Rheuma Management Ausgabe Mai/Juni 2015

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Mai/Juni 2015

MANAGEMENT

Offizielles Mitteilungsorgan

ASV 10. BDRhKongress


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3 Editorial

Rückblick auf den 10. BDRh-Kongress Der 10. BDRh-Kongress, quasi ein Jubiläumskongress, fand vom 24.-25.April 2015 im Berliner Congress Center statt. Im bewährten kompakten Format wurden im Zentrum der Hauptstadt aktuelle berufspolitische Themen vorgestellt und mit kompetenten Gästen aus der Gesundheitspolitik, der Selbstverwaltung und den Krankenkassen diskutiert. Neben dem Hauptprogramm blieb Raum für interessante Expertengespräche und State of the art-Lectures, mehrere Satellitensymposien, eine Fortbildungsveranstaltung des Fachverbandes Rheumatologische Fachassistenz, ein StruPI-Train the Trainer-Seminar und natürlich die BDRh-Mitgliederversammlung.

Mithilfe der bewährten Organisation der Mitarbeiterinnen der Rheuma-Akademie konnte – bei gutem Besuch – wieder eine schöne Veranstaltung durchgeführt werden. Eine Reihe von aktuellen Themen stand im Fokus des Kongresses: Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VStG) wurde unter Leitung von Herrn RA Hohmann mit Frau Maag (MdB), Frau Prof. Gromnica-Ihle, Herrn Dr. Köhler (SpiFa, ehem. KBV-Vorsitzender) und Mitgliedern des BDRh-Vorstandes diskutiert. Es wurde deutlich, dass für die Versorgungsprobleme in der Rheumatologie besondere Lösungen gefunden werden müssen. Die Anlage Rheumatologie zur Richtlinie Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) wird derzeit im G-BA erarbeitet. Frau Dr. Klakow-Franck (G-BA), Frau Raskop (KBV), Herr Dr. Munte (BV ASV) und Herr Dr. Köhler gaben Einblicke in die damit verbundenen Arbeiten. Aktuell sind die Fragen der Übergangsregelungen für § 116b (alt)-Ambulanzen, und die damit verbundene Frage der Definition der schweren Verlaufsformen, von großer gesundheitspolitischer Aktualität. Selektivverträge sind weiterhin ein wichtiger Bestandteil der Arbeit des BDRh. Sie dienen zur Erprobung von Verbesserungen in der rheumatologischen Versorgung und neuer Formen der Vergütung rheumatologischer Tätigkeit. Für die Kostenträger von besonderem Interesse ist die Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung. Herr Ballast (TK), Frau Richter (Versorgungslandschaft Rheuma, HÄ-Verband) und Dr. Edelmann diskutierten den TK-Vertrag zur VLR, der jetzt zunächst in Bayern und Nordrhein ausgerollt wurde. Frau Dr. Würdemann stellte den Arzneimittelvertrag TK und die neuen Vertragspartner vor. Herr Dr. Elshoff berichtete über einen neuen Vertrag mit der BKK Nordwest, Herr Dr. Bohl-Bühler über die Entwicklung des Vertrages mit der AOK Brandenburg. Die laufende Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) war das Thema von Herrn Dr. Casser. Auch in der Regelversorgung wird der

Dr. med. Ulrich von Hinüber BDRh auf eine angemessene Vergütung rheumatologischer Tätigkeit drängen, wobei in Zeiten von RLV und Laborquotierung die Honorarverteilung ein schwieriges Thema bleibt. Herr RA Koller stellte die neuen Arzneimittelrichtlinien vor und gab Hinweise zur Regressvermeidung. Die Entwicklung und Zulassung von Biosimilars wird den Arzneimittelmarkt in der Rheumatologie verändern und für Verschiebungen im Preisgefüge der Biologika sorgen. Wichtig ist dabei eine ausreichende Qualitätssicherung, die u. a. über die bewährte Arbeit mit Registern, die von Frau Prof. Zink vorgestellt wurden, erfolgen sollte. An dieser Stelle können nicht alle Referenten und Diskussionsteilnehmer aufgeführt werden. Was aber bleibt, ist der Eindruck, dass es mit der Etablierung eines BDRh-Kongresses in den letzten zehn Jahren gelungen ist, die rheumatologische Versorgung mit ihren verschiedenen Facetten und Schwierigkeiten über den Kreis der Fachärzte hinaus der Selbstverwaltung, den Kostenträgern und der Gesundheitspolitik näherzubringen, und in der gemeinsamen Diskussion und im gemeinsamen Handeln Dinge voranzubringen. m Dr. med. Ulrich von Hinüber Schriftführer, BDRh-Vorstand Rheumazentrum Hildesheim Bahnhofsplatz 5, 31134 Hildesheim

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Inhalt

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BDRh-Kongress: Berufs- und Gesundheitspolitik im Fokus

Honorarbericht KBV 2013 – Kommentierung

ab 8

BDRh-Kongress 2015 GKV-Versorgungsstärkungsgesetz Mehr Chancen als Risiken für niedergelassene Rheumatologen RA Jörg Hohmann Arzneimittelrichtlinien Welchen Regressschutz bietet die frühe Nutzenbewertung? RA Christian Koller Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung Erstellung der Anlage rheumatische Erkrankungen im Unterausschuss des G-BA Dr. Edmund Edelmann

ab 8

30

Rheumastiftung 29 Kinderrheumatologin wird Stiftungsprofessorin

8

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Honorar Rheumatologen Kommentar Honorarbericht der KBV 2013 Dr. Edmund Edelmann

30

Kolumne „Berlin intern“ Episoden am Rande des Ärztetages Dr. Erich Schröder

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Sie fragen – Experten antworten Ärztliche Schweigepflicht

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Rheumatoide Arthritis Treat-to-target (T2T)-Initiative aktualisiert Empfehlungen

34

Rheumatoide Arthritis CERTAIN-Studie liefert neue Erkenntnisse

38

Rheumatoide Arthritis Therapieabbau im Fokus: DOSERA-Studie

39

Rheumatoide Arthritis Dosisreduktion von Biologika oft möglich

40

Therapie der Rheumatoiden Arthritis Faktoren für Nicht-Adhärenz erkennen

41

Axiale Spondyloarthritis Was bringen konventionelle DMARDs?

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14

Spitzenverband der Fachärzte Aktuelle Stellungnahme zur Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung Lars F. Lindemann

18

Praxismanagement Neu: PraxisApp „Mein Rheumatologe“

24

Rheumatoide Arthritis Neue Therapien in klinischer Prüfung

26

Rheumavertrag von BDRh und TK Rheuma-Coach soll Patientenversorgung verbessern

28


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Inhalt

Bildgebende Diagnostik: Löfgren-Syndrom

43

Bildgebende Diagnostik Der besondere Fall: Löfgren-Syndrom Prof. Dr. Herbert Kellner

43

Systemischer Lupus erythematodes Aktuelle Therapiestudien im Überblick

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Systemischer Lupus erythematodes Stetig zunehmender Krankheitsschaden bei frühem SLE

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IgG4-assoziierte Erkrankungen Aktuelle Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie

46

DGIM-Kongress 2015

DGIM-Kongress: Highlights aus Mannheim

ab 48

ANCA-assoziierte Vaskulitiden Neue Erkenntnisse zu Therapiestrategien

56

Symptomatische Hyperurikämie Treat-to-target-Strategie konsequent verfolgen

59

Systemischer Lupus erythematodes Belimumab punktet in täglicher Praxis

62

Impressum

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ab 48

Rheumatologische Erkrankungen Neue Biologika auf gutem Weg

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Rheumatoide Arthritis Therapiestrategien auf dem Prüfstand

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Rheumatoide Arthritis Therapie auf Herz und Niere prüfen

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Spondyloarthritiden Neue Therapien auf dem Vormarsch

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Kollagenosen Treat-to-target bei SLE und aktuelle Studienlage

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BDRh-Kongress 2015 – Berlin

8 GKV-Versorgungsstärkungsgesetz

Mehr Chancen als Risiken für niedergelassene Rheumatologen Niedergelassene Rheumatologen sehen dem im Sommer bzw. Herbst 2015 geplanten GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VStG) mit gemischten Gefühlen entgegen. Das Gesetz bietet allerdings nicht nur Risiken, sondern auch greifbare Chancen.

Mit einem eher positiven Fazit endete am 24. April 2015 eine Podiumsdiskussion zum Thema „Versorgungsstärkungsgesetz – Wer wird gestärkt werden?“ auf dem 10. BDRh-Kongress in Berlin, an der Frau Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle (Präsidentin der RheumaLiga), Frau Karin Maag (MdB, für die CDU Mitglied im Gesundheitsausschuss), Dr. Andreas Köhler (jahrelang Chef der KBV, jetzt SpiFa-Ehrenpräsident) und die niedergelassenen Rheumatologen Dr. Edmund Edelmann und Dr. Ulrich von Hinüber (beide aus dem Vorstand des BDRh) unter der Leitung des Hamburger Medizinrechtlers Jörg Hohmann teilgenommen haben.

Einziehung von Praxen Ist die künftige Übertragung der Praxis auf einen Nachfolger nicht mehr möglich? Große Sorgen bereitet den Rheumatologen die durch das GKV-VStG entstehende Verpflichtung der Zulassungsausschüsse, künftig bei Nachbesetzungsverfahren in überversorgten Gebieten (mutmaßlich ab 140 %) ausgeschriebene Praxen gegen Entschädigung einzuziehen, um niederlassungswillige Jungärzte in unterversorgte Gebiete zu drängen. Diese Sorge ist nach Auffassung von Köhler völlig unbegründet, soweit es sich um Fachgebiete handelt, die insgesamt unterversorgt seien. Hierzu gehört die Rheumatologie. Zwar besteht für Facharztinternisten gerade in Ballungsräumen ein Versorgungsgrad von über 200 %. Aufgrund der Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sind die Zulassungsausschüsse indes gehalten, die Versorgung nach Schwerpunktbezeichnung zu prüfen. In der gesamten Bundesrepublik gibt es keinen Bereich, der eine entsprechende Überversorgung für die Rheumatologie aufweist. Aus diesem Grund sind Rheumatologen in keiner Weise von Praxiseinziehungen betroffen und können gelassen künftigen Nachbesetzungsverfahren entgegensehen. Die flächendeckende Versorgung der ambulanten Rheumatologie bleibt eine besondere Herausforderung, die mit Hilfe neuer Versorgungs- und VergüRheuma Management · Mai/Juni 2015

RA Jörg Hohmann tungsstrukturen gelöst werden könnte. Nach Ansicht von Gromnica-Ihle, die sich zunächst ausdrücklich für die jahrelange aufopferungsvolle Arbeit niedergelassener Rheumatologen im Namen der Rheumapatienten bedankte, müsse unbedingt eine wohnortnahe Versorgungsstruktur angeboten werden. In den größeren Rheumapraxen und Rheuma-Ambulanzen in Ballungszentren bestünden teilweise monatelange Wartezeiten.

Rheuma-MVZ Der Gesetzgeber wolle nach Auskunft von Maag auf die angesprochenen Versorgungsengpässe unter anderem mit der Möglichkeit fachgleicher Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) reagieren und damit nicht nur die flächendeckende Versorgung sicherstellen, sondern zugleich ambulante Angebote für niederlassungswillige Ärzte schaffen, die wiederum flexible Arbeitsstrukturen ermöglichen könnten. In der vertragsärztlichen Versorgung sind nach Angaben von Köhler bereits 26.000 Vertragsärzte angestellt, zusätzlich sind weitere 20.000 Ärzte ambulant teilzeitbeschäftigt. Diesem Trend müssten sich rheumatologische Schwerpunktpraxen nach Auffassung des BDRh und Köhler stellen. Künftige ambulante rheumatologische Versorgungsstrukturen zeichneten sich durch überörtliche Kooperationen, Filialisierung und dem Angebot von Anstellungsverhältnissen, insbesondere flexibler Teil- 


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BDRh-Kongress 2015 – Berlin

10 zeitstrukturen aus. Hier ermutigte Köhler zum regen Gebrauch von Sonderbedarfszulassungen. Diese könnten auch für ganze oder halbe Angestelltensitze beantragt werden.

Terminservicestellen Von den Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) ist keine spürbare Verbesserung der ambulanten rheumatologischen Versorgung zu erwarten. Die mit dem GKV-VStG verknüpfte Erwartung der Vergabe eines Termins innerhalb einer oder zumindest von vier Wochen und alternativ eines frühen Behandlungstermins in einem Krankenhaus ist nach Auffassung von Hinübers illusorisch. In Notfällen bestätigt die Rheuma-Liga zwar die Sicherstellung in ambulanten Praxen, für eine regelmäßige Konsultation fehle es den überlasteten Praxen sowie den Kliniken jedoch an „Manpower“ bzw. Spezialkräften. Der Schlüssel liege in einer massiven Förderung der Weiterbildung zum Rheumatologen.

ASV Die Politik habe sich nach Auskunft von Maag durch die Neuregelung der Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) einen Schub für die fachärztliche Versorgung erhofft. Die Umsetzung durch die Selbstverwaltung führe indes zu einer Überbürokratisierung. Von Hinüber wies allerdings auf bereits bestehende Kooperationsgemeinschaften und den Kooperationswillen niedergelassener Rheumapraxen und Kliniken hin, die Absprachen und das Zu- und Rücküberweisungsverhalten funktioniere bereits. Die Verzögerung des Ausbaus der ASV-Struktur liege nur teilweise an

der bürokratischen Handhabung, überwiegend jedoch an fehlenden finanziellen Anreizen. Für Kliniken sei eine ASV-Mitbehandlung auf Basis eines EBMZiffernkranzes defizitär, die Schaffung einer ASV-DRG stehe in weiter Ferne. Soweit der Gesetzgeber mit dem GKV-VStG die Altgenehmigungen nach § 116b SGB V unbefristet verlängere, werde sich auf diesem Gebiet nichts verändern.

Selektivverträge – Besondere Versorgung Als neuer Hoffnungsträger für eine bessere Vergütung rheumatologischer Leistungen gilt die geplante Neuregelung der „Besonderen Versorgung“ nach §§ 140a ff SGB V. Diese neue Vertrags- und Versorgungsform soll künftig aus der Zusammenfassung der Integrationsversorgung nach §§ 140a SGB V und Selektivversorgung nach § 73c SGB V entstehen. Im Rahmen der „Besonderen Versorgung“ ist weder eine Interdisziplinarität noch eine regelhafte stationäre Einbindung Vertragsvoraussetzung. Der BDRh ist nach Darstellung von Edelmann optimistisch, kann er doch inzwischen auf einige umgesetzte Selektivverträge aus seiner Vertragswerkstatt verweisen. Diese Verträge würden der neuen Rechtslage angepasst. Jeder Landesverband sei sodann in der Lage, ab Sommer 2015 entsprechende Vertragsangebote zu erstellen. Einige KVen hätten sich bereit erklärt, diese Verträge als sogenannte Add-on-Verträge mit den Kostenträgern zu verhandeln, sodass mit einer Endbudgetierung rheumatologischer Leistungen gerechnet werden könne.

Wegfall der Richtgrößenprüfungen Hervorzuheben ist das Ende der Richtgrößenprüfungen durch das GKV-VStG. Im Rahmen dieser Prüfungsart haben Rheumatologen aufgrund der kostenintensiven innovativen Therapien regelmäßig die Schwellenwerte überschritten und waren regressbedroht. Ein Einhalten von durchschnittlichen Richtgrößen für alle Facharztinternisten hat sich als Systemfehler herausgestellt, Rheumatologen wurden dadurch benachteiligt. Der bei der Prüfung zu leistende bürokratische Rechtfertigungsaufwand ist nicht vertretbar, die Anerkennung von Praxisbesonderheiten bleibt ebenso wie die erhoffte Akzeptanz eines „Off-LabelUse“ aktuell ein Vabanquespiel. Somit ist aus rheumatologischer Sicht die Abschaffung der gesetzlichen Prüfvorgaben zu begrüßen. Allerdings erfolgt deren Abschaffung nur zugunsten einer Prüfverpflichtung der regionalen Vertragspartner, die nicht weiter konkretisiert wird. Es bleibt somit den regionalen KVen bzw. Krankenkassen überlas-

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BDRh-Kongress 2015 – Berlin

11 sen, künftige Prüfinhalte und Prüfarten zu definieren. Bereits jetzt zeigt sich, dass dabei die Konzentration auf Wirkstoffprüfungen insbesondere im Bereich von Volkserkrankungen liegt, sodass Rheumatologen nicht mehr im Fokus derartiger Prüfungen stehen.

Fazit Insgesamt bleibt es bei einem gemischten Fazit: Der Rückbau der freiberuflichen ambulanten Versorgungsstrukturen durch Zwangsaufkauf von Praxen, Öffnung von Krankenhäusern und Hochschulambulanzen zu Lasten des Facharzthonorars wird zu einer weiteren Verschlechterung des fachärztlichen Versorgungsangebotes führen. Hiervon bleibt die Rheumatologie als besondere Facharztnische weitgehend verschont, Ursache und Last zugleich liegt bei den fehlenden Fachärzten. Das verbesserte Behandlungsangebot für Patienten in Form von früheren Behandlungsterminen

kann durch eine Terminservicestelle nicht gelöst werden, eine Lösung kann nur über eine massive Förderung der Aus- und Weiterbildung erfolgen. Praxisinhaber werden sich darauf einstellen müssen, größere ambulante Gebilde und eine standortübergreifende Versorgung zu organisieren, die Abrechnung verlagert sich zunehmend in den selektivvertraglichen Bereich. Insofern wirft das GKV-VStG seine Schatten voraus, Rheumatologen erblicken hierbei jedoch mehr Licht als Schatten. m

RA Jörg Hohmann Fachanwalt für Medizinrecht Kanzlei für Medizinrecht Prof. Schlegel · Hohmann · Mangold & Partner Paul-Nevermann-Platz 5 22765 Hamburg www.gesundheitsrecht.com

Arzneimittelrichtlinien

Welchen Regressschutz bietet die frühe Nutzenbewertung? Seit 2011 werden neue Arzneimittel einer frühen Nutzenbewertung unterzogen. Für den einzelnen Vertragsarzt geht es dabei um die Frage, welche Auswirkungen eine entsprechende Bewertung für die tägliche Verordnungspraxis hat. Die Handhabung durch die einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) ist unterschiedlich.

Verfahrensablauf Wird ein neues Arzneimittel auf den Markt gebracht, so bewertet das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) den Zusatznutzen. Dabei wird das neue Arzneimittel mit bewährten Therapiealternativen verglichen. Wird ein Zusatznutzen festgestellt, erfolgt eine Differenzierung des Ausmaßes als „erheblich“, „beträchtlich“, „gering“ oder „nicht quantifizierbar“. So liegt beispielsweise ein beträchtlicher Zusatznutzen bei einer bisher nicht erreichten deutlichen Verbesserung des therapierelevanten Nutzens vor, d. h. bei Abschwächung schwerwiegender Symptome, moderater Verlängerung der Lebensdauer, spürbarer Linderung der Erkrankung, relevanter Vermeidung schwerwiegender Nebenwirkungen oder bedeutsamer Vermeidung anderer Nebenwirkungen. Wird hingegen eine moderate und nicht nur geringfügige Verbesserung des therapierelevanten Nutzens erzielt (Verringerung

RA Christian Koller von nicht schwerwiegenden Symptomen, relevante Vermeidung von Nebenwirkungen), wird dem neuen Arzneimittel ein geringer Zusatznutzen zuerkannt. Ein vorhandener Zusatznutzen ist dagegen nicht quantifizierbar, wenn die wissenschaftliche Datengrundlage dies nicht zulässt. Dabei gibt G-BA genau vor, bei welchen konkreten Indikationen der festgestellte Zusatznutzen angenommen wird.  Rheuma Management · Mai/Juni 2015


BDRh-Kongress 2015 – Berlin

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Die Feststellung des Zusatznutzens hat mehrere Folgen. Gemäß § 130b Abs. 1 SGB V werden die Krankenkassen verpflichtet, mit dem Arzneimittelhersteller einen Rabattvertrag zu vereinbaren. Dabei wird der Preis für das Arzneimittel umso höher ausfallen, je größer der Zusatznutzen ist. Gemäß § 130b Abs. 2 SGB V soll die Vereinbarung zwischen den Krankenkassen und dem Arzneimittelherstellern darüber hinaus vorsehen, dass Verordnungen von Arzneimitteln, die einen Zusatznutzen haben, von der Prüfungsstelle als Praxisbesonderheiten anerkannt werden. Da diese Vereinbarung jedoch nur eine Soll-Bestimmung darstellt, steht dies in der Verhandlungsfreiheit der Krankenkasse.

Konsequenz für Vertragsarzt Solange eine solche Vereinbarung nicht vorliegt, ist das Arzneimittel dennoch im GKV-Bereich verordnungsfähig. Es gelten die allgemeinen Anforderungen des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12 SGB V. Sobald jedoch eine Vereinbarung mit den Krankenkassen vorliegt, die auch eine Praxisbesonderheit anerkennt, genießt der verordnenden Vertragsarzt im Grunde Regressschutz. Dabei ist jedoch folgendes zu beachten: – Zum einen muss der verordnende Arzt bei der Verordnung die Vorgaben des G-BA hinsichtlich der Indikation einhalten, für die ein Zusatznutzen festgestellt wurde. Dies sollte er auch entsprechend dokumentieren. – Zum anderen ist die Umsetzung des Regressschutzes von KV zu KV unterschiedlich. Im KV-Bezirk Bayern wird im Arzneimittelbereich keine Richtgrößenprüfung durchgeführt, sondern die Einhaltung von Zielquoten geprüft. Dabei werden Arzneimittel, die durch eine Vereinbarung anerkannt wurden, gemäß der Arzneimittelvereinbarung bei der Berechnung der dort relevanten Zielquote unberücksichtigt bleiben. Dies bedeutet, dass die Verordnungen grundsätzlich im Rahmen einer Prüfung nicht einbezogen werden. Es besteht ein effektiver Regressschutz. In KV-Bezirken, in denen Richtgrößenprüfungen durchgeführt werden, kommt es darauf an, ob das jeweilige Präparat von den Landesverbänden der Krankenkassen als Praxisbesonderheit anerkannt wurde, die bereits im Rahmen einer Vorabprüfung aus der Richtgröße des jeweiligen Arztes herausgerechnet werden. Ist dies der Fall, wie z. B. im KV-Bezirk NordRheuma Management · Mai/Juni 2015

rhein für den Wirkstoff Ticagrelor, so besteht auch hier ein effektiver Regressschutz. Ansonsten belasten auch Arzneimittel mit Zusatznutzen zunächst das Richtgrößenvolumen. Ein Herausrechnen dieser Arzneimittel in einem Vorabverfahren erfolgt vorerst nicht. Die KV Sachsen weist deshalb auf ihrer Homepage darauf hin, dass diese Arzneimittel erst im Rahmen einer Stellungnahme des Arztes im Prüfverfahren als Praxisbesonderheit geltend gemacht werden können.

Bedeutung in der Praxis Die Bedeutung des Zusatznutzens für Wirtschaftlichkeitsprüfungen ist derzeit noch gering. Zwar wurden bislang 127 Bewertungsverfahren durch den G-BA abgeschlossen. Jedoch erkannten die Krankenkassen nur für eine handvoll Präparate eine Praxisbesonderheit auf Bundesebene an. Präparate mit rheumatologischer Indikation sind bis dato nicht dabei. Das Verfahren über Denosumab und Parathyroidhormon wurde eingestellt. Für das Präparat Belimumab wurde kein Zusatznutzen festgestellt. Mit demselben Ergebnis wurde kürzlich (zumindest seitens des IQWiG) auch das Bewertungsverfahren für Apremilast abgeschlossen. m

Informieren Sie sich, für welche Präparate aufgrund eines Zusatznutzens eine Praxisbesonderheit mit den Krankenkassen vereinbart wurde. In einem solchen Fall kann die Verordnung zu keinem Regress führen, soweit die Vorgaben des G-BA bei der Verordnung eingehalten worden sind. Sollte keine Vereinbarung vorliegen, haben Sie aber die Indikation des G-BA eingehalten, so ist dies in der ersten Stellungnahme im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung darzustellen.

