der Erde exportiert werden. Und noch heute ist dieses kunsthandwerkliche Produkt weltweit gefragt. Spitzenmuseum Unterer Graben 1 08523 Plauen Tel. 03741/ 22 23 55 03741/22 37 13
Drachen In der Region um Syrau dreht sich alles um den Drachen. Vor langer Zeit soll er hier in den Wäldern geräubert haben, bis ihn ein Müllersohn mit einer Heugabel erstach. Seitdem die Gefahr nun beseitigt ist, lassen die Syrauer das Ungetüm hochleben und haben eine Höhle, eine Burg und einen Radweg nach ihm benannt. Mit Trompeten, Didgeridoos oder Panflöten wird regelmäßig zwischen den Tropfsteinen der Syrauer Unterwelt musiziert und auf der Drachenburg kann man in die wundersame Welt des Absinth abtauchen. www.syrau.de Drachenhöhle Syrau Paul-Seifert-Straße 08548 Syrau
Kosmosflug Im Mittelpunkt der Deutschen Raumfahrtausstellung Morgenröthe-Rautenkranz steht die Weltraumforschung und deren Nutzen für die Menschheit. Mehr als 1.000 einzigartige Modelle und Originale dokumentieren die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Raumfahrt. Schwerpunkte dabei sind die deutsche Beteiligung an der unbemannten Raumfahrt und die Weltraumflüge aller deutschen Astronauten und Kosmonauten. www.deutsche-raumfahrtausstellung.de Bahnhofstraße 4 08262 Muldenhammer Tel. 037465/ 25 38
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Bildnachweise: Klingenthal – Archiv TVV, Drachenhöhle Ausgang – EB Drachenhöhle Windmühle, MIR-Simulator – Deutsche Raumfahrtausstellung, Luftbildaufnahme des Museums Schloss Burgk – Gerhard Launer WFL-GmbH, Rottendorf, SSB Therapie und Wohlfühlzentrum Albert Bad – C. Beer, Holzmichl-Villa – Sinnario GmbH.
Großschanze
Dialekt
Skispringen im Winter wie im Sommer, die Vogtlandarena macht es möglich. Hier finden jedes Jahr zahlreiche Highlights des Wintersports statt, ob nun Skispringen oder Nordische Kombinationen. Eine in 35 Metern Höhe installierte Aussichtskapsel dient dabei als Wärmeraum für die Athleten und ist ebenfalls ganzjährig für Gäste begehbar: Sie bietet einen einzigartigen Panoramablick.
Pullover – Schwitzer Klatschmaul – Batschgusch kurzes Schläfchen – Natzer Bauch – Rumbes Taschentuch – Schnupftiechel Sauce mit Pilzen – Schwammebrie Kopf – Nischel schimpfen – spuken Bügeleisen – Plettlock Kartoffelpuffer – Bambes
www.weltcup-klingenthal.de Floßgrabenweg 1 08248 Klingenthal Tel. 037467/ 28 08 60
Königsbad
Lustschloss Malerisch am Ufer der Oberen Saale gelegen, beherbergt Schloss Burgk historische Wohn- und Schauräume nebst wertvollem Interieur. Zudem ist es mit seinen Sammlungen, Ausstellungen, Konzerten und Festen eines der kulturellen Zentren des thüringischen Vogtlandes. Beeindruckende spätmittelalterliche Wehranlagen umschließen dieses Gebäude, das hinter einer nahezu schlichten Fassade zahlreiche Kostbarkeiten birgt. Die Harmonie zwischen Architektur und Landschaft ist faszinierend. www.schloss-burgk.de Ortsstraße 16, 7907 Burgk Tel. 03663/ 40 01 19
Bad Elster liegt im südlichen Zipfel des Vogtlandes, im Tal der Weißen Elster, inmitten von Wald und Hügeln und einem duftenden Teppich aus Rhododendren. Bis zum 17. Jahrhundert ist der Kurort nur ein Weberdorf namens Elster. Bis man die Kräfte des Elstersäuerlings entdeckt, dem angeblich auch Goethe sehr zugeneigt ist, weil er hier weilt und schreibt: „… herrlich Wasser – säuerlich war’s und erquicklich, gesund zu trinken den Menschen.“ 1818 werden die ersten warmen Mineralwasserbäder in einfachen Holzschuppen angeboten und dreißig Jahre später die erste Badesaison des neu ernannten königlichsächsischen Staatsbads eröffnet. Aus dieser Zeit stammen auch die herrschaftlichen Häuser und die prunkvolle Bäderarchitektur, die heute noch Zeugen lebendiger Vergangenheit sind. Nicht nur die Kranken kommen nach Bad Elster, auch der Alltagsstress kann mit einer Moorpackung in der historischen Königskabine oder mit prickelnder Kohlensäure in einer englischen Jugendstilwanne vom Leib gewaschen werden. www.bad-elster.de
El Toro Der Freizeitpark Plohn mit seinen unzähligen Attraktionen bietet Spiel, Spaß und Unterhaltung für Groß und Klein. Verschiedene Themenwelten wie die Westernstadt, das Dinoland, die Holzmichl-Villa oder der Märchenwald entführen den Besucher in längst vergangene Zeiten und ferne Länder. Die Holzachterbahn „El Toro“, Wildwasserbahn und Drachenschaukel versprechen Nervenkitzel pur und machen diesen Ausflug zu einem unvergesslichen Erlebnis. www.freizeitpark-plohn.de Rodewischer Str. 21 08485 Lengenfeld Tel. 037606/ 34 163
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Verstummtes Berggeschrei Sachsens Bergbau erlebte oft Phasen der Bl端te und des Niedergangs. Er hat in den vergangenen 800 Jahren Landschaften, technische Anlagen und Bauwerke entstehen lassen und ging nicht zimperlich mit der Umwelt um. Ein Besuch im Schaubergwerk Tannenberg.
