REGJO 04/2012

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REGJO

31. Ausgabe 4/2012 3,90 EUR

Das Magazin für Wirtschaft und Kultur aus Mitteldeutschland

ISSN 1614-2837 www.regjo-leipzighalle.de

Alles fließt

„Leipzig, the better Berlin“ Segeln für die Wirtschaft Russland ante portas Mit Zeolith zum Zenit Forschen für die Green Economy Kein Dix nirgends Das ewige Leben in der Kunst

S. 16 S. 21 S. 32 S. 66 S. 72 S. 89 S. 109


C h e m n it z | D e s s au-R oß l au | D r e s d e n | E r f u r t | G e r a | H a l l e | Je n a | L e ip z ig | M agd e b u r g | We i m a r | Zw i c k au

Alle Wege führen zu uns Denn an uns kommt niemanD vorbei. Als dynamischer Wirtschafts- und Logistikstandort punktet die Metropolregion Mitteldeutschland bei Unternehmen und Investoren durch ihre zentrale Lage, die exzellente Verkehrsinfrastruktur und die Nähe zu den Wachstumsmärkten Mittel- und Osteuropas. Neben traditionellen Industriezweigen wie der Automobilbranche, dem Maschinenbau und der Chemieindustrie ist die Region auch ein attraktiver Standort für die Hochtechnologiebranchen Mikroelektronik, Biotechnologie und E-Commerce. BMW, Porsche, DHL und Dow sind hier ebenso zu Hause wie Intershop, Amazon und Zalando. Überzeugen sie sich selbst!

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metropolregion mitteldeutschland


Liebe Leserinnen, liebe Leser, genau vor einem Jahr informierten wir Sie mit der Ausgabe „Unter Strom“ über die „Energiewende auf mitteldeutsch“. Im nun 2. Teil in der Winterausgabe 2012 sind wir dem Thema weiter auf der Spur. Fachkundig und stets mit einem kritischen Blick ist unser Redakteur Martin Jendrischik mit Wissenschaftlern und Unternehmern ins Gespräch gekommen und widmet sich dem „Brennstoff“ Energiewende, anhand konkreter Beispiele produzierender Unternehmen wie Linde oder Styron oder hiesiger Forschungseinrichtungen wie dem Spitzencluster BioEconomy. Der innovative Geist, der in Mitteldeutschland immer sicht- und spürbarer wird, hat uns im Zuge unserer Recherchen überzeugt. Es ist eben nicht vermessen zu sagen: Vorbild Ostdeutschland! Kunst und Kultur ist und bleibt ein großes und wichtiges Thema für die Region und somit natürlich auch für uns als Verlag. In dieser Ausgabe nehmen wir Sie mit nach Hellerau, um Ihnen die Gründungsidee und Entwicklung dieses besonderen Ortes näherzubringen. Wir fragen in Gera nach, was aus dem lange geplanten OttoDix-Museum geworden ist und schließlich berichten wir über das Klinger-Forum in Leipzig, das zum Wagnerjubiläum 2013 eine Ausstellung in Kooperation mit dem Palazzo Fortuny in Venedig plant. Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beweisen damit wieder das unerschöpfliche Potenzial einer facettenreichen Kulturregion. Deutschland und Russland in der besten Periode ihrer gemeinsamen Geschichte: Anlässlich des Deutsch-Russischen Freundschaftsjahres 2012 widmet sich REGJO diesem Thema. Wir berichten über die neu aufgenommene Arbeit des Ost-und Mitteleuropavereins in Sachsen sowie über den deutsch-russischen Wirtschaftsstammtisch, bei dem Fragen potenzieller mittelständischer Investoren beider Länder gemeinsam mit Experten diskutiert werden. Ein exklusiver Besuch in der einzigen russischen Ballettschule in Ostdeutschland verzaubert das Thema Russland auf ganz eigene Weise. Unsere neue Rubrik „Nachbarn“ wird fortan die wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen in den GUS-Staaten veranschaulichen. Im Teil „Regionale Wirtschaft“ erwartet Sie eine große Bandbreite weiterer spannender Themen, vom Club International bis zur Erfolgstory „Leipzig, the better Berlin“; innovatives Standortmarketing mit Hand und Herz des Leipziger Unternehmers Bernhard Rothenberger von Auerbachs Keller. Als Besonderheit dieser REGJO-Ausgabe begleitet das Leipziger Start-up- Unternehmen publishAir das Heft mit QR Codes. Scannen Sie mit Ihrem Smartphone den Code und Sie werden automatisch auf eine Benutzeroberfläche geleitet, von der aus Sie auf die verschiedenen Zusatzinformationen zurückgreifen können. Ausgewählte Artikel sowie das Magazin selbst, zu dem Sie über den QR Code zum Beispiel bequem die Mediadaten aufrufen können, haben wir mit den Codes ausgestattet. Mit der Winterausgabe schließen wir das REGJO-Jahr 2012 und freuen uns, Sie auch im nächsten Jahr als Leser begrüßen zu können. Herzlichst, Ihr Claus-Peter Paulus

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Lust auf Schnee!

Informationen zum Wintersport im Thüringer Wald finden Sie im eingelegten Flyer.

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01

Editorial

05

4 Köpfe – 4 Meinungen

Innovation & Tradition 06

Nachbarn

Erfolgreiche Unternehmensgründung Gutes Gelingen mit Ideen, Kapital und Netzwerk

30

Musik der Macht – Macht der Musik Was wäre der Russe ohne seine Lieder?

12

Informationen für die Hosentasche

32

Objekte, die Kontakt suchen, und aussterbende Texttafelnl

… und wirft viele Fragen auf

36 15

Russland ante portas

Internationalität ganz familiär

Rollender Rubel Russlands Potenziale

Das „Home away from home“-Gefühl

44 16

Leipzig, the better Berlin

Grazie und Schönheit Pippi Langstrumpf im russischen Ballett

Ein Gastronom bewirbt die Stadt

18

Warum die Ukraine?

Titel: Energie & Umwelt

Eine Roadshow verrät es

Regionale Wirtschaft 20

46

Der Mix macht’s

Wir nehmen Sie mit auf eine Rundreise durch Mitteldeutschland und zeigen Ihnen, wie ein schonender Umgang mit Ressourcen möglich ist

Unternehmen profitieren von älteren Arbeitnehmern

21

Auf den Spuren der Green Economy

Segeln für die Wirtschaft Nach Schottland oder Spanien

60

Energiewende auf Irrwegen? Wegweiser eines Wirtschaftsethikers

22

Von der Kohle zur Mole Es blüht im Baggerloch

24

66

Mit Zeolith zum Zenit Revolutionen in der Wärme- und Kältetechnik

Up in the Air Einmal Welt und zurück

72 27

Ein Dorf heizt ein

Forschen für die Green Economy Neue Mobilität und intelligentes Licht

Warmes Gemeindeleben

78

Akzeptanz des grünen Wandels Nichts ist so beständig wie die Veränderung

80

Weil Erfahrung zählt Die Generationenfrage mit Wertschätzung beantworten


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Kultur 83

32

INHALT 3

Russland ist als letzte der großen Volkswirtschaften der Welthandelsorganisation beigetreten und wird damit ein bedeutender Markt für mittel- und langfristige Investitionen. Wenn man sich auf seine Andersartigkeit einlässt, kann sich ein Engagement lohnen.

Mit Engagement stiften gehen Geschenke für das Museum

89

Kein Dix nirgends Über ein Kunstmuseum, das es nicht gibt

90

Ist das Kunst oder kann das weg? Ästhetik der Existenz im Festspielhaus Hellerau

94

Nachdenken über Malerei Zwischen Bilderflut und Widerstand

98

Im Getriebe der Zeit Faszinierender Ingenieursgeist von gestern

109 Bücherbox LutherLeipzigLyrikon und Wirtschaftswachstumswahnsinn

104 Francke jubelt

60

Zeitgeister in Wunderkammern

Was macht die Green Economy in Mitteldeutschland aus? Die REGJO-Redakteure Martin Jendrischik und Mirjam Schmidt haben ihre Spürnase genutzt, und Unternehmer, Wissenschaftler und Kommunen entdeckt, die zeigen, dass die Green Economy realisierbar ist.

106 Halle! Und nicht Hollywood. Stars entstehen an der Saale

109 Das ewige Leben in der Kunst Lebensstationen Richard Wagners zwischen Leipzig und Venedig

113 Mit Schirmmütze im Gewandhaus Ungewöhnlich Klangkombinationen in einem Konzerthaus

116 Kalender

83

Mittlerweile sind die Ankaufbudgets der meisten Museen so niedrig, dass die Häuser auf private Initiativen angewiesen sind, um ihrem Bildungsauftrag gerecht zu werden. Private Sammler, Stifter und Förderer werden für die staatlichen Museen in ganz Deutschland, besonders aber für Mitteldeutschland immer wichtiger. REGJO fragt nach.


Mit Werten in Führung gehen 17.–19. Januar 2013 Congress Center Leipzig ■ ■ ■ ■ ■

Wie Wie Wie Wie Wie

führe ich mit christlichen Werten? finde und lebe ich meine Berufung? entwickle ich persönliche Stärke? gehe ich mit Krisen um? kann ich Burnout vermeiden?

Referenten u.a.: Als Unternehmen gesellschaftlich verantwortlich handeln

Nicola Leibinger-Kammüller

Geschäftsführung Trumpf GmbH + Co. KG

Ohne Werte ist kein Staat zu machen

Dr. Hans-Peter Friedrich Bundesinnenminister

Mit Exklusiv-Veranstaltung „Forum Familienunternehmer“ am 18. Januar (im NH Hotel Messe)

Der Glaube der Ökonomie und die Ökonomie des Glaubens

Tomáˇs Sedlácˇek

Mitglied des Nationalen tschechischen Wirtschaftsrats Veranstalter:

www.führungskräftekongress.de


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Juliane Beyer

Petra Stein

Dr. Christian Blüthner-Haessler

MEINUNG 5

Marion Schneider

4 Köpfe – 4 Meinungen Mitteldeutschland ist auf einem guten Weg zur Green Economy. Dazu leisten immer mehr Unternehmen ihren Beitrag. Welche Rolle spielt der schonende Umgang mit Ressourcen in Ihrem spezifischen Geschäftsumfeld?

Juliane Beyer, Mitglied der Geschäftsleitung

der Innovative Mobility Automobile GmbH:

„Wir haben uns die Aufgabe gestellt, einen effizienten Mobilitätsbaustein anzubieten. Mit dem Einpersonen-Elektroleichtfahrzeug Colibri ermöglichen wir Geschäftskunden, wie Essenslieferanten oder Pflegediensten neben der Schonung von Ressourcen, eine 40 prozentige Kosteneinsparung, verglichen mit der Nutzung üblicher Kleinwagen. Auch Pendler sind zu 85 Prozent allein im Fahrzeug unterwegs, reduzieren mit dem Colibri 75 Prozent ihres CO2-Ausstoßes. Sicherheit, Komfort und Fahrspaß werden davon nicht beeinträchtigt. Effizienz und Schonung von Ressourcen ist auch Teil unserer Unternehmenskultur. So nutzten Geschäftsführung und Mitarbeiter nur öffentliche Verkehrsmittel, ein Erdgasauto oder das Firmenfahrrad und tragen so zu einem grünen Thüringen bei.“ Petra Stein, Regionalgeschäftsführerin der Alexianer Kliniken Sachsen-Anhalt:

„In der täglichen Arbeit orientieren wir uns an unserem christlichen Leitbild, das Nächstenliebe und Bewahrung der Schöpfung groß schreibt. Für unseren schonenden

Umgang mit Energie und Umwelt, hat der Bund unsere Kliniken in Wittenberg und Dessau mit dem Gütesiegel „Energie sparendes Krankenhaus“ ausgezeichnet. So haben wir in Dessau unter anderem unsere Außenbeleuchtung auf LED umgestellt und nutzen Wärmerückgewinnungsanlagen in den Heizzentralen. In Wittenberg erwärmen wir beispielsweise das Trinkwasser über eine solarthermische Anlage. Neben unseren Mitarbeitern, die wir als die wichtigste Ressource betrachten und achten, spielt gemäß unserer Unternehmensphilosphie auch der ökologische Aspekt eine bedeutende Rolle.“ Dr. Christian Blüthner-Haessler, Geschäftsfüh-

rer der Julius Blüthner Pianofortefabrik:

„Man sollte sich bewusst machen, dass ökologische und ökonomische Aspekte direkt miteinander verknüpft sind. Unternehmen sollten daher meiner Meinung nach ein gewisses Eigeninteresse entwickeln, um Ressourcen zu schonen und geschlossene Kreisläufe herzuleiten. Wir achten beispielsweise im Rahmen unserer Produktion darauf, möglichst nationale und im besten Fall regionale Hölzer zu verarbeiten – das spart unnötige Transporte und CO2. Alt-

Bildnachweis: Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr, Carmen Niebergall, Dr. Ulrich Koenitz, fmp foto-media-print

instrumente und Holzabfälle werden geschreddert, um in unserer Späneheizung selbst Wärme zu produzieren, 80 Prozent unseres Strombedarfs deckt unsere Photovoltaikanlage ab, metallische Stoffe werden recycelt und dem allgemeinen Wertstoffkreislauf zugeführt.“ Marion Schneider, Geschäftsführende Gesellschafterin (CEO) der Toskanaworld GmbH:

„Im Wasser treiben, melodischen Klängen des „Liquid Sound“ unter einem Himmel aus Farben lauschen. Herzlich willkommen in einer Welt aus Glück und Entspannung, in der wir eine etwas andere Art des Badens zelebrieren. Während des Betriebs der Toskana Therme Bad Sulza steht für uns als Unternehmen Entspannung mit gutem Gewissen im Vordergrund. Als wichtigen Bestandteil des Energiekonzepts nutzen wir zwei Blockheizkraftwerke und Thüringens größten Erdwärmekollektor und senken damit die an die Umwelt abgegebenen CO2 Emissionen. Aktuelle Projekte befassen sich mit Energieeinsparpotentialen, z.B. die Installation einer Abwasserwärmerückgewinnung. Auch künftig begeben wir uns auf den spannenden Weg der Umsetzung geplanter Umweltmaßnahmen.“


Podiumsdiskussion auf dem Leipziger Forum für Innovation und Investition.

Leipziger Forum für Innovation und Investition Technologiegründerfonds Sachsen (TGFS) diskutiert Bedingungen für erfolgreiche Unternehmensgründungen in Leipzig Text: Simone Vierkant

Fotografie: Peter Endig

„In puncto Innovation und Technologietransfer ist die Region Leipzig inzwischen ein junges Unternehmen, das die Start-up-Phase zwar hinter sich, entsprechend viele Herausforderungen aber noch zu bestehen hat“, brachte es Veranstalter Christian Vogel, Geschäftsführer der am Technologiegründerfonds Sachsen (TGFS) beteiligten CFH-Beteiligungsgesellschaft, auf den Punkt. Am 15. Oktober 2012 folgten rund 100 Teilnehmer der Einladung und diskutierten in der Alten Börse die spezifischen Herausforderungen für technologieorientierte Gründungen in der Messestadt. IDEEN.KAPITAL.NETZWERK war das Motto der Veranstaltung. Es ist dieser Dreiklang, den eine Unternehmensgründung braucht. Günstige Voraussetzung für Ideen: In Leipzig gibt es zahlreiche Hochschulen und Forschungseinrichtungen mit exzellentem akademischen Know-how und Potenzial an guten Einfällen. Die Leipziger Stiftung für Innovation und Technologietransfer hat an der Handelshochschule Leipzig z.B. eine eigene Juniorprofessur für Entrepreneurship und Technologietransfer ins Leben gerufen – mit dem Ziel, den „Unternehmergeist“ in Leipzig wieder zu entfachen. Mit SMILE – Selbst-Management-Iniative LEipzig bieten die Leipziger Hochschulen jungen Menschen außerdem eine Plattform. Sie unterstützt sie bei dem Prozess, aus ihren Ideen ein Geschäftsmodell werden zu lassen. Gewappnet mit einem guten Konzept stoßen Gründungswillige dann aber schnell auf eine große Hürde: Fehlendes Startkapital. Hier weist Leipzig ein Strukturproblem auf, wie es ganz typisch für Ostdeutschland ist: Private-Venture-Capital-Gesellschaften oder Unternehmer, die vor Jahrzehnten selbst erfolgreich gegründet haben und nun bereit sind, Geld bereitzustellen, gibt es hier nicht. Gerade für das spezifische Potenzial Leipzigs, das v.a. in den Geisteswissenschaften, der Kreativwirtschaft und dem Bereich Life Science liegt, fehlt oft das Geld. Diese Lücke lässt sich durch einen Frühphasenfonds mit staatlicher Beteiligung teilweise schließen. Der TGFS ist ein positives Beispiel: Mit einem Gesamtvolumen von 60 Millionen Euro sind an der Finanzierung der Freistaat Sachsen mit Unterstützung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, aber auch die Sparkassen Leipzig, Chemnitz und Dresden

und die Sachsen-Bank/CFH Beteiligungsgesellschaft mbH beteiligt. Die Mittel stehen Existenzgründern aus dem Hochtechnologiebereich zur Verfügung und werden für die Vorgründungsphase (Seed) und die Start-up-Phase vergeben. Doch wie kommen Idee und Kapital zusammen? Hierbei spielt der dritte Faktor, das Netzwerk(en), eine entscheidende Rolle. Der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Burkhard Jung, bringt es auf den Punkt: Nur wenn sich wichtige Akteure kennen und verbinden, werden Kraft zehrende Reibungsverluste vermieden. Das Leipziger Forum für Innovation und Investition ist so ein Ort, an dem Netzwerke gestärkt werden, weil Kapitalgeber auf Unternehmergeist treffen. Daher soll die Veranstaltung in Chemnitz und Dresden wiederholt werden.

Ansprechpartner für interessierte Unternehmensgründer: TGFS – Technologiegründerfonds Sachsen Region Leipzig Herr Daniel Hübner S-Beteiligungsmanagement Leipzig GmbH Nordstraße 27, 04105 Leipzig www.s-beteiligungen.de Tel.: 0341 986 7241 Email: info@s-beteiligungen.de Beteiligungscenter (für Anfragen von außerhalb Sachsens) Herr Sören Schuster CFH Beteiligungsgesellschaft mbH Löhrstraße 16, 04105 Leipzig www.cfh.de Tel: 0341 220 38830 Email: cfh@cfh.de


REGJO Innovation und Tradition 7

Die mitteldeutsche Industrie braucht Energie, also den sicheren Zugang zu Rohstoffen.

Mangel an Planungssicherheit Die sichere Rohstoffversorgung ist für die Industrieunternehmen der Region von höchster Bedeutung – und für ihre Planungssicherheit Text: IHK zu Leipzig

Fotografie: IMG Sachsen-Anhalt mbH

Die Bedeutung einer sicheren Rohstoffversorgung haben Unternehmen zunehmend im Fokus. Auslöser für das gewachsene Problembewusstsein sind die massiv gestiegenen Preise unter anderem für Industriemetalle, Agrarrohstoffe und Bodenschätze wie Seltene Erden. Welche Herausforderungen die gewerblichen Unternehmen in der Leipziger Wirtschaftsregion in puncto Rohstoffversorgung sehen, zeigt eine Umfrage der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig vom Frühjahr 2012. Daran beteiligten sich 534 Betriebe aus dem IHK-Bezirk Leipzig (Stadt Leipzig, Landkreise Nordsachsen und Leipzig). So bereiten insbesondere die Preissteigerungen der vergangenen Jahre den Unternehmen zunehmend Probleme. Dies signalisieren 63 Prozent der Firmen (Industrie: 82). Fast 30 Prozent der Unternehmen (Industrie: 42) haben mittlerweile Schwierigkeiten mit der Vertragssicherheit beim Rohstoffbezug. Um eine ausreichende Versorgung mit Rohstoffen sicherzustellen, setzen sie meist auf längerfristige Lieferver-

träge. Demgegenüber bemühen sich angesichts der Preissprünge die Rohstoffanbieter, Verträge für kürzere Zeiträume abzuschließen. Die Planungssicherheit in den Unternehmen nimmt ab, weil die zusätzlichen Kosten schwer kalkulierbar sind. Der generelle Zugang zu Rohstoffen stellt dagegen noch kein gravierendes Problem für die hiesigen Unternehmen dar. Dies deuten etwa 12 Prozent an. Handlungsdruck für Unternehmen steigt – Prüfung von Alternativen – Politik gefordert Bei der aktuellen Einschätzung der größten Risiken für die weitere geschäftliche Entwicklung liegt der Faktor „Energie- und Kraftstoffpreise“ mit 60 Prozent an der Spitze. Ein Drittel der befragten Unternehmen sieht in der Entwicklung der Rohstoffpreise das größte Geschäftsrisiko. Das Rohstoffproblem erzeugt besonders in rohstoffintensiven Industrieunternehmen

einen hohen Handlungsdruck: Zum einen werden betriebsintern das Ressourcenmanagement, der effiziente Ressourceneinsatz sowie Substitutionsmöglichkeiten durch andere Rohstoffe eruiert. Zum anderen wird nach neuen Lieferanten (80 Prozent der Industrieunternehmen) und Bezugsquellen gesucht und dabei versucht, längerfristig angelegte Bezugsverträge einzugehen (fast 60 Prozent der Industrieunternehmen). Etwa 10 Prozent der gesamten befragten Betriebe nutzen Termingeschäfte, um sich gegenüber Preissteigerungen abzusichern. Aufgrund der starken Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von Rohstoffimporten gilt es von Seiten der Politik, den Zugang zu heimischen Rohstofflagern langfristig zu sichern, die Bemühungen der Unternehmen bei der Rohstoffbeschaffung zu flankieren, Effizienz und Innovation zu unterstützen sowie staatliche Mindeststandards zu vermeiden. www.leipzig.ihk.de


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Leipziger Messe GmbH / Mario Kühn

REGJO Innovation UND TRADITION 9

Veränderungen machen Stress Veränderungen stoßen zunächst oft auf Ablehnung, verursachen Spannungen im Team und sogar gesundheitliche Probleme. Bei der leistungsverträglichen Gestaltung solcher Prozesse hilft psychosoziale und -mentale Begleitung Text: Sabine Freutsmiedl Fotografie: Norbert Zeller/Fotolia

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Deshalb steht er Veränderungen skeptisch gegenüber, bevor er ihre Nutzen und Chancen erkennt. Veränderungsprozesse und damit verbundene Anforderungen können unterschiedliche Verhaltensweisen von der mühelosen Anpassung über innere Widerstände bis hin zur Regulationsstarre auslösen. Dies beeinflusst Teamdynamik, Innovationskraft und Produktivität. Es drohen langfristige Leistungs- und Produktivitätsverluste sowie Erkrankungen, die wiederum Fehlzeiten nach sich ziehen. Damit Unternehmensentwicklungen von der Belegschaft mitgetragen und vorangebracht werden, ist jeder Einzelne da abzuholen, wo er steht. Dabei müssen Ängste, Befürchtungen, innere Widerstände und Blockaden wahrgenommen werden, um sie in einen Willen zum Wandel und zur Weiterentwicklung zu transformieren. Nur wer in den Veränderungsprozess integriert ist, erlebt sich als Teil der Veränderung und damit auch als Teil des Ziels oder der Lösung. Resilienz bezeichnet die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen und ungeplanten Turbulenzen. Sie hilft dem Menschen, sich innerhalb solcher Ereignisse schnell zu orientieren, um sich konstruktiv und lösungsorientiert zu verhalten. Dazu

werden Führungskräfte und Mitarbeiter durch eine gezielte Begleitung befähigt. Gesunde Organisationsentwicklung im Rahmen eines ganzheitlichen ChangeManagements sieht die Integration von psychosozialen und psychomentalen Begleitkonzepten, Stressregulationstrainings auf der Basis der Herz-Rhythmus-Variabilität und integrative Führungskräfteentwicklung als wichtige Bausteine und Hebel vor. Eine entsprechende Evaluation ergänzt den Prozess. Gesundheitsorientiertes ChangeManagement rechnet sich mit einem Return on Investment von mindestens 1:4 und bildet ein unerlässliches Element in einem innovativen, ganzheitlich verstandenen Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM). Die Autorin ist geschäftsführende Inhaberin des Metabalance-Instituts und der Stressambulanz Leipzig, erfahren in der systemisch-integrativen Unternehmensberatung und langjährige Dozentin für Ganzheitliches Veränderungsmanagement, Führungskräfteentwicklung, FührungskräfteNachwuchstraining, Ganzheitliches Betriebliches Gesundheitsmanagement, Stressregulation und Work-Life-Balance. Sie ist Herausgeberin und Mitautorin des Buches „Vitale Unternehmen in Balance“.

„Immobilien 2013” Mitteldeutscher Immobilienmarkt im Fokus Die Vorbereitungen für eine der wichtigsten Immobilienmessen für Mitteldeutschland laufen auf Hochtouren. Die IMMOBILIEN 2013 wird als Branchenplattform wieder die Region in den Fokus rücken. Mit dem Bereich „Gewerbe & Kongress“ am 21. und 22. Februar und dem Bereich „Wohnen & Eigentum“ vom 22. bis 24. Februar richtet sich die Veranstaltung an Fach- und Privatbesucher gleichermaßen. Neben der Ausstellung erwartet die Besucher wieder ein hochkarätiges und informatives Rahmenund Fachprogramm. Der Bereich „Gewerbe & Kongress“ ist die ideale Plattform für Networking, Marktüberblick und Investitionsentscheidungen in Mitteldeutschland, die umfangreiche Informationen über die aktuellen Trends und Entwicklungen auf dem Gewerbeimmobilienmarkt bietet. Damit wird die Veranstaltung zum wichtigen Branchentermin. „Wohnen & Eigentum“ richtet sich an zukünftige Mieter, Bauherren und Investoren. Die Aussteller präsentieren ihr Angebot an Grundstücken, Häusern und Wohnungen. Experten beraten vor Ort über die zahlreichen Varianten der Immobilienfinanzierung. FR www.immobilienmesse-leipzig.de


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Connex erinnert Sie gerne daran:

Unternehmen sind aUch zUm spass da. Sie hatten im vergangenen Jahr kaum Zeit für das wirklich Wichtige? Sondern einfach viel zu viel Unnötiges auf dem Tisch? Und das bereitete Ihnen alles andere als ein Vergnügen? Dann wird es Zeit für einen Wechsel. Einen Wechsel von alt zu neu. Einen Wechsel zu Connex. Mit dem ganzen Spektrum an Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Unternehmensberatung und Rechtsberatung tun wir das, was wir am besten können: Ihnen einen freien Kopf verschaffen und Sie daran erinnern, mehr Spaß an Ihrem Geschäft zu haben. Hört sich das gut an? Dann schauen Sie doch mal, wo Sie uns in Ihrer Nähe finden und machen Sie einen Termin mit uns aus. Wir freuen uns. www.connex-stb.de


12 INNOVATION UND TRADItION RegJo

Mehr Informationen „für die Hosentasche“ – einfach und überall verfügbar publishAir hat ein kombiniertes System aus Hard­und Software entwickelt, das innerhalb geschlossener Räume automatisch Informationen zur unmittelbaren Umgebung liefert und zusätzlich die Navigation in großen Gebäuden ermöglicht.

Smartphones und mobile Kommunikation sind aus dem privaten Leben nicht mehr wegzudenken. Heute haben wir täglich Zugang zu Emails, Terminkalendern, Fotos und Videos - egal wo wir uns gerade befinden. Und auch für Unternehmen wird diese Form der „Kommunikation für die Hosentasche“ immer wichtiger, um Mobilität, Erreichbarkeit und Produktivität zu steigern. Die publishAir UG ist ein junges Leipziger Startup-Unternehmen, das sich auf die Übermittlung mobiler Inhalte für Smartphones und Tablet-PCs spezialisiert hat. Alexander Stinka, Programmierung, und Anne Halka, Softwaredesign sowie Erstellung und Aufbereitung der Inhalte, sind die Gesichter von publishAir. Neben klassischer App-Entwicklung und QR-Code-Kampagnen setzt das Unternehmen nun auch auf eine völlig neue Form der mobilen Übermittlung digitaler Inhalte. publishAir bietet ein System, das Informationen zu Objekten deutlich einfacher als bisher zugänglich macht. Ohne dass Informationen vom Anwender erst abgerufen werden müssen, nehmen die Objekte jetzt selbst Kontakt mit den Mobiltelefonen der Besucher auf.

Ob Gebäude, Auto, Kunstwerk oder sonst Etwas, zu dem es mehr Informationen gibt, als auf den ersten Blick ersichtlich – publishAir hat ein System mit Potential für viele Branchen entwickelt Ohne lästiges Suchen werden Inhalte direkt auf dem Smartphone oder Tablet‐PC angezeigt, sobald man sich in der Nähe eines interessanten Objektes befindet. Dank einfachster Bedienung kann sich der Besucher auf seine Umgebung konzentrieren und erhält auf Fingerdruck den multimedialen Rahmen als Text, Bild, Audio, Video oder als interaktives Element. Lange Texttafeln, die die Betrachtung von Objekten in Ausstellungen stören, gehören damit der Vergangenheit an. Und so funktioniert‘s: Der Besucher lädt sich vor dem Besuch beispielsweise einer Ausstellung eine Applikation auf sein Smartphone. Diese weiß während des Aufenthaltes, wo sich der Besucher gerade im Raum oder Gelände befindet. Dazu werden Signale von kleinen Sendern übermittelt, die sich an den Objekten befinden. Diese Signale erkennt die Applikation und holt automatisch weiterführende Informationen zu genau


REGJO INNOVATION UND TRADItION 13

Schematische Darstellung - Objekt sendet Informationen an Smartphone

den Objekten in der unmittelbaren Umgebung auf das mobile Gerät. Zusätzlich hilft das System den Besuchern, sich auf einem Gelände oder in einem Gebäude zu orientieren. Das System ist sowohl innen als auch außen, beispielsweise in Ausstellungen, Autohäusern, Freizeitparks und Gedenkstätten, einsetzbar. Interaktive Kommunikation zwischen Anbieter und Besucher Im Vordergrund der Entwicklung steht die Interaktion zwischen Besucher und Anbieter. Anbieter sind zum Beispiel Aussteller, Museen und Einzelhandelsketten, Ladengeschäfte mit Ausstellungsfläche oder Fotoateliers - Anbieter also, die über das bloße Anzeigen von Informationen hinaus ihren Besuchern und Kunden eine völlig neue Möglichkeit der interaktiven Kommunikation bieten wollen. Vorteil des Systems: Es ist flexibler, kosteneffizienter und inhaltlich leistungsfähiger als vergleichbare Lösungen. So müssen beispielsweise keine speziellen oder teuren Geräte bereitgehalten werden, denn genutzt wird dafür die bestehende Infrastruktur der Smartphones der Benutzer. Darüber hinaus kann das System für Sonderwerbeformen und Couponing sowie

für Nutzerstatistiken und Besucherbefragungen verwendet werden. publishAir entwickelt außerdem mobile Webseiten. Sie werden auf Basis einer bestehenden Webseite erstellt und für die Bedienung mit Touchscreen optimiert. Anbieter dieser mobilen Webseiten werden auch unterwegs schneller und besser von ihren Kunden gefunden. Die Einführung und Vermarktung dieser Form mobiler Webpräsenz wird auf Wunsch natürlich mit QR-Codes unterstützt, die – auf Printmedien platziert – die entsprechende mobile Webseite aufrufen.

Der QR-Code, die Schnittstelle zur Info, probieren Sie’s aus.

Anne Halka und Alexander Stinka geben publisAir ein Gesicht

www.publishair.de.


www.porsche.de

In Leipzig entstehen große Gefühle. Weil klassische Töne auf modernen Sound treffen. Als Global Partner des Gewandhausorchesters Leipzig freut sich Porsche auf die Gewandhaus-Saison 2012/13.

Kraftstoffverbrauch (in l/100 km) innerorts 16,1–14,8 · außerorts 8,5–8,0 · kombiniert 10,9–10,7; CO2-Emissionen 256–251 g/km


Internationalität ganz familiär Im Club International begegnen sich Vordenker und Führungskräfte über Grenzen hinweg zu interessanten Gesprächen und Networking in einem stilvollen und historisch bedeutsamen Ambiente Text: Janet Schönfeld

Fotografie: Club International

In der Bibliothek der Gründerzeit-Villa des Verlegers Hermann Julius Meyer sitzen an diesem Montagabend ein Akademiker und ein Diplomat in braunen Ledersesseln vor einem kleinen Publikum, schummriges Licht umhüllt die etwa dreißig Anwesenden, Laternenschein von draußen, ein knarzender Holzfußboden – das Knistern des Kamins im Foyer macht die heimelige Wohnzimmer-Atmosphäre perfekt. Die Präsidentenwahl in den USA liegt genau zwanzig Tage zurück und Professor Crister S. Garrett, der an der Leipziger Universität Amerikanistik lehrt, und der amerikanische Generalkonsul Mark J. Powell wollen einen näheren Blick auf die Entwicklungen in ihrem Heimatland wagen. Was war entscheidend für Obamas Comeback? Wie steht es um die Einwanderungspolitik, um den demografischen Wandel, die transatlantischen Beziehungen? Welche Rolle spielt der Aufstieg Chinas? Charmant entschleunigen Und wo kann man sich diesen Fragen besser nähern als in einem Verein, der sich die Internationalität auf die Fahnen geschrieben hat? 1996 ins Leben gerufen, will der Club International e.V. die Völkerverständigung fördern, unterschiedliche Kulturen zusammenbringen und damit eine Plattform des

intellektuellen Gedankenaustauschs sein. Das Ambiente dafür stimmt. Betritt man die Villa in der Käthe-Kollwitz-Straße, spürt man noch den Geist des Lexika-Verlegers Meyer, der seinerzeit einen Verlag von Weltgeltung besaß und dennoch sein philanthropisches Wesen auslebte. Das Haus ist im Stile eines italienischen Palazzo gebaut und versprüht nach seiner Restaurierung wieder den Charme und die bürgerliche Hochkultur aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts, verbunden mit Elementen der Moderne. Ein antikisierender Portikus, ein holzvertäfelter Windfang, Kassettendecken in Bierlasurtechnik, Kronleuchter und als Kontrast bunte Gemälde in Neonfarben. Ein zweites Zuhause Sofort beruhigt sich das Gemüt, die Seele entschleunigt, man will in einem der Sofas versinken, ein Glas Wein in der einen, eine Zigarre in der anderen Hand, vielleicht reden, vielleicht auch nur genießen. „Genau so soll es sein“, sagt Detlef Bischoff, Präsident des Clubs, „die Mitglieder können mit ihren Geschäftspartnern kommen, sie können hier vertrauliche Gespräche führen, Veranstaltungen und Vorträgen folgen und auch ihre Familien mitbringen.“ Und nebenbei den Eigenheiten anderer Kulturen begegnen. Wie bei der heutigen englisch-sprachigen Diskussions-

Clubabend in der Bibliothek

runde. Die amerikanische Politik ist niemandem im Publikum fremd, Amerikaner sind dabei und deutsche Geschäftsleute, hier und da gibt es ein zustimmendes Kopfnicken, ein wissendes Lachen oder interessierte Fragen an die beiden Experten. Nicht zuletzt auch durch die Mitgliedschaft des Club International in einem Netzwerk von 250 Business Clubs weltweit entsteht hier ein weiteres Stück Weltstadt. Ganz in der Tradition des Leipziger Bürgertums. Es ist dieses „Home away from home“-Gefühl, das zweite Zuhause, das den Club International zu etwas Besonderem macht, und es ist wahrscheinlich auch der blaue Zigarrendunst, der nach dem offiziellen Teil der Veranstaltung aus der Bibliothek herüberweht. www.club-international.de


Bernhard Rothenberger, Betreiber des Restaurants Auerbachs Keller, sicherte sich die Markenrechte am frechen Slogan – und betreibt neben Werbung für sein Unternehmen Stadtmarketing. Er agiert damit nicht nur erfolgreich im Eigeninteresse, sondern auch im Interesse des Gemeinwohls Text: Dr. Zita A. Pataki

Den jüngsten Werbespruch bescherte der Stadt nicht eine Marketing-Agentur, sondern ein Journalist der New York Times, der 2010 Leipzig und Berlin verglich und so die Steilvorlage zu einem marktfähigen Slogan lieferte. Leipzig einer anderen Stadt gegenüberzustellen, mag im Zeitalter vergleichender Werbung nicht verwundern, die Stadt mit Hauptstädten zu messen, hat allerdings einen längere Tradition. In Goethes „Faust“, genauer in Auerbachs Keller, heißt es ja schon: „Mein Leipzig lob ich mir, es ist ein klein Paris….“ Der aktuelle Hauptstadtvergleich tönt wieder aus Auerbachs Keller – denn Geschäftsführer Bernhard Rothenberger hat sich den Spruch schützen lassen. Leipzig für Touristen attraktiv machen Ihn treibt der Wunsch, seinen außergewöhnlichen Leipziger Betrieb zu vermarkten, der in weiten Teilen der Welt bekannt, aber örtlich beschränkt ist und keine Dependancen hat. Dies ist insofern relevant, als Rothenbergers Gäste einer internationalen Klientel angehören; besonders jene auf den asiatischen Wachstumsmärkten wie China, Japan, Malaysia und Singapur hat er im Blick. „Der Mittelstand in diesen Ländern boomt und beginnt zu reisen. Es werden immer mehr Europaflüge angeboten“, sagt Rothenberger. Um diese Märkte zu erreichen, die nur ein verschwommenes Bild von Europa haben und auch Deutschland nur ausschnitthaft kennen, setzt Rothenberger als Marketingstrategie auf den Slogan.

Fotografie: Auerbachs Keller Rothenberger Betriebs GmbH

Für Leipzig werben „Bewirbt man Leipzig für Außenstehende, wird die Nähe und damit auch der Vergleich zu Berlin relevant“, so Rothenberger. Denn nur wenn man Interesse zu wecken vermag, kann man Europa-Rundreisende aus anderen Kontinenten dazu motivieren, nicht lediglich die Hauptstädte zu besuchen, sondern auch entlang anderer Routen zu reisen. Rothenberger bemängelt das fehlende vernetzende Engagement der Stadtmarketingagenturen. Den Slogan sieht er als Chance, Leipzig in einen globalen Parcours einzubeziehen. Er betont die Dringlichkeit, schnell in die neuen Märkte einzusteigen, um als touristisches Ziel wahrgenommen zu werden. Als Unternehmer weiß Rothenberger, dass er bezüglich Eigenwerbung nicht nur auf ein historisches Zugpferd setzen kann. In Japan etwa kennt durch die Übersetzung von Mori Orgai fast jeder Goethe, in anderen asiatischen Ländern ist das anders. In ihrem Fall zeigt Werbung, die auf Goethes Werk oder die historische Tradition rekurriert, keine Wirkung, das weiß Rothenberger durch seine Mitgliedschaft im Präsidium des Ifba-World-Committees, ein internationales Netzwerk der Gastrobranche. Hier erfährt er viel vom Blick auf Europa; hier versucht er auch, Aufmerksamkeit für Leipzig zu generieren. Stadtmarketing ist Unternehmensmarketing, sicher – aber Rothenberger sieht das eigene Wohl auch im Sinne des Gemeinwohls: „Was Leipzig gut tut, tut den Unternehmen und letztlich den Bürgern gut“. Das ist der Indikator, der ihn leitet.


17 INNOVATION & TRADITION

RegJo

Weiß die Nähe zu Berlin zu nutzen, will den Erfolg aber mit Stadt und Künstlern teilen: Bernhard Rothenberger, Betreiber von Auerbachs Keller, hat sich die Rechte an „Leipzig the better Berlin“ gesichert.

Leipzigs Türen nach außen öffnen Manch ein Gemüt entzündet sich am englischen Slogan. Rothenberger kommentiert, dass Produkte wie Auerbachs Keller ur-deutsch sind und es bleiben sollen. Die Klientel soll diese authentisch konsumieren können, sie muss aber durch das Stadtmarketing mit verständlicher Sprache angesprochen werden. Der Slogan kam ihm daher sehr gelegen, und was auf dem ersten Blick als unhaltbare Konkurrenz daherkommt, gewinnt aufgrund der Nachbarschaft zu Berlin an Bedeutung. „Schon allein die Nachfrage nach Leipzig kann der Opener für eine Argumentation zugunsten eines Stadtbesuchs sein.“ In Wettbewerb mit den Stadtmarketing-Agenturen will Rothenberger allerdings nicht treten. Für Leipzig, für Deutschland, aber auch für den deutschsprachigen Raum war und ist der Slogan „Leipziger Freiheit“ von großer Bedeutung, auch wenn er in die Jahre kommen wird, weil

die Geschichte für ein jünger werdendes Publikum in den Hintergrund tritt. Dennoch, Leipzig muss ausländische Gäste erreichen, auch die, die mit europäischer Geschichte weniger vertraut sind. Für die internationale Vermarktung der Stadt und ihrer touristischen Ziele sieht Rothenberger nur eine sprachliche Strategie: „Weder Sächsisch, noch deutsch“, müsse der Werbespruch sein, „sondern englisch“. Erfolge kreieren und Kreativen zu Erfolg verhelfen Rothenberger sieht im Slogan keine Infokampagne, sondern versteht ihn als PRGag. Seit er den Artikel in der New York Times und fortan dessen Zitierungen in anderen Zeitschriften gelesen hat, hat ihn die Aussage nicht mehr los gelassen. Er entschied sich, den Versuch zu wagen – getreu seinem eigenen Maßstab: „Hat es Erfolg, war es eine gute Idee, hat es keinen Erfolg, war es eine schlechte“.

Um Auerbachs Keller zu vermarkten, vermarktet Rothenberger nunmehr mit dem geschützten Slogan Leipzig. Das Design der Marke nimmt das Wappentier Leipzigs, den Löwen, und das Logo von Auerbachs Keller auf. Durchaus ist mit dem Schutz der Marke auch kaufmännisches Interesse verbunden – so refinanziert sich die Investition für Rothenberger etwa, wenn Touristen oder Leipziger den Spruch auf ein Kleidungsstück oder einen anderen Gegenstand prägen lassen. Rothenberger ist aber jemand, der seinen Erfolg teilt, nicht nur der Stadt soll der Slogan nützen. So ist er im Gespräch mit Künstlern, um den Spruch und das Logo gestalterisch zu formen. Ideen gibt es bereits. Bernhard Rothenberger weiß: Kultur ist ein Pfund, mit dem man wuchern muss, gerade, wenn man das Image als Kulturstadt pflegt. www.facebook.com/Leipzig.the.better.Berlin www.auerbachs-keller-leipzig.de


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Igor Zhovkva, Direktor von Invest Ukraine und Chef der Roadshow

Warum die Ukraine? Die staatliche Agentur Invest Ukraine zeigt auf ihrer Roadshow durch 15 Länder, weshalb es sich lohnen kann, in der Ukraine zu investieren. Text: Janet Schönfeld  Fotografie: InvestUkraine

Schlusspfiff in Kiew, 1. Juli 2012, das Ende der Fußball-Europameisterschaft. Und wie so oft bei derartigen sportlichen Großereignissen stellt sich die Frage: Was bleibt der Wirtschaft des Landes, wenn der Jubel verhallt ist? Trotz teils berechtigter und teils überzogener Negativschlagzeilen in den Wochen zuvor, haben die EMVorbereitungen die Ukraine auf dem Weg der nötigen Modernisierung ihrer Infrastruktur ein Stück voran gebracht. Um aber langfristig wettbewerbsfähig zu werden, muss das Land unabhängig von diesen unmittelbaren Effekten einen enormen Investitionsrückstand aufholen. Dem will die ukrainische Regierung mit ihrer Kampagne Invest Ukraine begegnen. Auf einer Roadshow durch 15 Länder in Europa, Amerika, Asien und dem Mittleren Osten erhalten ukrainische Geschäftsleute die einzigartige Gelegenheit, ihre Projekte weltweit vorzustellen und mit potenziellen ausländischen Investoren direkt in Kontakt zu treten. Am 1.Oktober 2012 organisierte Invest Ukraine im Rahmen dieser Roadshow ein Treffen in Warschau. Den etwa achtzig anwesenden polnischen Unternehmern wurden sechs nationale Projekte vorgestellt: ein Flüssiggas-Terminal Projekt, „Clean-City“ für den Bau von Recyclinganlagen; „Green Markets“, das die Vernetzung von landwirtschaftlichen Betrieben und Institutionen beabsichtigt, und weiterhin „Warm Housing“, „Industrial Parks“ und „Technopolis“. „Invest Ukraine soll als staatliche Agentur der erste Anlaufpunkt für Investoren sein. Wir liefern Informationen zur Rechtsund Gesetzeslage, unterstützen in Behördenfragen, vermeiden

damit eine übermäßige Bürokratie und können außerdem Korruptionsbarrieren überwinden“, sagt Igor Zhovkva, Direktor von Invest Ukraine, „die Agentur leistet mit diesem Public-Partnership-Modell Pionierarbeit in der Ukraine. Jeder potenzielle Investor durchläuft ein offenes und transparentes Ausschreibungsverfahren.“ Robert Lach, polnischer Unternehmer und Besucher der Veranstaltung, kam das erste Mal kurz nach der „Orangenen Revolution“ nach Kiew. „Wir unterstützten damals das relativ neue Land in den Bereichen Liegenschaften und Landvermessung. Für mich war es eine außergewöhnliche Erfahrung, da zu arbeiten. Ich habe viele herzliche Menschen kennengelernt, gleichzeitig aber auch die Albträume des Verwaltungsapparates erlebt.“ Er wünscht sich, dass die Ukraine mit ihren fast 46 Millionen Einwohnern und der Nachbarschaft zur EU etwas aus ihrem Potenzial als Wirtschaftsraum macht. Die Ukraine ist reich an natürlichen Ressourcen, hat eine Vielfalt an touristischen Attraktionen, ist seit 2008 Mitglied der WTO und spielt in der IT-Branche weltweit unter den ersten fünf mit. Dennoch sind Rechtssicherheit, Transparenz und die Einhaltung demokratischer Standards wichtige Elemente, um die Attraktivität des Landes für Investoren dauerhaft zu verbessern. Dann könnte die Ukraine entgegen aller Unkenrufe einen Platz in Europa beanspruchen. Das kostenfeie Rundum-Dienstleistungsprogramm von Invest Ukraine ist ein Anfang dafür. www.investukraine.com


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REGJO INNOVATION UND TRADITION 19

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Schwarmfinanzierung: Viele kleine Investoren setzen sich gemeinsam für ein Projekt ein – im Fall von Klubkasse.de für ihren Lieblingssportverein.