RA Christian Koller Kanzlei Tacke Krafft, Am Rindermarkt 3 und 4, 80331 München

Kompakt

Folge des Zusatznutzens


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BDRh-Kongress 2015 – Berlin

14 Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung

Erstellung der Anlage rheumatische Erkrankungen im Unterausschuss des G-BA Beim diesjährigen BDRh-Kongress in Berlin wurde eine wichtige Session der Thematik Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) gewidmet. Derzeit beraten Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), GKV-Spitzenverband (GKV-SV) und Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in einem Unterausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über die Anlage für schwere Verlaufsformen rheumatischer Erkrankungen.

Im Vorfeld dieser Beratungen wurde dem G-BA und den sogenannten Bänken des G-BA (DKG, GKV-SV und KBV) ein vom BDRh und Verband Rheumatologischer Akutkliniken (VRA) gemeinsam erstellter Entwurf für die Ausgestaltung der ASV zugeleitet. Der Entwurf enthielt detaillierte Vorschläge für die einzelnen im Rahmen der ASV zu gestaltenden Bereiche wie: – – – –

– –

die Indikationen, die in der ASV zu versorgen sind, die Definition der schweren Verlaufsformen, die Zusammensetzung des Kernteams, die Fachgruppen der „hinzuzuziehenden Ärzte“ (Fachgruppen mit denen die Rheumatologen vorrangig kooperieren), die Ausgestaltung des 24-h Bereitschaftsdienstes, die NUB-Leistungen (Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden), die innerhalb der ASV vergütet werden sollen (Vorschlag: Power-Doppler, PET-CT und RheumaScan), die Teilnahmevoraussetzung des Kernteams (Zahl der behandelten Patienten mit chronisch-entzündlichen Rheumaformen) und den Ziffernkranz (die Zusammenstellung aller EBM-Ziffern, die von Rheumatologen innerhalb der ASV abgerechnet werden können).

Von links: Dr. Axel Munte, Dr. Regina Klakow-Franck, Dr. Andreas Köhler, Dr. Anna Maria Raskop, Dr. Edmund Edelmann, Prof. Dr. Jörn Kekow

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Dr. med. Edmund Edelmann Nach Aussagen von Dr. Anna Maria Raskop (KBV), Abteilungsleiterin im Dezernat 3 und für die ASV zuständig, ist dies das erste Mal, dass eine Fachgruppe einen ausgearbeiteten Vorschlag für die Ausgestaltung der ASV eingereicht hat. Ein Novum dürfte für die nicht immer einigen Bänke aus DKG und KBV der Schulterschluss zwischen dem klinischen und niedergelassenen Bereich sein, der hierbei zum Ausdruck kommt. Im Unterausschuss des G-BA wurde und wird dieser Entwurf als Basis für die Beratungen genommen. In die Beratungen der teils wöchentlich stattfindenden Sitzungen des Unterausschusses kann der BDRh zwar nicht eingebunden werden. Wir waren und sind allerdings im ständigen Austausch mit dem KBV-Team, das im G-BA die Anlage rheumatische Erkrankungen berät. Beim BDRh-Kongress konnten die Referentinnen Dr. Regina Klakow-Franck und Dr. Anna Maria Raskop zwar keine Details und Ergebnisse aus den Unterausschuss-Beratungen mitteilen, es zeichnet sich jedoch erfreulicherweise ab, dass wichtige Forderungen des BDRh und VRA, wie die Zusammensetzung der Indikationen und der Krankheitsbilder, die unter rheumatische Erkrankungen subsummiert werden sollen, wie eine möglichst numerisch kleine Zusammensetzung des Kernteams (Team aus Rheumatologen und/oder Rheumatologe mit Pneumologe bzw. Nephrologe) berücksichtigt werden. In Diskussion ist unser 


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BDRh-Kongress 2015 – Berlin

16 Vorschlag, bereits Verdachtsdiagnosen, zumindest für zwei Quartale, auch innerhalb der ASV abrechenbar zu machen. Die vorgeschlagenen Mindestzahlen (240 Fälle gesicherter entzündlicher Rheumaformen pro Quartal) als Teilnahmevoraussetzungen für ambulante Einrichtungen dürften gesetzt sein. Bisher benötigte der Unterausschuss ASV des G-BA die längste Zeit, um beim Ziffernkranz jede einzelne EBM-Leistung zu konsentieren. Wir erwarten, dass der detaillierte Vorschlag von BDRh und VRA eine deutliche Beschleunigung des Prozedere ermöglicht. Wichtig für den Erfolg der rheumatologischen ASV ist, dass das fachspezifische rheumatologisch-immunologische Labor Bestandteil der ASV ist – dies im Gegensatz zur bisherigen Ausgestaltung der Anlagen für GI-Tumoren und Tuberkulose. Diese Forderung wurde vom BDRh wiederholt in der Diskussion mit dem ASV-Team der KBV eingebracht. In seinem Beitrag zur bisherigen Umsetzung der ASV machte Dr. Axel Munte insbesondere auf die bürokratischen Hürden aufmerksam, die in einzelnen Bundesländern durch die erweiterten Landesausschüsse aufgebaut werden, die über die Zulassung zur ASV entscheiden. Die Maxime des Beitritts zur ASV, „wer kann der darf“, erscheint hier in einem ganz anderen Licht und wird anscheinend in manchen Bundesländern, in denen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) der ASV sehr kritisch gegenüberstehen, erheblich konterkariert. Der Verband von Dr. Munte (Bundesverband Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung) leistete und leistet den einzelnen Einrichtungen wichtige Unterstützung bei der zum Teil sehr aufwendigen Antragsstellung. Bisher haben bundesweit nur sehr wenige onkologische Zentren und Einrichtungen, die Tuberkulose-Patienten versorgen, einen Antrag gestellt. Unsicherheit, mangelnde Information über den Organisations- und Vergütungsablauf, sowie fehlende etablierte Abrechnungsstellen sind die Hauptursachen.

Dr. med. Anna Maria Raskop Rheuma Management · Mai/Juni 2015

Auf den Bereich Abrechnung ging Dr. Andreas Köhler, Ehrenpräsident des Spitzenverbandes der Fachärzte (SpiFa), ein. Die SpiFa baut derzeit eine Management-Gesellschaft zur Abwicklung der Abrechnung der ASV auf, und zwar nicht gegen die Kassenärztlichen Vereinigungen, sondern unter Nutzung der Abrechnungssoftware der KVen. Entgegen anderslautenden Verlautbarungen aus der KV-Welt, sind die KVen damit durchaus eingebunden. Herr Dr. Köhler, vormaliger KBV-Chef, wies auf die Chancen der ASV für die Fachgebiete hin, denen erstmalig seit Jahrzehnten keine Budgetierung in der Versorgung in Aussicht steht, und rief die Alternative, den alten §116b in Erinnerung, mit ausschließlicher Zulassung der Kliniken zu dieser nicht-budgetierten Versorgungsebene. Die von manchen KV-Vorsitzenden als Argument gegen die ASV ins Feld gebrachte Bereinigung sei zwar im Detail nicht geklärt, doch wurde und wird diese Bereinigung bei der Hausarzt-zentrierten Versorgung nach § 73b seit vielen Jahren praktiziert und zudem besteht die gesetzliche Vorgabe, dass die Bereinigung in der ASV nicht zulasten der fachärztlichen Grundversorgung gehen darf. Insgesamt sprach sich Dr. Köhler für eine Teilnahme der Rheumatologen an der ASV aus.

Änderungsvorschläge des BMG vom 15.05.2015 zum Versorgungsstärkungsgesetz (VStG) betreffend die ASV Aufgrund der vielfältigen Einwände der Fachverbände, auch des BDRh, gegen eine Fortschreibung, eines dauerhaften Bestandsschutzes der Ambulanzen nach § 116b alt, die im Kabinettsentwurf zum Versorgungsstärkungsgesetz (VStG) vorgesehen war und der konzertierten Aktion von KBV und DKG, stattdessen auf die Einschränkung auf schwere Verlaufsformen bei den besonderen Erkrankungen innerhalb der ASV zu verzichten (eine Position die auch vom SpiFa und vom BDRh unterstützt wird), hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in seinen Änderungsvorschlägen zum VStG festgelegt, bei rheumatischen

Dr. med. Regina Klakow-Franck


BDRh-Kongress 2015 – Berlin

17 und onkologischen Erkrankungen auf die Einschränkung schwere Verlaufsformen zu verzichten. Der Bestandsschutz nach § 116b alt soll für drei Jahre nach Inkrafttreten der jeweiligen Anlage gelten und wird damit im Vergleich zum noch geltenden SGB V um ein Jahr verlängert. Vom BDRh werden beide Änderungsvorschläge sehr begrüßt. Der Wegfall der Definition „schwere Verlaufsformen“ erweitert das Indikationsspektrum in der Rheumatologie auf alle chronisch-entzündlichen Rheumaformen (ggf. einschließlich der Fiebersyndrome) und erübrigt die Definition von schweren Verlaufsformen, die zur Kontrolle und Abrechnungsprüfung nur einen bürokratischen Mehraufwand mit sich bringen würden. Ein dauerhafter Bestandschutz der Ambulanzen nach §116b alt hätte zwei verschiedene Versorgungsebenen mit ungleichen Abrechnungsvorgaben innerhalb des §116b etabliert, von denen die Erstere nicht einmal mehr im SGB V abgebildet gewesen wäre. Im Gegensatz zur onkologischen ASV-Versorgung, die in der ASV die zwingende Kooperation der Ambulanzen mit Niedergelassenen vorsieht, wäre dies unter dem Kooperationsgedanken in der Rheumatologie zwar nicht schädlich gewesen, aber auch nicht förderlich für die sektorenübergreifende Entwicklung der ASV in der Rheumatologie, da die Mehrzahl der größeren Ambulanzen zumindest nördlich der Main-Linie bereits nach § 116b alt zugelassen ist. Sehr problematisch ist der Änderungsvorschlag, dass nur öffentlich-rechtliche Institutionen (d. h. die Krankenkassen und die KVen) die ASV abrechnen dürfen. Dies ist nicht im Sinne der fachärztlichen Berufsverbände, die das gerne selbst regeln würden, und absehbar auch nicht im Sinne der niedergelassenen Fachärzte, die auf die Bereitschaft der KVen angewiesen sind, dass diese entsprechende Abrechnungsmöglichkeiten aufbauen. Bisher, obwohl hierfür schon Jahre als Vorlaufzeit bestehen, existiert ein entsprechendes KVAbrechnungs-Tool nicht.

Dr. med. Axel Munte

Seitens des BDRh votieren wir für eine Beibehaltung der bisherigen Regelung, die analog den bundesweit ausgerollten Hausarzt-zentrierten Verträgen oder auch dem IV-Vertrag des BDRh mit der Techniker Krankenkasse (TK), eine Abrechnung durch nicht öffentlich-rechtliche Abrechnungsstellen, ManagementGesellschaften zulässt. Ein einseitiger Ausschluss nicht öffentlich-rechtlicher Abrechnungsstellen bei der ASV wäre absehbar rechtlich angreifbar.

Stellungnahme des Spitzenverbandes der Fachärzte (SpiFa) zur ASV In einer Stellungnahme des SpiFa (siehe Seite 18) geht der Geschäftsführer der SpiFa, Lars F. Lindemann, auf die Historie der Entwicklung der ASV als Forderung der Facharztverbände ein und macht sehr deutlich, dass die ASV vom Spitzenverband der Fachärzte, der mittlerweile so gut wie alle fachärztlichen Verbände einschließlich des Berufsverbandes Deutscher Internisten vertritt, nachdrücklich unterstützt wird. Teil dieser Unterstützung ist die Entwicklung einer Management-Gesellschaft, die eine möglichst einfache (ggf. tagesgleiche) IT-Abrechnung ermöglichen soll. Der BDRh ist von Anfang an Mitglied des SpiFa und fördert und begleitet innerhalb des SpiFa die politische Diskussion zur ASV und wird ebenso die Implementation der IT-Abrechnung über SanaKey (ManagementGesellschaft des SpiFa), so diese nicht vom Gesetzgeber blockiert werden wird, unterstützen.

Die ASV und Selektivverträge Wir sehen als BDRh die ASV als große Chance für die Weiterentwicklung der rheumatologischen Versorgung an und werden weiterhin alles Notwendige unternehmen, um diese neue Versorgungsform zu einem Erfolgsmodell in der Rheumatologie zu machen. 

Dr. med. Andreas Köhler Rheuma Management · Mai/Juni 2015


BDRh-Kongress 2015 – Berlin

Add-on Integrierte Selektivverträge, die künftig absehbar bundesweit ausgerollt werden, sind hierzu nicht notwendigerweise eine Konkurrenz, sondern eine sehr sinnvolle Ergänzung der ASV. Als weitere Versorgungsebene, die für unsere Patienten unverzichtbar ist und die in der ASV nur nachrangig berücksichtigt ist, werden die Hausärzte eingebunden. Ein Integrierter Voll-Versorgungsvertrag, wie mit der Techniker Krankenkasse (TK), der das gesamte Versorgungsspektrum in der Rheumatologie, ambulant und stationär, abdeckt, ist absehbar der beste Weg, Versorgung zu gestalten – für unsere Patienten, für die Rheumatologen und für die RheumaKliniken! Der Vorteil liegt neben einer Reihe anderer Aspekte in der Einbindung der Hausärzte und Kliniken, der direkten Beteiligung der Rheumatologen an der Vertragsentstehung und Vertragsentwicklung, sowie den Vergütungsstrukturen, die inhaltlich weit über den EBM hinausgehen. Der IV-Vertrag mit der TK ist allerdings auf die TK-Patienten beschränkt und damit analog dem PKV-System eine Insellösung. Die ASV bietet die Chance auf eine Versorgungsverbesserung durch eine nicht-budgetierte Vergütung nach EBM über alle Krankenkassen hinweg. m

ASV und Selektivverträge sind unsere künftigen Wahlmöglichkeiten für eine bessere Zukunft in der Rheumatologie, für mehr Qualität in der Versorgung die auch vergütet wird, für eine bessere und strukturierte Zusammenarbeit zwischen den Versorgungsebenen Klinik, Hausarzt und Rheumatologe. Diese Wahlmöglichkeit besteht für jeden einzelnen Rheumatologen, für jede einzelne rheumatologische Einrichtung! Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Neuen, ein partieller Abschied vom gewohnten KV-System, einem Abschied, der auch Widerstände, ggf. Ängste auslöst, ist für jeden von uns erforderlich. Bisherige vertraute Organisationsformen, alte eingetretene Versorgungspfade müssen verlassen, Neues muss erlernt und umgesetzt werden, um die Chancen, die in der ASV und die in den Selektivverträgen liegen, nutzen zu können.

Kompakt

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Dr. med. Edmund Edelmann Erster Vorsitzender des Berufsverbands Deutscher Rheumatologen (BDRh)

Spitzenverband der Fachärzte

Aktuelle Stellungnahme zur Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung Schon seit mehr als zehn Jahren öffnet der Gesetzgeber die Krankenhäuser einseitig für die ambulante Versorgung. Dies geschieht nicht zugunsten der Krankenhausärzte, die heute schon mit ihren stationären Aufgaben überlastet und von ökonomischen Sachzwängen belastet sind. Es profitieren davon ausschließlich die Krankenhausträger. Immer war der Wettbewerb zwischen niedergelassenen Kollegen und Krankenhäusern ein Wettbewerb mit klaren Vorteilen für die Krankenhäuser. Dies hat der alte § 116b SGB V, ambulante Behandlung am Krankenhaus, weiter gefördert.

Hintergründe zur ASV Erst mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz 2012 wurde die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) im § 116b für komplexe und schwer therapierbare Krankheitsbilder, für seltene Erkrankungen und hochspezialisierte Leistungen eingeführt. Damit ist eine neue sektorenverbindende Versorgungsstruktur entstanden, die entlang der bisherigen Sektorengrenzen alte Gräben überwindet und in diesem hochspeziellen Gebiet dem Patienten die bestmögliche BehandRheuma Management · Mai/Juni 2015

lung ermöglichen soll. Dabei bietet die ASV erstmals Chancengleichheit zwischen Krankenhausträgern und spezialisierten Fachärzten. In Kombination mit § 115 ff. (dreiseitige Verträge, vorund nachstationäre Behandlung, ambulantes Operieren am Krankenhaus) ergibt sich für niedergelassene Fachärzte die Möglichkeit, den Patienten entlang der Sektoren zu begleiten und die eigene selbständige Praxisstruktur oder Berufsausübungsgemeinschaft wirtschaftlich und zukunftsfest zu gestalten. 


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20 Im Zusammenwirken ambulanter und stationärer Strukturen wird es möglich sein, die schon seit langem erfolgende und spürbare „Ambulantisierung“ moderner Medizin in ärztlicher Hand zu gestalten und auch die bisher im stationären Budget festzementierte Vergütung dem zukommen zu lassen, der die fachärztliche Leistung erbringt, und das sind zunehmend die niedergelassenen Kollegen.

Die aktuelle Situation in den relevanten Gremien Lars F. Lindemann Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat mit der Ausgestaltung der ASV eine wichtige Rolle übernommen und die zeitlichen Abläufe maßgeblich bestimmt. Parallel dazu müssen auch andere Entscheidungen getroffen werden. Diese Entwicklung ging dem Gesetzgeber zu langsam, sodass er mit dem Versorgungsstärkungsgesetz versucht, in die bestehende Rechtslage einzugreifen. In einem ersten Entwurf hat der Gesetzgeber einen einseitigen Bestandsschutz für § 116b-Altverträge zugunsten der Krankenhäuser festgeschrieben. Dies wurde inzwischen revidiert, der Bestandschutz wurde von zwei auf drei Jahre erweitert und die Einschränkung der Indikationen auf schwere Verlaufsformen soll bei den rheumatologischen und onkologischen Erkrankungen entfallen. Damit hat der Gesetzgeber einem gemeinsamen Vorschlag von Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) entsprochen und eine Ausweitung der ASV im Vergleich zur bisherigen Gesetzgebung vorgenommen. Die im G-BA entstandene Überbürokratisierung hat die neuen Möglichkeiten der ASV bis heute entscheidend behindert.

Risiken und Chancen der ASV Trotz dieser Anlaufschwierigkeiten bietet die ASV eine der wenigen Möglichkeiten, die Tendenzen der Bevorteilung der Krankenhausträger zu stoppen und in Richtung der niedergelassenen Fachärzte umzulenken. Der Vorwurf, dies beschneide die fachärztliche Grundversorgung, entkräftet sich beim Lesen des Gesetzes: Im Gesetz sind bereits die Indikationen festgeschrieben. Den Behandlungsumfang legt der G-BA fest. Die Befürchtung, dass den Fachgebieten mit vielen Leistungen in der Grundversorgung die Patienten entzogen würden, ist nicht nachvollziehbar. Der Leistungskatalog bezieht beispielsweise kaum Erkrankungen von Augenärzten, HNO-Ärzten und Orthopäden ein. Im Gegenteil, sie werden bei Bedarf als Konsiliarärzte eingebunden. Auch diese Ärzte können sich Rheuma Management · Mai/Juni 2015

im Übrigen an den ASV-Teams beteiligen und ihre schwerkranken Patienten weiter versorgen. Die Höhe der Vergütung für Leistungen der ASV wird zwischen KBV, dem GKV-Spitzenverband (GKV-SV) und der DKG im sogenannten ergänzten Bewertungsausschuss beschlossen und von den Krankenkassen direkt und zu festen Preisen vergütet. Diese Systematik geht derzeit noch vom Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aus und berücksichtigt auch nicht-ärztliche Leistungen, z. B. Sach- und Investitionskosten. Leistungen, die noch nicht im EBM abgebildet sind, werden zwischen dem 1,0- und 1,5-fachen der Gebührenordnung Ärzte (GOÄ) abgerechnet. Mit dieser Maßnahme können auch niedergelassene Fachärzte Innovationen in der ambulanten Versorgung abrechnen und sind somit auf Augenhöhe mit den Kliniken. Sollte es die Möglichkeiten der ASV für die hochspezialisierten Fachärzte nicht geben, so verblieben sie mit diesen hochspezialisierten Leistungen in der Gesamtvergütung und würden so dort in der Tat von allen mitgetragen. Für den Abrechnungsweg hatte der Gesetzgeber bisher ausdrücklich die Wahlfreiheit des Arztes vorgesehen: „Vertragsärztliche Leistungserbringer können die Kassenärztliche Vereinigung gegen Aufwendungsersatz mit der Abrechnung … beauftragen“ (§ 116b, Absatz 6). An keiner Stelle hat der Gesetzgeber ein Abrechnungsmonopol der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) vorgesehen. Die Abrechnung der ASV über Dritte ist ausdrücklich vorgesehen und dies ist die Grundlage der Aktivitäten des SpiFa, seiner Mitgliedsverbände und Partner. Im letzten Änderungsantrag für den Kabinettsentwurf des Versorgungsstärkungsgesetzes (VStG) ist überraschend vorgesehen, dass nur Körperschaften des Öffentlichen Rechts, also die KVen und die Krankenkassen, die ASV abrechnen sollen. Es bleibt noch abzuwarten, ob dies in der Gesetzgebung noch Bestand haben wird. Bliebe der Gesetzgeber dabei, so müsste er mit dieser Abkehr vom Wettbewerbsgedanken folgerichtig auch im selektivvertraglichen Bereich Dritte ausschließen.


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21 Das KV-System hatte übrigens seit 2012 Zeit, die ASV aktiv zu gestalten und die entsprechenden Dienstleistungen für Fachärzte, die in der ASV abrechnen, zu organisieren. Dies ist bisher nicht erfolgt. Darum sind gesetzgeberische Initiativen mit dem Ziel, den Innovationsdruck aus dem System zu nehmen, nicht im Interesse der fachärztlichen Berufsverbände, deren Mitglieder sich im Bereich der ASV im sektorenverbindenden Bereich für ihre Patienten engagieren wollen. Aufgrund der derzeit (noch) geltenden Gesetzeslage muss der SpiFa sich mit dem Thema befassen und hat dies mit seinen Mitgliedsverbänden im Frühjahr 2014 ausgiebig diskutiert, besonders weil zu diesem Zeitpunkt nicht erkennbar war, wie und in welchem Umfang das KV-System tätig wird. Die in der ASV adressierten Krankheitsbilder sind diejenigen, die in Zukunft eine hohe Kosten- und Leistungsdynamik verursachen werden. Daher ist es wichtig, dass zum Schutz der Patienten in der Grundversorgung und der Ärzte, die diese Versorgung übernehmen, diese teureren Krankheitsbilder mit ihrer ganzen Dynamik extrabudgetär vergütet werden und damit das Morbiditätsrisiko auf die Krankenkassen übergeht. Beispielhaft seien die Genexpressionstests bei gynäkologischen Tumoren genannt. Diese können gemäß Beschlussfassung des G-BA und des ergänzten Bewertungsausschusses nach GOÄ in der ASV abgerechnet werden. Wäre dies nicht der Fall, ginge die Abrechnung zulasten der Gesamtvergütung aller Ärzte und damit würde die Vergütung der fachärztlichen Grundversorger reduziert. Ein solcher Test kostet zwischen 1.800 und 2.700 Euro!