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Text: Janet Schönfeld Fotografie: jost
„Gauf!“ Ein kräftiger Mann mit Wollpullover, Filzstiefeln und Spitzbubengesicht nimmt seinen Schutzhelm ab, setzt sich auf eine der Holzbänke im Zechenhaus und trinkt einen Kaffee. „Ich brauch erst mal eine Pause“, sagt er. Wir stehen vor dem Tannenbergstollen in Schneckenstein im südöstlichen Vogtland, an der Grenze zum Westerzgebirge, wo man lange Wörter für Zeitverschwendung hält und aus einem „Glück auf“ eben ein „Gauf“ macht. Überall hört man ihn hier, den alten Bergmannsgruß, der in seiner längsten Version „Ich wünsche dir Glück, dass sich Erzgänge auftun mögen“ seine Herkunft selbst erklärt. Im 15. Jahrhundert war die Region in einer Art Goldrausch, hatte sich doch die Kunde reicher Erzfunde verbreitet, genannt das Große Berggeschrei. Aus allen Himmelsrichtungen kamen Menschen, durchwühlten die Berge und wollten ihren Lohn damit verdienen. Sie brauchten also Glück, damit sie überhaupt etwas fanden und damit sie nach der Schicht heil aus dem Bergwerk wieder herauskamen. Mit dem ersten Berggeschrei kam der Aufschwung „Na dann mal rein in die gute Stube“, sagt der Mann, der sich inzwischen mit einem gewaltigen Händedruck als Steffen Gerisch vorgestellt hat. Die gute Stube ist fünf Grad kalt, nass und dunkel. Und sie ist Gerischs zweites Zuhause. Als Kind schon fand er das Innenleben dieser Grube viel faszinierender als Fußballspielen und Mädels und kroch lieber heimlich mit einer Taschenlampe in den Berg, der 1964 ausgebeutet war und geschlossen wurde. Anfang der Neunziger schließlich brach der inzwischen studierte Förster das Mundloch des Stollens auf und machte ein Schaubergwerk daraus. Seitdem führt er als Chef vier, fünf Mal am Tag Besucher mit gelben Schutzhelmen durch 500 Jahre Bergbaugeschichte. Mit dem ersten Berggeschrei und dem anschließenden Aufschwung des Zinnbergbaus im Raum Mühlleithen/Tannenbergsthal entstand die große Tannenberg-Pinge. Damals hämmerten sich die Männer mit Eisen und Schlägel – bis heute die Symbole des Bergbaus – täglich gerade mal fünf Zentimeter in den Berg hinein. Erst 300 Jahre später sollte die mühevolle Handarbeit maschinell betriebenen Bohrern und Hämmern weichen. In den 1930ern schaffte man bereits 2,50 bis drei Meter pro Tag. Heute hängen hier kopfüber Fledermäuse und lassen sich bei einem Nickerchen die immer gleich kühle Luft um die Nase wehen.
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Hammer und Schlägel, die Werkzeuge aus den Anfangsjahren des Bergbaus, sind auch heute noch seine Symbole.
Steffen Gerisch im ehemaligen Maschinenraum. Der Vogtländer kennt das Bergwerk seit Kindertagen
Wir laufen weiter in den Berg hinein und berühren mit den Fingern 450 Millionen Jahre Erdgeschichte an den Wänden des Stollens. In dieser Zeit lag Mitteleuropa in einem Ozean, der über Jahrmillionen durch mächtige Schichten Ablagerung und deren Auffaltung zu einem Gebirge jene Gesteine und Metalle nach oben beförderte, ohne die unser heutiger Alltag nicht mehr vollstellbar ist. Kochtopf, Outdoorjacke, Euromünze, Mobiltelefon, Bremsbeläge, Besteck, Geschirr, Konservendose – nahezu überall sind Eisen, Kobalt, Kupfer, Nickel, Zink, Zinn, Flussspat oder Schwerspat enthalten.
schaffte. Seit mehr als 20 Jahren ruht nun der Bergbau komplett. Die letzten Bergwerke haben im Jahr 1991 dichtgemacht. Und seitdem sich die Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt zum Teil versechsfacht haben und weil die bereits erschlossenen Lagerstätten endlich sind, interessieren sich wieder Firmen für den Erz- und Spatbergbau in Sachsen. Vielleicht gibt es ja bald wieder ein Berggeschrei?
