Rephlex Ausgabe 36

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PH

Studierendenzeitung der PH Zürich Nr. 36, 18.05.2020

TYPISCH

Mandala malen, LNW schreiben und lernen

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„Also mal ganz ehrlich...“ 6 Studiengänge im Vergleich 8


Mit Freude publizieren wir euch unser neues Logo, welches wir zukünftig für die VSPHZH verwenden werden:

Wir gratulieren Raffaela Imhof (Primar H17) für die erfolgreiche Teilnahme am Logowettbewerb und bedanken uns bei allen teilnehmenden und abstimmenden Studierenden! Euer VS

Impressum

Ausgabe: RePHlex Nr. 36, 18. Mai 2020, Auflage: ∞ Stück. Herausgeber: VS PH Zürich, Versammlung der Studierenden der PHZH; Lagerstrasse 2, Büro LAC-E073 8090 Zürich; vs@phzh.ch; www.facebook.com/vsphzh Druck: Merkur Zeitungsdruck AG, Gaswerkstrasse 56, 4900 Langenthal Redaktion: RePHlex, Zeitung des VS PH Zürich, Lagerstrasse 2, Büro: LAC-E073, 8090 Zürich; rephlex@phzh.ch Redaktionsleitung: Michelle Speck Redaktion: Jelena Bosiokovic, Marta Ribeiro, Michelle Speck, Céline Haag, Gino Egli, Miro Müller, Teresa Dreßler, Whitney Huber, Gaétan Surber, Lisa Rebmann, Chiara Profeta, Valentina Botic, Dorina Kista, Gioia Rodriguez, Marcel Freuler Titelbild: Whitney Huber Layout & Gestaltung: Miro Müller, Michelle Speck Inserieren: vs@phzh.ch – Einsendeschluss Ausgabe 36: 23.08.2020 2


Typisch PH! 6

„Also mal ganz ehrlich...“ Was unsere Dozierenden so von sich geben.

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KUst - H19 vs. H18 Kann ein Studium ohne Präsenzpflicht überhaupt funktionieren?!?!

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Primarstudiengänge der PHZH Kaffeetrinken und Zalandoshopping?

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Wie Sek-Studis die Reform erleben Man sieht sie fast nie, und doch gibt es sie: Die Sek-Studis.

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Gedicht: Typisch PH!

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Eine QP-Erfahrung, die du nicht machen möchtest Klak, klak, klak...

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2 Impressum 16 Portraitiert 32 Rätsel 33 #phlife 33 Comic 34

Dr. PHlex

Exgüsi, dass du jetzt din Screen aagmalet hesch.

Coronavirus: Ein Fact-Sheet Ertrinkst du in der Infoflut? Auch in der Not behält die RePHlex die Übersicht.

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Wenn es in der Schule nicht mehr weitergeht Wohin mit nicht-integrierbaren Schüler*innen?

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Creative Page: Mandalas! Endlich!

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Corona-Bingo Wie viele Zeilen schaffst du?

DIE ZAHL

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Die Anzahl Bäume, die für diese Ausgabe gefällt wurden. 3


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Typisch PH! – Auf den Ausdruck und die Tonlage kommt es an… In meiner dreijährigen Ausbildung habe ich diese Worte zahlreich und von diversen Studierenden – mir inklusive – gehört, sei es auf dem Campusplatz, in den Modulräumen oder in den Gängen von einem Seminarzimmer ins nächste.

Illustration Jérôme Philipp

Der Gesichtsausdruck und die Tonlage, die man beim Murmeln, Ausrufen oder beiläufigem Ausdrücken dieser Worte hat, sind entscheidend für die Emotion und die Geschichte, die sich dahinter versteckt. Sie geben preis, ob Ärger, Freude, Wut, Humor oder Enttäuschung damit verbunden sind. Geht man eine Ebene tiefer, frage ich mich: Sind es PH-Klischees, die bestätigt wurden? Oder handelt es sich, um einen Dozierenden oder ein Modul? Ist es eine Bemerkung zu einer Geschichte eines Praktikums, die man von Mitstudierenden erfährt? Wird die Studienreform damit aufgegriffen? Ist es die Reaktion auf Entscheide seitens der Dozierenden oder der Studiengangleitung? Diese Ausgabe beschäftigt sich mit diversen Storys, Meinungen und Berichten, in denen diese markanten, sehr bekannten Worte zum Ausdruck kommen. Es ist immer wieder schön festzustellen, was die Pädagogische Hochschule Zürich so einzigartig macht. Ob gut oder schlecht, muss jeder für sich entscheiden. Ich kann nur sagen, dass ich so einiges vermissen werde. Wie sieht es mit dir aus? Michelle Speck 5


«Also mal ganz ehrlich...»

Was unsere Dozierenden so von sich geben. Text Teresa Dressler Ilustrationen Whitney Huber

Eine Lernfelddozentin als Reaktion auf müde/verkaterte Studierende am Freitagmorgen nach der TheraBierBar:

«Ich finde das schön, wenn Sie verkatert in meine Veranstaltung kommen. So sehe ich, dass Sie neben der PH auch noch Interessen und ein Leben haben.»

Eine Entwicklungsdozentin im Herbst während einer Vorlesung bezogen auf die vielen SOL-Aufträge, die wir in dieser Zeit haben:

«Aha, Sie haben wieder einen SOL-Auftrag? Ja, das ist halt so im Herbst. Ich verstehe nicht, wieso so viele Dozenten im Herbst so viel frei brauchen. Aber mehr werde ich nicht dazu sagen, solange das Mikrofon an ist.»

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Eine Mentorin kurz vor den Weihnachtsferien, nachdem eine Studentin ihre Ferienpläne (Tennismeisterschaft in Afrika) geschildert hat:

Eine Auftrittskompetenzdozentin zum Thema Gelassenheit vor der Klasse:

«Das klingt sehr interessant. Wissen

«Ihr braucht mehr diese, ich ent-

Sie, so ein P1 kann man auch

schuldige mich für meine Gestik,

wiederholen.»

(Arschlochfinger)-Haltung.»


Eine Studentin gibt den Hinweis, dass die gesamte Gruppe nicht an den drei zur Auswahl stehenden Terminen für die Informationsveranstaltungen teilnehmen kann, da sie mit dem Lernvikariat kollidieren. Darauf erwidert die Dozentin:

«Ja... Das ist schlecht. Da wurde

Eine Lernfelddozentin am Ende des Moduls (Feedback zu Abschlusspräsentationen):

wohl nicht sonderlich gut organisiert.»

«Mich freut, wie positiv Sie am Ende

In Theaterpädagogik sollten einige Studierende einen Baum spielen. Dazu sagte der Dozent:

«Das isch jetzt nöd mini Idee gsi, drum verzelled Sie niemerem, dass

ihrer Präsentation über das Lernfeld rückmelden. Ich würde das Gegenteil auch verstehen. Ich sehe das Format auch kritisch.»

Sie in Theaterpädagogik en Baum händ müsse spiele.»

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KUst: H19 vs. H18

Kindergarten-Unterstufe ist ein bisschen ein Zwischending. Wir sind nicht Kindergarten, wir sind nicht Primar, irgendwie haben wir beides? Einer Sache bin ich mir aber sicher: Wir sind die ersten, die den Studiengang neu erleben. Um das aufzuzeigen, möchte ich den Alltag in meinem zweiten (H19) und Martas viertem Semester (H18) vergleichen. Text Gioia Rodriguez Illustrationen Chiara Profeta

Montag:

Für meine H19-Klasse fing der Montag erst um 14:15 an, was ein schlauer Zug von Seiten der PH war: Am Montag schon um 08:00 bereit zu sein ist für niemanden eine Freude. Leider hat sich das im zweiten Semester geändert und wir haben jetzt einen vollen Tag mit allen theoretischen Modulen, was ihn zu einem seeeehr anstrengenden Tag macht. Jeden Montag verbringt jemand aus der Klasse bestimmt zehn Minuten damit, die gefallenen Soldaten zu motivieren, in die letzten Module zu kommen - mal erfolgreicher, mal weniger. Marta, die H18-Schülerin, beginnt genau wie ich den Montag um 08:15 und bleibt bis 18:00 an der Schule, ebenfalls beschäftigt mit theoretischen Modulen. Ihre Module sind aber immer gut besucht.

Dienstag:

Meine Klasse hat dienstags in ihren Gruppen entweder einen BP-Tag mit den Mentor*innen oder einen Praxistag. Ein BP-Tag ist immer ein bisschen anders: Wir haben einen Dienstag schon mal mit geschlossenen Augen und gehaltenen Händen begonnen, mit Geschichten erzählen oder gar mit Lehm und Leintüchern experimentiert… am Dienstagmorgen an der PH ist alles möglich. Wir sind jedoch nicht immer an der PH: In regelmässigen Intervallen besuchen wir in den Tandems unsere Praxisschule. Zur selben Zeit wie ich entweder ein Vertrauensspiel mit meiner Gruppe mache oder meine Kindergartenklasse begrüsse ist Marta noch im Bett; sie hat ihr erstes Modul um 10:15.