Aktuelle Situation im SpiFa e.V. Der SpiFa als Dachverband der fachärztlichen Berufsverbände hat das Thema der ASV-Strukturbildung und auch Abrechnung im Sinne des Gesetzgebers als eigene Dienstleistung diskutiert und vor dem Hintergrund eines neu entstehenden, nicht budgetierten Bereichs für die Fachärzte vorangetrieben. Schließlich vertreten die Mitgliedsverbände des SpiFa die jeweiligen Fachärzte aus dem ambulanten wie stationären Bereich gleichermaßen. Dabei war von Anfang an vorgesehen, dass der SpiFa die Fachärzte auch bei der Bewältigung der bürokratischen Anforderungen in der ASV unterstützen will. Über diese Dienstleistungen war und ist der SpiFa mit allen KVen im Gespräch; gegenüber allen KVen steht das Angebot des SpiFa, bei einer ASV-Strukturbildung und -Abrechnung zusammenzuarbeiten. Inzwischen ist es beispielsweise Konsens, dass hierfür das sichere Netz der KVen genutzt werden soll. Wenn nun der

Vorwurf kommt, der SpiFa entziehe mit der ASVAbrechnung den fachärztlichen Grundversorgern die Mittel, dann ist dies schlichtweg falsch: Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) ist nach Gesetzeslage um die ambulanten spezialfachärztlichen Leistungen zu bereinigen. Diese Bereinigung darf nicht zulasten des hausärztlichen Vergütungsanteils und der fachärztlichen Grundversorgung gehen (Begründung zum GKV-VStG zu § 116b, Punkt 13). Hieran wird sich auch durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz nichts ändern. Was offen bleibt, ist für uns nach der Diskussion der letzten Wochen, wo der Unterschied zwischen dem Bereinigungsverfahren bei einem § 73b- oder § 73cVertrag und der Bereinigung der ASV ist? Es gibt keinen außer der zuvor genannten gesetzlichen Vorgabe, dass diese nicht zulasten der sogenannten Grundversorgung gehen darf! In der MGV bekommen Fachärzte quotierte Preise, in der ASV nicht!

Verhältnis SpiFa e.V. – KV-System Das Argument, dem KV-System gehe z. B. durch externe Abrechnungsdienstleister die Verwaltungsumlage verloren, stimmt nicht: Denn in vielen Regelungen der regionalen Honorarverteilung ist festgelegt, dass die KVen über Selektivverträge keine Verwaltungsgebühren verlieren. Es ist also machbar, dass das KV-System keinen Schaden nimmt. Außerdem spart die KV Kosten, wenn sie nicht jeweils selbst eine kostenträchtige Abrechnungsgesellschaft vorhält, sondern einen Dienstleister nutzt. Das politische Berlin beobachtet die Entwicklungen in der KBV mit großer Sorge. Der SpiFa zählt inzwischen 28 Fachverbände als Mitglieder. Diese vertreten insgesamt rund 140.000 Fachärzte. Der SpiFa ist damit der größte Dachverband der Fachärzte in Deutschland und wir wachsen weiter. Die Fachärzteschaft muss in künftigen Gesetzgebungsverfahren und in den Körperschaften endlich wieder ein stärkeres Gewicht erhalten. Unsere Stärke ist die fachärztliche Versorgung über Fachgruppenund Sektorengrenzen hinweg. Nur so werden wir den zukünftigen Herausforderungen und den ärztlichen Berufsausübungsformen von Morgen gerecht. Es geht darum, aktiv Zukunft mit zu gestalten. m

Lars F. Lindemann Hauptgeschäftsführer Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa)

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24 Praxismanagement

Neu: PraxisApp „Mein Rheumatologe“ Für Ihre rheumatologische Praxis steht ab sofort ein neues Modul zur Patienten-Kommunikation zur Verfügung, welches gemeinsam mit dem Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) entwickelt wurde: Die PraxisApp „Mein Rheumatologe“ – ein Praxis-Plus für Sie & mehr Service für Ihre Patienten.

Mit der Einführung dieser PraxisApp können niedergelassene Rheumatologinnen/-en ihren Patienten schnell und direkt Informationen auf ihr iPhone- oder Android-Smartphone senden – wie z. B. eine Erinnerung an den nächsten Termin oder an die Einnahme bestimmter Medikamente oder auch eine Ankündigung der bevorstehenden urlaubsbedingten Praxisschließung. All diese Nachrichten können über ein einfach handhabbares Verwaltungssystem von Ihnen gesteuert und vom Praxis-Computer aus verschickt werden.

anhand eines standardisierten Fragebogens (RADAI bzw. BASDAI).

PraxisApp jetzt einfach dazu buchen!

Wenn Ihre Patienten die neue PraxisApp auf ihr Smartphone geladen haben und Sie als ihre/n Rheumatologin/en auswählen, erscheinen die Patienten umgehend namentlich in Ihrer PraxisApp-Verwaltung und können ab sofort direkt benachrichtigt werden: Einzeln („Liebe Frau Müller, Ihr Termin ist morgen um 10:20 Uhr.“) oder auch als Patientengruppen, wenn Sie beispielsweise auf spezielle Leistungen aufmerksam machen wollen (z. B. „Der aktuelle Grippe-Impfstoff ist verfügbar!“). Die Patienten können aber über die App keine Anfragen an Ihre Praxis senden. Die Kommunikation erfolgt also nur in eine Richtung: von Ihnen zum Patienten! Weiter erhalten die App-Nutzer die neuesten News- und Pressemeldungen zur Rheumatologie von www.rheumatologen-im-netz.de (RIN), wodurch beständig – ohne Ihr Zutun – eine Aktualisierung der Inhalte erfolgt.

Für Ihre Patienten ist der gesamte Service der PraxisApp kostenlos – für rheumatologische Praxen kostet die Nutzung dieses Dienstes monatlich entweder pro Arzt 5 Euro netto oder für Gemeinschaftspraxen (bis drei Ärzte ) 10 Euro bzw. 15 Euro netto (mehr als drei Ärzte). Bei Interesse an der PraxisApp melden Sie sich bitte bei Monks – Ärzte im Netz an (siehe Anmeldeformular rechts oder online unter www.monks-aerzteim-netz.de/praxisapp), die auch das BDRh-Patientenportal RIN betreuen. Voraussetzung für die Nutzung der PraxisApp ist, dass Sie Mitglied im BDRh sind und bei RIN über eine Praxis-Homepage verfügen, also mit Ihrer Praxis in der Datenbank der Rheumatologen-imNetz-Arztsuche aufgeführt sind, da die PraxisApp über die gleiche Verwaltung bedient wird. In dieser Datenbank wird die neue PraxisApp für Sie freigeschaltet.

Die PraxisApp „Mein Rheumatologe“ ist zugleich auch ein digitales und mobiles Patiententagebuch, das den Austausch über den Krankheitsverlauf beim nächsten Arztbesuch erleichtern soll. Patienten können verschiedene Aspekte ihrer Krankheit dokumentieren, z. B. einmal pro Monat die Position der von Schwellung und Schmerzen betroffenen Gelenke, einmal wöchentlich oder täglich die Schmerzintensität anhand einer Visuellen Analog Skala (VAS) und die Morgensteifigkeit in Minuten sowie – speziell für Patienten mit Rheumatoider Arthritis bzw. Spondylitis ankylosans – alle drei Monate die Krankheitsaktivität

Danach können Sie Ihre Patienten über den neuen Service Ihrer Praxis informieren. Am einfachsten geht die Bekanntmachung mit einem Aushang oder Flyer, der Ihnen von der Firma Monks in einer kleinen Stückzahl und darüber hinaus zum Download zur Verfügung gestellt wird. Auf diesem Ausdruck befindet sich ein „QR-Code“, mit dem Ihre Patienten direkt zum App-Store und zu Google Play (PraxisApp „Mein Rheumatologe“) gelangen. Alle Vorteile der PraxisApp und wie sie funktioniert, können Sie in einem kurzen Video unter folgendem Link sehen: www.monksaerzte-im-netz.de/praxisapp. m

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PraxisApp

Mein Rheumatologe Die neue PraxisApp – exklusiv für BDRh-Mitglieder mit Eintrag im Ärzteverzeichnis von www.rheumatologen-im-netz.de

In Zusammenarbeit mit: www.internisten-im-netz.de Berufsverband Deutscher Internisten e.V. (BDI) Berufsverband Deutscher Rheumatologen e.V. (BDRh)

Ihre Vorteile • Für Ihre Patienten ist die PraxisApp kostenlos • Mit aktuellen Meldungen von Rheumatologen im Netz • Versenden Sie Termin- und Therapie-Erinnerungen sowie individuelle und allgemeine Informationen aus der Praxis • Über einen passwortgeschützten Online-Zugang können Sie alle Nachrichten einfach und übersichtlich verwalten

Monatliche Kosten 5,00 € 10,00 € 15,00 €

für Einzelpraxen für Gemeinschaftspraxen mit bis zu 3 Ärzten für Gemeinschaftspraxen mit mehr als 3 Ärzten

alle Preise zzgl. MwSt.

Ihre Anmeldung

Titel, Name, Vorname

weitere Ärzte

Straße, Hausnummer

PraxisApp - exklusiv für Ärzte mit Eintrag im Ärzteverzeichnis von www.rheumatologen-im-netz.de Ich bestätige, dass ich bereits eine Praxis-Homepage bei www.rheumatologen-im-netz.de habe Wenn Sie noch keine Praxis-Homepage haben, können Sie sich hier anmelden: www.internisten-im-netz.de/onlineanmeldung

Einverständniserklärung PLZ, Ort, Stadtteil

Telefon

E-Mail Adresse (diese E-Mail Adresse wird für den Login in die PraxisAppVerwaltung benötigt sowie zur Korrespondenz mit Ihnen)

Ich zahle per SEPA-Lastschriftmandat

Durch meine Unterschrift bestätige ich, dass ich die AGB (www.monks-aerzte-imnetz.de/praxisapp/agb) gelesen habe und akzeptiere. Ich bestätige, dass ich die datenschutzrechtlichen und berufsrechtlichen Bestimmungen einhalte. Für die von mir in der Applikation eingestellten Inhalte bin ausschließlich ich verantwortlich.

Datum, Ort und Unterschrift Sie erhalten einmalig das PraxisApp Starter-Paket (2 Plakate, 50 Flyer) kostenlos.

Gläubiger-Identifikationsnummer DE81ZZZ00000700791 Ihre Mandatsreferenznummer finden Sie im Buchungstext der halbjährlichen Abbuchung Ihres Kontoauszuges. Ich ermächtige die Monks-Ärzte im Netz GmbH, Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von der Monks-Ärzte im Netz GmbH auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrags verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.

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Geldinstitut (Name und BIC)

DE IBAN

Datum, Ort und Unterschrift

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So können Sie sich anmelden: per Fax an: 089 / 64 20 95 29 Monks ‐ Ärzte im Netz GmbH “Rheumatologen im Netz” Tegernseer Landstraße 138, 81539 München Im Internet unter: www.monks-aerzte-im-netz.de/praxisapp Sie haben Fragen? Rufen Sie uns an unter: 089 / 64 24 82 -12 E-Mail: support@internisten-im-netz.de


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26 Rheumatoide Arthritis

Neue Therapien in klinischer Prüfung Dass neue (und alte) therapeutische Angriffspunkte die Rheumatologie verändern, lässt sich nach PD Dr. Eugen Feist, Berlin, in puncto Rheumatoider Arthritis (RA) bereits an der in der EULAR-Leitlinie 2013 vorgeschlagenen neuen Nomenklatur ablesen, mit der Unterscheidung zwischen „conventional synthetic“ (cs)-DMARDs, „targeted synthetic“ (ts)-DMARDs, „biological original“ (bo)-DMARDs und „biosimilar“ (bs)-DMARDs.

Am stärksten umgewälzt wird die Therapielandschaft bei RA durch die Einführung von Biosimilars, also den bs-DMARDs. Den Anfang gemacht hat das Infliximab-Biosimilar CT-P13, für das in der Phase-I-Studie PLANETAS zur Ankylosierenden Spondylitis (AS) und Phase-III-Studie PLANETRA zur RA eine mit dem Original vergleichbare Pharmakokinetik und -dynamik, Effektivität (ACR-Ansprechen, DAS28-Remission) und vor allem auch Sicherheit nachgewiesen wurde. Nicht zu bestätigen scheint sich die Befürchtung hinsichtlich einer unterschiedlichen Immunogenität von Biologikum und Biosimilar. Sowohl bei RA und AS zeigten sich nach einem Jahr für Infliximab und CT-P13 ähnlich hohe Raten von Anti-Drug-Antikörpern (ADA). Ein interessanter Befund aus einer Post-hoc-Analyse zu diesen beiden Zulassungsstudien ist, so betonte Feist, dass – trotz begleitender Methotrexat (MTX)-Therapie – die ADA-Entwicklung bei RA-Patienten unabhängig von der Studiengruppe fast doppelt so hoch wie bei den AS-Patienten war. Bereits erfolgreich abgeschlossen wurde eine PhaseIII-Studie zu BOW015, einem weiteren Infliximab-Biosimilar. In klinischer Entwicklung befinden sich zudem je zwei Biosimilars zu Rituximab und Etanercept und sogar vier zu Adalimumab, führte Feist weiter aus. Dass sich dieser Trend fortsetzen wird, belegt die Pipe-

bsDMARDs

Infliximab u.a.

ACPA-positive RA

boDMARDs

ACPA-negative RA

Anti-GM-CSF, -IL21, -IL6R, Bi-spezifisch

Langzeitremission? Strukturelle Veränderungen? Nebenwirkungsprofil? Monotherapie? Kombinierbarkeit? Indikationsspektrum?

tsDMARDs

JAK- u. NFkBInhibitoren

Abb.: Neue Behandlungsoptionen bei RA im Überblick Rheuma Management · Mai/Juni 2015

PD Dr. med. Eugen Feist line des Biosimilar-Herstellers BioXpress, die neben den genannten, in der Rheumatologie eingesetzten Biologika zusätzlich Abatacept, Golimumab, Tocilizumab, Ustekinumab und Denosumab umfasst.

Biologika: Alte und neue Angriffsziele Auch bei den bo-DMARDs, sprich Biologika, befinden sich eine Reihe neuer Antikörper in klinischer Prüfung, die an bewährten oder auch gänzlich neuen Targets ansetzen. In Phase-II- oder III befinden sich mehrere IL-6-Antikörper. Mit MOBILITY eine erste Phase-IIIStudie bereits abgeschlossen hat der IL-6-RezeptorAntikörper Sarilumab (150 oder 200 mg q2w s.c.), in der alle klinischen, radiologischen und funktionellen Endpunkte erreicht wurden. In Kombination mit MTX zeigte sich eine über 52 Wochen anhaltende Wirksamkeit bei Biologika-naiven aber auch Biologika-erfahrenen RA-Patienten, so Feist. Das Nebenwirkungsprofil entsprach weitgehend jenem von Tocilizumab; indirekt ist wohl auch von einer ähnlichen Effektivität auszugehen. Für Clazakizumab, das ebenfalls an IL-6 angreift, liegen aus einer Phase-IIb-Studie gute Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten sowohl zur Mono- als auch MTX-Kombinationstherapie nach inadäquatem Ansprechen auf MTX vor. Interessanterweise wurde (mit MTX) das beste Ansprechen in der niedrigsten Dosierung von 25 mg q4w s.c. erzielt. Darüber hinaus werden bei der RA auch neue ZytokinTargets ins Visier genommen. Dazu gehören in PhaseII IL-20 und in Phase-II bzw. -III die IL-17-Blockade mit


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27 Secukinumab und Ixekizumab, zu der – insbesondere für Secukinumab – bereits sehr ermutigende Daten zur AS bzw. Psoriasis-Arthritis (PsA) vorliegen. Ob letzterem Prinzip auch bei RA eine solche (künftige) Bedeutung zukommen wird, ist derzeit aber noch fraglich. Recht vielversprechende Daten aus Phase-II liegen zu gleich zwei GM-CSF-Antikörpern, Mavrililumab und MOR103 vor, die neben einer guten, rasch einsetzenden Wirksamkeit auch auf eine akzeptable Sicherheit und Verträglichkeit schließen lassen. Eher zweifelhaft ist die weitere Entwicklung eines IL-21-Antikörpers, der in Phase-II nicht zu überzeugen wusste. Jenseits von Rituximab und Abatacept kommen aber auch andere, entweder direkte oder indirekte B-Zell-Therapien nicht so recht voran: Kürzlich mussten nach einer gescheiterten Phase-III-Studie nun auch die Hoffnungen auf eine Zulassung des BAFF-Antikörpers Tabalumab bei RA (und ebenso bei SLE) begraben werden. Mit großer Spannung verfolgt wird hingegen die weitere Entwicklung des sich noch in einer frühen Studienphase befindlichen, bi-spezifischen Anti-TNF- und IL-17-Antikörpers ABT-122. Nach Ansicht von Feist könnte diesem „dualen Antikörper“ perspektivisch eine noch größere Rolle bei SpA und PsA zufallen, jedoch weisen erste Ergebnisse darauf hin, dass neben der Inhibition von TNFα und IL-17 auch die Freisetzung von IL-6 gehemmt wird, was auf eine zusätzliche Wirksamkeit bei RA hoffen lässt, betonte Feist. Ein weiteres vielversprechendes Feld sind neue Therapieansätze zur Toleranzinduktion bei RA. Mit Tregalizumab befindet sich hier ein CD4-Antikörper derzeit in Phase-II der klinischen Prüfung.

Update zu „small molecules“ Trotz der großen mit Biologika erreichten Fortschritte bleibt noch Raum für Verbesserungen der RA-Therapie, führte Feist weiter aus. Bereits relativ weit gediehen ist die Forschung zur „intrazellulären“ ZytokinBlockade mit oral verabreichbaren „small molecules, die zu den ts-DMARDs zu rechnen sind. Am weitesten fortgeschritten sind hier die JAK-Inhibitoren, die – abgesehen von TNFα und IL-1 – die Signalkaskade verschiedener Zytokine beeinflussen. Auch wenn in Phase-III-Studien für den JAK-1/3-Inhibitor Tofacitinib eine gute Wirksamkeit gezeigt wurde, bleibt es in Sachen Zulassung aufgrund von Sicherheitsbedenken der EMA vorläufig noch bei der derzeitigen „Hängepartie“. Von den anderen JAK-Inhibitoren scheint Baricitinib (JAK-1/2) der aussichtsreichste Kandidat zu sein. Nachdem mit Fostamatinib ein erster SYK-Inhibitor in Phase-III gescheitert war, scheint nach einer enttäuschenden Phase-II-Studie zu MK-8457 dieser Ansatz wohl zu den Akten gelegt werden zu können. Bislang nur in Japan angewendet wird nach Feist der an NFκB ansetzende Hemmstoff Iguratimod, für den unabhängig von der RA-Krankheitsaktivität eine zumindest moderate Wirksamkeit nachgewiesen wurde. Ob und inwieweit geplant ist, diese Substanz auch in Europa und den USA in Phase-II bzw. -III-Studien zu prüfen, ist derzeit aber völlig unklar. Im Gegensatz zur PsA, für die der orale PDE-4-Inhibitor Apremilast erst kürzlich die Zulassung erhielt, sind entsprechende Therapieversuche in der RA aufgrund fehlender Effektivität abgebrochen worden. m

Axiale SpA: Remission mit Frühtherapie oft erreichbar Bei Patienten mit axialer Spondyloarthritis (SpA), sowohl im nicht-röngenologischen (nr-axSpA) als auch röntgenologischen Stadium (AS), ist die komplette oder partielle Remission mittlerweile vielfach ein realistisches Ziel, betonte Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin. Bei objektiven Entzündungszeichen wie positivem CRP oder MRT (aktive Entzündung) und/ oder kurzer Krankheitsdauer bestehen die besten Chancen auf ein gutes Ansprechen auf TNFα-Inhibitoren. In so selektionierten Patienten mit axialer SpA ist Remission (ASAS-PR oder ASDAS <1,3) in bis zu 50 % der Fälle möglich. Im Gegensatz zur RA fehlt es bei axialer SpA noch an speziellen Studien zur Fragestellung der Therapiedeeskalation, jedoch weisen auch Patienten in kompletter Remission nach Absetzen des TNFα-Blockers eine hohe Rezidivrate auf. Realistischer, und in der Praxis häufig praktiziert, erscheint ein Remissionserhalt unter vorsichtiger Dosisreduktion der Anti-TNF-Therapie. Vorrangiges Ziel muss dabei weiter eine frühe Diagnosestellung sein, da eine sehr frühe Therapie mit NSAR und TNFα-Blockern am ehesten Prof. Dr. med. Joachim eine potenziell sogar Medikamenten-freie Remission erlaubt. m Sieper

Quelle: State of the Art-Lectures „Basistherapeutika in der klinischen Prüfung“ und „Moderne Therapie der SpA: Remission möglich“, BDRh-Kongress, Berlin, 25. April 2015

Rheuma Management · Mai/Juni 2015


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28 Rheumavertrag von BDRh und TK

Rheuma-Coach soll Patientenversorgung verbessern Gemeinsam mit dem Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) startet die Techniker Krankenkasse (TK) im zweiten Quartal dieses Jahres einen Arzneimittel-Coach für Rheumapatienten. Das Coaching soll Wissenslücken bei Patienten schließen und damit unnötige Ängste und Missverständnisse vermeiden. Durch die Unterstützung wird auch die Patientensicherheit erhöht.

Die Inhalte des Coachings hat die TK gemeinsam mit dem niedergelassenen Rheumatologen Dr. Ludwig H. Kalthoff, Rheumapraxis Ruhr in Herne, zugleich Mitglied des BDRh-Bundesvorstands, entwickelt. Der Rheuma-Coach vermittelt in Ergänzung zu der ärztlichen Behandlung die Grundlagen der Krankheitsentstehung sowie den Zusammenhang zwischen möglichen Beschwerden und dem persönlichen Lebensstil. Der Arzt entscheidet, für welchen Patienten er das Coaching für angebracht hält. Von Dr. Kalthoff geschulte Rheuma-Coaches begleiten die Teilnehmer telefonisch durch sechs Module. Zudem erhalten die Patienten Informationsmaterialien zum Selbststudium. Die zusätzliche Beratungsleistung des Arztes wird über den Rheumavertag vergütet, dem bereits knapp 40 Kassen beigetreten sind. Ziel des Vertrages ist die Förderung einer sicheren und wirtschaftlichen Verordnung von Biologika unter Beibehaltung der Therapiefreiheit. Die Fokussierung auf die individuelle Einstellung, zum Beispiel hinsichtlich der Dosis, und die Dokumentation darüber erhöht zudem die Arzneimitteltherapiesicherheit (De-, Eskalation, Switching). 2

Dr. med. Ludwig H. Kalthoff

Tim Steimle

„Wie schon beim TK-Rheumavertrag war es uns bei der Konzeption des Coaches wichtig, dass wir die Versorgung der Patienten gemeinsam mit den Ärzten verbessern. Daher entscheidet auch der behandelnde Arzt, ob der Patient zusätzlich vom Rheuma-Coach betreut werden soll“, so Tim Steimle, Leiter des Fachbereichs Arzneimittel der TK. „Der Coach ist ein neuer Baustein in unserem Angebot zur Versorgung von Rheumapatienten.“ Ärzte, die bereits am Rheumavertrag teilnehmen, erhalten ein umfassendes Informationspaket von der TK. Bundesweit steht der Vertrag allen Fachärzten für Innere Medizin und Rheumatologie, hausärztlich niedergelassenen Fachärzten für Innere Medizin und Rheumatologie sowie Pädiatern mit der Zusatzweiterbildung Rheumatologie offen. Interessierte BDRh-Ärzte erhalten im passwortgeschützten Bereich unter www.bdrh.de weitere Informationen. „Mit unserem Coaching für Patienten mit Typ-2-Diabetes haben wir bereits sehr gute Erfahrungen gemacht. 90 % der geschulten Patienten sind sehr zufrieden und viele Ärzte begrüßen den Ansatz sehr. Ähnliche Erwartungen verbinden wir jetzt auch bei dem Rheuma-Coach“, so Steimle. m

Quelle: Pressemitteilung Techniker Krankenkasse (TK), 23. April 2015

Rheuma Management · Mai/Juni 2015


29 Rheumastiftung

Kinderrheumatologin wird Stiftungsprofessorin Frau Prof. Dr. Kirsten Minden vom Sozialpädiatrischen Zentrum für chronisch kranke Kinder der Charité hat den Ruf auf die Stiftungsprofessur für Versorgungsforschung in der Rheumatologie, angesiedelt an der CharitéUniversitätsmedizin Berlin und am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), angenommen. Die Professur wird von der Rheumastiftung mit einem jährlichen Betrag von 120.000 Euro über fünf Jahre gefördert und danach vom DRFZ aus eigenen Mitteln weitergeführt.