Ein Bergmann war nie allein Ein Wägelchen, darauf ein Kasten mit Holzdeckel, in den zwei große Löcher gesägt sind – „Das ist der Abort der Bergleute“, erklärt Gerisch. Hintern an Hintern, dicht beieinander und beim großen Geschäft ein wenig miteinander schnacken. Kein Wunder, dass die Kameradschaft unter den Kumpeln so unerschütterlich war. „Es ist tatsächlich so, den Zusammenhalt gab es kein zweites Mal. Du musstest immer damit rechnen, dass du das Tageslicht nie wieder siehst. Du warst immer zu zweit und wusstest, wenn dir was passiert, wirst du nicht allein gelassen.“ Es sind die alten Bergmannstugenden wie Opferbereitschaft, Genügsamkeit, Anstrengung, Gemeinschaftssinn, die bei der schweren, oft lebensgefährlichen Arbeit in den Gruben entstanden und die so manchen Bergknappen im Ruhestand wehmütig zurückdenken ließen. „Ich kenne keinen, der nicht wieder in den Berg einfahren würde“, sagt Gerisch. Dann gab es ein zweites Berggeschrei. Das nach dem Uran. Nach seiner Entdeckung 1789 nur wenig genutzt, kam der Uranbergbau nach dem Zweiten Weltkrieg mit großen Schritten nach Sachsen. Die Gruben waren ohnehin noch in Betrieb. Für die Sowjets ein Leichtes also, so schnell wie möglich Uran zu fördern. Es war die Zeit der Wismut AG. Im Schneckensteingebiet wurde in fünf Schächten Uran abgebaut, was in der Hochzeit des Bergbaus, in den fünfziger Jahren, etwa 6.000 Menschen der Region Arbeit ver-
Durchatmen und Fettbemmen unter der Erde „Ja, vielleicht. Die Grube hier wird ein Schaubergwerk bleiben“, sagt Steffen Gerisch und knipst das Licht aus. Auf diesen Augenblick hatte er sich schon die ganze Zeit gefreut: Völlige Dunkelheit, nirgends eine Kontur erkennbar, nirgends ein Lichtschein, ein beklemmendes Gefühl kriecht durch den Körper, oben, unten, vorn, hinten – alles im selben Tiefschwarz. Und dann, Grubenlampe an – Gerischs Überraschung – stehen wir vor einem gewaltigen Hohlraum, mehr als fünfzig Meter Ausdehnung in jede Richtung, mit einem türkis schimmernden See in der Mitte. „Wisst ihr, wenn ich die Nase mal voll habe, dann komm´ ich hier her, mache das Licht aus und atme tief durch“, flüstert er noch. Und so stehen wir stumm. Und atmen den Berg. Und vergessen die Kälte und die Zeit. Auch wenn die Erinnerung an den Bergbau bisweilen ein wenig verklärt scheint und es gar keine Bergleute mehr gibt, die Knappschaften in den alten Bergstädten existieren nach wie vor. Sie feiern noch immer ihre Mettenschicht – die letzte eingefahrene Schicht vor Weihnachten – mit Bratwurst, Kartoffelbrei, Fettbemmen und Schnaps. Und auch in den Holzschnitzereien der hiesigen Werkstätten lebt die Bergmannskultur weiter. Ob als verlachte Obrigkeit im griesgrämig schauenden Nussknacker oder im Schwibbogen, der mit seinen Kerzen die Sehnsucht der Bergleute nach dem Tageslicht widerspiegelt. www.schneckenstein.de
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Vater und Sohn Die Galerie e.o.plauen zeigt neben den bekannten Bildergeschichten auch den Menschen dahinter - als lebensneugierigen, scharfen Beobachter seiner Zeit. So lädt sie zur Auseinandersetzung mit dem Schicksal dieses deutschen Künstlers ein.
