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Der Guide „Le Luxembourg pas cher

Solidarisches Luxemburg

Pascale Zaourou hat für den Führer „Le Luxembourg pas cher“ Tipps und Adressen für den kleinen Geldbeutel gesammelt. Im Interview erzählt sie, was das Leben in Luxemburg für sie bedeutet.

Überall spricht man von Ihrem Guide. Sind Sie zufrieden mit dem Verkauf und dem Verlauf nach der Veröffentlichung?

Ich bin sehr zufrieden. Er verkauft sich sehr gut. Jetzt machen wir zusätzlich die Aktion „Guide Suspendu“. Man kann einen kaufen, aber nicht für sich selbst, sondern die sozialen Einrichtungen geben sie gratis weiter.

Warum war Ihnen dieses Projekt so wichtig?

Es geht mir um das Teilen, das Bewusstsein, ich bin der andere. Das ist ein christliches Konzept, Entschuldigung. Aber das bedeutet, für jemand anderen bin ich der andere. Jeder könnte an der Stelle des Gegenübers sein. Und wenn man anderen etwas Gutes tut, ist das wie eine Art Bumerang. Ich habe meine Recherche für das Buch vor zwei Jahren angefangen, aber in der jetzigen Situation hat jeder das Bewusstsein dafür entwickelt, dass der Lebensweg nicht immer nur gerade verläuft, dass jeder mal in eine schwierige Situation geraten kann. Dieser solidarische Geist muss gefördert werden, sodass alle die Möglichkeit haben, anständig zu leben. Deshalb bin ich froh, diesen Gedanken durch den Guide weitertragen zu können.

Halten Sie sich für einen religiösen Menschen?

Ich bin es. Mir ist wichtig zu teilen, was ich habe. Es hätte mir sehr geholfen, dieses auf dem Markt zu finden. Die Recherche war viel Arbeit, aber ich wollte weitergeben, was ich von diesem Land bekommen habe. Ich bin froh, dass ich mein Bild von Luxemburg damit weitergeben kann. Diese solidarische Seite von Luxemburg. Diese Seite existiert und ich möchte, dass alle das wissen.

Wie ist Luxemburg für Sie?

Wenn Sie etwas lieben, heißt das nicht, dass das perfekt sein muss.

Pascale Zaourou

Le Luxembourg pas cher

Der Guide „Le Luxembourg pas cher” ist in den Buchhandlungen Diederich in Esch/Alztte und der Librairie des Lycées in Limpertsberg sowie im Atelier Kritzel Fabrik im Bahnhofsviertel erhältlich. In verschiedenen Kapiteln widmet sich Pascale Zaourou darin den Themen Wohnen, Arbeit und Familie. Der größte Teil gibt Tipps und Adressen für Kultur, Freizeitaktivitäten und Einkaufen.

lieben, heißt das nicht, dass das perfekt sein muss. Das ist nicht die Bedeutung von Lieben. Die Dinge, die super sind, möchten Sie in die Welt hinausschreien, sodass jeder davon erfährt. Aber gleichzeitig arbeiten Sie daran, die anderen Dinge zu verbessern. Ich bin aktiv im Mieterschutz, weil dieses Problem existiert. Daran muss man arbeiten.

Warum gefällt Ihnen Luxemburg so gut?

Ich liebe dieses Land, weil es für meine Kinder großartig ist, ich bin für sie hergekommen. Und ich bereue keinen einzigen Tag. Für mich ist dieses Land menschlich, all die Philanthropie, die man sieht, die Zivilgesellschaft, Vereinigungen auf allen Ebenen. Viele Menschen arbeiten daran, die Ungleichheiten zu verringern. Es gibt einen echten Humanismus. Das Land ist überschaubar, man grüßt sich, wenn man sich auf der Straße sieht. Das ist nicht überall so. Es ist wie ein Dorf. Ich will, dass die Menschen das kennen. Die großen Länder Europas machen viel Lärm, man kennt sie.

Ich höre oft von Menschen, die nicht aus Luxemburg kommen, Luxemburger seien sehr verschlossen und isoliert. Das sehen Sie also anders?

Hier gibt es so viel Diversität, in der Landschaft, ich liebe die abwechslungsreiche Landschaft, aber auch in der Gesellschaft. Ich finde, die Idee des Wortes „Melting Pot” ist hier verwirklicht. Es sind keine sich gegenüberstehenden Gemeinschaften, wo jede für sich aneinander vorbei lebt. Hier mischen wir uns. Wenn ich den Geburtstag meiner Tochter feiere, sind alle luxemburgisch, auch wenn die Eltern aus Portugal oder sonst wo herkommen. Für die Kinder ist das ihr Land, ihre Sprache. Sie werden sagen, ich bin aus Esch an der Sauer oder Ettelbrück, nicht ich komme aus diesem oder jenem Land. Sie konstruieren ihre eigene Identität.

Inwiefern hätte Ihnen der Guide geholfen? Welche Schwierigkeiten hatten Sie, als Sie aus Paris hierherzogen?