Die Errichtung einer Stiftungsprofessur ist das erste größere Förderprojekt der noch jungen Stiftung, die sich das Motto „Rheuma heilbar machen“ auf die Fahnen geschrieben hat. Die Fördermittel dazu verdankt die Stiftung der Deutschen Rheuma-Liga, die die Mittel aus einem Nachlass bereitgestellt hat. Prof. Dr. Kirsten Minden, Fachärztin für Kinder- und Jugendrheumatologie, hat sich nicht zuletzt für die Etablierung von Transitionssprechstunden für chronischrheumakranke Jugendliche stark gemacht, um den Übergang vom Kinder- zum Erwachsenenleben ohne das Risiko einer rheumatologischen Versorgungslücke optimal zu gestalten. Seit mehr als zehn Jahren leitet sie eine DRFZ-Arbeitsgruppe, die für die Durchführung epidemiologischer Langzeitstudien verantwortlich ist, z. B. für die bundesweite Kerndokumentation rheumakranker Kinder und Jugendlicher und das Biologika-Register JUMBO für junge Erwachsene mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA). „Mein zentrales Anliegen ist die Beschreibung und stetige Verbesserung der Versorgungssituation rheumakranker Kinder, Jugendlicher und Erwachsener“, so Minden. „Wir freuen uns, dass wir mit dieser Stiftungsprofessur ei-

nen spürbaren Beitrag zur Verbesserung der teilweise prekären Versorgungssituation von Menschen in Deutschland setzen können. Insbesondere an der Schnittstelle zwischen Kinder- und Erwachsenenrheumatologie brauchen wir neue Konzepte, um den Betroffenen eine weitgehend uneinge- Prof. Dr. med. Kirsten schränkte Teilhabe am Minden Arbeits- und Sozialleben zu ermöglichen“, betont Rotraut Schmale-Grede, von der Rheuma-Liga. Auch Prof. Dr. Jürgen Braun, DGRhVizepräsident, begrüßt die Berufung von Minden „als exzellente Wissenschaftlerin und Ärztin, die sich auch jenseits der Kinder- und Jugendrheumatologie um die Versorgung von Rheumakranken in Deutschland verdient gemacht hat.“ m Quelle: Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), Mai 2015

Innovative Forschungsideen gesucht Die Rheumastiftung schreibt zum dritten Mal einen Ideenwettbewerb für innovative Forschungsideen in der Rheumatologie aus, um kreativen wissenschaftlichen Ideen Raum zu geben.

Forschungsansätze brauchen manchmal einen ganz neuen Ansatz, eine ungewöhnliche Richtung oder eine visionäre Aussicht, um weiter gedacht zu werden. Danach wird gesucht: 1. Den Rheumaschmerz verstehen und ausschalten, 2. die Krankheitsbewältigung verbessern, 3. die Krankheitsentstehung an ihrer Wurzel bekämpfen und 4. neue Therapien bei Spondyloarthritis oder Lupus entwickeln. Einsendeschluss ist der 15.September 2015. Die beste Idee wird mit 2.500 Euro ausgezeichnet! Die Rheumastiftung wird sich für die Förderung realistischer Projekte einsetzen. Beschreiben Sie Ihr wissenschaftliches Konzept allgemeinverständlich auf maximal fünf Seiten und schicken Sie es an: info@rheumastiftung.org. m

Rheuma heilbar machen

Ideen wett bewerb für neue Wege zur Heilung von heute noch unheilbaren rheumatischen Erkrankungen

Rheuma Management · Mai/Juni 2015


30 Honorar Rheumatologen

Kommentar Honorarbericht der KBV 2013 Bei den Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) für das Jahr 2013 ist zu beachten, dass es sich bei den sogenannten Honoraren um Umsatzzahlen pro Rheumatologe und Quartal und nicht um Praxisgewinne handelt.

Die Zahlen spiegeln insofern nicht die gesamte Fachgruppe wider, als etwas mehr als 50 % der fachärztlichen internistischen Rheumatologen nicht erfasst sind. Es sind dies Kollegen, die in einer fachgruppenübergreifenden Berufsausübungsgemeinschaft (MVZ oder entsprechende Gemeinschaftspraxis mit Ärzten verschiedener Fachgruppen) tätig sind, sowie Kollegen, die über eine weitere Facharztbezeichnung verfügen (z. B. Physikalische Medizin und Rehabilitation, Endokrinologie, Nephrologie etc.). In jedem Quartal des Jahres 2013 ist der mittlere Fallwert (=Vergütungshöhe pro Patient und Quartal) der Rheumatologen gesunken, von -2,5 bis maximal -6,2. Der mittlere GKV-Umsatz lag im Vergleich zum Vorjahr bei -4,4 zu +0,7, d. h. partiell wurde eine rückläufige

Kassenärztliche Vereinigung

Honorarumsatz je Arzt in Euro

Veränderung

1. Q 2012

1. Q 2013

52.841

47.498

Hamburg

*)

Bremen

*)

Niedersachsen

91.158

73.511

-17.647

Westfalen-Lippe

82.168

85.871

Nordrhein

53.929

Hessen

62.105

Schleswig-Holstein

absolut -5.343

Honorarumsatz je Behandlungsfall in Euro

in % -10,1%

1. Q 2012

1. Q 2013

Vergütung pro Leistung über höhere Patientenzahlen kompensiert. Trotz umfänglicher Leistungsbreite in der Versorgung mit dem fachspezifischen Labor, der Röntgendiagnostik und der ausschließlichen Versorgung von chronisch Kranken, liegt der Fallwert der Rheumatologen mit im Mittel 68 € nur geringfügig über dem mittleren Fallwert der Hausärzte von 60 €. Eine dramatische Unterbezahlung der ärztlichen Leistung von Rheumatologen ist daraus abzuleiten. Diese Einschätzung wird unterstützt durch die Umsatzzahlen in Bundesländern, in denen die Rheumatologen kein oder fast kein Speziallabor selbst erbringen wie in Berlin und in Schleswig-Holstein mit jeweils 49 € im 4. Quartal 2013. Der mit 88 bis 91 € relativ hohe Fallwert in Bayern erklärt sich durch das von fast allen

Veränderung Kassenärztliche Vereinigung absolut -1,65

in % -3,1%

Schleswig-Holstein

Honorarumsatz je Arzt in Euro

Veränderung

2. Q 2012

2. Q 2013

49.920

45.161

absolut

54,01

52,36

-4.759

*)

*)

*)

Hamburg

*)

*)

*)

*)

Bremen

*)

-19,4%

86,69

72,58

-14,11

-16,3%

Niedersachsen

86.831

73.830

-13.001

3.703

4,5%

71,85

76,08

4,23

5,9%

Westfalen-Lippe

74.282

79.810

55.614

1.685

3,1%

60,33

60,49

0,16

0,3%

Nordrhein

52.086

60.465

-1.640

-2,6%

69,71

73,63

3,92

5,6%

Hessen

in % -9,5%

Honorarumsatz je Behandlungsfall in Euro 2. Q 2012

2. Q 2013

Veränderung

absolut

54,87

47,44

*)

*)

*)

*)

*)

*)

-15,0%

85,29

5.528

7,4%

57.577

5.491

60.513

65.632

in %

-7,43

-13,5%

71,24

-14,05

-16,5%

70,38

70,82

0,44

0,6%

10,5%

61,70

62,72

1,02

1,7%

5.119

8,5%

74,22

73,27

-0,95

-1,3%

Rheinland-Pfalz

77.732

81.051

3.319

4,3%

73,08

77,82

4,74

6,5%

Rheinland-Pfalz

74.349

85.593

11.244

15,1%

74,90

76,53

1,63

2,2%

Baden-Württemberg

61.209

65.185

3.976

6,5%

69,18

68,37

-0,81

-1,2%

Baden-Württemberg

62.589

63.422

833

1,3%

67,54

66,90

-0,64

-0,9%

Bayern

71.495

67.901

-3.594

-5,0%

91,42

91,13

-0,29

-0,3%

Bayern

68.474

63.919

-4.555

-6,7%

91,97

88,29

-3,68

-4,0%

Berlin

45.682

45.358

-324

-0,7%

52,66

49,21

-3,45

-6,6%

Berlin

43.247

45.650

2.403

5,6%

51,79

50,10

-1,69

-3,3%

*)

*)

*)

*)

*)

*)

*)

*)

45,30

43,86

-1,44

-3,2%

*)

57,81

73,89

68,66

-5,23

-7,1%

*)

*)

Saarland Mecklenburg-Vorp.

36.455

41.063

*)

57.966

74.800

69.644

*)

*)

Sachsen

70.810

56.555

-14.255

Bund

69.333

66.302

-3.031

Brandenburg Sachsen-Anhalt Thüringen

4.608 -5.156

12,6%

Saarland

47,16

52,77

*)

56,22

73,08

67,11

*)

*)

-20,1%

62,19

54,03

-8,16

-13,1%

-4,4%

72,48

70,11

-2,37

-3,3%

-6,9%

5,61

11,9%

Mecklenburg-Vorp.

35.460

37.270

*)

62.067

73.423

65.929

*)

*)

Sachsen

68.715

53.567

-15.148

-22,0%

62,80

52,00

-10,80

-17,2%

Bund

66.800

65.455

-1.345

-2,0%

72,59

68,58

-4,01

-5,5%

Brandenburg -5,97

-8,2%

Sachsen-Anhalt Thüringen

*) weniger als fünf Ärzte in dieser Abrechnungsgruppe Quelle: KBV-Abrechnungsstatistik; Praxen mit zugelassenen Ärzten

Rheuma Management · Mai/Juni 2015

1.810 -7.494

5,1% -10,2%


31

Kompensiert wird diese Unterbezahlung der ärztlichen rheumatologischen Leistung durch vergleichsweise zu den Haus- und Fachärzten insgesamt hohe Fallzahlen. Dies ist insofern eine scheinbar paradoxe Entwicklung, da unsere Patienten mit chronisch-entzündlichen Rheumaformen einen hohen Arzt-bezogenen Versorgungsaufwand erfordern. Die Zahlen erklären sich durch erhebliche Mehrarbeit. Nach den Praxisanalyse-Zahlen (ZIPP-Daten) des Zentralinstitutes der KBV arbeiten Rheumatologen mit im Mittel 58 Stunden pro Woche von allen Ärzten am meisten. Die höheren Fallzahlen führen zu einem mittleren Umsatzvolumen von 65.000 €/Quartal. Dem steht ein durchschnittliches Umsatzvolumen der Hausärzte und des Durchschnitts der Fachärzte von 50.000 € gegenüber. Was von außen betrachtet wie eine Nivellierung der erzielten Umsätze mit einem kleinen Umsatzvorteil für die Rheumatologen aussieht, stellt sich unter Berücksichtigung der Umsatzzahlen in Berlin und Schleswig-Holstein (im Mittel ca. 45.000 €/ Quartal) und vor allem der o.g. Fallwerte doch als

Kassenärztliche Vereinigung

Schleswig-Holstein Hamburg Bremen

Honorarumsatz je Arzt in Euro

Veränderung

3. Q 2012

3. Q 2013

49.175

42.255

*)

*)

absolut -6.920

in % -14,1%

Honorarumsatz je Behandlungsfall in Euro 3. Q 2012

3. Q 2013 42,75

*)

*)

Gegen dieses System in 17 verschiedenen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) vorzugehen, gleicht einer Sisyphos-Arbeit. Der für unsere Fachgruppe sehr reale und zeitnahe Ausweg liegt in der Ambulanten Spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) und in möglichst umfänglichen, alle Indikationen abdeckenden Selektivverträgen.

Dr. med. Edmund Edelmann Erster Vorsitzender des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen (BDRh)

Veränderung Kassenärztliche Vereinigung absolut

54,12

nicht unerhebliche Benachteiligung unserer Fachgruppe im KV-System heraus. Ein wichtiger Grund für diese Entwicklung mit abnehmenden Umsätzen und Fallwerten sind die regionalen Honorarverteilungsmaßstäbe, die eine abnehmende Zahl an Ärzten pro Fachgruppe mit höheren Fallwerten belohnen (vor allem im Hausarzttopf) und kleine Fachgruppen wie die Rheumatologen, die eine im Mittel zwar geringe, aber doch kontinuierliche Arztzahlzunahme aufweisen, mit niedrigeren Vergütungen abstrafen. m

-11,37

in % -21,0%

Bremen

*)

*)

*)

*)

83.511

72.328

-11.183

-13,4%

83,37

72,06

-11,31

-13,6%

Westfalen-Lippe

79.480

75.512

-3.968

-5,0%

74,80

75,55

0,75

1,0%

Nordrhein

57.705

57.073

-632

-1,1%

68,26

59,57

-8,69

-12,7%

Hessen

62.842

58.787

-4.055

-6,5%

75,79

71,43

-4,36

-5,8%

Rheinland-Pfalz

73.127

84.318

11.191

15,3%

73,60

77,48

3,88

5,3%

Baden-Württemberg

57.428

59.060

1.632

2,8%

69,40

63,70

-5,70

-8,2%

Bayern

63.298

70.448

7.150

11,3%

88,25

89,05

0,80

0,9%

Berlin

44.581

49.667

5.086

11,4%

51,40

54,48

3,08

6,0%

*)

*)

6.020

17,1%

46,37

49,57

3,20

6,9%

*)

59,34 65,95

Mecklenburg-Vorp. Brandenburg Sachsen-Anhalt Thüringen

*)

*)

35.189

41.209

*)

62.902

74.695

62.279

-12.416

-16,6%

73,17

Schleswig-Holstein Hamburg

Niedersachsen

Saarland

Ausblick

Praxen vorgehaltene Speziallabor (ca. 40 €/Fall) und einen Selektivvertrag, der von der KBV in die Regelversorgung eingerechnet wurde.

-9,9%

Veränderung

4. Q 2012

4. Q 2013

47.863

48.756

*)

*)

absolut 893

in % 1,9%

Honorarumsatz je Behandlungsfall in Euro 4. Q 2012

4. Q 2013

Veränderung

absolut

54,36

49,53

*)

*)

in %

-4,83

-8,9%

*)

*)

*)

*)

Niedersachsen

76.844

75.093

-1.751

-2,3%

74,96

71,95

-3,01

-4,0%

Westfalen-Lippe

82.369

77.516

-4.853

-5,9%

75,50

75,25

-0,25

-0,3%

Nordrhein

53.555

59.463

5.908

11,0%

62,15

58,65

-3,50

-5,6%

Hessen

64.904

60.091

-4.813

-7,4%

75,62

72,27

-3,35

-4,4%

Rheinland-Pfalz

76.895

82.965

6.070

7,9%

76,12

76,50

0,38

0,5%

Baden-Württemberg

63.641

63.825

184

0,3%

67,75

65,47

-2,28

-3,4%

Bayern

67.516

78.047

10.531

15,6%

88,61

91,42

2,81

3,2%

Berlin

45.219

47.040

1.821

4,0%

50,00

49,75

-0,25

-0,5% 10,5%

Saarland

-7,22

Honorarumsatz je Arzt in Euro

*)

*)

*)

*)

Mecklenburg-Vorp.

38.315

43.190

4.875

12,7%

47,91

52,95

5,04

Brandenburg

61.557

63.047

1.490

2,4%

57,89

59,03

1,14

2,0%

Sachsen-Anhalt

71.097

58.054

-13.043

-18,3%

66,71

55,52

-11,19

-16,8%

Thüringen

*)

*)

*)

*)

*)

*)

*)

*)

Sachsen

66.074

52.790

-13.284

-20,1%

62,20

53,24

-8,96

-14,4%

Sachsen

58.427

55.898

-2.529

-4,3%

56,13

55,52

-0,61

-1,1%

Bund

65.801

64.581

-1.220

-1,9%

72,97

68,45

-4,52

-6,2%

Bund

66.101

66.551

450

0,7%

70,25

68,46

-1,79

-2,5%

Rheuma Management · Mai/Juni 2015


32 Kolumne „Berlin intern“

Episoden am Rande des Ärztetages Der 118. Deutsche Ärztetag in Frankfurt/M. begann mit einer peinlichen Provokation: Vor dem Eingang zur Paulskirche, in der die feierliche Eröffnung stattfand, hatte eine Ärztegruppe eine Skulptur „Der Sterbe-Klempner“ installiert.

Das von dem Gestalter des Düsseldorfer Rosenmontagszug, Jacques Tilly, geschaffene „Kunstwerk“ stellte den Präsidenten der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, vor einem liegenden Patienten mit einer WC-Saugglocke auf dem Gesicht dar. Es sollte wohl eine Kritik an einer früheren, etwas unbedachten Äußerung des Ärztepräsidenten ausdrücken, der seine strikte Ablehnung jeglicher Sterbehilfe einmal so formuliert hatte: „Lassen Sie das doch den Klempner machen!“ Wohl nicht bedacht hatten die Akteure, dass die Paulskirche ständig Ziel internationaler Touristengruppen ist, die dann irritiert und verwundert, ohne die Aussage einordnen zu können, dieses geschmacklose Machwerk fotografierten. Die Paulskirche selbst, zweifellos ein würdiger Ort für die Jahrestagung des Ärzteparlaments, war natürlich viel zu klein, um allen Ärzten Einlass zu gewähren, die gern an der Eröffnung teilgenommen hätten. Platz fanden nur die Delegierten, zahlreiche Funktionäre, einige Gäste und eine limitierte Anzahl von Journalisten. Und selbst von den Eingelassenen mussten viele die Eröffnung im Stehen verfolgen.

ren, gab der Auswahl, ohne die Leistungen der Geehrten damit herabwürdigen zu wollen, noch ein leichtes „Geschmäckle“. Ein weiteres Detail sorgte für Befremden: auf jedem Sitzplatz in der Paulskirche lag – neben dem Programm der Eröffnung – ein Zettel mit dem Text der deutschen Nationalhymne. Darf man von diesem Teilnehmerkreis wirklich nicht erwarten, dass sie den Text der eigenen Nationalhymne kennen? Die Gäste aus dem Ausland werden dies mit Verwunderung registriert haben. Eher lustig war dagegen die kleine Episode, dass Präsident Montgomery nach der Verleihung der Paracelsus-Medaillen dann den 118. Deutschen Ärztetag für beendet erklärte – und dies natürlich nach aufkommender Heiterkeit sofort wieder korrigierte.

Der traditionelle „Schlagabtausch“ zwischen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und dem BÄK-Präsidenten Montgomery verlief eher milde, Dr. med. Erich Schröder was zeigt, dass bis auf die beArzt und Journalist, Geschäftsführer der kannten Streitpunkte die ÄrzGesundheitspolitik.de Verlagsgesellschaft teschaft mit dem kommenden mbH und des Kollegiums Medizin und GKV-VersorgungsstärkungsgeRecht sowie Gastwissenschaftler an der setz recht gut leben kann. Das Charité Universitätsmedizin Berlin. Thema Praxisaufkauf sieht Gröhe entspannt. Die Bedarfsplanung Diese Fixierung auf Funktionäre spiegelte sich dann auch – wie jedes Jahr – in der Eh- sei Aufgabe der Selbstverwaltung und keine staatliche rung der Verstorbenen wider, geehrt wurden Ärzte mit Vorgabe. Die Entscheidung über einen Praxisaufkauf werwissenschaftlichen Karrieren oder organisatorischen Lei- de im Zulassungsausschuss getroffen, ohne die Stimmen tungsfunktionen. Die gleichen Kriterien finden sich dann der Ärzte könne es dort keinen Praxisaufkauf geben. auch bei der Verleihung der Paracelsus-Medaille wieder, Heiterkeit rief Gröhe mit seiner Begründung der Terminimmerhin der höchsten ärztlichen Auszeichnung. Warum servicestellen hervor: Er kenne einen (!) jungen Facharzt nicht auch einmal ein Arzt, der sein Leben für seine Pati- aus seinem Wahlkreis, der sich davon zusätzliche Patienenten einsetzt, zum Beispiel im Ebola-Einsatz, oder eine ten für seine freien Termine erhofft. Das milde Gelächter Hausärztin mit außergewöhnlichen Verdiensten? Dass des Auditoriums hatte sich der Minister mit dieser – eher zwei der vier Geehrten Duzfreunde des Präsidenten wa- „eminenzbasierten“ – Einzelmeinung redlich verdient. m

Rheuma Management · Mai/Juni 2015


33 Aktuelle Rechtsprechung

Urlaubsanspruch nach unbezahltem Sonderurlaub Nach dem Bundesurlaubsgesetz hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Diese Vorschrift ist unabdingbar. Die Entstehung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs erfordert nur den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses und die einmalige Erfüllung der Wartezeit.

Das Bundesurlaubsgesetz ordnet auch nicht die Kürzung des Urlaubsanspruchs für den Fall des Ruhens des Arbeitsverhältnisses an. Allerdings sehen spezialgesetzliche Regelungen für den Arbeitgeber die Möglichkeit der Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit oder Wehrdienst vor. Eine Kürzungsregelung beim Ruhen des Arbeitsverhältnisses während einer Pflegezeit findet sich dagegen nicht. Kommt es zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, hindert dies grundsätzlich weder das Entstehen des gesetzlichen Urlaubsan-

spruchs noch ist der Arbeitgeber zur Kürzung des gesetzlichen Urlaubs berechtigt. Ein vereinbarter Sonderurlaub steht damit dem Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nicht entgegen. Er berechtigt auch nicht zur Kürzung des gesetzlichen Urlaubs. m

Quelle: Bundesarbeitsgericht, Pressemitteilung Nr. 22/14

Sie fragen – Experten antworten Ein Service von WORTREICH für die Leser der „Rheuma Management“

Frage: Unsere Praxis hat ein Schreiben eines Anwalts erhalten, der uns zur Übersendung einer Kopie der Behandlungsunterlagen eines Patienten auffordert. Eine Vollmacht des Rechtsanwalts liegt vor. Eine Entbindung von der Schweigepflicht des Patienten hingegen nicht. Reicht die Vollmacht aus? Antwort: Sie benötigen eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht, wenn nicht der Patient selber, sondern ein Dritter (z. B. eine Versicherung) die Unterlagen anfordert. Denn in einem solchen Fall können Sie nicht davon ausgehen, dass der Patient mit der Weitergabe einverstanden ist. Soweit sich nun ein Rechtsanwalt für den Patienten be-

stellt und eine schriftliche Bevollmächtigung vorlegt, die der Patient unterzeichnet hat, dürfen Sie grundsätzlich davon ausgehen, dass es dem Wunsch und Willen des Patienten entspricht, dass Sie dem Anwalt die Patientendokumentation übersenden.