Auf einsamer Insel: Waidmannsheil wider Willen, Berliner Illustrierte, 29/1937
Text: Janet Schönfeld Bild: Südverlag Konstanz
Fast jeder kennt die Bildergeschichten vom schnauzbärtigen Vater und seinem strubbelhaarigen Sohn. e.o.plauen, der eigentlich Erich Ohser hieß und seine Kindheit in der waldreichen Region des Oberen Vogtlandes verbrachte, hat in den Episoden Erinnerungen an seinen geliebten Vater und Erlebnisse mit dem eigenen Sohn verarbeitet. Die Figuren passen weder zum Vaterbild aus der Kaiserzeit noch zum Männlichkeitskult des Dritten Reiches und bewegen sich damit in einer kindlichen Welt jenseits der herrschenden Ordnung. Ohser war ein passionierter Zeichner, dem kein Gegenstand zu gering war, um nicht gezeichnet zu werden. „Die Welt wird für den, der zeichnet, schöner, sehr viel schöner. Bäume, die früher Gestrüpp waren, zeigen plötzlich ihre Form. Tiere, die hässlich waren, zeigen, wo ihre Schönheit liegt“, sagte Ohser, der den Menschen immer wieder klar zu machen versuchte, dass man kein virtuoser Künstler sein muss, um seine eigene Welt zu zeichnen. Und sich schon gar nicht mit
einem solchen vergleichen sollte. Zeichnen als Leichtigkeit, als Swing, um zu begreifen, wie viel Wunder in einem Baum, einem Tier oder einem Akt steckt. Irgendwie scheint es da nur logisch, dass Erich Ohser auf Erich Kästner traf. „Er war ein rauflustiger Kritiker seiner Zeit, er hasste die Profitmacher, er verlachte die Spießer und Heuchler, er attackierte die Bürokratie, er focht für die Freiheit des einzelnen und kämpfte gegen die Dummheit der meisten“, sagte Kästner über Ohser. Das Gleiche hätte auch Ohser über Kästner sagen können. Ohser illustrierte Gedichte von Kästner, arbeitete für das sozialdemokratische Blatt „Vorwärts” in Berlin und veröffentlichte satirische Zeichnungen für die „Neue Revue”. Am 10. Mai 1933 verbrennen die Nationalsozialisten Kästners Frühwerk mit allen Ohser-Zeichnungen und Ohser kann sich nur noch unter dem Pseudonym e.o.plauen mit seinen Vater-und-Sohn-Bildergeschichten über Wasser halten. Er arbeitet ab Mai 1940 für die nationalsozia-
listische Wochenzeitung „Das Reich” und wird in den kommenden vier Jahren dort 800 Karikaturen publizieren, obwohl er seine Ablehnung der NS-Herrschaft auch öffentlich ausspricht. 1944 wird er wegen regimefeindlicher Äußerungen denunziert und von der Gestapo verhaftet. Dem Todesurteil greift er vor und nimmt sich in der Nacht vom 5. zum 6. April 1944 das Leben. In Plauen verbrachte Ohser seine Kindheit, Schul- und Jugendzeit. Naheliegend war daher für ihn, für sein Pseudonym die Initialen seines Namen e.o. mit der Stadt zu verbinden, und so wurde aus Erich Ohser der Künstlername e.o.plauen. Die Erich Ohser-e.o.plauen-Stiftung beherbergt eine Sammlung von über 1.400 Zeichnungen, Aquarellen, Druckgrafiken und Karikaturen aus allen seinen Schaffensperioden. Einige davon können in der Galerie im Erich-Ohser-Haus in Plauen besichtigt werden. www.e.o.plauen.de
116 Kalender
RegJo
20. bis 21. März „2. Mitteldeutsche Nachhaltigkeitskonferenz“
20. bis 21. April „5. azubi- & studientage Magdeburg“
12. Mai „Hafenfest Stadthafen Kap Zwenkau“
Plattform für wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Zukunftsthemen. Riesa, Erdgasarena (www.mdnk.org)
Ausbildungsmesse für Schüler, um Unternehmen und Hochschulen kennenzulernen Magdeburg, Kongress- und Kulturwerk-fichte (www. azubitage.de)
Buntes Programm rund um und auf dem Zwenkauer See. Zwenkau, An der Mole (www.zwenkauer-see.com)
23. bis 24. März „15. Thüringer Motorradtage“ Eine der größten Messen für Zweiräder, Trikes und Quads in Mitteldeutschland. Erfurt, Messe www.thueringer-motorradtage.de 25. bis 28 April „agra – die Landwirtschaftsausstellung“ Hier treffen sich vor allem Vertreter der Landwirtschaft, um sich über aktuelle Förderungen und Möglichkeiten landwirtschaftlicher Produktion auszutauschen. Leipzig, Messe www.agra2013.de 14. bis 15. Mai „Rapid.Tech“ Anwendertagung für generative Fertigungsverfahren mit Hilfe des Additive Manufactoring. Erfurt, Messe www.rapidtech.de 15. Mai „Leipziger Versicherungs- und Fondmesse“ Zahlreiche Aussteller präsentieren ihre Produkte und Dienstleistungen in den Bereichen Versicherungen, Fonds, Bausparen und Banken. Leipzig, Messe www.lvfm.de 16. Mai „sciencemeetscompanies“ Karrieremesse für Studenten und Absolventen, bei der zahlreiche Unternehmen über Einstiegs- und Karrieremöglichkeiten informieren. Halle, Atrium des Bio-Zentrums www.sciencemeetscompanies.de
