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Velosvedetten: Ein Radsport verein fast nur für Frauen
Im Frauensitz
Die Velosvedetten sind ein Radsportverein exklusiv für Frauen. Zumindest fast. Gegründet 2017, organisiert der Verein jede Woche Touren durch Luxemburg, ohne Leistungsgedanken und Druck. Präsidentin Liz van Rijswijck über die Gründung und Zukunft des Vereins.

Früher war alles anders, auch beim Radfahren. Das war am Anfang nämlich reine Männersache. Wen wundert’s? Immerhin lässt es sich im Rock schwerer fahren als in der Hose. Und eine Frau in Hose war damals im frühen 19. Jahrhundert undenkbar. Auch der aus dem Reiten bekannte Frauensitz war auf dem Drahtesel keine Option. Schlug Frau beide Beine auf eine Seite, war das Gleichgewicht schnell Geschichte. Ende des 19. Jahrhunderts kamen die ersten Frauenräder. Zwei große Räder und ein niedriger Durchstieg machten den Radsport frauentauglich.
Trotzdem blieb es sozial verpönt, sich als Frau auf dem Fahrrad zu zeigen. Der wehende Rock im Fahrtwind des Zweirads war zu viel für die erzkonservative Seele der damaligen Gesellschaft. Auch deswegen hat das Radfahren etwas mit Emanzipation zu tun. In Deutschland war es Amelie Rother, die sich in den 1890er Jahren als erste Frau auf einem Fahrrad durch die Berliner Innenstadt traute. Die Suche nach Gleichberechtigung führte fortan auch über den Radweg.
„Natürlich steckt auch ein wenig feministisches Gedankengut hinter unserem Verein“, erklärt Präsidentin Liz van Rijswijck. Die heute 33-jährige angehende Lehrerin ist Teil des Gründungstrios der Velosvedetten: „Wer mit Männern fährt, muss sich auf Tempo und Wettbewerbsgedanken einstellen. Wir wollten einen Verein, in dem es um die Freude am Sport geht. In dem wir aufeinander warten und uns gemeinsam vom Stress des Alltags ablenken können.“ Aber auch bei den Velosvedetten gäbe es richtig gute Fahrerinnen. Immerhin gründet auch ihr Verein im Wettbewerb.
„Wir haben uns immer neue Challenges gesetzt“, erinnert sich van Rijswijck an ihre kurzen drei Jahre im Team von Fränk Schleck. Der ehemalige Radprofi hatte sich 2015 auf die Suche nach Frauen für sein Team beim Schleck Gran Fondo gemacht. „Über drei Ecken ist er bei mir gelandet“, erinnert sie sich stolz lächelnd. Sie befand sich damals in der Vorbereitung auf den ING-Marathon, ihren ersten Marathon überhaupt. „Mit dem Angebot von Fränk fiel der allerdings





ins Wasser. Seither laufe ich eigentlich nicht mehr. Aber einen Marathon zu laufen, steht immer noch auf meiner Liste.“
Die Liebe zum Radsport war augenblicklich. „Es ist der Sport für mich. Radfahren bedeutet für mich Freiheit.“ Teilen durfte sie diese Leidenschaft damals nicht nur mit den Brüdern Schleck, sondern auch mit Tamara Jung und Xenia Peiffer. „Wir haben immer wieder darüber gesprochen, dass es cool wäre, einen Radverein nur für Frauen zu haben“, erinnert sich Liz van Rijswijck. Team Schleck ging es wirklich darum, immer besser zu werden. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich an einem Tag dreimal den Mont Ventoux hochgefahren bin. Am Tag danach konnte ich meine Beine kaum noch spüren. Da wurde mir klar, dass ich in Zukunft vor allem für den Spaß radfahren möchte.“
Also griffen van Rijswijck, Jung und Peiffer zurück auf ihre Idee eines Radsportvereins exklusiv für Frauen. Ohne großartige Erfahrung im Bereich der Vereinsgründung, entstanden so 2017 die Velosvedetten. Die Statuten hätten die Frauen damals irgendwie gemeinsam mit einem Anwalt zusammengeschrieben: „Uns ging es vor allem darum, gemeinsam Radtouren zu machen. Der offizielle Teil war sekundär.“


Aber auch die administrativen Arbeiten gehören dazu. Nicht zuletzt die Suche nach Sponsoren und deren Pflege sind unabdinglich, will man als Verein überleben. „Man unterschätzt am Anfang natürlich gerne, wieviel Arbeit in der Planung und Administration steckt. Gerade jetzt, wo bei einer von uns das Kind da ist, bei den anderen die Arbeit immer und immer mehr Zeit erfordert, wird es schon sehr eng manchmal.“ Trotzdem versuche man natürlich, seinen Mitgliedern gerecht zu werden.
Derer zählt der Verein heute rund 50 Stück. „Man muss allerdings sagen, dass der harte Kern aus rund zehn Fahrerinnen besteht. Die anderen sind eher sporadisch dabei.“ Interessanterweise zählt der Verein auch rund 15 Männer. Wie das? „Wir wollten auf keinen Fall Leute nur wegen des Geschlechts ausschließen. Also haben wir eine Formel entwickelt, in der Männer dem Verein als Unterstützer beitreten können. So bleiben wir primär grundsätzlich ein Frauenverein, in dem auch Männer mitmachen können, wenn sie das wollen.“
Mitmachen bedeutet bei den Velosvedetten vor allem eines: fahren. Normalerweise organisieren sie zwei Treffen pro Woche. Einmal treffen sie sich am Mittwoch im Mersch zu einer Afterwork-Tour durch Luxemburg. Ein zweites Mal finden sie zusammen an den Wochenenden, meistens samstags, um an einer Rundfahrt oder sonst einem Event teilzunehmen. „Normalerweise organisieren wir auch einmal im Jahr eine Reise. Da geht es dann zum Beispiel nach Mallorca, um dort gemeinsam Rad zu fahren. Das war die vergangenen beiden Jahre natürlich etwas komplizierter.“
In Zukunft soll der Verein weiter wachsen. Auch wenn die Verantwortlichen zwischen Arbeit und Familie immer weniger Zeit haben. Das ultimative Ziel hat auch weniger mit Verein und mehr mit einer Community zu tun: „Wir wollen, dass in Zukunft auch unsere Mitglieder Initiative ergreifen. Es geht darum, dass unabhängig vom Vorstand die Leute aus dem Verein zusammenfinden und ihre Leidenschaft gemeinsam ausleben, gemeinsam genießen.“
Text: Daniel Baltes Fotos: Rom Helbach