Crowdfunding: Fans als Investoren

Von den hohen Gewinnen des boomenden Internethandels können auch Sportvereine in ganz Deutschland profitieren und ihre oft klammen Vereinskassen kostenfrei auffüllen. Möglich macht’s Klubkasse.de. Text: Ulrike Gierth

Illustration: © thingamajiggs/fotolia.de

Das von zwei Leipzigern gegründete Onlineportal setzt auf die Liebe der Fans zu ihrem Verein und die Bereitschaft, diesen zu unterstützen. Letzteres ist mit Klubkasse. de so clever wie auch einfach. Denn indem ein Fan über das Portal seine alltäglichen Interneteinkäufe tätigt, sorgt er dafür, dass automatisch Geld in die Vereinskasse fließt. „Die Links zu nahezu allen großen und bekannten Onlineshops, die User sonst vielleicht direkt besuchen, finden sie bei Klubkasse.de“, erklärt Portalgründer Stefan Uhlmann. „Durch das Klicken auf den Shopping-Link und die damit erfolgreiche Vermittlung von Kunden zahlen die Internethändler eine Provision, die wir anteilig an die Sportvereine weitergeben. Das sind durchschnittlich mindestens zwei Prozent des Nettowarenwertes. Die Klubs profitieren also von Barem und weder sie noch die Fans zahlen einen Cent mehr.“ Das System nennt sich Crowdfunding, auf Deutsch Schwarmfinanzierung, und ist noch ein recht junges, aber immer beliebteres System zur Geldbeschaffung im Internet: „Viele kleine Investoren setzen sich

gemeinsam für ein Projekt ein und genau das ist das Schöne am Crowdfunding. In unserem Fall wollen die Fans und Mitglieder die Bedingungen in ihrem Sportverein verbessern. Sie sammeln für neue Trainingsgeräte oder Trikots, das nächste Trainingslager oder einen Satz Winterreifen für den Mannschaftsbus“, so Uhlmann. Mitbestimmungsrecht der Fans Das große Sammeln geht los, sobald sich fünf Fans für einen Sportverein registriert haben. „Sie sehen jederzeit, wie der Kontostand wächst, denn Transparenz ist uns sehr wichtig“, sagt Mitbegründer David Zeidler. „Außerdem legen wir großen Wert darauf, dass die Fans mitbestimmen dürfen, wofür ihr erwirtschaftetes Geld eingesetzt wird. Der Verein macht drei Vorschläge und sie stimmen online über den Verwendungszweck ab.“ Die Fans des SV Babelsberg 03 entschieden zum Beispiel, für 1.340 Euro den Weg zum Stadion zu pflastern, damit die Zuschauer trockenen Fußes zu den Spielen

kommen. Lok Leipzig schaffte für 700 Euro neue Ballfangnetze für den Trainingsplatz an. Der FSV Zwickau kaufte eine Videokamera zur Spielanalyse, um die Nachwuchsarbeit zu verbessern. Und auch die Fans des Handball-Erstligisten HC Leipzig sammeln seit einigen Wochen fleißig Geld für den HCL-Nachwuchs. „Vereine aller Sportarten können unterstützt werden. Dabei ist unser Portal auch für kleine Klubs eine große Chance, denn mit wenigen Unterstützern kann viel Geld zusammenkommen“, betont Stefan Uhlmann.

Ansprechpartner für Sportvereine: Alexander Bube Tel.: 0341/33 15 74-30 E-Mail: a.bube@klubkasse.de

www.klubkasse.de


20 REGIONALE WIRTSCHAFT

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Dr. Michael Schädlich, Botschafter Jahresringe, Geschäftsführer isw Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung gGmbH Für unsere „Unternehmen mit Weitblick 2012“ ist es keine Frage mehr, Menschen über 50 Jahre zu beschäftigen. Sie zeigen, wie angesichts des demografischen Wandels durch eine gelungene Zusammenarbeit zwischen Jung und Alt einem drohenden Fachkräftemangel entgegengewirkt und wie der Wissenstransfer zwischen den Generationen gewährleistet werden kann. Nicht ohne Grund wurden vier Unternehmen aus dem Dienstleistungsbereich ausgezeichnet. Es ist zum einen eine wachsende Branche und zum anderen eine Branche, die gern Arbeitskräften über 50 Jahre eine Chance gibt, vor allem aufgrund ihrer Zuverlässigkeit, Einsatzbereitschaft und Flexibilität. Dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber der Region „Jahresringe“ gezielt über anstehende Personalbedarfe informieren, ist das Ergebnis von seit 2005 kontinuierlich gewachsenen Kooperationen. Eine nachhaltige und wachsende Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen der Region und dem Beschäftigungspakt Jahresringe wird auch über 2012 hinaus gute Beschäftigungschancen für ältere Langzeitarbeitslose bieten.

v. li. nach re.: Detlef Wachsmann, Seniorenzentrum AGO Halle-Neustadt (einer der beiden ersten Preisträger), Günter Herrmann, Herrmann & Tallig Objektdienste GmbH (2. Preisträger), Andreas Jacob, Zoodirektor und Geschäftsführer Zoologischer Garten Halle, Tina Zech, Herrmann & Tallig Objektdienste GmbH, Edith Schweitzer, Seniorenzentrum AGO Halle-Neustadt, Sylvia Tempel, Geschäftsführerin Jobcenter Halle (Saale), Andreas Schuster, Piepenbrock Sicherheit GmbH + Co. KG Leipzig (3. Preisträger), Christina Busch, gemeinnützige ProCurand Seniorenresidenz – Am Hufeisensee (einer der beiden ersten Preisträger), Reiner Diehlmann, Piepenbrock Sicherheit GmbH + Co. KG Leipzig, Alexander Brückner, Piepenbrock Sicherheit GmbH + Co. KG Leipzig, Ute Knauth, gemeinnützige ProCurand Seniorenresidenz – Am Hufeisensee, Dr. Michael Schädlich, Botschafter Jahresringe, Geschäftsführer isw Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung gGmbH

Transfer zwischen Jung und Alt Der Beschäftigungspakt Jahresringe hat im November vier regionale Unternehmen für ihre generationengemischte Personalpolitik ausgezeichnet. Text: Franziska Reif

Fotografie: Jahresringe

Gute Aussichten für ältere Arbeitsuchende: Am 11. Oktober 2012 präsentierte sich der Beschäftigungspakt Jahresringe auf dem Mittelständischen Unternehmertag (MUT) in Leipzig und hatte dort mit 27 Unternehmen Kontakt. Jahresringe hat das Ziel, Vorurteile gegenüber Langzeitarbeitslosen ab 50 abzubauen. Der Pakt ist Unternehmen dabei behilflich, ältere Arbeitnehmer zu rekrutieren. Längere Krankenstandzeiten und die Vermutung, dass sie weniger effizient arbeiten und nicht auf dem neuesten Stand ihres Arbeitsgebiets sind, lässt Unternehmen immer noch davor zurückscheuen, Menschen dieser Altersgruppe einzustellen. Fachkräftemangel und alternde Belegschaften Mittel- und langfristig hat dies dramatische Folgen: Die Unternehmen bringen sich um wertvolles Wissen. Sie können es sich nicht mehr leisten, ganze Generationen aus ihrer Personalpolitik auszuklammern, sondern müssen zunehmend in die Qualifizierung von Arbeitnehmern investieren. „Gefragt sind dehalb Unternehmen, die in ihrer Personalpolitik Weitblick beweisen“, so Sylvia Tempel, Geschäftsführerin des Jobcenters Halle (Saale). Selbstverständlicher Einbezug über 50-Jähriger Vor diesem Hintergrund werden seit 2006 in Halle jährlich die „Unternehmen mit Weitblick“ gekürt. „Sie zeigen soziale Verantwortung als Teil des unternehmerischen Handelns und sind Vorbilder für eine moderne Beschäftigungspolitik“, sagt Tempel. Dies sind Unternehmen, die bewusst und selbstverständlich ältere Menschen einstellen. Die Angestellten der vier am 13. November gekür-

ten Unternehmen sind zu einem großen Teil über 50 Jahre alt. Diese Haltung lobte Dr. Michael Schädlich beim Festakt in seiner Laudatio. Der Jahresringe-Botschafter und Geschäftsführer des Instituts für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung wies auf den Wert von über 50-Jährigen in Unternehmen hin. Neben ihrer Erfahrung können Ältere etwa mit höherer Toleranz und mehr zeitlicher Flexibilität punkten. Die Kunst liegt also darin, bei der Personalpolitik die unterschiedlichen Fähigkeiten verschiedener Altersgruppen zu berücksichtigen, um so in der Belegschaft einen fruchtbaren Mix zu erhalten. Bei den vier gekürten Unternehmen handelt es sich um die ProCurand Seniorenresidenz – Am Hufeisensee, das Seniorenzentrum AGO in Halle-Neustadt, die Herrmann & Tallig Objektdienste GmbH und die Piepenbrock Sicherheit GmbH + Co. KG Leipzig. Für ihre Arbeit geht der Pakt Jahresringe mit verschiedenen Unternehmen der Region Kooperationen ein. Für die nachhaltige Zusammenarbeit eignet sich auch der überregionale Tages-Workshop am 12. Dezember, gleichzeitig ein Netzwerktreffen, unter dem Titel „Zukunft der Arbeit in einer alternden Gesellschaft – Altersgerechte Arbeitswelt in Zeiten von Personalmangel – 50plus: Eine gute Entscheidung!“ Beschäftigungspakt Jahresringe, Jobcenter Halle (Saale), Neustädter Passage 6, 06122 Halle, 0345 6 82 29 99, Jobcenter-Halle.751Jahresringe@jobcenter-ge.de, www.jobcenter-hallesaale.de FAA Bildungsgesellschaft mbH, Südost, Standort Halle, Projektkoordinierung Jahresringe, Zum Heizkraftwerk 10, 06112 Halle (Saale), 0345 77 91 60, info@jahresringe-halle.de, www.jahresringe-halle.de


REGJO REGIONALE WIRTSCHAFT 21

Fotografie: Franziska Werner, zweig industries.

S TA N D OR T I N I T I AT I V E

vlnr: Ronald Schubert (Land der Ideen), die Gesellschafter der Leipziger KulturPaten Uwe Schmidt , Jörg Müller, Gudula Kienemund, Torsten Oertel, - Ellen Bischoff von der Deutschen Bank, und die weiteren Gesellschafter der KulturPaten Anja Hesse-Grunert und Ariane Wiegand.

Einen Zirkel nach Europa schlagen Die Sachsen Sail wird 2013 Kontakte in europäischen Wirtschaftsregionen stärker branchenorientiert suchen. Text und Fotografie: Giorgos Kalaitzis

Der Sachsen Sail Club Leipzig e.V. arbeitet weiter am Profil der Sachsen Sail. Unternehmer der Region sollen noch passgenauer mit den europäischen Märkten vernetzt werden. Dafür soll jeweils eine Leitbranche in den Mittelpunkt gestellt werden. Unternehmer lernen von Unternehmern Die Sachsen Sail bringt Unternehmer Mitteldeutschlands miteinander ins Gespräch und direkt am Zielort entstehen Wirtschaftskontakte ins Ausland, aus denen sich überregionale und internationale Projekte und Geschäfte entwickeln. Die geschieht persönlich, individuell und im Kleinformat für bis zu 50 Teilnehmer. Es entsteht etwas Einzigartiges, wenn ein Schiff sich weit vom Festland entfernt hat und aus Geschäftsleuten Partner und aus Partnern am Ende sogar Freunde werden. Schottisches Unternehmertum oder spanischer Strukturwandel Für die 13. Sachsen Sail im Herbst 2013 stehen zwei Destinationen zur Wahl, die beide

traditionsreich sind: Schottland repräsentiert den Pioniergeist des Unternehmertums. Das Ziel ist hier Edinburgh, die Heimat des Begründers der Nationalökonomie Adam Smith. Schottland hat sich zu einem boomenden Exporteur von Softwareprodukten entwickelt und plant bis 2020 100 Prozent des erzeugten Stroms aus erneuerbarer Energien zu beziehen. Spanien soll mit dem Ziel Barcelona angesteuert werden. Die Stadt unterlag seit den 90er Jahren einem starken Strukturwandel, der heute vor allem dem Tourismus und der Kreativindustrie einen Boom beschert. Dieser Prozess ist exemplarisch und hat Parallelen zur Dynamik des Wandels ostdeutscher Metropolen, wie Chemnitz, Rostock, Leipzig, Jena und Dresden. Beide Ziele spiegeln, wie breit das Interesse hiesiger Unternehmer ist, neue chancenreiche wirtschaftliche Kontakte zu generieren. Wer lernen will, muss reisen. Die Sachsen Sail setzt auch 2013 wieder die Segel, um die Region Mitteldeutschland näher an Europa zu binden. www.sachsensail.de

Ort für Ideen Die Initiative KulturPaten ist 2012 ausgezeichnet worden als „Ausgewählter Ort im Land der Ideen“ Seit 2006 zeichnet die Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ jedes Jahr 365 herausragende Projekte aus, die einen nachhaltigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit Deutschlands leisten. Getragen wird sie von der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit Partnern aus der deutschen Wirtschaft. Ehrenamtlich Dieses Jahr wurden über 2.000 Projekte zum Wettbewerb eingereicht. Zu den Preisträgern gehören jetzt auch die Leipziger KulturPaten. Sie vermitteln ehrenamtliche Patenschaften zwischen Unternehmen und Kultureinrichtungen, bei denen die Unternehmen ihre „Kulturpatenkinder“ mit Dienst-, Sach- oder Beratungsleistungen unterstützen. „Die Leipziger KulturPaten zeigen, dass es nicht nur eine Frage des Geldes ist, Kultur zu unterstützen“, kommentiert Jörg Müller, ehrenamtlicher geschäftsführender Gesellschafter der Initiative, die Auszeichnung. Interessant zu wissenübrigens: Von den 365 Preisträgern kommen insgesamt 35 aus den drei mitteldeutschen Bundesländern. Davon sind allein sechs in Leipzig angesiedelt, so viele wie in keiner anderen Stadt der Region. DG www.leipzigerkulturpaten.de


22 REGIONALE WIRTSCHAFT

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Am See, auf dem Wasser oder in der Luft: Der Geiseltalsee bietet Naturerlebnis und vielfältigen Freizeitspaß.

Der nächste Sommer kann kommen Winter ist keine Badezeit. Dennoch laufen am Geiseltalsee die Vorbereitungen für den Sommer auf Hochtouren. Text: Katja Schmal

Fotografie: GET Geiseltaler Entwicklungs- und Touristikgesellschaft

Nach der Saison ist vor der Saison, das gilt auch für die GET, die Geiseltaler Entwicklungs- und Touristikgesellschaft. Bereits im Herbst stand fest, was im Sommer 2013 auf und um den Geiseltalsee passieren wird und auch, was bis zum Saisonstart im April noch geregelt werden muss. Der Winter ist die Zeit, diese Pläne nun umzusetzen. Geiseltal-Express zur Straußwirtschaft Die GET gehört zu den Triebkräften hinter der touristischen Erschließung des größten künstlichen Sees Deutschlands. Südöstlich von Halle (Saale) gelegen bietet er ein umfangreiches Paket an Freizeitmöglichkeiten. Es gibt Ferienhäuser, Gastronomie, einen Zeltplatz und auf einem Hügel im Norden sogar einen Weinberg mit Straußwirtschaft. Selbsterzeugten Wein direkt vom Winzer genießen zu können – ein Grund, weshalb der Fahrplan des Geiseltal-Expresses erweitert wird: „Damit entsprechen wir dem Wunsch vieler Fahrgäste, die sich besonders für den Weinberg interessieren“, begründet Roland Karge von der GET die Entscheidung. Die Kleinbahn umrundet den See in einer zweistündigen Fahrt mit den Stationen Marina Mücheln, Marina Braunsbedra,

Frankleben, Weinberg, Turm Stöbnitz und Geiseltalsee-Camp, während nebenbei Geschichtsvermittlung und Naturerlebnis kombiniert werden. Fahrrad, Schute oder Ballon Das Besucherzentrum an der Marina Braunsbedra – übrigens ganzjährig geöffnet – wird weiter ausgebaut. Den Besucher erwarten u.a. eine Ausstellung über die Entstehung des Sees inklusive Filmvorführung und eine Verleihstation, die neben Fahrrädern Tretmobile oder Elektro-Skateboards für den etwa 30 Kilometer langen Asphaltweg um den See anbietet. Auch für Privatfeiern denkbar sind die Tagesausflüge mit zwei Oldtimerbussen in die Umgebung, etwa nach Nebra, Freyburg oder Bad Lauchstädt. Ein 30 Personen fassendes Fahrgastschiff, eine Schute, wird auf dem See unterwegs sein und kann ebenfalls gezielt für Veranstaltungen gemietet werden. Und wer den großen Überblick möchte, mietet einfach einen Heißluftballon und schaut sich die Dimensionen der Rekultivierung entspannt von oben an. www.get-geiseltal.de


REGIONALE WiRtschaft WIRTSCHAFT 23 REGJO Regionale

Kernkompetenz Entertainment – Mit Emotionen in Erinnerung bleiben Bei Freizeitparks denken die meisten an jauchzende Kinder in der Schiffsschaukel oder an Adrenalinschübe auf der Achterbahn. Dass dieser außergewöhnliche Rahmen aber auch für Firmenjubiläen, Workshops oder Tagungen ideal sein kann, weiß Birgitt Kok. Die Vertriebsleiterin organisiert seit 2004 Veranstaltungen im Freizeitpark BELANTIS.

Text: Janine Hammer Fotografie: BELANTIS

Wie viele Einladungen zu Messen oder Kundenevents werden ausgeschlagen, weil sie nicht in den Terminkalender passen? „Umso wichtiger ist es, einen interessanten Rahmen zu schaffen. Idealerweise bindet man die Familien mit ein”, erklärt Birgitt Kok. „Gerade wenn es darum geht, Mitarbeitern oder Kunden Dank auszusprechen, finden die meisten es sehr charmant, wenn auch an ihre Familien gedacht wird”, weiß die studierte Marketingfachfrau. Seit 2004 ist BELANTIS für private Veranstaltungen buchbar. „In der Saison führen

Als Vertriebsleiterin hat Birgitt Kok die Veranstaltungen bei BELANTIS zur Reife gebracht.

wir gut alle drei Tage ein Event durch. Damit haben wir uns im Vergleich zu 2004 um das Siebenfache gesteigert“, freut sich die Vertriebsleiterin. Die Bandbreite reicht von Firmenjubiläen über Tagungen und Workshops bis hin zu Sommerfesten mit mehreren tausend Gästen. Dazu kommen die Veranstaltungen des Freizeitparks wie die jährliche SummerOpening-Party oder das HalloweenSpektakel. Das Außergewöhnliche bieten „Unsere Stärke ist das Besondere. Was ist schon ein steriler Meetingraum gegen eine urige Fischerhütte oder eine rustikale Pulverschänke?“, betont Kok das Alleinstellungsmerkmal des Freizeitparks. Mit drei großen, thematisierten Gastronomiebereichen, acht Themenwelten und 60 Attraktionen bietet der Freizeitpark gute Rahmenbedingungen für ein außergewöhnliches Event. Entertainment und Gastronomie gehören zu den Kernkompetenzen von BELANTIS. „Mit unserem Team und einem Netzwerk starker Partner sind wir in der Lage, jedem Kunden ein individuelles Paket zu schnüren.“

An die Themenwelten des Freizeitparks angelehnt, sind Arrangements wie die „Reise ins magische Mittelalter“ auf dem Alten Marktplatz oder „Viva España“ in der spanischen Bodega beliebte Klassiker. Für die individuelle Ausgestaltung spielen Erfahrungswerte und Einfühlungsvermögen eine große Rolle. Es gilt, gemeinsam mit dem Kunden eine Geschichte zu entwickeln, die sowohl zu ihm als auch zu seinem Unternehmen und seinen Gästen passt. „Je nach Geschmack können wir fast alle Wünsche realisieren: Varieté-Show, Höhenfeuerwerk oder Flamencotänzerin sorgen für unvergessliche Erinnerungen“, fügt sie hinzu. Gute Anbindung Direkt an der Autobahn 38 gelegen, ist der Freizeitpark BELANTIS in nur 30 Minuten vom Flughafen Leipzig/Halle oder vom Leipziger Hauptbahnhof zu erreichen. Die Gäste pendeln zudem schnell zur Messe oder in eines der Innenstadt-Hotels. www.belantis.de


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REGIONALE Wirtschaft RegJo

Kurze Wege zu Kunden und Märkten Dank zahlreicher attraktiver Verbindungen sind vom Leipzig/Halle Airport aus die wichtigsten Wachstumsmärkte und Wirtschaftszentren in Europa, Asien, im Nahen Osten und Nordamerika schnell und bequem erreichbar Text: Kai Bieler Foto: Flughafen Leipzig/Halle GmbH

Der Leipzig/Halle Airport befindet sich auf Wachstumskurs. Bis zum Jahresende rechnet der Airport mit rund 2,3 Millionen Passagieren. Das wäre ein Plus gegenüber 2011. Ein Grund dafür ist das wachsende Angebot an Direktverbindungen zu zahlreichen deutschen und europäischen Metropolen sowie zu internationalen Drehkreuzen. Im aktuellen Winterflugplan bieten 13 Airlines bis zu 181 wöchentliche Flüge zu 48 Zielen in 13 Ländern an. Für Geschäftsreisende liegen vom Leipzig/Halle Airport aus die wichtigsten Wirtschafts- und Finanzzentren in Europa, Asien, im Nahen Osten und Amerika nur wenige Flugstunden entfernt. So verbindet seit Mai dieses Jahres Turkish Airlines täglich nonstop den Leipzig/ Halle Airport mit der türkischen Metropole Istanbul. Über das dortige Drehkreuz fliegt die Airline mit dem weltweit fünftgrößten Streckennetz rund 200 Ziele in 90 Ländern an. Dazu gehören wichtige Business-Destinationen im Mittleren und Fernen Osten sowie auf den asiatischen Wachstumsmärkten, von Dubai und Abu Dhabi über Delhi und Mumbai bis zu Singapur, Hong Kong und Shanghai. Dabei punktet die Fluglinie nicht nur mit attraktiven Preisen. Dank ihres Top-Service, der ausgezeichneten Bordküche und der modernen Flugzeugflotte wurde Turkish Airlines in diesem Jahr zum zweiten Mal in Folge als „beste Airline Europas“ ausgezeichnet. Für Unternehmen bietet die Fluglinie mit dem „Turkish Corporate Club“ ein attraktives Firmenkunden-Programm. Gleich drei wichtige Business-Standorte innerhalb Deutschlands fliegt die Lufthansa vom Leipzig/Halle Airport aus mit Frankfurt, München und Düsseldorf an. Über die dortigen Drehkreuze erreichen Geschäftsreisende im Streckennetz der größten deutschen Airline insgesamt rund 200 Ziele in 81 Ländern. Wichtige europäische Metropolen wie Paris, Rom, Madrid und Barcelona gehören

ebenso dazu wie zahlreiche interkontinentale Ziele, etwa New York, Washington, Mexiko-Stadt und Tokio. Zwölf Mal pro Woche verbindet Austrian Airlines den Leipzig/Halle Airport nonstop mit dem Drehkreuz Wien. Von dort aus fliegt Österreichs größte Fluggesellschaft in diesem Winter 104 Ziele in 56 Ländern an. Besonders groß ist das Angebot der Airline für Osteuropa, wo 41 Ziele angeflogen werden, darunter Moskau, Sankt Petersburg, Kiew und Odessa. Auch im Nahen Osten ist Austrian Airlines mit einem dichten Streckennetz vertreten. So stehen unter anderem Flüge nach Tel Aviv, Bagdad, Teheran und Amman im Programm. Ziel: Finanzplatz London Ryanair verbindet im laufenden Winterflugplan Leipzig/Halle mit Europas wichtigstem Finanzplatz London. Ab Ende März können Reisende dann auch wieder drei Mal pro Woche in die italienische Hauptstadt Rom fliegen. Mit jeweils zwei Flügen pro Woche nach Malaga, Trapani, Faro und Pisa starten im kommenden Sommer insgesamt 16 wöchentliche Ryanair-Flüge zu sechs Zielen. Ebenfalls interessant für preisbewusste Geschäftsreisende ist das Angebot der Lufthansa-Tochter Germanwings, die montags bis freitags sowie sonntags vom Leipzig/Halle Airport nach Köln/Bonn und Stuttgart fliegt. Im Rahmen ihres Umsteigeprogramms bietet die Airline attraktive Weiterflüge zu rund 30 Zielen in Europa und Nordafrika an. Vielflieger können übrigens auch auf Germanwingsflügen Statusmeilen im Lufthansa-Programm Miles & More sammeln und so doppelt sparen. www.leipzig-halle-airport.de


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REGIONALE Wirtschaft RegJo

Das erfolgreiche Führen multikultureller Teams Alle reden von Globalisierung. Wie aber setzt man diese in der Praxis um, wenn es darum geht, Teams mit Mitgliedern aus verschiedenen Kulturen operativ zu führen?

Sergey Frank

Text: Sergey Frank Fotografie: Sergey Frank International

Eine Leistungsoptimierung in gemischten Teams ist nicht selbstverständlich. Die erfolgreiche Zusammenarbeit kann häufig an kritischen Risikofaktoren scheitern: Erschwerte Kommunikation (trotz der Benutzung des Englischen als „Lingua Franca“), geringe Gruppenstabilität, wenig Gruppenzusammenhalt und erhöhter Stress können die Arbeitszufriedenheit negativ beeinflussen und die individuelle wie auch die Gesamtleistung mindern. Eine intensive Auseinandersetzung mit dem Kulturfaktor spielt daher eine entscheidende Rolle. So können unterschiedliche Sozialisierungsprozesse der Teammitglieder in verschiedene, innerhalb der Gruppe mitunter stark abweichende Werten, Normvorstellungen, Erwartungen und Verhaltensmuster resultieren. Wenn das Vorverständnis dafür, was Priorität hat, was angemessen, was überhaupt ein Team und was eine richtige Führung ist, nicht ausführlich geklärt und auf einen gemeinsamen Nenner gebracht wird, drohen dem multikulturellen Team große Reibungsverluste. Wenn zudem ein multinationales Team aus Mitarbeitern unterschiedlicher Organisationen zusammengeführt wird, können weitere Probleme entstehen. Schlüsselwort: Risikominimierung Aus diesem Grund sollte man sich mögliche Probleme bereits in der Planungs- und Initiierungsphase bewusst machen und sich frühzeitig mit möglichen Ursachen ineffektiver Zusammenarbeit auseinandersetzen. So kann zum Beispiel ein Teamleiter übersehen, dass Kollegen aus Osteuropa mitunter konkretere Unterstützung und Kontrolle in Hinblick auf die Termin- sowie Prozesseinhaltung erwarten. Auch die indirekte Art der chinesischen Mitarbeiter, ihre Bitten oder auch Ablehnungen auszusprechen, weiß er vielleicht nicht zu interpretieren.

Eine überlegte Dezentralisierung kann hier helfen – denken Sie an Konferenzen via Skype oder Telefon: In diesem Fall sollte nicht unbedingt der Leiter des größten Büros und zugleich Hauptquartiers der alleinige Moderator sein. Besser ist es, die Moderation auf mehrere Schultern zu verteilen, indem man einzelne Co-Moderatoren ernennt. Vorbereitung und Koordination Diese übernehmen dann die Vorbereitung und Koordination in ihrer entsprechenden Region. Die Co-Moderatoren könnten Nuancen der Kommunikation erkennen, Ergebnisse zusammenfassen und, falls notwendig, vorab kanalisieren. Dadurch wird der Druck auf die einzelnen Teilnehmer reduziert und Prozesse können ohne Gesichtsverlust vorangetrieben werden. Wichtig für die effektive Arbeit in multikulturellen Teams ist zudem, dass der Teamleiter interkulturell kompetent ist und die Integration aller Beteiligten anstrebt. Dies kann mit Hilfe einer zielorientierten Einführungsveranstaltung (Kick-off-Meeting) geschehen. Die Kosten eines solchen Seminars, eines interkulturellen Trainings sowie regelmäßiger moderierter Feedback-Runden sollten bei der Planung bzw. Kosten-Nutzen-Analyse der Teamarbeit unbedingt mit berücksichtigt werden. Um aus der multikulturellen Zusammenarbeit Synergieeffekte zu generieren, sollten der Teamleiter bzw. ein HR-Verantwortlicher außerdem bereits bei der Auswahl der zukünftigen Teammitglieder darauf achten, diese rechtzeitig für kulturelle Unterschiede zu sensibilisieren. Mit Hilfe dieser Erwägungen kann der Einsatz multikultureller Teams zu einem erheblichen Gewinn für das Unternehmen führen. www.sergey-frank.com


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Ein Dorf heizt ein In Kleineichstädt, einem Ortsteil von Querfurt im Saalekreis, wird genug Energie für ein autarkes und warmes Gemeindeleben produziert. Text: Franziska Reif

Der Saalekreis hat in Sachen Bioenergie die Nase vorn.

Fotografie: VERBIO Vereinigte BioEnergie AG

In den vergangenen Jahren sind die Heizkosten im Jahr durchschnittlich um etwa neun Prozent gestiegen. Diese Mehrkosten scheinen unvermeidlich, wenn man im Winter nicht frieren möchte. Den 250 Einwohnern von Kleineichstädt im Saalekreis kann der Preis für Öl oder Gas seit dem letzten Winter herzlich egal sein, und zwar ungeachtet frostiger Außentemperaturen. Der von der Presse unter anderem „Bio-Wärmedorf“ getaufte Ortsteil der Stadt Querfurt kann in puncto Heizen einfach sein eigenes Ding machen und ist damit von den internationalen Energiepreisen unabhängig. Möglich macht dies eine Biogasanlage, die vor etwa eineinhalb Jahren fertig gestellt worden ist – mit einer Leistung von 500 Kilowatt. „Verheizt“ werden Mist, Gülle und Maissilage oder Getreidereste. Auf diese Weise entsteht Strom, und dessen Abwärme fließt über etwa zwei Kilometer Leitung in die Grundstücke des Dorfes, auch in die Kirche und das Kulturhaus. Die Bewohner heizen also eigentlich nur mit einem Nebenprodukt. Die Kosten für Heizung und Warmwasser lassen sich so für jeden Haushalt auf lange Sicht stabil halten. Somit dürften sich die Kosten für Anlage und Leitungen bald amortisieren, die Kleineichstädter Hauseigentümer über eine eigens gegründete Genossenschaft getragen haben, die Bio-Wärme-Versorgung Kleineichstädt e.G. Es ist aber nicht nur der finanzielle Aspekt, der dieses Projekt

so besonders macht – Geld ist bekanntermaßen nicht alles. Schließlich leistet die Kleineichstädter Versorgung mit Biowärme einen Beitrag zur viel zitierten und aktuell wieder kontroversen Energiewende und zeigt modellhaft, dass es eigentlich ganz einfach gehen kann mit der regenerativen Energie. Das Wärmedorf ist keineswegs allein: Über 20 Biogasanlagen gibt es inzwischen im Saalekreis. Auf größere Unabhängigkeit von den internationalen Märkten und der Preisentwicklung für Erdgas und -öl setzt etwa auch die Stadt Querfurt selbst. In Bad Dürrenberg wird Energie aus Klärschlamm gewonnen und damit das Klärwerk mit Strom versorgt. Insgesamt hat der Saalekreis im Jahr 2011 500 MW Leistung produziert, eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um über 20 Prozent. Das schnelle Wachstum im Bereich grüne Energie im Saalekreis hat zudem dafür gesorgt, dass der Netzbetreiber ständig investieren muss. 2012 war auch das Stromnetz in Kleineichstädt auf der Liste: Die Freileitungen im Ort wurden durch Erdkabel ersetzt. Jenseits der Städte wächst somit eine moderne Landwirtschaft heran, die in kurzen Wegen und effizient denkt. Vor Ort produzieren, vor Ort konsumieren – der Saalekreis könnte für andere, ebenfalls eher ländlich geprägte Regionen zum Vorbild werden. www.verbio.de


Wirtschaftsförderer in Mitteldeutschland Landeshauptstädte Sitz der Wirtschaftsförderer Autobahn Diese Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn Sie den REGJO-Lesern Ihre Kommune oder Institution auf der REGJO-Karte der mitteldeutschen Wirtschaftsförderer präsentieren möchten, nennen wir Ihnen gern die Konditionen für die kostenpflichtigen Einträge. Unsere Kontaktdaten finden Sie im Impressum dieser Ausgabe oder unter www.regjo-leipzig.de.


Stadt Schönebeck (Elbe) Amt für Wirtschaftsförderung und Tourismus Ansprechpartner Herr Ellert Markt 1, 39218 Schönebeck (Elbe) Tel.: 03928 / 710504 wifoe@schoenebeck-elbe.de www.schoenebeck.de

Stadtverwaltung Bautzen Wirtschaftsförderungsamt Amtsleiter Herr Alexander Scharfenberg Fleischmarkt 1, 02625 Bautzen Tel.: 03591 / 534-592, Fax: 03591 / 534-599 wirtschaftsfoerderung@bautzen.de www.bautzen.de

Stadtverwaltung Markkleeberg Wirtschaftsförderung Ansprechpartner Frau Kerstin Kaiser Rathausplatz 1, 04416 Markkleeberg Telefon: 0341 / 3533235, Telefax: 0341 / 3533148 kaiser@markkleeberg.de www.markkleeberg.de

Stadt Leipzig Wirtschaftsförderung Ansprechpartner Herr Dr. Michael Schimansky Martin-Luther-Ring 4-6, 04109 Leipzig Tel.: 0341 / 1235810, Fax: 0341 / 1235825 wirtschaft@leipzig.de www.leipzig.de

Stadt Halle (Saale) Wirtschaftsförderung Ansprechpartner Herr Dr. Heinz Friedrich Franke Marktplatz 1, 06108 Halle (Saale) Tel.: 0345 / 2214760, Fax: 0345 / 2214776 wirtschaftsfoerderung@halle.de www.wirtschaft-halle.de

Wirtschaftsförderungsgesellschaft Jena mbH Geschäftsführer Herr Wilfried Röpke Markt 16, 07743 Jena Tel.: 03641 / 8730032, Fax: 03641 / 8730059 jenawirtschaft@jena.de www.jenawirtschaft.de

Wirtschaftsinitiative für Mitteldeutschland GmbH Geschäftsführer Herr Jörn-Heinrich Tobaben Schillerstraße 5, 04109 Leipzig Tel.: 0341 / 6001612, Fax: 0341 / 6001613 tobaben@mitteldeutschland.com www.mitteldeutschland.com

Regionalmanagement Region Leipzig-Westsachsen Regionalmanagerin Frau Anja Terpitz Haus der Wirtschaft im Landkreis Leipzig Schulstraße 67, 04668 Grimma Tel.: 03437 / 760807, Fax: 03437 / 760801 anja.terpitz@region-leipzig-westsachsen.de www.regio-westsachsen.de

Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft Anhalt-Bitterfeld mbH Ansprechpartner Herr Armin Schenk Andresenstraße 1 a 06766 Bitterfeld-Wolfen, OT Wolfen Tel.: 03494 / 638366, Fax: 03494 / 638358 info@ewg-anhalt-bitterfeld.de Niederlassung in Zerbst

Metropolregion Mitteldeutschland Schillerstraße 5, 04109 Leipzig Tel.: 0341 / 600-1620, Fax: 0341 / 600-1613 metropolregion@leipzig.de www.region-mitteldeutschland.com

IMG Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt mbH Am Alten Theater 6, 039104 Magdeburg Tel.: 0391 / 568990, Fax: 0391 / 5689950 welcome@img-sachsen-anhalt.de www.investieren-in-sachsen-anhalt.de

Stadt Plauen Wirtschaftsförderung Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing Ansprechpartner Herr Eckhard Sorger Unterer Graben 1, 08523 Plauen Tel.: 03741 / 2911800, Fax: 03741 / 29131800 eckhard.sorger@plauen.de www.plauen.de

Stadt Magdeburg Wirtschaft, Tourismus und regionale Zusammenarbeit Beigeordneter Herr Rainer Nitsche Julius-Bremer-Straße 10, 39090 Magdeburg Tel.: 0391 / 5402543, Fax: 0391 / 5402619 rainer.nitsche@ob.magdeburg.de www.ottostadt.de

Landkreis Leipzig Kreisentwicklungsamt Amtsleiterin Frau Gesine Sommer Stauffenbergstraße 4, 04552 Borna Tel.: 03433 / 2411050, Fax: 03437 / 984991050 gesine.sommer@lk-l.de www.landkreisleipzig.de


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Musik der Macht – Macht der Musik Im Rahmen des Historischen Pferderitts Moskau-Paris holte der Chor des Alexandrov-Ensembles das weite Russland in den Kohlrabizirkus. Text: Janet Schönfeld

Fotografie: jost

Es reist viel bewundert durch die Welt und gilt als Russlands singende Waffe. Legendär ist seine Aufführung kurz nach Ende des 2. Weltkrieges zwischen den Trümmern des Berliner Gendarmenmarktes. Es hatte Auftritte im Vatikan und in der NATO-Zentrale in Brüssel, in Tadschikistan, Afghanistan, Tschetschenien und 40 anderen Ländern, und es wird weltweit mit russischen Institutionen, wie dem Bolschoi-Theater, der Eremitage und der TetjakowGalerie in einem Atemzug genannt: das Alexandrov-Ensemble der russischen Armee. Die Geschichte des Ensembles ist eng mit der Geschichte Russlands verbunden und hat damit die schönsten und bittersten Momente des Landes miterlebt. Gegründet von Alexander Wassiljewitsch Alexandrow, dem Komponisten der russischen Nationalhymne, dem Dirigenten, dem General. Um Militärlieder zu popularisieren. Mit acht Tänzern, zwei Sängern, einem Akkordeonspieler und einem Sprecher hatte es angefangen, damals 1928, im Zentralen Haus der Roten Armee in Moskau. Sieben Jahre später war die Truppe mit 135 Mitgliedern bereits zum größten und besten Männerchor der damaligen Sowjetunion aufgestiegen. Heute umfasst das Repertoire mehr als 2000 Werke und setzt sich aus Stücken russischer und internationaler Komponisten, aus Volksliedern und -tänzen, aus geistlicher und Weltpopmusik zusammen. Dem Auftritt in Leipzig ging das Projekt „Historischer Pferderitt“ voraus, bei dem 20 Kosaken auf ihren Don-Pferden von

Moskau durch Weißrussland, Polen, Litauen und Deutschland bis nach Paris ritten. Knapp 4.000 Kilometer. Um aller Toten des Napoleonischen Krieges zu gedenken und nebenbei das Don-Pferd bekannter zu machen. Schließlich hatte es mit seiner außergewöhnlichen Ausdauer bei Angriffen, Verfolgungen und Aufklärungen einen erheblichen Anteil an der Vertreibung Napoleons Großer Armee im Jahre 1812. Und nun sang das weite Russland im Kohlrabizirkus. Sang von Ruhm, von der Weisheit des Volkes, vom Heiligen Krieg, von Träumen und einem freien Vaterland. Und von Kalinka. Schwermütig dehnten sich endlose Steppen auf der Leinwand, unterbrochen von nachgestellten Filmszenen aus russischen Schlachten. Jeder Ton, aus strenger Chordisziplin geboren, fast unheimlich präzise, dazu Solisten vom tiefsten Kellerbass bis zum jungenhaften Tenor, mit zarter Balalaika und sehnsüchtigem Bajan. Die statuenhaften Sänger des Chores mit ihren steifen Tellermützen als Antagonisten zu den meterhohen Drehsprüngen der Matrosen, zu den rasenden Krakowiaks, zu den Kosaken an ihren heißen Säbeln und den bunt umher wirbelnden Folklore-Tänzerinnen. Was wäre der Russe ohne seine Lieder? Am Ende des Abends, inmitten von Jubel und Standing Ovations, versucht man sich die russische Seele zu erklären und kann es nur mit Churchill halten: „Russland ist ein Rätsel umgeben von einem Mysterium innerhalb eines Geheimnisses.“


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Russland ante portas Ein Riesenreich öffnet sich der Welt und bringt viele Fragen mit sich: Beim deutsch-russischen Wirtschaftsstammtisch haben kleine und mittelständische Unternehmen mit Investitionsengagement die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch mit Experten Text: Janet Schönfeld

Fotografie: Generalkonsulat der Rusischen Födertaion in Leipzig, Fotoalia, ,BS Mediagroup

Achtzehn zähe Jahre haben sich die Verhandlungen hingezogen, nun ist Russland als letzte der großen Volkswirtschaften und als letzter G8- Staat der Welthandelsorganisation (WTO) beigetreten. Dadurch wird die Notwendigkeit einer Modernisierung und Liberalisierung der russischen Wirtschaft verschärft. Um von den Vorteilen dieser Organisation zu profitieren, die für die Mitglieder eine Art Versicherung gegen Protektionismus ist, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Das größte Land der Erde ist damit die Verpflichtungen eingegangen, seine Märkte umfangreich zu öffnen, seine Wirtschaft auf Wettbewerbsfähigkeit einzustellen und die international geltenden Regeln zu akzeptieren – und natürlich auch sein Wirtschaftssystem entsprechend anzupassen. Im Laufe dieses Prozesses ergeben sich viele Fragen auf deutscher und russischer Seite, insbesondere für potenzielle mittelständische Investoren. Vor diesem Hintergrund fand auf gemeinsame Initiative des Generalkonsulats der Russischen Föderation in Leipzig und der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig am 14. Juni 2012

erstmalig ein deutsch-russischer Wirtschaftsstammtisch statt. Nach der Eröffnung der Veranstaltung durch die Schirmherren Wolfgang Topf, Präsident der IHK zu Leipzig und Generalkonsul Wiacheslaw Anatoljewitsch Logutow auf dem Flughafen Leipzig-Halle, tauschten die 38 sächsischen und russischen Unternehmer ihre bisherigen Erfahrungen in den beiden Ländern aus. Fit für das Russlandgeschäft „Für deutsche Unternehmen ist Russland ein wichtiger Export- und Investitionsmarkt. Der Modernisierungsbedarf der russischen Wirtschaft ist nach wie vor groß. Dadurch bietet das Land vielfältige Chancen für deutsche Unternehmen – auch jenseits von Moskau. Gerade in russischen Regionen liegen unerschlossene Wachstumspotenziale für eine wirtschaftliche Zusammenarbeit“, erklärt Wolfgang Topf. Tatsächlich reagieren die russischen Metropolen langsamer und unflexibler auf ausländische Investitionsvorhaben als


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Beantworten Fragen der deutschen und russischen Unternehmer: Wolfgang Topf-Präsident der IHK zu Leipzig, Generalkonsul Wiacheslaw Anatoljewitsch Logutow, Dimitri Jezov, Dr. Sergey Nikitin-Leiter der Repräsentanz der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation (v.l.n.r)

Vizekonsulin des Generalkonsulats der russischen Föderation in Leipzig, Margarita Gorelikova, setzt sich für die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland ein.

beispielsweise Städte wie Uljanowsk, Saransk und Wladikawkaz. Von den Zentren entfernt ist zudem oft die Konkurrenz nicht so groß. Noch müsste man jedoch eine unzureichende Infrastruktur in Kauf nehmen. Aber auch hier plant Russland einen Innovationsschub.

durchschnittlich zehn Prozent auf durchschnittlich 7,8 Prozent. In einigen bedeutenden Wirtschaftszweigen, wie zum Beispiel in der Automobilindustrie, werden die Zölle noch stärker gesenkt, von aktuell 30 Prozent auf 15 Prozent in den nächsten sieben Jahren. Russland ist eine eigene Welt. Das weiß auch Sergey Frank, der auf eine fast zwanzigjährige Beratungspraxis im Auslandsgeschäft, vor allem in Russland, sowie einschlägige Erfahrungen in der Industrie zurückblicken kann. Er referierte beim Wirtschaftsstammtisch über die Erfolgsfaktoren im Russlandgeschäft und rückte dabei die „soft skills“, die in der Realität gar nicht so „soft“ sind, in den Mittelpunkt der Diskussion. „Russland ist zwar kulturell und historisch eng mit Europa verbunden“, sagte Frank, „alle Ähnlichkeit darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass sich Land und Leute erheblich von der Europäischen Union unterscheiden. Russische Geschäftspartner spüren sehr genau, wie Sie über Russland denken.“

Mehr Investitionen durch WTO-Beitritt Ziel des Wirtschaftsstammtisches ist es, die Interessenslagen der sächsischen und russischen Unternehmen zu bündeln und damit einen nachhaltigen Beitrag zur deutsch-russischen Zusammenarbeit zu leisten. Das Verhältnis der Direktinvestition ist noch ungleich. Den etwa 6.000 deutschen Unternehmen, die in Russland 16 Milliarden Euro investiert haben, stehen nur 2,7 Milliarden Euro aus russischen Finanzengagements in Deutschland gegenüber. Mit den verbesserten Rahmenbedingungen durch den WTO-Beitritt sollte sich das ändern. „Der WTO-Beitritt, die Modernisierung der russischen Wirtschaft und der Trend, die Produktion im Land zu lokalisieren werden mittelfristig wettbewerbsfähige Erzeugnisse beispielsweise der chemischen Industrie, des Maschinenbaus und der Zellstoffindustrie auf den russischen und internationalen Markt bringen“, meint Dr. Sergey Nikitin, Leiter der Repräsentanz der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation in seinem Vortrag zum Beschaffungsmarkt Russland. Er plädierte außerdem für die Schaffung deutsch-russischer Kooperationsnetzwerke entlang der Wertschöpfungsketten im Bereich der Rohstoffgewinnungs- und Verarbeitungsbranche, deren Ziel es ist, effektive Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zwischen russischen Betrieben und deutschen Verbrauchern von Rohstoffen und deutschen Maschinenund Anlagebauern zu entwickeln. Abbau von Handelsbarrieren Dennoch, der WTO-Beitritt ist in Russland nicht unumstritten. Einige Branchen, wie beispielsweise der Maschinenbau oder die Kraftfahrzeug- Produktion könnten dem verschärften Wettbewerb nicht standhalten. Für deutsche Investoren hingegen erleichtert sich der Marktzugang durch den Wegfall zahlreicher Lizenzpflichten oder die Senkung der Einfuhrzölle auf Waren von derzeit

Gemeinsame Vermarktung im andersartigen Russland Hartmut Bunsen, Präsident des Unternehmerverbandes Sachsen e.V., hält diese Art Stammtische für sehr wichtig. Er selbst baut zwar seit Jahren mit seiner Firma Messestände für deutsche Kunden in Russland und kann über eine gute Zusammenarbeit berichten, „die Möglichkeiten dieser Kontaktbörse sind aber besonders für kleine und mittelständische Unternehmen notwendig, um ihnen die Scheu zu nehmen und Wege zu finden, wie man sich gemeinsam in Russland vermarkten kann.“ Der deutsch-russische Stammtisch soll zukünftig zweimal im Jahr stattfinden und wird sich thematisch unter anderem mit Fragen hinsichtlich Zertifizierung in Russland, Arbeitsgenehmigungen für Leitpersonal und Monteure, vertraglicher Gestaltungen bei Importen und Exporten, russischer Gesetzgebung und sozialer Aspekte beschäftigen, und sich noch intensiver mit den Auswirkungen des WTO- Beitritts auseinandersetzen. „Die Veranstaltung ist offen für alle“, betonte Wolfgang Topf. „Wir sind auch dankbar für weitere Hinweise zu speziellen Interessenslagen und für Verbesserungsvorschläge.“


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IN EIGENER SACHE

Das Magazin für Wirtschaft und Kultur aus Mitteldeutschland

Aus Russland in die Herzen der Leipziger In Deutschland leben etwa 3,5 Millionen russischsprachige Bürger. Wie sie ihre Kultur und Traditionen pflegen, erlebten fast 500 begeisterte Leipziger beim fünften internationalen Festival der russischen Kultur.