Freizeit & Sport
18. bis 22. Mai „ I n t e r n a t i o n a l e r R i c h a rd - Wa g n e r- K o n gress“ Unter dem Motto „Richard ist Leipziger!“ wird ein reichhaltiges, musikalisches, wissenschaftliches und gesellschaftliches Programm geboten Leipzig, div. Veranstaltungsorte www.richard-wagner-leipzig.de
20. bis 21. April „Weltmeisterschafts-Qualifikation im Kanu-Slalom“ Im Kanupark Markkleeberg entscheidet sich, wer von den deutschen Kanu-Slalom-Assen zu den Weltmeisterschaften nach Prag reisen darf. Markkleeberg, Kanupark www.markkleeberger-see.de
25. Mai „3. Magdeburger Oldtimertag“ Dieses Treffen für motorische Nostalgie auf zwei, drei und vier Rädern zeigt Old- und Youngtimer. Magdeburg, Elbauenpark www.magdeburger-oldtimertag.de
25. Mai „41. GutsMuths Rennsteiglauf“ Der seit den 70er Jahren stattfindende, größte Landschaftslauf Mitteleuropas. Eisenach www.rennsteiglauf.de
28. bis 29. Mai „Silicon Saxony Day“ Kongress zum Thema Mikro-/Nanoelektronik, Software, Photovoltaik, Life Science und Automobil. Dresden, DGUV Congress/ Akademiehotel www.events.silicon-saxony.de
02. bis 08. Juni „IIHF Inlinehockey-Weltmeisterschaft“ Das sportliche Highlight in Dresden ist ein Muss für alle Hockeyfans. Dresden, EnergieVerbund Arena www.escd-ev.de
06. bis 07. Juni „Erfurter Wirtschaftskongress Erwicon“ Diese Tagung informiert über innovative Technologien und Produkte aus den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau, Mikrosystemtechnik, Photovoltaik etc. Erfurt, Messe www.erfurt.de/erwicon 17. bis 21. Juni „Interkulturelles Kompetenztraining“ Dieser Kurs zielt darauf ab, den Teilnehmern eine globale Perspektive zu vermitteln, um im Umgang mit verschiedenen Kulturen wissend agieren zu können.Magdeburg, Volkshochschule www.vhs.magdeburg.de
14. bis 16. Juni „Krämerbrückenfest in Erfurt“ Beim größten Altstadtfest Thüringens erfüllen Künstler und Gaukler mit Musik, Kleinkunst und Spielszenen die Gassen des historischen Stadtkerns Erfurts. Erfurt, Altstadt www.erfurt.de 28. bis 30. Juni „23. Elbhangfest“ Ein musikalisch breit angelegtes Bürger- und Kunstfest, dieses Jahr auf den Spuren des Komponisten Richard Wagners. Dresden, Loschwitz www.elbhangfest.de
Bildnachweis: INUR e.V., mmm message messe & marketing GmbH, Sächsisches Seebad Zwenkau GmbH & Co. KG
Messen, Kongresse & Tagungen
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KALENDER 117
14. April „Monsters of Liedermaching - Schnaps & Kekse Tour“
01. August „Faust“ Premiere
Theater Perle Leipzig spielt Agatha Christies weltberühmtes Kriminalstück. Spannung pur. Rackwitz / Kreuma, bei Leipzig (www.oekokiste-leipzig.de)
Hohe lyrische Qualität in Verbindung mit der Kraft des Rock´n´Roll. Beste Unterhaltung garantiert. Leipzig, Moritzbastei (www.monstersofliedermaching.de)
Beim 16. Burgtheatersommer Roßlau wird Goethes Klassiker neu inszeniert. Roßlau, Burg Roßlau (www.theaterburg-rosslau.de)
20. bis 23. März „18. Festival LeipJAZZig“ Dieses Festival ist ein Podium, auf dem das vielfältige und innovative Schaffen der Leipziger Jazzmusikerszene ins Licht gerückt wird. Leipzig, div. Veranstaltungsorte www.leipjazzig.de
21. April „Akkordeonale“ Musiker aus aller Herren Länder werden eingeladen die kulturelle Vielfalt des Akkordeons zu zelebrieren. Jena, Volkshaus www.akkordeonale.de
22. März bis 14. April „Thüringer Bachwochen“ Auf Barockmusik spezialisiertes Festival klassischer Musik zu Ehren Johann Sebastian Bachs. Thüringen, div. Veranstaltungsorte www.thueringer-bachwochen.de
24. bis 27. April „KURZSÜCHTIG – Leipziger Kurzfilmfestival“ Plattform für regionale Filmemacher, die Kurzfilme in den Kategorien Animation, Dokumentation und Fiktion präsentieren. Leipzig, Schaubühne Lindenfels www.kurzsuechtig.de
ab 29. Mai „Pettersson und Findus“ Liebevoll inszenierte Kinderoper über Pettersson und seine Kater Findus, der mit dem neuen Mitglied des Hofes das ein oder andere Huhn zu rupfen hat. Magdeburg, Opernhaus www.theater-magdeburg.de