Mittwoch:

So schnell sind wir in der Hälfte angekommen! H19 hat am Mittwoch um 08:15 eine Vorlesung bis zur Mittagspause und dann den ganzen Rest vom Tag Ateliers, die man besuchen kann, wenn man Fragen zu gewissen Modulen hat. Während ich mich frage, ob ich mich jetzt schon so früh aus dem Bett quälen soll, hat Marta gar keine Wahl: Um 08:15 beginnt ihr Modul ganz normal. Sie hat dafür einen schönen «freien» Nachmittag. Wer von den H19lern wirklich in die Ateliers geht und wer in dieser Zeit probiert, alles andere, was schon wieder überfällig ist (unter anderem Schlaf) nachzuholen, steht in den Sternen. 8


Donnerstag:

Ein guter Tag, wir haben den ganzen Morgen Kunst und am Nachmittag Musik. Es ist immer eine tolle Abwechslung, wenn man nicht zu viel denken muss, und Überraschungen, wie eine Dozentin, die (absichtlich) Teekannen auf den Boden wirft, machen den Donnerstag noch besser. Zur gleichen Zeit hat mein H18-Gegenstück den ganzen Morgen Deutsch… nicht unbedingt dasselbe.

Freitag:

Ganz klar, dass das der Lieblingstag von allen ist, wir haben nämlich am Mittag schon aus. Die Frage ist nur, wie viele Leute überhaupt am Freitagmorgen nach dem Abend an der TBB auftauchen, und wie viele sich stattdessen ein langes Wochenende gönnen. Egal, ob TheraBierBar oder nicht, Marta hat um 08:15 den Start in den Morgen, und zwar mit allen anwesend. Wenigstens hat sie den Nachmittag auch grösstenteils frei.

Einen grossen Unterschied zwischen meiner

normalen Woche und Martas sieht man nicht unbedingt. Und was an dem Studiengang neu ist, kann man nicht so einfach herauslesen. Um es einfach zu machen: Wir H19ler haben keine Leistungsnachweise, wir haben Klassen, mit denen wir eigentlich alle Module teilen, und wir haben fast keine Präsenzpflicht! Awesome! Or is it? Ich glaube, der Fakt, dass alles, was wir in den Modulen lernen, eigentlich auch selber erarbeitet werden könnte, ist nicht immer positiv. Gerade jetzt finde ich das nicht toll: Während Coronazeiten heisst das nämlich, dass wir einfach Texte zusammenfassen, Aufträge erledigen und dann auf gut Glück hoffen, dass wir es richtig verstanden haben. Es ist offensichtlich nicht das gleiche, ein Seminar zu besuchen und 90 Minuten damit zu verbringen, ein Thema detailliert auseinanderzunehmen, wie einfach einen Auftrag dazu lösen zu müssen. Das Gleiche gilt für die Leistungsnachweise. Kolleg*innen aus anderen Jahrgängen sind sich nicht sicher, ob sie doch lieber Leistungsnachweise statt Prüfungen hätten.

Da es zum ersten Mal so durchgeführt wird, sind sich auch die Dozierenden teilweise nicht sicher, wie gewisse Prüfungen aussehen, was mich als Studentin dann noch unsicherer macht. Zu all dem muss man aber sagen: Eigentlich super, dass die PH auf die Rückmeldungen ihrer Studierenden geachtet hat und kontinuierlich probiert, unsere Erfahrung an der Hochschule zu optimieren. Mir gefällts natürlich auch, eine der Ersten zu sein, die etwas Neues ausprobieren kann. Dass es dazu differenzierte Resultate und Meinungen geben wird ist ganz klar, und ich bin natürlich sehr gespannt, was für den nächsten Jahrgang noch angepasst wird. Ich wünsche ihnen, dass die Wahl der Präsenz optional bleibt. Das ist der grösste Unterschied zwischen H19 und H18, und ich finde es wichtig, dass man selber verantwortet, welche Module man besucht und welche Informationen man selbst erarbeitet. Nach knapp einem Jahr haben wir alle schon viel über Eigenverantwortung und Zeitmanagement gelernt, und das nicht zuletzt aufgrund von Covid-19. 9


Primarstudiengänge der PHZH

Der an der PH wohl beliebteste Studiengang hat viele Veränderungen, Wechsel und gänzliche Umstrukturierungen durchmachen müssen. Aus gutem Grund, wie uns zu Ohren gekommen ist. Wir haben Steven, Vorstandsmitglied und Leitung im Ressort Events, zu diesem Thema befragt und werden seine Antworten hier miteinfliessen lassen. Text Dorina Kista und Chiara Profeta Ilustrationen Chiara Profeta

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H19 Die Studierenden des H19 müssen sich ständig anhören, dass sie der neue Studiengang in der Runde sind und bei ihnen alles anders ist. Zu spüren kriegen sie es, indem viele Module unstrukturiert und die Folgen davon reinstes Chaos sind. Sie werden überhäuft mit Literaturaufträgen und Leistungsnachweisen ohne Instruktionen oder Anweisungen erhalten zu haben. Dies lässt sich auf die überforderten Dozierenden zurückverfolgen, die sich an die noch ungewohnte Situation gewöhnen müssen. Die Studierenden des H19 haben es nicht einfach, sie können sich weder bei älteren Studis Tipps holen noch wertvolle Zeit durch die Plattform «Meh Freizit» freischaufeln. Um eine allgemeine Aussage über diesen Studiengang zu formulieren: «Niemand wird ihnen jemals weiterhelfen können, weil es für alle Studierenden, Dozenten und Leitungen ein neuer Versuch ist, ein Studium zu gestalten.»

Nach der Pause geht es ab ins nächste Seminar, in dem sie als allererstes den Laptop aufklappen und instinktiv Ilias öffnen, auch wenn es mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht gebraucht wird. Die meisten vertreiben sich die Zeit und beschäftigen sich mit anderen Inhalten: Agenda einschreiben, Emails lesen, Online-Shopping, Pinterest durchscrollen. Die Möglichkeiten sind grenzenlos solange sie brav in die Tasten hauen und ab und an nach vorne schauen. Wirklich interessiert es eigentlich niemanden, was man während der Module wirklich treibt. Während die Dozierenden ihre Monologe halten, kann man also unbemerkt vom Thema abschweifen. Doch was die Studis immer aus ihrer Trance erwachen lässt, ist das Stichwort «LNW». Aus dem Nichts fällt das Wort Leistungsnachweis, und vor Schreck öffnen alle in Sekundenschnelle den Kalender und die Notizen.

Ein typischer Alltag Um 8 Uhr trudeln die meisten Studierenden ein und setzen sich in ihre Klassen. Da es an der PH keine Module in Vorlesungssälen gibt, müssen sie sich damit zufriedengeben, dass es Präsenzpflichten gibt und sie nicht nur physisch, sondern auch mental im Modul dabei sein müssen. Nun sitzen sie da und warten sehnsüchtig auf die 10-Uhr-Pause, um sich schliesslich über alles und jeden auszulassen. In den Pausen sind die meistdiskutiertesten Themen die Leistungsnachweise, die Unmöglichkeit, diese zu schreiben, der übertriebene Zeitaufwand, ob das alles nur Beschäftigungstheraphie ist, und wie unnötig das Ganze doch ist. Währenddessen schlürfen sie dabei einen Becher Kaffee, den sie sich im Coop geholt haben, weil die Schlange in der Mensa so lange ist, dass auch weitere drei Pausen nicht reichen würden, um einen Kaffee zu erhalten.

Spulen wir den Tag zu dem Punkt vor, wo alle konzentriert die nächste Verbindung nach Hause auf der SBB-App abchecken, sich gedanklich schon zu Hause befinden und sich ihren entspannten Abend vor dem inneren Auge abspielen. Zu früh gefreut, denn die Aufträge erledigen sich nicht von alleine. Die schlauen Füchse helfen sich gegenseitig oder erledigen den lästigen Papierkram im Zug nach Hause. Hier ist jedoch anzumerken, dass es unmöglich ist, alles zu machen! Also bitte, probiert es erst gar nicht. Zitat von einem meiner Dozenten: «Ihr dürft nicht lesen, ihr müsst scannen. Scannen, sonst werdet ihr nie fertig.» An dieser Stelle ein Tipp für alle, die nach dem 2. Semester immer noch nicht begriffen haben, dass nicht alles wichtig ist: Hört auf, euch damit Arbeit anzuhängen!