RA Christian Koller

Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, verschicken Sie die Kopie der Behandlungsunterlagen direkt an den Patienten und informieren Sie den Anwalt hierüber schriftlich unter Hinweis auf die fehlende Entbindungserklärung. m

Kontaktadresse: Rechtsanwalt Christian Koller Kanzlei Tacke Krafft, Am Rindermarkt 3 und 4, 80331 München

Sie möchten rechtliche Fragen beantwortet haben, z. B. zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Arzthaftung oder Kündigungen, Mietproblemen, Kooperationen. Mailen Sie uns, wir leiten die Fragen weiter: info@wortreich-gik.de. Nicht alle Fragen/Antworten können publiziert werden. Die Expertenantworten ersetzen keine möglicherweise notwendige Rechtsberatung.

Rheuma Management · Mai/Juni 2015

Ein Service für BDRh-Mitglieder

Thema: Ärztliche Schweigepflicht


34 Rheumatoide Arthritis

Treat-to-target (T2T)-Initiative aktualisiert Empfehlungen Erstmals in 2010 veröffentlicht, haben die von einer europäisch-amerikanischen Task Force entwickelten Treatto-target (T2T)-Empfehlungen erheblich folgende Leitlinien und die Behandlungspraxis beeinflusst. Im Lichte neuer Studien und der inzwischen verfügbaren ACR/EULAR-Remissionskriterien einigten sich über 40 Rheumatologen und fünf Patientenvertreter auf eine überarbeitete Fassung der T2T-Empfehlungen.

Das Update 2014 der internationalen T2T-Initiative um Josef S. Smolen, Wien (Österreich), zur Rheumatoiden Arthritis (RA) basiert auf einem systematischen Literatur-Review. Von 176 neu erfassten T2T-Studien wurden schließlich sechs für die Publikation ausgewählt, denen eine zusätzliche Evidenz zugebilligt wurde.

Vier übergeordnete Grundprinzipien Die überarbeitete Fassung der T2T-Empfehlungen beinhaltet weiterhin vier übergeordnete Grundprinzipien, die sich im Vergleich zur Erstversion nur geringfügig geändert haben. Einzige Ausnahme ist das Prinzip B., wo nun zusätzlich als Ziel explizit die Teilhabe am Arbeitsleben neu mit aufgeführt wird. A. Die Behandlung der RA muss auf einer gemeinsamen Entscheidungsfindung des Patienten und Rheumatologen basieren. B. Primäres Ziel der Behandlung von RA-Patienten ist die bestmögliche Verbesserung der langfristigen gesundheitsbezogenen Lebensqualität durch die Kontrolle der Symptome, Prävention struktureller Schäden, Normalisierung der Funktionsfähigkeit und Teilhabe an sozialen und Arbeits-bezogenen Aktivitäten. C. Der wichtigste Weg zum Erreichen dieser Ziele ist das Eliminieren der Gelenkentzündung. D. Eine zielorientierte Behandlung durch die Bestimmung der Krankheitsaktivität und entsprechende Therapieanpassung optimiert das Behandlungsergebnis bei RA.

Zehn T2T-Empfehlungen Im Rahmen halten sich auch die Änderungen bei den zehn T2T-Empfehlungen, die sich vor allem an einer teilweise geänderten Reihenfolge, aber auch einigen neuen Formulierungen festmachen lassen. 1. Primäres Behandlungsziel bei der RA sollte die klinische Remission sein. 2. Klinische Remission ist definiert als das Fehlen von Rheuma Management · Mai/Juni 2015

Anzeichen und Symptomen einer signifikanten entzündlichen Krankheitsaktivität. 3. Obwohl die Remission das Ziel sein sollte, kann eine niedrige Krankheitsaktivität eine akzeptable Alternative sein, insbesondere bei langjähriger Erkrankung. 4. Die Anwendung validierter, zusammengesetzter Messinstrumente zur Beurteilung der Krankheitsaktivität, die eine Beurteilung der Gelenke umfassen, ist in der routinemäßigen klinischen Praxis erforderlich, um die Behandlungsentscheidungen zu leiten (zuvor: 6). 5. Für die Auswahl der (zusammengesetzten) Messinstrumente zur Bestimmung der Krankheitsaktivität und des Zielwertes sollten Komorbiditäten, patientenbezogene Faktoren und Medikamenten-bezogene Risiken berücksichtigt werden (zuvor: 9). 6. Die Krankheitsaktivität muss regelmäßig gemessen und dokumentiert werden, häufig, d. h. jeden Monat bei Patienten mit hoher oder mittlerer Krankheitsaktivität, weniger häufig (ca. alle sechs Monate) bei Patienten mit anhaltend niedriger Krankheitsaktivität oder Remission (zuvor: 5). 7. Neben der anhand zusammengesetzter Messinstrumente bestimmten Krankheitsaktivität sollten klinische Behandlungsentscheidungen auch strukturelle Veränderungen, funktionelle Einschränkungen und Komorbiditäten berücksichtigen. 8. Bis das erwünschte Behandlungsziel erreicht ist, sollte die medikamentöse Therapie mindestens alle drei Monate angepasst werden (zuvor: 4). 9. Das gewünschte Behandlungsziel sollte während des gesamten weiteren Verlaufs der Krankheit aufrechterhalten werden (zuvor: 8). 10. Der Rheumatologe sollte den Patienten in die Festlegung des Behandlungsziels und der Strategie zum Erreichen dieses Ziels einbinden. Keine Änderungen gab es bei Empfehlung 1. Zwar wurde zusätzlich zur klinischen auch eine bildgebende


35

Jenseits der neuen Positionierung eine nur kleine Änderung gab es bei Empfehlung 6., wo bei langanhaltend niedriger Krankheitsaktivität bzw. Remission die Frequenz der Aktivitäts-Bestimmung beim Rheumato-

logen leicht gelockert wurde (von 3-6 auf sechs Monate). Die wichtigste Anpassung in Empfehlung 7. ist die Ergänzung von Komorbiditäten, deren Relevanz für das therapeutische Vorgehen bei RA-Patienten weiter unterstreichend. Abgesehen von den neuen Positionen unverändert bleiben die Empfehlungen 8. und 9. Die Empfehlung 10. wurde nicht nur vereinfacht, sondern die Rheumatologen auch stärker in die Pflicht genommen, „pro-aktiv“ die Patienten in die Entscheidung für eine Behandlung und diese selbst einzubinden (d. h., diese als Partner zu sehen und nicht über ihren Kopf hinweg zu entscheiden), auch um die langfristige Adhärenz zu fördern. m

Die aktuellen T2T-Empfehlungen sind noch stärker auf den rheumatologischen Praxisalltag ausgerichtet worden. Größeres Gewicht wird, z. B. in Abhängigkeit von Komorbiditäten, auf eine Individualisierung der Therapie mit noch aktiverer Einbindung der RA-Patienten gelegt.

Quelle: Ann Rheum Dis 2015; doi:10.1136/annrheumdis-2015-207524

Chancen auf Remission steigen stetig an Bei Rheumatoider Arthritis (RA) ist das Erreichen einer DMARD-freien Remission ein immer häufiger zu erreichendes langfristiges Behandlungsziel, so die Erkenntnis niederländischer Rheumatologen um Sofia Ajeganova, derzeit Stockholm (Schweden), nach der Auswertung von Daten aus der Leiden Early Arthritis Clinic (EAC).

Auf das Erreichen einer DMARD-freien Remission hin ausgewertet wurden 1.007 zwischen 1993 und 2011 mit RA diagnostizierte Patienten der Leiden EAC. Von 1993–1995 rekrutierte Patienten wurden initial mit NSAR behandelt, von 1996–1998 erfolgte ein früher Beginn der Therapie mit mäßig wirksamen DMARDs und ab 1999 wurde unmittelbar Methotrexat (MTX) gegeben. Seit 2005 wurde dann eine DAS-gesteuerte Behandlungsstrategie verfolgt. Eine anhaltende DMARD-freie Remission erreichten 155 Patienten, wobei erwartungsgemäß spezifische Therapiestrategien signifikant mit der Remission assoziiert waren (p<0,001). Aus einer auf ACPA/RF, SJC, BSG und CRP adjustierten, multivariaten Cox-Regressionsanalyse berechnete sich für das Erreichen einer DMARD-freien Remission Hazard ratios (HRs) von 1,13 (95% CI 0,48-2,64) für 1996–1998 eingeschlossene Patienten, 2,39 (95% CI 1,07-5,32) für (1999-2005) früh mit MTX behandelte Patienten und 3,72 (95%

CI 1,60-8,62) für 2005-2011 rekrutierte Teilnehmer, die nach sofortiger MTX-Gabe einer DAS-gesteuerten Therapie einschließlich Biologika zugeführt wurden. Zum Zeitpunkt der Remission bewegte sich der HAQ der RA-Patienten auf dem Niveau der Allgemeinbevölkerung und auch PROs wie Morgensteifigkeit, Fatigue Schmerz und Krankheitsaktivität zeigten auf einer VAS (z. T. sehr) niedrige Werte an. In dieser Studie lässt sich sehr eindrucksvoll nachverfolgen, wie die Etablierung intensiverer Therapiestrategien bei Patienten mit früher RA die Chancen auf eine spätere DMARD-freie Remission erhöhten – gleichsam ein Beleg, dass die Chronizität der RA durch eine frühe, konsequent an Remission ausgerichtete medikamentöse Intervention beeinflusst und die Funktionsfähigkeit langfristig erhalten werden kann. m Quelle: Ann Rheum Dis 2015; doi:10.1136/annrheumdis-2014-207080

Rheuma Management · Mai/Juni 2015

Kompakt

Remission erörtert, die Aufnahme der letzteren jedoch aufgrund insgesamt noch unzureichender Langzeitdaten verworfen. Auch bei Empfehlung 2. erfolgte keine Anpassung, jedoch wird, obwohl die Feststellung einer klinischen Remission gemäß DAS28 weiterhin als akzeptabel betrachtet wird, Wert darauf gelegt, dass die neuen, stringenteren ACR/EULAR-Remissionskriterien diesen Status derzeit wohl am besten reflektieren und daher präferiert werden sollten. Bei der sinngemäß unverändert gebliebenen Empfehlung 3. wurde auf die obsolet gewordene Formulierung „basierend auf der verfügbaren Evidenz“ verzichtet. Keine Änderung gab es bei Empfehlung 4., die aber in der Reihung aus Gründen der Plausibilität und Bedeutung um zwei Positionen aufrückte. Ebenfalls weiter nach vorne gerutscht und deutlicher formuliert („sollte statt kann“) ist Empfehlung 5., die Bedeutung von Komorbiditäten und anderer individueller Faktoren sowie die entsprechende Anpassung der Therapieziele im Sinne eines „personalisierten Behandlungsansatzes“ noch stärker betonend.


36 Rheumatoide Arthritis

Morgensteifigkeit von limitierter Aussagekraft Obgleich die Morgensteifigkeit nicht in die ACR/EULAR-Klassifikationskritierien 2010 für die Rheumatoide Arthritis (RA) aufgenommen wurde, wird sie als typisches RA-Merkmal doch häufig in der Praxis erfasst. Den Stellenwert der Morgensteifigkeit als diagnostisches Kriterium bei Arthralgie und undifferenzierter Arthritis sowie für die Prognose bei früher RA ermittelten französische und niederländische Rheumatologen um Jessica A.B. van Nies, Leiden, in mehreren Kohorten mit 5.202 Patienten.

Eingeschlossen wurden Arthralgie-Patienten der Early Arthritis Recognition Clinics (EARC) in Leiden (n=807) und Groningen (n=481) sowie der Rotterdam Early Arthritis Cohort (REACH)-Studie (n=353) zur Erfassung der Assoziation zwischen einer Morgensteifigkeit ≥60 Minuten und Arthritis, sowie Patienten mit früher Arthritis aus der Leiden Early Arthritis Clinic (EAC) (n=2.748) und französischen ESPOIR-Kohorte (n=813) für die Bestimmung der Assoziation zwischen Morgensteifigkeit und dem Erfüllen der 2010er RAKriterien nach 12 Monaten. Bei Patienten mit gesicherter RA-Diagnose aus EAC (n=1.140) und ESPOIR (n=677) wurde der Assoziation der Morgensteifigkeit mit dem langfristigen Outcome nachgegangen. Bei Arthralgie war eine Morgensteifigkeit ≥60 Minuten in adjustierten Analysen je nach Kohorte mit Odds ratios (ORs) von 1,49 (Leiden), 2,21 (Groningen)

und 1,55 (REACH) mit dem Vorliegen einer Arthritis assoziiert, jedoch ist die diagnostische Aussagekraft angesichts recht niedriger AUC-Werte (0,52, 0,57 bzw. 0,54) relativ beschränkt. Bei früher Arthritis war eine Morgensteifigkeit ≥60 Minuten unabhängig von anderen Faktoren signifikant prädiktiv für das Erfüllen der 2010er RA-Kriterien sowohl in der Leiden EAC- (OR 2,92; AUC 0,68) als auch ESPOIR-Kohorte (OR 2,33; AUC 0,64). Bei den RA-Patienten war Morgensteifigkeit hingegen weder mit der radiologischen Progression noch dem Erreichen einer Remission verknüpft. Zusammenfassend ist Morgensteifigkeit bei Arthralgie und Früharthritis trotz eher mäßiger Sensitivität und Spezifität ein wichtiges diagnostisches Element, dies jedoch nur in Kombination mit anderen Kriterien. m Quelle: Arthritis Res Ther 2015; 17(4): 108

Genvariante prädiktiv für Prognose Dass bei Rheumatoider Arthritis (RA) der Austausch einer einzelnen Aminosäure im HLA-DRB1-Gen den Krankheitsverlauf, die langfristige Prognose und sogar das Therapieansprechen beeinflussen kann, geht aus einer aktuellen Studie von Sebastien Viatte, Manchester (Großbritannien), und Kollegen hervor.

Um zu untersuchen, inwieweit spezifische HLA-DRB1Haplotypen Einfluss auf strukturelle Schäden, Mortalität und das Therapieansprechen nehmen, wurde das HLA-DRB1-Gen in zwei Patientenregistern mit Daten zum Langzeitverlauf erfasst, dem Norfolk Arthritis Register (NOAR) mit 1.691 RA-Patienten und der Early Rheumatoid Arthritis Study mit 421 Patienten. Im Ergebnis erwiesen sich die Aminosäuren an den drei Positionen 11, 71 und 74 des HLA-DRB1-Proteins als relevant für das Outcome. Mit der Röntgenprogression am stärksten assoziiert war die Aminosäure Valin an Position 11 (Odds ratio, OR 1,75). Bei Nicht-Trägern kam es in 48 % der Fälle zu schweren Gelenkdestruktionen binnen fünf Jahren, bei heterozygoten Trägern in 61 % und bei homozygoten Trägern sogar zu 74 %. Mit einer jährlichen Rate von 2,5 vs. 1,9 % Rheuma Management · Mai/Juni 2015

war bei Trägern von Valin an Position 11 überdies die Mortalität signifikant erhöht (Hazard ratio, HR 1,16; p=0,01). Des Weiteren war genau dieses Merkmal – so ergab die Auswertung einer zusätzlichen Patientenkohorte – mit einem guten Ansprechen auf TNFα-Inhibitoren assoziiert. Demzufolge kam es bei 86 % der Träger und 78 % der Nicht-Träger zu einem moderaten bzw. guten EULAR-Ansprechen (p=0,04). Obwohl signifikant, eignet sich dieser HLA-DRB1-Haplotyp alleine angesichts des nur sehr geringen Unterschieds aber sicher nicht für einen Gentest auf die zu erwartende Effektivität einer Anti-TNF-Therapie. Dazu bedürfte es der Kombination mit weiteren Risikogenen zur Entwicklung eines geeigneten Genassays. m Quelle: JAMA 2015; 313(16): 1645-1656


37 Frühe Rheumatoide Arthritis

Neue Lehren aus der CAPEA-Kohorte Nach von Katinka Albrecht, Berlin, und Kollegen vorgelegten Daten von 669 Patienten mit früher Rheumatoider Arthritis (RA) aus der prospektiven Beobachtungskohorte CAPEA, führen kurzzeitig höhere Glukokortikoid (GK)-Dosen gegenüber einer Low-Dose-GK-Therapie nicht zu verstärkten Nebenwirkungen, aber einem rascheren Ansprechen, wobei nach zwei Jahren das Outcome letztlich vergleichbar war.

518 Patienten (77 %) der CAPEA-Kohorte (mittleres Alter 56,7 Jahre, 64,3 % Frauen, Krankheitsdauer 12,7 Wochen) erhielten zu Baseline orale GK, davon 20 % eine niedrige Dosis (<7,5 mg Prednisolon/Tag), 22 % eine mittlere (7,5–19 mg) und 35 % eine hohe Dosis (≥20 mg). In einer multivariaten Regressionsanalyse war ein höherer DAS28 signifikant mit höheren GK-Dosen assoziiert (Odds ratio, OR 1,3; p<0,001). Bis Monat 3 bzw. 6 wurde die GK-Dosis in allen Gruppen auf im Mittel 5 bzw. 4 mg/Tag reduziert, zu Monat 6 auf 4 mg; nach zwei Jahren waren 52 % GK-frei, nur 7 % waren noch auf einer Dosis >5 mg/Tag. Nach Adjustierung auf Alter, Geschlecht, DAS28 und Therapie (zu 82 % MTX allein oder in Kombination mit anderen DMARDs) zeigten die Patienten mit initial hoher GK-Dosis eine größere Verbesserung im DAS28 (Monat 3) und FFbH (Monat 6, je p<0,001). Ab Monat drei kam es jedoch in allen Gruppen zu einer deutlichen

DAS28-Reduktion und nach zwei Jahren waren die Häufigkeit einer DAS28-Remission <2,6 (je ca. 40 %) und die FFbH-Werte in allen Gruppen vergleichbar. Auch unter der hohen GK-Startdosis kam es nach zwei Jahren zu keinem Anstieg von z. B. Hypertonie, kardiovaskulären Ereignissen, Magengeschwüren oder renaler Dysfunktion. Für Osteoporose (bei 22 %) war nur das Alter zu Baseline signifikant prädiktiv. Ob sich das mit einer initial hohen GK-Dosis bessere und schnellere Ansprechen langfristig in einem günstigeren radiologischen Outcome niederschlägt, bleibt aber fraglich, zumal sich nach zwei Jahren die klinischen Ergebnisse nicht unterschieden. Ein erfreuliches Ergebnis ist das konsequente Ausschleichen von Prednisolon im Studienverlauf. m Quelle: Rheumatol Int 2015; doi: 19.1007/s00296-015-3229-x

Aktuelle MRT-Daten aus der OPERA-Studie Dänische Rheumatologen um Mette Bjorndal Axelsen, Kopenhagen, untersuchten in einer MRT-Subgruppe der randomisierten, kontrollierten OPERA-Studie bei Patienten mit früher RA die Effekte einer aggressiven Treat-totarget (T2T)-Strategie mit dem TNFa-Inhibitor Adalimumab on top von Methotrexat und einem i.a.-Glukokortikoid auf die Entzündung im MRT und strukturelle Gelenkschäden.

Erfasst wurden 85 DMARD-naive RA-Patienten, die zusätzlich zu MTX und i.a.-Triamcinolon entweder Placebo oder Adalimumab erhielten. Zu Monat 0, 6 und 12 wurden mittels einem kontrastverstärkten MRT der rechten Hand Synovitis, Osteitis, Tenosynovitis, Erosionen und die Gelenkspaltweite (JSN) bestimmt. Im Verlauf des 12-monatigen Follow-up nahmen die Synovitis-, Osteitis- und Tenosynovitis- Scores jeweils hoch signifikant ab (p<0,0001) mit einer mittleren Reduktion von −3,7, −2,2 und −5,3. Weder bei den Erosionen im MRT noch dem JSN-Score kam es zu relevanten Änderungen. Der Tenosynovitis-Score in Monat 6 war signifikant niedriger unter Adalimumab 1,3 vs. 3,9; p<0,035). Über 12 Monate hinweg wurde auch der Osteitis-Score nur in der Anti-TNF-Gruppe signifikant reduziert (p=0,001–0,002 und p=0,062–0,146). Ohne

signifikantem Unterschied zwischen den Gruppen erreichten in Monat 12 78 % der Teilnehmer einen DAS28 <3,2 und 65 % eine DAS28-Remission <2,6. Im Ergebnis reduzierte die aggressive T2T-Strategie bei früher RA effektiv die Synovitis, Osteitis und Tenosynovitis und hielt die Progression struktureller Gelenkschäden im MRT auf, wobei in beiden Gruppen nur eine minimale Progression gesehen wurde. Die in der EULAR-Leitlinie in der Ersttherapie nicht vorgesehene Biologika-Gabe, in diesem Fall von Adalimumab, führte zwar zu einer weiteren Reduktion von Osteitis und Tenosynovitis; ausreichende Argumente für ein solches Vorgehen liefert die OPERA-Studie aber nicht. m Quelle: Ann Rheum Dis 2015; 74(5): 867-875

Rheuma Management · Mai/Juni 2015


38 Rheumatoide Arthritis

CERTAIN-Studie liefert neue Erkenntnisse Die von Josef S. Smolen, Wien (Österreich), und Kollegen vorgelegten Ergebnisse der randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden Phase-IIIb-Studie CERTAIN belegen eine gute Effektivität der Kombination aus dem TNFα-Inhibitor Certolizumab pegol und konventionellen DMARDs auch bei Patienten mit langjähriger, aber nur niedrig bis mäßig aktiver Rheumatoider Arthritis (RA). Jedoch gelang bei in Remission gebrachten Patienten nur selten ein erfolgreiches Absetzen des Biologikums.

Anti-TNF-Therapie ist auch bei moderater RA effektiv Die Patienten wurden zusätzlich zu einem konventionellen DMARD im Verhältnis 1:1 auf Certolizumab (400 mg s.c. in Woche 0, 2 und 4, dann 200 mg alle zwei Wochen) oder Placebo (alle zwei Wochen) randomisiert. In Woche 24 wurde bei jenen Teilnehmern, die den primären Endpunkt einer CDAI-Remission sowohl in Woche 20 als auch 24 erreichten, Certolizumab bis zum Studienende nach 52 Wochen abgesetzt. Im Ergebnis gelangten nach 20 und 24 Wochen signifikant mehr Patienten im Certolizumab-Arm in eine CDAI-Remission (18,8 vs. 6,1 %, Odds ratio, OR 3,82; p<0,05), insgesamt sicher weniger als zuvor erwartet. Ähnliche Daten zeigten sich für die Remission nach DAS28-BSG (19,8 vs. 3,1 %, OR 7,67; p<0,01) und SDAI (14,6 vs. 4,1 %, OR 4,12; p<0,05). Nach 24 Wochen wurde überdies unter Certolizumab signifikant öfter eine niedrige Krankheitsaktivität (LDA) erreicht, und zwar sowohl gemäß CDAI mit 63,0 vs. 29,7 %, im SDAI mit 65,2 vs. 31,9 % als auch im DAS28 mit 42,4 vs. 16,5 % (alle p<0,001). Ähnliche Vorteile versus Placebo zeigten sich auch beim Erreichen eines Rheuma Management · Mai/Juni 2015

ACR20-Ansprechens mit 36,5 vs. 15,3 % (OR 3,25; p<0,001), beim ACR50-Ansprechen mit 20,8 vs. 7,1 % (OR 3,58; p<0,05) und ACR70-Ansprechen mit 9,4 vs. 3,1 % (OR 3,08; p=n.s.). Signifikante Verbesserungen wurden nach 24 Wochen auch bei der Funktionsfähigkeit der Gelenke im HAQ-DI dokumentiert (Δ-0,25 vs. -0,03; p<0,001). Von den 17 Patienten (unter Placebo 6), die in Woche 20 und 24 in einer CDAI-Remission waren und bei denen Certolizumab in Woche 24 abgesetzt wurde, blieben bis Woche 52 nur drei in Remission (unter Placebo waren es zwei), sieben wiesen eine LDA auf. Zu Schüben im Follow-up kam es nach im Mittel 42,5 Tagen bei zehn Patienten, die bis Woche 24 auf Certolizumab waren und bei vier Patienten aus dem Placebo-Arm. Alle Teilnehmer der Certolizumab- und zwei der Placebo-Gruppe gelangten bei (erneuter) Certolizumab-Gabe wieder in Remission. Keine relevanten Unterschiede zeigten sich bei der Therapiesicherheit: Zu unerwünschten Ereignissen (alle bzw. schwere) in der kontrollierten Studienphase kam es bei 68,8 vs. 67,3 % bzw. 5,2 vs. 7,1 % der Patienten. m

Die Ergebnisse aus CERTAIN spiegeln nach Einschätzung der Autoren recht gut jene aus der PRESERVE-Studie zu einer LowDose-Etanercept-Therapie wider und zeigen, dass bei Patienten mit langjähriger RA das Erreichen einer anhaltenden Remission schwierig ist und hier das in den T2T- und EULAR-Empfehlungen vorgegebene Anstreben einer möglichst niedrigen Krankheitsaktivität ein realistischeres Ziel darstellt. Dennoch unterstreichen die Daten die Relevanz einer Anti-TNF-Therapie auch bei RA-Patienten mit nur geringer oder mäßiger Krankheitsaktivität.