Musik, Theater & Tanz
23. März „Flamenco-Festival“ Vier Künstler, die Flamenco, virtuoses Gitarrenspiel und leidenschaftlichen Gesang verschmelzen lassen. Magdeburg, Johanniskirche www.mbblconcerts.com
05. Mai “Nils Landgren Funk Unit” Der Mann mit der metallic-roten Posaune sorgt seit Jahren weltweit für euphorisch bejubelte Konzerte. Markersbach, Kaverne www.artmontan.de
24. März „Die Schneekönigin“ Die faszinierende Geschichte der Schneekönigin – jetzt als zauberhaftes Pop-Musical, präsentiert von professionellen Schauspielern, Sängern und Tänzern.Erfurt, Kaisersaal www.kaisersaal.de
12. bis 19. Mai „43. Internationales Dixieland Festival“ Bunt zusammengewürfelt vereinen sich Musiker verschiedenen Alters beim ältestes Oldtime-JazzFestival Europas. Salzwedel, Kulturhaus www.sachsen-anhalt-tourismus.de
05. April „Französische Rhapsodie“ In Form einer „Musikalischen Reise zur französischen Musik“ werden hier verschiedene musikalische und tänzerische Stile kombiniert. Leipzig, Musikalische Komödie www.oper-leipzig.de
16. bis 26. Mai „Wagner-Festtage Leipzig“ Hier erwarten Sie über 70 facettenreiche und außergewöhnliche Veranstaltungen zu Ehren des berühmten Komponisten. Leipzig, div. Veranstaltungsorte www.richard-wagner-leipzig.de
01. Juni „Der Kaufmann von Venedig“ Premiere Einer der bedeutendsten Klassiker der dramatischen Literatur, verfasst von William Shakespeare. Weimar, Deutsches Nationaltheater www.nationaltheater-weimar.de 06. Juni bis 16. Juni „Händel-Festspiele“ Namhafte Künstler und erstklassige Orchester bieten ein vielseitiges Musikprogramm für Musikliebhaber aus aller Welt. Halle, div. Veranstaltungsorte www.barock-konzerte.de 15. Juni „Luther! Rebell wider Willen“ Premiere Rockige Arie und berührendes Madrigal über den Urheber der Reformation. Eisenach, Theater www.theater-eisenach.de 21. Juni „Fête de la Musique“ Alljährlich zum Sommeranfang präsentieren Profis und Amateure beim Straßenmusikfestival die musikalische Vielfalt der Stadt. Görlitz, div. Veranstaltungsorte www.kultur-service-goerlitz.de
Bildnachweis: Kevin Hoffmann / Matthias Viecens, Martin „Armadillo“ Huch, Archiv theaterBurg Roßlau e.V.
12. April „Die Mausefalle“ Premiere
THEATER DER JUNGEN WELT
Kasimir und Karoline Von Ödön von Horváth // Regie: Jürgen Zielinski Karten 0341.486 60 16 www.tdjw.de
»Die Menschen sind halt wilde Tiere.«
Handelsstraße 12 04420 Markranstädt
Tel.: (03 41) 9 41 12 72 Fax: (03 41) 9 41 12 98
E-Mail: info@loehnert-druck.de www.loehnert-druck.de
regjo
KALENDER 119
19. März bis 14. April „Die Schönheit der Blinden“
22. März bis 28. Juni „NEU.STADT“
bis 12. Mai „Kostbare Ei-Kreationen“
Ein Ausstellungsprojekt berichtet von einer Modenschau von Blinden für Blinde. Halle, Kunstforum Halle (www.kunstforum-halle.de)
Doppelportrait eines Umbruchs: Fotografie von Hans-Wulf Kunze, Prosa von Dirk Heidicke. Magdeburg, Forum Gestaltung (www.forum-gestaltung.de)
Atemberaubend schöne und unschätzbar wertvolle Ei-Kreationen aus unzähligen Edelsteinen.Freiberg, terra mineralia (www.terra-mineralia.de)
16. März bis 14. Juli „Die Erschütterung der Sinne“ Zu sehen sind die Bilder von 16 Künstlern, darunter Constable, Friedrich, de Goya, Manet, Ernst und Richter, quer durch 200 Jahre Kunstgeschichte. Dresden, Albertinum www.skd.museum.de
07. April bis 23. Juni „Gerhard Glück. Ein Glück für die Kunst“ Seine Motive aus der großen weiten Welt findet Gerhard Glück in der Gemäldegalerie, wobei auch berühmte Künstlerkollegen nicht vor ihm sicher sind.Jena, Romantikerhaus www.romantikerhaus.jena.de
22. März bis 13. Juni „Der Geruch von Regen“ Faszinierende Bilder Nooraldeen Amens, die geprägt sind von orientalischer Symbolik und Farbigkeit. Neudietendorf, Zinzendorfhaus www.ev-akademie-thueringen.de
12. April bis 08. Juni „Manfred Feiler: Licht & Schatten“ Diese Landschaftsbilder sind vom Einfühlungsvermögen in den Charakter der Landschaft und den jahreszeitlichen Stimmungen der Natur geprägt. Bad Elster, KunstWandelhalle www.kunstwandelhalle.de