Die Kehrseite der Kehrseite der Medaille Die PH hat natürlich auch viele positive Aspekte. Diese zeigen sich vor allem im Austausch mit Steven vom H18. Deutlich spürbar im PH-Alltag ist der gute Kontakt und warme Umgang unter den Studierenden, in erster Linie durch die Sozialkompetenzen, die während des Studiums angeeignet werden. Ausserdem werden die relativ kleinen Seminargruppen als angenehm empfunden, da man sich dadurch automatisch viel besser kennenlernt. Nicht auszulassen ist der Fakt, dass die PH im Herzen Zürichs liegt und innert Minuten alle Hipster-Gegenden, wie Wiedikon oder die Langstrasse, erreicht werden können. H19 vs. H17 Uns ging es hauptsächlich darum, herauszufinden, wo die Unterschiede zwischen den Studienjahrgängen bestehen, und wie diese wahrgenommen werden. Der vermeintlich grösste Unterschied zwischen den Studienjahrgängen H18 und H19 ist, dass das H19 eine Änderung des Curriculums erfahren hat und der Studiengang neu aufgebaut wurde. Daraus zu schliessen ist, dass Studierende vom H19 die Tendenz haben wegen jedem kleinen bisschen zu reklamieren, jedoch nichts effektiv ändern wollen. Was eines der Hauptmeckerthemen zu sein scheint, ist die Sache mit den Wahlmodulen. Es sollte zu erwarten sein, dass eine Hochschule in diesen digitalen Zeiten das Onlineeinschreibeverfahren entsprechend organisieren kann, ohne dass es zu Abstürzen kommt. Das Angebot bestimmt hier leider nicht die Nachfrage, denn die Platzvergabe dieser Module entspricht nicht annährend der Anzahl Studierenden. Zudem wird erwähnt, dass Studierende vom H18 sich zwar oftmals über dieselben Dinge beschweren, jedoch murmeln sie eher etwas vor sich hin und lamentieren nicht ständig. Trotz allem fallen die Unterschiede im Alltag kaum auf, höchstens, wenn es Diskussionen gibt und die Studierenden wieder Gründe finden, um zu meckern. Aus Gesprächen mit weiteren Studierenden ist deutlich erkennbar, dass gewisse Änderungen notwendig waren, denn für ein Studium mit 80-100 % Präsenzpflicht ist der Aufwand schon immer zu gross gewesen.

Was viele Studierende der höheren Semester jedoch nicht wissen, ist, dass der Aufwand für die Studierenden des H19 gleich gross, wenn nicht grösser geworden ist. Verbesserungspotential sieht man vor allem in der Form der Kommunikation, und dort hauptsächlich darin, dass vermehrt Rücksprache mit älteren Studierenden gehalten werden sollen. Dadurch erhält die Hochschulleitung einen groben Überblick über potentielle Änderungen, die sie womöglich einführen möchten, und können unnötige Änderungen auch direkt vorweglassen. Zudem sollte der Austausch zwischen den verschiedenen Jahrgängen verstärkt werden, damit die Neuen vom Wissen der Alten gleich zu Beginn profitieren könnten. Zum Beispiel «Buddies» ernennen, die einer Gruppe Studierenden fest zugeteilt sind und bei Fragen konsultiert werden können. H17 Die Studierenden des H17 haben momentan keine leichte Zeit, denn die Diplomprüfungen machen ihnen das Leben nicht gerade einfach. Ihr Stundenplan war in den letzten beiden Semestern ziemlich vollgestopft. Wir haben unsere Redaktionsleiterin Michelle interviewt und haben so einen Einblick erhalten. Michelle beschreibt uns ihre momentanen Module als eher langatmig, passiv und nicht kreativ gestaltet. Darunter hat es aber auch immer wieder ein besser konzipiertes Modul. Ihrer Meinung nach zeigten sich markante Unterschiede im Vergleich mit dem Studiengang H18.Was sie als besonders unfair empfand, war die Anpassung für den Studiengang H18. Dieser Jahrgang soll nur ein Vertiefungsmodul besuchen. Michelle kann die Erneuerungen der Studiengänge nachvollziehen. Sie findet jedoch, dass die Anpassungen auch auf die Studienreformen, der älteren Studiengängen übertragen werden sollten. Sie begrüsst auch eine verbesserte Kommunikation unter den Studiengängen sowie unter den Dozierenden, da dies für alle vorteilhaft sein würde. Im Grossen und Ganzen empfindet sie die PH jedoch als gerechte Institution. 11


Wie Sek-Studis die Reform erleben

Zu Corona-Zeiten haben wir bemerkt, dass wir ihn nun doch vermissen – den Alltag an der PH Zürich. Zwischen der Kust-, Primar-, und Sekstufe gibt es einige Unterschiede. Gibt es diese auch innerhalb des Sek-Studiengangs? Dazu haben wir zwei Studentinnen befragt. Text Teresa Dressler und Marcel Freuler Illustration Whitney Huber

Durch gemeinsame Wahlfächer trifft man auf der Sek-Stufe immer wieder auf die gleichen Personen. Deborah, die anonym bleiben möchte, befindet sich im HS18. «Am Montag begann der Tag für mich jeweils sehr spassig, da ich in den Fächern BG sowie Sport aktiv sein konnte. Danach wurde es anstrengender», sagt sie. Grosse Unterschiede zwischen den Jahrgängen macht Deborah keine aus: «Entwicklungen sind grundsätzlich wichtig und richtig. Es handelt sich bei uns um Nuancen, wenn es Unterschiede gibt. Die Fächerwahl ist bei H17 und H18 gleich abgelaufen. Vor einiger Zeit gab es einen Wechsel, so dass man in gewissen Kategorien wählen muss.» Schlechte LNWs unerwünscht Im Verlauf des Studiums schliessen alle Jahrgänge Fächer ab und haben Leistungsnachweise zu erbringen. «Das finde ich absolut gerecht.Was ich im Allgemeinen jedoch nicht mag, sind schlechte Leistungsnachweise – sprich solche, die man als Zeitverschwendung klassifizieren kann. Falls solche Leistungsnachweise in kommenden Jahrgängen wegfallen, ist das für alle ein Gewinn», ergänzt sie. Es dürfe aber auf keinen Fall passieren, dass die Studentinnen und Studenten weniger lernen würden, denn das wäre schlecht. Zukünftige Lehrpersonen sollen nicht schlechter ausgebildet sein als andere. Ihr Tipp an die Dozentinnen und Dozenten: «Bitte führen Sie eine Umfrage durch, ob die Studierenden bei der Ausführung der Arbeit etwas lernen konnten.» Klare Unterschiede sieht Deborah eher zwischen den anderen Studienrichtungen als innerhalb des Sek-Studiengangs. «Ich denke, dass die Sek-Leute von Natur aus eine etwas frechere und direktere Ausstrahlung haben», verrät sie. Zudem sei ein weiterer wichtiger Unterschied, dass die Sek-Studenten die Fachwissenschaft an der Universität Zürich besuchen. Besonders zufrieden ist Deborah mit ihrem Mentor und den Diskussionen in der Gruppe: «Die vielen Blickwinkel, die unser Mentor einnehmen kann, sind genial. Ich konnte hier sehr viel profitieren und für die Zukunft mitnehmen.» Dafür würde sie sich hauptsächlich in den B&E-Fächern mehr für die Sekundarstufe zutreffende Beispiele und Informationen wünschen. 12

Studieren zu Corona-Zeiten Das Virus Covid-19 machte auch Deborah einen Strich durch die Rechnung. Sehr schade findet sie, dass das aktuelle BG-Modul nicht wie gedacht durchgeführt werden konnte: «Es ist ein sehr spannendes Fach. Wir gingen sehr viel in Museen und konnten uns damit auseinandersetzen, wie man den Schülerinnen und Schülern Kunstgeschichte schmackhaft machen kann», erzählt sie. Dazu haben sie viele hilfreiche Tipps erhalten, wie beispielsweise das Experimentieren mit der Fotografie, sodass die Schüler mit unterschiedlichen Lichtsituationen künstlerische Selfies erstellen können. Das Wegfallen der Präsenzpflicht ist für Deborah eine Erleichterung. Sie ist sich jedoch bewusst, dass das nicht auf jede Person zutreffen muss: «Ich kann die Aufträge in meinen gesetzten Zeiten bearbeiten. Ich bin schneller als vorhin.» Was fehle, seien teilweise die Interaktionen mit den Kommiliton*innen, das sei etwas schade.

Von «Chill» zu Level 9000 Nicht alle Dozierenden an der PH Zürich gehen mit der Schulsituation während Corona gleich um.Vom Audio-Podcasts in Powerpoint-Präsentationen über individuelle «Teams»-Besprechungen zu Projekten bis hin zu etwas untergetauchten Dozenten lässt sich alles finden. «Anfangs habe den Überblick ganz ehrlich gesagt etwas verloren. Meine Mailbox ist innert kürzester Zeit von Chill zum Level 9000 explodiert. Das ist eine grosse Herausforderung», sagt Deborah. Wichtig sei ihr vor allem, dass man sich entscheidet, auf welcher Plattform was stattfinden soll, und dass dazu ein Beschrieb erstellt werden soll.


