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Camping in Luxemburg
Camping-Trip in die Heimat
Es ist eine Expedition nur einige Kilometer von zu Hause entfernt. Egal ob im Wohnwagen, im Mobilheim oder im Zelt, ihre Auszeit verbringen diese einheimischen Touristen am liebsten innerhalb der Landesgrenzen, denn daheim ist es immer noch am schönsten.

Die Stamm-Camper
Fragen Sie an der Auskunftstelle nach Mandy und ihrer Familie, kennt die hier jeder. Auf dem Campinggelände in Bettendorf entlang der Sauer ist die 35-Jährige regelrecht zu Hause. Fast könnte man sie als Alteingesessene bezeichnen. Von März bis Oktober lässt sie sich mitsamt Ehemann, vier Kindern und Hund im eigenen Mobilheim nieder. Und das war schon immer so.
Bereits als Kind war das Kampieren eine Familienangelegenheit. „Meine ganze Kindheit habe ich zusammen mit meinen Eltern, den Geschwistern, Tanten, Onkeln, Cousins und Cousinen auf dem Camping verbracht. Das ist eine echte Familientradition“, betont die vierfache Mutter stolz. „Damals war auf dem Standort nicht mehr viel Platz für andere Gäste“, behauptet sie lachend. „Es war so eine herrlich schöne Kindheit.“
Mit einem Hauch Nostalgie in der Stimme erinnert sie sich an jene Zeiten, wo sie ganze Sommerurlaube in Reisdorf verbrachte. Doch vor einigen Jahren hat dort der Campingplatz geschlossen, die Familie wurde zerstreut. Heute bleiben nur noch Mandys Familie und ihre Eltern in Bettendorf übrig. Die haben sich nur einige Meter, fast neben dem Mobilheim ihrer Tochter entfernt niedergelassen. „Mehr als 30 Jahre Campingurlaub habe ich bereits hinter mir“, verrät ihre Mutter Anne-Marie ganz stolz. Ferien im Ausland? „Das interessiert mich nicht“, betont Mandy mit ernster Stimme. Urlaub im Mobilheim war ihrem Mann Steve bis vor der Begegnung mit seiner Ehefrau total fremd. Doch er hat sich, seiner eigenen Aussage nach, problemlos angepasst. „Es hat mir sofort sehr gut gefallen.“ Zugegeben, Mandy ist nicht sehr kompromissbereit. Das gibt sie lachend zu. „Ich kann mir ein anderes Leben gar nicht vorstellen.“
Nur einige Meter entfernt, entlang der Sauer, fischt der 14-jährige Luka. Seine siebenjährige Lucy fiebert begeistert mit, Verbunden mit der Hoffnung, dass vielleicht doch noch ein dicker Fisch anbeißen wird. Wir nutzen die Gelegenheit, um einen Rundgang durch die Räumlichkeiten zu machen. Es ist erstaunlich wie geräumig das selbst zusammengebaute Mobilheim ist. Die stolze Besitzerin führt uns durch den Aufenthaltsraum, zeigt uns die Küche, die beiden Schlafzimmer und das große Badezimmer mit Dusche und Toilette.
1.250 Euro bezahlt das Paar jährlich für den Stellplatz. Dazu kommen noch die Stromkosten. Das Wasser brauchen sie nicht zu zahlen. Ein interessantes Preis-Leistungs-Verhältnis für einen zweimonatigen Sommerurlaub und zahlreiche Wochenendaufenthalte. Und trotzdem begegnen wir nicht vielen anderen Luxemburgern, die sich für ein Mobilheim auf dem Gelände entschieden haben. „Die Luxemburger lassen sich lieber im Ausland in einem bequemen Hotel verwöhnen“, meint Mandy. „Deshalb wirst du hier nicht vielen über den Weg laufen.“ Sie muss lachen.
Familienferien stellen häufig eine Herausforderung für Eltern dar, nicht aber für Mandy und Steve. Hier auf dem Gelände können sich die Kinder frei bewegen, an zahlreichen Aktivitäten

teilnehmen und ohne Gefahr mit dem Fahrrad durch die Gegend brausen. Hier können sie ungestört Tage und Wochen mit Camper-Freunden verbringen und sich so richtig austoben. „Es hat sich im Laufe der Zeit eine Art Gemeinschaft gebildet. Hier kennt jeder jeden, wie in einem kleinen Dorf. Ich finde das beruhigend.“ In ihrer Heimstadt Rodange sei das alles nicht mehr möglich. Es sei Mandy wichtig, dass ihre Kinder viel Zeit draußen an der frischen Luft verbringen. Kochen, putzen, waschen? Das sei für sie kein Problem, meint sie ganz entspannt, während sie die vier Monate junge Lexy sanft in den Schlaf wiegt.