Quelle: Ann Rheum Dis 2015; 74(5): 843-850

Kompakt

Bislang wurden nur in wenigen Studien die Effekte einer Anti-TNF-Therapie bei RA-Patienten mit geringer oder moderater Krankheitsaktivität evaluiert. Aus diesem Grund wurde die 52-wöchige CERTAIN-Studie initiiert, in der einerseits die Wirksamkeit einer Biologika-Therapie auch in einer solchen Patientengruppe untersucht werden sollte, und andererseits gemäß den EULAR-Empfehlungen versucht wurde, bei Patienten in klinischer Remission das Biologikum abzusetzen. Eingeschlossen wurden insgesamt 194 Patienten (mittleres Alter 54 Jahre, >75 % Frauen) mit moderat aktiver, etablierter RA (mittlerer Krankheitsdauer knapp 5 Jahre). Zu Studienbeginn betrug der CDAI im Schnitt 13,4, als moderate Krankheitsaktivität war ein CDAI zwischen 10 und 22 definiert worden. Dessen ungeachtet wiesen die Patienten bereits erhebliche Funktionseinschränkungen auf (HAQ-DI 1,1).


39 Rheumatoide Arthritis

Therapieabbau im Fokus: DOSERA-Studie Patienten mit lange bestehender Rheumatoider Arthritis (RA), die unter einer Anti-TNF-Therapie mit Etanercept (in voller Dosis) plus Methotrexat (MTX) in den Status einer anhaltend niedrigen Krankheitsaktivität gelangten, erleiden bei fortgesetzter Therapie mit dem TNFα-Inhibitor in voller oder halber Dosis gemäß der von skandinavischen Rheumatologen um Ronald F. van Vollenhoven, Stockholm (Schweden), initiierten randomisierten, kontrollierten DOSERA-Studie seltener einen Krankheitsschub.

Nachdem in dieser Studie jedoch Patienten mit moderater RA – also in der Praxis keine primären AntiTNF-Kandidaten – untersucht wurden, schloss die multizentrische DOSERA-Studie 91 RA-Patienten (im Schnitt 57 Jahre, <75 % Frauen, Krankheitsdauer 13,6 Jahre, DAS28 1,9) ein, die zuvor mindestens 14 Monate auf Etanercept 50 mg/Woche plus MTX (7,525 mg/Woche) waren und darunter eine LDA (DAS28 ≤3,2) erreicht hatten. Nach einer 8-wöchigen Runin-Phase mit Etanercept 50 mg und MTX in stabiler Dosierung wurden 73 Patienten (weiterhin DAS28 ≤3,2) randomisiert auf 1) Etanercept 50 mg/Woche plus MTX, 2) Etanercept 25 mg/Woche plus MTX oder 3) Placebo plus MTX. Patienten mit einem Flare (z. B. DAS28 >5,1 oder DAS28 >3,2 plus DAS-Anstieg um ≥1,2) in der 48-wöchigen Studienphase wurden als Therapieversager eingestuft und erhielten erneut Etanercept in voller Dosis. Der prozentuale Anteil von Patienten ohne Therapieversagen – der primäre Endpunkt – war mit 52 % signifikant am höchsten unter einer Fortsetzung mit Etanercept 50 mg/Woche plus MTX, gefolgt von 44 % bei halbierter Etanercept-Dosis im Vergleich zu 13 % unter Placebo (p=0,007 bzw. p=0,044) (Abb.). Auch die Zeit bis zum Flare war länger in beiden EtanerceptGruppen mit 48 (50 mg) und 36 (25 mg) vs. 6 Wochen unter Placebo (je p<0,001). Beinahe alle Patienten mit

In fortgeschrittenen RA-Stadien ist ein Therapieabbau auch nach längerer Remissionsdauer schwierig und Patienten mit fortgeführter Anti-TNF-Therapie in voller Dosis schnitten am besten ab. Zumindest bei einem Teil der Patienten scheint eine Halbierung der Etanercept-Dosis (oder ein „Spacing“ der Intervalle) zumindest temporär möglich zu sein; von einem gänzlichen Absetzen ist eher abzuraten, auch wenn fast alle Teilnehmer bei erneuter EtanerceptGabe wieder eine niedrige Krankheitsaktivität oder Remission erreichten.

Kompakt

Therapiereduktion bei etablierter RA oft ein schwieriger Fall

Flare (91 %), deren Anti-TNF-Therapie sofort wieder aufgenommen wurde, erreichten wieder eine LDA oder DAS28-Remission, und zwar nach 6,0 (50 mg), 5,9 (25 mg) und 3,9 Wochen (Placebo). Hinsichtlich der Rate und Art aller und schwerer unerwünschter Ereignisse zeigten sich keine für die Etanercept/MTXKombination untypischen Befunde. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2015; doi: 10.1136/annrheumdis-2014-205726 60 52 Patienten ohne Therapieversagen (%)

Trotz der mit Etanercept oder anderen TNFa-Inhibitoren bzw. Biologika in Kombination mit MTX vielfach guten Krankheitskontrolle bis hin zum Erreichen des erklärten Therapieziels einer klinischen Remission, wäre es im Status einer stabilen Remission oder bei Patienten mit etablierter RA niedrigen Krankheitsaktivität (LDA) wünschenswert, perspektivisch die Therapie zurückzufahren, solange dies nicht zu Lasten der Krankheitskontrolle geht. Bereits adressiert wurde diese Fragestellung in der PRESERVE-Studie, in der bei vielen Patienten mit LDA die Etancercept-Dosis ohne Effektivitätsverlust halbiert werden konnte.

50 44 40

30

20 13 10

0

Etanercept 50 mg/Wo.

Etanercept 25 mg/Wo.

Placebo

Abb.: DOSERA-Studie: Mehr Patienten mit Therapieversagen nach Dosisreduktion oder Absetzen von Etanercept Rheuma Management · Mai/Juni 2015


40 Rheumatoide Arthritis

Dosisreduktion von Biologika oft möglich Mit den Möglichkeiten eines Therapieabbaus bei Patienten mit einer Rheumatoiden Arthritis (RA) bei anhaltend niedriger Krankheitsaktivität beschäftigten sich niederländische Rheumatologen um Noortje van Herwaarden, Nijmegen. In knapp zwei Drittel der Fälle konnte die Dosis der TNFα-Inhibitoren Adalimumab oder Etanercept reduziert oder diese ganz abgesetzt werden, ohne dass es zu schweren Krankheitsschüben kam.

Bei zwei Drittel Therapieabbau machbar Bei 121 Patienten wurde eine DAS28-geleitete Dosisreduktion (schrittweise Verlängerung des InjektionsIntervalls alle drei Monate bis zu einem Schub) in Angriff genommen, die übrigen 59 Teilnehmer erhielten die beiden TNFα-Inhibitoren in unveränderter Dosierung (Standardtherapie). Ein Schub war definiert als DAS28-CRP-Anstieg >1,2 oder >0,6 bei einem aktuellen DAS28-CRP ≥3,2. Im Falle eines Schubes wurde der TNFα-Inhibitor neu gestartet oder dessen Dosis wieder erhöht. Primärer Endpunkt war die Differenz im Anteil schwerer Schübe (DAS28-Schub >3 Monate) zwischen den beiden Therapiearmen nach 18 Monaten, ausgehend von einer Nicht-UnterlegenheitsMarge von 20 %. Als sekundäre Outcome-Parameter 50 43

Anteil Patienten (%)

40

37

30

20

20

10

0

Absetzen des TNFα-Inhibitor

Dosisreduktion des TNFα-Inhibitor

wurden der Anti-TNF-Gebrauch bei Studienende, der Funktionsstatus, die Lebensqualität, radiologische Progression und unerwünschte Ereignisse erfasst. Im Ergebnis erwies sich die Dosisreduktion von Adalimumab und Etanercept gegenüber der Standardtherapie mit voller Dosierung als nicht unterlegen. Nach 18 Monaten betrug der Anteil von Patienten mit schwerem Schub 12 vs. 10 % (95% CI -12%-12%). In der Gruppe mit erfolgter Dosisreduktion konnte der TNFα-Inhibitor bei 20 % der Teilnehmer erfolgreich gestoppt (95% CI 13%-28%) und das Injektions-Intervall im Sinne eines „Spacings“ bei 43 % der Patienten gestreckt werden (95% CI 34%-53%). Bei 37 % der Teilnehmer war hingegen eine Dosisreduktion nicht möglich (95% CI 28%-46%) (s. Abb.). Weder der funktionelle Status, noch die Lebensqualität, eine relevante radiologische Progression oder die Rate unerwünschter Ereignisse differierten zwischen den beiden Behandlungsgruppen, obgleich kurzzeitige Schübe (73 vs. 27 %) und eine minimale radiologische Progression (32 vs. 15 %) bei Reduktion der Anti-TNFTherapie häufiger als unter der Standardtherapie auftraten. m

Gerade weil die Biologika-Monotherapie nicht die typische Situation ist, in der bei RA-Patienten bislang ein Therapieabbau untersucht wurde, ist dies eine interessante Studie – sowohl im Falle einer erzwungenen Biologika-Monotherapie z. B. bei Kontraindikation gegen Methotrexat (MTX) als auch bei späterem Absetzen von MTX infolge schlechter Verträglichkeit. Bei zwei Drittel der Patienten lässt sich, ohne das Schubrisiko zu erhöhen, mit einer DASgesteuerten Deeskalationsstrategie die Dosis der TNFα-Inhibitoren reduzieren und bei einem Fünftel können diese zumindest temporär ganz abgesetzt werden.

Keine Dosisreduktion möglich

Abb.: Bei fast zwei Drittel der Patienten erfolgreiches Absetzen oder Dosisreduktion von Anti-TNF-Monotherapie Rheuma Management · Mai/Juni 2015

Quelle: BMJ 2015; 350(8007): h1389

Kompakt

In eine randomisierte kontrollierte open-label NichtUnterlegenheits-Studie eingeschlossen wurden 180, zwischen Dezember 2011 und Mai 2014 an zwei ambulanten Rheuma-Kliniken in den Niederlanden behandelte RA-Patienten mit niedriger Krankheitsaktivität (DAS28-CRP ≤3,2) unter einer Monotherapie mit Adalimumab oder Etanercept. Obwohl seitens der EULAR-Leitlinie nicht präferiert, ist dies ein häufiges Vorgehen, da in Europa bis zu 30 % der BiologikaPatienten dieses ohne begleitendes DMARD erhalten.


41 Therapie der Rheumatoiden Arthritis

Faktoren für Nicht-Adhärenz erkennen Beim Erreichen von Therapiezielen in der Behandlung der Rheumatoiden Arthritis (RA) spielt eine meist unbekannte Variable eine nicht zu unterschätzende Rolle: Die Therapieadhärenz, also das Ausmaß, in dem das Verhalten eines Patienten in Bezug auf Arzneimitteleinnahme mit den ärztlichen Empfehlungen übereinstimmt. Bei RA weisen Untersuchungen auf eine suboptimale Adhärenz hin, die abhängig von u. a. Messmethodik oder Medikation zwischen 30 und 80 % liegt. (1) So kann z. B. die Adhärenzrate für Biologika höher ausfallen als für Methotrexat (MTX). (2) Darüber hinaus beeinflussen viele weitere Faktoren die Adhärenz.

„Grundsätzlich muss man als Arzt immer mit einer Non-Adhärenz seines Patienten rechnen“, sagt Prof. Dr. Klaus Krüger, München, der an einer Untersuchung der MTX-Adhärenz bei RA in Deutschland beteiligt ist, deren Ergebnisse beim EULAR 2015 vorgestellt wurden. Warum ein Patient adhärent ist oder nicht, wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst (s. Kasten). „Insgesamt scheinen komplizierte Therapieschemata und multimorbide Patienten mit Multimedikation und schlechte Verträglichkeit einer guten Adhärenz entgegenzustehen“, so Krüger. Prinzipiell kann zwischen intentionaler und nichtintentionaler Non-Adhärenz unterschieden werden. Letztere bezieht sich auf die Fähigkeit bzw. das Verständnis des Patienten, den ärztlichen Empfehlungen nachzukommen. Das Vergessen der Medikamenteneinnahme oder ein komplexes, für den Patienten schwer verständliches Therapieregime sind häufig Gründe für nicht-intentionale Non-Adhärenz. (1) Demgegenüber bezeichnet intentionale Non-Adhärenz das bewusste Abweichen des Patienten von der ärztlich empfohlenen Therapie. Hierbei spielen individuelle Ansichten des Patienten über seine Erkrankung und die pharmakologische Therapie eine wichtige Rolle. Beispielsweise könne es laut Krüger im Falle von MTX vorkommen, dass Patienten das auch als Zytostatikum eingesetzte Medikament negativ mit einer Chemotherapie assoziieren. Der Patient wägt dann die potenziellen Vorteile (z. B. Symptomminderung) und die subjektiv wahrgenommenen Nachteile der Therapie (z. B. Angst vor Nebenwirkungen, Therapieabhängigkeit) gegeneinander ab. (1) Krüger hat bereits beim EULAR 2014 Daten aus 21 rheumatologischen Schwerpunktpraxen zur MTXAdhärenz vorgestellt, die je nach Methode Adhärenzraten von 36,3 % (mittels validiertem Compliance Questionnaire for Rheumatology, CQR19) und 90,6 % (mittels substanzbezogenen Patientenfragebogen) ergaben. (3) Krüger zufolge lassen sich diese Daten so erklären, dass der Patient beim CQR19 vermutlicher ehrlicher antwortete, weil er nicht das Gefühl hatte,

dass er damit das Verhältnis zum behandelnden Rheumatologen beeinflusse. Als Folge einer Non-Adhärenz sind RA-Patienten einem höheren Risiko für erhöhte Krankheitsaktivität, ein Fortschreiten der radiologischen Progression sowie langfristig funktionelle Einschränkungen ausgesetzt. (4, 5) Außerdem könne es, wie Krüger betont, auch zu Fehlschlüssen bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer Therapie kommen. Daher sei es für den Rheumatologen gerade auch im Praxisalltag wichtig, sich mit einer eventuellen Non-Adhärenz auseinanderzusetzen. m

Dimensionen der Adhärenz – Sozio-ökonomische Faktoren (z. B. Status, Bildung, Herkunft, Alter) – Gesundheitssystem-Faktoren (z. B. Erstattung, Arzt-Patientenbeziehung) – Krankheitsbezogene Faktoren (z. B. Schweregrad der Symptome, Komorbiditäten) – Therapiebezogene Faktoren (z. B. Komplexität der Therapie, Behandlungsdauer, Nebenwirkungen) – Patientenbezogene Faktoren (z. B. Wissen, Überzeugungen, Wahrnehmungen, Erwartungen) (6)

Literatur: 1 Van den Bemt BJ et al., Expert Rev Clin Immunol 2012; 8(4): 337-351 2 Grijalva CG et al., Med Care 2007; 45(Suppl 2): S66 -S76 3 Krüger K et al., EULAR 2014, Poster THU0130 4 Contreras-Yánez I et al., Am J Med Sci 2010; 340(4): 282-290 5 Waimann CA et al., Arthritis Rheum 2013; 65(6): 1421-1429 6 WHO 2003; http://www.who.int/chp/ knowledge/publications/adherence_report/en/

Rheuma Management · Mai/Juni 2015


42 Axiale Spondyloarthritis

Was bringen konventionelle DMARDs? Bei Patienten mit Ankylosierender Spondylitis (AS) oder noch undifferenzierter Spondyloarthritis (uSpA) führte im schwedischen Biologika-Register ARTIS die Kombination einer Anti-TNF-Therapie mit DMARDs zu einer leichten Steigerung der Effektivität und besserem Drug-Survival.

In die von Elisabeth Lie, Oslo (Norwegen), und Kollegen vorgenommene retrospektive Analyse gingen die Daten von Patienten mit der klinischen Diagnose einer AS oder uSpA ein, die im Rahmen des ARTISRegisters zwischen 2003 und 2010 eine Therapie mit Adalimumab, Etanercept oder Infliximab als erstem TNFα-Inhibitor begannen. Mittels einer Cox-Regressionsanalyse wurde unter Berücksichtigung von Kofaktoren wie Alter, Geschlecht, DMARD-Komedikation – zumeist Methotrexat (MTX) und Sulfasalazin – und dem verwendeten TNFα-Inhibitor das 5-Jahres-DrugSurvival separat für AS- und uSpA-Patienten ermittelt. Eingeschlossen wurden 1.365 Patienten mit AS und 1.155 mit uSpA, von denen 40,8 bzw. 50,3 % zu Baseline eine DMARD-Komedikation hatten. Während in nicht-adjustierten Analysen bei erfolgter DMARD-Komedikation nur bei den AS-Patienten (p<0,001), nicht aber solchen mit uSpA (p=0,175) ein überlegenes 5-Jahres-Drug-Survival nachweisbar war, gelang in multivariaten Analysen der Nachweis hierfür

in beiden SpA-Patientengruppen. So hatten AS-Patienten bei DMARD-Komedikation eine 30 % höhere Wahrscheinlichkeit nach fünf Jahren weiter auf einer Anti-TNF-Therapie zu sein (adj. Hazard ratio, HR 0,71; p<0,001) und jene mit uSpA eine knapp 20 % höhere Wahrscheinlichkeit (adj. HR 0,82; p=0,020). Häufigste Gründe für einen vorzeitigen Abbruch der Anti-TNFTherapie waren Ineffektivität oder sekundärer Wirkverlust. Dennoch besteht kein Anlass, allein auf Basis dieser Daten die gegenwärtige Behandlungspraxis zu ändern. Zum einen waren die Effekte der DMARDKomedikation relativ gering, zum anderen bestehen erhebliche Zweifel, ob diese auf die DMARDs zurückgehen oder auf ein bei hoher entzündlicher Aktivität besonders gutes Ansprechen auf TNFα-Inhibitoren – bei zugleich höherer Wahrscheinlichkeit für den Einsatz eines DMARDs – zurückzuführen sind. m Quelle: Ann Rheum Dis 2015; 74(6): 970-978

ASAS-Empfehlungen zur frühen Überweisung Unter der Schirmherrschaft der ASAS entwickelte eine internationale Studiengruppe um Denis Poddubnyy, Berlin, konsentierte Empfehlungen zur frühen Überweisung von Patienten mit Verdacht auf axiale Spondyloarthritis (SpA) durch Nicht-Rheumatologen.

Ausgehend von einem systematischen Literatur-Review wurden in zwei Delphi-Runden die am besten einsetzbaren Kombinationen von Überweisungs-Parametern identifiziert und in einer finalen Diskussionsrunde formal von der ASAS-Gruppe konsentiert. Seitens der ASAS-Experten wird bei Verdacht auf axiale SpA folgende Empfehlung für die frühe Überweisung von Primärärzten an einen Rheumatologen gegeben. Patienten mit chronischem Rückenschmerz (Dauer ≥3 Monate) und Beginn der Schmerzsymptomatik vor dem 45. Lebensjahr sollten an einen Rheumatologen überwiesen werden, wenn mindestens einer der folgenden Parameter vorliegt: entzündlicher Rückenschmerz, HLA-B27-Positivität, Sakroiliitis in Röntgen oder MRT (falls verfügbar), periphere Manifestationen (Arthritis, Enthesitis, Daktylitis); extraartikuläre ManiRheuma Management · Mai/Juni 2015

festationen (Psoriasis, CED, Uveitis), SpA in der Familie, gutes Ansprechen auf NSAR oder erhöhte AkutPhase-Reaktanten (CRP, BSG). Die von der ASAS gestützten Empfehlungen zur Überweisung von Patienten mit Verdacht auf axiale SpA wurden als möglichst flexible und universelle Strategie für den Einsatz in der klinischen Praxis durch in der Primärversorgung tätige Ärzte und nicht-rheumatologische Fachärzte entwickelt. Die praktische Wertigkeit dieser Strategie in unterschiedlichen ärztlichen Settings gilt es in zukünftigen Studien zu evaluieren. m

Quelle: Ann Rheum Dis 2015; doi:10.1136/annrheumdis-2014-207151


43 Bildgebende Diagnostik

Der besondere Fall: Löfgren-Syndrom Anamnese: 35-jährige Patientin berichtet bei Erstvorstellung 4/2015 über ein vor ca. 3 Wochen aufgetretenes allgemeines Krankheitsgefühl. Im Verlauf intermittierender trockener Husten. Ca. 2 Wochen nach Krankheitsbeginn schmerzhafte rote Flecken im Unterschenkel- und Sprunggelenksbereich. In der Folge zunehmende Schmerzen und Schwellungen im Bereich der Sprunggelenke. Hausärztlicherseits wurde bei V.a. Mückenstiche eine lokale Therapie mit einer Steroidsalbe verordnet. Unter dieser Therapie kam es zu einer Verschlechterung der Beschwerdesymptomatik. Klinischer Befund: Pulmo: Unauffälliger Perkussion-und Auskultationsbefund. Gelenkstatus: diffuse paraartikuläre Schwellung im Bereich der Sprunggelenke beidseits mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung. Haut: Mehrere, leicht erhabene, druckschmerzhafte bis zu handtellergroße rötliche Hautveränderungen (Erythema nodosum). Labor: Hb 14,3 g/dl,CRP 24,2 mg/l, BSG 78/h, RF und ccP-Ak negativ, ANA 1:320, HLA-B27 negativ, ACE im Normbereich. Röntgen: Thorax p.a. und seitl.: bihiläre Lymphadenopathie. Unauffällige Lungengerüstzeichnung (kein Anhalt für Lungenparenchymbeteiligung). Diagnose: Akute Sarkoidose (Durchgangssyndrom) mit bihilärer Lymphknotenschwellung Löfgren-Syndrom ist die Bezeichnung für die akute Form der Sarkoidose und betrifft ungefähr ein Drittel aller Erkrankungsfälle. Das Löfgren-Syndrom (Stadium I der Sarkoidose) ist in typischen Fällen gekennzeichnet durch die Symptomtrias: bihiläre Lymphadenopathie (meist symmetrische Vergrößerung der Hilus-Lymphknoten) in allen Fällen (100 %), Oligoarthritis (mit vermehrter Beteiligung der Sprunggelenke) in 80 % und Erythema nodosum (knotige Unterhautentzündung) in 70-80 % der Fälle. Weniger häufig kommen vor: Leberbeteiligung, Entzündungen im Auge (Iridozyklitis, Konjunktivitis), meningeale Reizerscheinungen (Symptome, die an eine Meningitis erinnern), Myokarditis.