Text: Andreas Stötzner

Fotografie: Antonia Krebs

Als Begrüßung wird den Gästen – der russischen Tradition entsprechend – Brot und Salz gereicht. Symbolisch verneigen sich zwei junge Eleven in bunt verzierten Gewändern vor dem Publikum. Wir befinden uns im Festsaal des Neuen Rathauses Leipzig und somit mitten im „Herzen“ der Bürgerschaft. Dort wollen die Protagonisten des fünften internationalen Festivals der russischen Kultur auch hin. Unter dem Leitspruch „Aus Russland von ganzem Herzen“ erleben die fast 500 Zuschauer am 14. Oktober deshalb ein Galakonzert der Extraklasse. Von klassisch bis rockig So fühlt man sich beim Auftritt des JugendTanzensembles „Altai“ in ein Märchen aus 1001 Nacht versetzt. Glitzernde Kostüme und traditionelle Choreografien lassen die historisch gewachsene, reiche Kultur der russischen Völker erahnen. Dazu erzählen die kraftvoll vorgetragenen Lieder von den weiten Landschaften Russlands und der Tiefe der russischen Seele. Auch die Erfurter Kosakengruppe „Wolniza“ (auf Deutsch „Freiheit“) entführt das Publikum in längst

vergangene Zeiten. In ihren authentischen Trachten – mit Stiefeln, Fellmütze und Kosakenhemd – lassen sie die lange Tradition dieser Volksgruppe lebendig werden. Selbst für Freunde der klassischen Musik hat das Galakonzert zahlreiche Glanzpunkte zu bieten. So verzaubert etwa Evgenia Rozova, Mezzosopranistin aus Hamburg, das Publikum mit ihrer ausdrucksstarken Interpretation klassischer russischer Gesangsstücke. Doch als Anastasia Delmuhamedova auftritt, erreicht die Stimmung den Siedepunkt. Mit ihrem Stimmumfang von bis zu viereinhalb Oktaven überzeugte „Nastja“ schon als erste russische Sängerin, die an „Deutschland sucht den Superstar“ teilnahm. Bleibt zu hoffen, dass nach Frankfurt/ Main, Nürnberg, Schwerin und BadenBaden bald wieder Bürger einer mitteldeutschen Stadt das Festival „Vivat Rossija“ erleben können. Oder dass Kommunen in Mitteldeutschland das Konzept eines jährlichen russisch-deutschen Kulturfestes aufnehmen und kofinanzieren. www.raduga-nt.de

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Text: Andreas Stötzner

Russischer Markt lockt mit Rendite Viele ostdeutsche Mittelständler haben den Schritt auf den russischen Markt noch nicht gewagt. Die deutschen Großunternehmen sind dagegen fast alle in Russland aktiv. Denn die wachsende russische Volkswirtschaft verspricht gute Verdienstmöglichkeiten.

Text: Andreas Stötzner Fotografie: OMV/Fahrig, OMV/Elke A. Jung-Wolff, Prostofoto Kiew

„Russland hat ein enormes Potenzial und vor allem Dimensionen, die wir uns in Europa nicht vorstellen können.“ Der das sagt, arbeitet seit mehr als 20 Jahren in Russland. Nach seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt in Moskau war Dr. Gerd Lenga von 2006 bis vor kurzem als Generalbevollmächtigter der Knauf-Gruppe GUS für Umsatz und Gewinn von 23 Produktionsunternehmen und 15 Marketinggesellschaften verantwortlich. Heute ist er für die strategische Entwicklung von Knauf in der GUS zuständig. Gerade Unternehmen aus den neuen Bundesländern unterhalten vielfach gewachsene Geschäftsbeziehungen zu den Ostmärkten, weiß der Vorsitzende des Ost- und Mitteleuropa Vereins (OMV). Allerdings sieht er die Hürden für Investitionen in Russland derzeit noch als hoch an. „Wer seine PS dort auf den Boden bringen will, benötigt einen langen Atem und erhebliche Mittel.“ Die in die Hand zu nehmen, müsse ein Unternehmen willens und in der Lage sein. Oft komme es vor, dass ein Unternehmer zu investieren beginnt, später aber sieht, dass er noch eine bestimmte Summe Geld nachschießen soll. Das vorgesehene Budget ist aber schon ausgegeben. „Neulinge müssen einen finanziellen ´Airbag´ einplanen, eine Reserve, welche die anfangs unberücksichtigten Risiken deckt“, appelliert Lenga. Was die hiesigen Unternehmer noch zurückhält, sind neben monetären Gründen wohl auch Unsicherheit und Informationsdefizite. So haben viele Geschäftsführer die Befürchtung, sie seien in Russland rechtlos. „Das ist nicht so“, entgegnet Lenga. Allerdings sei

es ratsam, nicht nur die Regeln genau zu kennen, sondern sich vor allem an sie zu halten. „Das gilt auch für Formalismus und Bürokratie, deren Ausmaß oft weit über das in Deutschland bekannte Maß hinausgeht“, hat der gelernte Jurist beobachtet. Was Investoren bedenken müssen Und Lenga hat gelernt, was Unternehmen bei einem Markteintritt in Russland noch bedenken müssen. Fehlende Kontakte und verlässliche Partner vor Ort gehören für ihn zu den zentralen Herausforderungen. Einen der häufigsten Fallstricke sieht er in fehlenden Sprachkenntnissen. Allein deshalb kooperiere auch fast jeder deutsche Investor mit einem russischen Geschäftspartner vor Ort. Doch sollte man bei der Auswahl des richtigen Partners mindestens genauso vorsichtig vorgehen wie in Deutschland, rät Lenga. „Der Ruf Ihres künftigen Partners macht sehr viel aus. Wenn Sie mit einem russischen Unternehmen ins Geschäft kommen wollen, sollten Sie dessen Firmengeschichte sehr genau kennen“, betont er. Eine weitere Herausforderung ist für zahlreiche Firmen auch die Mitarbeiterfrage. Viele Unternehmen arbeiten vorwiegend mit lokalen Mitarbeitern, die sie zusätzlich in Deutschland schulen. „Um voranzukommen, braucht man gute Leute aus dem Land, sonst geht es nicht“, sagt Lenga. Unter dem Dach der Knauf-Gruppe werden deshalb – neben der Zusammenarbeit mit Universitäten – zahlreiche Kurse und spezialisierte Trainings durchgeführt. Dabei


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Den Modernisierungsbedarf der russischen Volkswirtschaft schätzen Analysten als immens ein. Die Größe und das Potenzial des russischen Marktes sind demnach gigantisch.

Seit Anfang 2012 ist Dr. Gerd Lenga der Vorsitzende des Ost- und Mitteleuropa Vereins (OMV). Der Verantwortliche für strategische Entwicklung der Knauf-Gruppe GUS arbeitet seit über zwanzig Jahren in Russland.

werden Mitarbeiter in Knauf-Betrieben am Arbeitsplatz geschult. „Wir sind bereit, unsere Spezialisten weiterzubilden. Das halten wir für eine seriöse Investition, die uns einen nachhaltigen Vorsprung gegenüber dem Wettbewerb sichert“, begründet der frühere Generalbevollmächtigte. Neben gut ausgebildeten Fachkräften benötigt man natürlich auch gute Maschinen und Anlagen. Dabei sei es leichter, eine ähnliche Linie wie in Deutschland auch im Ausland zu errichten, als eine ganz neue zu „erfinden“, berichtet Lenga von seinen Erfahrungen.

es auch am 19. Oktober in der Aussichtsetage der Sachsen Bank/Landesbank BadenWürttemberg (LBBW). Dort folgten etwa 20 mitteldeutsche Mitglieder und Freunde des OMV den Ausführungen von Dagmar Lorenz, Vertrauensanwältin des deutschen Generalkonsulates in Sankt Petersburg. Kernaussage ihres Vortrags: „Keine Broschüre zum Investitionsklima, zur Wirtschaft oder zum Rechtssystem eines Landes kann die Erfahrungen vermitteln, die Unternehmen machen, die bereits investiert haben und sich seitdem weiter entwickeln müssen.“ Xaver Milz, bei der gastgebenden LBBW für Handels- und ExportFinanzierung verantwortlich, pflichtet ihr bei: „Durch solche Expertengespräche entstehen oft lohnende Geschäftskontakte und ein reger Austausch über Branchen und Regionen hinweg. So profitieren die Unternehmer vom Erfahrungsschatz anderer und erweitern Ihr Netzwerk.“ Damit mitteldeutsche Unternehmer diese Art von Erfahrungsaustausch regelmäßig nutzen können, will der OMV 2013

Warum Russland trotzdem lohnt Immerhin lockt der russische Markt mit überdurchschnittlichen Renditen. „Nicht erst durch Großereignisse wie Olympia 2014 und die Fußball-WM 2018 werden erhebliche Geschäftsmöglichkeiten auch für den deutschen Mittelstand entstehen“, so Dr. Hanno Stöcker, geschäftsführender Vorstand des OMV. Gerade für ostdeutsche

Hochtechnologie- und spezialisierte Dienstleistungsunternehmen würden sich bereits jetzt gute Möglichkeiten für Kooperationen ergeben: „Von unseren Unternehmerreisen und bilateralen Gesprächen wissen wir, dass deutsche Kooperationspartner teilweise händeringend gesucht werden.“ Besondere Hoffnungen verbindet der OMV auch mit dem 2011 beschlossenen Beitritt Russlands zum Welthandelsbündnis WTO. Die Reduzierung von Zöllen und Einfuhrbeschränkungen könnte eine neue Investitionswelle hervorrufen und das Wirtschaftswachstum beschleunigen, blickt der Geschäftsführer voraus. „Der Beitritt Russlands zur WTO ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, so sein Fazit. Wie mitteldeutsche Firmen profitieren können Doch wie können mitteldeutsche Unternehmer vom russischen Wirtschaftswunder profitieren, ohne sich sprichwörtlich die Finger zu verbrennen? Um diese Frage ging


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Der Osteuropa-Wirtschaftstag diskutierte am 13. November mit rund 300 Fachbesuchern die Wirtschaftsbeziehungen deutscher Unternehmen in die Länder Osteuropas und Zentralasiens.

in Leipzig weitere Termine seines Veranstaltungsformats „Lunchbreak“ durchführen. „Wir organisieren jährlich über 60 Fachveranstaltungen, darunter Expertenkreise, Seminare, Wirtschaftstreffen und Delegationsreisen“, so Stöcker. Auch bei diesen Veranstaltungen bietet sich den Teilnehmern die Gelegenheit zu informellen Gesprächen, unterstreicht der OMV-Geschäftsführer.

Deutsch-russischer Handel im Aufwind Wie bereits im ersten Quartal so ist Russland auch im ersten Halbjahr 2012 der wichtigste Handelspartner Deutschlands im Ostgeschäft. Der deutsche Handel mit Russland erreichte in diesem Zeitraum ein Volumen von knapp 40 Milliarden Euro. Das entspricht einer Steigerung gegenüber dem ersten Halbjahr 2011 von 15,5 Prozent. Die deutschen Einfuhren stiegen dabei auf 21,5 Milliarden Euro, die Ausfuhren nach Russland erreichten 18,2 Milliarden Euro. Russland liegt damit auf Platz sieben der wichtigsten Lieferländer und auf Platz zwölf der wichtigsten Nehmerländer Deutschlands. Für Russland ist Deutschland der drittwichtigste Exportmarkt und – nach China – das wichtigste Lieferland mit einem Anteil von über zwölf Prozent an den Gesamtimporten 2011. Ein interessantes Bild ergibt sich, wenn man dem deutschen Handelsvolumen die Einwohnerzahl Russlands gegenüberstellt. Dass Russland im ersten Halbjahr 2012 weniger als zehn Prozent des tschechisch-deutschen Handelsumsatzes pro Einwohner erreicht, macht deutlich, dass in den russisch-deutschen Handelsbeziehungen noch großes Potenzial steckt.

„Bei diesen Gelegenheiten gebe ich meine Erfahrungen gern direkt an unsere Mitglieder weiter“, so Lenga. Nach mehr als 20 Jahren in Moskau kennt der Vereinsvorsitzende die russische Mentalität, ja die russische Seele. „Wir Deutschen können von den Russen viel lernen, vor allem Geduld und Gelassenheit“, rät er.

Ost- und Mitteleuropa Verein Der Ost- und Mitteleuropa Verein e.V. (OMV) mit Sitz in Hamburg und Berlin ist die mitgliederstärkste Vertretung deutscher Unternehmen zur Förderung der wirtschaftlichen Beziehungen mit den Ländern Ost- und Mitteleuropas, Zentralasiens und des Kaukasus. Zu seinen Mitgliedern zählen führende Großunternehmen und spezialisierte Mittelständler und Kleinunternehmen. Der OMV unterhält enge Beziehungen zu Diplomatie und Politik. Mit über 60 Fachveranstaltungen im Jahr bietet der Verein eine Informations- und Kommunikationsplattform für das Ostgeschäft seiner Mitglieder.

www.o-m-v.org


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Die Maxim Kowalew Don Kosaken begeisterten mit kraftvoll gesungenen russischen Weisen.

Wladimir Kaminer als charmanter Moderator des Abends.

„Zauberhaftes Russland“ in Chemnitz Vor den Augen von Alt-Ministerpräsident Biedenkopf, Landtagspräsident Rösler und Generalkonsul Logutov entwickelt sich der Abend zur Wladimir Kaminer-Show. Text: Andreas Stötzner

Fotografie: Ines Escherich

Kyrillische Buchstaben und Birkenzweige hängen von der Decke, auch die Wände sind mit Birkenstämmchen geschmückt. Gleich müssten Väterchen Frost und Schneeflöckchen ihren Einzug halten – und das schon am 17. November. Doch stattdessen stürmt Wladimir Kaminer in den kleinen Saal der Stadthalle Chemnitz. Mit seinem jungenhaften Charme führt der „beruflich deutsche Schriftsteller, aber private Russe“ jederzeit unterhaltsam durch den Abend des Landesindustrieball Sachsen. Und der hat unter dem Motto „Zauberhaftes Russland“ einiges zu bieten: Den Anfang machen die „Maxim Kowalew Don Kosaken“, die nach Aussage von Dolmetscher Kaminer „direkt aus der Sowjetunion“ stammen. Ihre warmen, polyfon geführten Stimmen erfüllen den ganzen Saal wie Glockenklang. Das begeisterte Publikum scheint den Moderator allerdings zu überraschen, denn „die Russen wissen selber nicht, ob sie die Kosaken mögen“. Auch einen politischen Seitenhieb kann sich der russischdeutsche Schriftsteller nicht verkneifen. Von einer fleißigen DSF-

Beitragszahlerin gefragt, wo denn die deutsch-russische Freundschaft hin sei, antwortet er: „Da müssen Sie sich an die russische Botschaft wenden.“ Doch der russische Generalkonsul würdigt den Industrieball nur protokollarisch korrekt als „mitteldeutsche Schlüsselveranstaltung im deutsch-russischen Jahr 2012“. Als dann der Vorsitzende des Industrievereins zum Abschluss seiner Rede das Wodka-Glas erhebt, wird es dagegen für manchen Gast schwierig, dem Protokoll zu entsprechen: Die Gläser sind schon bei der Begrüßung der Tischnachbarn geleert worden. In leicht-fröhlicher Weise kündigt Kaminer auch die Präsidentin der Puschkin-Gesellschaft an, „die mir beim Anlegen meiner verflixten Fliege geholfen hat“. Clotilde von Rintelen, Urur-Enkelin von Alexander Puschkin, lässt aus einem seiner Märchen auf Russisch rezitieren. Beim Vortrag der wohlklingenden Sprache wird so manchem im Publikum sichtlich warm ums Herz. www.industrieverein.org


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Erfolgreiche Unternehmenskäufe in Russland

Unternehmenskäufe in Wachstumsmärkten wie Russland nehmen nach der Finanzkrise von 2009 wieder zu. Im Folgenden werden einige Aspekte beleuchtet, die bei Investitionen generell und in Russland im Speziellen zu beachten sind. Text: Sergey Frank

Bild: Shutterstock

Neugründung oder Kauf/Beteiligung? Bei Direktinvestitionen in ein russisches Unternehmen stellt sich meist die Frage, ob eine Eigengründung oder eine Investition in ein bestehendes Unternehmen vorteilhafter ist („Make-or-Buy“). Der Kauf oder die Beteiligung an einem lokalen Unternehmen hat oft den Vorteil, dass eine etablierte Marke, Kundenbeziehungen und vorhandenes Personal mitgekauft werden. Andererseits kauft man so die gesamte steuerliche und rechtliche Geschichte des Zielunternehmens mit. Eine Neugründung dagegen wird häufig gewählt, um steuerliche und rechtliche Altrisiken der Zielgesellschaft nicht übernehmen zu müssen. Spezielle Risiken beim Unternehmenskauf Was bereits in Westeuropa nicht immer einfach ist, nämlich ein reales Bild vom zu erwerbenden Unternehmen zu erhalten, ist in Russland noch schwieriger: • Angesichts der komplexen Strukturen ist es oft problematisch, den tatsächlichen Wertschöpfungsbeitrag und den um Fremdeinflüsse bereinigten Cashflow des Zielunternehmens festzustellen. • Ein Teil der Kosten ist oft nicht in den Büchern der Gesellschaft abgebildet, insbesondere in den Bereichen Managementkosten, Immobilienkosten und Mitarbeiterentgelte. • Konzernabschlüsse werden nach lokalem Recht selten aufgestellt. Aussagefähige aggregierte Zahlen sind daher für eine Unternehmensgruppe oft nur schwer verfügbar. Das System der internen Kontrolle ist generell mit westlichen Standards nicht vergleichbar. • Es existieren mitunter unklare oder widersprüchliche steuerliche Regelungen, eine uneinheitliche Rechtsauslegung und eine weitverbreitete Praxis aggressiver Steuervermeidung. Daher kommt der

Due Diligence (Kaufuntersuchung) – vor allem im Hinblick auf Finanzen, Bilanzen, Steuern, aber auch auf Genehmigungen und Patente sowie Risiken und Chancen – eine wesentliche Rolle vor der tatsächlichen Akquisition zu. Und vergessen Sie nicht: Beim Unternehmenskauf oder einer Beteiligung spielen nicht nur die Zahlen, sondern vor allem auch die Menschen eine wesentliche Rolle. Daher ist es wichtig, vor dem Kauf die Schlüsselpersonen und Strukturen kennenzulernen. Ein rein hierarchisch geprägtes Unternehmen wird in Zukunft Schwierigkeiten damit haben, mit einer dezentralen Administration des Hauptquartiers effektiv zusammenzuarbeiten. Daher sind die Schnittstellen im Zielunternehmen von großer Bedeutung. Hier ist eine Stärken-und-Schwächen-Analyse vorab, also als eine Art „Personal-Due-Diligence“, von Nutzen. Wichtig ist dabei, nicht nur das Top-Management, sondern auch die mittlere Ebene, die danach die operative Arbeit verrichtet, in die Analyse einzuschließen. Suchen Sie sich die richtigen Verbündeten! Eine internationale Investition ist, vor allem in Russland, komplex und mit Risiken behaftet. Mit einer soliden Vorbereitung, einer guten Analyse, nicht nur im finanziellen, sondern auch im Personal- und Organisationsbereich, und den richtigen Verbündeten kann sie in Russland ein Erfolg werden. Eine gute und fundierte Beratung ist daher wichtig. Berufen Sie sich auf qualifizierte Berater mit einer Repräsentanz vor Ort, genügend landesspezifischem Know-how und einem lokalen Netzwerk. Dies sollten sie mit vergleichbaren und nachvollziehbaren Referenzen belegen können. www.sergey-frank.com


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Oberbürgermeister Burkhard Jung würdigt als Eine große Packung voller Gefühle: In perfekter Choreografie tanzten die russischen Kinder im Schirmherr die Leistungen der jungen Künstler Leipziger Centraltheater

Mit Domra, Tanz und Balalaika Zum sechsten Mal machten junge Künstler aus Russland im Rahmen des karitativen Kinderprojektes OPENWORLD bei ihrer Konzerttournee Stopp in Leipzig.

Text: Janet Schönfeld

Fotografie: Jörg Singer

Leidenschaftlich flattern die kleinen Finger über die Saiten der Domra, dieses uralten russischen Zupfinstruments, dazwischen immer wieder die tiefen Klänge des viel zu großen Balalaika-Kontrabasses, Kostüme in glühenden Farben tanzen über die Bühne, alte russische Volkslieder, zarte Melodien aus Fernost, kindliche Verve, Melancholie, Sehnsucht und ein rosa Panther – wie geht das zusammen? Es war der Tag des Internationalen Kindermusikfestivals „OPEN WORLD“. 39 Kinder kamen aus dem Wolga-Gebiet angereist, aus St. Petersburg, Nordsibirien und der Leipziger Musikschule Johann Sebastian Bach. Nach Berlin und Kassel war das Leipziger Centraltheater die letzte Station auf ihrer Tournee durch Deutschland.

Bereits zum sechsten Mal unterstützte die Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft (VNG) diese Konzertreihe in Leipzig, die unter der Schirmherrschaft des Leipziger Oberbürgermeisters Burkhard Jung steht. Sie ist ein Teil des internationalen karitativen Kinderprojektes des österreichischen Vereins „Energy for Life – Social Foundation“. Nach den Grußworten von Dr. Karsten Heuchert, Vorstandsvorsitzender der VNG, und des russischen Generalkonsuls Vjatcheslaw Logutov wirbelten die jungen Künstler des einzigartigen Kindervokaltheaters „Teremok“ aus St. Petersburg über die Bühne. In einer wunderbaren Harmonie aus Professionalität und Natürlichkeit interpretierten sie anspruchsvolle Volkslieder in unerwarteter Kreativität. Sie

haben schon fast alle begehrten Konzertbühnen Russlands erobert und werden seit wenigen Monaten von einem gleichnamigen Volksinstrumentenensemble begleitet. Temperamentvolle Volkstänze mit komplizierter Choreographie brachte die Tanzgruppe „Wolzhskij Perepljas“ (Wolgaer Tanz) aus der Region Saratow mit. Und obwohl sie aus dem kalten Norden Russlands, aus der Stadt Jugorsk, stammen, heizten die „Lapuschki“ (die Putzileins) mit ihrer originellen Tanzshow den Saal des Centraltheaters ein. Der Abend war eine Reise durch die russische Seele aus Kindersicht. www.efl.eu.com/


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Irina Golubeva mit 18 jahren. Arabesque. Perm Ballett. 1987

Zwischen „Großer Messe“ und Kleingruppenballett Von der Bühne ans Pult: Früher hat sie im Leipziger Ballett getanzt, heute lehrt Irina Goloubeva als Ballettmeisterin. REGJO besuchte sie zur ausgelassenen Etüdenstunde.

Text: Tobias Prüwer

Fotografie: Privatarchiv Irina Golubeva; jost

„Und hopsa – zwei, drei, hopsa ...“ – Zehn Mädchen springen zu fröhlicher Klaviermusik durch den lichtdurchfluteten Raum. Eben standen die in Weiß und Rosé gekleideten Kleinen noch artig im Kreis und begrüßten sich gegenseitig freundlich mit Vornamen. „Dürfen wir auch tanzen?“, fragt eins der Mädchen. Irina Golubeva versichert: „Natürlich üben wir heute wieder euren Tanz.“ Und schon rufen alle im Chor: „Jaaa!“ Nun flitzt das pastellfarbene Fastdutzend unter den Instruktionen und Hinweisen der Tanz- und Ballettlehrerin im Zirkel, hebt dabei die Knie hoch, zieht die Fersen ans Gesäß und schnellt in die Höhe. „Einen Kreis, kein Ei sollt ihr laufen“, ruft die Dirigentin vom Rand her lachend. Drill sieht anders aus – hier geht’s um den Spaß. Und der ist bei allen Beteiligten offensichtlich groß. Auch Irina Golobeva hat nichts vom Klischee der gestrengen Ballettmeisterin. Der zierlichen Frau mit den roten Haaren sieht man an, dass sie selbst einmal professionell Ballett getanzt hat, wenn sie den Kindern die Einzelbewegungen der Übungen vormacht. Nicht auf irgendwelchen Bühnen drehte die 1969 in der sowjetischen Stadt Perm geborene Golubeva ihre graziösen Kreise. Ihr Lebenslauf enthält die Stationen einer beachtlichen Tänzerinnenkarriere: Golubeva war Ensemblemitglied im Russischen Nationalballett, erste Solistin am Ballett Greifswald und danach Demi-Solistin am Ballett Leipzig. Hier war sie bis 2010 tänzerisch tätig und hat in dieser Zeit auch mit der Choreografie-Koryphäe Uwe Scholz gearbeitet. „Ich habe wahnsinnig viel von Uwe gelernt“,

blickt sie auf die Zusammenarbeit für Inszenierungen wie „Große Messe“, „Schwanensee“, „Bach-Kreationen“ zurück. „Das waren künstlerisch meine fruchtbarsten Jahre. Was mich an ihm am meisten faszinierte, war seine Fähigkeit, Gruppen im Raum zu führen.“ Als sich dann abzeichnete, dass sie die Strapazen einer professionellen Balletttänzerin nicht auf ewig wird weiter auf sich nehmen können, suchte Golubeva nach einer Alternative, die mit der Kunst nicht bricht. „Meine große Liebe zum Tanz wollte ich unbedingt aufrechterhalten“, so Golubeva, die selbst mit neun Jahren das Ballett begann. „Und die Arbeit als Lehrerin ermöglicht es mir, meine Erkenntnisse und Erfahrungen weiterzugeben.“ Also absolvierte sie eine entsprechende Ausbildung in Berlin und machte sich dann in Leipzig als Kindertanz- und Kinderballettpädagogin selbstständig. Derzeit sind es vier Kindergruppen, die sie im AriowitschHaus mit ihrem Balletkurs Classique leitet. Mitten im Gründerzeitviertel Gohlis gelegen, hat sie den Turnsaal des Zentrums für jüdische Kultur mit einer eigenen Vertikalstange zum Ballettsaal ausgestattet. Hier gibt sie Unterricht für Kinder von vier bis zehn. Mit so jungen Menschen kreativ zu arbeiten, bereitet ihr besondere Freude: „Ich habe zwei Töchter in dem Alter, die selbst mal getanzt haben und heute Sport treiben.“ Bei den tanzenden Mädchen im Ballettsaal sieht man individuelle Unterschiede im Takt- und Körpergefühl. Um deren Erwerb, ein Gespür für die eigenen Bewegungen, geht es beim Unterricht schließlich auch. Die Tanzstunden sind ja nur eine Vorbereitung auf


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Konzentration ist wichtig: Die Kinder sollen spielerisch ein Gefühl für die eigenen Bewegungen entwickeln.

einen eventuellen späteren Ballettunterricht. „Das ist hier kein Hochleistungssport“, erklärt die Lehrerin. „Wir gehen sehr spielerisch vor, denn das ist das Wichtigste. Und mit einem ganz sanften Übergang kann man ab acht, neun Jahren vorsichtig mit dem klassischen Unterricht beginnen.“ Als nächsten Schritt möchte Golubeva eine Fördergruppe für besonders Begabte einrichten. Die Mädchen stehen nun an der Stange und absolvieren hier ihre Übungen: „Fahrstuhl hoch und Fahrstuhl runter.“ Noch sieht es wacklig aus, als aber die Musik erklingt, werden in den Hoch- und Runterbewegungen doch kleine Ballettetüden sichtbar. Beschränken auf Kindergruppen möchte Golubeva ihrer Lehrtätigkeit nicht. Sie interessiert das Training mit allen Menschen, denn das fällt immer anders aus, meint sie: „Jede Altersgruppe hat ihre eigene Psychologie und erfordert einen besonderen Umgang mit ihr. Ich beobachte die Entwicklungen bei Kindern genauso gern wie bei Frauen, die mit Mitte 20 anfan-

gen.“ Und wenn Damen im Rentenalter fordern, die Lehrerin solle das Tempo erhöhen, sie seien schließlich noch nicht so alt, dann lässt sich Golubeva auch gern überraschen. „Hinsichtlich des Tanzes ist Leipzig eine wirklich gut entwickelte Stadt. Aber ich habe festgestellt, dass es nach dem Weggang der Palucca-Schule vor einigen Jahren keine Schule für klassisch-akademisches Ballett in der Stadt gibt“, sagt Golubeva, die einige Jahre selbst eine Gastdozentur an der Palucca-Schule innehatte. In dieser Richtung will sie weiterarbeiten. Momentan gibt sie zusätzlich zu den Kindergruppen im Ariowitsch-Haus im Tanzstudio Tendance Unterricht für Groß wie Klein und leitet den Aktiven Senioren S.V.. Künftig möchte sie sich den Traum von einem eigenen Studio erfüllen und ist derzeit auf Raumsuche. „Und zum Schluss, unser Tanz“ – „Ja!“, ruft der spontane Kinderchor. Zuerst gehen die zehn Mädchen den Bewegungsablauf trocken durch, dann startet die Musik. „Zwei mal drei macht vier – widdewidde-

witt und drei macht neune! / Ich mach’ mir die Welt – widdewidde wie sie mir gefällt ... / Hey, Pippi Langstrumpf hollahi-hollahoholla-hopsasa / Hey, Pippi Langstrumpf, die macht, was ihr gefällt.“ Zum Lied der flippigen Astrid-Lindgren-Heldin stemmen sich die Tänzerinnen in freche Pose, verschränken die Arme vor dem Körper, zeigen eine lange Nase. Dann springen sie los, klatschen in die Hände, hopsen um die eigene Achse. Zwei, drei Mal gehen sie ihre kurze Choreographie durch, dann lässt langsam die Konzentration der Kleinen nach. 50 ausgelassene Minuten sind vergangen. Nach einem letzten Tänzchen erfolgt die Verabschiedung im Kreis. „Tschüss Irina.“


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Auf den Spuren der Green Economy


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Sachsen-Anhalt

Magdeburg

Wittenberg

Bitterfeld-Wolfen

Nordhausen

Halle

Delitzsch

Merseburg Leipzig

M端hlhausen/Th端ringen

Sachsen Th端ringen

Jena Chemnitz

Saalfeld/Saale

Dresden


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Bundespräsident Joachim Gauck mit DBU-Generalsekretär Dr. Fritz Brickwedde beim Deutschen Umweltpreis 2012 in Leipzig.

Text: Mirjam Schmidt und Martin Jendrischik

Fotografie: jost, Peter Himsel/DBU, Solarion AG, Bergmann-Gruppe / © Jan Gutzeit, Sinoi GmbH, Perry Wunderlich, © steelconcept

Es ist einer jener Momente, die prägend sind: Als Bundespräsident Joachim Gauck den Deutschen Umweltpreis an drei Pioniere der Photovoltaik überreicht, wirkt es für einen Moment so, als wären Ökonomie und Ökologie endlich vereint. Für die 1.200 Gäste im Gewandhaus zu Leipzig ist der einstige, oft unüberbrückbare Widerspruch ohnehin längst ein Relikt der Vergangenheit, ähnlich der Berliner Mauer. Und genau das, was die Gäste an jenem Sonntagmorgen in Leipzig empfinden, kleidet das Staatsoberhaupt in die passenden Worte. „Es zeigt sich: Da ist etwas in Gang gekommen bei einem der wichtigsten Themen unserer Zeit – der Versöhnung von Ökologie und Ökonomie“, so Joachim Gauck. Die Preisträger hätten nicht nur gemahnt, geklagt und gestritten, sondern erforscht, erfunden und angewendet. „Und so ist es ihnen gelungen, das Wünschenswerte ins Machbare zu verwandeln.“ Worte, die prägen – ausgerechnet in Leipzig, in Deutschlands bedeutsamer Solarregion, die unter der massiven Veränderung der politischen Rahmenbedingungen und der internationalen Konkurrenz leidet: Q-Cells verkauft, Sovello angeschlagen, Solibro verkauft, Solarion als innovativer Hoffnungsträger. Ausgerechnet hier weckt die Verleihung des höchstdotierten europäischen Umweltpreises an Wissenschaftler und Unternehmer aus dem Bereich der regenerativen Energieerzeugung die Hoffnung und Erwartung, dass

mindestens die Region den Aufbruch in eine neue Art des Wirtschaftens schaffen kann. Green Economy heißt das Schlagwort, das von OECD, United Nations oder der Bundesregierung ins Gespräch gebracht wird und zu neuen Ufern führen soll. Aufbauend auf der Schule der „ökologischen Modernisierung“ meint Green Economy eine neue Art des Wirtschaftens, die etwa den Verbrauch von Ressourcen, den effizienten Umgang mit Energie oder Wasser stärker berücksichtigt, ohne ökonomische Notwendigkeiten aus dem Blick zu verlieren. Dementsprechend ist Green Economy per Definition eine an ökologischer Nachhaltigkeit, wirtschaftlicher Profitabilität und sozialer Inklusion ausgerichtete Wirtschaftsweise, die künftig zunehmend zum Leitbild für Volkswirtschaften wie die hiesige werden könnte. Mittendrin steht die mitteldeutsche Region mit vielen Dutzend Beispielen dafür, wie es möglich ist, schonender mit knapper werdenden Ressourcen in der Wirtschaft umzugehen – aber auch mit Beispielen für Kommunen, die sich dem Thema angenähert haben und mit den Erfolgen zu echten Vorbildern für andere, vielleicht größere, bekanntere und wohlhabendere Städte werden. Die REGJO-Redaktion stellt viele dieser Unternehmen und Kommunen in Mitteldeutschland in Form einer virtuellen Rundreise durch Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vor.


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Green Economy in Leipzig

Merkel lobt den Wandel in Leuna

Die Reise beginnt in der Stadt, die sich selbst als Energiemetropole bezeichnet und einige Green-Economy-Leuchttürme beheimatet. Einerseits zählt dazu die Verleihung des Deutschen Umweltpreises an Günther Cramer (SMA Solar AG), Dr. Andreas Bett vom Freiburger Fraunhofer ISE und Hansjörg Lerchenmüller vom Spin-offUnternehmen Soitec Solar GmbH als Team aus Wissenschaftlern und Unternehmern. Andererseits gehört auch der Verein Netzwerk Energie und Umwelt e.V. hierzu, der Anfang Dezember zum Expertentreffen einlud (siehe eigenständiger Beitrag auf S. 72). Leipzig ist auch Sitz zahlreicher innovativer Unternehmen, die maßgeblichen Anteil am Umbau zur Green Economy haben: Neben den Gasversorgern Ontras und VNG, die beide Power-to-Gas-Technologien planen, ist dies etwa die Solarion AG, die im kommenden Jahr 2013 unzerbrechliche, flexible, extrem dünne und leichte Solarmodule auf den Markt bringen will. Durch den Verzicht auf Glas lassen sich diese Module zudem mit einem deutlich reduzierten Energieaufwand herstellen, was nicht nur die Ressourceneffizienz verbessert, sondern auch die Fertigungskosten signifikant senkt. Doch Energiewende und Green Economy erleben nicht nur auf wirtschaftlicher Ebene eine positive Entwicklung in Leipzig: Wie in vielen anderen Regionen Deutschlands auch, hat sich hier kürzlich eine Energiegenossenschaft gegründet, die gemeinsam Projekte aus dem Bereich erneuerbare Energien finanzieren und somit entscheidend vorantreiben will. Momentan sucht der junge Zusammenschluss nach ersten größeren Projekten, um sich in der Stadt einen Namen machen zu können. Ziel einer solchen Gemeinschaft ist es, die Wertschöpfung durch die Stromproduktion dort zu generieren, wo auch der Stromverbrauch stattfindet. Diese Dezentralisierung der Energieversorgung spart Ressourcen und entspricht dem Gedanken der Green Economy.