«Ohne meine Mentorin hätte ich mein Studium vielleicht schon aufgegeben» Aus dem Sek-Studiengang H19 haben wir mit Laura gesprochen. Auch sie möchte anonym bleiben. An der PH gefällt ihr ihre Mentorin am besten: «Sie legt Wert auf die Sache. Die Praxis steht bei ihr im Fokus. Natürlich müssen wir auch die Planungen schreiben usw., aber es erscheint alles so sinnvoll, da die Praxis wichtiger ist.» Von Unterschieden zwischen den Jahrgängen hat sie am Rande etwas von der Mentorin und Mitstudis erfahren. Die Präsenzpflicht sei angeblich mehr geworden und im Portfolio müsse sie zwei Dinge weniger machen, hiess es da. Genau informiert hat sie sich allerdings nicht. Wichtig für sie ist, wie es in ihrem Jahrgang läuft. Alles andere betrifft sie nicht.

Präsenzlast Zu der Präsenzpflicht hat sie allerdings eine klare Meinung: «Es gibt einige Dozenten, die nicht gerade eine super Leistung bringen in den Modulen. Durch die Präsenzpflicht scheinen die in so einer Bubble zu sein und sich darauf auszuruhen, dass wir eh immer alle kommen müssen.» Laura betont, dass dies nicht auf alle Dozenten zutrifft. Es gäbe auch welche, die sich Mühe geben. Sie hat beispielsweise einen Dozenten, der über die Präsenzpflicht ähnlich denkt wie die meisten Studierenden. Er war diesbezüglich angeblich schon mehrere Male in Konfliktsituationen mit der Leitung der PH verwickelt. Für sein Modul geht er so vor, dass er keine Präsenzliste führt und den Studierenden zusichert, nichts zu verraten, falls ihm ein zu häufiges Fehlen auffallen würde. Laura sagt, in diesem Modul seien trotzdem fast immer alle anwesend.

Die PH sollte sich in Lauras Augen ein Beispiel an dem nehmen. Die Prüfungen, die Laura bisher hatte, schienen ihr alle wie ein Beispiel dafür, wie sie als zukünftige Lehrperson keinesfalls vorgehen darf. «Ausser es ist eine Abschreckungstaktik und sie wollen uns zeigen, wie schlecht es wäre, wenn wir es so machen würden.» Auch wenn wir uns an der PH in der Erwachsenenbildung befinden, scheint der Wunsch nach qualitativ guten Lern- und Prüfarrangements da zu sein. Home ohne -Office Natürlich hat Laura auch positive Dinge über die PH zu sagen. Sie fühlt sich von den Dozierenden ernst genommen und schätzt deren Kommunikation sehr. Wenn sie auf jemanden zugeht und beispielweise eine E-Mail schreibt, kommt immer eine Antwort. Speziell jetzt während dem coronabedingten Homeoffice spürt sie grosses Engagement der Dozierenden, auch wenn anfangs das Chaos herrschte. Aber da möchte sie keinem einen Vorwurf machen. Die Situation ist schliesslich für alle neu. Ausserdem hat sie viel neben dem Studium gearbeitet und so versäumt, sich und ihre Aufgaben gut zu strukturieren. Laura sagt, sie hat die PH und ihre Infrastruktur eindeutig vermissen gelernt: «Das Stofffärben für Handarbeit hat zwar Spass gemacht, aber das Ganze bei mir Zuhause aufzubauen war dann doch etwas mühsam. An der PH wäre das viel einfacher und vor allem geselliger gewesen.» Ja, nein, vielleicht? Ein Punkt macht Laura doch etwas nervös an dieser undurchsichtigen Situation, die wir nun haben. Ihr stehen dieses Semester noch drei Prüfungen bevor; unter anderem die gefürchtete B&E-Prüfung. Bisher sieht es so aus, als könnte B&E an der PH stattfinden. Die anderen sollen scheinbar von zuhause aus online stattfinden. «Es macht mich sehr nervös, nicht zu wissen, was auf mich zukommt.» Ich denke, dass die meisten von uns diesen letzten Satz unterschreiben können. Wie geht das Ganze jetzt wohl weiter? Zusammengefasst kann man sagen, dass beide Studentinnen auf der Sek-Stufe nur marginale Unterschiede innerhalb ihres Studiengangs ausmachen und sich vor allem auf das Wesentliche fokussieren: die Anforderungen ihres Jahrgangs. Dennoch sind sich viele Studierende bewusst, dass Entwicklungen für ein Studium unabdingbar sind, sodass alle Beteiligten davon profitieren können.

Prüfungen- wie fühlt sich das an? Laura beschreibt, wie viel sie an der PH darüber gelernt hat, wie Prüfungsstoff gelernt beziehungsweise gelehrt werden soll und wie Prüfungen aufgebaut werden, damit es nicht auf stumpfes Auswendiglernen hinausläuft und dann innert kürzester Zeit wieder alles vergessen wird. 13


Typisch PH!

von Jelena Bosiokovic Jedes Kind ist individuell, das müssen wir fördern. Wer predigt, muss sein Verhalten nicht erörtern. Die Dozis bauen ihre eigenen Ratschläge nicht in den Modulen ein Und genau das bringt uns Studis zum schrei’n. Die PH, sie macht keine Fehler. Vielleicht verdrehen sie die eigenen Regeln, aber Fehler? Niemals! Wir sind doch Lehrer! Da wir uns schon als Lehrer sehen, denken wir, wir müssen nicht auf Menschen zugehen. Die ganze Gruppe begrüssen liegt bei uns Studis nicht drin, Denn wir reden nun mal nur mit unserer Freundin. Ich bin jetzt aber auch nicht ganz fair, denn an der PH ist nicht alles immer schwer. Wir alle haben diese soziale Ader Und wo wir nur können, helfen wir einander. Wir machen täglich mindestens vier Gruppenarbeiten. Denn sie eröffnen uns viele Möglichkeiten. Wir sollten unsere Gedanken zusammen entwirren, doch meistens gibt es bei uns ein paar Kommunikations-Barrieren. Reflektiert dies, reflektiert das. Für diesen Auftrag geht entlang des Reflexionsschemas. Auch wenn ich zu Beginn vom Wort „Reflexion“ sehr verwirrt war, gehört das nach drei Jahren an den ersten Platz in meinem PH-Glossar. Unsere politische Einstellung zur Welt habe ich nicht vergessen. Du willst doch nicht etwa wirklich dieses Steak essen? Es ist verpönt, von der links-orientierten Seite abzuweichen. Aus diesem Grund kann uns auch niemand das Wasser reichen. Typisch PH würde ich mal sagen. Eine Aussage will ich trotzdem noch wagen. COVID-19 sei Dank habe ich eingesehen, dass sogar die nervigen Dinge an der PH mir fehlen.

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Wusstest du, dass im Schloss Au neben Tagungen auch Konzerte oder Privatfeste organisiert werden können? Neugierig auf mehr Infos? Wir geben gerne Auskunft.

www.schloss-au.ch

Ein Betrieb der Pädagogischen Hochschule Zürich

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Portraitiert von Marta

Wie würded ihr d’PH mit eim Begriff bezeichne? Anonym, Sek I, HS18 Inkonsistent Aaron, Sek I, HS17 Chaotisch Jannik, Primar, HS17 Metarephlexion Damaris, KUst, HS18 Müehsam Andi, Primar, HS17 PHielseitig Welles isch de blödschti Witz/Spruch wod vo Nöd-PHler über d PH ghört hesch? Anonym, Sek I, HS18 Ihr hends doch eh chillig (isch aber nöd als Witz gmeint gsi) Aaron, Sek I, HS17 Wie söll e Hochschuel gueti Abgänger ha, wenn nöd emal de Rektor (ehemalig) e gueti Powerpoint herekriegt? Jannik, Primar, HS17 Ihr lerned ade PH doch sowieso nur, wie mer sin eigne Name tanzt. Damaris, KUst, HS18 Was macht en PH-Student, wenner hässig isch? Mandaliere. Andi, Primar, HS17 Isch es überhaupt es Studium? Was isch s Schönste, wod ade PH bis jetzt hesch dörfe erläbe? Anonym, Sek I, HS18 Han min Fründ kenneglernt und viel Fründschafte gschlosse, wo hoffentlich fürs Lebe sii werded. 16

Aaron, Sek I, HS17 Studente a de PH schaffet mitenand und nöd gegenand wie a andere Unis.