Therapie: Beim Löfgren-Syndrom ist die effektivste Therapie der Einsatz von Steroiden (10-30 mg/Tag) über 2-4 Wochen. Alternativ bzw. zusätzlich können NSAR bzw. ASS eingesetzt werden. In der Regel klingen darunter Gelenkbeschwerden und das Erythema nodosum umgehend ab. Bei zu kurzer Therapie kann es zu Rezidiven von Arthritis und Erythema nodosum kommen. Dann ist eine erneute medikamentöse Therapie erforderlich. Die Regression der bihilären Lymphadenopathie ist zeitverzögert und kann sich über mehrere Monate hinziehen. m

Abb. 2: Thorax seitl.

Prof. Dr. med. Herbert Kellner Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Gastroenterologie und Physikalische Medizin Romanstr. 9, 80639 München

Rheuma Management · Mai/Juni 2015

Der besondere Fall

Abb. 1: Thorax p.a.

Bildgebung (Röntgen): Aufgrund der oft symptomlos verlaufenden Lymphknotenschwellung wird die Sarkoidose nicht selten zufällig beim Röntgen-Thorax festgestellt. Eine ungeklärte Sprunggelenksarthritis und/ oder ein Erythema nodosum sollten zwingender Grund für ein RöntgenThorax sein. Zur Diagnose einer akuten Sarkoidose (Löfgren-Syndrom) dient der Nachweis einer bihilären Lymphadenopathie. Je nach Befallsmuster und Zeichnung im Röntgenbild oder in der CT wird die pulmonale Sarkoidose in folgende Stadien eingeteilt: Stadium 0: Normalbefund der Lunge bei Befall eines anderen Organs; Stadium I: symmetrische Lymphknotenvergrößerung ohne sichtbaren Befall des Lungengewebes; Stadium II: beidseitige Lymphknotenvergrößerung mit diffuser Bildung von Granulomen im Lungengewebe; Stadium III: Lungenbefall mit fehlender Lymphknotenvergrößerung; Stadium IV: fibrotischer Umbau des Lungengewebes mit Funktionsverlust der Lunge.


44 Systemischer Lupus erythematodes

Aktuelle Therapiestudien im Überblick Induktionstherapie bei Lupus nephritis Die Effektivität einer Induktionstherapie mit Tacrolimus (TAC) and Mycophenolat mofetil (MMF) bei Lupus nephritis (LN) verglich eine Arbeitsgruppe aus Hong Kong um Chi Chiu Mok in einer offenen randomisierten, kontrollierten Studie. 150 Patienten mit aktiver LN (Klasse III/IV/V) erhielten Prednisolon (0,6 mg/ kg/Tag für 6 Wochen; dann Reduktion) entweder in Kombination mit TAC (0,06–0,1  mg/kg/Tag) oder MMF (2-3 g/Tag) für 6 Monate. Bei vergleichbaren Nebenwirkungsraten erreichten ein vollständiges renales Ansprechen nach 6 Monaten unter MMF und TAC 59 bzw. 62 % (p=0,71) – die Nicht-Unterlegenheit von Tacrolimus als Initialtherapie bei LN anzeigend. Mit einer Azathioprin-Erhaltungstherapie für 5 Jahre (bei Respondern) zeigte sich ein nicht-signifikanter Trend für mehr renale Flares nach dem TAC-Regime (Ann Rheum Dis 2015; doi: 10.1136/annrheumdis-2014-206456). m

Refraktärer SLE: Bortezomib als Option Deutsche Rheumatologen um Falk Hiepe, Berlin, untersuchten die Effektivität des Proteasom-Inhibitors Bortezomib in einer kleinen Studie mit 12 Patienten mit aktivem refraktärem systemischem Lupus erythematodes (SLE). Diese erhielten median zwei 21-TagesZyklen i.v. Bortezomib plus Dexamethason (20 mg), was zu einer signifikanten Reduktion der Krankheitsaktivität (SLEDAI-2K), dsDNA-Antikörpern (ca. 60 %), peripherer Blut- und Knochenmarks-Plasmazellen und der Siglec-1-Expression auf Monozyten (als Surrogatmarker der Typ-I-IFN-Aktivität) führte. Obgleich bei 7 Patienten die Therapie abgesetzt werden musste, sollte Bortezomib den Autoren zufolge bei refraktärem SLE in RCTs weiter evaluiert werden (Ann Rheum Dis 2015; doi:10.1136/annrheumdis-2014-206016). m

Refraktäre Lupus-Arthritis: Ist eine Anti-TNF-Therapie effektiv? Spanische Rheumatologen um Josefina CortésHernández, Barcelona, erfassten in einer Open-label-Studie über mehr als 2 Jahre die Effektivität und Sicherheit von Etanercept bei 43 Patienten mit refraktärer Lupus-Arthritis zusätzlich zu einer immunsuppressiven Therapie. Die Verträglichkeit war auch über Rheuma Management · Mai/Juni 2015

längere Zeit gut, ein früher unter Infliximab beobachteter deutlicher Anstieg der Autoantikörper-Spiegel (ANA, dsDNA, aCL) fiel unter Etanercept nur moderat aus. Die meisten Patienten mit Lupus-Arthritis (83 %) erreichten bis Woche 12 eine klinische Remission (28-Gelenke-Score = 0) und oft auch eine Reduktion der Krankheitsaktivität (SLEDAI-2K) sowie klinische und radiologische Besserung der Serositis. Eine weitere Evaluation des TNFα-Inhibitors bei SLE-Patienten mit Arthritis in kontrollierten Studien erscheint sinnvoll (Semin Arthritis Rheum 2015; doi: 10.1016/j. semarthrit.2015.01.006). m

MMF und Azathioprin langfristig gleichwertig Eine europäische Studiengruppe um Frédéric A Houssiau, Brüssel (Belgien), berichtete über das 10-JahresFollow-up der MAINTAIN Nephritis-Studie mit 105 Patienten mit proliferativer Lupus nephritis zum Vergleich einer Erhaltungstherapie mit Mycophenolat mofetil (MMF) und Azathioprin (AZA). Weder für Tod (3 vs. 2 Fälle), terminale Niereninsuffizienz (3 vs. 1) oder renale Flares (19 vs. 22) zeigten sich Unterschiede zwischen MMF und AZA. Als wichtiger Prädiktor für ein langfristig gutes renales Outcome wurde eine frühzeitige Abnahme der 24 h-Proteinurie (<0,5 g/ Tag in Monat 3, 6 und 12) bestätigt (Ann Rheum Dis 2015; doi:10.1136/annrheumdis-2014-206897). m

Glukokortikoide sparsam einsetzen Eine US-amerikanische Studiengruppe um Michelle Petri, Baltimore, untersuchte anhand von Daten der Hopkins Lupus-Kohorte den Einfluss von Glukokortikoiden auf das Risiko von Organschädigungen bei SLE-Patienten. Selbst nach Adjustierung auf die Krankheitsaktivität verdoppelte sich dieses Risiko bei Patienten mit mittleren Prednison-Dosen von ≥20 vs. <7,5 mg/Tag (HR=2,5; p<0,001), wobei 1 mg/ Tag mehr das Risiko neuer Organschäden um 2,8 % steigerte. Mittlere Prednison-Dosen ≥7,5 vs. <7,5 mg/ Tag erhöhten signifikant das Risiko für Katarakte (HR 2,41, p<0,001), osteoporotische Frakturen (HR 2,16; p<0,001) und kardiovaskuläre Ereignisse (HR 1,54; p=0,041), nicht jedoch für renale (HR 1,44; p=0,163) oder andere Organschäden (Lupus Sci Med 2015; 2: e000066). m


45 Systemischer Lupus erythematodes

Stetig zunehmender Krankheitsschaden bei frühem SLE Bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) kommt es zu einem im zeitlichen Verlauf fortgesetzten Anstieg irreversibler Organschädigungen, zu denen vor allem hohe Steroiddosen, eine hohe Krankheitsaktivität, arterielle Hypertonie und vorbestehende Schäden einen wichtigen Beitrag leisten – zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Studiengruppe um Ian N. Bruce, Manchester (Großbritannien), nach Auswertung von Daten aus der Systemic Lupus International Collaborating Clinics (SLICC)-Inzeptionskohorte.

Vorschädigung, Krankheitsaktivität, Therapie und Hypertonie beachten Fast 20 % der SLE-Patienten wiesen bei Einschluss in die Studie bereits einen SLICC/ACR Damage Index (SDI) ≥1 auf und hatten ein signifikant höheres Risiko für einen größeren Krankheitssschaden bei jeder jährlichen Follow-up-Visite gegenüber Patienten mit einem initialen SDI von Null zu Baseline (p<0,001). Die relative Transitionsrate (RTR) von einem SDI-Score 0 auf einen von 1 betrug 1,64 (95% CI 1,21-2,21) für mit Steroiden behandelte Patienten, jedoch nur 0,81 (95% CI 0,53-1,22) für jene, die Antimalariamittel einnahmen. Darüber hinaus zeigte sich für einen 3-Punkte-Anstieg im SLEDAI-2K eine RTR von 1,17 (95% CI 1,07-1,27) und für eine begleitende Hypertonie von 1,71 (95% CI 1,27-2,31). In multivariaten Analysen wurden als weitere Faktoren männliches Geschlecht (RTR 1,48; 95% CI 1,06-2,08) und die jeweilige Abstammung identifiziert, mit einem ähnlich erhöhten Risiko für in den USA lebende Afro-Amerikaner (RTR 1,58; 95% CI 1,03-2,44) und Kaukasier (RTR 1,63; 95% CI 1,082,47), jedoch geringerem Risiko für Asiaten (RTR 0,60; 95% CI 0,39-0,93).

(RTR 1,43; 95% CI 1,12-1,84), aber eine positive mit dem Gebrauch von Antimalariamitteln (RTR 0,63; 95% CI 0,44-0,89). Die gesundheitsbezogene Lebensqualität im SF-36 wurde ebenfalls durch den Damage beeinflusst. So zeigte sich die körperliche Funktion gemäß SF-36-PCS bei einem Anstieg des SDI-Scores deutlich verschlechtert (Koeffizient -1,36), weniger hingegen durch frühere Schäden (Koeffizient -0,39). Aus einer sekundären Analyse geht überdies hervor, dass eine aktive Nierenbeteiligung mit einer größeren Wahrscheinlichkeit sowohl für einen Anstieg des SDI von 0 auf 1 Punkt (RTR 1,62; 95% CI 1,10-2,38) als auch von 1 auf mehr Punkte (RTR 1,66; 95% CI 1,282,15) assoziiert war. Bislang sind 41 Patienten der Kohorte verstorben; die Hazard ratio (HR) für die Mortalität in Abhängigkeit vom SDI-Score beläuft sich auf 1,46 (95% CI 1,18-1,81). m

Als Schlussfolgerung aus diesen Ergebnissen ergibt sich ein stetiger Anstieg des Damage bei SLE-Patienten in einem frühen Krankheitsstadium im weiteren zeitlichen Verlauf. Zur Prävention solcher Krankheitsschäden bedarf es eines multifaktoriellen Therapieansatzes, der – in Übereinstimmung mit den kürzlich für SLE publizierten T2T-Empfehlungen – eine bestmögliche Reduktion der Krankheitsaktivität, die Minimierung der Steroiddosis, die konsequente Verordnung von HCQ schon bei frühem SLE und ein adäquates Hypertonie-Management beinhalten muss.

Steroide ungünstig, HCQ vorteilhaft Auch ein SDI-Anstieg von 1 auf 2 Punkte zeigte eine negative Assoziation mit dem Einsatz von Steroiden

Quelle: Ann Rheum Dis 2015; doi: 10.1136/annrheumdis-2013-205171

Rheuma Management · Mai/Juni 2015

Kompakt

Frühere Studien zur Akkumulation von Krankheitsschaden („Damage“) waren aufgrund zu geringer Größe und vorwiegender Betrachtung von Patienten mit bereits lange bestehendem SLE limitiert. Um den Damage auch bei frühem SLE besser zu erfassen, analysierten die Lupologen 1.722 zwischen 2000 und 2011 in die SLICC-Kohorte aufgenommene Patienten mit einer Krankheitsdauer ≤15 Monate (mittleres Alter 35 Jahre, ca. 90 % Frauen, SLEDAI-2K 5,3). Zu Beginn waren 70 % auf Kortikosteroiden, 67 % auf Antimalariamitteln (vor allem Hydroxychloroquin, HCQ) und 29 % nahmen Antihypertonika ein.


46 IgG4-assoziierte Erkrankungen

Aktuelle Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie Vor Kurzem legte eine 42-köpfige internationale Expertengruppe um John H. Stone, Boston (USA), darunter auch 18 Rheumatologen aus Nordamerika, Europa und Asien, erstmals ein Konsensuspapier mit Empfehlungen zum Management IgG4-assoziierter Erkrankungen (IgG4-RD) vor. Die Diagnose sollte per Biopsie bestätigt und nicht allein basierend auf einer erhöhten IgG4-Antikörper-Serumkonzentration gestellt werden. Zur Therapie werden initial Steroide empfohlen, die Evidenz für Immunsuppressiva ist gering, sodass Rituximab zur Steroideinsparung hier in Zukunft eine tragende Rolle spielen könnte.

pertengruppe – durch eine Biopsie, da einerseits ca. 30 % der Patienten normale IgG4-Spiegel aufweisen und diese andererseits auch bei vielen anderen Erkrankungen erhöht sein können. Zusätzlich sollten zirkulierende Plasmablasten, die bei IgG4-RD erhöht sein können und mit der Krankheitsaktivität korrelieren, sowie – vor allem bei renaler Beteiligung – die Komplementfaktoren labortechnisch erfasst werden. Mit einer Nadelbiopsie können vor allem Malignitäten ausgeschlossen werden, in Abhängigkeit von der Organbeteiligung sollten andere Optionen wie die Feinnadel-Aspiration des Pankreas, eine perkutane Gallengangs-Biopsie zum Ausschluss eines Cholangiokarzinoms oder eine perkutane Leberbiopsie durchgeführt werden. Bei den IgG4-RD handelt es sich um systemisch verlaufende Autoimmunerkrankungen, die jedes Organsystem betreffen können, so z. B. die Gallengänge, Speicheldrüsen, Nieren, Lymphknoten, Schilddrüse und Gefäße. Makroskopisch fallen eine diffuse Organschwellung bzw. die Ausbildung pseudotumoröser Raumforderungen auf. Histopathologisch zeigt sich ein lymphoplasmazelluläres Infiltrat mit IgG4positiven Plasmazellen, das immunvermittelt zu den histologischen Charakteristika storiforme Fibrose und obliterierende Phlebitis führt. Die Pathogenese scheint auf einer gemischten Th1- und Th2-Immunantwort zu beruhen, wobei vor allem die Rolle der per se nicht pathogenen IgG4-Antikörper unklar bleibt. Zu den wichtigsten Differenzialdiagnosen zählen neben Tumorerkrankungen und Infektionen vor allem das Sjögren-Syndrom, ANCA-assoziierte Vaskulitis (i.e. GPA) und Riesenzell-Arteriitis.

Diagnostik: Biopsie, nicht IgG-4-Spiegel entscheidend Hohe IgG4-Serumkonzentrationen können nach zuvor erfolgter eingehender Anamnese und körperlicher Untersuchung die Diagnose zwar stützen, zu sichern ist diese aber – so die eindeutige Forderung der ExRheuma Management · Mai/Juni 2015

Laut dem Konsensus-Statement sollte bei allen aktiven, symptomatischen, in bestimmten Fällen aber – da manche Organbeteiligung bis in ein spätes Stadium unauffällig verlaufen kann – auch asymptomatischen Patienten eine Therapie eingeleitet werden; besonders dringlich ist dies bei Patienten mit Aortitis, retroperitonealer Fibrose, proximaler Gallengangstenose, tubulointerstitieller Nephritis, Pachymeningitis, Pankreasvergrößerung und Perikarditis.

Behandlung: Steroide als First-line-Therapie bestätigt Für die Remissionsinduktion bei aktiven, therapienaiven IgG4-RD-Patienten sind Steroide derzeit als First-line-Therapie zu betrachten. Zu Therapiebeginn werden für 2-4 Wochen zumeist 30 bis 40 mg/Tag Prednison gegeben, mit erforderlicher Dosisanpassung je nach Körpergewicht und Krankheitsaktivität. In der Folge sollte das Steroid ausgeschlichen und, wenn möglich, nach 3-6 Monaten ganz abgesetzt werden. Fast alle Patienten zeigen hierauf ein zumindest kurzfristig gutes Ansprechen, problematisch sind jedoch die schlechte Verträglichkeit und nach Dosisreduktion bzw. Absetzen auftretende Rezidive.


47 Umstritten ist die Anwendung steroidsparender Immunsuppressiva wie Azathioprin, MMF, Methotrexat und Cyclophosphamid, deren Effektivtät in Ermangelung prospektiver Studien nicht hinreichend dokumentiert ist, und die in allerdings nur einer Studie in puncto Rezidiv-freiem Überleben keinen Vorteil gegenüber einer alleinigen Steroidgabe hatten. Angesichts der unklaren Datenlage sehen die Autoren Patienten mit einem unzureichenden Ansprechen auf Steroide, einer erforderlichen Gabe anhaltend sehr hoher Steroiddosen und solche mit inakzeptablen Nebenwirkungen oder Intoleranz gegen Steroide als primäre Kandidaten für eine begleitende immunsuppressive Therapie.

Steigende Evidenz für Rituximab als neue Therapieoption Als neue steroidsparende Therapieoption bei IgG4RD-Patienten kristallisiert sich Rituximab heraus, und dies sogar bei Patienten mit Versagen auf konventionelle Immunsuppressiva. In einer aktuellen Openlabel-Studie mit 30 Patienten mit aktiver IgG4-RD erhielten 87 % initial eine Rituximab-Monotherapie;

nach sechs Monaten zeigten 97 % der Patienten ein gutes Ansprechen, fast die Hälfte war zu diesem Zeitpunkt in kompletter Remission. Die Autoren sprechen sich dennoch dafür aus, bei den meisten Patienten als Ersttherapie Steroide zu wählen, zumindest falls keine relevanten Kontraindikationen vorliegen. Als praxistauglicher Ansatz wird empfohlen, Rituximab initial bei Patienten mit unzureichendem Ansprechen auf Steroide oder schlechter Verträglichkeit zu geben. Nach erfolgreicher Remissionsinduktion sprach sich die Mehrheit der Expertengruppe für eine Erhaltungstherapie mit Low-Dose-Steroiden oder steroidsparenden Immunsuppressiva aus, vor allem bei Patienten mit vorherigem Rezidiv und solchen mit einer Beteiligung des proximalen Gallengangs. Die optimale Dauer einer solchen Erhaltungstherapie ist jedoch unklar. Im Fall eines erneuten Krankheitsschubes kann meist erfolgreich eine Re-Induktion mit Glukokortikoiden erzielt werden. m

Quelle: Arthritis Rheumatol 2015; doi: 10.1002/art.39132

Morbus Behçet

Mit Apremilast orale Ulzera reduzieren Der kürzlich für Psoriasis-Arthritis (PsA) zugelassene PDE-4-Inhibitor Apremilast scheint auch beim Morbus Behçet wirksam zu sein. In einer aktuellen Phase-II-Studie türkischer und US-amerikanischer Rheumatologen um Yusuf Yazici, New York, wurde die Zahl schmerzhafter Aphthen signifikant gesenkt.

Obwohl beim Morbus Behçet, der in Deutschland vor allem in der türkischstämmigen Bevölkerung auftritt, unterschiedliche Organe betroffen sein können, richtet sich der primäre Fokus der Behandlung auf die Reduktion der oft schmerzhaften oralen Ulzerationen, was mit den üblichen systemischen Therapien wie Colchicin, Prednisolon und Immunsuppressiva wie z. B. Azathioprin oft nicht ausreichend gelingt. Der PDE-4-Inhibitor Apremilast wurde nun in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase II-Studie mit 111 zumeist türkischen Patienten geprüft, die die Einschlusskriterien der International Study Group for Behçet’s Disease erfüllten. Nach einer 12-wöchigen placebokontrollierten Studienphase wurden alle Patienten für weitere 12 Wochen mit Apremilast (2x 30 mg/Tag) weiterbehandelt. Nach 12 Wochen erreichte Apremilast signifikant den primären Endpunkt: die Zahl oraler Ulzera be-

trug nur noch 0,5 vs. 2,1 unter Placebo (p<0,001). Ein guter Wirkeffekt war bereits nach zwei Wochen nachweisbar und blieb über das Follow-up von 24 Wochen erhalten. Da das Absetzen von Apremilast einen raschen Anstieg der Anzahl der Aphthen zur Folge hatte, müsste die Therapie vermutlich dauerhaft durchgeführt werden. Einen signifikanten Vorteil wies Apremilast auch in Bezug auf die mit den Aphthen assoziierten Schmerzen auf, die bis Woche 12 auf einer VAS signifikant gemindert wurden (-44,7 vs. -16,0 mm; p<0,001). Überdies verbesserten sich die Lebensqualität (SF-36) und der Behçet’s Syndrome ActivityScore. Die Effektstärke von Apremilast scheint den Autoren zufolge größer zu sein als jene von Colchicin, unklar bleibt jedoch die Wirksamkeit auf andere Morbus Behçet-Manifestationen. Das Nebenwirkungsprofil von Apremilast entsprach jenem aus den Phase-IIIStudien zur Psoriasis und PsA. m Quelle: N Engl J Med 2015; 372(16): 1510-1518

Rheuma Management · Mai/Juni 2015


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Rheumatologische Erkrankungen

Neue Biologika auf gutem Weg Obwohl die Einführung von Biologika nachhaltig die Therapielandschaft in der Rheumatologie verändert hat, bleibt noch viel Spielraum für künftige Fortschritte. So gelangen bei Rheumatoider Arthritis (RA) trotz Biologika noch zu wenige Patienten in eine vollständige Remission, gut ein Drittel zeigen kein ausreichendes Ansprechen. Für die Therapie der Spondyloarthritis (SpA) stehen bislang nur TNFα-Inhibitoren zur Verfügung, bei PsoriasisArthritis (PsA) kommt der IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab und seit Kurzem mit Apremilast ein oraler PDE-4-Inhibitor hinzu. Noch unbefriedigender ist die Situation beim systemischen Lupus erythematodes (SLE), wo mit Belimumab lediglich ein Biologikum zugelassen ist und „off label“ noch das bei RA und ANCA-assoziierter Vaskulitis zugelassene Rituximab eingesetzt wird.

Einen Überblick über potenzielle neue, aber auch alte Angriffspunkte gab auf dem DGIM-Kongress Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner, Bad Nauheim. Neue Entwicklungen sind bei dem vertrauten Zytokin-Target IL-6 zu verzeichnen.