Das Zentrum von Mitteldeutschland ist auch Sitz des Chemiedreiecks Leipzig-Halle-Leuna, in dem sich neben der Total-Raffinerie (siehe Interview Seite 69) und dem größten Linde-Produktionsstandort weltweit auch das neue Spitzencluster BioEconomy angesiedelt hat. Erst kürzlich besuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel Leuna, als dort das neue Fraunhofer-Institut für Chemisch-Biotechnologische Prozesse eingeweiht wurde. „Vor 20 Jahren hat die Politik richtig entschieden, die vielen Fachkräfte hier in der Region zu halten und das Chemiedreieck neu zu gestalten“, so die Bundeskanzlerin in ihrer Festrede. Dies veranschauliche, dass Politik es durchaus befördern könne, dass „etwas Neues entsteht“. „Innovationen können vom Staat aber nicht befohlen werden“, so Merkel weiter. „Die Politik kann nur Mut machen, es zu leben.“ Halle-Wittenberg: Auf den Spuren der Green Economy 20 Kilometer weiter gen Norden hat die Green Economy ebenfalls erste Spuren hinterlassen: Während am Weinberg-Campus u.a. an den Kunststoffsolarzellen der Zukunft geforscht wird (vgl. Beitrag „Forschen für die Green Economy“), setzen die Stadtwerke Halle seit Jahren mit vielen Facetten auf Nachhaltigkeit und Umweltschonung. So wurde im Juni 2012 das Heizkraftwerk Halle-Trotha in Betrieb genommen. An der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg beschäftigt sich Prof. Dr. Udo Pies mit Fragen der Nachhaltigkeit. Im REGJO-Interview (Seite 60) äußert sich der renommierte Wirtschaftsethiker skeptisch, ob Deutschland sich tatsächlich auf dem Pfad einer nachhaltigen Energiewende befindet. „Auf Deutschlands Versuch einer nachhaltigen Energiewende blickt die ganze Welt“, so Pies. Angesichts der Fehlentwicklungen in Bezug auf Biosprit und die Photovoltaik-Förderung befinde sich Deutschland aber keineswegs auf dem richtigen Weg. „Wir müssen die Technologien fördern, die am effizientesten sind. Nur dann wird die Energiewende aus Kostensicht nicht weiter aus dem Ruder laufen – und andere Länder unserem Beispiel folgen.“ Dabei spielen nach Ansicht des neuen, aus Mitteldeutschland stammenden Fraunhofer-Präsidenten Prof. Reimund Neugebauer nicht nur effiziente erneuerbare Energien eine Rolle, sondern allgemein Technologien, die den Energieverbrauch senken. „Wir können die beschlossene Energiewende nur meistern, wenn wir den Energieverbrauch konsequent minimieren“, so Neugebauer. „Dabei spielen Effizienztechnologien eine entscheidende Rolle, denn sie senken unabhängig von der Art der Energieversorgung Kosten und Ressourcenverbrauch. Wir haben gezeigt, dass sich in der Produktion 30 Prozent Energieeinsparung erreichen lassen. Ähnliche Potenziale lassen sich in anderen Bereichen erschließen.“ Bitterfeld

Unzerbrechlich und flexibel: Solarzellen von Solarion

Dies sind saubere Technologien, wie sie beispielsweise Lanxess in Bitterfeld produziert. Der Chemiekonzern hat in den vergangenen Jahren 30 Millionen Euro in eine Fertigungsstätte für Spezialmembrane und Filterelemente investiert – diese Produkte helfen dabei, mithilfe der sogenannten Umkehrosmose verunreinigtes Wasser von Salzen, Keimen und unerwünschten Spurenelementen zu


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Die Bergmann-Gruppe vertreibt eine inno­vative, dezentrale Kläranlage, die auch im ländlichen Raum in Deutschland zunehmend eingesetzt wird.

reinigen. „Wir sind damit in der Lage, einen Beitrag zur Verbesserung der weltweiten Trinkwasserversorgung zu leisten“, erklärt Dr. Carsten Schellenberg, Forschungslaborleiter am Bitterfelder Lanxess-Standort. Vorbild für andere Kommunen: Delitzsch Das Engagement, mit dem Mitteldeutschland zur Modellregion für die Green Economy wird – wie es sich Jörn-Heinrich Tobaben, Geschäftsführer der Wirtschaftsinitiative für Mitteldeutschland wünscht –, reicht von der Initiative großer Unternehmen wie Lanxess und Linde über viele kleine und mittelständische Firmen bis hin zu Forschungseinrichtungen wie etwa die Fraunhofer-Institute IWM und IFF in der hiesigen Region. Doch dabei darf die beeindruckende Vorbildfunktion einiger Kommunen nicht vergessen werden. Zu ihnen gehört insbesondere Delitzsch. Die Kleinstadt, die zwischen Halle, Leipzig und Bitterfeld liegt, produziert mehr eigene erneuerbare Energien, als sie tatsächlich mit ihren 28.000 Einwohnern verbrauchen kann, weil zahlreiche öffentliche Gebäude für Photovoltaik-Anlagen oder zur Erdwärme-Gewinnung genutzt werden. „Wir werden das Best-Practice-Beispiel dafür liefern, dass sich höhere Energieeffizienz, nachhaltige Stadtentwicklung und bessere

Lebensqualität für die Bürger ideal ergänzen“, beschreibt Bürgermeister Dr. Manfred Wilde seine Überzeugung. Die Stadt schaffte es beispielsweise durch die Installation einer Erdwärmepumpe – gespeist durch sechs etwa 100 Meter tiefe Erdsonden – die Heizkosten der im Gebäude befindlichen Stadtbibliothek um satte 75 Prozent zu reduzieren. Auslöser für die Investitionen war, dass die Strom- und Wärmekosten aus dem Ruder liefen. Zeitnah entschlossen sich der Leiter des Liegenschaftsamtes Andreas Rieck und Bürgermeister Wilde, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. So führte die Stadt unter anderem ein Energie-Controlling ein, bewarb sich zunächst im Jahr 2006 um den European Energy Award und später um den bundesweiten Wettbewerb „Energieeffiziente Stadt“ und beschäftigt mit Tillman Bruns einen Beauftragten für das Thema Energieeffizienz. Gezielte Förderung Nur Delitzsch und Magdeburg werden über das Projekt gefördert – mit bis zu einer Million Euro pro Jahr aus dem Etat des Bundesforschungsministeriums. Ziel ist es, zukunftsweisende Konzepte für eine effiziente Erzeugung, Verteilung und Nutzung von

Energie zu entwickeln. Wissenschaftlich begleitet wird das von Prof. Dr. Thomas Bruckner, dem Leiter des Instituts für Infrastruktur und Ressourcenmanagement an der Uni Leipzig. Chinesen fertigen Rotorblätter in Nordhausen Diejenigen, die den Anspruch nachhaltigen Wirtschaftens besonders prägen müssen, sind aber naturgemäß die Unternehmen in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder – wie im nächsten Beispiel – im thüringischen Nordhausen. Dort entstand 1999, also weit vor der heutigen Energiewende-Debatte, bereits eine Fertigung für Rotorblätter für Windkraftanlagen. Auf über 60.000 Quadratmetern stehen große Montage-Hallen sowie ein Trainingszentrum für Faserverbundtechnik zur Verfügung. Seit 2007 gehört das Gelände zur SINOI GmbH, die wiederum eine100prozentige Tochtergesellschaft der chinesischen Lianyungang Zhongfu Lianzhong Composites Group Co., Ltd. istdabei sticht die chinesische Unternehmensgruppe immer wieder durch Innovationen hervor: Erst kürzlich stellte das Unternehmen in China ein 1,5-Megawatt-Rotorblatt mit einer Länge von mehr als 40 Metern vor, das den nachwachsenden Rohstoff


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Im thüringischen Nordhausen entstand bereits 1999 eine Fertigung für Rotorblätter für Windkraftanlagen.

Bambus für lasttragende Komponenten nutzt, um das Gewicht zu reduzieren. Somit zeigt sich: Das Unternehmen produziert nicht nur Lösungen, die zur Produktion von Windstrom dienen, sondern achtet bei der Weiterentwicklung auf intelligente Technologien, die auch dem Nachhaltigkeitsanspruch genügen. Pure Effizienz: BHKWs aus Mühlhausen Elektrische und thermische Energie dezentral und umweltschonend zu erzeugen, ist ein wichtiger Bestandteil der Energiewende, aber auch der Green Economy, die besonderen Wert auf eine res-

sourcenschonende Produktion legt. So können beispielsweise die Blockheizkraftwerke (BHKW) der Enertec-Kraftwerke GmbH aus Mühlhausen anderen Unternehmen dabei helfen, Strom und Wärme besonders umweltfreundlich und effizient zu erzeugen. Enertec hat Blockheizkraftwerke in Leistungsgrößen zwischen 20 und 500 KW im Angebot, die bei einer Energieausbeute von mehr als 90 Prozent entweder Erdgas einsetzen oder regenerative Energieträger wie Bio-, Klär- und Deponiegas. Insbesondere mit den Biogas-BHKWs bieten sich höchst effiziente Anwendungsbereiche, etwa in Krankenhäusern, kommunalen Einrichtungen oder Gewerbe- und Industrieunternehmen.


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Talsperre Hohenwarte als Stromspeicher Einen Beitrag der anderen Art steuert die Region Saalfeld mit der Hohenwartetalsperre zur Energiewende bei: Mit einem Speicherraum von 182 Millionen Kubikmeter Wasser befindet sich die viertgrößte Talsperre Deutschlands in Thüringen. Das angrenzende Pumpspeicherkraftwerk Hohenwarte I sorgt für Elektrizitätserzeugung und -speicherung mit einer

Leistung von 63 Megawatt. Das Kraftwerk der Vattenfall Europe AG ist Zeugnis für die Suche nach passenden Energiespeichern, um die variable Einspeisung erneuerbarer Energien ins öffentliche Netz ausgleichen zu können. Aus Penig in die ganze Welt Apropos Wasser: Ein Weltmarktführer in Sachen Abwassertechnik sitzt im sächsi-

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schen Penig, unserer nächsten Station. Die Bergmann-Gruppe vertreibt eine innovative, dezentrale Kläranlage, die insbesondere in ländlichen Regionen auch in Deutschland zunehmend eingesetzt wird. Das ingenieurgetriebene Familienunternehmen gilt zudem als eines der global richtungsweisenden Unternehmen für vollbiologische Klärlösungen. Für Effizienz rund um das Thema Abwasser sorgt dabei auch die Fernwartungslösung des Unterneh-


Unsere Kühldecken sind so gut, weil sie einen Raum einfach besser aussehen lassen. Raumklimatisierung mit Heiz- & Kühldecken

ICS INTEGRALE CLIMASYSTEME GmbH www.integrale-climasysteme.de

Mit Energie für die Region MITGAS ist als größter regionaler Gasversorger fest in Ostdeutschland verwurzelt. Wir unterstützen traditionell Vereine und Initiativen in den Bereichen Sport, Kultur, Soziales, Natur und Umweltschutz. Besonders am Herzen liegt uns die Kinder- und Jugendförderung. Als starker Partner bewegen wir vieles – für die Menschen in unserer Region. www.mitgas.de

LEUNA – CHEMIE VERBINDET. Die InfraLeuna betreibt den größten geschlossenen Chemiestandort Deutschlands. Mehr als 20 internationale Konzerne und zahlreiche mittelständische Unternehmen vertrauen auf den Chemiestandort Leuna. Das für Leuna signifikante Infrastruktur- und Servicekonzept der InfraLeuna GmbH gestattet die Konzentration auf Kernkompetenzen und schafft Raum für Expansion. www.infraleuna.de


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Pumpspeicherkraftwerk Hohenwarte in Thüringen.

mens: Wenn etwas nicht stimmt, können Fehlermeldungen automatisiert via SMS oder E-Mail verschickt werden. Damit reduziert die technische Lösung die Wartungskosten. In Chemnitz steht die „ideale Fabrik“ Weniger Bedarf an Energiespeichern gibt es dann, wenn intelligente Systeme und Bauten dafür sorgen, dass der Strom- und Wärmebedarf reduziert wird. Denn die beste Energieform ist die, die gar nicht erst produziert, gespeichert und transportiert werden muss. „Seit wir in unserem Neubau das Heiz – und Kühlsystem der Firma WätaS umgesetzt haben, konnten wir unsere Heizkosten erheblich reduzieren“, berichtet Roger Herold, Geschäftsführer des Stahlbauers steelconcept aus Chemnitz. Der neue Firmensitz, der im März 2012 eingeweiht und von steelconcept als Generalunternehmer konzipiert und realisiert wurde, besteht aus

Effizienter Neubau von steelconcept

einer Produktionshalle mit Sägezahn-Dach und angeschlossenem, dreigeschossigem Bürogebäude. Besonderheit: Das Heiz- und Kühlsystem des Olbernhauer Unternehmens WätaS ermöglicht eine Kopplung der Prozesswärme direkt mit Erdwärmekollektoren – und hilft kräftig beim Geldsparen. So wird fast die gesamte Abwärme, die in den Produktionsprozessen und im Serverraum entsteht, zur Unterstützung der Heizung bzw. der Brauchwassererwärmung genutzt. Gleichzeitig überzeugt das Zusammenspiel zwischen hocheffizienten Niedertemperatur-Heizleisten im Produktions- und Bürobereich, der Erdwärmepumpe sowie der eingesetzten Wärmetauscher zur Rückgewinnung der Prozess- bzw. Serverabwärme erreicht. Die „ideale Fabrik“ – ein Modellbauwerk, das weit über die sächsischen Landesgrenzen hinaus für Interesse zur Nachahmung sorgt. Über Dresden zurück nach Leipzig Neben Leipzig und Chemnitz ist auch die sächsische Landeshauptstadt Dresden ein Ort, an dem das Vorankommen der Green Economy an reichlich Schauplätzen zu besichtigen ist. Dabei stechen die Cleantech-Unternehmen heraus, die sich mit organischer Elektronik und organischer Photovoltaik befassen: Das PhotovoltaikUnternehmen Heliatek baut gerade eine erste Fertigungslinie für organische Solarmodule auf und Dresden Microdisplay entwickelt Brillen mit OLED-Technologie, die beispielsweise Ingenieuren in Flugzeugen bei einer Reparatur direkt die Bedienungs-

anleitung aufs Auge projizieren können. Auch hiermit werden die Betriebskosten erheblich gesenkt.In Dresden beheimatet ist außerdem das Cleantech-Unternehmen Sunfire, das einerseits Anlagen zur Herstellung von erneuerbaren, synthetischen Kraftstoffen wie Methangas oder Diesel aus regenerativer Elektrizität (Recycling) baut und andererseits an speziellen Brennstoffzellen zur Erzeugung von Strom und Wärme aus verschiedensten flüssigen und gasförmigen Kraftstoffen arbeitet. Beim ersten. sächsischen Forum für Brennstoffzellen und Energiespeicher im Oktober in Leipzig skizzierte Geschäftsführer Carl G. Berninghausen die Notwendigkeit von Anreizmodellen für eine bezahlbare Energiewende und blickte auf die Entwicklung der Technologien zur CO2-Vermeidung von morgen und übermorgen voraus. Auch in Mitteldeutschland ist es ein weiter Weg in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaft, die man als Green Economy bezeichnen kann. Doch die vielen Beispiele und Ansätze der Rundreise zeigen, dass sich – gerade hier – vieles in Bewegung gesetzt hat, was weit über die grundlegenden Fragen der erneuerbaren Energieerzeugung mit Wind und Sonne hinausgeht. Green Economy bedeutet Dezentralisierung und intelligentes Wirtschaften. Hiervon wird die hiesige Wirtschaftsund Forschungslandschaft – und somit auch die Gesellschaft – in den kommenden Jahrzehnten profitieren. Bis die Vision von der Green Economy endlich Realität geworden ist.


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„Wir müssen schnellstens auf den Pfad einer wirklich nachhaltigen Energiewende!“ Die ganze Welt schaut auf Deutschland und die Umsetzung der Energiewende. Der renommierte Wirtschaftsethiker Prof. Dr. Ingo Pies von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zeigt im REGJO-Interview, wie eine nachhaltige Energiewende aussehen müsste – und weshalb Deutschland diesen Pfad bislang nicht gefunden hat.

Interview: Mirjam Schmidt und Martin Jendrischik

Fotografie: fotolia, jost

Herr Prof. Pies, was bedeutet für Sie Nachhaltigkeit im Sinne von ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit? Nun, Nachhaltigkeit ist aus meiner Sicht ein innovativer Begriff, der die Politikagenda innerhalb relativ weniger Jahre besetzt hat und sich äußerst dynamisch entwickelt. Ursprünglich entstand der Begriff in der Forstwirtschaft in Sachsen – die grundlegende Intuition war: Man solle sehr langfristig kalkulieren und nicht mehr Wald schlagen, als tatsächlich auch nachwachsen kann. Diese grundlegende Intuition spielte beispielsweise 1987 im Brundtland-Bericht eine entscheidende Rolle – und sorgte für Diskussionen auf der ersten Rio-Konferenz. Zunächst wurde vor allem nach den drei genannten Kriterien zur Operationalisierung für Nachhaltigkeit gefragt.

Ist inzwischen ein weiteres Kriterium hinzugekommen? Ja, das Kriterium der Governance, der Anreizsysteme, ist dazugekommen. Dabei dreht sich alles um die Frage: Wie sind Anreize beschaffen, sich nachhaltig im Sinne der drei Dimensionen und im Sinne einer Gemeinwohl-Verträglichkeit zu verhalten? Im Hinblick darauf lassen sich aktuelle Schwierigkeiten der Energiewende ganz anschaulich aufzeigen. Sie sprechen die Energiewende an. Was ist aus dieser Perspektive bei der Solarförderung falsch gelaufen? Anhand der vier Kriterien können wir zeigen, dass die Entwicklung der Solarförderung völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Bei einem intelligenteren Zuschnitt der Solarförderung könnten wir für den


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gleichen Geldeinsatz wesentlich mehr Umweltschutz realisieren. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass wir beim EEG ein ganz gravierendes Governance-Problem haben: Die Bürger geben den Politikern quasi ihr eigenes Scheckbuch in die Hand, weil sie als Stromkunden die Preise bezahlen müssen für das, was die Politiker als Regulierung oder Fehlregulierung anrichten. Das hat insbesondere mit der Intransparenz zu tun: Die EEGFörderung wird ja nicht klassisch im Bundeshaushalt festgehalten, sondern lediglich über einen Art Schattenhaushalt verteilt. Aufgrund dieser Problematik komme ich bei der Solarförderung zu einem sehr kritischen Urteil. Bleiben wir noch einen Moment bei der Politik – welche Fehler wurden in Bezug auf die Biosprit-Debatte gemacht, Stichwort Tank vs. Teller? Berücksichtigt man diese Kriterien, kommt man zumindest in Bezug auf Biokraftstoff der ersten Generation zu einem wiederum sehr kritischen Urteil. Ich verweise hierzu nur auf die jüngste Stellungnahme der Leopoldina. Anlass zur Kritik gibt auch der soziale Aspekt: Wir haben unsere Subventionsprogramme just zu dem Zeitpunkt ausgeweitet, als Nahrungsmittel weltweit knapp und teuer wurden. Dies hat zur Hungerkrise 2008 maßgeblich beigetragen. Aus meiner Sicht ist diese Förderung von Bioenergie ohne Rücksicht auf die globale Ernährungslage das Resultat von „ökologischem Eurozentrismus“. Nachhaltigkeit geht anders: Wir müssen die Biosprit-Förderung zukünftig ganz eng mit der globalen Ernährungssituation abstimmen und alles tun, damit das Nahrungsangebot weltweit steigt und wir aus der Nutzungskonkurrenz herauskommen.

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Wie kam es zu dieser Fehlentwicklung? Aus Sicht des Governance-Mechanismus ist die Erklärung einfach: Europa hat für Europa Politik gemacht, die USA für die USA. Es gab aber – und das gilt es im Sinne der Nachhaltigkeit zu ändern – keine global abgestimmte Politik. So ist in den Politikprozessen etwas schief gelaufen, weil bestimmte Stimmen nicht gehört wurden. Wir brauchen eine Bioenergie-Politik der 2. Generation und müssen aus der Nutzungskonkurrenz Tank oder Teller heraus. Wie müsste eine nachhaltige Energiewende gestaltet sein? Die Politik muss darauf achten, dass die effizientesten Technologien gefördert werden. Denn nur so bekommen wir für ein gegebenes Budget den größtmöglichen Nutzen – d.h. den bestmöglichen Umweltschutz. Eine intelligente Politik würde also einen Wettbewerb darum initiieren: Wer kann die besten Verfahren der Energiegewinnung entwickeln im Hinblick auf die Vermeidung von Treibhausgasemissionen? Bislang fördern wir die Photovoltaik deutlich stärker als andere erneuerbare Energien: Schaut man aber auf die Vermeidung von Treibhausgasemissionen, kommt man zu dem Schluss, dass Wasserkraft hier besser abschneidet als Windenergie und Photovoltaik. Durch die starke Subventionierung der Solarenergie steuern wir mit den falschen Mitteln das richtige Ziel an. Die Subventionen sind völlig aus dem Ruder gelaufen. Die Fördersätze (Cent pro Kilowattstunde) liegen ganz weit über denen anderer regenerativer Energien. Das hat dazu geführt, dass der Anteil der PV an der Strommenge bei 21 Prozent liegt, aber der Anteil der Vergütung bei 48 Prozent. Die Folge: Entweder wird Klimaschutz sehr teuer. Oder wir leisten uns weniger Klimaschutz, als eigentlich möglich wäre,


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Prof. Dr. Ingo Pies wurde 1964 in Arnsberg geboren. Der Diplom-Volkswirt promovierte am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Unternehmensethik in Ingolstadt und war anschließend über die deutschen Grenzen hinweg als Lehrbeauftragter tätig. Seit 2002 ist Pies Universitätsprofessor für Wirtschaftsethik in Halle. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Wirtschafts- und Unternehmensethik sowie New-Governance-Prozesse zur Lösung internationaler Ordnungsprobleme. Sein neuestes Buch heißt: „Regelkonsens statt Wertekonsens“, Berlin 2012.

sofern wir mehr auf Innovationswettbewerb setzen würden. Wie unpopulär ein zu teurer Umweltschutz wird, erleben wir ja gerade mit der Steigerung der Strompreise. Welches Bild erzeugt Deutschland hiermit im Ausland? Wir müssen uns bewusst sein, dass die ganze Welt auf Deutschland schaut. Schafft Deutschland die nachhaltige Energiewende, gibt es viele Nationen, die unserem Beispiel folgen werden. Schaffen wir es nicht, würde der Prozess der ökologischen Neuorientierung global einen gewaltigen Rückschlag erleiden. Als Wirtschaftsethiker betrachte ich das mit großer Sorge: Schaut man vorurteilslos auf die Faktenlage, liefern wir nicht mehr als ein interventionistisches Strohfeuer. Vom Pfad einer nachhaltigen Entwicklung sind wir jedenfalls noch weit entfernt. Selbstverständlich können wir die Probleme der Welt nicht auf deutschem Boden lösen. Aber wir als starke Exportnation haben eine internationale Pilotfunktion. Es geht hier auch um die Weiterentwicklung des Ingenieurstandortes Deutschland. Die Brisanz, die mit dem Erreichen der Energiewende somit verbunden ist, ist aus globaler Perspektive erheblich größer als öffentlich debattiert. Inwieweit ist der Begriff der Nachhaltigkeit insofern auch mit Gerechtigkeit verbunden? Die Nachhaltigkeit stellt andere Fragen als die Gerechtigkeits-Semantik, und genau

das ist vorteilhaft: Fährt ein Prozess in absehbarer Weise vor die Wand? Beispiel Griechenland-Krise: Weil Ausgabensteigerungen populärer sind als Einnahmenerhöhungen führt die Gerechtigkeits-Semantik dazu, dass die Staatsfinanzen aus dem Ruder laufen. Denn aus Gerechtigkeits-Aspekten heraus kann man im Grunde gegen jegliche Einzelmaßnahme aargumentieren, die beim Staat Einnahmen erhöht oder Ausgaben senkt. Und dies alles, obwohl allgemein bekannt ist, dass ein Staatsbankrott die größte Ungerechtigkeit überhaupt hervorruft. Die Nachhaltigkeits-Semantik geht anders: Statt „Ist eine Konsolidierung der Staatsfinanzen gerecht?“, fragen wir: „Ist der Mangel an Konsolidierung nachhaltig?“ Und darauf kriegen wir eine eindeutige Antwort: Nein, das ist natürlich nicht nachhaltig. Basierend darauf lassen sich über die Governance-Dimension Wege finden, auch die Staatsfinanzen nachhaltig zu machen. Eine Lösung ist dann beispielsweise eine auf den ersten Blick verrückte Idee wie eine Schuldenbremse, wo die Parlamentarier sich selbst die Hände binden, um aus dem ruinösen Wettbewerb des Populismus auszusteigen. Unternehmen schmücken sich zunehmend mit CSR-Kommunikation. Ist das mehr Schein als Sein? Natürlich gibt es es vereinzelt Aktivitäten, die man als Green-Washing bezeichnen

würde. Andererseits haben die Unternehmen in den letzten Jahrzehnten auf breiter Front große Fortschritte beim Nachhaltigkeits-Management gemach, auch auf Druck des Kapitalmarktes. Dazu hat beispielsweise die zunehmende Vergleichbarkeit beigetragen, die sich aufgrund eines internationalen Berichts-Standards wie dem der Global-Reporting-Initiative einstellt. Hinzu kommt die kritische Begutachtung durch die Öffentlichkeit, durch die Medien, die die Skandale aufdecken, Missstände beim Namen nennen und so nachhaltige Lernprozesse anstoßen. Auch Nachhaltigkeits-Rankings motivieren die Unternehmen dazu, noch deutlich mehr zu tun. Die Unternehmen erkennen, dass sie umweltfreundliche Produkte entwickeln und produzieren müssen – das steigert auch die Markenqualität und macht sich in Form höherer Renditen schließlich bezahlt. Insgesamt sind wir hier auf einem guten Weg. Deshalb sollten wir auch bei der Energiewende dafür sorgen, dass die Unternehmen uns mit jenen Innovationen versorgen, die wir für den Umbau unseres Energiesystems benötigen. Wir danken Ihnen sehr für das Gespräch.


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Mit Zeolith zum Zenit Mit der Zeolith-Technologie revolutioniert SorTech – unterstützt von S-Beteiligungen – die Wärme- und Kältetechnik. Mit neuen Investoren im Rücken und weiteren Innovationen strebt man nun auf den Massenmarkt für Endverbraucher. Text: Martin Jendrischik

Fotografie: jost

Im Flugzeug, in der Geschirrspülmaschine und im Elektroauto – wenn es nach den Plänen der SorTech AG geht, könnte „SorTech Inside“ bald eine Art Qualitätssiegel werden, wie es „intel-inside“ längst geworden ist. Doch in Halle tüfteln 20 Forscher und Entwickler nicht an den schnellsten Prozessoren der Welt. Vielmehr will das Unternehmen, an dem auch die Leipziger Sparkassen-Tochter S-Beteiligungen Anteile hält, mit seiner Technologie in Zukunft ganz entscheidend zur Energiewende beitragen: Überall dort, wo Abwärme vorhanden ist, kann die Adsorptionstechnik von SorTech zur Wärme- und Kälteerzeugung genutzt werden – fast ohne Strom und Kältemittel, die CO2 freisetzen. Die SorTech AG ist 2002 als Spinoff-Unternehmen aus dem Fraunhofer ISE hervorgegangen und forscht seitdem an der Perfektionierung der Adsorptionstechnik. „Adsorption ist ein physikalisches Verfahren, das wir uns bei der ‚Produktion‘ von Kälte aus Wärme zunutze machen“, beschreibt Vorstand Walter Mittelbach.

Als Kältemittel in den Adsorptionsaggregaten, die aus einem Verdampfer, einem Kondensator und zwei Adsorbern bestehen, kommt – ganz umweltfreundlich – Wasser zum Einsatz. Adsorbens speichert Wasserdampf Die herausragende Innovation von SorTech ist aber das Innenleben des Adsorbers: Darin befindet sich aktuell ein Lamellen-Wärmetauscher, der mit einem Adsorbens – kleinen „Kügelchen“ aus Silikagel oder Zeolith, die sich gewissermaßen mit Wasserdampf vollsaugen können – beschichtet ist. „Vorteil unserer Technologie ist, dass wir die gesamte Fläche des Wärmetauschers beschichten können, obwohl der Lamellenabstand massiv reduziert worden ist“, berichtet André Weiß, der die Geschicke des Geschäftsfeldes Adsorptionsaggregate leitet. Das mache die Lösung weniger wuchtig, vielseitiger einsetzbar und effizienter.


REGJO ENERGIE UND UMWELT 65

Walter Mittelbach (Vorstand) und Harriet Krzyzowski (Aufsichtsrat) leiten die Geschicke der SorTech AG.

Noch haben die Aggregate recht große Abmessungen, eignen sich aber mit riesigen Stromeinsparpotenzialen von 80 und mehr Prozent für Großgeräte wie Wärmepumpen oder stationäre Kältemaschinen. „In Zukunft werden wir ein Material haben, das es uns ermöglicht, ähnlich leistungsstarke Adsorptionsaggregate mit der Größe einer Zigarettenschachtel herzustellen“, sagt Walter Mittelbach, der vor seinem Umstieg in die Wirtschaft am Fraunhofer ISE arbeitete. Aus Freiburg nach Halle umgesiedelt Zunächst in Freiburg beheimatet, gewinnt das Unternehmen schon 2003 den Landestitel eines renommierten Startup-Wettbewerbs, hinter dem u.a. die Sparkassen, McKinsey, ZDF und der Stern stecken. Die damit verbundene Aufmerksamkeit nutzt SorTech, um weitere Investoren ins Boot zu holen, von denen einer die Ansiedlung der Produktion des Unternehmens in Ostdeutschland wünscht. Als Standort entscheidet sich Mittelbach im Jahr 2004 für Halle an der Saale. Erst kürzlich gewinnt die SorTech AG den Querdenker-Award in der Kategorie „Marktführer“ – der Querdenker-Club vereint mehr als 300.000 Entscheider und kreative Menschen weltweit und gilt als größtes Ideen- und Kreativitätsnetzwerk. Heute ist die Grundlagenforschung an den beschichteten Materialien, die die Adsorptionstechnik kleiner und für mobile Anwendungen einsetzbar machen sollen, abgeschlossen. „Es geht derzeit darum, die Technologie zusammen mit Industriepartnern reif für den Massenmarkt zu machen“, sagt André Weiß. Auf welche Produktbereiche sich das Unternehmen dann konzen-

trieren wird, hängt dabei insbesondere von den Gesprächen mit potenziellen Entwicklungs- und Vertriebspartnern aus der Industrie ab. Die Anwendungsbereiche sind derart vielfältig, dass sich das forschungsgetriebene Unternehmen nicht in zu vielen Projekten und auf zu vielen Gebieten verzetteln darf, wie auch Mittelbach und Weiß einräumen. Neue Investoren für den Massenmarkt Im Sommer 2012 stiegen mit UnternehmerTUM und Munich Venture Partners zwei große VC-Gesellschaften bei SorTech ein, die es dem kleinen Team ermöglichen, neue Produktbereiche konsequent aufzubauen und auch für die Industriepartner geeignete Lösungen zuzuschneiden. Einer dieser Industriepartner ist Stiebel Eltron. Der führende Hersteller im Bereich der Haus- und Systemtechnik stieg 2011 als Aktionär bei SorTech mit dem Ziel ein, die Zeolith-Plattformtechnologie gemeinsam zur Anwendungsreife im Bereich der Wärmepumpen zu entwickeln. „Wir sind gerade dabei, dieses Geschäftsfeld aufzubauen und im kommenden Jahr eine WärmepumpenBaugruppe in den Markt einzuführen“, so André Weiß. Um dies zu realisieren, plant das Unternehmen die Produktionserweiterung innerhalb der Region. Neben diesen Produkten, die von Partnern wie beispielsweise Stiebel Eltron in hocheffiziente Systeme verbaut werden, setzt SorTech auch auf den Ausbau seiner Fertigung von Adsorptionskältemaschinen. Derzeit produziert und vertreibt das Unternehmen rund 150 Aggregate pro Jahr an Betreiber aus aller Welt. Betreiber, die etwa ein Blockheizkraftwerk haben und mit der bei der Stromerzeugung entstehenden Ab-

wärme im Winter heizen und im Sommer kühlen wollen. „Durch das Kühlen mit überschüssiger Wärme wird es für eine Vielzahl von Anwendern erst wirtschaftlich, ein eigenes Blockheizkraftwerk einzusetzen“, sagt André Weiß. Auch andere Einsatzfälle sind spannend: Das Deutsche Patent- und Markenamt etwa erzeugt über eine Solarthermie-Anlage genügend Wärme, um das eigene Gebäude in München im Sommer zu kühlen. Doch SorTech will einen Schritt weiter gehen und sich auf dem Massenmarkt platzieren. Denn neben stationären Lösungen können die Vorteile der SorTech-Lösung auch für mobile Anwendungen relevant sein. „Mit den neuen Investoren ist der Weg in den Massenmarkt ganz klar vorgezeichnet“, ist sich Walter Mittelbach sicher. Die Kernkompetenz des Unternehmens liegt darin, Adsorptionsaggregate auf ganz unterschiedliche Anwendungen hin zu optimieren. Darin sind die insgesamt 31 Mitarbeiter in Halle Weltspitze. S-Beteiligungen sieht herausragende Potenziale „Das Anwendungs- und Marktpotenzial der Zeolith-Plattformtechnologie ist immens“, sagt Harriet Krzyzowski, die als Vertreterin des Leipziger Gesellschafters S-Beteiligungen den Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft leitet: „Allein in Europa kann daraus bis 2020 ein Markt mit einem Volumen von mehreren Milliarden Euro entstehen.“ Eine Perspektive, die viel Raum für dynamisches Wachstum bietet – aus Mitteldeutschland und für eine clevere Technologie der Energiewende in die ganze Welt. www.sortech.de


66 ENERGIE UND UMWELT

RegJo

Jörn-Heinrich Tobaben will mit dem Projekt HYPOS (Hydrogen Power Storage & Solutions East Germany) die Energiewende vorantreiben.

Günstige Konstellation für grünen Wasserstoff Mitteldeutschland hat ein hervorragend ausgebautes Erdgasnetz – das ist bekannt. Die Wasserstoff-Pipeline zwischen Wittenberg und Zeitz hingegen kaum. Im Projekt HYPOS sollen deren Potenziale künftig ausgeschöpft werden.

Text: Martin Jendrischik

Fotografie: jost

Es hat den Anschein, als habe Jules Verne eine Art prophetische Gabe bewiesen, als er im Buch „Die geheimnisvolle Insel“ schrieb, „Das Wasser ist die Kohle der Zukunft“ – heutzutage beschäftigen sich immer mehr Unternehmen mit der Erzeugung von grünem Wasserstoff und dessen Verwendung im Kontext der Energiewende. „Das Wasserstoff-Thema fasziniert mich unheimlich“, sagt JörnHeinrich Tobaben, der heute die Geschicke der Wirtschaftsinitiative für Mitteldeutschland (WIM) leitet und aufgrund früherer Tätigkeiten mit dem Thema vertraut ist. Aus einer glücklichen Konstellation heraus entstand die Idee für das Projekt HYPOS (Hydrogen Power Storage & Solutions East Germany) mit dem langfristigen Ziel, Wind und Photovoltaik-Strom in Mitteldeutschland partiell grundlastfähig zu machen. Zur glücklichen Konstellation zählt, dass die Gas-Spezialisten Air Liquide Deutschland GmbH und Linde AG in der Region große Standorte haben: Air Liquide in Böhlen, Linde hat seinen weltweit größten Wasserstoff-Standort in Leuna. Darüber hinaus verfügt Linde unter anderem zwischen Bitterfeld, Schkopau, Böhlen, Leuna bis hin nach Zeitz über eine gut ausgebaute Wasserstoff-Pipeline. Daneben signalisierte auch die VNG-Gruppe, die Karvenenspeicher in Bad Lauchstädt und Bernburg betreibt, ihr Interesse an einer Beteiligung am HYPOS-Projekt. Weltweit einmalige Strukturen Um diese bereits existenten, hervorragenden infrastrukturellen Voraussetzungen im Rahmen der Wasserstoff-Wirtschaft zu nutzen, wurde gemeinsam von WIM, dem Cluster Chemie/Kunststoffe Mit-

teldeutschland und dem Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (IWM) in Halle eine Projektskizze erarbeitet, die nun federführend von Prof. Dr. Wehrspohn vom IWM weiterentwickelt und im April beim Bundesbildungsministerium im Rahmen des Projektes „Zwanzig20“ eingereicht werden soll. Damit unterstützt die Bundesregierung genau das, was die Wasserstoff-Freunde aus Mitteldeutschland vorhaben: Die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft zu Projekten, die den Standort Ostdeutschland langfristig voranbringen. Im HYPOS-Projekt soll überschüssiger Wind- und Photovoltaikstrom genutzt werden, um in zentralen und dezentralen Elektrolyse-Anlagen grünen Wasserstoff herzustellen. Denn die Windmüller in der Region sind künftig darauf angewiesen, neben Erzeugungs- auch Speicherkapazitäten anzubieten. Grüner Wasserstoff für die Region Der durch Elektrolyse erzeugte grüne Wasserstoff soll dann über das Erdgasnetz oder die Wasserstoff-Pipeline gespeichert und zu den verschiedenen Nutzern transportiert werden. „Außerdem können angedachte Projekte der Wasserstoff-Kavernenspeicherung direkt integriert werden“, so Tobaben. Als Abnehmer sind neben der Industrie auch beispielsweise Wasserstofftankstellen denkbar. Wasserstoff als Baustein der Energiewende wird in Mitteldeutschland somit deutlich greifbarer und die Prophezeiung von Jules Verne damit irgendwann Realität. www.hypos-eastgermany.de


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Zukunftstechnologie Erdgas zieht Experten nach Leipzig 14. Fachtagung „Erdgas Umwelt Zukunft“ am 23. Januar 2013 im CCL. Traditionell zu Jahresbeginn wird Leipzig wieder zum Forum für Erdgasexperten und -anwender. Die Fachtagung „Erdgas Umwelt Zukunft“ geht am 23. Januar 2013 bereits in die 14. Runde. Im Congress Center Leipzig (CCL) auf der Neuen Messe treffen sich Experten aus Forschung, Politik und Energiewirtschaft, stellen die neuesten Entwicklungen, Techniken und Trends in der Erdgaswirtschaft vor und diskutieren über Energieeffizienz und energiepolitische Fragen. Veranstalter der Fachtagung sind die MITGAS Mitteldeutsche Gasversorgung GmbH, die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig), die Mitteldeutsche Netzgesellschaft Gas mbH (MITNETZ GAS) und die Buderus GmbH. Mit dem Konzept von „Erdgas Umwelt Zukunft“ soll ein Wissenspool geschaffen und damit der interdisziplinäre Austausch gefördert werden. „Die Suche nach neuen Energiequellen, nach Möglichkeiten alternativer Energieerzeugung und die Entwicklung von Technologien, um Energie effizienter zu nutzen, sollte vor allem auch auf dem Gebiet der Erdgasanwendungen weiter vorangetrieben werden. Erdgas verfügt hier über ein erhebliches Potenzial“, sagt Professor Dr.-Ing. Michael Kubessa, Prodekan der Fakultät Maschinenbau und Energietechnik an der HTWK Leipzig, der die Fachtagung moderiert. „Dass diese Fragen gerade vor dem Hintergrund der Energiewende immer bedeutender werden, zeigt das stetig wachsende Interesse an der Tagung.“ Die „Herausforderung Energiewende“ rückt auch 2013 wieder in den Fokus. Die Deutsche Energie-Agentur (dena) wird mit ihrer Mobilitätsstudie, die insbesondere die Möglichkeiten der Erdgasmo-

bilität in Deutschland berücksichtigt, zu Gast sein. Die Audi AG stellt ihre Technologie zur Umwandlung von Windenergie in synthetisches Erdgas vor. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Tagung sind Erfahrungsberichte und Anwendungsbeispiele auf dem Gebiet der Erdgasnutzung. MITGAS und die RWE Innogy GmbH berichten über die Monitoringergebnisse gemeinsamer Feldteststudien von Stirling-Heizgeräten aus dem Raum Halle-Leipzig. Derartige Feldtests werden seit vielen Jahren von MITGAS vorangetrieben. Weitere Beiträge im zweiten Teil der Tagung betreffen den „Einsatz von Brennstoffzellengeräten im Rahmen des Callux-Programms“ (Baxi-Group) und die Anwendung neuer effizienter Brennwert- und Wärmepumpensysteme (Junkers). Den Abschluss bildet ein Vortrag der ASUE Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e.V. zur Anwendung des ASUE BHKW-Tools. Die Tagung spricht vorrangig Architekten, Ingenieure, Planer, Installateure und Berufsgruppen an, die mit dem Einsatz verschiedener Energieformen in Berührung kommen. Aber auch anderen Interessierten steht die Veranstaltung offen. Ziel ist es, den Teilnehmern neue Entwicklungen aus ihrem Berufsumfeld aufzuzeigen und ihren Gedankenaustausch über wichtige Fragen der effizienten Energienutzung zu unterstützen. Neben der Tagung gibt es auch 2013 eine begleitende Fachausstellung mit Erdgas-Innovationen. www.fachtagung-mitgas.de


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Historisch gewachsene Verbundenheit auf dem Prüfstand?! Die Raffinerie von TOTAL in Leuna steht für den Wandel zur Vorzeige-Chemie-Region. Eng damit verbunden ist Reinhard Kroll. Im Interview blickt der Raffinerie-Leiter zurück auf alte Zeiten und voraus auf neue Herausforderungen.

Autor: Mirjam Schmidt

Fotografie: TOTAL Raffinerie Mitteldeutschland GmbH

Herr Kroll, wie schätzen Sie die deutsche Energiewende ein? Ein wenig zwiespältig: Geht man davon aus, dass Erneuerbare für das Netz zur Verfügung stehen, dann sieht das umweltpolitisch toll aus – energiepolitisch weniger. Denn: Es bleibt die Frage nach dem Ausbau und der Auslastung von Netzen. Um die Grundlast trotz der Einspeisung volatiler erneuerbarer Energien und ohne nukleare Energie stemmen zu können, sind Ressourcen notwendig, die flexibel auf Schwankungen reagieren. Ansonsten werden harte Winter zum Problem. Ein gut ausgebautes Netz ließe dieses Problem obsolet werden. Um es zu installieren und nutzbar zu machen, wären jedoch etwa 15 Jahre und viele Milliarden Euro notwendig.

Sie kennen die Raffinerie wie kein Zweiter. Wie schätzen Sie die Entwicklung des Standortes rückblickend ein? Der Chemiestandort wurde 1992 deshalb wiederbelebt, weil weltweit Akteure aus Politik und Wirtschaft Potenziale sahen: Die Zusammenarbeit zwischen Mitterrand und Kohl zu Beginn der 90er Jahre war ein Segen für den Chemiestandort; ohne TOTAL (damals noch Elf) wäre Leuna heute nicht das, was es ist. Der Park der InfraLeuna hat sich gemeinsam mit der Raffinerie entwickelt. Heute profitieren alle Akteure von der Nähe im Chemieverbund. Ich sehe jedoch ein Problem: Helmut Kohl hatte beim Spatenstich für die Raffinerie die Vision blühender Landschaften. Betrachtet man die Chemieregion heute, wurde diese Vision durchaus Realität. Nur sind die Weichen energiepolitisch derzeit so hart gestellt, dass wir Gefahr laufen, diese blühende Landschaft wieder zurückzubauen. Nicht in einem Jahr, aber langfristig.

Wo sehen Sie die Zuständigkeit, diese Probleme anzupacken? Die europäische Politik ist nicht einheitlich genug. Deutschland hat sich hier vergleichsweise Großes vorgenommen. Ob der Weg der SubvenReinhard Kroll tionierung der Beste ist, wage ich zu bezweifeln. Fest steht: Unser Föderaliswurde 1952 in Haldensleben geboren. 1976 begann der mus dient keiner schnellen und umfasDiplom-Ingenieur seine berufliche Laufbahn am Standsenden Lösung. ort Leuna. Er durchlief verschiedene Positionen und wurAußerdem sollte sich meiner Meide 1991 Produktionsleiter der damaligen Leuna-Werke. nung nach auch die Wirtschaft nicht 1992 war er Teil des Projektteams „Leuna 2000“ mit dem scheuen, an ökonomisch wie ökoloZiel, das Werk mit dem Schwerpunkt Erdölverarbeitung gisch vertretbaren Lösungen mitzuarauch nach der Wiedervereinigung wettbewerbsfähig zu beiten. Wir als Raffinerie-Betreiber der positionieren. Im Jahr 1997 war Kroll als Produktionsleiter TOTAL-Gruppe gehören zu denjenian der Eröffnung der heutigen Raffinerie beteiligt. Nach gen, die sehr viel Energie verbrauchen, anschließender internationaler Tätigkeit für den TOTALum neue Energieträger erzeugen zu Konzern kehrte Reinhard Kroll 2006 als Geschäftsführer können. Insbesondere deshalb stellen der TOTAL Raffinerie Mitteldeutschland GmbH nach Leuna wir uns dieser Verantwortung durch zurück. Engagement.