17. Mai bis 31. Januar „Goldene Klänge im mystischen Grund: Musikinstrumente für Richard Wagner“ Diese Ausstellung zeigt die kreativen Musikinstrumente Wagners, welche durch reichhaltiges Bildmaterial und akustischen Kostproben ergänzt werden. Leipzig, GRASSI Museum für Musikinstrumente mfm.uni-leipzig.de
28. März bis 21. Juli „Sascha Schneider – Ideenmaler und Körperbildner “ Präsentiert wird das Gesamtwerk des Künstlers, sprich gattungsübergreifende Grafik, Malerei sowie Bildhauerei im Sinne des Symbolismus und Neoklassizismus. Weimar, Kunsthalle „Harry Graf Kessler“ www.vandevelde2013.de
bis 14. April „Glanzlichter 2012“ Diese Ausstellung zeigt preisgekrönte Naturfotographien aus aller Welt. Gotha, Schloss Friedenstein www.stiftung-friedenstein.de
Bildende Kunst
bis 07. April „Anton Graff - Meisterporträts der Aufklärung “ Diese Ausstellung lässt das Personal, die Gesichter und die Gelehrtenrepublik der deutschen Aufklärung auftreten. Halberstadt, Das Gleimhaus www.gleimhaus.de bis 07. April „Begegnung der Bilder. 25 Jahre Photographie“ Gezeigt werden ausgewählte Bilder von berühmten und zu Unrecht vergessenen Künstlern und Photographen - es ist eine Begegnung über die Zeiten hinweg.Halle, Stiftung Moritzburg www.stiftung-moritzburg.de Bildnachweis: Karsten Hein, Hans-Wulf Kunze, Manfred Wild
04. Mai „Museumsnacht in Halle und Leipzig“ Rund 70 Museen laden Sie in dieser Nacht von 18 bis 1 Uhr zu eindrucksvollen Ausstellungen, Führungen, Konzerten, Performances, Filmen uvm. ein. Halle & Leipzig, div. Veranstaltungsorte www.museumsnacht-halle-leipzig.de bis 12. Mai „Max Pechstein auf Reisen. Utopie und Wirklichkeit“ Alte Paradiesvorstellungen und der verlorene Traum von der Einheit von Mensch und Natur erleben in diesen Bildern eine Wiedergeburt. Zwickau, Kunstsammlungen www.kunstsammlungen-zwickau.de
bis 20. Mai „Zurück nach Morgen“ Die Kunstwerke thematisieren Vergänglichkeit und Neustrukturierung von Erinnerungen, die auf individueller Erfahrung beruhen. Leipzig, Galerie für zeitgenössische Kunst www.gfzk-leipzig.de bis 26. Mai „Pepa Hristova - Sworn Virgins“ Eindrucksvolle Fotographien, die sich mit den Wertvorstellungen und dem Identitätsbegriff der nordalbanischen Kultur beschäftigen. Magdeburg, Kloster unser lieben Frauen www.kunstmuseum-magdeburg.de bis 02. Juni „Mimmo Jodice. Transiti“ Diese Fotografien beeindrucken durch eine suggestive, poetische und dennoch klare Bildsprache. Jena, Kunstsammlung im Stadtmuseum www.kunstsammlung.jena.de bis 18. August „Darüber lacht die Republik“ Den Besucher erwarten 70 Zeichnungen, die Reichspräsident Ebert und seine Kanzler ins Visier nehmen. Magdeburg, Kulturhistorisches Museum www.khm-magdeburg.de
Impressum:
Wussten Sie, ... von Opernklängen, imposanten Deckenmalereien und großen Fischen …
… dass Richard Strauss’ berühmte Oper „Der Rosenkavalier“ in Dresden uraufgeführt wurde? „Der Rosenkavalier“ ist heute festes Programm in den Opernhäusern weltweit. Er wurde am 26. Januar 1911 in der Dresdener Hofoper uraufgeführt und rasch zum großen Erfolg. Strauss komponierte die Musik, Hugo von Hofmannsthal schrieb das Libretto um Liebe und Ehe, um Verführung, Jugend und Alter. Von Hofmannsthal gilt als wichtiger Repräsentant des deutschsprachigen Fin de siècle sowie der Wiener Moderne. Seine künstlerische Zusammenarbeit mit Strauss war fruchtbar doch zugleich kontrovers. Das betraf auch die Namensfindung für die Oper. Von Hofmannsthals Vorschlag „Der Rosenkavalier“ lehnte Strauss zunächst ab und zog unter anderem „Der Ochs auf Lerchenau“ in die engere Auswahl. Strauss‘ Ehefrau gab schließlich den finalen Anstoß, worauf hin Strauss meinte: „Also Rosenkavalier, der Teufel hol ihn“
9. Jahrgang, Ausgabe 32. ISSN 1614-2837 Hauptredaktionsschluss: 10. März 2013 Anzeigenschluss: 12. März 2013 Erscheinungstermin: 22. März 2013 Herausgeber: REGJO – Das Magazin Magazinverlag Mitteldeutschland GmbH Moschelesstraße 7, Steche-Haus, 04109 Leipzig Telefon: (03 41) 975 60 39, Telefax: (03 41) 974 72 58 REGJO ist eine eingetragene Marke (39867052) der REGJO – Magazin Verlag Mitteldeutschland GmbH www.regjo-leipzighalle.de, info@regjo-leipzighalle.de Redaktionsleitung: Janet Schönfeld