„Mir gefällt diese Ruhe“, sagt sie. Deshalb nutzt die Familie jede freie Minute, die ihr zur Verfügung steht, um Zeit in ihrem Zweitwohnsitz zu verbringen. Nur während der Winterzeit müssen sie auf das Camping-Ambiente verzichten. Dann ist das Gelände nämlich geschlossen.
Viel Zeit für sich haben die Eltern trotzdem nicht. In einem Mobilheim gibt es immer etwas zu tun. Besonders dieses Jahr ist jede Menge Arbeit zu erledigen. Es wird gebohrt, gehämmert und angestrichen, was das Zeug hält. Letzten Sommer hat das Hochwasser den Campingplatz im schönen Sauertal nicht verschont. „Es war sehr heftig“, erinnert sich Mandy. „Das Hochwasser hat viele Schäden hinterlassen. Das ganze Badezimmer musste zum Beispiel erneuert werden. Glücklicherweise sind wir alle in der Familie einigermaßen handwerklich begabt. Die Hoffnung haben wir nie verloren. Unser Mobilheim würde ich nie aufgeben, das können Sie mir glauben!“


Kein Fernweh
Das leise Geplätscher der Clerve sorgt für ein entspanntes Ambiente, und der schattige Standort mitten im Grünen, wo sich Roger Feitler und seine Enkelkinder niedergelassen haben, liegt genau richtig, um zumindest einen Augenblick der erdrückenden Hitze zu entkommen. Ein kühler Platz im Schatten, wo es sich das Trio in seinem Zelt gemütlich gemacht hat. Liegestuhl, kleiner Klapptisch, Gaskocher und ein bequemer Innenraum wirken tatsächlich auf den ersten Blick, als würden sie aus einem lebensgroßen Bilderbuch stammen. Mitten in dem idyllischen Clerf, nur einige hundert Meter vom bekannten mittelalterlichen Schloss aus dem 12. Jahrhundert entfernt, lässt es sich gut entspannen.
„Als Junggeselle war ich regelmäßig mit dem Zelt unterwegs“, erinnert sich Roger. Als er 1975 geheiratet habe, sei allerdings damit sehr schnell Schluss gewesen, behauptet der 68-Jährige amüsiert. „Meine Frau konnte sich für das Leben auf dem Campingplatz nicht begeistern.“ Aus Liebe habe er, sozusagen, eine langjährige Camping-Pause eingelegt, erklärt er lachend. Doch vor einigen Jahren habe er seine Leidenschaft fürs Campen mit seinen Enkelkindern teilen wollen. Kampieren bedeutet für ihn Freiheit, ein Leben mit und inmitten der Natur. „Dieses einmalige Erlebnis wollte ich meinen Enkelkindern vermitteln, denn ich finde, dass diese Verbindung zur Natur immer mehr verloren geht.“

Reden Sie mit ihm nicht über Wohnwagen, Camper oder Mobilheime. Damit hat der abenteuerlustige Großvater nichts am Hut. „Das ist mir zu bequem“, meint er. Nichts geht über ein robustes und praktisches Zelt. „Es ist schwer zu beschreiben, aber das Ganze hat einen wilderen Aspekt. Draußen in der Natur lebst du einfach in den Tag hinein.“
Erste Schritte und erste Erfahrungen auf dem Campingplatz haben die zwölfjährige Lisa und ihr neunjähriger Bruder bereits vor drei Jahren gemacht. Sie fühlen sich hier pudelwohl. Keine Spur von Heimweh und kein Fernweh. Die beiden Kids aus Garnich möchten ihre Abenteuerreise mit Opa nicht mehr missen.
„Als ich fünf oder sechs war, hat er mir das Zelten bei uns zu Hause im Garten beigebracht“, erinnert sich Lisa. „In einem Schlafsack schläft es sich anders als im eigenen Bett, das ist klar, aber es hat etwas Eigenartiges, das mir sehr viel Spaß bereitet.“ Stolz berichtet sie, der Großvater habe ihr alles beigebracht. Sogar den Zeltaufbau beherrscht sie mittlerweile fast ganz alleine.
