Wellen des Glücks Musikgenießer jenseits der juvenilen Protzphase sollten sich Resolution Audio anvertrauen. Dort finden sie eine Anlage, die gleichermaßen modernes Kunstobjekt, Technologieträger und hochsensibles Tonwiedergabe-Instrument ist: die CantataKette.
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Autor: Bernhard Rietschel
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eson Audio ist ein HiFi-Vertrieb der leisen Töne. Ein Satz wie „das ischt dann schon gar nicht so schlecht, oder?“, vorgetragen in sanft-melodischem Schweizerdeutsch und begleitet von selbstironischem Schmunzeln, wäre bei reson-Chef René Reuter fast schon Marketing-Vollgas. Understatement, Musik-Kultur und technischer wie stilistischer Eigensinn prägen dann auch seine Vertriebsprodukte, deren Bandbreite von den populären Epos-Lautsprechern bis hin zu indischen Horn-Raritäten reicht. Oder auf der Elektronik-Schiene von preiswerten, portablen DACs bis zu den DNM-Verstärkern, die mit ihrem dreidimensionalen Schaltungsdesign und dem nahezu metallfreien Aufbau seit Jahrzehnten ein ganz eigenes, faszinierendes Paralleluniversum aufspannen. Die Cantata-Komponenten des USHerstellers Resolution Audio kann man als Mittelpunkt der reson-Welt betrachten und vielleicht auch als deren Gipfel, weil hier alles zusammenfindet: Komfort und Purismus, Kunst und Pragmatismus, Kompromisslosigkeit und gerade das richtige Maß an Konzessionen an die reale HiFi-Welt. Komplettiert werden die Cantatas durch einen Mac Mini, der dank geräuschlosem SSD-Speicher und einer externen USBPlatte zum perfekten Musikserver avanciert. Jedes Einzelteil der reson-Kette entstammt einem akribischen Auswahlverfahren. Gibt der Markt ein bestimmtes Element nicht in der gewünschten Perfektion her, dann lässt Reson es sich eben bauen – wie etwa die USB-Harddisk: Nachdem selbst hochwertige Standard-Platten im Alltag durch mehr oder weniger große Probleme aufoder gar ausfielen, gab Reuter das „reson Plattenregal“ PR3 in Auftrag, ein für Nonstopbetrieb ausgelegter 3TB-Speicher in Serverqualität, dessen Alugehäuse perfekt zu dem des Mac Mini passt.
Dass auch außerhalb von Cupertino geniales Design entstehen kann, zeigt Resolution mit den Cantata-Gehäusen, die wohl zu den schönsten der HiFi-Geschichte gehören. Aus Aluminium gefräst ist heutzutage vieles, die bildhauerischen Qualitäten der Resolution-Gehäuseschalen sind dagegen einzigartig, und das kann man ruhig ganz wörtlich nehmen: Die eingearbeitete Wellenstruktur ist nicht regelmäßig, sondern variiert subtil und doch merklich von Zentimeter zu Zentimeter. Die CNC-Maschinen arbeiten bei der Herstellung einen riesigen digitalen Musterbogen ab, jedes Cantata-Gerät steht für ein eigenes, einmaliges Segment aus diesem Master-Muster, das zusammengesetzt wirken müsste wie der Metall-Abdruck eines windgepeitschten Ozeans – vielleicht des Pazifiks, den Resolution Audio in San Francisco direkt vor der Haustür hat. Fast schämt man sich, einem solchen Unikat etwas so Banales wie eine CD zu
füttern. Der Zugangsschlitz zum Laufwerk liegt beim Cantata MC dann auch diskret im schwarzen Sockel verborgen. Obwohl er zu den weltbesten Spielern gehört, ist CD-Wiedergabe nur eines von vielen Talenten des „Music Center“. Seine volle Qualität zeigt er, wenn er als D/A-Wandler arbeiten darf, und zwar bevorzugt über den USB-Input. Einst das Schmuddelkind unter den digitalen Musik-Schnittstellen, hat sich USB zur besten Verbindung zwischen Laufwerk und Wandler entwickelt. Verantwortlich für diese erstaunliche Wandlung ist die asynchrone Betriebsart, die letztlich ermöglicht, dass ein intelligent gemachter DAC seinen Wandlerchips die Audio-Daten nahezu jitterfrei serviert. Und „intelligent gemacht“ ist für den Cantata eine drastische Untertreibung. Wenn es in der Konstruktion des MC ein Leitmotiv gibt, dann ist es „Isolation“. Die einzelnen Funktionsbereiche des Player-Wandlers sind perfekt voneinander
Fester Bestandteil der Kette: Das „Domo“-Rack ist federleicht, hat aber einen umso gewichtigeren Einfluss auf den Klang der Geräte – er wird klarer und noch lebendiger.