Sie sprechen also von einer Chemieregion Mitteldeutschland? Die Chemieregion um Leuna hat im europäischen Maßstab Bedeutung. Leuna ist der größte geschlossene Park, doch man sollte bedenken, dass das Chemiegebiet im Herzen Deutschlands – Buna und Böhlen eingerechnet – durchaus größer ist. Auch wenn wir in manchen Segmenten als Konkurrenten am Markt tätig sind, teilen wir die Sorge um die Zukunft des Standortes. Energiekosten spielen für die Neuansiedlung weiterer Akteure eine entscheidende Rolle. Es wird entschei-


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Fotografie: InfaLeuna GmbH

En e r g i e wi r tschaft

Umweltpreis InfraLeuna mit Sonderpreis der Umweltallianz Sachsen-Anhalt ausgezeichnet.

dend sein, wie zuverlässig, vernünftig und weitsichtig der Gesetzgeber Entscheidungen vorantreibtw. Es liegt in der Hand der Politik, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken oder eine Abwanderung in den arabischen bzw. asiatischen Raum zu riskieren. Die Bundeskanzlerin stattete dem Chemiepark Leuna jüngst einen Besuch ab. Anlass war die Eröffnung des Fraunhofer-Zentrums für Chemisch-Biotechnologische Prozesse. Kann hiervon eine derartige Impulswirkung ausgehen wie damals von der Raffinerieeröffnung? Der Neubau der TOTAL-Raffinerie war ein Impuls für die ganze Region, für die Nutzung bestehender Technologien und den Erhalt von Arbeitsplätzen. Die FraunhoferAktivität kann durchaus auch zum Impulsgeber werden, jedoch eher für die Technologieführerschaft Deutschlands. Außer Kohle hat Deutschland keine Rohstoffe – Wissen und neue Technologien zu vermarkten, ist daher ein guter Ansatz. Und wer weiß, viel-

leicht können wir in Zukunft von der Nähe profitieren und in einer gekoppelten Raffinerie auch Biorohstoffe verarbeiten. Sehen Sie darin die Zukunft der Raffinerie? Das wäre abzuwarten. TOTAL ist nicht nur in der Lage, zuverlässig Benzin und Diesel zu produzieren – wir wissen auch, dass Energie zukünftig auf variantenreichere Art produziert wird. TOTAL investiert am Standort Leuna 75 Millionen Euro in noch energieeffizientere, zuverlässige Anlagen und Renovierungsmaßnahmen. Wir werden als Reaktion auf veränderte Marktansprüche Anlagenmodifizierungen vornehmen. Das zeigt, dass die TOTAL-Gruppe Entwicklungsmöglichkeiten für den Standort sieht: Ein – zunächst – sehr positives Signal für das Umfeld der Raffinerie. Aber dieses Signal kann untergehen, wenn politisch keine deutlichen Aussagen getroffen werden. Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Die InfraLeuna GmbH ist der Dienstleister, der die Fäden am 1.300 Hektar großen Chemiestandort Leuna zusammenhält und dabei die Aspekte von Ressourcenschonung und Umweltschutz stets im Blick behält. So verlassen beispielsweise 70 Prozent der in Leuna produzierten Güter (12 Millionen Tonnen) den Standort per Schiene. Seit 1990 wurden in Leuna durch Unternehmen wie Linde oder TOTAL insgesamt sechs Milliarden Euro investiert – hiervon flossen 500 weitere Millionen in die Modernisierung der Infrastruktur. Beeindruckend dabei: Die durchschnittliche Umweltbelastung konnte in den knapp 23 Jahren um 95 Prozent reduziert werden. Ein Engagement für die Umwelt, das sich für InfraLeuna immer bezahlt macht. Kürzlich erhielt der neue Geschäftsführer Dr. Christof Günther den Sonderpreis der Umweltallianz Sachsen-Anhalt aus den Händen von Umweltminister Dr. Hermann Onko Aeikens. „Der Preis ist die Würdigung vielfältiger Bemühungen der InfraLeuna um eine bessere Nutzung von Ressourcen wie Wasser und Erdgas“, stellte Dr. Günther klar. Seit 2009 hat InfraLeuna eine Umwelt-initiative Klimabewusstsein initiiert, in die jeder der 9.000 Arbeitskräfte am Standort involviert ist. MJ

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Das GETEC-Heizkraftwerk wurde bei einer Papierfabrik errichtet und besteht aus einer Kesselanalage mit Erdgasbetrieb und einer zweiten Kesselanlage mit besonders wirtschaftlicher Braunkohlenstaub-Feuerung.

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Biomasse-Heizkraftwerk versorgt ein Lebensmittelunternehmen.

Die Herausforderung „Energiewende“ meistern Contracting-Spezialist GETEC aus Magdeburg hat sich in den vergangenen 20 Jahren zum mittelständischen VorzeigeUnternehmen mit Milliardenumsatz gemausert. Die Energiewende befeuert das äußerst zeitgemäße Geschäftsmodell. Text: Martin Jendrischik  Fotografie: GETEC

Volker Schulz hat keine Schwierigkeiten, den Kundennutzen seines Unternehmens auf den Punkt zu bringen: „Energie ist teuer, und wer Energie spart, spart Geld.“ So einfach ist die Formel, mit der die Magdeburger GETEC AG und 200 Millionen Euro Umsatz pro Jahr erwirtschaftet. Die mittelständische Unternehmensgruppe mit rund 300 Mitarbeitern setzt Energieversorgungsanlagen rund um Wärme, Kälte, Strom oder Dampf im Kundenauftrag um – und finanziert sich selbst aus den Einsparungen, die für den Kunden realisiert werden. „Contracting“ nennt das der Branchen-Experte Schulz – er ist Vertriebsvorstand der GETEC AG. 1993 in Magdeburg gegründet Begonnen hat alles 1993, als das heutige Unternehmen als Gesellschaft für Energietechnik und -management mbH Magdeburg von Dr. Karl Gerhold gegründet wurde. „Damals“, so erinnert sich Volker Schulz, „hat die GETEC insbesondere die zentralen Heiz- und Wärmeanlagen für die Versorgung der großen Wohnblöcke in Magdeburg realisiert.“ Neben der Umsetzung der Aufträge aus der Immobilienwirtschaft beschäftigten sich die GETEC-Ingenieure zeitgleich mit den Möglichkeiten der dezentralen Wärme- und Stromerzeugung. „Heute kommt uns die langjährige Expertise, etwa in Bau, Wartung und Betrieb von Blockheizkraftwerken, zugute“, sagt Schulz. Den Geschäftsfokus hat die Gesellschaft längst deutlich erweitert: Anlagen ab 130 Kilowatt für Seniorenheime und Wohnungsbaugesellschaften gehören immer noch dazu – aber gleichzei-

tig auch solche mit einer Leistung von bis zu 50 Megawatt für die Industrie oder öffentliche Auftraggeber. So baute die GETEC beispielsweise ein Biomasseheizkraftwerk mit 20 Megawatt für das Magdeburger Bio-Ölwerk und eine hocheffiziente Kraft-WärmeKopplungsanlage zur Dampf- und Stromversorgung eines Lebensmittelunternehmens. Harmonie von Umweltschutz und Wirtschaftsinteresse Das Contracting-Unternehmen bietet heute mit seinen Schwestergesellschaften in der ganzen Bandbreite des Marktes „individuelle und bedarfsgerechte Lösungen rund um die Wärme- und Energieversorgung“. Vorstand Schulz nennt ein Beispiel: „Wir haben beispielsweise für ein Milchwerk durch Wärmerückgewinnung ein Strompotenzial von über 4 Megawatt gehoben, so dass sich das Unternehmen komplett selbst mit Strom versorgen kann.“ Mit der Energiewende hat die langjährige Fokussierung auf Effizienz-Lösungen einen neuen Schub bekommen. Denn immer mehr Firmen interessieren sich für eine autarke Stromversorgung. Solche „inselbetriebsfähigen“ Lösungen realisiert GETEC gegenwärtig für ein niedersächsisches Lebensmittelunternehmen sowie für eine sächsische Papierfabrik. Damit hilft das mitteldeutsche Unternehmen ihren Kunden erfolgreich dabei, die große Herausforderung Energiewende mit maßgeschneiderten Lösungen zu meistern. www.getec.de


72 ENERGIE UND UMWELT

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Turbinenläufer einer Mikrogasturbine, das Herzstück einer dezentralen Kraft-Wärme-Kopplungsanlage.

Forschen für die Green Economy Neue und nachhaltige Technologien sind Voraussetzung dafür, dass Unternehmen und Kommunen – wie in der Rundreise beschrieben – ihren Beitrag zur Green Economy leisten können. Aber auch Mitteldeutschlands Hochschulen und Forschungseinrichtungen arbeiten am Puls der Zeit. Text: Mirjam Schmidt

Fotografie: Stephan Thomas HTWK Leipzig, IFF Fraunhofer, evermind GmbH

An der TU Chemnitz beschäftigen sich Psychologen derzeit mit dem Thema Elektromobilität. Warum Psychologen? Untersucht wird, ob eine optimierte Auslegung der Reichweite von Elektrofahrzeugen – durch einen sogenannten Range Extender – deren Akzeptanz beim Verbraucher verbessert. Das Projekt trägt den Titel „Electric Vehicle with Range Extender as a Sustainable Technology” (EVREST). Ausgangspunkt von EVREST ist die Analyse von Mobilitätsprofilen und Nutzererwartungen. Ein Range Extender könnte technologisch betrachtet zum Beispiel ein Verbrennungsmotor sein, der bei Bedarf die Akkus des Elektroautos mit Strom versorgt.

neuartiger Baukonstruktionen aus Textilbeton arbeitet die Forschungsgruppe Energiedesign der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig gemeinsam mit der TU Dresden. Das interdisziplinäre Team aus Architekten, Wirtschafts- und Bauingenieuren beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit energieeffizienten Gebäudehüllen. Gearbeitet wird an Textilbeton, der anstelle von Stahl mit textilen Hochleistungsgarnen bewehrt wird. Die Vorteile des neuen Verbundwerkstoffes: Er verbessert die Umweltbilanz und ermöglicht durch leichtere und dünnere Bauteile neue architektonische Lösungen.

Neue Werk- und Baustoffe

Innovative Methoden der Rohstoffgewinnung

An einer weiteren Werkstoffinnovation wird in Magdeburg geforscht. Heutzutage werden Kraft-Wärme-Kopplungsprozesse genutzt, um Strom und Wärme zu erzeugen. Die dafür eingesetzten Turbinen werden jedoch momentan komplett aus Stahl gefertigt. Das Fraunhofer Institut IFF arbeitet gemeinsam mit Forschern aus Dresden, Berlin und St. Augustin im Projekt „Turbokeramik“ daran, den elektrischen Wirkungsgrad der gasbetriebenen Turbinen mit neuen leistungsfähigeren Werkstoffen zu steigern. „Turbokeramik“ soll einerseits resistenter gegenüber Verschleiß sein und andererseits Spaltverluste in den Gasturbinen verringern, um in den Brennkammern höhere Temperaturen zu bewirken. An der Entwicklung

In Regionen wie dem Erzgebirge wurde jahrhundertelang Erzbergbau betrieben. Die nach dem jeweiligen Stand der Technik nicht förder- oder verwertbaren Bestandteile des Erzes wurden auf Halden gelagert. Diese enthalten daher fein verwachsene Mineralien und geringere Konzentrationen der abgebauten Rohstoffe wie Zinn, Zink, Silber oder Wolfram sowie Begleitelemente wie Lithium oder Indium. Viele der Elemente sind heute für die Wirtschaft relevant. Die TU Freiberg versucht dieses Potenzial zu nutzen und möchte im Rahmen der Fördermaßnahme „r³ – Innovative Technologien für Ressourceneffizienz – Strategische Metalle und Mineralien“ Wertstoffe wirtschaftlich und umweltschonend aus


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Bergbauhalden gewinnen. Im ersten Schritt werden an vier Standorten Probebohrungen durchgeführt. Daraus wird ein Haldenkataster entwickelt, der alle relevanten Informationen und die Potenziale der 20 größten Bergbauhalden bündelt. Zusätzlich sollen Informationen über mögliche Abbau-, Aufbereitungs-, Gewinnungstechnologien und deren Kosten bereitgestellt werden. (Durch-) Leuchten Die HTWK Leipzig ist Teil eines kooperativen Forschungsprojektes, welches die Straßenbeleuchtung revolutioniert: Es soll Witterungsverhältnisse, Fußgänger und den öffentlichen Personennahverkehr erkennen und Beleuchtungsfarbe sowie Lichtstärke entsprechend eigenständig regulieren. Ein Prototyp des intelligenten LED-Beleuchtungssystems ist bereits entwickelt und wird nun einem Praxistest unterzogen. Geplant ist, eine Straßenbeleuchtung zu etablieren, die aus Sensoren und unabhängig voneinander dimmbaren LEDModulen besteht, beispielsweise über WLAN miteinander kommuniziert und von einer intelligenten Steuerungseinheit reguliert wird. Der Vorteil: Die Umrüstung kann ohne Baumaßnahmen realisiert werden, da lediglich die Leuchtenköpfe gewechselt werden müssten. LEDs bieten enorme Potenziale zur Energieeinsparung.

Seit August „durchleuchten“ Forscher der TU Freiberg innerhalb eines Gemeinschaftsprojekts einen Teil des sächsischen Untergrundes, um mögliche Erdwärmereservoire zu erkunden. Vibrationsfahrzeuge senden dafür über eine Bodenplatte Schallwellen in die Erde. Zudem wurden 24 kleine Sprengladungen im Messgebiet eingesetzt, um besonders steile Klüfte und Risse zu identifizieren. Die entstehenden seismischen Signale breiten sich im Untergrund aus, bis sie an den Grenzflächen der verschiedenen Erdschichten gebrochen und zur Oberfläche zurückreflektiert werden. Dort wird das erzeugte „Echo“ mit Geophonen gemessen, welche Schwingungen in digitale Datenströme umwandeln und an der TU eine Visualisierung des Untergrunds ermöglichen. So soll herausgefunden werden, ob die Bergstadt Schneeberg ein geeigneter Standort für ein Erdwärmekraftwerk sein kann. Die Forscher betreten damit das Neuland der deutschen Geothermie: Gelingt es, die Seismik für die Erkundung dieser Gebiete anzuwenden, könnten kristalline Untergründe für die Tiefengeothermie – und damit zur Nutzung regenerativer Energiequellen – erschlossen werden. www.tu-chemnitz.de www.iff.fraunhofer.de www.htwk-leipzig.de www.tu-freiberg.de

ENERGIE UND UMWELT 73


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En e r g i e wi r tschaft

F o r schun g Fotografie: IHK zu Leipzig

Fotografie: K. & L. Förster GbR

El e kt r o m o bilit ä t

Fotografie: Fraunhofer

74 ENERGIE UND UMWELT

Elektroautorallye Energieforum

SolarKunststoffe

Das TWIKE-Elektrofahrzeug gewinnt den ersten Platz bei der WAVE 2012

Das Ostdeutsche Energieforum geht in die zweite Runde.

Fraunhofer rückt Kunststofflösungen als Schlüsselelement in den Fokus.

Die Energiewende hat drei Räder, Platz für zwei Personen und wiegt etwa 240 Kilogramm. Der mobile Beitrag für die bessere Welt erreicht 85 km/h Höchstgeschwindigkeit und bräuchte umgerechnet eigentlich einen halben Liter Benzin auf 100 Kilometer. Doch das TWIKE-Elektrofahrzeug verzichtet ganz auf fossile Brennstoffe und hat – mit dem entsprechenden Akku versehen – eine Reichweite von über 300 Kilometern. Die längste Elektroauto-Rallye der Welt, die WAVE (World Advanced Vehicle Expedition), die im September stattfand, startete in Genua und führte über eine Distanz von 2.700 Kilometern nach Amsterdam. In diesem Jahr wurden zwei erste Plätze verliehen. Aus 18 Teams wurden das Tesla- und das TWIKE-Team als Sieger gewählt. Schon bei der E-miglia im Sommer erhielt das TWIKE einen Pokal für seine herausragende Energieeffizienz. Seit Mai 2011 fährt es auch durch Leipzig. Katrin und Lutz Förster, Gesellschafter der Firma „Försters.com“ führen seither den Vertriebs- und Servicestützpunkt „TWIKE in LE“. KF

Die Interessengemeinschaft der Unternehmerverbände Ostdeutschlands und Berlins wird am 29. und 30. April 2013 im Congress Center Leipzig (CCL) gemeinsam mit den entsprechenden IHK-Landesarbeitsgemeinschaften zum zweiten Mal das Ostdeutsche Energieforum veranstalten. Erneut diskutieren Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zentrale Forderungen der kleinen und mittelständischen Unternehmen zur Umsetzung der Energiewende. Unter anderem werden die Zentralisierung und Koordinierung von Entscheidungskompetenzen, die Zusammensetzung eines „gesunden“ Energie-Mixes, der Netzausbau sowie verschiedene Möglichkeiten von Versorgungskonzepten in den Fokus gerückt. Auch Mobilitätsfragen, Energieeinsparungspotenziale und ein Vorschlag zum Abbau der Bürokratie sollen Beachtung finden. Nachdem im vergangenen Jahr EUKommissar Günther Oettinger die Tagung besuchte, sind die Organisatoren optimistisch, dass nun im April Bundeskanzlerin Angela Merkel den Weg nach Leipzig antritt. MJ

In Halle eröffnete jetzt das neue Fraunhofer-Innovationscluster »Kunststoffe und Kunststofftechnologien für die Solarindustrie«.„Kunstsoff spielt bereits heute eine zentrale Rolle in der Solarindustrie“, erklärt Dr. Michael Busch, der Sprecher des Innovationsclusters: „Kunststoffunternehmen sehen darin erhebliches Erweiterungspotenzial.“ Gemeinsam mit Partnern der Industrie – wie Q-Cells oder Solarion – und der Wissenschaft sollen Aktivitäten der beiden Branchengebündelt, vernetzt und gestärkt werden. „Aktuelle Entwicklungen machen eine enge Zusammenarbeit unabdingbar“, so Busch weiter: „Diese herzustellen, ist unsere Aufgabe“. Es sollen maßgeschneiderte solare Endapplikationen entwickelt und ein Vorsprung im internationalen Wettbewerb erarbeitet werden. »SolarKunststoffe« ist eine länderübergreifende Aktivität und wird durch die Fraunhofer-Gesellschaft, das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie die beiden Länder Sachsen-Anhalt und Brandenburg finanziell unterstützt. MJ

www.Försters.com

www.ostdeutsches-energieforum.de

www.solarkunststoffe.de


REGJO ENERGIE UND UMWELT 75

Eine Jahrhundertkonstante im Energiewandel Die Effizienz von Gas und Gasnetzen hat sich im letzten Jahrhundert stets weiterentwickelt. Aktuell sieht die Branche Ausbaupotenziale mit der Energiewende, die sich mit besseren politischen Rahmenbedingungen optimal nutzen ließen. Text: Martin Jendrischik, Mirjam Schmidt

Fotografie: ONTRAS GmbH

Bereits um das Jahr 1900 ermöglichte eine technologische Innovation die weiträumige Nutzung von Gasen und den Aufbau eines Ferngasnetzes. In den folgenden 50 Jahren trieben neue technische Verfahren das Wachstum der Ferngaswirtschaft an. Kurze Zeit später – in den 1960ern – brach das Zeitalter des umweltfreundlicheren Erdgases an. Mit zunehmendem Markterfolg investierte die Gaswirtschaft in den Folgejahren Milliarden in den Netzausbau. Entwicklungsstand und Potenziale Aktuell verändern sich die Fernleitungsnetze erneut. Ein Auslöser: Die Einspeisung von Biogas und anderen regenerativ erzeugten Gasen im Zuge der Energiewende. Allein ins Netz der Leipziger ONTRAS – VNG Gastransport GmbH speisen bisher neun Anlagen ihr Biogas ein. Bis Ende 2013 werden es 20 Anlagen sein. Damit wird das ONTRAS-Netz jährlich bis zu 180 Millionen Kubikmeter Biogas transportieren – ausreichend, um eine Stadt wie Leipzig mehr als anderthalb Jahre zu versorgen. Witterungsunabhängiges und speicherfähiges Biogas kann eine entschei-

dende Rolle im Energiekonzept der Zukunft spielen, ebenso wie aus überschüssigem Wind- und Solarstrom erzeugtes Gas. Bei diesem „Power-to-Gas“-Verfahren wird nicht nutzbarer Regenerativstrom zur Erzeugung von Wasserstoff oder Methan genutzt und dieses Gas ins Gasnetz eingespeist. Zudem stellen Fernleitungsnetzbetreiber wie ONTRAS Kapazitäten für Gaskraftwerke bereit, damit diese beim Ausfall der Regenerativen die Stromlücke schließen können. Politik könnte Potenziale optimieren Im energiepolitischen Konzept der Bundesregierung ist Erdgas einerseits als fossile Energie ein „Auslaufmodell“. Andererseits soll es aber als Backup beim Ausfall von Regenerativstrom bereit stehen; Gasnetze sollen zunehmend regenerativ erzeugte Gase transportieren. Um dies zu erreichen, sollte die Politik bisherige Regelungen überdenken und Widersprüche beseitigen. Es nützt der Umwelt nichts, nur die Einspeisung ins Leitungsnetz zu fördern und die Gasnetzbetreiber dazu zu verpflichten, Erzeugungsanlagen regenerativer Gase ans Netz anzuschließen sowie entspre-

chende Einspeiseanlagen zu bauen und zu betreiben, wenn den Verbrauchern kein Anreiz geboten wird, dieses Gas auch zu verwenden. Zudem können Netzbetreiber dabei bisher nicht auch in Forschung und Entwicklung investieren, weil die Bundesnetzagentur diese Kosten außerhalb des Folgejahres nicht anerkennt. Innovationen wären hier aber notwendig, um Kosten zu senken und die Effizienz der Anlagen zu steigern. Will die Bundesregierung wie vorgesehen bis 2050 den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch auf 60 Prozent und den Anteil am Bruttostromverbrauch bis dahin 80 Prozent steigern, müssen Erdgas und die dazugehörige Infrastruktur ihre Rollen optimal erfüllen können. Auch sollten sich auf dem Weg dahin die am besten geeigneten Technologien im Wettbewerb behaupten, ohne dass die Politik, wie bisher, ausgewählte Bereiche einseitig fördert. Bei ONTRAS ist man optimistisch, dass dann die Potenziale von Erdgas und seiner Infrastruktur ihre Rolle bei der Energiewende optimal spielen können. www.ontras.com


76 ENERGIE UND UMWELT

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Baustoff + Metall Niederlassung Leipzig, Kaffeebar & Kundenlounge

Im Auftrag des genormten Gefühls Die Integrale Climasysteme GmbH verbindet mit ihren Kühl- Heizdeckensystemen nicht nur Wohlfühlfaktor, Raumdesign und Umweltfreundlichkeit, sondern trägt auch zur Senkung von Energieverbrauch und Betriebskosten bei.

Text: Janet Schönfeld

Fotografie: Günther-Fotodesign

Oscar Wilde bringt es auf den Punkt: „Wäre die Natur behaglich, hätten die Menschen die Architektur nicht erfunden.“ Da scheint so viel dran zu sein, dass sogar das Deutsche Institut für Normung das Empfinden von Behaglichkeit in seinem Katalog standardisiert hat: „Thermische Behaglichkeit ist definiert als das Gefühl, das Zufriedenheit mit dem Umgebungsklima ausdrückt. Lokale Unbehaglichkeit kann auch durch eine anormale hohe vertikale Temperaturdifferenz zwischen Kopf und Knöchel verursacht werden, durch zu warmen oder zu kühlen Fußboden… “, heißt es da in der DIN EN ISO 7730. Behaglichkeit ist also berechenbar und messbar. Trotz aller individuellen Unterschiede im Empfinden von Wärme und Kälte. Das ist auch gut so, sonst müssten sich die Mitarbeiter der Integrale Climasysteme GmbH (ICS) ausschließlich auf ihr eigenes Gefühl verlassen.

ICS verbindet Technik und Emotionen zu einer Symbiose, die im Arbeitsalltag eine wichtige, aber oft noch vernachlässigte Rolle spielt: Das Unternehmen hat sich auf die Entwicklung, Herstellung sowie die gesamte gewerkeübergreifende Ausführung von Kühl- und Heizdeckensystemen spezialisiert und befasst sich daher intensiv mit Fragen zu Raumklima und Wohlbefinden. Immerhin verbringt der Mensch neunzig Prozent seiner Zeit in geschlossenen Räumen, in denen zudem lichtdurchlässige Architektur, Kopier- und EDV-Technik und strahlende Beleuchtung für ständige Wärmezufuhr sorgen. Studien haben nachgewiesen: Je wärmer der Raum, desto geringer die Leistungsfähigkeit der Nutzer. Mit einer Kühl- und Heizdecke werden zu warme Räume sachte herunter gekühlt und zu kühle Räume dezent erwärmt. Ganz ohne Zugluft und ohne Geräusche.


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Baustoff + Metall Niederlassung Leipzig, Kundenhalle, thermisch aktive Gipskartondecke

Ein System, zwei Funktionen Wie geht so etwas? „Herkömmliche Klimaanlagen nehmen Wärme über die Luftbewegung im Raum auf. Die Zulufttemperatur ist dabei viel geringer als die Hautoberfläche des Menschen. Dadurch entsteht ein Energieentzug, die unangenehme Zugluft, die wir alle kennen“, erklärt Mathias Bayer, Diplom-Ingenieur bei ICS, „eine Kühldecke dagegen nimmt die Wärmelasten hauptsächlich aus Strahlungsenergie auf. Sie besteht aus mäanderförmigen Kupferrohren, die in Wärmeleitprofile aus Aluminium gepresst sind. Damit die überschüssige Wärme aus dem Raum gelangt, wird Wasser als Wärmeträger eingesetzt. Mittels der Kühldecke wird dem Raum Wärme über ein von gekühltem Wasser durchströmtes Rohrleitungssystem entzogen.“ Bis vor ein paar Jahren wurden noch zusätzlich zur Kühldecke alternative Systeme zum Beheizen eines Raumes installiert. Heute wird mit der Kühldecke während der Heizperiode auch geheizt. Das Prinzip ist das gleiche. Heizdeckenstrahlungssysteme arbeiten vorrangig mit Wärmestrahlung und wirken direkt auf den Wärmehaushalt der Raumnutzer, auf den Fußboden und die Raumgegenstände. Besonders den Anforderungen im Gewerbebau wird diese Doppelfunktion des Kühlens und Heizens gerecht. Strahlung funktioniert immer vom wärmeren zum kälteren Körper. Im Fall der Kühldecke gibt der Mensch dorthin seine Wärme

ENERGIE UND UMWELT 77

Produktbeispiel aktivierte Metallkassettendecke, climaTILE cu ©

Produktbeispiel aktivierte Metallkassettendecke, climaTILE cu ©

ab, im Fall der Heizdecke nimmt er von dieser die Wärme auf. Um eine behagliche Empfindungstemperatur energieeffizient zu erzielen, muss die Systemtemperatur möglichst nahe am Umwelttemperaturniveau liegen. Durch eine großflächige Belegung der Heiz- und Kühlsysteme im Bereich der Decken wird genau das erreicht. Im Gegensatz zum flächenmäßig relativ kleinen Heizkörper. Kälte und Wärme energieeffizient erzeugen Beim Einsatz dieser aktiven Deckensysteme arbeiten regenerative Wärmeerzeuger bzw. Kälteerzeuger das ganze Jahr über energieeffizienter. „Allein die Energieeinsparung beträgt bei der Wärmeerzeugung sechs Prozent gegenüber anderen Flächentemperierungssystemen, bei der Kaltwassererzeugung circa 18 Prozent gegenüber Luftkühlsystemen“, schätzt Bayer. Gleichzeitig fallen aufgrund der günstigen Systemtemperaturen im Vergleich zu anderen Heizsystemen die Wärmeverluste in den Verteilungsnetzen etwa 40 Prozent geringer aus, wenn die Rohrleitungen nach der Energieeinsparungsverordnung gedämmt sind. Doch nicht nur dadurch können die Betriebskosten niedrig gehalten werden. Bayer betont in diesem Zusammenhang auch die Wichtigkeit einer hochwertigen Planung und gewissenhaften Montage der Kühl- und Heizdeckensysteme. „Wir bieten detaillierte hydraulische Berechnungen und genaue Montageplanungen, denn minderwertige Montagen und Beratungen wer-

den sich bei einem noch so guten System nachteilig auswirken.“ ICS legt auch großen Wert darauf, den Nutzer umfassend und verständlich in die Funktion der Systeme einzuweisen. So können Bedienungsfehler vermieden werden und die Gesamtanlage läuft optimierter. Davon konnte sich auch René Gottschalk, Niederlassungsleiter der Leipziger Baustoff und Metall GmbH, überzeugen. Für diesen Baustoffgroßhändler hat die ICS mittlerweile vier Filialen mit Kühl- und Heizdeckensystemen ausgestattet. „Wir hatten die bereits vorhandene Fernwärme in unser Gesamtenergiekonzept integriert und rechnen nun mit einer merklichen Kostenersparnis“, erzählt Gottschalk. Und was macht das heimelige Gefühl? „Zusätzliches Lüften über Fenster und Türen ist nicht mehr nötig“, sagt er, „es entsteht tatsächlich eine Wohlfühltemperierung im Arbeitsalltag, die uns auch von Kollegen und Kunden immer wieder bestätigt wird.“ Natürlich ist nicht allein die Temperatur für die Behaglichkeit verantwortlich. Raumhöhe, Akustik, Schall, Licht und Luftfeuchte haben einen ebenso großen Einfluss. Selbstverständlich berücksichtigen die zwanzig Mitarbeiter der ICS auch diese Parameter bei der Entwicklung ihrer Produkte. Sie erbringen keine isolierten Teilleistungen, sondern bieten ihren Kunden Systemkompetenz und Know-how aus einer Hand – und tüfteln damit ganz im Sinne von Oscar Wilde. www.kuehldecke.de


78 Energie und Umwelt

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Leipzigs Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht will die Energiemetropole Leipzig stärken

Experten diskutieren die Akzeptanz des Wandels „Klar zur Wende – Potenziale global und vor Ort“ – unter diesem Motto stand das Expertentreffen rund um die Energiewende in der Energiemetropole Leipzig Text: Martin Jendrischik

Fotografie: Stadt Leipzig, AfW

Gute Traditionen sollte man hegen und pflegen – das Expertentreffen des Amtes für Wirtschaftsförderung der Stadt Leipzig sowie des Vereins „Netzwerk Energie & Umwelt e.V.“ hat auch dieses Jahr Anfang Dezember stattgefunden und die gute Tradition einer hochkarätigen Veranstaltung mit überregionaler Ausstrahlung bereits zum sechsten Mal fortgesetzt. Mehr als 200 Fachbesucher und Referenten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik kamen in die Villa Ida im Leipziger Stadtteil Gohlis, um sich über Chancen, Herausforderungen unddie Notwendigkeit einer nachhaltigen Energiewende zu informieren und auszutauschen. „Wenn wir auf die Akzeptanzprobleme der Energiewende nicht reagieren, stehen wir bald vor einem Investitionsstau“, sagte Unternehmensberater Uwe Hitschfeld im Rahmen seines Vortrages. Die kürzlich veröffentlichte Längsschnittstudie „Akzeptanz von Projekten in Wirtschaft und Gesellschaft“ habe gezeigt, dass 58 Prozent der Deutschen bereit wären, sich für oder gegen privatwirtschaftliche oder öffentliche Vorhaben wie den Bau von Windparks, Straßen oder Stromleitungen zu engagieren. Kommt die persönliche Betroffenheit hinzu, steigt dieser Wert auf 83 Prozent. 61 Prozent der Befragten finden die Anhörungsprozesse so kompliziert, dass es schwer möglich ist, sich mit seiner Meinung einzubringen.

„Außerdem fühlt sich fast jeder Zweite schlecht über die Pläne informiert“, so Hitschfeld weiter. Öffentlichkeit und Betroffene einbeziehen Private Interessen, betonte der Unternehmensberater, würden bei unmittelbarer Betroffenheit viel eher vor das gemeinnützige Denken und Handeln gestellt, als bei indirekter Betroffenheit. „Diesem Phänomen müssen Politik und Wirtschaft angemessen entgegen treten“, so Hitschfeld, der beispielhaft eine Projektkommunikation anmahnte, die sowohl die breite Öffentlichkeit als auch unmittelbar Betroffene einbeziehe. „Vorhaben müssen nicht nur allgemein sinnhaft dargestellt werden, sondern auch für die Menschen vor Ort akzeptabel erscheinen – ein Spagat, der die Kommunikatoren mehr und mehr fordern wird.“ Einen Appell in eine andere Richtung richtete Prof. Dr. Ingo Pies, Wirtschaftsethiker an der Universität Halle-Wittenberg, an die Experten im Publikum.. „Wir müssen schnellstmöglich auf den Pfad einer wirklich nachhaltigen Energiewende umschwenken“, so Pies (vgl. Interview auf Seite 60). Der Wissenschaftler fällt in Bezug auf die Förderung von Photovoltaik und Biokraftstoffen ein


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Wirtschaftsethiker Prof. Ingo Pies

sehr kritisches Urteil, da sie aus seiner Sicht keineswegs zu einer wirklich nachhaltigen Energiewende führt. Deutschland müsse bewusst sein, dass es Vorbild für die Welt ist – gelinge die Energiewende hierzulande auf nachhaltige Weise, zögen sofort andere Länder nach. Schaffe es Deutschland hingegen nicht, sei ein Rückschritt in der Klima- und Energiepolitik zu befürchten. Weniger theoretisch ging es bei anderen Expertenvorträgen zu: So stellte Petra Krüger von der efa Leipzig GmbH vor, mit welchen Ideen ein dezentrales Energieversorgungskonzept für das Rittergut Möckern entwickelt und realisiert wurde. Kernpunkte im Falle des etwa drei Hektar großen Geländes sind die Eigenstromerzeugung mit der Kraft-Wärme-Kopplung und die Nutzung erneuerbarer Energien. Die Heizzentrale ist über ein Nahwärmenetz mit den einzelnen Gebäuden verbunden. Großspeicher zum Zwischenpuffern „Wesentlich bei diesem Projekt sind die Mikrogasturbine C50 und ein thermischer Großspeicher mit einem Volumen von 24 Kubikmetern“, so Krüger. Die C50 erzeugt den im Objekt benötigten Strom und

Energie und Umwelt 79

Das Expertentreffen lockte mehr als 200 Interessierte an.

Wärme, die zur Beheizung bzw. zur Klimatisierung mittels Sorptionstechnik verwendet wird. „Kann diese Wärme nicht zeitgleich mit dem Strom abgenommen werden, wird sie im oberen Teil des Großspeichers zwischengepuffert und später wieder entnommen“, erklärte die Ingenieurin. Der untere Teil werde von einer 40 Kilowatt-Solarthermie-Anlage gespeist. Für die Spitzenlast schließlich wurde ein Hackschnitzelkessel installiert. „Außerdem konnten wir sowohl den Großspeicher wie auch den 200 Quadratmeter großen Hackschnitzelbunker im denkmalgeschützten Objekt integrieren“, so Krüger über ein Projekt mit Vorbildcharakter. In weiteren Vorträgen wurde etwa der Deutsche Energiewende-Index (DEX) von der Deutschen Energie-Agentur und Ernst & Young vorgestellt. Der DEX bildet auf Basis einer Befragung von Vorständen und Geschäftsführern verschiedener Branchen die Gesamtstimmungslage ab, um so zu einer objektiven Diskussion zu den Folgen der Energiewende und dem notwendigen Handlungsbedarf beizutragen. Daneben präsentierte Stephan Witt das mitteldeutsche Spitzencluster BioEconomy unter der Überschrift „Energieeffizienz zum Anfassen“. Dabei drehte sich alles um Dämm-

stoffe aus Holz, optimierte Logistik und die energetische Verwertung von Reststoffen. Alle Aktivitäten in diesem Zusammenhang stützen sich auf nachwachsende Rohstoffe – ohne in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion zu treten. NEU e.V. bestätigt Vorstand Vor dem Expertentreffen hatten sich die Mitglieder des NEU e.V. zur jährlichen Mitgliederversammlung getroffen und den alten Vorstand mit Thomas Lingk (Wirtschaftsförderung der Stadt Leipzig), Dr. Winfried Damm (Stadtwerke Leipzig) und Romann Glowacki (Deutsches Biomasseforschungszentrum) neu im Amt bestätigt. Der Verein will durch vielfältige Projekte Wertschöpfung in der Region Leipzig generieren – dazu werden Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung regional, aber auch über die Region hinaus und sogar international gezielt miteinander vernetzt. So präsentierte sich der NEU e.V. im ablaufenden Jahr unter anderem im Rahmen der Pollutec in Lyon – einer europäischen Leitmesse für Energie- und Umwelttechnik. www.energiemetropole.de


80 ENERGIE UND UMWELT

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Demografie-Check – dem Brain Drain begegnen Strategische Personalpolitik ist längst Teil zeitgemäßen Personalmanagements geworden. Auch in Energieversorgungsunternehmen, die immer stärkeren Veränderungsprozessen ausgesetzt sind, werden das Standing und die Erfahrung des Personals, das diese Umwälzungen erfolgreich gestalten soll, immer wichtiger. Text: Peter Fräbel-Simon, Wertarbeiter GmbH

Fotografie: dpa - Report

Bei Stadtwerken und Regionalversorgern bedeutet demografischer Wandel bedarfsgerechte Personalplanung, Weiterbildung und im besten Fall noch den Aufbau einer Arbeitgebermarke – aber leider noch zu selten die systematische Entwicklung von Lösungen für die eintretenden demografischen Herausforderungen in Unternehmen. Genügend gut qualifizierte Junge zu finden, wird auch für Versorger immer schwieriger. Nur zuzusehen, wie die Älteren das Unternehmen verlassen und ihr reiches Erfahrungswissen mitnehmen, kann gefährlich werden. Selbst Unternehmen, die heute noch Zuspruch erfahren, werden es schwer haben, geeigneten Nachwuchs zu finden und die unternehmerischen Aufgaben qualifiziert zu lösen. In Zahlen ausgedrückt: Bis 2030 gehen 6,3 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter mehr in den Ruhestand als Junge in den Arbeitsmarkt eintreten. Vor allem die BabyboomerJahrgänge (1955–1966) gehen nach Angaben des Demografieberichts der Bundesregierung des Jahres 2011 in den nächsten 10–15 Jahren in Rente.

Das sind Zahlen, die für Unternehmen Anlass sein sollten, sich der Lösung des Dilemmas systematisch und ganzheitlich zu nähern und die Themen altersorientierte Arbeitsorganisation – und zwar alle Generationen betreffend – und Wissenstransfer verstärkt in die Personalpolitik zu integrieren. Gerade in den wissenssensiblen Bereichen der Versorger können wir uns den Exodus der erfahrenen Mitarbeiter gar nicht in der Größenordnung leisten, wie er den Unternehmen in den nächsten Jahren bevorsteht. Die Bedeutung der älteren, erfahrenen Arbeitnehmer nimmt daher logischerweise zu. Nur wenn es gelingt, mit diesen Menschen, die allein aufgrund ihres Erfahrungswissens einen Expertenstatus einnehmen, im Dialog zu bleiben und ihre Jahrzehnte lang gesammelten Erfahrungen in einem Wissenstransfer zwischen den Arbeitnehmergenerationen zu konservieren, werden Unternehmen Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit sichern.


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Der Blick auf die 65-Jährigen ist oft noch der von vor 30 Jahren. Die Wirklichkeit sieht heute aber anders aus. Höhere Lebenserwartung, verbesserter Fitnesszustand und gestiegene Aktivität prägen das Leben der meisten über 60-Jährigen. Sie fühlen sich noch ausgesprochen jung. Weniger konstante Erwerbsbiografien und die Absenkung des Rentenniveaus, in Verbindung mit einem gestiegenen Aktivitätsradius der Älteren und einer verlängerten Lebenszeit, stärken zusätzlich den Willen, aber manchmal auch die Notwendigkeit des Zuverdienstes im Rentenalter. Ein Trend, der sich absehbar von Jahr zu Jahr verstärken wird. Eine Studie des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung aus 2010 stützt diese These durchaus. Demnach würden von den 47 Prozent derer, die bereit sind, nach dem Renteneintritt weiter zu arbeiten, 63 Prozent die Erfahrungs- und Wissensweitergabe als zweitwichtigsten Grund für eine Weiterbeschäftigung betrachten; 79 Prozent nennen als wichtigstes Motiv die persönliche Fitness. Fakt ist, die längere Beschäftigung vorhandener älterer Fachkräfte ist zu einem bedeutenden Schlüssel der Personalpolitik von Unternehmen geworden. Demgegenüber zeigen unsere Befragungen jedoch, dass trotz aller Aktualität des Themas viele Unternehmen bislang noch nicht erfasst haben, welche Potenziale sich in ihrem alternden Mitarbeiterstamm heben lassen.

Wie viele Mitarbeiter sind unter welchen Bedingungen bereit, länger zu arbeiten? Was sind die Motivationen und wie können diese positiv beeinflusst werden? Diese Fragen sollten am Beginn einer zielgerichteten und fundierten Potenzialanalyse stehen. Erste Modellprojekte zeigen, dass es nicht einfach nur um eine lineare Weiterbeschäftigung gehen kann. Jobsharing, Alumni-Netzwerken ähnelnde Organisationsstrukturen, Springermodelle als Urlaubs- und Krankheitsvertretung oder projektbezogene Lösungsansätze können hier je nach Unternehmen und Tätigkeitsfeldern als Gesamtlösung oder in modularer Weise greifen. „Es geht immer darum, wie wir das Mengenproblem lösen. Wenn die Zahl der Köpfe, also die Arbeitsbevölkerung, in den nächsten Jahren sinkt, dann müssen wir gegensteuern, indem wir die Verfügbarkeit erhöhen. Hier sollten Unternehmer alle Wege gehen, die möglich sind“, so Axel Gloger, Chefredakteur des Trendletter und Autor des gerade neuerschienenen Buchs „Über_Morgen“. Ganz gleich, ob betriebswirtschaftlich ausgebildete Managementkräfte, Ingenieure, Naturwissenschaftler, Techniker oder anderweitig ausgebildetes Personal, die Herausforderung ist immer die gleiche. Wir müssen das Verhalten abstellen, das das Magazin Economist als „katastrophale Unternutzung des Humanvermögens“ bezeichnet.

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Der Autor Peter Fräbel-Simon, Jahrgang 1965, spezialisiert auf die Kommunikation von Veränderungsprozessen in Unternehmen, ist Geschäftsführer der Wertarbeiter GmbH, die sich auf den Wissenstransfer zwischen den Generationen spezialisiert hat und Arbeitsorganisationsmodelle zur erfolgreichen Beschäftigung älterer Arbeitnehmer unter Ausschöpfung der maximalen Lebensarbeitszeit und zur Weiterbeschäftigung von Fachkräften nach Erreichen des Rentenalters entwickelt. www.wertarbeiter.com


Kultur

Drastische Haushaltskürzungen bis hin zu Schließungen von Museen machen die zentrale Bedeutung von Bürgerengagement für die Kunst und Kultur aktuell sehr deutlich. Doch Eröffnungen privater Sammlungen in bestehenden Museen oder in eigenen Räumen stoßen nicht nur auf positive Resonanz. REGJO beleuchtet die gesetzlichen und steuerrechtlichen Hintergründe und fragt nach dem aktuellen Stand der Stiftungen und Schenkungen in Kunstinstitutionen in Mitteldeutschland.