Nur einige Meter entfernt macht sich lautes Planschen bemerkbar. Die ersten Gäste kühlen sich im Außenschwimmbad ab. Bei Temperaturen weit über 30 Grad ist das fast ein Luxus. Doch neben den zahlreichen Aktivitäten, die der Campingplatz anbietet, steckt die von Touristen gern besuchte Gegend voller toller Abenteuer. „Das gefällt mir am meisten“, verrät Ben ganz entzückt. Begeistert zählt er die Vielfalt seiner Aktivtäten auf. Berichtet über Ausflüge, Paddeln auf dem See, Tischtennis, Minigolf und über die Skatebahn. Langweile scheinen die Kinder hier nicht zu kennen, doch Zeit zum Faulenzen gibt es nicht. Auch Küchen- und Geschirrspüldienst gehören auf dem Campingplatz zum Alltag. „Wir wechseln uns ab“, meint Ben mit leiser Stimme. „Der eine spült, der andere trocknet ab.“ An seinem Geschichtsausdruck lässt sich erkennen, dass es sich mit Sicherheit hier nicht um seine Lieblingsbeschäftigung handelt. „Jeden Morgen machen mir die Kinder Frühstück, und abends kocht uns Lisa Nudeln. Sie ist eine ausgesprochen begabte Köchin.“, behauptet Roger. Freiheit und Nähe zur Natur sind dem eingefleischten Camping-Fan eine Priorität. Neben dem Freizeitaspekt möchte er seinen Enkelkindern auch etwas vermitteln. Fernreisen machen sie bereits mit ihren Eltern, und so ist es vielleicht gar nicht so abwegig, ihnen zusätzliche Perspektiven zu bieten. Auch auf heimatlichen Pfaden gibt es nämlich sehr viel zu entdecken und zu erkunden. „Ich kann verstehen, dass weite Reisen ins Ausland wahrscheinlich reizvoller sind“, meint Roger. „Ich kann auch verstehen, dass Sie nach monatelanger Arbeit ihren Urlaub woanders als in einem Zelt verbringen möchten. Dass sie sich ein Minimum an Komfort und einen radikalen Tapetenwechsel wünschen. Aber auf der anderen Seite finde ich es sehr schade. Dieser Draht zur Natur und zur Heimat ist mir auf jeden Fall sehr wichtig.“




Überall zu Hause
Die einen sitzen vor ihren Unterkünften und genießen das sonnige Wetter, andere sind gerade dabei, zu einer Fahrradtour aufzubrechen. Viele der Fahrzeuge auf dem Camping Gritt in Ingeldorf tragen Kennzeichen aus den Niederlanden und Belgien, aber auch Luxemburger Nummernschilder sind hier zu finden. So etwa der Wohnwagen von Jo und Jeannot Antinori aus Rümelingen. Das Ehepaar macht seit Anfang April hier Urlaub, mit von der Partie ist auch Hund Lasko. Ihre Unterkunft: ein Wohnwagen, acht Meter lang und 2,50 Meter breit. Ein Vorzelt, ähnlich einer überdachten Terrasse, steht davor. Auch bei schlechtem Wetter stehen hier gesellige Grillabende auf dem Programm.
„Normalerweise fahren wir im Frühling nach Spanien, kommen zur Schulferienzeit zurück nach Luxemburg und überwintern in Holland”, erzählt Jeannot Antinori. Seit zwei Jahren sei das aber etwas anders. Als die Pandemie ausbrach und man nicht verreisen konnte, haben sich die beiden dazu entschieden, in Luxemburg Urlaub zu machen. „Wir sind 2020 gemeinsam mit Freunden hierhingekommen, und weil es uns hier so gut gefallen hat, sind wir auch im Jahr danach wieder zurückgekehrt”, so Jo Antinori. Dieses Jahr wollte das Ehepaar eigentlich wieder nach Spanien fahren, doch wegen eines Krankheitsfalls in der Familie sind sie auch diese Saison wieder hier. „So sind wir erreichbar und notfalls schnell zu Hause, können aber trotzdem Urlaub machen”, so die 57-Jährige.
Die Freude am Campen haben die Antinoris Mitte der 1990er entdeckt. Zu Beginn mieteten sie ein Zimmer in einer Camping-Ferienunterkunft, später liehen sie sich einen Wohnwagen. „Wir wollten erstmal ausprobieren, ob uns das auch wirklich gefällt”, so Jo Antinori. Das tat es, seither sind Hotels passé. „In solchen Unterkünften ist man nur zu Gast, mit dem Wohnwagen ist man aber quasi überall zu Hause”, so Jeannot Antinori. Auf überfüllte Touristenunterkünfte, wo sich um Sonnenliegen gestritten wird, und aufs Schlangestehen beim Buffet, darauf haben sie einfach keine Lust mehr. dann kauften wir das gleiche Modell noch einmal. Vor einem Jahr haben wir uns aber einen Neuen gekauft, der ist noch etwas größer als die alten Modelle, und mit Heckbad – also einer Duschkabine – und Bodenheizung auch noch um einiges komfortabler”, verraten die beiden.