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Komfortables Teamwork: CantataAmp und -Wandler lassen sich per Fernbedienung oder über via CantataApp bedienen wie ein einziges Gerät.
und von der Außenwelt entkoppelt, arbeiten aber perfekt zusammen, wo es nötig ist – etwa bei der taktgenauen Übermittlung der Daten. Nimmt man den Boden ab (das Innenleben hängt kopfüber in der Aluschale), sieht man gleich vier kräftige Ringkern-Trafos, die dem USB-Bereich, dem DSP, der Audioplatine und der Versorgung von Laufwerk und SteuerungsProzessoren jeweils exklusiv gewidmet sind. Separat ausgefräste Abschirmkammern für Netzteile, USB- und Audioboard hindern Streufelder daran, benachbarte Baugruppen zu stören; sämtliche elektrische Verbindungen zwischen den Platinen sind durch iCoupler (winzige Übertrager in ICGehäusen) galvanisch getrennt.
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Egal, ob sie aus dem CD-Laufwerk oder von den Digitaleingängen stammen, landen die Signale zunächst in einem großen Pufferspeicher, aus dem sich dann ein DSP bedient, der die Bits für die eigentlichen Wandlerchips aufbereitet. Entwickler Jeff Kalt bevorzugt an dieser Stelle klassische
Multibit-Architektur, die nur noch in wenigen aktuell verfügbaren ICs zu finden ist – der PCM1704 von Burr-Brown gehört nicht nur zu dieser exklusiven Gruppe, er ist ihr edelster und teuerster Vertreter. Kalt verbaut gleich vier Stück davon, gefolgt jeweils von Instrumentationsverstärkern zur Strom-Spannungswandlung (wiederum Burr-Brown) und voll symmetrisch-differenziellen Ausgangsstufen. Wer den MC direkt an einer Endstufe oder einem Pärchen Aktivboxen betreiben will, kann dies dank analoger Pegelstellchips im Ausgang gerne tun. Kombiniert man den MC jedoch mit dem CantataVollverstärker C50, übernimmt dessen deutlich vornehmere und verlustärmere Lautstärkeregelung die Vorherrschaft, der MC überbrückt sein Stellwerk dann automatisch per Relais. Der C50 ist ein Präzisionsverstärker aus der Feder des DNM-Entwicklers Denis Morecroft und trägt erkennbar dessen Handschrift: relativ geringe Leistung, daraus resultierend eine sehr kompakte Schaltung ohne unnötige Komplexität und mit extrem kurzen Signalwegen, natürlich die niederinduktiven und widerstandsarmen T-Network-Elkos mit ihren charakteristischen vier Anschlusspins im Netzteil, dünne Solid-Core-Innenverdrahtung. Morecrofts Haupt-Augenmerk gilt der Vermeidung von Wirbelströmen, die die Funktion des Verstärkers, insbesondere von dessen Gegenkopplungsschleife, behindern. Die massearmen Kabel – die auch außer- >
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Power corrupts: Der Cantata 50 ist ein HiFi- und kein PA-Verstärker, optimiert nicht auf hohe Leistungen, sondern auf minimale Komplexität und ausreichend Leistung, um in einem normalen Wohnzimmer Musik zu hören.
Digitale Tour de Force: Vier Netzteile und sorgfältig entkoppelte Baugruppen im Cantata MC. Neben USB und LAN bietet der Wandler auch optische, Koax- und AES/EBU-Digitaleingänge. Das CD-Laufwerk ist als einzige Baugruppe am – hier abgenommenen – Boden befestigt.
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halb des Amps in Lautsprecher- und Kleinsignalkabeln ihre Fortsetzung finden – sind dabei ebenso hilfreich wie die aufs absolute Material-Minimum reduzierten Boxenklemmen. Die Leistungstransistoren sitzen aus demselben Grund nicht direkt am Alugehäuse, sondern geben ihre Abwärme über dicke Klötze aus Aluminiumoxid an dieses weiter – Al2O3 ist ein elektrischer Isolator, leitet Wärme aber sehr gut. Als Partner wünscht sich der C50 einen eher wirkungsgradstarken, im Bass gerne etwas kräftigeren Lautsprecher. Im finanziell noch überschaubaren Bereich gefielen uns die Tannoy Stirling und deren modernere, preiswertere Schwester Presision 6.4 hervorragend, beide harmonierten tonal perfekt mit dem pfeilschnellen, leichtfüßigtransparenten Klang des Cantata-Amps.