Jannik, Primar, HS17 S Skilager in Davos isch es unvergesslichs Erlebnis gsi mit unglaublich vill tolle Lüüt. Damaris, KUst, HS18 S Schönste woni ha dörfe erlebe sind d Praktika gsi + d Dina kenne glernt z ha. Andi, Primar, HS17 D Polysportwuche hani am Beste gfunde! Was hesch du sitem Lockdown fürd PH gmacht? Anonym, Sek I, HS18 Zvill und glichziitig nöd gnueg. Aaron, Sek I, HS17 Ich han mini Mails ahglueget. Jannik, Primar, HS17 Ich han mini VA und mini zwei restliche Portfolioiträg fertiggschriebe. Uh und unglaublich viel zuesätzlichi Ufträg vode PH, well mer durd Ned-Präsenz wegm Lockdown ja mega wenig ztue hend. Damaris, KUst, HS18 Sitem Lockdown hani bis jetzt no nüt fürd PH gmacht. Andi, Primar, HS17 Ich ha i dere Ziit chöne 1 1/2 Portfolioiträg schriebe. Was hesch du de PH scho immer mal welle säge? Anonym, Sek I, HS18 Bringed eus guete Unterricht zur Abwechslig doch mal mit guetem Unterricht bi! Aaron, Sek I, HS17 Lut Studie isch Suurstoff wichtig zum Lerne – baued doch endlich e richtigi Lüftig ii! (Au ide Turnhalle!) Jannik, Primar, HS17 Anstatt 5 Portfolioiträg und ere VA wärs sinnvoll, ei grossi Bachelorarbeit zschriebe, womer sich i eis oder zwei Theme chan richtig vertüüfe Damaris, KUst, HS18 Ich han de PH nüt z’säge. Andi, Primar, HS17 Geili Usbildig, Schule fürs Leben ;)

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Eine QP-Erfahrung, die du nicht machen möchtest Dieser Artikel ist aus einem 45-minütigen Interview mit einer/einem Primarschul-Studierenden entstanden und schildert ein Quartalspraktikum mit einer cholerischen und kontrollsüchtigen Praxislehrperson. Alle Personen wurden anonymisiert und die Erzählung wurde in der Ich-Form durch ein Mitglied der RePHlex-Redaktion nacherzählt. Der Bericht umfasst den grössten Teil des Interviews, wobei die Erzählung, um nicht ausufernd zu werden, auch gekürzt werden musste. Text Gaétan Surber Illustrationen Chiara Profeta

Nach dem ersten Treffen mit unserer Praxislehrperson verliessen meine Tandempartnerin und ich beinahe euphorisch das Schulzimmer. Wir waren an eine ungemein sympathische und warmherzige Praxislehrperson geraten. Während des Gesprächs bekräftigte Martha (Name geändert) ihre offene Fehlerkultur und versicherte uns, dass wir während des QPs viel ausprobieren können würden. Wir dachten uns nur: «Jackpot!». Bei der ersten Hospitation bekam dieses ungetrübte Bild jedoch Risse. Im Klassenzimmer herrschte ein heilloses Durcheinander. Es war laut, Kinder schrien und schikanierten sich gegenseitig. Leider machte dieses Verhalten auch vor der Lehrperson keinen Halt. Einige Kinder hatten sich verkehrt auf den Stuhl gesetzt. Sogleich setzte Martha zur cholerischen Schimpftirade an, sodass man ihre hervortretende Halsschlagader sehen konnte. Meine Tandempartnerin und ich schauten uns an und dachten uns: «Fuck, wo sind wir denn hier gelandet?» Hässige Mails und versöhnliche Gespräche In der letzten Woche vor dem QP arbeiteten wir an den Grobplanungen der nicht fachdidaktisch begleiteten Fächer. Am Montag erhielten wir von ihr eine E-Mail, in welcher sie die Abgabe der Planungen auf den Mittwoch terminierte, obwohl uns zuvor die ganze Woche versprochen worden war. Unter Hochdruck stellten wir unsere Planungen fertig. Am Mittwoch um Zwölf Uhr mittags erhielten wir von ihr ein «hässiges Mail», in dem sie uns vorwarf, die Abgabe bis zum letzten Moment auszuloten und ihren “Goodwill“ auszunutzen. Schnell antworteten wir ihr und versuchten, die Situation zu entschärfen. Martha wiederum antwortete uns mit einer von Vorwürfen durchtränkten, durchgängig grossgeschriebenen und mit Ausrufezeichen gespickten E-Mail. Gestresst wandten wir uns an unseren Mentor, mit der Bitte uns bei der

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Klärung dieser Situation zu unterstützen. Da er uns am Montag ohnehin besuchte, konnten wir ein Gespräch organisieren. Martha war an diesem Gespräch wie ausgewechselt. Sie zeigte sich entgegenkommend, verständnisvoll, beinahe reuig. Mit einem merkwürdigen Gefühl verliessen wir das Gespräch. Mut und Wut im Turnen Im Sport führte ich eine Einheit zum Thema Mut durch. In dieser hatten die Schüler*innen die Aufgabe, ein Kind in der Klasse auf einer dicken Sprungmatte hochzuheben und dann kontrolliert fallen zu lassen, sodass das Kind auf der Matte kurz einen freien Fall erlebt. Ich hatte den Kindern alles ausführlich erklärt und wollte gerade das Startsignal geben. Plötzlich schrie Martha mit ihrer krächzenden Stimme: «Moment!» Im erhobenen Ton warf sie mir vor, ich hätte die Kinder nicht korrekt angewiesen. Auf ihre Anweisung hin musste ich die Instruktion nochmals wiederholen. Das Hineinschreien in den Unterricht und das Zurechtweisen vor der ganzen Klasse kam regelmässig vor. Dabei klapperte sie gerne mit ihren holländischen Holzschuhen durch das Klassenzimmer, bäumte sich vor mir auf und berichtigte das soeben Gesagte. Während der zweiten QP-Phase, welche notenrelevant ist, war unser Mentor erneut in einer Sportstunde anwesend. Die Kinder absolvierten dabei einen Postenlauf, wie zuvor zum Thema Mut. Ein Mädchen hatte Mühe sich in die Gruppe zu integrieren und ihr fehlte der Mut, bei den Posten mitzumachen. Ich ging auf sie zu, sprach ihr Mut zu und forderte sie dazu auf, beim nächsten Posten mitzumachen. Gerade als ich den Postenwechsel pfiff, schrie Martha ihr berüchtigtes «Moment!» in die Halle und stürmte auf das Mädchen zu. Sie begann das Mädchen in derben Worten herunterzumachen. Sie sei faul, mache nie mit und solle die Lehrpersonen nicht anlügen. Dann zwang sie das


Mädchen, die Übung vor der ganzen Klasse zu machen, wobei das Mädchen hinfiel und den Spott der Klasse über sich ergehen lassen musste. Nach der Turnstunde verliess ich die Umkleide und fand das gleiche Mädchen auf der Treppe sitzend vor. Sie hatte auf mich gewartet und beichtete mir in Tränen, dass sie Angst habe, erneut von Martha angeschrien zu werden und nicht ins Klassenzimmer zurückwolle. Am liebsten hätte ich ihr gesagt, dass es mir genauso ging. Ich gab ihr den Rat, ihren Mut zusammenzunehmen, zur Klassenlehrperson zu gehen und ihr zu sagen, dass ihr diese Situation nicht gut getan hatte. Beim Gespräch mit dem Mentor und der Praxislehrerin habe ich dies auch angesprochen und erzählt, dass das Mädchen zu mir gekommen sei und sich mir anvertraut habe. Sofort unterbrach mich Martha und meinte, dass Mädchen sei sowieso eine Mimose, heule wegen jeder Kleinigkeit und man müsse sie nicht ernst nehmen. Auch über den Mentor setzte sie sich hinweg und entgegnete ihm, das Mädchen lüge sowieso. Das Mädchen traute sich später dann tatsächlich, sich an Martha zu wenden und ihre Situation zu schildern. Daraus resultierte jedoch lediglich ein fulminanter Zusammenschiss, sodass ich mir wünschte, dem Mädchen diese Idee nie in den Kopf gesetzt zu haben.