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Kultur 83

Im Museum der bildenden Künste Leipzig ist der Tradition der Schenkungen und des Mäzenatentums ein Stiftermosaik im Eingangsfoyer gewidmet

Eine lange Tradition des Engagements Ohne bürgerschaftliches Engagement wären zahlreiche öffentliche und inzwischen etablierte Kunstsammlungen wohl gar nicht erst gegründet worden. Eine Zeitlang ist dies in der Öffentlichkeit etwas aus dem Blickfeld geraten. Doch Stiftungen und Schenkungen waren und sind gerade heute von wesentlicher Bedeutung für Museumssammlungen. Text: Carolin Modes Bilder: jost,Museum der bildenden Künste Leipzig, Bundesverband Deutscher Stiftungen, PUNCTUM/Bertram Kober, André Koch, Museum der bildenden Künste Leipzig, Museum der bildenden Künste Leipzig, jost, Archiv Moritzburg, Städtische Museen Jena - JENAKULTUR, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Stiftungen und Schenkungen an museale Einrichtungen haben eine weit zurückreichende Tradition. Die Gründung vieler öffentlicher Museen hat erst die Unterstützung von Einzelpersonen, Familien, Institutionen und Unternehmen ermöglicht. Bis heute tragen diese Stiftungen und Schenkungen wesentlich zum Ausbau der Sammlungsbestände und zur umfassenden Präsentation künstlerischer Positionen bei. Auch in Zukunft werden Museen durch schwindende Ankaufetats und bei steigenden Preisen auf dem Kunstmarkt auf Dauerleihgaben, Schenkungen und Stiftungen angewiesen sein. Diese Entwicklung geht so weit, dass Bedenken gegen die zunehmende Einflussnahme und Zweifel an der eigentlichen Intention der vermeintlich wohlwollenden Unterstützer geäußert werden. Es werden beispielsweise Vermutungen angestellt, dass einige Sammler den Museen ihre Werke als Leihgaben nur zur wertsteigernden Zwischenlagerung überlassen, um sie anschließend direkt wieder abzuziehen, oder dass sich Museen mit der Übernahme vollständiger, sehr umfangreicher Privatsammlungen bei der darauf folgenden Betreuung, Versicherung und Konservierung der Leihgaben

oft übernehmen. Auch Unmut darüber, dass sich Kunstsammler mit fremden Geldern teure Ausstellungshäuser zur Selbstverherrlichung errichten lassen, wird von verschiedenen Seiten geäußert. Zunächst gilt es allerdings, erst einmal Begriffe zu klären und abzugrenzen. Eine Schenkung ist eine Zuwendung eines Schenkers aus dessen Vermögen, welche im Einverständnis des Schenkers und des Beschenkten unentgeltlich erfolgt. Mit dem Begriff der Stiftung wird eine Einrichtung zur Ausführung eines vom Stifter festgelegten und unveränderlichen Zwecks mittels einer bestimmten Vermögensmasse bezeichnet. Schenkungen Gegenstand der Schenkung kann zunächst jeder Vermögensbestandteil sein. Mit dem Versprechen einer Schenkung entsteht ein zweiseitiger Vertrag – der Schenker gibt etwas aus seinem Vermögen ab, der Beschenkte wird bereichert. Eine ausgleichende Gegenleistung darf an die Schenkung nicht geknüpft sein. Eine Schenkung kann jedoch auch mit einer Auflage verbunden werden, die den Empfänger zu

einer bestimmten Leistung verpflichtet, die aus dem Zuwendungsgegenstand zu entnehmen ist. Der Beschenkte muss dann jedoch zumindest subjektiv nach Abzug des Wertes der Auflage eine Bereicherung verzeichnen. Eine Schenkung mindert stets das Vermögen des Schenkers und somit möglicherweise auch seine Bonität. Somit besteht grundsätzlich immer auch die Gefahr, Interessen Dritter negativ zu beeinflussen. Deshalb gibt es rechtlich eine Vielzahl von Fällen, in denen die Schenkung wieder rückgängig gemacht werden kann. Wenn ein Schenker eine Privatinsolvenz anmeldet oder Sozialhilfe beantragt, müssen Schenkungen der letzten vier bzw. zehn Jahre zurückgefordert werden. Wertvolle Kunstgegenstände, Sammlungen oder Bibliotheken in Privatbesitz zu vererben übersteigt schnell die gesetzlichen Freibeträge. Kunstgegenstände gehören jedoch zu den wenigen Vermögenswerten, die unter bestimmten Voraussetzungen sogar komplett erbschaftsteuerfrei vererbt werden können. Stellt man Kunstgegenstände einem Museum oder einer öffentlichen Forschungseinrichtung zur Verfügung, sind nur noch 60 Prozent des Werts


84 Kultur RegJo

zu versteuern, wenn die Dauer der Leihgabe mindestens 10 Jahre beträgt und die Erhaltung dieser Gegenstände aufgrund ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt. Wenn sich die Kunstwerke bereits seit mindestens 20 Jahren im Familienbesitz befinden oder im Verzeichnis national wertvoller Kulturgüter oder anderer Archive aufgeführt sind und die nächsten zehn Jahre nicht veräußert werden, sondern im Museum verbleiben, wird beispielsweise sogar eine Steuerbefreiung in vollem Umfang gewährt. Stiftungen Der Bundesverband Deutscher Stiftungen verweist darauf, dass der Begriff der Stiftung im Gesetz nicht definiert ist, sondern vielmehr eine Vielfalt an Körperschaften des privaten, öffentlichen und kirchlichen Rechts. Die meisten Stiftungen werden jedoch in privatrechtlicher Form errichtet und dienen gemeinnützigen Zwecken. Der Prototyp einer Stiftung ist die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts, welche der Verwirklichung eines auf Dauer angelegten Zwecks dient und der staatlichen Stiftungsaufsicht untersteht. Stiftungseinrichtungen setzen sich also in der Regel zum Ziel, ihr Vermögen auf Dauer zu erhalten. Das bedeutet, dass Destinatäre – also Personen oder Institutionen, die durch den Stiftungszweck begünstigt werden – den Stiftungszweck langfristig aus den Kapitalerträgen dieses Vermögens erfüllen und die Verwaltungskosten finanzieren. Zuwendungen an Stiftungen, die als gemeinnützig anerkannt wurden, sind nach geltendem Steuerrecht erbschafts- und schenkungssteuerfrei. Zustiftungen sind dabei Zuwendungen, die in den Vermögensstock einer bestehenden Stiftung fließen, nicht angetastet, sondern angelegt werden und deren Kapitalerträge dann dem Förderzweck dienen. Stiftungen gewährleisten somit nicht eine einmalige, sondern eine dauerhafte Förderung. Im Gegensatz dazu stellt eine Spende die Überlassung eines gewissen Betrages dar, der einmalig und kurzfristig für ein konkretes Projekt verwendet wird. Steuerlich betrachtet ist eine Zustiftung, genau wie eine Spende, eine Zuwendung, die unter bestimmten Voraussetzungen, wie z.B.

der Gemeinnützigkeit der Empfängereinrichtung, von der Steuer absetzbar ist. Seit 2007 können Zustiftungen auf Antrag des Steuerpflichtigen im Jahr der Zuwendung und in den folgenden neun Jahren bis zu einem Gesamtbetrag von einer Million Euro vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden. Dieser Abzug ist auch neben dem allgemeinen Spendenabzug möglich und steht bei Verheirateten jedem Ehepartner einzeln zu. Eine lange Tradition Schon im alten Rom soll es stiftungsähnliche Ansätze zur Unterstützung von Bedürftigen und zur Förderung künstlerischer Talente gegeben haben. Im deutschsprachigen Gebiet reicht die Geschichte der Stiftungen rund eintausend Jahre zurück, wobei besonders die Zeit zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert eine wichtige Gründungsphase darstellt. Zunächst waren es vorwiegend kirchliche Stiftungen, die mildtätigen und frommen Zwecken dienten, wenngleich ihre Gründungen sicherlich von egoistischen Faktoren wie der Sicherung des eigenen Seelenheils und der Aufrechterhaltung des Gedenkens an den Stifter mitbestimmt waren. Große Hospitalstiftungen oder zahlreiche Waisenhäuser sowie die 1521 von Jakob Fugger gestiftete weltberühmte Fuggerei, die älteste bestehende Sozialsiedlung der Welt, wurden in dieser Zeit gegründet. Eine Blütezeit der Stiftungsgründungen begann im Zuge der Industriellen Revolution mit dem Aufstreben eines kapitalstarken Bürgertums bei zeitgleicher Not und Bedürftigkeit in weiten Bevölkerungsteilen. Die Förderung insbesondere von Kunst durch meist großbürgerliche Mäzene galt jedoch nicht allein dem Selbstzweck, sondern zielte darauf ab, gesellschaftliche Grenzen der höfischen Etikette zu durchbrechen und bürgerlichen Wertevorstellungen öffentliche Anerkennung zu verschaffen. Darauf folgte ein Rückgang an Stiftungsgründungen im 20. Jahrhundert. Autoritäre politische Systeme, große Kriege, die Weltwirtschaftskrise und die Inflation der 20er Jahre erstickten den Stiftergeist beinahe.

1.227

680

(30)

Stiftungen in Zahlen 2011

Rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts, Stand 31. Dezember 2011

(6)

306 (5)

245 (10)

3.661

Stiftungen je 100.000 Einwohner in Deutschland (Durchschnitt = 23)

(167)

1.712

< 10

(70)

10 – 19

159

251 (6)

886 (40)

(8)

2.847 (146)

Quelle: Bundesverband Deutscher Stiftungen

(30)

(99)

(davon 817 neu in 2011)

> 30

759

1.999

18.946 Stiftungen

20 – 29

156

(20)

3.471 (141)

173 (16)

414 (23)


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Kultur 85

Das Museum Gunzenhausen beruht auf der Stiftung von Dr. Alfred Gunzenhauser von 2.400 Schenkungen wie der „Kopf eines Denkers“ von W. LehmWerken, die nun in Chemnitz einen dauerhaften Präsentationsort haben. bruck sind für den Ausbau der Samm­lungsbestände von Museen sehr wichtig.

Die aktuelle Entwicklung – Kunststiftungen in Mitteldeutschland Doch die durchschnittliche Zahl der privaten Stiftungsinitiativen und Schenkungen steigt seit 2000 in den meisten Bundesländern durch verbesserte gesetzliche Rahmenbedingungen, wenngleich zwischen den neuen und alten Bundesländern immer noch ein Gefälle existiert. Die hohe Zahl der Auflösungen, Zusammenlegungen und Verstaatlichungen von Stiftungen in der DDR zeigt hier immer noch ihre Nachwirkungen. Das Gesetz zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements führte im Jahr der Stiftungsreform 2007 in vielen Bundesländern, wie Sachsen-Anhalt, zu einem erneuten Anstieg und zu einer neuen bürgerschaftlichen Dynamik. Im Jahr 2011 gab es laut Bundesverband Deutscher Stiftungen schließlich 18.946 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts in Deutschland. 817 Stiftungen wurden 2011 neu gegründet. Sachsen, SachsenAnhalt und Thüringen kamen dabei jeweils auf 10 bis 19 Stiftungen pro 100.000 Einwohner und somit gemeinsam auf insgesamt 910 Stiftungen (245 Sachsen, 414 Sachsen-Anhalt und 251 Thüringen) sowie auf 39 Stiftungsneugründungen. Zum Vergleich: In Nordrhein-Westfalen waren 2011 3.661 Stiftungen und 167 neue Stiftungen verzeichnet. Chemnitz Laut Bundesverband Deutscher Stiftungen ist in den neuen Bundesländern jedoch der Anteil an Stiftungen zur Förderung von

Kunst und Kultur deutlich höher als in den alten Bundesländern. Ein Beispiel für das Engagement in Sachen Kunst ist mit 2.400 Werken deutscher Kunst des 20. Jahrhunderts die Stiftung von Dr. Alfred Gunzenhauser. Ingrid Mössinger, die Generaldirektorin der Kunstsammlungen Chemnitz, hatte Gunzenhauser Chemnitz als künftigen dauerhaften Präsentationsort seiner Sammlung in einem eigenen Haus vorgeschlagen. Grundstück und Gebäude der früheren Hauptstelle der Chemnitzer Sparkasse wurden der Stiftung Gunzenhauser von der Sparkasse Chemnitz hierfür übereignet und mit Unterstützung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im Freistaat Sachsen und der Sparkassenorganisation sowie mit Hilfe weiterer Förderer und Sponsoren zum Museum Gunzenhauser umgebaut. Die Kunstsammlungen Chemnitz wurden besonders zwischen 1997 und 2010 durch weitere großzügige Schenkungen wichtiger Werke bereichert; zum Beispiel durch die Werke „Kopf eines Denkers“ von Wilhelm Lehmbruck, „Gartenstraße“ von Karl Schmidt-Rottluff oder „Ausblick aus der Villa Aurora“ von Max Beckmann oder durch 300 Holzschnitte, Radierungen und Aquarelle von Lyonel Feininger aus der Sammlung Harald Loebermann und 14 Lithografien von Pablo Picasso. Darüber hinaus ergänzen auch Werke von Georg Baselitz, Anthony Cragg, Jörg Immendorff, Markus Lüpertz, A.R. Penck, Norbert Tadeusz oder Andy Warhol die Sammlung und schließen Lücken. Die Kunstsammlungen Chemnitz haben es zwischen 1997 und 2010 geschafft, mit Hilfe von verschiedenen Unterstützern und Stiftern mehr als 6000

Werke von 650 Künstlern neu in die Sammlung zu integrieren. Dieser Sammlungserweiterung widmete das Museum Anfang des Jahres 2011 eine ganze Ausstellung. Leipzig Auch das Grassi Museum Leipzig verzeichnet einen positiven Trend bei den Schenkungen. Mit rund 800 Positionen bereicherte die Sammlung Rennhard, welche primär iranische Kunst umfasst, das Museum 2011 als Schenkung der in Dresden ansässigen Sammler und Forscher Roland Steffan und Hans-Jörg Schwabl. Im Jahr 2012 übergab auch die niederländische Sammlerin Petra Verberne dem Museum eine großzügige Schenkung von 160 Positionen internationaler Studiokeramik führender Künstler aus Europa, Australien und Asien. Der Wert dieser Schenkungsstücke beläuft sich laut Museum auf über 232.000 Euro. Im Zusammenhang mit der Eröffnung des Neubaus wurden dem Museum der bildende Künste in Leipzig gleich vier Schenkungen übergeben. Ein Beispiel ist die Schenkung des Sammlerpaares Dr. Hans-Peter Bühler und Marion Bühler-Brockhaus mit 41 Werken französischer Künstler wie Eugène Delacroix, Edgar Degas und Claude Monet. Mit dieser großzügigen Schenkung an Gemälden, Grafiken und Skulpturen des 19. Jahrhunderts, vor allem aus der Schule von Barbizon, entwickelt sich das Museum nach eigenen Angaben „immer mehr zu einer festen Anlaufstelle für frankreichbegeisterte Kunstliebhaber“. Im Frühjahr 2012 folgten noch


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Der Freundeskreis Max Klinger e. V. hat einen großen finanziellen Teil dazu beigetragen, dass das Gesamtkunstwerk „Christus im Olymp“ von Max Klinger restauriert werden konnte und nun für mindestens 30 Jahre in Leipzig zu sehen ist.

die Übergabe der beiden Gemälde „Les vagues“ und „Mère et enfant“ sowie der Plastik „Madame Valtat et son fils Jean“ von Louis Valtat (1869–1952) als Erweiterung der Schenkung. Dem Freundeskreis Max Klinger war es besonders wichtig, Klingers Monumentalgemälde „Christus im Olymp“ für das Museum der bildenden Künste zu sichern und dessen Restaurierung zu ermöglichen, da es das Streben des Künstlers nach einem Gesamtkunstwerk verdeutlicht. Die Vereinigung der drei Gattungen Malerei, Plastik und Architektur zu einem dreiteiligen Gemälde mit hölzernem Rahmenwerk, Marmorsockel und zwei Marmorskulpturen befindet sich seit 1938 als Dauerleihgabe im Museum in Leipzig. Jahrzehntelang konnten aufgrund starker Beschädigungen lediglich das Hauptbild und die beiden Seitenflügel gezeigt werden. Der Gründungsinitiator und mehrjährige Vorsitzende des Freundeskreises, Siegfried Unterberger, erreichte in schwierigen juristischen Verhandlungen 2006, dass ein neuer Leihvertrag mit der Österreichischen Galerie Belvedere zustande kam, welcher den Verbleib des Gemäldes in Leipzig für weitere 30 Jahre garantiert. Finanziert wurde das aufwändigste Restaurierungsprojekt des Museums der bildenden Künste Leipzig von der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, der Sparkasse Leipzig und dem Freundeskreis Max Klinger. Seit 2008 ist Klingers „Christus im Olymp“ dem Publikum wieder in seiner ganzen Pracht zugänglich. Ebenfalls in diesem Jahr erhielt das Museum eine Schenkung aus dem Nachlass des Künstlers Kurt Magritz durch Dr. Maria Rüger, die Tochter des Künstlers. In Zusammenarbeit mit der Graphischen Sammlung des Museums stellte sie ein Konvolut aus insgesamt zwanzig Federzeichnungen und vierzig Pastellen zusammen, die alle zwischen 1946 und 1950 und im unmittelbaren Zusammenhang mit Magritz’ künstlerischem und kulturpolitischem Wirken in Leipzig entstanden.

Halle Unterhalb des Westflügels in den Gotischen Gewölben der Moritzburg sind Schnitzplastiken des späten Mittelalters zu sehen. Das Patenschaftsprojekt „Himmlische Helfer“ hat ihre Konservierung und Restaurierung durch Spenden ermöglicht. Highlights sind beispielsweise der restaurierte spätgotische Presseler Altar und der große Schnitzaltar aus der ehemaligen Zisterzienserkirche in Rothenschirmbach im Mansfelder Land. Zu den herausragenden Werken zählen dabei die Steinplastiken der Helena und des Mauritius vom historischen halleschen Rathaus und mehrere Tafelbilder aus der Reformationszeit. Hinzu kommen wertvolle Einzelstücke aus der kunsthandwerklichen Sammlung der Moritzburg. Die Entstehung dieser Plastiken reicht bis in das 12. Jahrhundert zurück. Der Betrachter kann in der Ausstellung die geschichtliche Entwicklung der Kirchenausstattung in Halle vom 13. bis zum 16. Jahrhundert am Beispiel von Steinfiguren, Tafelbildern, Kleinplastiken und Kunsthandwerk nachvollziehen sowie einen einzigartigen Einblick in das materielle und geistige Leben der Stadt Halle und ihres Umlandes während des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit gewinnen. Der Förderkreis der Stiftung Moritzburg e.V. konnte 2011 aus einer hochkarätigen Berliner Studioglassammlung 12 Arbeiten internationaler Künstler für die Moritzburg erwerben. Dies war der größte Ankauf, den der Förderkreis in seiner Geschichte für das Museum tätigen konnte. Da die Sammlung aber weit umfangreicher ist als es der Förderkreis aus seinen Eigenmitteln finanzieren könnte, der Ankauf der gesamten Sammlung aber eine große Lücke im Bestand der Moritzburg schließen würde, werden nun Kunstpaten gesucht. Insgesamt umfasst die Glassammlung der Moritzburg bisher schon mehr als 1.000 Objekte von der Antike bis in die Gegenwart. Entwicklungsgeschichtlich sind zwar alle wesentlichen Phasen der internationalen Glasgestaltungsgeschichte vertreten, die Kontinuität des Sammlungskonzeptes wurde jedoch durch in der DDR unterbrochen und internationale


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Das Patenschaftsprojekt „Himmlische Helfer“ der Moritzburg Halle ermöglichte die Konservierung und Restaurierung wichtiger Schnitzplastiken durch Spenden.

Pate gesucht – Die Moritzburg Halle sucht Paten für den Ankauf von Studioglas-Objekten

Erwerbungen weitgehend eingestellt. Paten können nun den Ankauf bestimmter Arwbeiten übernehmen, wie beispielsweise der Skulptur „Redshaded Form“ von Harvey Littelton von 1977 für 4.448 Euro oder der Vase „Tall Green“ von Samuel J. Herman von 1973 für 537 Euro, möglich sind aber auch Teilpatenschaften. Darüber hinaus sind heute als weitere Neuerwerbungen u.a. „Kirche von Gelmeroda“ (1913) von Lyonel Feininger, „Weibliche Studie“ von Gustav Klimt, „Lunar Baedeker Buna“ (1994–95) von Inge Rambow und „Akustisches Feld VI“ von Jorinde Voigt (2008) ebenfalls Teil der Sammlung der Moritzburg. Jena Das Romantikerhaus Jena rief 2012 zur Spendenaktion auf. Für 5.000 Euro hatte das Romantikerhaus die einmalige Gelegenheit, eine historische Zeichnung von Caroline Schlegel zu erwerben. Dieses Werk ist von besonderer Bedeutung für die Stadt Jena, weil Caroline Schlegel eine der bedeutendsten Frauen der deutschen Romantik war und sämtliche CarolinePorträts auf ein Gemälde des Malers Friedrich August Tischbein aus dem Jahr 1798 zurückgehen. Leider verfügte das Romantikerhaus jedoch nur über eine Kopie des Porträts. Nun aber konnte das Haus mit Hilfe der Spendenmittel eine Originalzeichnung Tischbeins, die noch vor dem Gemälde entstanden war, erwerben.


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Die originale Zeichnung F. A. Tischbeins ist von großer Bedeutung für Jena und sein Romantikerhaus.

Zwei Werke aus der Ausstellung der Künstlerbrüder Gert und Uwe Tobias sind neu in den Bestand des Kupferstich-Kabinetts eingegangen.

Dresden Das Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wurde 2012 mit einem Künstlerbuch Alberto Giacomettis vom Freundeskreis der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden Museis Saxonicis Usui um ein zentrales druckgrafisches Werk bereichert, welches „eine empfindliche Lücke im Bereich der Moderne“ schließt, so Prof. Dr. Bernhard Maaz, Direktor des KupferstichKabinetts und der Gemäldegalerie Alte Meister. Das Künstlerbuch des Malers, Zeichners und Bildhauers Giacometti ist noch bis zum 7. Januar 2013 in der aktuellen Ausstellung „Max Uhlig. Druck“ im Kupferstich-Kabinett zu sehen. Im Dialog mit dem Konservator Dr. Michael Hering wählten die Künstlerbrüder Gert und Uwe Tobias grafische Meisterwerke vergangener Jahrhunderte aus dem umfangreichen Bestand des Kupferstich-Kabinetts Dresden aus und interpretierten diese neu. Nach erfolgreicher Zusammenarbeit und der Präsentation der Werke in diesem Jahr schenkten die beiden Künstler dem Museum den großformatigen, auf Leinwand gedruckten Holzschnitt ‚‚DresBlick in die Sonderausstellung „Gert & Uwe Tobias – Dresdener Paraphrasen“.

dener Hommage I‘‘ (2012) für die Sammlung. Die Freunde der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden e.V. ermöglichten zudem den Ankauf des großformatigen, farbigen Holzschnitts ‚‚Dresdener Lilie‘‘ (2012). Dieser steht im Zentrum einer dreiteiligen Werkgruppe, die sich thematisch mit den Dresdener Kupferstichen des Meisters der Spielkarten auseinandersetzt, einem anonymen deutschen Kupferstecher, Maler und Goldschmied aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Prof. Dr. Bernhard Maaz, Direktor des KupferstichKabinetts und der Gemäldegalerie Alte Meister, erklärt die Wichtigkeit der Schenkungen: „Beide Schenkungen verdeutlichen, dass das Kupferstich-Kabinett auf einen lebendigen Dialog zwischen älterer Kunst und jungen Künstlern setzt. Die Arbeiten von Gert und Uwe Tobias stellen in der Sammlung einen idealen Brückenschlag zwischen aktueller Kunst und historischen Museumsschätzen dar“. Magdeburg Die Liste der Kunstwerke, die das Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg mit Unterstützung des Freundeskreises des Kunstmuseums erwerben konnte, ist laut eigenen Angaben beachtlich und reicht von den Serigrafien Christophe Cuzins über Fotografien von Marie Jo Lafontaine und Michael Schmidt, Skulpturen von Henry Moore und Hermann Glöckner, Videoarbeiten von Chris Newman und Maix Mayer bis hin zu Grafiken von Pablo Picasso, Lyonel Feininger und Emil Nolde.


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Kein Dix nirgends Die Nichtrepräsentation der Moderne: Gera kann das neue Otto-Dix-Museum finanziell nicht stemmen Text: Tobias Prüwer Fotografie: Kunstmuseum Stuttgart

Ein Satz mit „X“: Es liegt auf Eis oder ist gar ganz begraben, das Vorhaben der Stadt Gera, im ehemaligen Bankgebäude in der Neuen Straße ein respektables Otto-Dix-Museum einzurichten. Dem 1891 in Gera geborenen Vertreter der Neuen Sachlichkeit und des Expressionismus sollten 1.400 Quadratmetern Ausstellungsfläche in einem ehemaligen Bankgebäude gewidmet werden. Nun bleibt das Kunstmuseum zunächst unverwirklicht, vage hoffen die Beteiligten auf einen Privatinvestor. Der Kommune fehlt das Geld Für 8 Millionen Euro, so sah es der Plan vor, sollte das Gebäude zur Ausstellungs- und Würdigungsstätte von Otto Dix (1891–1969) umgestaltet werden. Aller Voraussicht nach wird es nun verkauft. Vom Erlös – das Mindestgebot beträgt nach Angaben von MDR Info vier Millionen Euro – sollen Schulen saniert und das Geburtshaus des Malers, das bereits seit 1991 Museum ist, gefördert werden. Das Projekt sei von der Kommune einfach nicht zu stemmen, gab das Rathaus als Grund an. Aus dem Kulturministerium hieß es, man bedauere die Absage – für die Dix-Schau hätte man bereits 150.000 Euro reserviert. Nicht die erste Dix-Krise Das ist nicht der erste Zwischenfall in der Causa Dix-Museum. Eigentlich sollte die neue Kunsthalle vor einem Jahr ihre Pforten

öffnen, am 2. Dezember, dem 120. Geburtstag des Malers und Grafikers. Das nach einer Strukturumstellung der Bundesbank seit Jahren leer stehende Gebäude des englischen Stararchitekten David Chipperfield (der bereits bedeutende Museumsbauten wie River and Rowing Museum/Henley-on-Thames, Literaturmuseum der Moderne/Marbach, Neues Museum/Berlin schuf) wurde hierzu unter Zuhilfenahme von Fördergeldern des Freistaats Thüringen in Höhe von 1,5 Millionen Euro angekauft. Für die Ausgestaltung aber fehlten der Stadt bereits damals die notwendigen Eigenmittel. Spenden sollten jedoch dieser Lage Abhilfe schaffen. Neues Museumskonzept? Nun feilschen die Fraktionen im Stadtrat um ein neues Museumskonzept. Nach Willen der parteilosen Oberbürgermeisterin Viola Hahn soll Otto Dix ein Schwerpunkt dessen sein, aber nicht mehr alleinig im Zentrum des Museums stehen. Unterdessen erwägt die in der Schweiz sitzende Otto-Dix-Stiftung nach Angaben der Ostthüringer Zeitung, ihre Werke – 35 Gemälde und 44 grafische Arbeiten – wieder aus Gera abzuziehen. Sollte das Kunsthaus nicht entstehen, könnten zudem, so die Zeitung, jene 1,5 Millionen Euro fällig werden, die für den Ankauf des Bankgebäudes vom Land geflossen sind. Diese Summe sei aber im Mindestverkaufspreis der Immobilie bereits eingerechnet. Dix-Fans müssen also weiterhin nach Chemnitz und Stuttgart reisen.


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Ästhetische Heim-Suchungen Geschichte verpflichtet: Das Festspielhaus Hellerau etabliert sich als Zentrum zeitgenössischer Kunst. Text: Tobias Prüwer

Fotos: Hellerau – Europäisches Zentrum der Künste Dresden

»Is this art?« – In einem stilisierten Modeatelier sitzt eine Frau und rückt sich die aufgeklebten Lippen zurecht. Die exzentrische Figur beginnt wortspielend über Kunst und Nichtkunst zu sinnieren. Die scheinbar gleichen Wortstämme von „art“ und Worten wie „apart“, „department“ lassen sie fragen, was Kunst von anderem trennt oder besser: zusammenhält. Währenddessen exerzieren Tänzer in ruhigen Bewegungen vor zwei Spiegeln – Tanz-Etüden? Gleißendes Blitzlicht besorgt die Unterbrechung. Elektronische Musik spielt auf, Basslautsprecher unter der Tribüne dröhnen. Die tieffrequenten Wellen entfalten direkt somatische Wirkung, der Zuschauerleib steht mit auf dem Spiel. Nun treten aus dem leeren hinteren Bühnenraum maskierte Gestalten, drängen unter Verrenkungen auf imaginärem Laufsteg nach vorn Richtung Publikum. In fantasievollen Kostümen mit grellem Anstrich führen insgesamt 17 Tänzerinnen und Tänzer aberwitzige Reigen auf, zeigen poetisches Bildtheater im Wechsel zwischen Dynamik und Pose. Das Performance-Amalgam aus modernem Tanz und Modenschau ironisiert an den Grenzen der Kunst. Wie viel Markt und Kommerz kann die Kunst verkraften? Oder: Wann wird die Signatur zum Label? Schließlich treten Markenpiraten auf und lassen den guten Geschmack sinnbildlich über die Planke gehen.

Ästhetik der Existenz Mit der Uraufführung ihrer außergewöhnlichen Inszenierung „The Returns“ erwies die Forsythe Company dem Festspielhaus Hellerau vor drei Jahren eine maßgeschneiderte Referenz. Was hält die Kunst zusammen, trennt sie von Kommerz? Es sind – so lautet eine Antwort hierauf – besondere Orte, wo die Künste zusammenkommen, und das Festspielhaus Hellerau ist ein solcher. Seit 2005 wirkt die in Frankfurt am Main ansässige Forsythe Company um den renommierten Choreografen William Forsythe an dieser ebenfalls bemerkenswerten Stätte am Dresdner Stadtrand als Company-inResidence. Ihre flexible Struktur trifft hier auf die passenden Möglichkeiten zur vielfältig kreativen Arbeit: Denn hallt im Namen Hellerau zunächst der Ruhm der Vergangenheit nach, so geschieht hier weit mehr als die Sanierung des baufälligen Festspielhauses und Erhaltung eines historischen Ortes. In der Eingangshalle prangt plakativ der Schriftzug „Ästhetik der Existenz“. Das Schlagwort des Philosophen Michel Foucaults bezieht sich allerdings nicht auf das, was wir im engeren Sinne als Schöne Künste bezeichnen. Ihm zufolge sollte vielmehr jedes individuelle Leben wie ein Kunstwerk betrachtet und derart kultiviert


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werden. Die Sorge um sich, die Sinn- und Formgebung des persönlichen Lebens stehen im Zentrum einer solchen Ästhetik der Existenz. Die Frage nach Wahrheit und Bedeutung verbindet sich mit der Kunst zu Leben. Nicht weniger ambitioniert fällt die Konzeption des Kunstorts Hellerau aus, der mit vollem Namen Europäisches Zentrum der Künste Dresden heißt. Zu einer der zentralen Produktionsorte verschiedener Künste und ihrer Synergiestätte Ostdeutschlands hat sich Hellerau schon entwickelt. Labor der Moderne – wiedergeboren Der Anspruch ist bereits der Historie geschuldet. Als kulturelles Zentrum der ersten deutschen Gartenstadt 1911 errichtet, wurde das Festspielhaus zum Magneten. Der sozialreformerischen Idee nach sollten die Einheit von Wohnen, Arbeit und Kultur realisiert werden. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs zog es etwa Kafka und Rilke, Gropius und van der Rohe, Nolde und Kokoschka in die Dresdner Peripherie. Nach dem Krieg gelang es nicht, hieran anzuknüpfen. Die Nationalsozialisten funktionierten den Bau schließlich zur Kaserne um. Die

Sowjetische Armee folgte. Nach der Wende begann man, dem Ort die kulturelle Bedeutung zurückzugeben, und ging sorgsam dabei vor. Statt nach Dresdner Unsitte die Brüche der Vergangenheit durch ahistorische Rekonstruktionen zu kitten, sollen sie hier klar erkennbar bleiben, weil sie Teil der Geschichte sind, versichert der künstle-

rische Leiter Dieter Jaenicke. So werden auch die agitatorischen Gemälde aus der Zeit der sowjetischen Nutzung nicht übertüncht. Mittlerweile haben sich verschiedene Institutionen wie die Transmedia-Akademie, die sächsische Kulturstiftung und der Werkbund auf dem Gelände angesiedelt.


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Auch das Dresdner Zentrum für zeitgenössische Musik hat hier seinen Sitz. Das Haus kooperiert mit einem musischen Kindergarten. Jaenickes Plänen zufolge soll sich Hellerau „zu einem internationalen Arbeitsplatz der Künste entwickeln“. Den stadteigenen Betrieb will er zum wichtigsten Zentrum zeitgenössischer Künste in Ostdeutschland ausbauen, in dem alle Kunstformen vertreten sein sollen. Der Schwerpunkt liegt vor allem auf zeitgenössischem Tanz und zeitgenössischer Musik, aber auch moderne Theaterformen und die zeitgenössische bildende Kunst haben hier eine Bühne, Hellerau sieht sich selbstbewusst als wiedergeborenes „Laboratorium der Moderne“. Der 52-jährige Jaenicke, der 2009 die künstlerische Leitung übernahm, betonte damals, dass der konzeptionelle Entwurf noch nicht stringent umgesetzt sei. Mehr und mehr jedoch sollten die acht verschiedenen Räume des Gebäudes bespielt werden – auch ganzjährig. Diese Weiterentwicklung ist unter Jaenickes Ägide gelungen: Flankiert von Ausstellungen und Diskussionen herrscht im Haus zwölfmonatiger Festivalbetrieb. Thematische Festivalwochen präsentieren künstlerische Positionen wie im Dezember 2012 „China from Inside“. Sich tänzelnd dem Wesentlichen nähern Im vergangenen Jahr begeisterte die Inszenierung „The Dybbuk“ beim thematischen Hellerau-Reigen mit dem Motto „Auf der Suche nach dem Wunderbaren“. Sind Eros und Thanatos die Grundbausteine aller großen dramatischen Stoffe, so zehrte das Stück allein von dieser Basis – und diese trug gut. Der unheimliche Theaterabend gestaltete sich als (ok-)kultischer Reigen um unmögliche Liebe und ihre Erlösung. Das Gastspiel in deutscher Erstaufführung wurde vom Itim Theatre aus Tel Aviv gegeben, das für seinen experimentellen Zugriff bekannt ist. Ein Dibbuk ist im jüdischen Volksglauben eine Art Dämon, der sich im Körper der Lebenden einnistet. Im Totenreich, im Scheol, darf das leiblose Wesen keine Ruhe finden, weil es sich eines Frevels wie dem Suizid schuldig gemacht hat. So schlüpft der Geist als Parasit in vitale Hüllen. „The Dybbuk“ wurde als finsteres, den Zuschauer vereinnahmendes Märchen erzählt. Das düstere Mysterienspiel war magisch-religiös bis zur äußersten Potenz aufgeladen, und nahm das Thema Liebe und Tod absolut. Von Beginn an schlug die Inszenierung den Betrachter in einen Bannkreis, der manchmal auch auf kryptisch-komische Art faszinierte. Für diese fesselnde Wirkung waren dreierlei Dinge verantwortlich: Das besondere Setting im leeren Bühnensaal, die Raumsituation, bei der das Publikum fast mittendrin saß und beeindruckendes Bewegungstheater.

Immer wieder kehren hochkarätige Künstler an diesen essayistischen Ort zurück. Die Compagnie Derevo etwa präsentiert hier regelmäßig seine Uraufführungen. In „Totentanz“ fügte sie Motive des Totentanz-Reliefs der Dresdner Dreikönigskirche mit expressiven Bewegungen, Orgelklängen und modernen Sounds zu einem eindringlichen Gesamterlebnis. Back to the roots: Mit „Ketzal Kapitel II“ näherten sich die Tänzer von Derevo tänzelnd dem Wesentlichen in der Fortsetzung ihrer Arbeit um den mexikanisch-mythischen Schlangengott. Dafür gruben sie im Bühnenraum nach dem Urtrieb des Lebens. Sie versenkten sich im Mutterschlund und hauchten Fleisch und Knochen Morgendunst ein. Statt geradliniger Geschichte brachten diese anarchistischen Ausdruckstänzer vielmehr die wirr-eigenwilligen Bewegungen des Lebens selbst auf der Bühne zu Hebe- und Fallfiguren. In den nächsten Monaten stehen ein Festival für englischen Tanz und Theater auf dem Plan, ein koreanisches Themen-Tableau wird zu sehen sein und mit Panaibra Gabriel wird einer der wichtigsten Choreografen Afrikas eine postkoloniale DDR-Geschichte in Hellerau inszenieren. Im Mai dann tritt die Forsythe Company in einer neuen Uraufführung im Festspielhaus auf. Viel ist hierüber noch nicht zu erfahren – selbst der Titel steht noch nicht fest. Aber schon die letzte Produktion fand wieder berauschten Anklang. „Ach, wenn Forsythe seine phantastischen Tänzer tanzen lässt, dann geht die Post ab“, urteilte das Kritik-Portal Tanznetz über die Premiere im September. „Geschichten werden nicht erzählt, aber wenn sie bei uns im Kopf entstehen, kann das nicht so ganz gegen die Intentionen des Meisters sein. Er will uns mit seiner Kunst ja wohl zum Sehen befreien, was ja letztlich auch viel mehr Spaß macht, als immer wieder zu sehen, was wir schon gesehen haben.“ Die Erwartungen wie Vorschusslorbeeren für den Mai könnten höher nicht sein. „Ästhetik der Existenz“: Vielleicht ist der Foucaultspruch im Foyer als Appell an die Hinausströmenden zu verstehen, ihr Leben selbst zu gestalten, in welcher Lebensform dies auch immer ausfallen mag.

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Das Kunstmuseum Magdeburg zeigt das Bild „Podium“, 2011, von Fabian Marcaccio und weitere Arbeiten des Künstlers sowie Werke von Gerhard Richter, Jonathan Lasker, Peter Halley, Adrian Schiess, Neo Rauch, Daniel Richter, Alicia Paz, Sarah McGinity und Rashid Johnson

Was ist Malerei heute? Werke Gerhard Richters, einer der bekanntesten deutschen Künstler, und Arbeiten von weiteren international bedeutenden Vertretern der Malerei wie Johann Lasker oder Neo Rauch laden in Magdeburg zum Nachdenken über Malerei ein.

Text: Carolin Modes

Fotografie: Hans Wulf Kunze, Magdeburg, Kunstmuseum Magdeburg

Immer wieder wurde die älteste Kunstgattung, die Malerei, als nicht mehr zeitgemäß abgeurteilt. Nicht nur Paul Delaroches erklärte sie für bereits tot. Dabei bezog er sich in seiner Aussage 1839 auf die Erfindung der Fotografie bzw. Daguerreotypie. Doch die Annahme, dass die Fotografie die Malerei verdrängen würde, scheint heute genauso überholt. Vielmehr das Gegenteil hat sich erwiesen, die Neue Medien haben die Malerei zur Erneuerung beflügelt und zur Selbstbehauptung angestachelt. Das Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg zeigt nun noch bis zum 17. Februar internationale und zeitgenössische Malereipositionen, die sich in ihrem Werk mit der Malerei an sich auseinandersetzen. Wodurch charakterisiert sich die Malerei heute? Wie reagieren Maler auf die unendliche Bilderflut, mit der die Menschen aktuell konfrontiert sind, auf gegenwärtige Themen, den Kunstmarkt, neue Ausdrucksformen und Medien? Wie positioniert sich die Malerei in der heutigen Zeit? „Malerei unterscheidet sich von allen anderen Kunstgattungen in ihrer Stofflichkeit, sie ist geprägt durch Textur, sie ist Materie, sie ist Farbe; die Spur des Farbauftrags schafft eine eigene Haptik. Deshalb wird die Frage nach den Beziehungen von Farbton und Farbgestus, Bildfläche und Bildraum, wie wir sie beispielhaft in den Gemälden von Jonathan Lasker finden, zu einem der zentralen Themen“, verortet Dr. Annegret Laabs, Leiterin des Kunstmuseums, die Malerei. Grundsätzliche Elemente der Malerei, die Beziehung von Subjekt, Künstler und Motiv in der Gegenwart, sollen in der Ausstellung reflektiert werden. Die dreißig präsentierten Werke zeigen Themen- und Spannungsfelder wie Traum und Albtraum

oder Selbstbestimmung und Zwang, aber auch Sinnlichkeit, Emotionen und Bildräume auf. So erklärt Fabian Marcaccio in dem aufwendigen Buchband, der zur Ausstellung erschienen und als Lesebuch zur Malerei allgemein gedacht ist: „Die heutige Malerei ist eine Form des Widerstands, eine Form der Arbeit, eine alternative Art und Weise des Begehrens und des In-der-Welt-Seins.“ Die individuelle Herangehensweise und Umsetzung machen die Vielfalt der Malerei von heute sowie die Unterschiede zwischen den Künstlern deutlich Zehn Künstler aus sechs Ländern sind an der Ausstellung beteiligt. Glücklicherweise haben sich die beiden Kuratoren Dr. Annegret Laabs und Uwe Gellner dafür entschieden, nicht nur einzelne Werke einer großen Anzahl an wichtiger Künstlernamen zusammen zutragen, sondern sich auf einzelne wichtige Positionen zu konzentrieren und von diesen jeweils eine kleine Werkgruppe zu zeigen. Diese „kleinen“ Werkgruppen bestehen jedoch oft aus sehr großformatigen Arbeiten. Die Hängung ist angenehm locker und lässt dem Betrachter Raum zum Sinnieren über die Malerei.

www.kunstmuseum-magdeburg.de


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Die 100. Kulturpatenschaft wird beim Jahrestreffen der Leipziger KulturPaten im November 2012 gefeiert. Im Bild Jörg Müller (IdeenQuartier), Jürgen Ackermann (Werk 2), Grit Mestenhauser (windwerker) Michael Wilhayn, (windwerker), Gudula Kienemund (Leipziger KulturPaten).