Absolut genau, ohne analytisch zu werden, liefert der C50 kein Gramm zu viel Bass, hinterlässt aber nie einen schlanken oder gar dünnen Eindruck. Vor allem aber vermittelt er Musik mit einer Präsenz und Verständlichkeit, die das Hören zugleich völlig unkompliziert und extrem aufschlussreich macht. Wie Resolution das hinbekommt, weiß ich nicht, ich würde mir aber zutrauen, diesen einzigartigen Klang jederzeit im Blindvergleich zu identifizieren – es gibt ihn nirgendwo sonst genau so. Eine gewisse Klangverwandtschaft zeigt der Resolution immerhin zum Pathos Inpol Remix – interessanterweise wieder ein Transistoramp, der mit riesigem Aufwand wenig Leistung erzeugt. Auch beim Cantata MC muss man lange suchen, um klanglich vergleichbare
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Angebote zu finden – auf noch höherem Niveau, aber auch deutlich teurer, fallen mir die DACs von MSB ein, die das Kunststück ebenfalls beherrschen, Musik vollständig und restlos von jeglicher Spur ihres digitalen Ursprungs zu befreien. Es ist schwer, darüber detailliert zu schreiben – man hört hin und weiß nach Sekunden: So muss Musik klingen. Am besten gelingt dieses Wunder mit AIFF-Dateien vom Mac, abgespielt mit der Software PureMusic, verwaltet durch das bewährte iTunes und gesteuert via Apple Remote mit einem iPad. Dann trifft die völlige Entspanntheit des Klangs auf einen ebenso entspannten Hörer, der die Reife und Stabilität der Apple-Infrastruktur mit absoluter Kompromisslosigkeit über den gesamten Wiedergabe-Signalweg kombiniert. Irgendwann in den nächsten Monaten wird der MC per Update die Fähigkeit erlangen, Musik auch aus eigener Kraft von einem UPnP-Server zu streamen, wird also zum veritablen Netzwerkplayer mutieren. Auch das macht den reson-Hörer nicht ansatzweise nervös: Er wird weiterhin in aller Ruhe Musik rippen, in paarmal auf das iPad tippen, schweigen und genießen. <
Hörtest-CD Indians „Somewhere Else“
Resolution Cantata MC / C50 Listenpreis: 4700 / 6700 € Garantiezeit: 3 Jahre Gewicht: je 5 kg Maße (B x H x T): je 43 x 5 x 23 cm Oberflächen: Aluminium natur Vertrieb: Reson Audio GmbH, 79774 Albbruck Telefon: 07753 / 624335 Internet: www.reson.de Weitere Elemente: Domo Rack, 3 Ebenen: ca. 1000 € USB-Kabel UA-100S: 250 € LS-Kabel LSC-500 2x5m: 180 € NF-Kabel TBB075, 75cm: 155 € USB3.0/FireWire-Platte PR3: 360 € Abspielsoftware PureMusic: 106 € Mac Mini mit 256GB SSD, externem Superdrive, 8GB RAM: ab 1300 € iPad Mini: 329 €
Raffiniert produzierte Platte voller bescheidener, aus der Ruhe und Stille heraus umso intensiver wirkender Hymnen – erinnert an Flaming Lips, Beach Boys, Bon Iver, ist aber dennoch anders und vielmals auch besser.
Der Autor Bernhard Rietschel
Im Hauptberuf Chefredakteur von AUDIO. War dort über zehn Jahre lang „Digitalspezialist“, hörte privat aber ausschließlich LP und wurde erst durch Netzwerk-Audio mit digitaler Musikwiedergabe versöhnt. Schraubt auch gern an Gastro-Espressomaschinen.
AUDIOphile Charakter Messlabor Cantata MC
Unangestrengt luftig, sanft
Cantata 50
Neutral authentisch
mitreißend emotional dynamisch
direkt hochauflösend
AUDIOphile Potenzial Niederohmige Ausgänge (100Ω Cinch, 50Ω XLR), brettlineare Frequenzgänge bis in den Ultraschallbereich (bei 192k Samplingrate bis etwa 50kHz). Der Störabstand (94dB) könnte besser sein, der Jitter (Bild oben) ist dafür überragend (CD 163ps, USB 157ps). Stromaufnahme im Betrieb: 17W
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Ausgewogener Frequenzgang mit etwas frühem Bassabfall (-2dB bei 15Hz, Bild oben). Mit 2x 45/55W an 8/4Ω ausreichend Leistung für die meisten Lautsprecher, guter Rauschabstand (95dB). Klirr steigt harmonisch mit der Leistung an, ist aber nicht ganz frequenz- und lastneutral. Leerlauf-Verbrauch 18W.
AUDIOphile Empfehlung Phantastische Einzelkomponenten. Liebevoll dazukomponiertes Systemkonzept, das einfach und stabil funktioniert. Trotz begrenzter Leistung sehr vielseitig.
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