Mach’s richtig! Nach dem mir die erste Mathe-Einführung nicht gut gelungen war, habe ich mich in der Zwischenwoche (wir hatten aufgrund der speziellen Feriensituation nur eine) mit der Fachdozentin zusammengesetzt und die zweite Einführung minutiös vorbereitet. Ich wollte einen herausragenden Einstieg machen, um die Gunst der Lehrerin zu gewinnen und ihr zu zeigen, dass ich gut unterrichten kann. Ich habe sogar ein Bild von der vorbereiteten Wandtafel in die Verlaufsplanung eingefügt. Dann habe ich diese Einführung genau wie geplant durchgeführt. Jedoch hat sie mich rasch unterbrochen, kam nach vorne (klak klak, klak klak), sagte: «Das ist alles falsch, mach’s richtig!» und lief wieder zurück. Ich stand ratlos mit meiner Kreide vor der Wandtafel und blickte sie fragend an. Dann bemerkte sie, dass ich nicht wusste, was ich tun sollte, kam wieder nach vorne und schrie: «Mach ein neues Beispiel, mach ein neues Beispiel, mach’s richtig!» Während sie zurücklief wandte sie sich an die Teamteaching-Lehrerin, welche auch gerade im Raum war, und sagte: «Das ist alles eine Katastrophe, das kann’s doch nicht sein!» Die Kinder, welche in dieser verrohten Sozialsituation keine Möglichkeiten hatten, angemessene Sozialkompetenzen zu entwickeln, lachten mich teilweise aus und zeigten mit dem Finger auf mich. Ich war kurz vor den Tränen, gab ihr die Kreide und sagte: «Übernimm du!» Sie ging nach vorne, wischte meine Sachen weg und schrieb ihr Beispiel auf. Während den darauffolgenden zwei Lektionen belagerte sie mich durchgehend und schaute mir über die

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Schultern, wenn ich einem Kind etwas erklärte. Sie hat teilweise auch das Heft an sich gerissen, meine Notizen durchgestrichen und dem Kind erklärt, wie es «richtig» funktioniert. Dabei hat sie den Kindern konstant gesagt, dass meine Erklärungen nicht korrekt seien, sondern lediglich ihre. In der Zehn-Uhr-Pause bin ich zur Toilette gestürmt, habe mich eingeschlossen und zwanzig Minuten durchgeheult. Auch während der Mittagspause fühlte ich mich wie ein Häufchen Elend. Ich heulte und schaffte es nicht, mich wieder zu beruhigen. Meine Tandempartnerin war mit der Situation ebenfalls überfordert und hielt mich dazu an, diese Behandlung auf jeden Fall dem Mentor zu melden. Bei der täglichen Auswertung sagte ich Martha, dass ich mit diesem andauernden Unterbrechen und Eingreifen in den Unterricht nicht umgehen könne, worauf sie mir entgegnete, die Einführung sei total falsch gewesen. Ich erklärte ihr, dass ich die Einführung mit einer Fachdozentin geplant habe, worauf sie trumpesk entgegnete, dass die Dozentin falsch liegen würde. Auch meine Bitte, dass sie mich nicht mehr anschreien solle, nahm sie nicht ernst. Sie meinte lediglich, ich müsse halt lernen, damit umgehen zu können. Daraufhin fühlte ich mich wieder so schlecht, dass ich mir nicht anders zu helfen wusste, als zu gehen. Ich musste diese Einführung später nochmals wiederholen und ihr am Abend zuvor die Rechnungen an der Wandtafel vorrechnen

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Nachspiel Der Praxislehrperson wurde dann das Recht entzogen, mich zu benoten, weswegen ich allein durch meinen Mentor beurteilt wurde. Bei der Abschlussbesprechung mit Martha hat sie mir mehrmals zu verstehen gegeben, dass sie mir diese Note (5,5) niemals gegeben hätte. Mit meinem Mentor führte ich ebenfalls ein Abschlussgespräch und sagte ihm, dass diese Situation untragbar sei. Er eröffnete mir, er könne die Lehrperson melden, wisse aber, dass dies nichts bewirken würde. Auch mit meiner Mathe-Fachdozentin kam ich ins Gespräch und habe ihr die Horror-Einführung geschildert. Sie hat sich aufgeregt und mir gesagt, dass sie diese Lehrperson melden würde, da sie uns daran gehindert habe, pädagogisch und didaktisch so zu arbeiten, wie es uns an der PH beigebracht wird. Ich war sehr dankbar für ihre engagierte Haltung und habe sie gebeten, sich bei mir zu melden, falls der Stein ins Rollen komme. Sie hat sich dann telefonisch bei mir gemeldet und mir erklärt, dass die Bereichsleitung die Meldung zur Kenntnis genommen habe. Jedoch könne man mit dieser Meldung nicht viel anfangen, da der Schilderung einer / eines einzelnen Studierenden nicht viel Glauben zu schenken sei. Ich konnte das QP zwar beenden, jedoch nicht sofort hinter mir lassen. In den ersten Monaten habe ich gänzlich die


Lust verloren, den Lehrberuf zu ergreifen. Während den folgenden fachdidaktischen Praktika habe ich gemerkt, wie angstzustandsähnliche Empfindungen meine Arbeit behinderten. Mein Selbstvertrauen in Bezug auf den Unterricht war stark angeschlagen und ich konnte vor keiner Wandtafel stehen, ohne den jähen Schrei von Martha zu fürchten. Ich hatte tatsächlich angefangen zu glauben, dass mein Unterricht kategorisch schlecht und ich nicht zur Lehrperson geeignet sei. Ich hatte keinen Spass mehr am Unterricht und merkte auch, dass ich selbst schlecht mit den Kindern umgegangen bin. Beispielsweise konnte ich es nicht mehr ertragen, wenn die Kinder miteinander plauderten oder laut waren. Im Dezember sprach ich dann mit meinem Mentor und schilderte ihm, dass es mir beim Unterrichten noch immer schlecht ginge und ich mir überlege, das Studium an den Nagel zu hängen. Er versuchte mir gut zuzureden, empfahl mir die psychologische Beratung aufzusuchen und konnte mir das Versprechen abringen, wenigstens noch das Lernvikariat zu machen und mich dann zu entscheiden. Und es war wunderbar! Obwohl ich zu Beginn noch ängstlich war, löste sich Mitte der ersten Woche der Knopf und ich unterrichtete, wie es mir entsprach. Ich hatte noch nie einen solch guten Unterricht und solch grossartige

Schüler*innen gehabt. Ich habe mich beinahe ein wenig in diese Klasse verliebt. Da die betreffende Stelle frei wurde, konnte ich mich sogar darauf bewerben und blicke nun mit freudiger Erwartung darauf, diese wunderbare Klasse ab dem Sommer unterrichten zu dürfen. Fazit des Autors Dieses Happyend ist fast zu schön, um wahr zu sein. Jedoch darf nicht vergessen werden, dass irgendwo da draussen im Schulfeld eine Lehrerin umgeht, welche sich dadurch auszeichnet, dass sie fortwährend die Würde ihrer Schüler*innen angreift. Es ist fahrlässig, dass diese Person weiterhin auf Schüler*innen und Studierende losgelassen wird. Hier versagt die Qualitätskontrolle der PH und der Schule kläglich. Arschlöcher wird es unter den zigtausenden Lehrpersonen immer geben. Dass jedoch nichts gegen offensichtlich missbräuchliches Verhalten getan wird, ist der wahre Skandal. Wer Bandura gelesen hat, weiss, dass mit einer solchen Lehrpersonen eine Generation von verkorksten Kindern herangezüchtet wird. Ebenfalls wird in Kauf genommen, dass Studierende psychische Leiden davontragen und die Lust am Beruf verlieren. Doch vermutlich verhallen diese Worte, wie so oft, im Elfenbeinturm der grössten und professionellsten Bildungsinstitution der Schweiz.

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Di eBi bl i ot he k,da sDi gi t a l Le a r ni ngCe nt e runddi eKa nz l e is i nds e i tde m8.Ma ige รถf f ne t .