Redaktion: : Franziska Reif (Regionale Wirtschaft, Gesundheit und Lebensart, Titelthema), Carolin Modes und Esther Niebel (Kultur), Martin Jendrischik (Umwelt und Energie), Tobias Prüwer (Titelthema), Janet Schönfeld (Unterwegs)
Autoren: Tobias Prüwer (TP), Franziska Reif (FR), Dörthe Gromes (DG), Katharina Lipskoch (KL), Daniel Tieg (DT), Anja Bonitz (AB), Janet Schönfeld (JS), Carolin Modes (CM), Esther Niebel (EN), Steffen Georgi (SG), Martin Jendrischik (MJ), Katja Schmal, Sergey Frank, Tobias Barth Lektorat: Franziska Reif
Anzeigen: Claus-Peter-Paulus, Philipp Thorwirth, Steffi Emde, Ramona Gossow sowie scharfe media e.K., Kathrin Kummer, Olessya Mertins, Vincent Stephan, Torsten Scharfe Vertriebspartner: SIBLOG Logistik GmbH
Verlagsrepräsentanz: Steffi Emde, Doris Claßen, Ramona Gossow Übersetzungen: ICC Sprachinstitut, James Parsons
Art Direction & Layout: C. Ruhrmann, TRNDLB
… dass sich eine der größten Bilderdecken Deutschlands in Löbnitz befindet? Löbnitz ist ein kleiner Ort an der Mulde, zwischen der Leipziger Tieflandsbucht und der Dübener Heide gelegen. Nur rund 2000 Einwohner leben hier. In der evangelischen Pfarrkirche des Ortes befindet sich jedoch ein Superlativ. Nahezu original erhalten sind die Bilddarstellungen aus dem 17. Jahrhundert, welche die Decke der Kirche verzieren. Auf Holzdielung gemalt, zeigen die Kunstwerke auf 280 Quadratmetern 168 biblische Szenen des Alten und des Neuen Testaments. Lange war der Maler unbekannt. Ein erster Hinweis fand sich erst vor wenigen Jahren, als Manfred Wilde der Oberbürgermeister der Stadt Delitzsch eine Rechnung gestellt anno 1690 entdeckte, die auf Christian Schilling verwies. Der kürzlich erfolgte Fund des Namenszugs Schillings auf einem Fragment der Bilderdecke bestätigte die Vermutung schließlich. … dass der Kulkwitzer See bei Leipzig riesige Welse beherbergt? Am südwestlichen Rand von Leipzig befindet sich der Kulkwitzer See. Der ehemalige Braunkohletagebau wurde 1963 geflutet und entwickelte eine reiche Flora und Fauna. Er zählt mittlerweile zu den Top 10 der deutschen Tauchgewässer. Bekannt ist der See auch für seine großen Welse. Nicht nur aus Deutschland reisen Taucher an, um diese Fische in natürlicher Umgebung zu beobachten. Der größte bisher im Kulkwitzer See gesichtete Wels hatte die stattliche Größe von ca. 2,20 m. Welse sind Raubfische, die von der Beute alles nehmen, was sie von der Größe bewältigen, so Fische, Wasservögel gelegentliche auch kleine Nager. Im Sommer 2009 wurde allerdings der Jäger zum Gejagten, als Fischwilderer einen großen Kulkwitzer Wels harpunierten, ihn schwer verletzten und für Empörung in der Bevölkerung sorgten. Bildnachweis: Der Rosenkavalier: M. Herzfeld / Semperoper Dresden • Welse im Kulkwitzer See: Marco Schnabel – Fotolia.com Löbnitzer Bilderdecke: Hartmut König
Fotografie: Joscha Steffens (jost), Barbara Proschak, Lina Ruske, Christoph Ruhrmann Titelfoto: Christoph Ruhrmann Marketing: Giorgos Kalaitzis
Distribution/Marketing: Daniel Tieg
Messen und Kongresse: Nicole Linares Ramo
Schlussredaktion: Janet Schönfeld, Franziska Reif, Esther Niebel Geschäftsleitung, Herausgeber: Claus-Peter Paulus (V.i.S.d.P.)
Erscheinungsweise: Quartalsweise Druck: LÖHNERT-DRUCK Handelsstraße 12, 04420 Markranstädt
Geprüfte Auflagen und Verbreitung: Der Verlag unterliegt mit der Auflage und Verbreitung des REGJO Magazins (das Wirtschafts- und Kulturmagazin für Mitteldeutschland) der Kontrolle zur Feststellung von Werbeträgern.
REGJO – Das Magazin für Mitteldeutschland ist Gewinner des Silber-Award im Wettbewerb um den BCP (Best of Corporate Publishing) 2010 in der Kategorie B2B Medien/Entertainment/Kultur. Weitere Infos zum Award und den diesjährigen Preisträgern erhalten Sie unter: www.bcp-award.de Partner des Verlages:
Medienpartnerschaften:
regjo LEIPZIG/HALLE
Bachelorstudium § § § § § §
Sport-, Medien- und Eventmanagement Mode-, Trend- und Markenmanagement Tourismus-, Hotel- und Eventmanagement Kommunikations- und Medienmanagement / PR Internationales Marketing, Marken und Medien Gesundheitsmanagement, Sport und Prävention
Rubrik 121
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Bierdeckel Erfinder: Robert Sputh Deutschland, Mittelndorf (Sächsische Schweiz), 1892
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