Kulturförderung auf andere Art Es war ein sehr erfolgreiches Jahr für die Leipziger KulturPaten: Sie erhielten die Auszeichnung „Ausgewählter Ort im Land der Ideen“ und konnten die 100. Patenschaft vermitteln. Text: Dörthe Gromes

Fotografie: Andreas Matthes

Es war ein sehr erfolgreiches Jahr für die Leipziger KulturPaten: Sie erhielten die Auszeichnung „Ausgewählter Ort im Land der Ideen“ und konnten die 100. Patenschaft vermitteln. Fehlendes Geld ist ein Dauerlamento in der Kulturszene. In Zeiten knapper öffentlicher Mittel ist es kein Wunder, dass die Initiative Leipziger KulturPaten bundesweit Furore macht, wie die Auszeichnung im Bundeswettbewerb „Deutschland – Land der Ideen“ zeigt. REGJO hat dieses innovative Projekt bereits mehrmals journalistisch begleitet. Die KulturPaten vermitteln Patenschaften zwischen Unternehmen und Kultureinrichtungen, die darauf ausgerichtet sind, eine konkrete Aufgabe zu bewältigen. Das kann zum Beispiel die Programmierung einer Website sein, die Erstellung von Werbematerialien oder Hilfe bei der Steuererklärung. Die Früchte dieser Arbeit: 100 Patenschaften in vier Jahren. Windwerker und Kulturfabrik Die 100. Patenschaft wurde zwischen der Kulturfabrik Leipzig und der Unternehmensberatung „Windwerker GmbH geschlossen. Die Kulturfabrik, besser bekannt als „Werk 2“, wird hauptsächlich von den vier Vereinen „Cammerspiele Leipzig“, „Frauenkultur“, „Halle 5“ und „Werk 2“

getragen. Zukünftig wollen die Trägervereine noch stärker kooperieren, um so Synergien herzustellen und die Dachmarke „Kulturfabrik Leipzig“ weiter zu entwickeln. „Mit Hilfe der ‚Windwerker GmbH‘ wollen wir herausfinden, auf welchen gemeinsamen Vorstellungen und Zielen wir aufbauen können, welche Visionen machbar erscheinen und was nicht umsetzbar ist. Potenztiale sind dabei auf ihre Tragfähigkeit auszuloten, mögliche Konfliktfelder rechtzeitig zu erkennen und Gegensteuerungsstrategien zu entwickeln. Zudem wollen wir erste konkrete Umsetzungen starten“, skizziert Katja Krause, Geschäftsführerin vom „Werk 2“, das Ziel der Zusammenarbeit. Für Grit Mestenhauser von der „Windwerker GmbH“ ist dieses Vorhaben eine anspruchsvolle und interessante Herausforderung. „„Der Ansatz dabei ist durchaus ähnlich wie bei Wirtschaftsunternehmen“, erklärt die Unternehmensberaterin. Sie sieht die Patenschaft mit der „Kulturfabrik Leipzig“ auch als einen kleinen Beitrag ihrer Firma zur Regionalentwicklung und freut sich auf eine spannende Zusammenarbeit. KulturPaten überregional Die KulturPaten wurden nicht in Leipzig erfunden;, es gibt ähnliche Ansätze auch in einigen anderen Städten – Köln, Hamburg, Berlin, Göppingen –, allerdings sind die

Organisationsformen verschieden. Für Leipzig entwickelte Jörg Müller vom IdeenQuartier die Variante der reinen Unternehmerinitiative, die sich allein durch Privatspenden finanziert. Im November dieses Jahres trafen sich die verschiedenen Kulturpaten-Organisationen erstmalig zum Erfahrungsaustausch in Leipzig. 100 Kulturpatenschaften haben auf ihre Weise die Stadt ein klein wenig verändert. „Kulturpatenschaft bedeutet jedes Mal, dass ein Unternehmen sich für Kunst und Kultur einsetzt, den Standort und die Vielfalt unserer Stadt stärkt und zusammen mit Künstlern und Kulturschaffenden deren Arbeit mitträgt und professionalisiert. Und das mal 100 – was für ein Gewinn auf allen Ebenen: finanziell, strukturell, kreativ, persönlich!“, resümiert Gudula Kienemund, Geschäftsführerin der KulturpPaten, die Arbeit der vergangenen Jahre. Es soll natürlich weitergehen. Für 2013 haben sich die KulturPaten vorgenommen, mit einer Imagekampagne die Idee noch bekannter zu machen. Und sie wollen 25 weitere Kulturpatenschaften vermitteln.

www.leipzigerkulturpaten.de www.windwerker.de


Franziska Holstein, o. T. (H6-11), 2011, Courtesy Galerie Christian Ehrentraut, Berlin

96 Kultur RegJo

P r e ist r ä g e r in

W a g n e r - Jah r 2 0 1 3

Umstrukturierung

Traditionshaus „mit künstlerischem Niveau“

Die 1978 in Leipzig geborene Malerin Franziska Holstein setzt sich mit kompositorischen Abstraktionen durch Das Museum der bildenden Künste Leipzig zeigt anlässlich der Verleihung des Sachsen-Bank-Preises an die Künstlerin Franziska Holstein noch bis zum 2. März eine Kabinettausstellung mit Werken der letzten zwei Jahre. Die Künstlerin hatte sich mit ihrer Malerei und den grafischen Arbeiten im Auswahlverfahren gegen 91 andere Bewerber durchgesetzt und bekam nun den, mit 30.000 Euro dotierten, Preis überreicht. Der Preis wird seit 2002 von der Bank an junge Künstler aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen verliehen. Franziska Holstein beherrscht und verwendet viele Techniken – Scherenschnitt, Collage, klassische Maltechnik und verschiedene Drucktechniken –, um geometrische Formen, Strukturen und Arbeitsspuren zu abstrakten Werken zu verdichten. Die anfänglichen Motive zerlegt, restrukturiert oder überlagert Franziska Holstein dabei nach selbst gewählten Spielregeln oder Teilungsverhältnissen, so lange bis der Ausgangspunkt nur noch zu erahnen ist. In einer Serie farbiger Papier-Collagen spielt sie nun beispielsweise auch alle möglichen Kombinationen eines selbstentwickelten Binärsystems mit einem vorgegebenen Formenvokabular durch. CM www.mdbk.de

Seit seiner großen Neueröffnung anlässlich des 180. Jubiläums im Dezember 2011 erstrahlt das Meininger Theater in neuem Glanz und knüpft mit einem beachtlichem Repertoire und moderner Bühnentechnik an sein großes Renommee an. Text: Carolin Modes

Bild: Meininger Theater

Gerade im Wagner-Jahr 2013 ist das Meininger Theater eine Reiseempfehlung. „Richard Wagner selbst war viel in Meiningen“, bestätigt Intendant Ansgar Haag und sagt mit Stolz: „Nach der Eröffnung von Bayreuth spielte die Meininger Hofkapelle die ersten zehn Jahre dort als Festspielorchester. Was wundert es uns da, wenn Wagner in die ‚Parsifal‘-Partitur das schöne Bonmot notierte: Es gibt viele Meinungen, aber nur ein Meiningen.“ Die Financial Times bezeichnet das Meininger Theater als „eines der schönsten Theater Deutschlands“ – Das Südthüringische Staatstheater ist ein Magnet und wurde für seine Leistung mit dem Eintrag „herausragende Theaterarbeit jenseits der großen Zentren“ von der Fachpresse eindrucksvoll gewürdigt. Strahlende Augenblicke bieten sich in Oper und Konzert, Schauspiel und Musical, Operette und Ballett, Puppen- und Kindertheater. Auch die heutige Bayreuther-Festspielchefin Katharina Wagner unterstreicht die Gemeinsamkeit der beiden Kulturstandorte: „Neue Ansätze zur Interpretation zu

entdecken, die bei der Inszenierung und Regie die Aufführung der Werke bestimmen sollten, die Bühne nicht als Sammelsurium einer unterhaltsamen Beliebigkeit anzusehen, sondern als humanes Ab- und Sinnbild, als ‚moralische Anstalt‘ im klassischen Sinne zu definieren – verschwisterte die Städte mehr und enger, als es heute vielen bewusst ist.“ Neben der bekannten und todtraurigen Oper „Tristan und Isolde“ wird in Meiningen von Februar bis Juni 2013 noch „Das Liebesverbot“ gespielt – eine komische Oper in zwei Akten, die Wagner mit 22 komponierte. Im Palermo des 16. Jahrhunderts bestraft hier der deutsche Statthalter Friedrich den Karneval sowie „jedes Vergehen des Trunkes, sowie der Liebe“ mit dem Tod, wodurch sich natürlich nicht alle von der Liebe abhalten lassen. Auch „Tannhäuser“ und die Schauspiel-Uraufführung „Wahnfried – Bilder einer Ehe“ stehen im Zeichen des Wagner-Jahrs. www.das-meininger-theater.de


Das Regional-Journal für den Wirtschaftsraum Leipzig/Halle Altenburg Dessau Wittenberg Bitterfeld Delitzsch Torgau Grimma Weißenfels Naumburg

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Das Magazin für Mitteldeutschland

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Wissensdurst

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Gesundheitsstandort im Fokus

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Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Luthers Land

„Amerika“ als Neuanfang

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Quo vadis?

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Meisterwerke

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Der X-Faktor

Umbau Ost

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Anpfiff

Quadratur des Kreises

Der Faktor Mensch

Immer gut in Form

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Das Magazin für Wirtschaft und Kultur aus Mitteldeutschland

REGJO Das Magazin beschreibt den Wandel in Wirtschaft, Gesellschaft, Forschung und Kultur in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Es berichtet kontinuierlich in den Rubriken regionale Wirtschaft, Energie & Umwelt, Immobilien & Architektur, Kultur & Tourismus über Aspekte, Veränderungen und Trends. REGJO Das Magazin sucht nach Hintergründen und Zusammenhängen, zeigt Mitteldeutschland wie es ist: vielfältig, unverstellt, kreativ und widersprüchlich.

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98 Kultur RegJo

Im Getriebe der Zeit Auch heute noch faszinierend: Vom Ingenieursgeist von gestern kann man sich immer anstecken lassen. Technische Museen lassen ihn anschaulich werden Tex: Tobias Prüwer

Fotografie: Staatliche Kunstsammlung Dresden

„Wozu Museen?“ Mit dieser provokanten Frage lud das Deutsche Hygiene-Museum im November 2012 zu einer Tagung nach Dresden. Diskutiert werden sollte, was die Museen für die Gesellschaft leisten können und ob das überhaupt eine gerechte Forderung ist. Können und müssen sie Orientierung in der Gegenwart bieten? Ist Museumswissen eine Art Zukunftswissen? Auf technische Museen eingeschränkt, erscheinen diese Fragen noch drängender. Immerhin mag schon der Begriff wie ein Widerspruch erscheinen. Mit Technik verbindet man gemeinhin Fortschritt, Innovation und Zukunftsgestaltung. Museen sind da das schiere Gegenteil. Sie stehen für die Vergangenheit, bewahren nicht mehr nützliche Dinge, sind Schauen einer nicht mehr existenten Zeit. Die Adjektive museal und innovativ schließen sich einfach aus. Und doch sind auch technische Museen weit mehr als Erinnerungsorte – hier begegnet der Mensch nicht nur seiner Vergangenheit, sondern auch seinem Potenzial an Gestaltungsmöglichkeiten. Eine Schule des Befremdens Der Philosoph Peter Sloterdijk hat Museen als eine „Schule des Befremdens“ charakterisiert, die aber gerade von diesem Umstand profitieren, weil sie das Unbekannte und Fremde im Heute lebendig halten und damit konfrontieren. „Wäre das Museum primär eine

didaktische Einrichtung, so könnte es sich damit begnügen, den Nachkommen anhand von Kunst und Trivialobjekten die Geschichte menschlicher Ausdrucks- und Lebensformen zu illustrieren. Weil aber seine wesentliche Funktion eine xenologische ist, können wir uns in ihm zugleich Rechenschaft ablegen über den Fortschritt der Welt im Fremdwerden für ihre Bewohner.“ Technische Museen stehen – im wahrsten Sinne des Wortes – in Mitteldeutschland vielerorts einfach herum. Im BergbautechnikPark im Südraum Leipzigs etwa erheben sich ein Schaufelradbagger und ein Bandabsetzer über der neu entstandenen Seenlandschaft. Sie dokumentieren ebenso wie der Bagger RS1452 im ehemaligen Tagebau Berzdorf bei Görlitz, dass die Landschaft hier einmal völlig anders aussah und erzählen ein Stück Wirtschafts- und Industriegeschichte. Vom technologischen Wandel berichtet die Gesenkschmiede Zella-Mehlis. Ursprünglich um 1840 als Sägewerk mit zwei Wasserrädern erbaut, wurde das Gebäude von einer Schmiedefirma übernommen und 1918 zur Gesenkschmiede umgestaltet. Die unter Denkmalschutz gestellte Einrichtung beherbergt die ältesten Brettfallhämmer Deutschlands mit über 16 Tonnen Eigengewicht und über vier Meter Höhe. Bis heute kann man hier die Produktion von Gesenkschmiedeteilen dank Wasserkraftnutzung einschließlich der Werkzeugherstellung verfolgen. Die Energie des nassen Elements führt auch der Tobiashammer in Ohrdruf vor Augen.


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Fortschritt macht mobil Die Eisenverhüttung und Eisenverarbeitung ist das Thema des Hüttenmuseums in Thale. Das Thalenser Werk entwickelte sich von der Blechhütte im Jahre 1686 bis zum industriellen Großbetrieb des 20. Jahrhunderts. Hier wurde – das erinnert an den damaligen Innovationsgeist – 1831 die erste schmiedeeiserne Wagenachse Deutschlands hergestellt. Vier Jahre darauf wurde das erste Geschirremaillierwerk Europas errichtet: Es deckte um 1910 zehn Prozent des Weltbedarfs an Emailgeschirr ab. Erst durch die Leistungen der Industrialisierung und das rasante Wachstum des Werkes erhielt Thale Stadtrecht. Im Vorführbetrieb zeigt das Museum eine restaurierte Tandem-Walzenzug-Dampfmaschine aus dem Jahr 1911, sie war bis zur Stilllegung 1990 in Betrieb. Einen anderen Faktor der Industriellen Revolution macht der frühe Eisenbahnanschluss Thales 1862 in Richtung Quedlinburg, Magdeburg und Berlin deutlich. Ohne Ausbau des Verkehrs und neue Mobilitätskonzepte wäre es nicht gegangen. Das veranschaulicht kein Ort besser als das Verkehrsmuseum Dresden. Mit seiner 60-jährigen Geschichte zählt es zu den jüngeren Museen Dresdens, sein Ursprung liegt aber weiter zurück. Diesen markiert der Sammlungsbeginn des späteren Sächsischen Eisenbahnmuseums

1877. Nach und nach wuchs die Sammlung um andere Verkehrsformen an. Heute zeigt sie so ziemlich alles, was man sehen muss über die Themen Luftfahrt/Luftschifffahrt, Schienenverkehr, Kraftfahrzeuge und Fahrräder und den Städtischen Nahverkehr. Grundlagenerfahrung: Geometrie zum Anfassen Ein letztes Museum soll angeführt werden, das in Kürze wieder der Neugier offen steht. Im Dresdner Zwinger wird am 14. April 2013 der Mathematisch-Physikalische Salon nach sechsjährigen Restaurierungsund Erweiterungsarbeiten wiedereröffnet. Im „Palais des Sciences“ sind Mechanik und Mathematik um 1600 anhand von Apparaturen aus der Zeit von Kurfürst August dem Starken veranschaulicht. Sie thematisieren die Vorgeschichte des Salons, der auch Instrumente späterer Zeiten zeigt. Zu sehen sind Figurenautomaten wie der Trommelnde Bär und astronomische Weltmodelle wie die komplizierte Planetenlaufuhr Eberhard Baldeweins. Der Salon schließlich zeigt die Brennapparate von EhrenfriedWalther von Tschirnhaus, eine Vakuumpumpe von Jacob Leupold, riesige Teleskope und eine bedeutende, die Geschichte des Chronometers abbildende Uhrensammlung. Verschiedene Medienstationen machen die erste mechanische Rechenma-

Kultur 99

schine von Blaise Pascal ausprobierbar und mittels Winkelmaß Geometrie erfassbar. Ein neuer, tageslichtfreier Ausstellungsraum stellt anhand einer voluminösen Globensammlung die Vermessung und kartografische Erfassung der Welt dar. Wie positionieren wir uns heute? Diese Frage ist immer neu zu stellen. Die technischen Museen können dabei helfen, ein Verständnis für den menschlichen Erfindergeist und vielleicht auch seine Sackgassen zu entwickeln. Noch einmal Sloterdijk: „Ein Platz auf der Schwelle zwischen Innen und Außen, zwischen dem Museum und seinem Gegenteil, und nur auf ihr, zurückschauend auf die aufgegangene und ausgestellte Welt und vorausblinzelnd in ein allesermöglichendes Nichts, erkennen wir uns als Einwohner des Unausstellbaren.“ www.skd.museum/de www.gesenkschmiede.zella-mehlis.de/ www.huettenmuseum-thale.de www.bergbau-technik-park.de http://tobiashammer.de


100 Kultur RegJo

Luther und der Weihnachtsbaum Text: Tobias Prüwer Evangelische Verlagsanstalt

Die Tanne steht ihm gut: Eigentlich hat Martin Luther mit dem Weihnachtsbaum nichts zu tun. Da er aber entscheidenden Anteil daran hat, dass aus dem Kirchen- ein Familienfest zu Hause wurde, stellte man ihn im 19. Jahrhundert unterm Tannenbaum dar. Das verhalf auch dem heute allgegenwärtigen grünen Weihnachtsfestsymbol zu seiner Popularität. Autorin Elke Strauchenbruch erkundet, welchen Einfluss Luther auf die Umgestaltung des Festes hatte, beschreibt aber auch alte Bräuche, kleine Anekdoten und Althergebrachtes. Zwischen Gabenfreude und Geisterabwehr, Rezepten und Ritualen, Butterbriefen und Biedermeier bewegt sich das mit viel Detailwissen und traditionellen Illustrationen gespickte Buch. Das macht es zu einer historischen Fundgrube auch für nicht christlich bewegte Menschen. So räumt sie auch mit dem Mythos auf, der Weihnachtsbaum sei dem Deutsch-Französischen Krieg entsprungen. Wer wollte sich auch daran erfreuen, wenn das Symbol der deutschen Weihnacht dem Marsfeld entsprungen sei? Luther saß – bildlich wie symbolisch – schon viel früher darunter. Luthers Weihnachten Elke Strauchenbruch Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2011 152 Seiten 12,80 € Weitere Informationen: www.eva-leipzig.de

Neue Arbeit, neues Leben Text: Tobias Prüwer  Cover: Eobanus Verlag

Frithjof Bergmann ist vielen ein Begriff. Der Philosoph und Praktiker der Schule der Neuen Arbeit gründete 1984 das erste gleichnamige Zentrum in der US-Automobilstadt Flint. Seitdem gab es weitere Gründungen. Zahlreiche Interviews mit Bergmann aus den Jahren 2005–12 und ein paar seiner Texte hat nun der Soziologe Stefan Wogawa für den Erfurter Eobanus Verlag in einem Büchlein zusammengestellt, das einen leichten Zugriff auf Bergmanns Ideen darstellt. Dabei zeigt sich, dass der Denker kein verträumter Ökonomiefeind, sondern angestrengt über am Menschen ausgerichtete Reformen der Wirtschaft interessiert ist. Fern von überbordender Selbstgerechtigkeit, die manchen Kritiker des Neoliberalismus prägt, macht Bergmann kluge, einsichtige Vorschläge, die die globale und lokale Dimension miteinander verschränken. Herausgekommen ist ein Band, der mit einer alternativen Ökonomievorstellung bekanntmacht, von der man zumindest manche Anregung sofort übernehmen kann. „Eine um 180 Grad entgegengesetzte Ökonomie bricht jetzt aus ihren Eierschalen: Die Ökonomie der dezentralen, nicht hierarchischen, nicht bürokratischen, sich selbst organisierenden Betriebe, die auf der Woge der nächsten Technologierevolution basieren.“ Alternativen zum „Wirtschaftswachstumswahnsinn“ Interviews mit einem Visionär: Frithjof Bergmann, Vordenker der „Neuen Arbeit“ Stefan Wogawa Eobanus Verlag Erfurt 2012 84 Seiten 7,90 € Weitere Informationen: www.eobanus.de


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Kultur 101

Auf zu verlassenen Ufern! Text: Tobias Prüwerr  Cover: Verlag Neue Literatur

Leipzig, kriminell Text: Tobias Prüwer  Cover: Mitteldeutscher Verlag

„Die vermauerte Frau“: Was wie ein neuer Fall des Leipziger Kriminalautors Henner Kotte klingt, ist keine Fiktion. Neun authentische Kriminalfälle aus Leipzig finden sich hier zu einem lesenswerten Sammelsurium zusammengetragen. Leipzigs wohl berühmtester Mordfall, jener Bühnenstoff gewordene um Woyzeck, ist natürlich mit von Kottes Partie. Unglücklich Verliebte, die in Sellerhausen in den Freitod gehen, weil sie nicht zusammen sein dürfen. Kotte gräbt Belege dafür aus, dass Buntmetalldiebstall kein alleiniges Delikt der heutigen Zeit ist und schildert die letzte öffentliche Hinrichtung in der Stadt 1854. Und der titelgebende Fall ist ein erschütterndes Beispiel wie in einer zerrütteten Familie das Abputzen eines Weihnachtsbaumes ausreichen kann, zum Ausbruch von Gewalt zu führen. Kotte lässt vorwiegend Akten und andere Quellen sprechen – dadurch ist man nah dran an den Ereignissen und Personen, aber auch durch den Entstehungskontext der Schriftstücke beeinflusst. Das gleicht Kotte aus, indem er diese kommentiert und selbst kleine Spekulationen über das (Un-)Wesen des Menschen anstellt. Er reichert die Fälle mit Parallelgeschichten, kriminalistischen und juristischen Überlegungen an und liefert damit mehr als einen entstaubten Aktenschrank ab. So gilt auch für Leipziger, was der „Woyzeck“ formuliert: „Der Mensch ist ein Abgrund, es schwindelt einem, wenn man hienabsieht“.

„Ich hatte immer dieses Wort, / Gar kantig und es wuchs / Mit mir und dann aus mir heraus, / Drosselte mich immerfort.“ Aber weil er vor Buchstabensalaten und Satzketten nicht kapituliert, hat Toralf Sperschneider die Sentenzen, mit denen er ringt, zu Papier gebracht. Herausgekommen ist „Speralfs kleines Lyrikon“, ein halbgereimter, aber nicht halbgarer poetischer Rundumschlag. Es geht um große Gefühle und kleine Regungen. Mal reist Sperschneider mit dem Hammer durchs Land und räumt auf, dann ist er ein Regentropfen und bricht schließlich auf zu verlassenen Ufern. Nebelpirat tritt auf, Engel aus der Vergangenheit zeigen sich, „Himmelblütenpfützen scheinen“. Auf seine Sprache sorgsam bedacht drechselt der Autor nicht zu gekünstelte Lyreleien zusammen, die meist unmittelbare Anrufungen sind. Statt Versteckspiel zu sein, sprechen offenes Herz und Geist aus und zwischen den Zeilen. Speralfs Lyrik will schon mal die Muse begatten, verleiht sogar dem Mond Flügel und bleibt doch auch ganz bodenständig: „So individuell wir auch / Auf unserm Wege sind, / So lenken uns zuallermeist / Die Schwerkraft und der Wind.“ Speralfs kleines Lyrikon Toralf Sperschneider Verlag Neue Literatur Jena 2011 146 Seiten 10,90 € Weitere Informationen: www.vnl.de

Die vermauerte Frau Authentische Kriminalfälle aus Leipzig Kotte, Henner Mitteldeutscher Verlag Halle 2012 176 Seiten 9,95 €

Weitere Informationen: www.mitteldeutscherverlag.de

B O X


102 Kultur RegJo

U . K ö h e r , T h e G o ld e n A g e ( A usschn . ) , 2 0 1 2

Z . F r aiman , L Evitati o n ( A usschnitt ) , 2 0 1 2

R . H o o p, T h e N o thin g M ak e r ( auss . ) , 2 0 1 2

Reflektionen

Freischwebend

Gedachte Spuren

Und weiter geht‘s im Lauf der Geschicht mal hoch mal runter - aber immer brilliant.

Besessenheit - wenn die Erde ihre Anziehungskraft verliert.

Die Kuriositäten des Alltags gehen Hand in Hand mit der scheinbaren Realität.

Ein bisschen Dada, ein bisschen Surrealismus, ein bisschen Warhol steckt in den Arbeiten von Ulrich Köhler. In unserem digitalen Zeitalter mutet die zum Einsatz kommende Collagetechnik schon fast ein wenig retro an. Auf der anderen Seite verleiht sie den Arbeiten aber auch ihre Brüchigkeit und Authentizität. Köhler verarbeitet das, was er in Werbung, Popkultur und Filmwelt an Druckerzeugnissen vorfindet. All diese Schnipsel sind für ihn Fundstücke, die er für die Nachwelt aufbewahren will jedoch nicht ohne sie neu, aus dem Blickwinkel des heutigen Erlebens von Kultur, zu arrangieren. So verleiht der den Dingen ein neues, von seinem subjektiven künstlerischen und kulturellen Standpunkt aus bestimmtes Ordnungsgefüge. Die gesellschaftskritische Aussage der Arbeiten Köhlers wird durch ihre werbeästhetische Oberfläche noch verstärkt, da sie sich somit einer Sprache bedient, die sie inhaltlich grundsätzlich hinterfragt. Ulrich Köhler, geboren 1980 in Nördlingen, 2001 – 06 Kommunikationsdesignstudium, seit 2008 Studium an der Burg Giebichenstein Halle. EN

In den Arbeiten von Zohar Fraiman geht es um Frauen. Wenn auf ihren Bildern ein Mann auftaucht, dann höchstens als Statist. Fraimans Themen fokussieren auf eine innere Erfahrungswelt, drehen sich um das Leben und das sich Erleben von Frauen in der traditionell geschlechtlich getrennten jüdischen Gesellschaft. Traditionen und Bräuche, die von Mutter zu Tochter weiter gereicht werden, geben den Protagonistinnen Halt, engen sie aber gleichzeitig derart ein, dass sie keinen Ausweg aus diesem fremdbestimmten Leben sehen. Es geht einerseits um die Zärtlichkeit, mit der Mütter ihren Töchtern ihr traditionelles Erbe vermitteln, andererseits um die Grausamkeit, mit der die Töchter auch gegen ihren Willen in diese Rolle hineingepresst werden. So handelt ein Zyklus von Fraiman vom Dybbuk, einer Erzählung aus dem jüdischen Volksglauben, in der sich eine junge Frau in die Besessenheit flüchtet. Zohar Fraiman, geboren 1987 in Jerusalem, 2005 - 09 Kunststudium an der Jerusalem Studio School, seit 2011 Studium bei Prof. Held an der Universität der Künste Berlin. EN

Gerade die Abwesenheit von Menschen in den Innenräumen von Ricarda Hoop macht diese für den Betrachter deutlich spürbar. Zarte Spuren, die kaum sichtbar sind, wie der Abdruck eines Körpers auf einer leeren Couch, lassen die Orte gleichzeitig bewohnt und doch leer erscheinen. Stark angeschnitten zeigt Hoop teilweise auch nur den Bruchteil eines Zimmers mit intensiv gemusterter Tapete, schrägem Nippes auf der Anrichte oder ein Stapel von Kuscheldecken auf einem Stuhl. Der Betrachter wird sich fragen, ob die abgebildete Katze ein lebendiges Tier oder doch eher ein Kissen ist. Genau dieser schmale Grad reizt die Künstlerin. So erklärt sie, „das DingDas Ding löst sich während des Malprozesses von seiner eigentlichen Bestimmung, transformiert sich, wird Ornament, Oberfläche, Malerei. Oft entdecke ich den subtilen Humor und die verschiedenen Kuriositäten der Normalität, welche sich in eine absurde Realität verwandelt.“ Ricarda Hoop, geboren 1981 in Parchim, 2004-2011 Studium der freien Kunst an der Hochschule für bildende Künste Hamburg, lebt und arbeitet in Leipzig. CM

Weitere Informationen zu Ulrich Köhler finden Sie im Internet unter www.burg-halle.de.

Weitere Informationen zu Zohar Fraiman finden Sie im Internet unter www.queen-anne.de.

Weitere Informationen zu Ricarda Hoop finden Sie unter www.ricardahoop.de.


regjo

Kultur 103

Tan j a P o hl , B r uchstück e ( auss . ) , 2 0 1 1

K e r stin F ü r st e nb e r g , S o mm e r , 2 0 1 1

C . U hl e mann , B e g e g nun g e n ( A usschnitt )

Veränderung

Banalitäten

Mimikry

Formen oder Fragmente stellen ein abstraktes Sinnbild für einen möglichen Wandel dar.

Alltäglichkeiten und andere „Dinge, die mich die Welt lieben lassen“.

Die Auferstehung der kuhköpfigen Nackten im Birkenwäldchen.

Eine Industriebrache ist für Tanja Pohl mehr als nur das traurige Erinnerungsstück an Vergangenes. Sie sieht darin vielmehr einen Nullpunkt, von dem aus Neues enstehen kann. Wenngleich sie das ewige technische Fortschrittsstreben kritisch sieht, erkennt die Künstlerin in den Brachen auch eine Inspirationsquelle und ein Potential für ein Umdenken. Ihre Erkenntnisse bestimmen auch den Einsatz von Farbe: „Vom tiefsten Schwarz, das auf den Betrachter schwer, hart und starr wirkt, bis zum feinen, schwingenden Grau, in seiner Diffusheit eher das Unbekannte und Unerklärbare symbolisierend, ist in meinen Bildern das ganze Spektrum dieser Farbe zu finden.“ Die Druckgrafik, speziell die Radierung, stellt für sie die Schnittstelle zwischen intuitiver, künstlerischer Bearbeitung und dem praktischen Nutzen chemischer sowie physikalischer Gesetze dar. Tanja Pohl, 1985 im Vogtland geboren, 2005-2010 Studium an der HfBK Dresden, seit 2010 Meisterschülerstudium ebenda, lebt und arbeitet in Dresden und Greiz. CM

Die Werke von Kerstin Fürstenberg sind Erinnerungsstücke. Erinnerungsstücke zum einen dem Gedanken folgend, dass „Erinnern (...) eine beschränkte Form der Wahrnehmung“ ist, man sich immer nur an einzelne Fragmente erinnert und nie eine Vollständigkeit in der Erinnerung herstellen kann. Zum anderen handelt es sich aber auch um Erinnerungsstücke, weil sie die Wertschätzung der vermeintlich irrelevanten oder banalen Alltäglichkeiten zum Ausdruck bringen. Diese Erinnerungsfragmente überträgt und transformiert Fürstenberg mittels der Stimmungen und Gedanken, die sie ständig begleiten und gleichzeitig beeinflussen. Auch versucht sie Tiefe und Vielschichtigkeit in ihren Arbeiten abzubilden, statt nur einen Blickwinkel in korrekter Perspektive einzufangen, „wenn dadurch ein verqueres Bild entsteht, dann finde ich, daß das die Welt besser wiedergibt als eine stimmige Perspektive es könnte.“ Kerstin Fürstenberg, geboren 1981 in Stuttgart – Bad Cannstatt, 2002 -2010 Studium an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg bei W. Büttner, lebt und arbeitet in Leipzig. CM

Das Leben ist eine Bühne. Surreal, etwas wollüstig und auf jeden Fall hoch theatralisch setzt Cornelia Uhlemann ihr Bildpersonal in Szene. Tarnung und Überhöhung bestimmen das Dargestellte, so dass der Betrachter nicht mehr zwischen Ernst und Ironie unterscheiden kann. Die Pflanzen und Tiere scheinen beseelt, jede Gattungshierarchie scheint in einem allumfassenden Phanteismus aufgehoben zu sein. Der an die ägyptische Göttin Hathor mahnende Kuhkopf scheint der nackten Frau erst ihre Würde und Autorität zu verleihen, das tierische Attribut verleiht der Frau fömlich ihre Göttlichkeit. Schmetterlinge gruppieren sich um die Hände des Frau-Kuhwesens und haben die Funktion die Wirkungsintensität der Geste zu unterstreichen. Was hier vor sich geht und vor allem warum bleibt allerdings unklar. Hat die schmetterlingsaussendende Frau uns etwas mitzuteilen oder ist es nur eine Pose, in der sie sich gefällt. Cornelia Uhlemann, geboren 1968 in Berlin-Köpenick, 1990-1994 Studium an der HfBK Dresden, lebt und arbeitet seit 2001 in Erfurt. EN

Weitere Informationen zu Tanja Pohl finden Sie unter www.tanja-pohl.com.

Weitere Informationen zu K. Fürstenberg finden Sie unter www.kerstin-fuerstenberg.jimdo.com.

Weitere Informationen zu Cornelia Uhlemann finden Sie unter www.cornelia-uhlemann.de.


104 Kultur RegJo

Lebenswerk und Zukunftsbeitrag Die Franckeschen Stiftungen im Jubeljahr: Zum 350. Geburtstag ihres Stifters wird in Halle ein großes Fest begangen, das gestern und heute verbindet.

Text: Tobias Prüwer

Fotografie: Frank Wenzel, Ingo Gottlieb, Uwe Gaasch, Bildarchiv Marburg

Einen „Pflantzgarten“ nannte der pietistische Theologe und Pädagoge August Hermann Francke (1663–1727) seine Schulstadt in Glaucha, das damals vor den Toren Halles lag. Die Welt sollte durch die Umwandlung der Menschen zum Guten verändert werden, weshalb er sich als Pfarrer Kindern und Armen mit besonderer Fürsorge widmete. Das 1701 vollendete Waisenhaus gedieh zum Kern des allmählich wachsenden Sozial- und Bildungswerks, das später Franckes Namen tragen sollte.

Zum 350. Geburtstag Franckes und dieses Realität gewordenen Zukunftstraums begeht man deshalb 2013 in Halle ein Jubiläumsjahr. Unter dem Motto „Vision und Gewissheit“ wird an den Stifter erinnert, seine wieder aufleben und nach der Bildungsidee der Gegenwart gefragt. Immerhin sind die Franckeschen Stiftungen nie nur Museum gewesen, sondern auch stets der Pädagogik und Aufklärung verpflichtet geblieben.


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Das Lindenblütenfest im Jahr 2006

Wunderkammer: gestern – heute Im denkmalgeschütztem Bauensemble – das längste Fachwerkhaus Europas gehört hierzu – sind heute das Francke-Wohnhaus und das historische Waisenhaus zu sehen, die Bibliothek mit Historischer Kulissenbibliothek und Wirtschaftsgebäude. Dem pädagogischen Ziel diente auch die so genannte Kunst- und Naturalienkammer, die bis heute in der Mansarde des Waisenhauses beherbergt ist. Das Weltwissen um 1700 wird hier repräsentiert – alles, was man damals interessant fand, ist hier untergebracht. Solche Sammlungen waren zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert eine gebräuchliche Form der Wissensdarstellung, nur sind heute nicht viele erhalten geblieben. Die Wunderkammer in Halle gilt als die einzig vollständige Europas. Im Gegensatz zu heutigen Museen, die speziellen Wissensbereichen gewidmet sind, war der Anspruch der Wunderkammern dezidiert ein enzyklopädischer, ein allumfassender. Die gesamten Schätze der Natur und menschlichen Künste sollten gemeinsam in einem ganzheitlichen Rahmen zu bestaunen sein. Die Wunderkammern waren der Schauplatz, auf dem die Dinge die Perfektion der Natur sichtbar machten und sich die göttliche Schöpfung in der Anschauung offenbarte. Den bewegten Zeitläuften zum Trotz ist die Hallenser Raritätensammlung erhalten geblieben und kann rekonstruiert an alter Stätte gesehen werden. In 18 Vitrinen sind rund 3.000 Objekte ausgestellt, welche durch die weit reichenden Kontakte Franckes zusammengetragen wurden, etwa Muschelschalen und indische Vogelnester, Schiffsmodelle und Kleidung aus aller Welt. Die Wunderkammer ist allerdings nicht nur museales Objekt: Nicht allein der Konservation verpflichtet, luden die Franckeschen Stiftungen in der Vergangenheit bereits

Kultur 105

Der Bildung ein Denkmal gesetzt: August Hermann Francke

mehrfach zur künstlerischen Auseinandersetzung mit der Sammlung ein. Im Rahmen des Festivals „Theater der Welt“ wurde die Idee der Wunderkammer etwa vor einigen Jahren wieder aufgenommen. Alle 500 am Festival teilnehmenden Künstler wurden gebeten, zwei Gegenstände aus ihrer Heimat mitzubringen: Einen, der sie selbst erstaunt, und einen zweiten, der das Publikum in Halle verblüffen würde. Als Mischung aus Ausstellung und Installation wurden diese „Dinge der Welt“ einander in verschiedenen Arrangements gegenübergestellt und gingen Verbindungen ein, die ihren Reiz aus den unterschiedlichen Präsentationskombinationen gewinnen. „Vision und Gewissheit“ Dieses Vorgehen ist keine reine Wiederholung des frühneuzeitlichen Gedankens, was konzeptionell langweilig wäre und einzig die Schaulust am Exotischen befriedigen würde. Einen ähnlichen, nicht rein musealen Ansatz verfolgt die Jubiläumsschau. Im Zentrum steht die Frage, was Francke dazu brachte, mitten in der sachsen-anhaltinischen Peripherie solch ein Bildungsbollwerk ins Leben zu rufen. Mit welcher Gewissheit, welcher Überzeugung ging er seine Vision eines Pflanzgartens an – und wie konnte er diesen realisieren? Um sich dieser Frage zu nähern, werden illustre Exponate, die die Zeit und das Leben um 1700 wieder auferstehen lassen, präsentiert. So kann sich der Besucher in die Umstände der Stiftungsgründung einfühlen. Hierzu wird es auch mit dem Lindenfest eine historische Festwoche geben, welche die Schulstadt in die Epoche des Barock zurückversetzt. Wie der Pietismus als weltverändernde Glaubensströmung nach dem Protestantismus in Mitteldeutschland seinen Anfang nahm bis hin zu den Pilgerströmen in die USA, zeigt eine kulturge-

schichtliche Schau. Zur Museumsnacht im Mai wird das Waisenhaus ins rechte Licht gerückt – künstlerischere Illuminationen lassen das Ensemble aufleben. Zeit-Geist(-er) Wie wir Francke und sein Schaffen von heute aus sehen, wird eine Kunstausstellung mit internationalen zeitgenössischen Positionen untersuchen. Wessen Geistes waren er und seine Zeit und wessen ist die unsere? Kann man etwas von ihm lernen und wenn ja, was? Der Witz dieser Schau lieg in der Bewegung des interessierten Blickes, der sich hier von einem anderen Blickwinkel her entwirft. Kein Einzelner präsentiert in der Zentralperspektive die Skurrilitäten einer Epoche. So, wie sie interessante Details einer Zeit zeigt, wird der Fokus auch auf uns zurück geworfen, wird unsere Art die Welt zu sehen, thematisiert. Auf diese Weise gedeiht das Jubiläumsfest zum Brückenschlag, der vielleicht selbst so etwas ist wie ein spätmodernes Theater der Natur und Kunst. Es besteht die Chance, auch neue Beziehungen zwischen den Dingen zu entdecken. Die Bezugnahme auf dieKunst- und Naturalienkammer macht Wandel und Brüchigkeit von Wissensordnungen erfahrbar und relativiert vielleicht so manches Weltbild. Denn auch mit Gewissheiten zu brechen, kann einen wichtigen Bildungsvorgang bedeuten. www.francke-halle.de


Halle statt Hollywood Popcorn in Halle an der Saale: An zwei großen Kinoproduktionen waren Hallenser Firmen beteiligt Wie wurden Johnny Mauser, Franz von Hahn und Schwein Waldemar eigentlich Freunde? Im Kinderkinoabenteuer „Mullewapp“ – nach den „Freunde“-Geschichten von Helme Heine – ist diese Frage der Ausgangspunkt für eine turbulente Geschichte. Auch animiert sind die gezeichneten Freunde ganz dicke und machen nicht nur Quatsch. Im heute noch im Heimkino zu genießenden Film hatte die Hallenser Firma Motionworks GmbH ihre Finger mit im Spiel: Im Jahr 1998 gegründet, sollte Motionworks von der immer wieder ausgerufenen Medienlandschaft Mitteldeutschland profitieren. Animation Nun lässt diese noch immer ein bisschen auf sich warten, aber Motionworks ist mit derzeit 15 Angestellten und vielen projektgebunden engagierten freien Mitarbeitern ein prima Gegenbeispiel. Die Firma hat bereits viele Animationsprojekte realisiert. In „Mullewapp“ hatte sie Heines Aquarellstil wunderbar in Bewegung gesetzt. Ein

großer Familienspaß, der da in Halle entstanden ist. An einem thematisch ernsthafteren Film waren die Berlin-Hallenser Schmidts Katze Filmkollektiv als Produktionsfirma beteiligt. Der für den Oscar nominierte Film „In Darkness“ erzählt ohne Pathos oder Überhöhung vom jüdischen Überlebenskampf in der Kanalisation von Lvov. Ein tief berührender Film ist so entstanden, der die übliche traurige Kitschzeichnung vermeidet und den Menschen grausam wie leidend in den Mittelpunkt rückt. Zu Überhöhung und Heroisierung lässt sich Regisseurin Agnieszka Holland nicht hinreißen. Sie zeigt – wie Motionworks und Schmidts Katze selbst –, dass nicht jeder gute Film aus Hollywood kommen muss. Letztere haben im Sommer mit „Simon“ ein Familienepos voll Komplexität und Tiefe nachgelegt, Motionworks ist mit dem lustigen „Mullewapp“ gerade in der Sendung mit der Maus zu sehen. TP www.motionworks.eu www.schmidtzkatze.eu

Bildnachweis: Wolfgang Ennenbach. © Tradewind Pictures 2012

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Bildnachweis: Jasmin M. Dichant © Schmidtz Katze Filmkollektiv

106 Kultur

Mann und Kater In Erfurt wird der Kinderbuchklassiker „Pettersson und Findus“ verfilmt. Seit fast 30 Jahren erfreuen sich die Abenteuer des alten Mannes Pettersson und seines naseweisen, sprechenden Katers Findus bei Kindern und Eltern großer Beliebtheit. Erdacht hat sich die beiden der schwedische Autor und Zeichner Sven Nordqvist. Nach einer Zeichentrickserie für das Fernsehen und vier Kinofilmen, die zum Teil auf Material der Serie zurückgriffen, werden die Bücher jetzt erneut für die große Leinwand adaptiert. Zum ersten Mal geschieht dies nicht als Zeichentrick, sondern mit realen Schauspielern – Ulrich Noethen als Pettersson und Marianne Sägebrecht als Beda Andersson – und einem computeranimierten Kater Findus. Im Regiestuhl sitzt der aus dem Iran stammende Filmemacher Ali Samadi Ahadi. Die aufwendige Filmproduktion, die ein Gesamtbudget von 8,4 Millionen Euro umfasst, erfolgt im Kindermedienzentrum Erfurt und in den MMC-Studios in Köln. Voraussichtlich 2014 wird das Ergebnis unter dem Titel „Pettersson und Findus – Kleiner Quälgeist, große Freundschaft“ im Kino zu sehen sein. DG www.tradewind-pictures.de


Westend Matireal Arts Tan Dun entfloh der Enge der chinesischen Provinz und lebt heute in New York. Neben Filmmusiken schreibt er u. a. Sinfonien und Opern.

Magische Reise ins Reich der Mitte Gemeinsam wollen die ZSL Betreibergesellschaft und MDR Klassik dem Genre Filmmusik zu mehr Anerkennung verhelfen. Am 4. Mai 2013 stellen sie ihr neues Projekt vor: In der Arena Leipzig erklingt dann die „Martial Arts Trilogy“.

Text: Anne Schulz

Fotografie: Tan Dun online

Der chinesische Oscarpreisträger Tan Dun gehört zu den vielseitigsten Komponisten der Gegenwart. Seine Melodien schweben zwischen den Welten und verbinden die abendländische und die fernöstliche Kultur. Seine Soundtracks zu Klassikern des chinesischen Wuxia-Films – tragische Geschichten um Liebe und Verrat gepaart mit traditioneller Kampfkunst und fantastischen Elementen – bescherten ihm die Gunst eines internationalen Publikums. Am 4. Mai 2013 bringen die ZSL Betreibergesellschaft und das MDR Sinfonieorchester die „Martial Arts Trilogy“ auf die Bühne. Tan Dun höchstpersönlich dirigiert eine Essenz seiner berühmten Filmmusiken zu „Tiger and Dragon“, „Hero“ und „The Banquet“. Originale Filmsequenzen unterlegen die exotischen Klänge mit farbgewaltigen, traumhaft schönen Bildern. Liebevolle Aufführungen in einmaliger Besetzung „Filmmusik ist eine Nische, die viel zu selten besetzt wird“, erklärt Iris Rackwitz von der ZSL die Eigeninitiative. „Wir wollen das ändern, und zwar mit liebevollen Aufführungen, die so in dieser Besetzung einmalig sind. Mit der ‚Martial Arts Trilogy‘ begeistern wir Liebhaber klassischer Musik, Fans der Kampfkünste sowie Freunde von Film und Fantasy.“ Die „Martial Arts Trilogy“ ist nach der „Herr der Ringe Sinfonie“ 2007 und „Matrix Live – Film in Concert“ 2011 das dritte Filmmusikprojekt des Hauses.

Als versierter Partner in Sachen Filmmusik steht der ZSL dabei wieder das MDR Sinfonieorchester zur Seite. Erst im Sommer dieses Jahres ließ Regisseur Tom Tykwer die Musik für seinen neuen Film „Cloud Atlas“ (nach dem gleichnamigen Buch von David Mitchell) mit dem Sinfonieorchester und Rundfunkchor des MDR einspielen. Zu den Highlights der letzten Spielzeit gehörten die musikalische Begleitung des englischen Films „Henry V“ aus den 1940er Jahren in deutscher Erstaufführung sowie „Matrix Live – Film in Concert“ in der Arena Leipzig. Essenzielle Themen, die bewegen „Die Partnerschaft mit der Arena ist unglaublich gut“, resümiert Carsten Dufner von MDR Klassik. „Unsere Projekte rühren an existenziellen Themen und bewegen damit die Menschen. Mit der ‚Martial Arts Trilogy‘ bringen wir im Mai 2013 die Musik zeitloser epischer Filme voller Ruhe und Eleganz auf die Bühne.“ Das Publikum darf sich auf eine magische Reise ins Reich der Mitte freuen, auf wunderschöne Melodien, scheinbar mühelose Schwertkämpfe und auf den immerwährenden Kampf von Gut gegen Böse. www.arena-leipzig.de www.mdr-sinfonieorchester.de


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Die Nachwuchsförderung ist ein großes Anliegen des Richard-Wagner-Verbandes.