Klick mich an. 1. Shaikh Alanna . 05.03.2020. “Why Covid 19 is hitting us now and how to prepare for the next outbreak.” TedTalk. Video. Zugriff: 30.04.2020. https:// www.ted.com/talks/ alanna_shaikh_why_covid_19_is_hitting_us_now_and_how_to_prep are_for_the_next_outbreak 2. Streeck Hendrik. 31.03.2020. Markus Lanz. Mainz: ZDF. Video. Zugriff: 30.04.2020. https://kurz.zdf.de/bvNmG/ 3. Streeck Hendrik. 31.03.2020. Markus Lanz. Mainz: ZDF. Video. Zugriff: 30.04.2020. https://kurz.zdf.de/bvNmG/ 4. Lesch Harald. 24.03.2020. “Corona - Was weiß die Wissenschaft?” Leschs Kosmos. Mainz: ZDF. Video. Zugriff: 30.04.2020. https://www.zdf.de/wissen/ leschs-kosmos/corona-was-sagt-die-wissenschaft-102.html 5. Anner Niels. 2020. “Schweden: Stoisch gegen den Rest der Welt.” NZZ am Sonntag, 11. April. Zugriff: 30.04.2020. https://nzzas.nzz.ch/international/ coronavirus-schweden-regierung-setzt-auf-durchseuchung-ld.1551488? reduced=true 6. Niemeyer Frauke. 2020. “Corona-Schnelltest braucht zehn Minuten”. N-TV, 05. April. Zugriff: 30.04.2020. https://www.n-tv.de/wissen/CoronaSchnelltest-braucht-zehn-Minuten-article21692563.html 7. Niemeyer Frauke. 2020. “Corona-Schnelltest braucht zehn Minuten”. N-TV, 05. April. Zugriff: 30.04.2020. https://www.n-tv.de/wissen/CoronaSchnelltest-braucht-zehn-Minuten-article21692563.html 8. Stein Markus und Jasmine Rueegg . 2020. “Diese neuartigen Impfstoffe sollen das Coronavirus stoppen”. NZZ. 10. April. Zugriff: 30.04.2020. https:// www.nzz.ch/wissenschaft/coronavirus-diese-impfstoffe-sollen-covid-19stoppen-ld.1550456 9. Dr. Rissland Jürgen. 06. April 2020. “Ihre Fragen an Virologe Dr. Jürgen Rissland” RUNDUM GESUND EXTRA . Stuttgart: SWR FERNSEHEN. Video. Zugriff: 30.04.2020 https://www.swrfernsehen.de/swrfernsehen-rundumgesund-corona-fragen-100.html 10. Böhm Markus. 2020. “Falschinformationen in der Coronakrise: WhatsApp beschränkt das Weiterleiten oft geteilter Nachrichten”. Spiegel . 07. April. Zugriff: 14.05.2020. https://www.spiegel.de/netzwelt/apps/coronafalschmeldungen-whatsapp-beschraenkt-das-weiterleiten-oft-geteilternachrichten-a-7d098e59fb1c-4dec-98d4-0a4e31bead9b 11. Für weitere Informationen bezüglich der Umfrage kannst du dich an die Redaktion der RePHlex wenden. Weitere Informationen zur aktuellen Lage und FAQ der PHZH: https:// 12. phzh.ch/de/ueber-uns/corona-faq/

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Illustrationen: Patrick Mettler

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Wenn es in der Schule nicht mehr weitergeht Gastbeitrag Elin Arnet (Alumni PHZH)

Bauchweh vor der Schule. Jedes Angebot verweigern. Lauter Streit spätestens nach der Pause. Zunge rausstrecken. Stühle fliegen durchs Klassenzimmer. Aufreibende Anrufe nach Hause. Ohne Klassenassistenz keine Chance. Bloss keine Scheren herumliegen lassen. Abhauen. Wie weiter? Es scheint, als nähmen solche Szenen in unseren Schulen zu. Von vielen Seiten wird wachsende Überforderung spürbar und der Ruf nach Lösungen wird lauter. Geht es einem Kind in der Schule nicht gut, sind auch die Eltern, die Klasse und die Lehrpersonen betroffen. Gerade junge Lehrpersonen kommen an ihre Grenzen, wenn ein Kind die ganze Aufmerksamkeit und Energie absorbiert. Wie weiter? Wir haben uns an einem sonnigen Mittwochnachmittag auf die Suche nach möglichen Antworten gemacht.

Internat in Räterschen Unser Weg führt uns vom Bahnhof Räterschen bei Winterthur zu einem schmucken Bauernhof mit Umschwung und einem alten Gutshaus. Daneben ein hochmodernes Schulgebäude und ein einstöckiger Containerbau, angeschrieben mit «Wilde 13».Wir sind zu elft unterwegs zu René Albertin, dem Gesamtleiter des pädagogischen Zentrums Pestalozzihaus. Der Besuch startet in einem reich getäferten Raum, der als Büro und Sitzungszimmer fungiert. René Albertin erzählt vom Ursprung der Institution und dem Angebot, der Finanzierung und den pädagogischen Grundsätze des Internats, sowie von der Tageschule und vom Time-Out-Programm «die wilde 13». Ursprünglich wurde der Bauernbetrieb von der Hilfsgesellschaft als Kinderanstalt genutzt. Um 1900 nahmen gesellschaftliche Missstände aufgrund der Industrialisierung zu, so dass viele soziale Institutionen gegründet wurden. Seit 1960 wird das Zentrum als Schulheim genutzt und heute von Bund und Kanton finanziert. René Albertin erklärt, dass die Volksschule Zürich derzeit klare Vorgaben gibt, wer Anspruch auf einen Platz hat und wer nicht. Einerseits aus finanziellen Gründen, andererseits, da nach wie vor Integration als erste Priorität anzustreben sei. Die Nachfrage nach Plätzen sei aber eindeutig vorhanden. Insgesamt bietet das Internat in Räterschen 36 Plätze an, sowie weitere 36 Tagesschulplätze an den Standorten Höri und Eschenmoos. Dazu kommen maximal sieben Plätze im Time-Out-Programm «die wilde 13», welches aber in vieler Hinsicht unabhängig von der Tagesschule und dem Internat geführt wird. Während dem Rundgang über das Areal wird klar, dass dies ein Ort zum Wohlfühlen ist. Auf dem grosszügigen Spielplatz geniesst eine Gruppe ihren Zvieri, einige Kinder tummeln sich auf dem Trampolin neben dem kleinen Schwimmbecken und ein Betreuer spielt Fussball mit drei Jungs. Gegenüber vom Kuhstall wurde vor kurzem ein altes Hofgebäude komplett saniert und zu einer modernen Turnhalle umgebaut. «Ein gut besuchter Ort, vor allem am Abend», meint René Albertin. Auch das Unterrichtsgebäude ist ein Neubau und beeindruckt uns Besucher*innen. Die Räume sind hell, freundlich und mit den neusten Technologien ausgestattet. Sowohl die Turnhalle als auch das Schulgebäude sind mit Spenden finanziert worden.

Die wilde 13 Das Time-Out-Programm «die wilde 13» richtet sich ausdrücklich an Kinder, die Abstand und Ruhe nötig haben. Sie sind für die Klasse oder für die Lehrperson nicht mehr tragbar und stehen sich selbst im Weg. Eine Zwischenlösung wird benötigt. Somit rückt auch das schulische Lernen bewusst in den Hintergrund. «Es geht darum, möglichst viel Druck wegzunehmen, der auf dem Kind lastet. Ein weiteres Ziel ist es, die Kinder so individuell wie möglich zu begleiten und mit ihnen herauszufinden, was ihnen gut tut», erklärt René Albertin. So wird ein Kind maximal eine Lektion einzeln unterrichtet, die restliche Zeit wird vielseitig und individuell gestaltet. Die Gruppe besucht Museen oder Theater, hilft beim Kochen oder im Haushalt, erlebt die Natur oder bastelt etwas in der Werkstatt.Während dieser Zeit werden keine Abklärungen gemacht, lediglich bereits laufende Therapien wie beispielsweise die Psychomotorik werden weitergeführt. Jedes Kind arbeitet an eigenen Zielen, welche mit dem Kind, den Eltern und dem schulpsychologischen Dienst besprochen werden. Die Kosten für das Programm müssen die Schul- und Sozialbehörden der Regelschulgemeinde bezahlen. 26


Bevor ein Kind eintritt werden Gespräche geführt und die Eltern müssen mit dem Aufenthalt einverstanden sein. Oft seien die Eltern dankbar, wenn die belastende Situation sich entspannen kann. Für die Kinder sei der Bauernhof meist das überzeugende Argument, an diesen Ort zu kommen. Die Kinder kommen vor allem aus der Region Winterthur, teilweise aber auch vom ganzen Kanton. Nur in Notfällen vermittelt René Albertin auch Übernachtungsplätze bei Bauernhöfen in der Umgebung; normalerweise schlafen die Kinder zuhause. Der Weg nach Räterschen liegt in der Verantwortung der Regelschule. Im Gegensatz zur Tagesschule ist die Dauer der Platzierung auf maximal drei Monate beschränkt. Die Anschlusslösungen können sehr unterschiedlich sein. Entweder geht es wieder zurück in die Regelschule, in eine passende Sonderschule oder weiter in ein Internat oder eine Tagesklinik. Im Kanton gibt es kein vergleichbares Angebot. Anderenorts besuchen Kinder sogenannte Schulinseln oder erhalten Einzelunterricht. Grund dafür ist unter anderem, dass die Finanzierung bei wechselnder Auslastung nicht immer gewährleistet ist. Im Zentrum Pestalozzihaus können diese Schwankungen besser aufgefangen werden.