Mit einem kleinen Gehalt hier anzukommen, die Miete zu stemmen, allein mit den Kindern, geht mathematisch gesehen nicht auf. Man muss sich ernähren, wohnen, etwas unternehmen. Da ist doppelter Einfallsreichtum nötig. Man muss wissen, dass Angebote existieren. Wenn man zum Beispiel mit den Kindern einen Tag in der Stadt verbringt, weiß man, man muss etwas essen, das kostet schnell mal 50 Euro. Wie machen wir das? Man hat schon so viel Kopfzerbrechen, der Guide soll den Leuten das erleichtern. Auch das Papierformat hat einen Grund. Wer finanzielle Schwierigkeiten hat, hat vielleicht nicht überall eine Internetverbindung. Manchmal durchläuft man eine schwere Zeit und hat dafür einfach nichts übrig. Der Guide soll helfen, diese schwierigen Zeiten zu durchlaufen, wie ein Flur. Man kann ihn einfach aus der Tasche ziehen und sich leiten lassen.

Kann man in der Stadt mit Kindern essen, ohne viel Geld auszugeben?

Ja, das kann man. Die Parks sind sehr schön, um ein Picknick zu machen. Es gibt zum Beispiel das Restaurant Green Olive im Bahnhofsviertel. In Esch/Alzette

Déierepark, Esch-sur-Alzette

Philharmonie, Luxemburg

Es ist wichtig, dass die Kultur allen offensteht. Sie öffnet den Geist.

Pascale Zaourou

gibt es das NGO-getragene Restaurant La Mesa, da kann man auch regionale Produkte kaufen.

Wie haben Sie die ganzen Angebote entdeckt?

Ich bin zunächst mal von mir selbst ausgegangen, ich habe immer nach Aktivitäten gesucht, die ich mit den Kindern unternehmen konnte. Dann habe ich andere Familien befragt, welche Einfälle sie haben. Dieser Fragebogen hat meine Kenntnisse ergänzt. Wenn man anfängt, weiß man nicht alles. Ich wohne zum Beispiel im Norden, sie haben mir viele Adressen im Süden gegeben. Dann habe ich die Verantwortlichen aus den sozialen Einrichtungen befragt. Dadurch konnte ich die Infos komplettieren. Mein Blickwinkel ist natürlich der einer Mutter. Ich will, dass die Situation der Familien sich verbessert. Das gibt eine gewisse Sicherheit in der Familie. Aber die Angebote sind für alle.

Was unternehmen Sie mit Ihren Kindern?

Mir ist Kultur wichtig und man kann sehr viel machen mit den Kindern. Die Philharmonie hat ein tolles Programm für Kinder und Jugendliche und auch für Erwachsene. Das ist für alle Geldbeutel zugänglich. Die Philharmonie hat oft ein etwas elitäres Image. Man schaut gar nicht erst, weil man denkt, das sei viel zu teuer. Aber es gibt den Kulturpass, für 1,50 Euro kann man dort Konzerte sehen. Wenn man das weiß, kann man dieses Gefälle relativieren. Auch die Abtei Neumünster hat ein super Programm. Es ist wichtig, dass das allen offensteht, weil Kultur den Geist öffnet und den Horizont erweitert. Das Cercle Cité macht schöne kostenlose Ausstellungen. Wir haben uns die zu den Kinokulissen angesehen. Die Bibliotheken organisieren interessante Lesungen auch für Kinder. Wenn man kein Geld hat, ächzt man manchmal. Man kann sich immer beschweren, aber man kann genauso gut normal leben. Viele Dinge sind nicht perfekt, aber wenn etwas gut ist, muss man das sagen. Über die schlechten wird schon genug geredet. Wenn alle nur von den negativen Seiten sprechen, wächst nur die allgemeine Verdrossenheit.

Fühlen Sie sich durch die Pandemie eingeschränkt?

Zurzeit haben alle die Einstellung, man könne nichts unternehmen und alles sei katastrophal. Man kann aber in den Ferien ganz tolle Ausflüge draußen machen, in Esch/Alzette gibt es den Tierpark, es gibt wundervolle Orte hier. Es gibt sogar einen Strand. Da sagen die Puristen, aber da ist kein Meer. Ok, das Meer ist Mond, aber wenn ich einen Stern habe, bin ich schon sehr zufrieden, ich bin am Strand und wir können genießen, zusammen zu sein. Ich will jedem zurufen, macht Urlaub hier.

Teilen Ihre Kinder immer Ihre Begeisterung?

Wenn wir zwei Aktivitäten hintereinander machen, sagen sie, ach, wir machen das jetzt doch nicht auch noch. Manchmal sind sie etwas launisch. Sie inspirieren mich. Alle Leute haben das Recht im Wald zu schreien, also gehen wir dahin und wer genervt ist, schreit einfach – so geht das vorbei. Übrigens hat meine Tochter alle Illustrationen für den Guide gezeichnet.

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