Leipziger für Richard im Wagner-Jahr 2013 jährt sich der Geburtstag Richard Wagners zum 200. Mal. Seine Geburtsstadt rüstet sich, um ihn gebührend zu feiern. Vor allem der Richard-Wagner-Verband Leipzig hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein internationales Publikum für Wagner und die Region zu begeistern und den berühmten Komponisten in seiner Geburtsstadt zu etablieren Text: Dr. Zita A. Pataki

Fotografie: Richard-Wagner-Verband Leipzig

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Im Wagnerjahr 2013 wird es mehrere Höhepunkte geben. Die Feierlichkeiten kumulieren dabei um den Geburtstag des Komponisten herum, so dass mehrere Veranstaltungen, z.T. in gegenseitiger Kooperation, ineinander greifen. Für den Zeitraum vom 18. bis zum 22. Mai hat der Richard-Wagner-Verband Leipzig ein Treffen von Mitgliedern der gleichnamigen Verbände organisiert. Weltweit gibt es 139 Richard-Wagner-Verbände mit ca. 24.000 Mitgliedern. Etwa 600 Gäste werden aus den USA, Kanada, aus Europa sowie aus Japan und China erwartet.

wird. Mit einem großen Stipendiatenkonzert, das in Bad Lauchstädt geplant ist, will der Verband auf die ureigenste Pflicht der Richard-Wagner-Verbände aufmerksam machen: Nachwuchsförderung zu betreiben und Stipendiaten nach Bayreuth zum Studium entsenden.Über das Jahr 2013 hinaus ist auch die rege Publikationstätigkeit – wie die Leipziger Beiträge zur Wagner-Forschung – ein weiteres Anliegen des Verbandes.

Die Komponistenpersönlichkeit feiern...

Eine Vision ist für 2013 und darüber hinaus noch offen: ein Komponistenhaus für Richard Wagner, das Leipzig dringend als Ort permanenter Präsenz, als offene Besuchsstätte und als Ort des Austausches und des Verkaufs von Wagner-Produkten braucht. Dabei bietet sich das Großer Blumenberg genannte Haus am Richard-Wagner-Platz 1 für eine solche permanente Bewußtseins-Verankerung und als öffentlich zugängliche Anlaufstelle geradezu an: Hier ließe sich problemlos dauerhaft ein musealer Teil, eine Präsenzbibliothek und ein interaktiver Teil für Besucher und zum gemeinsamen Austausch integrieren und etablieren – zumal bereits jetzt vorhandene originale Ausstellungsstücke auf eine öffentliche Präsentation warten.

Zur gleichen Zeit wird das Institut für Musikwissenschaft der Universität Leipzig, mit dem der Verband eng kooperiert, eine wissenschaftliche Konferenz mit dem Titel „Richard Wagner. Persönlichkeit, Werk und Wirkung“ durchführen. Das Museum für Musikinstrumente im Grassi präsentiert 2013 eine Ausstellung über Instrumente aus dem Bayreuther Orchestergraben. „Hast Du Töne Richard – zum 200!“ Unter diesem Motto steht vom 16. bis zum 26. Mai eine einmalige Aktion des Richard-Wagner Verbandes, bei der an jedem der elf Tage ein Musiker vor dem Geburtshaus Richard Wagners am Brühl jeweils um 15.30 eine Kostprobe aus einer der elf Opern Wagners geben

... und Visionen hegen

Der Richard-Wagner-Verband informiert gern zum Wagner-Jahr in Leipzig und in Mitteldeutschland unter www.wagner-verband-leipzig.de Kontakt: gs@wagner-verband-leipzig.de.


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Umseitig: Anselm Kiefer, Brunhilde Grane, 1993, courtesy Galleria Lia Rumma, Ml

Palazzo Vendramin-Calegris in Venedig, Sterbehaus Richard Wagners

Geburt, Tod und das ewige Leben in der Kunst – Wagners Lebensstationen Eine gemeinsame Ausstellung des Klinger Forums Leipzig und des Palazzo Fortuny Venedig erinnert anlässlich des 200. Geburtstags Richard Wagners 2013 an sein Leben und Wirken und die Auswirkungen die er auf die bildende Kunst ausübt. Text: Esther Niebel

Bilder: Galleria Lia Rumma, Mailand, Museum Palazzo Fortuny, Venedig, Stadtarchiv Leipzig, Siegfried Unterberger, Richard-Wagner-Verband Leipzig

Was verbindet Venedig und Leipzig? Gehört Leipzig etwa auch zu den vielen Städten, die sich als Venedig des Nordens bezeichnen? Dank seiner vielen, mittlerweile auch weitgehend wieder freigelegten, Wasserwege könnte dies Leipzig tatsächlich mit Fug und Recht. Doch wer will schon einer von vielen sein, wenn man Alleinstellungsmerkmale besitzt? Was Leipzig weltweit einzigartig macht, ist traditionelle die Nähe zur Musik und spätestens seit der Wende auch die zeitgenössische Kunst. Berühmte Musiker wie Maler wurden hier geboren, wirken hier oder haben ihre Spuren hinterlassen. Dass Richard Wagner in Leipzig, genauer gesagt am Brühl im Gasthofs Zum roten und weißen Löwen, geboren wurde, ist bei all der prominenten Konkurrenz bisher nicht allzu bekannt. Vor allem 2013, anlässlich des 200. Geburtstags Richard Wagners, soll sich das ändern. „Richard ist Leipziger“ lautet das Motto des Richard-Wagner-Verbandes Leipzig mit dem er die Kräfte der Stadt für die Beschäftigung mit dem großen Komponisten mobilisiert. Eine Konferenz, die sich mit der Persönlichkeit, dem Werk und dem Wirken Richard Wagners musikwissenschaftlich und kulturhistorisch auseinandersetzt, soll u.a. dazu beitragen, dass die Lebensjahre, die Wagner in Leipzig verbracht hat, historisch beleuchtet und hinsichtlich ihrer Auswirkungen untersucht werden.

Leipzig feiert ein Fest der Musik und Kunst In Kooperation mit den Bayreuther Festspielen produziert die Oper Leipzig die „Die Feen“, „Das Liebesverbot“ und „Rienzi“, um die Opern über das Jahr verteilt in beiden Städten zur Aufführung zu bringen. Neben weiteren Opern und konzertanten Stücken, die im Gewandhaus, in der Oper und Universität Leipzig gezeigt werden, gibt es jedoch auch ungewöhnlichere, ortsverbindende Ideen für 2013. Vom 16. bis zum 26. Mai werden junge Musiker jeden Tag einen Auszug eines Wagnerstückes an der Stelle seines ehemaligen Geburtshauses, also mitten in der Innenstadt unter freiem Himmel, spielen. Die Musik und damit auch der Geist Wagners werden, ausgehend von dem Ort seiner Geburt, für elf Tage durch Leipzig getragen. Wagner, der jedes seiner Librettos selbst schrieb, war es ein Anliegen, Akustik und Dramaturgie in einem das Leben widerspiegelnden Gesamtkunstwerk zu verbinden. Er wollte den Menschen durch Musik besser zu machen, auch wenn sich dies teilweise in der Rezeption seines Werkes anders dargestellt hat. Wagner, der bevor er sich dem Musikstudium zuwandte, ursprünglich Dramatiker werden wollte, legte zeitlebens auf das Visuelle, die große Geste und die Inszenierung ebensogroßen Wert wie auf die eigentliche Musik. Sein


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Max Klinger, Drei Frauen im Weinberg, 1912, Sammlung Siegfried Unterberger

Mariano Fortuny, aus dem Wagner-Zyklus, Parsifal I. Akt, 1920, Foto: Museum Palazzo Fortuny, Venedig

umfassender Gestaltungswillen zeigt sich in dem von ihm entworfenen Bayreuther Festspielhaus ebenso wie in dem von ihm speziell für die Nibelungenring entwickelte Wagnertuba. Wagners Leidenschaft für Mythen und Sagen, sein Interesse für die menschlichen Leidenschaften, sind impulsgebend für Wissenschaft, Literatur, Philosophie und bildende Kunst bis heute. Verschiedene Ausstellungen in Leipzig würdigen 2013 diesen Umstand. So zeigt das Museum der bildenden Künste Leipzig zum Beispiel die Ausstellung „Wagner-Klinger-May – Arbeiten am Pathos“, die unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Kunstgattungen, in der sie beheimatet sind, auf den in allen gemeinsamen romantischen Geist abzielt.

Vom Symbolismus zur großen Geste. Es kommt nicht von ungefähr, dass Wagner 1883 gerade in Venedig starb. Venedig, die morbidromantische Stadt schlechthin, übte gerade wegen diesem Charme auf Wagner eine besondere Anziehung aus. Immer wieder zog es ihn auch wegen des Klimas an diesen Ort, der ihn zu tief beeindruckte. Ein anderer Universalkünstler, den der Zauber Venedigs nicht mehr los ließ, war der Universalkünstler Mariano Fortuny y Madrazo. 1892 erwarb er den heutigen Palazzo Fortuny und unterhielt dort Atelier, Forschungs- und Schneiderwerkstatt bis zu seinem Tod im Jahr 1949. Er entwarf Bühnenbilder; Kostüme; Lam-

pen und Stoffe, in denen sich so unterschiedliche Einflüsse wie die des Bauhauses aber und vor allem auch Wagners wiederfinden. Fortunys größte Leidenschaft jedoch stellte die Malerei dar. In einem 47-teiligen Gemäldezyklus beschäftigte er sich mit dem Werk Richard Wagners und brachte die mythologischen Szenen der Opern großformatig und symbolisch aufgeladen auf die Leinwand. Dieser Gemäldezyklus, sowie die Villa Fortuny an sich, die wie eine Wunderkammer den universellen Geist Wagners und Fortunys bis heute bewahrt hat, sind Kern der Ausstellung in Venedig, die am 8. Dezember 2012 eröffnet hat. 14 Gemälde Fortunys, die Szenen aus Parsifal darstellen, kommen nun anlässlich des Wagnerjubiläums aus dem Palazzo Fortuny nach Leipzig in die Klinger Villa. Sie werden Teil einer am 21. April 2013 eröffnenden Ausstellung rund um den Mythos Wagner sein. Auch wenn Fortuny selbst nie in Leipzig war, finden seine Arbeiten durch die formale und in Teilen auch inhaltliche Nähe zum Werk Klingers, in der Klinger Villa eine Heimat im Geiste. Themen und Bildsprache, die Richard Wagner, Karl May, Max Klinger und Mariano Fortuny noch zum romantischen Schwärmen gebracht haben, werden vom heutigen Zeitgeist eher als symbolschwanger und pathetisch abgelehnt. Ein bisschen zu viel und ein bisschen zu schwärmerisch, ein bisschen zu selbstherrlich sagt uns der Kopf – aber diese Leidenschaft, diese Leidenschaft sagt uns das Gemüt. Dieser Zwiespalt, Anziehung

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Modell des Richard-WagnerDenkmals von Max Klinger. Foto: Richard-WagnerVerband Leipzig.

und Abstoßung gleichermaßen, lässt sich besonders gut an Arbeiten der zeitgenössischen Kunst ablesen. So stellt die Ausstellung in der Klinger Villa den Werken Fortunys Arbeiten von Markus Lüpertz, Anselm Kiefer und Jonathan Meese, die sich explizit mit den Wagneropern befassen, gegenüber. Kritisch, expressiv und ebenso wie Fortuny mit großer Geste, werden die von Wagner bemühten Menschheitsmythen durch einen modernen Blick ergänzt.

Mythos Wagner Mariano Fortuny, Markus Lüpertz, Anselm Kiefer, Jonathan Meese 21.04 – 08.07.2013 Klinger Villa, Karl-Heine-Str. 2, 04229 Leipzig Fr 14 – 18 Uhr, Sa u. So 10 – 18 Uhr www.klingerforum-leipzig.de Wagner e Fortuny Museum Palazzo Fortuny 08.12-2012 – 08.04.2013 www.fortuny.visitmuve.it/en/home/ Richard-Wagner-Verband Leipzig www.wagner-verband-leipzig.de


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Das schweizerische Casal-Quartett wird in der Weimarer Jakobskirche der Geburt des Streicher-Quartett nachgehen - auf originalen Stainer-Instrumenten

Bach von Arnstadt bis Wechmar Barock an authentischen Orten – Thüringen schmückt sich im März und April 2013 wieder mit den Bachwochen

Text: Petra Rauch

Fotografie: Thüringer Bachwochen, Michiel Hendryckx

Sie sind das größte Festival für klassische Musik im grünen Freistaat, die Thüringer Bachwochen. Die Festivalidee zielt darauf ab, das einzigartige musikhistorische Potenzial in Thüringen zu nutzen. Mit Bachhaus und Taufkirche in Eisenach, der Traukirche in Dornheim, den frühen Wirkungsstätten in Mühlhausen, Arnstadt und Weimar sowie den Häusern der Vorfahren in Erfurt und Wechmar liegen hier die Bachorte dicht an dicht. Diese Schauplätze und drei weitere sollen vom 22. März bis 14. April wieder ein Podium für anspruchsvolle Konzerte sein und locken, das historische Musikland zu entdecken. Alle Musiker zeichnet das Streben nach einem authentischen Klangbild entsprechend der Entstehungszeit der Musik aus, was an den Wirkungsstätten als besonderer Hörgenuss ausfällt. Drei Highlights seien schon einmal verraten. Historische Aufführungspraxis Auch im Jahr 2013 werden wieder renommierte Künstler in Thüringen zu Gast sein. Zur Eröffnung präsentiert der flämische Dirigent Philippe Herreweghe, einer der populärsten Bach-Interpreten der Zeit, in Weimar die „Matthäuspassion“. Der Belgier gilt als einer der wichtigsten Protagonisten der historischen Aufführungspraxis, welcher sich die Mehrzahl der bei den Bachwochen gastierenden Künstler verschrieben hat. Herreweghe, Träger der Bach-Medaille der Stadt Leipzig, hat mit dem von ihm gegründeten Ensemble Collegium Vocale Gent Referenzaufnahmen aller großen Bach-Oratorien und -Kantaten vorgelegt. Die Geburt des Streichquartetts Rund anderthalb Jahrhunderte lang galten die Instrumente des Tiroler Geigenbauers Jacobus Stainer als Inbegriff des barocken Klangideals. Auch Bach soll die Stainer-Geigen geschätzt haben. Der süße, helle Klang seiner Violinen und Gamben war so begeisternd, dass ihr Kaufpreis erst nach 200 Jahren von den StradivariViolinen übertroffen wurde. Während dieser Zeitspanne vollzog sich die Geburt des Streichquartetts aus der Loslösung der Vierstimmigkeit vom Basso Continuo. In seinem mit dem Echo Klassik aus-

Philippe Herreweghe

gezeichneten Projekt „Birth of the String Quartet“ wird das schweizerische Casal-Quartett in der Weimarer Jakobskirche den verschiedenen Entwicklungslinien nachgehen und zwar auf dem letzten erhaltenen Satz von Stainer-Instrumenten. Deutschlanddebüt In nur kurzer Zeit hat sich das Vokalquartett New York Polyphony einen Ruf als eines der weltweit besten A-cappella-Ensembles erworben. Ihr gerühmter natürlicher Klang, mit dem die vier Herren bei Auftritten in führenden Konzertreihen in ganz Amerika begeistern, wird im Rahmen des Festivals die Bachkirche in Arnstadt mit akustischem Zauber erfüllen. Beim Deutschland-Debüt wird das New York Polyphony, gleichermaßen auf alte wie neue Musik spezialisiert, neben Werken der Renaissance auch Bachs d-Moll-Partita für Solo-Violine geben. Diese wird in der gemeinsamen Aufführung mit der britischen Geigerin Lizzie Ball zu hören sein – eines der bewegenden Erlebnisse auf den Thüringer Bachwochen.


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l.: Audio Invasion, Grosses Concert o. r.: Der Sänger von Reptile Youth beim Crowd-Surfen u. r: Sebastian Tellier und Band

Mit Schirmmütze im Gewandhaus Die 6. Audio Invasion bringt Klassik-Fans, Elektro-Hörer und Indie-Liebhaber unter einem Dach zusammen. Mehr als dreitausend Besucher kamen zu der Cross-Over-Veranstaltung ins Gewandhaus. Text: Esther Niebel

Fotos: Markus Scholz, Gerd Mothes , emotion works 2012

Als um 22 Uhr die letzten Besucher zu ihren Plätzen eilten, bot sich dem Großen Saal ein ungewöhnlicher Anblick. Der Altersdurchschnitt des Publikums lag deutlich unter 30 Jahren und bei der Abendgarderobe war von legerer Freizeitkleidung mit Schirmmütze bis hin zum Anzug oder dem kurzen Schwarzen alles geboten. Aber das Ungewöhnlichste war die im Saal herrschende Stimmung: überschwänglich und ausgelassen mit dem unbedingten Willen zu feiern. Als das Gewandhausorchester schließlich die Bühne betrat, war im Publikum kein Halten mehr. Mit großem Hallo und Applaus wurden die Musiker begrüßt, von denen der eine oder andere ob des überschwänglichen Empfangs ein wenig in sich hinein schmunzeln musste. Märchen und Tänze: Das Grosse Concert Bereits nach dem ersten Satz Josef Suks „Fairy Tale“ setzte erneut tosender Beifall ein. Der sich so zum Ausdruck bringende Spaß und der Enthusiasmus der Hörer, die mit dem sonst eher distinguierten und Gewandhauspublikum nicht viel gemein

haben, übertrug sich förmlich auf den ganzen Saal und das Orchester, so dass die weiteren Sätze des „Fairy Tale“ sowie das anschließende Stück „Tänze aus Galáta“ von Zoltán Kodály sehr beschwingt und leichtfüßig daherkam. Nachdem nach ungefähr einer Stunde das klassische Konzert zu Ende gingt, noch bevor der letzte Applaus verebbt war, waren bereits die Bässe der ersten elektronischen Tracks zu hören und als leichte Vibration sogar zu spüren.

derart engagiert, dass sich jeder Einzelne aus dem Publikum persönlich dafür verantwortlich fühlte, den rot-lockigen Sänger aufzufangen, als er, fast möchte man es als wahnsinnig oder todesmutig bezeichnen, in die eigentlich für Crowd-Surfing unterbesetzte Menge sprang. Neben dem musikalisch wirklich guten Auftritt, machte gerade diese Nähe und der persönliche Einsatz auf beiden Seiten die Jungs von Reptile Youth so sympathisch.

Elektro und Indie-Bands vom Feinsten

Weitere Informationen zur Audioinvasion und zum Gewandhaus finden Sie unter: www.audio-invasion.de www.facebook.com/Gewandhaus.Audioinvasion www.gewandhaus.de

Durch die sofort einsetzenden Beats zog es das Publikum ziemlich schnell zum Hauptfoyer, Mendelssohn-Foyer und Mendelssohn-Saal, wo die verschiedenen Acts und Bands parallel auftraten. Untermalt von einer spektakulären Light-Show gab die dänische Band Reptile Youth alles. Obwohl sie, so klärte Sänger Esben Valløe, schon gestern in Berlin bis zum Umfallen gefeiert hätten, wollten sie sich in Leipzig nicht schonen und mit und für das Publikum alles geben. Und das taten sie dann auch


WAGNER

OPER – KONZERT – SCHAUSPIEL 2013 Uraufführung Reinhard Baumgart (1929 – 2003)

WAHNFRIED – BILDER EINER EHE Regie Jan Steinbach

PREMIERE

11. Januar 2013

TRISTAN UND ISOLDE

Musikalische Leitung GMD Philippe Bach Regie Gerd Heinz PREMIERE

01. März 2013

SÜDTHÜRINGISCHES STAATSTHEATER

KARTEN IM INTERNET

www.das-meininger-theater.de

KRIEG und

Frieden

grassi

19. Januar bis 26. Februar 2013

Kamenzer Lessing-Tage

03693 451- 222 o. 137

www.lessingmuseum.de/veranstaltungen/lessing-tage/index.html

THEATERKASSE

49.


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Kultur 115

K A M M ER M U S I K

Fahrt frei für die Leipziger Notenspur

Klasse-Musik

Bildnachweis: Mat Hennek

I N I T I AT I V E

Die mittlerweile zum umfangreichen Stadtprojekt avancierte Notenspur-Initiative, unterstützt von Ehrenamtlichen, Sponsoren und Institutionen, Stadt und Land, nimmt nach der offiziellen Eröffnung im Mai 2012 Fahrt auf – ein Rückblick auf ein erfolgreiches Arbeitsjahr in Mission für die Kultur der Noten Text: Dr. Zita Á. Pataki

Fotografie: Elke Leinhoß, LNS

Im Jahr 2012 hat sich die Leipziger Notenspur fest in das Stadtbild Leipzigs eingeprägt. Feierlich wurde im Mai das Wegeleitsystem eröffnet, das aus geschwungenen Intarsien im Straßenpflaster und Stelen vor den Stationen besteht und so die Notenspur mit dem Stadtbild verschmilzt. Nun kommen auch andere, damit zusammenhängende Projekte in Fahrt, die ebenfalls seit mehreren Jahren angedacht sind. Die Noten per Rad erkunden Das Leipziger Notenrad als musikalische Radroute in und um Leipzig zu etablieren, ist das nächste Ziel; der Zuspruch für das Projekt seitens der Stadt ist groß. Bis zum Stadtjubiläum 2015 soll die Route fertiggestellt sein. Eine erste Radpartie entlang ausgewählter Stationen des Notenrades, zu der Oberbürgermeister Jung mit Unterstützung des ADFC im September geladen hatte, stieß auch bei den Bürgern auf positive Resonanz. Stadttourismus und Naturerlebnis werden zusammengeführt, und das macht Projekt so besonders, dass es bereits das Interesse der Deutschen Zentrale für Tourismus geweckt hat. Um für die Besucher neben kulturellem Erlebnis und Naturgenuss auch größtmöglichen Fahrkomfort zu gewährleisten, muss in der nächsten Zeit insbesondere an den Sicherheitsstandards, etwa an Querungs- und Abstellmöglichkeiten, gearbeitet werden.

Mit dem Entdeckerpass den Noten auf der Spur Seit Mitte Oktober ist die Notenspur für Kinder (noch) attraktiver, denn sie können jetzt mit dem Notenspur-Entdeckerpass auf Spurensuche gehen. Entlang der Kleinen Leipziger Notenspur begegnen ihnen interessante Fragen wie „Seit wann gibt es ein Radio?“ und Aufgaben und Rätsel. Die Kinder können an ausgewählten Stationen interagieren – so werden sie an Musik herangeführt und ihr Interesse am Entdecken gefördert: Über Telefon abrufbar sind Hörspielszenen, die speziell für Kinder konzipiert wurden, an einigen Stationen können die Kinder selbst Musik erklingen lassen. Für 2013 fest eingeplant ist die Eröffnung der interaktiven „Notenwand“ im Bereich des Großen Brockhaus. Ein Meilenstein ist mit der Übertragung der Markenrechte der Leipziger Notenspur von der Universität Leipzig an den Notenspur-Förderverein bewältigt. Damit kann die Initiative weiter an der Umsetzung der anvisierten Folgeprojekte arbeiten. Die Universität, selbst mit zwei Stationen in der Notenspur verankert – dem Museum für Musikinstrumente und dem Paulinum –, bleibt dabei dem Projekt unterstützend verbunden. www.notenspur-leipzig.de

Die Meisterkonzerte auf Schloss Albrechtsberg sind Hochkaräter der Kammermusik Für Liebhaber und Kenner hochkarätiger Kammermusik sind die sogenannten Meisterkonzerte längst kein Geheimtipp mehr. Seit 1993 gastieren unter der künstlerischen Leitung von Jan Vogler berühmte Solisten und Spitzenensembles auf Schloss Albrechtsberg Dresden. Dort sowie in der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber treten sie im würdigen Rahmen auf. Ein öffentliches Podium bekommen auch junge Interpreten in der Konzertreihe. Diese Saison bereitet auf das 20-jährige Jubiläum des Moritzburg Festivals im August 2013 vor und legt die Messlatte hoch an: Im Dezember verspricht Arnold Schönbergs Melodram „Pierrot im Mondschein“ als repräsentatives und dennoch selten gespieltes Kammermusik-Stück des 20. Jahrhunderts ein einzigartiges Hörerlebnis. Schönberg wird von den Moritzburg-Künstlern um Peter Bruns interpretiert, die an dem Abend auch Webers Flöten- und Beethovens Gassenhauertrio darbieten. Im neuen Jahr kann man sich auf die junge Saxophonausnahmekünstlerin Asya Fateyeva und die renommierte Pianistin Mari Kodama freuen. PR Jubiläumskonzert II, 7.12.2012, 20 Uhr, Schloss Albrechtsberg, www.moritzburgfestival.de


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RegJo

17. bis 19. Januar „Kongress christlicher Führungskräfte“

01. bis 10. Februar „Women in Jazz“

21. bis 24. Februar „Immobilien 2013“

Beim größten deutschsprachigen Wertekongress werden 4.000 Teilnehmer erwartet. Leipzig, Congress Center (www.fuehrungskraefte.de)

Festival mit Ausstellungen, Workshops, Jam-Session und einer Filmnacht. Halle, Oper (www. cultour-buero-herden.de)

Am 21./22.2. für Fachbesucher, vom 22. bis 24.2. für Privatbesucher. Leipzig, Congress Center (www.immobilienmesse-leipzig.de)

Messen, Kongresse & Tagungen

Freizeit & Sport

ab 09. Januar „Kompaktes Managementwissen für Unternehmer“ Vermittlung von Management-Kompetenzen zur erfolgreichen Unternehmensführung und Stärkung der Wettbewerbsposition am Markt. Leipzig, IHK zu Leipzig www.leipzig.ihk

03. bis 06. Januar „Biathlon-Weltcup“ Zum 22. Mal erwartet das Wintersportzentrum Oberhof am Rennsteig alle Topathleten aus rund 35 Nationen und Biathlon-Fans aus ganz Deutschland. Oberhof, Grenzadler www.weltcup-oberhof.de

17. Januar „Branchentreff IKT“ Unternehmen der Informations- & Kommunkationsbranche präsentieren sich dem Ingenieurnachwuchs. TU Dresden, Barkhausenbau www.tu-dresden.de 19. bis 20. Januar „Oldtema“ Der Oldtimer- und Teilemarkt in den neuen Bundesländern. Erfurt, Messe www.oldtema.de 25. bis 27. Januar „Chance 2013“ Unter dem Motto „Zukunft selbst gestalten“ vereint die Chance zum nunmehr 10. Mal alle Themen rund um Bildung, Job und Gründung. Halle, Messe http://chance.halle-messe.de 28. bis 30. Januar „Green Ventures 2013“ Die Green Ventures sind Deutschlands größte Kooperationsbörse für Umweltund Energietechnik. Leipzig, Messe www.green-ventures.com

29. bis 31. Januar „TerraTec 2013“ Internationale Fachmesse für Umwelttechnik und -dienstleistungen. Leipzig, Messe www.terratec-leipzig.de 29. bis 31. Januar „enertec“ Internationale Fachmesse für Energieerzeugung, -verteilung und -speicherung. Leipzig, Messe www.enertec-leipzig.de 25. und 26. Februar „MicroCar 2013“ Mikrowerkstoffe und Nanowerkstoffe Zuverlässigkeit und Sicherheit für Automobiltechnik, Automobilelektronik und Elektromobilität. Leipzig, Congress Center www.microcar2013.com 15. bis 17. März „SaaleBau 2013“ Breites Spektrum rund um die Themen Bauen, Wohnen und Garten. Halle, Messe http://saalebau.halle-messe.de 20. und 21. März „2. Mitteldeutsche Nachhaltigkeitskonferenz“ Plattform für wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Zukunftsthemen sowie zur Vernetzung Gleichgesinnter. Riesa, Erdgasarena www.mdnk.org

Bildnachweis: idea/kairospress, Cultour-Büro Halle, Leipziger Messe, Aymeric Giraudel

19. bis 20. Januar „24 Stunden Skilanglauf“ Der Ski-Event im Erzgebirge lädt Alt und Jung ein, seine Grenzen bei dem Extrem-Skilanglauf zu testen. Zinnwald, Loipenareal www.24-stunden-ski.de 01. bis 17. Februar „6. Harzer KulturWinter“ In Schlössern, Museen, Theatern, Handwerksbetrieben, Bergwerken und Klöstern der Region. Harz www.harzinfo.de bis 03. März „3 Haselnüsse für Aschenbrödel“ In der Ausstellung tauchen Besucher in die Geschichte eines der schönsten Märchenfilme aller Zeiten ein. Moritzburg, Schloss www.schloss-moritzburg.de 09. März „Sommergewinn Eisenach“ Drei Wochen vor Ostern besiegt Frau Sunna beim größten deutschen Frühlingsfest in einem öffentlichen Rededuell den Winter. Eisenach, Altstadt www.sommergewinnszunft.de


regjo

KALENDER 117

15. bis 24. März „Bach-Festival-Arnstadt“

13. März „Chick Corea“

Erleben Sie preisgekrönte Musiker live in Arnstadt und genießen Sie das musikalische Vermächtnis Johann Sebastian Bachs an einmaligen Originalschauplätzen. 15.3. Francesco Tristano, 17.3. NeoBarock, 22.3. Hamburger Ratsmusik, 24.3. New York Polyphony (www.bachfestival.arnstadt.de)

Der 18-fache Grammy-Gewinner jazzt mit seinem neuen Quintett „The Vigil“. Halle, Oper (www. cultour-buero-herden.de)

Musik, Theater & Tanz 30. Dezember „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ Diese Erzählung hat alles, was eine gute Story braucht: böse Zauberer, tapfere Helden, Spannung und Witz! Dresden, Museum Körnigreich www.koernigreich.org 02. Januar „Magic of the Dance“ Mit den Weltmeistern des Stepptanzes - den New York Tap All Stars - und der Erzählstimme von Sir Christopher Lee. Chemnitz, Stadthalle www.concertbuero-zahlmann.de 13. Januar „The Big Chris Barber Band“ Die Band mischt geschickt alte und neue Titel, kombiniert Temperament und Charme mit klassischen Jazz- und Bluestiteln. Halle, Ulrichskirche www.cultour-buero-herden.de 18. Januar „Der Zauberer von Oz“ Premiere Ein Stück für die ganze Familie mit einer opulenten Ausstattung in über 300 Kostümen. Dresden, Staatsoperette www.staatsoperette-dresden.de 19. Januar „Ring für Kinder“ Was ist Wagners „Ring des Nibelungen“ anderes als eine große Sammlung von Sagen und Märchen? Leipzig, Musikalische Komödie www.oper-leipzig.de

21. Januar „Träume und wahre Geschichten auf der via regia“ Das Pilgermusical gibt die Freude und Abenteuerlust, wie auch das gemeinschaftliche Erlebnis auf den Spuren der Vergangenheit wieder. Görlitz, Theater www.goerlitz.de

02. März GREGORIAN - Epic Chants Zwölf klassisch ausgebildete Sänger aus England performen bekannte Titel des Rock und Pop in einem komplett neuen musikalischen Gewand. Magdeburg, Stadthalle www.mvgm.de

26. Januar „Schwanensee“ Tschaikowskys Meisterwerk, vom renommierten Bolschoi Staatsballett Belarus mit graziöser Eleganz und athletischer Sprungfertigkeit getanzt. Magdeburg, Stadthalle www.mvgm.de

09. März „Stars des ukrainischen Balletts“ Ballett-Gala mit Ausschnitten u.a. aus Schwanensee und Carmen. Erfurt, Alte Oper www.dasdie.de

31. Januar bis 02. Februar “artmontan” Heiße Töne, wippende Füße - diese Formel steht bei artmontan für Dixieland, Swing und Jazz im Berg. Markersbach, Kaverne www.artmontan.de 02. Februar „The Original Cuban Circus“ Die besten kubanischen Zirkusnummern vereint in einer exzellenten Show. Salzwedel, Kulturhaus www.sachsen-anhalt-tourismus.de 22. Februar bis 10. März „21. Kurt Weill Fest“ Mehr als 50 Veranstaltungen bieten an 17 Spielstätten ein facettenreiches Programm. Dessau www.kurt-weill.de

17. März „In The Miller Mood“ Mit der neuen Show ist das Glenn Miller Orchestra auf Europa-Tour. Magdeburg, Johanniskirche www.mvgm.de 17. bis 22. März „15. Schultheaterwoche“ Schülerinnen und Schüler aus dem Regierungsbezirk Chemnitz präsentieren ihre eigenen Inszenierungen. Chemnitz, Schauspielhaus www.chemnitz.de 23. März „Rondo Veneziano“ Mit ihrer unverwechselbaren Mischung aus Barock und Pop sind Gian Piero Reverberis Kompositionen musikalische Perlen voller Leichtigkeit und Pracht. Erfurt, Alte Oper www.dasdie.de


V I S I O U N G E W I S H E I

Franckes Ideen 2013

N D S T

23. Februar 2013 Festkonzert Praise the Lord Luthers Lieder auf dem Weg in die Welt mit der Lautten-Compagney (Berlin) und dem Stadtsingechor (Halle) im Historischen Waisenhaus 22.-24. März 2013 Francke-Feier festliches Geburtstagswochenende in den Franckeschen Stiftungen mit dem Bundespräsidenten Joachim Gauck 24. März-21. Juli 2013 Jubiläumsausstellung Die Welt verändern. August Hermann Francke – ein Lebenswerk um 1700

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regjo

KALENDER 119

12. Januar „Tannhäuser“ Premiere

bis 03. Februar „Abschied von Ikarus“

bis 03. März „Zwei Leben für die Fotografie“

Im ältesten Stadttheater der Welt in Freiberg oder auch in Döbeln den „Tannhäuser“ erleben. (www.mittelsaechsisches-theater.de)

Komplexe Darstellung der DDR-Kunst zwischen offizialisierten und nonkonformen Bildwelten. Weimar, Neues Museum (www.klassik-stiftung.de)

Retrospektive zum Schaffen von Lillian Bassman und Paul Himmel. Leipzig, GRASSI Museum für angewandte Kunst (www.grassimuseum.de)

14. Januar bis 01. April „Von der ornamentalen Linie zur heiligen Fläche“ Experimente mit der ornamentalen Linie entwickelte Max Ackermann zu einer abstrakten Flächengestaltung. Apolda, Kunsthaus Avantgarde www.kunsthausapolda.de

bis 03. März „Johannes Kahrs“ Kahrs‘ Gemälde, Zeichnungen, Video- und Fotoarbeiten gehen ausnahmslos von bereits existierenden Bildern, Fotos und Filmstills aus. Dresden, Albertinum www.skd.museum

24. März bis 16. Juni „Vom Jugendstil zum Industriedesign“ Ausstellung zum Schaffen des deutschen Malers, Designers, Typografen und Architekten Peter Behrens. Erfurt, Kunsthalle im Haus zum Roten Ochsen www.kunsthalle-erfurt.de

20. Januar „Kuratorenführung. Bauhaus im Bild“ Die Kuratoren Christin Krause und Daniel Niggemann zeigen Meisterwerke der Bauhausfotografie. Dessau, Bauhaus www.bauhaus-dessau.de

bis 03. März „Neo Rauch. Das grafische Werk – Erster Teil“ Die Schau ermöglicht es, das seit 1993 entstandene grafische Werk des Künstlers zu erkunden. Aschersleben, Riegelbau www.grafikstiftungneorauch.de

bis 31. März „Leonardo da Vinci - Mensch, Erfinder, Genie“ Die Ausstellung zeigt die 60 bahnbrechendsten Erfindungen da Vinci‘s anhand verkleinerter, interaktiver Modelle. Leipzig, Kosmoshaus www.explore-da-vinci.com

Bildende Kunst

bis 27. Januar „Von Mosaik bis Frösi“ Die Ausstellung bietet - neben viel Sehenswertem für Liebhaber guter Comics - einen ungewöhnlichen Einblick in die Kulturgeschichte der DDR. Landsberg, Museum „Bernhard Brühl“ www.stadt-landsberg.de bis 17. Februar „Charles Crodel. Malerei und Grafik“ Die Retrospektive zeigt Arbeiten aus dem Nachlass des Künstlers, speziell aus den 1940er und 50er Jahren. Halle, Talstraße www.kunstverein-talstrasse.de 25. Februar bis 21. April „Andreas Feininger – New York in the 40s“ Die Ausstellung gibt einen Einblick in das fotographische Schaffen von Lyonel Feiningers Sohn. Dessau, Meisterhäuser www.meisterhaeuser.de

Bildnachweis: Jörg Metzner, Josep Renau, Lillian Bassman

bis 04. März „Zwischen Orient und Okzident“ Den Besucher erwarten etwa 160 erlesene Meisterwerke aus den Museen des Moskauer Kreml. Dresden, Residenzschloss www.skd.museum 11. März bis 26. Mai „Henry van de Velde in Jena“ Die Schau stellt alle Aktivitäten, die van de Velde mit der Stadt Jena verbinden, erstmals umfangreich dar. Jena, Kunstsammlung - Städtische Museen www.stadtmuseum.jena.de bis 15. März „animal-ICH“ Großformatige Ölbilder und kleinformatige Linolschnitte von Haustieren, verbunden mit Akkumulationen von Tierprodukten wie Leder, Fell oder Knochen. Bad Elster, Königliches Kurhaus www.kunstwandelhalle.de

27. März bis 30. Juni „Das Bauhaus und die indische Moderne“ Eine Rekonstruktion der Ausstellung von 1922 eröffnet einen anderen Blick auf die europäische Moderne. Dessau, Bauhaus www.bauhaus-dessau.de bis 02. Juni „minkisi. Skulpturen vom unteren Kongo“ Umfangreiche Sammlung afrikanischer figürlicher Schnitzereien aus dem 19. Jahrhundert. Leipzig, GRASSI Museum für Völkerkunde www.mvl-grassimuseum.de bis 31. Dezember „Die Puppenwelt der Käthe Kruse“ Von den kleinen Puppenstubenfiguren bis zur großen beweglichen Schaufensterpuppe ist alles vertreten, was in den Kösener Werkstätten hergestellt wurde. Naumburg, Stadtmuseum www.museumnaumburg.de


Wussten Sie, ... Über Thüringer Wasserkraft, einen nachhaltigen Sachsen und ökologisches Rampenlicht …

… dass sich das größte Wasserkraftwerk Deutschlands in Thüringen befindet? Das Pumpspeicherwerk Goldisthal befindet sich in im Thüringer Schiefergebirge am Oberlauf der Schwarza und wurde 2003 in Betrieb genommen. Mit einer Leistung von 1.060 Megawatt ist es das größte Wasserkraftwerk Deutschlands. Eine weitere Besonderheit ist auch die erste in Europa befindliche, drehzahlgeregelte Pumpspeichereinheit, mit der das Kraftwerk arbeitet. Das ermöglicht ein wichtiges Regulativ zur Erhaltung der Waage zwischen Stromerzeugung und Verbrauch. So lässt sich die Pumpleistung der Maschinen frei an den Regelbedarf des Stromnetzes anpassen, „überflüssiger“ Strom speichern und bei Mangel dem Netz zuführen. Das bewaldete Umfeld des Kraftwerks hat sich mittlerweile zu einem beliebten Wandergebiet entwickelt. Auch das Kraftwerk und seine beiden Seen sind zu touristischen Anlaufpunkten geworden … dass der Begründer der Nachhaltigkeit ein Sachse war? Hans Carl von Carlowitz, 1645 bei Chemnitz geboren, gilt als Begründer des Prinzips der Nachhaltigkeit sowie als Wortschöpfer des Begriffes. Von Carlowitz formulierte 1713 in seinem Werk „Sylvicultura oeconomica“ erstmals, dass immer nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie durch planmäßige Aufforstung nachwachsen könne. „…wenn die Wälder erst einmal ruiniert seien, so bleiben auch die Einkünfte daraus auf unendliche Jahre zurück ... so das unter dem scheinbaren Profit ein unersetzlicher Schaden liegt“ meinte der zum Berghauptmann ernannte Rechtsgelehrte und verlangte, „dass man mit dem Holtz pfleglich umgehe“. Bei der Erörterung, „wie eine sothane Conservation und Anbau des Holtzes anzustellen sei, dass es eine continuirliche, beständige und nachhaltende Nutzung gebe“, wurde der Terminus erstmals verwendet. …dass in Ferropolis jetzt das postfossile Zeitalter eingeläutet wird? Auf dem Festivalstandort und Symbol des Braunkohletagebaus in Sachsen-Anhalt wird die Energiewende „begehbar“. Eigentlich hatten Musikfestivals und erneuerbare Energien bisher nicht viel miteinander zu tun. Nachhaltigkeit und Umweltschutz spielten dabei eine eher untergeordnete Rolle. Doch nun wird in der „Stadt aus Eisen“ im nächsten Jahr eine Festivalbühne mit ausschließlich vor Ort erzeugten erneuerbaren Energien betrieben. Bereits heute steht eine neu installierte Solaranlage neben alten Braunkohlebaggern. 2.000 Photovoltaikmodule mit einer Gesamtleistung von 210 Kilowatt sollen jährlich etwa 189.000 Kilowattstunden sauberen Strom erzeugen. Bei der Dimension der Anlagen stellt die Speicherung des Stroms die größte Herausforderung dar, weshalb das Konzept vorerst auf der kleinen Bühne umgesetzt werden wird. Bildnachweis: Pumpspeicherwerk Goldisthal: Vattenfall GmbH • Hans Carl von Carlowitz: TU Bergakademie Freiberg Ferropolis: Ferropolis GmbH, Fotograf: Stefan Flad

Impressum: 8. Jahrgang, Ausgabe 31. ISSN 1614-2837 Hauptredaktionsschluss: 07.Dezember. 2012 Anzeigenschluss: 6. Dezember 2012 Erscheinungstermin: 14. Dezember 2012

Herausgeber: REGJO – Das Magazin Magazinverlag Mitteldeutschland GmbH Moschelesstraße 7, Steche-Haus, 04109 Leipzig Telefon: (03 41) 975 60 39, Telefax: (03 41) 974 72 58 REGJO ist eine eingetragene Marke (39867052) der REGJO – Magazin Verlag Mitteldeutschland GmbH www.regjo-leipzighalle.de, info@regjo-leipzighalle.de

Redaktion: Franziska Reif (Regionale Wirtschaft), Janet Schönfeld und Andreas Stötzner (Nachbarn, Sonderteil Russland), Martin Jendrischik (Energie und Umwelt, Titelthema), Carolin Modes und Esther Niebel (Kultur)

Autoren: Tobias Prüwer (TP), Dörthe Gromes (DG), Janet Schönfeld, Kai Bieler, Daniel Tieg, Katharina Hölker, Carolin Modes (CM), Esther Niebel (EN), Franziska Reif, Martin Jendrischik (MJ), Peter Krischunas, Sergey Frank, Katja Schmal, Prof. Anette Ehlers, Dr. Zita Ágota Pataki, Claus-Peter Paulus, Giorgos Kalaitzis, Andreas Stötzner, Dr. Elke Leinhoß, Steffen Georgi, Mirjam Schmidt Lektorat: Franziska Reif

Anzeigen: Claus-Peter Paulus, Philipp Thorwirth, Steffi Emde sowie scharfe media e.K Kathrin Kummer, Olessya Mertins, Vincent Stephan, Torsten Scharfe Vertriebspartner: SIBLOG Logistik GmbH Verlagsrepräsentanz: Steffi Emde

Übersetzungen: ICC Sprachinstitut, James Parsons

Art Direction & Layout: C. Ruhrmann, TRNDLB Fotografie: Joscha Steffens (Jost), Sebastian Willnow, Christian Hüller Titelfoto: Joscha Steffens (Jost) Marketing: Giorgos Kalaitzis

Distribution/Marketing: Daniel Tieg

Messen und Kongresse: Nicole Linares Ramo

Schlussredaktion: Janet Schönfeld, Franziska Reif, Esther Niebel Geschäftsleitung, Herausgeber: Claus-Peter Paulus (V.i.S.d.P.)

Erscheinungsweise: Quartalsweise Druck: LÖHNERT-DRUCK Handelsstraße 12, 04420 Markranstädt

Geprüfte Auflagen und Verbreitung: Der Verlag unterliegt mit der Auflage und Verbreitung des REGJO Magazins (das Wirtschafts- und Kulturmagazin für Mitteldeutschland) der Kontrolle zur Feststellung von Werbeträgern. REGJO – Das Magazin für Mitteldeutschland ist Gewinner des Silber-Award im Wettbewerb um den BCP (Best of Corporate Publishing) 2010 in der Kategorie B2B Medien/Entertainment/Kultur. Weitere Infos zum Award und den diesjährigen Preisträgern erhalten Sie unter: www.bcp-award.de Partner des Verlages:

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