Alltag im Zentrum Pestalozzihaus Von Esther Vogel, der Schulleiterin, erfahren wir, wie der Alltag im Zentrum Pestalozzihaus aussehen kann. Im Internat leben Kinder im Primarschulalter bis hin zu Jugendlichen, die in der Lehre sind. René Albertin erklärt, dass deutlich mehr Knaben und junge Männer im Internat sind als Mädchen und junge Frauen: «Das hängt damit zusammen, dass Jungs ihre Problematiken eher nach aussen zeigen und bei Mädchen die Schwierigkeiten oft erst in der Adoleszenz zum Ausdruck kommen». Viele verbringen die Woche in ihrer betreuten Wohngemeinschaft und gehen am Wochenende nach Hause. Damit der Bezug zur Aussenwelt gefördert werden kann, muss jede und jeder eine Freizeitbeschäftigung ausserhalb des Hofes pflegen, also beispielsweise den Turnverein besuchen. Auch auf dem Areal haben die Kinder und Jugendlichen attraktive Möglichkeiten, beispielsweise die Reittherapie mit der Bäuerin des Hofes. Diese eignet sich bei Themen wie Mut, Angst oder Interaktionsschwierigkeiten. Bereits auf dem Rundgang durchs Schulhaus wurde klar, dass die Klassen sehr klein geführt werden und viel Raum zur Individualisierung besteht. In einer Klasse sind nicht mehr als sieben Lernende. Ein weiterer Vorteil sieht Esther Vogel darin, dass ein Arbeitsagoge Teil des Teams ist. Er ist eine wichtige und flexible Ressource und kann die Lehrperson entlasten, wenn es zu einer anspruchsvollen Situation im Klassenzimmer kommt. Auch das Kind selber kann sich melden, wenn es im Klassenzimmer für einen Moment zu viel wird.

Zentrale Erfahrungen und Tipps der Alumni • Mut haben, zuerst für das Wohlbefinden des Kindes zu sorgen und sich erst später dem schulischen Lernen zu widmen. Entspannt also die Situation, indem ihr Druck wegnehmt. Macht einen Spaziergang oder spielt auf dem Pausenplatz, lasst das Kind zeichnen, umsorgt den Schulgarten, ... • Holt die Meinung und Bedürfnisse des Kindes ab und nehmt diese ernst. • Entscheidungen und Konsequenzen dürfen erst passieren, wenn die Situation wieder ruhiger ist. • Präsenz, Ruhe und Klarheit der Lehrperson helfen im Umgang mit Herausforderungen. Dafür musst du deine «sensiblen» Punkte kennen, denn dann kannst du auch besser mit ihnen umgehen. Einmal mehr ist also Selbstreflexion angesagt. • Schafft Orte des Rückzugs – auch für die Lehrpersonen. • Nehmt euch Zeit zum Austausch über Sorgen und Herausforderungen (z.B. monatliche Intervision). Damit kann auch ein Bewusstsein geschaffen werden. • Nutzt die Ressourcen des Lehrpersonenteams und Fachpersonen. Sie haben die Möglichkeit, die Situation aus einer anderen Perspektive zu betrachten. • Es ist hilfreich, nicht immer alles im Klassenzimmer und mit der Klassenlehrperson zu lösen. • Kann ein Kind im Klassenzimmer nicht betreut werden, so ist unter Umständen das Schulleitungsbüro ein vorübergehend möglicher Platz für das Kind.

Zurück zur Frage Wie weiter, wenn es in der Schule nicht mehr geht? Eine eindeutige Antwort gibt es wohl nicht. Ein TimeOut ist eine mögliche Intervention – bis es aber dazu kommt, dauert es meist eine Zeit.

Im Verlauf der Diskussion verschiebt sich die Perspektive vom Handeln einzelner Lehrpersonen auf grössere Zusammenhänge. Inwiefern sollen Schulen den Spielraum haben, eigene Wege im Umgang mit Verhaltensoriginalität zu gehen? Wo scheitert das aktuelle Schulsystem? Wie können wir als Gesellschaft präventiv vorgehen, sodass verhaltensoriginelle Lernende gar nicht erst zum Problem werden? Und: Was kann die Ausbildung der Lehrpersonen dazu beitragen, dass wir besser mit Herausforderungen im Klassenzimmer umgehen können?

René Albertin meint: «Es ist hilfreich, wenn man weiss, was man im Notfall machen kann. Die Verzweiflung ist dann gross, wenn man nicht mehr weiss, welche Möglichkeiten bestehen. Es ist also wichtig, Perspektiven zu fördern.»

Hast du Inputs, Ideen oder eigene Erfahrungen, die du gerne teilen möchtest? Melde dich unter alumni@phzh.ch oder auf unseren sozialen Medien. Wir freuen uns!

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Creative Page Das Studium an der PH hat seine Licht- und Schattenseiten. Eine der letzteren ist wohl, dass die meisten Studierenden, allen Witzen und Versprechen zum Trotz, noch nie ein Mandala im Unterricht ausmalen durften. Das konnten wir so nicht stehen lassen. Du kannst dir diese beiden Seiten ausdrucken, nach Lust und Laune ausmalen, und dabei sogar noch Ăźber Frust und Freuden deines Studiums reflektieren. Namaste! Illustrationen Chiara Profeta und Whitney Huber Text Miro MĂźller

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PHZH QUARANTÄNE BINGO

POSTE DEIN BINGO AUF DEINE INSTA STORY

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BEI EINEM ZOOMMEETING FRÜHSTÜCKEN

EINEN TAG IM PYJAMA VERBRINGEN

MANDALAS AUSMALEN

FREUNDE PER ZOOM TREFFEN

DREI MAL IN DER WOCHE TRAINIERT

UNTER DER WOCHE EINEN FREIEN TAG MACHEN

WECKER FRÜH STELLEN UND TROTZDEM AUSSCHLAFEN

TIGER KING SCHAUEN

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ÜBERSCHÜTTET WERDEN MIT E-MAILS

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The Future is now → tiny.phzh.ch/VA Lernen und Lehren im virtuellen Raum, klappt das?

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Rätsel

von CĂŠline Haag

Nanu? Jemand hat wohl mit meinem Creative-App herumgespielt! Findest du die 9 Fehler, die sich eingeschlichen haben?

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Liebe Dr. Phlex Heute Morgen war ich wieder einmal an der PH. Ich sah die gleichen bekannten Gesichter, roch die gleichen alten Gerüche und sass in den gleichen langweiligen Klassen. Bald habe ich das zweite Jahr hinter mir und das freut mich auch. Doch wenn ich daran denke, nochmals ein Jahr hierher zu kommen, breche ich nicht direkt in Freudentränen aus. Was soll ich bloss tun, um meine Motivation möglichst hoch zu behalten?

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Wertgeschätzter Ré Der PH-Blues hat dich wohl gepackt! Den kennen wir wohl alle. Und ist es denn nicht normal, nach beinahe zwei Jahren langsam die Nase voll von etwas zu haben? Versuch, dich an all die schönen Dinge an der PH zu erinnern. Der Geruch nach frischem Gras, wenn du aus dem LAA herausläufst, das Sprinklersystem der Bäume, das genau um acht Uhr morgens abgeht und dich nass spritzt, all die Dozierenden, die dich schon zum Weinen gebracht haben, die Leistungsnachweise und das Hin und Her in den E-Mails, die du mit dem Sekretariat austauschen musst, bis du nach gerade einmal sechs bis zehn Wochen eine Antwort auf deine Frage erhältst, die halbwegs zufriedenstellend ist. Stell dir ein Leben ohne all diese wunderbaren Momente vor! Du willst wissen, wie du deine Motivation oben behalten kannst? Da ich eine strikte „Sag nein zu Drogen“-Verfechterin bin, bleiben da wohl nur noch das Aufgeben deiner Seele und ein Pakt mit dem Teufel. Oder Schokolade und andere leckere Kleinigkeiten, die dich in den Pausen für einen kurzen Moment in das Reich der Sorglosigkeit entführen. Stell es dir einfach vor, nach einem harten, zweistündigen Modul, ohne Pause und ohne frische Luft, einen grossen Schluck deines eiskalten Lieblingsgetränkes zu nehmen. Der süsse Geschmack läuft dir wie flüssiges Gold die Kehle hinunter und du vergisst für einen Moment all deine Sorgen. Das Universum scheint sich zu vereinen, die Planeten gliedern sich in einer Reihe und selbst Mike Shiva ergibt für diesen Bruchteil einer Sekunde Sinn. Und dann geht das Leben weiter - bis zur nächsten Pause und dem nächsten Kick. Momentan musst du dir darum aber ja sowieso keine Sorgen machen. Wir sind ja alle im Stillstand wegen dieser Corona-Sache.Und auch wenn es noch so schwierig ist, auf all die schönen Eigenschaften der PH zu verzichten, wie die Dozierenden und der Grasgeruch am frühen Morgen, so versuche doch, sie immer im Hinterkopf zu behalten. Vielleicht hilft es dir, morgens aufzustehen und daran zu denken. Und falls nicht, grüss bitte Luzifer von mir, wenn du mit ihm einen Deal abschliesst. Noch drei Seelen mehr und ich kriege einen Gutschein für den Burger King. Immer schön positiv denken und an einer Kreuzung etwas Totes vergraben! Viel Glück Deine Dr. Phlex


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