Auf diesem Campingplatz benötige man eigentlich kein eigenes Bad, aber auf anderen Stellplätzen sei die Hygiene nicht immer garantiert. „Hier ist es sehr sauber und ruhig. Auch die Besitzerin ist sehr nett und zuvorkommend. Man kann gar nicht anders, als sich wohlzufühlen”, so Jeannot Antinori. „Wenn ich aus dem Auto steige, weiß ich, dass ich abschalten kann, auch wenn es nur etwa 60 Kilometer bis nach Hause sind”, ergänzt seine Frau. Langeweile kommt bei den beiden nicht so schnell auf. Er unternimmt gerne Fahrradtouren, geht angeln oder joggen, sie widmet sich gerne Bastelarbeiten, gemeinsam besuchen die beiden auch mal Flohmärkte. An den Wochenenden empfängt das Paar oft Besuch, viele der Campingnachbarn sind längst keine Fremden mehr. „Man bricht sich ja keinen Zacken aus der Krone, wenn man andere Camper auf eine Grillwurst und ein Getränk einlädt”, meint er lachend. Auf Campingplätzen knüpfe man schnell Kontakt zu den anderen Gästen. Das freundliche Miteinander werde einfach großgeschrieben, das gefalle den beiden. Er erinnert sich: „Als wir das erste Mal hier waren, hatten wir kaum Proviant. Da hat uns ein anderer Camper aus Luxemburg einfach ein Brot gegeben, er wollte nicht mal was dafür haben. Abends saßen wir zusammen und sind immer noch befreundet”, so der Rentner.
Die Zahl an Luxemburgern, die hierherkommen, sei seit dem Ausbruch von Corona merklich gestiegen, sagt auch Ineke Hoogeveen, die Besitzerin des Campings. „Ich bin froh, dass auch endlich mehr Luxemburger hier Urlaub machen. Hier ist es doch auch schön”, sagt sie. Die Antinoris bestätigen das. „Hier gibt es zwar keinen Swimmingpool, aber dafür kann man in der Sauer baden. Unser Hund Lasko geht auch gerne mal zum Abkühlen da rein”, lachen sie. Nur ein paar Meter entfernt ist der Fluss zu sehen, am Ufer sitzt gerade eine Gruppe junger Leute zusammen.



Vor einem Jahr allerdings bereitete dieser Fluss ihnen Sorgen. „Die starken Regenfälle und die Überschwemmung damals im Juli hat uns, wie andere Camper auch, kalt erwischt. Aber wir haben uns alle gegenseitig geholfen. Man muss ja bedenken, dass so ein Vorzelt, wie wir aber auch viele andere eins haben, schon seine Zeit benötigt, bis es auf- und abgebaut ist. Dann kommen ja auch noch die ganzen Möbel hinzu, die wir einräumen mussten”, erklärt er. Friedhofs in Ingeldorf, organisiert hatte das die Campingbesitzerin. Andere Gäste kamen bei Nachbarn des Campings unter. „Da war schon eine große Solidarität unter den Leuten, jeder hat jedem so gut er konnte geholfen”, erzählt Jeannot Antinori. „Es gibt auch schon mal andere Gäste, die etwas zu laut sind oder sich als Aufpasser aufspielen, aber solche Leute muss man eben ignorieren. Leute, die sich danebenbenehmen, kann man überall treffen, auch in feinen Hotels”, ist er sich sicher. Je nachdem, wie es mit den Kraftstoffpreisen weitergehe, könne Camping in Luxemburg für viele so oder so definitiv eine gute Alternative zu Auslandsreisen sein.
Die beiden selbst haben derzeit aber nicht vor, andere Campingplätze in Luxemburg kennenzulernen. Gerne wollen sie – wenn die Sache mit dem Krankheitsfall geklärt ist – wieder nach Spanien und nach Holland. Vielleicht wollen sie sich auch noch ein Wohnmobil zulegen, weil man damit noch flexibler sei als mit dem Wohnwagen, den sie jetzt haben. Aber dieser Campingplatz in Ingeldorf habe definitiv einen Platz in ihrem Herzen. Um einen erholsamen Urlaub zu verbringen, muss man nicht weit wegfahren. Da sind sich die zwei einig.