Noch Zukunftsmusik: Anti-IL-6-Nanokörper und bi-spezifischer TNFa/IL-17-Antikörper Neben einer Reihe derzeit bei RA in Phase-III befindlicher IL-6-(Rezeptor)-Inhibitoren wie z. B. Sarilumab wurde erstmals auch ein Anti-IL-6-„Nanobody“, also Einzeldomänenantikörper entwickelt. In einer Phase-I/ II-Studie erreichten unter ALX-0061 i.v. nach 24 Wochen fast zwei Drittel der RA-Patienten eine DAS28Remission. Mit IL-17 rückt bei der RA aber auch eine neue Zielstruktur in den Fokus. Erste Phase-II-Daten zu dem Anti-IL-17A-Antikörper Secukinumab waren zwar nicht gänzlich überzeugend, zwei Phase-IIIStudien bei RA sind jedoch bereits angelaufen. Im Gegensatz dazu wurde die sehr gute Wirksamkeit und akzeptable Sicherheit des Antikörpers in je zwei weiteren Phase-III-Studien bei SpA und PsA nachgewiesen. Mit Brodalumab könnte bei PsA zudem ein Rheuma Management · Mai/Juni 2015

Prof. Dr. med. Ulf Müller-Ladner weiterer Anti-IL-17-Rezeptor-Antikörper reüssieren, so Müller-Ladner. Noch in einer frühen klinischen Phase befindet sich mit ABT-122 ein interessanter bi-spezifischer Antikörper, der zugleich an TNFα und IL-17 ansetzt, aber auch die Freisetzung von IL-6 hemmt. Bislang wird ABT-122 bei RA getestet, jedoch würde das Wirkprinzip auch eine gute oder sogar noch bessere Wirksamkeit bei SpA und PsA vermuten lassen. Bei RA mit gutem Erfolg in Phase-II geprüft wurden zwei Anti-GM-CSF-Re-


DGIM-Kongress 2015 – Mannheim

zeptor-Antikörper, wobei z. B. in der EARTH-Studie zu Mavrililumab eine gute und auch rasch eintretende Effektivität gezeigt wurde. Vor allem kam es ebenso wie beim zweiten Kandidaten MOR-103 zu keiner Häufung schwerer Infektionen, merkte Müller-Ladner an. Leider gestoppt wurde nach eher enttäuschenden Phase-III-Daten die Entwicklung des Anti-BAFFAntikörpers Tabalumab, der in der 2014 publizierten offenen Extension einer Phase-II-Studie mit einem langfristig guten Ansprechen aufwartete. Nachdem der Antikörper kürzlich auch in Phase-III bei SLE den primären Endpunkt verfehlte, dürfte das Schicksal dieser Anti-B-Zell-Therapie besiegelt sein. Wohl noch in diesem Jahr stehen die Phase-III-Ergebnisse zu dem Anti-CD-22-Antikörper Epratuzumab bei SLE an, der in der Phase-II-Studie EMBLEM Hinweise auf eine recht gute Wirksamkeit geliefert hatte. Vielversprechend in dieser Indikation ist nach Müller-Ladner das an BAFF/BLyS ansetzende rekombinante Fusionsprotein Atacicept. In der Phase-II-Studie APRIL-SLE gelang eine deutliche Reduktion der Schubrate bei allerdings z. T. schweren Nebenwirkungen, eine weitere Evaluation in Phase-III ist geplant. m

Noch weitgehend offen ist die weitere Entwicklung der oralen JAK-Inhibitoren, ergänzte Prof. Dr. Kamran Ghoreschi, Tübingen. Trotz überzeugender Wirksamkeit in Phase-III bleibt dem JAK-1/3-Inhibitor Tofacitinib aufgrund fehlender Zulassung seitens der EMA, die weitere Sicherheitsdaten einfordert, der Marktzugang noch verwehrt. Unklar ist, ob sich die Situation angesichts eines wohl ähnlichen Sicherheitsprofils bei anderen „small molecules“ wie Baricitinib (JAK-1/2) und VX-509 (JAK3; beide in Phase-III) oder Ruxolitinib (JAK1/2) und GLPG0634 (JAK-1) sehr viel anders gestalten wird.

Kompakt

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Quelle: Klinisches Symposium „Rheumatologie: von OMICS zu neuen therapeutischen Biologika und kleinen Molekülen“, DGIM-Kongress, Mannheim, 18. April 2015

Rheumatoide Arthritis

Therapiestrategien auf dem Prüfstand Bereits im Jahr 2010 wurden für die Rheumatoide Arthritis (RA) seitens der EULAR erstmals Treat-to-target (T2T)-Empfehlungen vorgelegt, die in der Folge auch in die Gestaltung der Leitlinie eingingen. Während ein Update der T2T-Guidance in Kürze zur Publikation ansteht, gab Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München, im Rahmen des DGIM-Kongresses einen kurzen Überblick zu neuen Entwicklungen in der RA-Therapie des Jahres 2014 mit Fokus auf die aktuell vorliegenden EULAR-Empfehlungen zum RA-Management.

Wird das Therapieziel klinische Remission (oder niedrige Krankheitsaktivität) nicht binnen sechs Monaten mit Methotrexat (MTX) (oder alternativ einer DMARDKombination) sowie einer möglichst kurzzeitigen Steroidtherapie erreicht, wird in der EULAR-Leitlinie bei RA-Patienten mit ungünstiger Prognose zusätzlich die Gabe eines Biologikums – gleichrangig TNFα-Blocker, Abatacept oder Tocilizumab sowie in bestimmten Situationen Rituximab – empfohlen. Wie Schulze-Koops betonte, sollte aber im Regelfall das MTX weitergegeben werden – eine biologische Monotherapie wird von der EULAR explizit nicht propagiert.

Prof. Dr. med. Hendrik Schulze-Koops

Dass bei Patienten mit etablierter RA (im Mittel ca. 5 Jahre, DAS28 5,8) und inadäquatem Ansprechen auf MTX dieses in Kombination mit dem TNFα-Hemmer Adalimumab jedoch in reduzierter Dosis gegeben

werden kann, belegen die Ergebnisse der MUSICAStudie. Nach 24 Wochen zeigten sich weder für Remission (<2,6) noch niedrige Krankheitsaktivität (≤3,2) im DAS28 signifikante Unterschiede zwischen  Rheuma Management · Mai/Juni 2015


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50 MTX 20 und 7,5 mg/Woche (15,5 vs. 13,6 % bzw. 31,0 vs. 26,6 %) (s. Abb.). Ähnliche Daten lieferte die CONCERTO-Studie mit MTX-naiven RA-Patienten (Krankheitsdauer 0,3 Jahre, DAS28 ca. 6): Kombiniert mit Adalimumab wurden in puncto DAS28 <2,6 oder ≤3,2 nach 26 Wochen keine signifikanten Unterschiede zwischen MTX 20 und 10 mg/Woche beobachtet. Vor allem bei schlechter Verträglichkeit von MTX kann daher in Kombination mit Adalimumab und wohl 7,5 mg MTX + ADA 20 mg MTX + ADA

40

Anteil Patienten (%)

31,0 30 26,6

DAS28-CRP ≤3,2 20

15,5 13,6

10 DAS28-CRP <2,6 0 2

4

Woche

8

12

Abb.: MUSICA-Studie: In Kombination mit Adalimumab reicht eine niedrigere MTX-Dosis aus

auch anderen Biologika dessen Dosis auf 7,5 bis 10 mg/Woche reduziert werden, so Schulze-Koops. Gelangen Patienten unter einem Biologikum plus MTX in eine klinische Remission, stellt sich die Frage nach einem möglichen Therapieabbau. Dass eine Halbierung der Biologika-Dosis vielfach möglich ist, geht aus der PRIZE-Studie hervor, in der bei Patienten mit früher RA und unter Etanercept (50 mg) plus MTX nach 52 Wochen erreichter Remission anschließend die Etanercept-Dosis auf 25 mg reduziert oder Etanercept oder sogar Etanercept plus MTX vollständig abgesetzt wurden. Über 39 Wochen hinweg blieb die DAS28-Remission unter der Kombination mit nur noch 25 mg Etanercept bei gut 80 % der Teilnehmer erhalten, während sich unter MTX alleine die Krankheitskontrolle deutlich verschlechterte. Von einem völligen Entzug aller Medikamente ist auch bei anhaltender Remission nach Angaben von Schulze-Koops klar abzuraten, auch wenn fast alle RA-Patienten bei einem erneuten Therapiebeginn wieder in Remission gebracht werden können. m Quellen: Klinisches Symposium „Highlights Rheumatologie”, DGIM-Kongress, Mannheim, 20. April 2015

Therapie auf Herz und Niere prüfen Bei der Pharmakotherapie von Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) und zugleich vorliegenden kardiovaskulären Erkrankungen sind einige wichtige Besonderheiten zu beachten, ebenso bei einer eingeschränkten Nierenfunktion, die ihrerseits das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse steigert. Tipps zum Vorgehen in der Praxis gaben Prof. Dr. Klaus Krüger, München, und Prof. Dr. Stefan Weiner, Trier.

Bekanntlich weisen RA-Patienten aufgrund der damit assoziierten chronischen Entzündung ein per se erhöhtes kardiovaskuläres Risiko auf. Zusätzlich verkompliziert wird die Situation, wenn bei RA z. B. laut Kerndokumentation häufige Komorbiditäten wie arterielle Hypertonie (36 %) oder KHK (11 %) hinzutreten.

Kardiovaskuläres Risiko im Griff behalten Negative Therapieeffekte sind für NSAR und Coxibe beschrieben, wobei nach Prof. Krüger wohl eher von einem leicht erhöhten kardiovaskulären Risiko (insbesondere für Myokardinfarkte) auszugehen ist. Aktuellen Daten zufolge bestehen hierbei keine relevanten Unterschiede zwischen Coxiben und traditionellen NSAR inklusive Naproxen. Zu beachten sind Kontraindikationen (KI) für alle COX-2-Hemmer und Diclofenac bei manifester KHK, für Etoricoxib bei unkontrollierter Rheuma Management · Mai/Juni 2015

Prof. Dr. med. Klaus Krüger Hypertonie und alle NSAR bei schwerer Herzinsuffizienz. Bei dringendem NSAR-Bedarf ist daher unter Berücksichtigung der KI eine sorgfältige Nutzen-RisikoAbwägung vorzunehmen. Können NSAR bei KI nicht gegeben werden, sind reine Analgetika wie Metamizol gegenüber Opioiden zu bevorzugen.


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51 Eine aktuelle Metaanalyse verdeutlicht jedoch, dass das relative Risiko (RR) z. B. für einen Myokardinfarkt unter Steroiden (RR 1,41) deutlich höher als unter NSAR (RR 1,13) ist; unter Methotrexat (MTX) (RR 0,81) und TNFα-Inhibitoren (RR 0,59) wird es hingegen erheblich reduziert. Ein ähnliches Bild zeigte sich, wenn alle kardiovaskulären Ereignisse bzw. speziell schwere kardiovaskuläre Ereignisse (MACE; s. Abb.) betrachtet wurden. Für die Glukokortikoide gilt, dass eine Kurzzeitanwendung unbedenklich, eine Dauertherapie vor allem in relativ hohen Dosen >7,5 mg/Tag aber unbedingt zu vermeiden ist. Eine auf Dauer wirklich sichere Dosis (auch <5 mg/Tag) gibt es letztlich nicht, konstatierte Krüger. Fast durchweg einsetzbar sind konventionelle DMARDs. Dass MTX generell und auch in Relation zu anderen DMARDs das kardiovaskuläre Risiko in erheblichem Maße absenkt, wurde vielfach belegt. Während bei Leflunomid und Ciclosporin A Hypertonie als Risiko zu beachten ist, scheint sich für Hydroxychloroquin (HCQ) immer stärker ein protektiver Effekt abzuzeichnen. Nicht nur zeigte sich kürzlich eine positive Wirkung auf Lipide, sondern als „Nebenbefund“ zusätzlich auch eine Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse. In Zukunft wird zu überlegen sein, ob eine HCQ-Therapie ähnlich wie beim SLE auch bei der RA „mitlaufen“ könnte, um die Prognose weiter zu verbessern, so Krüger. Noch ausgeprägter als unter MTX ist die kardiovaskuläre Risikoreduktion unter den TNFα-Inhibitoren und wohl auch anderen Biologika. Schon aus diesem Grund sollten Biologika in der Praxis noch konsequenter zum Einsatz kommen. Bei schwerer Herzinsuffizienz (NYHA III/IV) zu berücksichtigen ist – auch wenn dies angesichts geringer Evidenz durchaus fragwürdig erscheint – die KI aller TNFα-Hemmer mit Ausnahme von Etanercept. Im NYHA IV-Stadium gilt dies auch für Rituximab, während Abatacept und Tocilizumab keinen diesbezüglichen Beschränkungen unterliegen.

Was ist bei Niereninsuffizienz zu beachten? Dass Niereninsuffizienz bei RA-Patienten nicht selten ist, hatte bereits 2008 die MATRIX-Studie belegt: 38 % der Teilnehmer hatten eine GFR <60 ml/min., über 50 % wiesen eine zumindest milde Niereninsuffizienz auf. Häufig geht diese auf einen begleitenden Typ2-Diabetes oder Hypertonie und vor allem Rauchen zurück, oder aber auf eine mit der RA selbst assoziierte Nierenbeteiligung (v.a. membranöse oder mesangiale Glomerulonephritis (GN), AA-Amyloidose – unter Biologika rückläufig; selten auch rheumatoide Vaskulitis) oder entsteht als Folge der RA-Therapie. In jedem Fall führt bei RA selbst eine nur leichte bis mäßige Nieren-

insuffizienz zu einem signifikanten Anstieg des Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse, betonte Prof. Weiner mit einem Blick auf die Ergebnisse der CARRÉ-Studie. Bei Niereninsuffizienz deutlich erhöht ist auch das Infektionsrisiko, Kortikosteroide sollten daher möglichst vermieden werden. NSAR sollten generell nur mit größter Vorsicht sowie kurzzeitig eingesetzt und auf Indometacin (renale Elimination) ganz verzichtet werden. Auch durch Immunsuppressiva erhöht sich das Infektionsrisiko und ggf. sollte die Dosis reduziert werden. Bei den meisten DMARDs ist dies bei Niereninsuffizienz ohnehin erforderlich, MTX ist ab einer GFR <45 ml/min. kontraindiziert. Eine gute Alternative ist hier nach Weiner vor allem in Leflunomid, aber auch in Sulfasalazin zu sehen. Einerseits ist die beste Maßnahme zur Senkung des kardiovaskulären Risikos der Einsatz von Biologika, andererseits erhöhen diese ihrerseits gerade bei RA mit Niereninsuffizienz das Infektionsrisiko, vor allem wiederum in Kombination mit Steroiden. Leider sind valide Daten zu Biologika bei Niereninsuffizienz noch Mangelware, die bislang größten Erfahrungen wurden mit Rituximab (vor allem bei Vaskulitis) und Tocilizumab (aber auch nur größere Fallserien) gesammelt – auch hier sollte stets eine Dosisreduktion erwogen werden. Aufgrund des erhöhten Osteoporose-, Sturz- und Frakturrisikos ist bei niereninsuffizienten RA-Patienten umso mehr auf eine adäquate Osteoporose-Diagnostik zu achten mit DXA an Hüfte und Femurhals (ggf. QCT der LWS). Infolge des Risikos einer adynamen Osteopathie ist überdies zur Vorsicht bei einer antiresorptiven Therapie mit Bisphosphonaten, aber auch Denosumab zu raten. m Quelle: Klinisches Symposium „Behandlung des komplex kranken Rheumapatienten“, DGIM-Kongress, Mannheim, 19. April 2015

RA-Medikation

Relatives Risiko

NSAR

1,56 (0,82-2,97)

Kortikosteroide

1,62 (1,22-2,16)

Methotrexat

0,38 (0,05-2,84)

TNFa-Inhibitoren

0,30 (0,15-0,57)

Abb.: Metaanalyse zu schweren kardiovaskulären Ereignissen (MACE) unter verschiedenen RA-Therapien Rheuma Management · Mai/Juni 2015


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52 Spondyloarthritiden

Neue Therapien auf dem Vormarsch Auf dem Feld der Spondyloarthritiden (SpA) geht einiges voran. So wurden im letzten Jahr nicht nur erstmals Treat-to-target (T2T)- Empfehlungen erarbeitet, sondern es besteht die immer realistischere Aussicht auf eine zunehmende Erweiterung der für axiale SpA und Psoriasis-Arthritis (PsA) verfügbaren Therapieoptionen, berichteten auf zwei DGIM-Symposien Dr. Frank Heldmann, Herne, und Prof. Dr. Elisabeth Märker-Hermann, Wiesbaden.

Auch wenn man bei axialer und peripherer SpA längst noch nicht so weit ist wie bei der Rheumatoiden Arthritis (RA), stellen die T2T-Empfehlungen mit dem klaren Fokus auf das Anstreben von Remission (z. B bei axialer SpA inaktive Erkrankung gemäß einem ASDAS <1,3) und niedriger Krankheitsaktivität mit dem Ziel einer Verbesserung des langfristigen Outcomes einen klaren Fortschritt dar, erläuterte Dr. Heldmann.

Treat-to-target-Prinzip bei Spondyloarthritiden Größtes Hindernis bei der Erstellung der Empfehlungen war neben dem eklatanten Mangel an – wie auch beim SLE – kontrollierten, zielorientierten T2T-Studien zum Vergleich mit einer Routinetherapie die große Heterogenität der SpA. Überdies ist ungeklärt, wie etwa bei PsA oder peripherer SpA das Zielkriterium Remission am besten abzubilden ist. Dessen ungeachtet wurden schließlich jenseits der fünf Grundprinzipien neun für alle SpA-Formen gültige Empfehlungen ausgesprochen, jeweils drei gehen spezifisch auf die axiale SpA inkl. der Ankylosierenden Spondylitis (AS), die periphere SpA und die PsA ein. Angesichts der zahlreichen offenen Fragen wurde laut Heldmann eine umfangreiche Forschungsagenda zum T2T-Konzept bei SpA aufgelegt.

Woche 24

Secukinumab 10 mg/kg i.v.  75 mg s.c.

Secukinumab 10 mg/kg i.v.  150 mg s.c.

Placebo

ACR20 (%)

50,5

50,0

17,3

ACR50 (%)

30,7

34,7

7,4

ACR70 (%)

16,8

18,8

2,0

ACR20 (%)

66,9

69,5

-

ACR50 (%)

38,4

50,0

-

ACR70 (%)

25,6

28,2

-

Woche 52

Abb.: FUTURE-1-Studie: ACR/20/50/70-Ansprechen auf Secukinumab zu Woche 24 und 52 bei Patienten mit aktiver PsA Rheuma Management · Mai/Juni 2015

Prof. Dr. med. Elisabeth Märker-Hermann

Dr. med. Frank Heldmann

Ein wichtiges Element der T2T-Empfehlungen ist zu Recht die Forderung nach einem adäquaten Management wichtiger Komorbiditäten. Wie Prof. MärkerHermann betonte, ist das kardiovaskuläre Risiko bei SpA und PsA in ähnlichem Maße erhöht wie bei RAPatienten. So haben z. B. einer aktuellen Metaanalyse zufolge AS-Patienten über ein Follow-up von 15 Jahren ein 1,6- bzw. 2-fach erhöhtes Risiko für einen Myokardinfarkt respektive Schlaganfall. Bei axialer SpA ist zudem eine Adipositas (BMI ≥30) mit einem deutlich schlechteren Ansprechen auf eine Anti-TNFTherapie assoziiert. Noch häufiger findet man Adipositas, Insulinresistenz und/oder ein metabolisches Syndrom bei PsA-Patienten. Eine solche Konstellation ist mit einem deutlich schwereren Verlauf der PsA assoziiert (Odds ratio, OR 3,5). Für Adipositas wurde wie bei axialer SpA ein schlechteres Therapieansprechen und eine geringere Wahrscheinlichkeit (OR 0,5) für das Erreichen einer anhaltenden minimalen Krankheitsaktivität nachgewiesen.

Update zur Therapie bei axialer und peripherer SpA Bei schweren SpA-Formen – sei es im Stadium der nicht-röntgenologischen axialen SpA (nr-axSpA) oder bei manifester AS – führt nach NSAR-Versagen bislang kein Weg an einer Anti-TNF-Therapie vorbei, wobei für die einzelnen TNFα-Inhibitoren bei AS von einer ungefähr vergleichbaren Wirksamkeit mit einem


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53 ASAS40-Ansprechen von 39-47 % nach 24 Wochen auszugehen ist, führte Märker-Hermann weiter aus. Etwas geringer ist die Auswahl bei schwerer nr-axSpA, wo nach Adalimumab und Certolizumab im vergangenen Jahr mit Etanercept ein dritter TNFα-Hemmer zugelassen wurde – Golimumab dürfte demnächst folgen. Erste positive Daten aus einer Pilotstudie mit 20 ASPatienten liegen inzwischen für den IL-12/23-Inibitor Ustekinumab vor, der sich – neuere Erkenntnisse zur SpA-Pathogenese bestätigend – wie schon bei PsA potenziell zu einer biologischen Alternative zur AntiTNF-Therapie mausern könnte. Bereits deutlich weiter fortgeschritten bei AS ist die Entwicklung des IL-17AInhibitors Secukinumab, der mit MEASURE-1 und -2 bereits erfolgreich zwei Phase-III-Studien durchlaufen hat. In Anbetracht von ASAS20- bzw. 40-Ansprechraten von ca. 60 bzw. 40 % und einer Effektivität auch bei TNF-vorbehandelten Patienten dürfte hier in nicht allzu ferner Zukunft mit der Zulassung des ersten alternativen Biologikums neben den TNFα-Inhibitoren bei axialer SpA zu rechnen sein, so Märker-Hermann. Bei peripherer SpA bleibt es in puncto Biologika wohl zunächst bei der faktischen „off-label-Therapie“ mit TNFα-Inhibitoren, auch wenn für Adalimumab aus der ABILITY-2-Studie durchaus gute Daten für Patienten mit peripherer SpA (ohne PsA) vorliegen.

Update zur Therapie bei Psoriasis-Arthritis Als letzter TNFα-Inhibitor wurde im vergangenen Jahr basierend auf der Phase-III-Studie RAPID-PsA Certolizumab bei aktiver PsA zugelassen. Bereits seit Herbst 2013 verfügbar ist Ustekinumab als erste biologische Nicht-Anti-TNF-Therapie bei PsA. Die beiden großen Phase-III-Studien PSUMMIT-1 und -2 haben nach Märker-Hermann gezeigt, dass der IL-12/23-Inhibitor eine gute Effektivität mit einem ACR20-Ansprechen nach

24 Wochen von 40-50 % aufweist und – bei geringerem Ansprechen – auch bei TNF-Versagern eingesetzt werden kann. Darüber hinaus konnte inzwischen auch eine Hemmung der radiologischen Progression unter Ustekinumab gezeigt werden. Potenziell noch vielversprechender sind die Phase-IIDaten zu dem neuen IL-17-Inhibitor Brodalumab, der bei Psoriasis bereits erfolgreich in Phase-III getestet wurde. Nach nur 12 Wochen wurde ein ACR20-Ansprechen von 40-45 % erzielt; in einer Extensionsstudie waren es nach 52 Wochen 55-70 %. Bereits auf dem Tisch liegen überzeugende Phase-III-Daten aus FUTURE-1 und -2 zu dem IL-17A-Inhibitor Secukinumab. So wurde z. B. in FUTURE-1 unter Secukinumab s.c. (nach i.v.-Ladedosis) ein ACR20-Ansprechen von gut 50 % nach 24 Wochen und fast 70 % nach einem Jahr dokumentiert (s. Abb.) – also durchaus im Bereich von TNFα-Inhibitoren. Zusätzlich zeigten sich ein recht hohes ACR50- und 70-Ansprechen sowie eine gute, wenngleich wiederum etwas geringere Effektivität bei TNF-erfahrenen Patienten. Doch auch jenseits der Biologika besteht nach Märker-Hermann mit der kürzlich erfolgten Zulassung des oralen PDE-4-Inhibibitors Apremilast jetzt eine größere Therapieauswahl. In den Phase-III-Studien PALACE-1 bis -4 hatte Apremilast eine gute Wirksamkeit gezeigt, mit z. B. einem ACR20-Ansprechen von bis zu 40 % nach 24 und ca. 60 % nach 52 Wochen in PALACE-1. Obwohl das „small molecule“ seinen Platz zunächst wohl bevorzugt nach einem DMARD-Versagen (i.e. auf MTX) finden dürfte, kann auch nach einer AntiTNF-Vortherapie noch ein akzeptables Ansprechen erreicht werden. m Quellen: Klinische Symposien „Highlights Rheumatologie” und „Therapiestrategien bei rheumatischen Erkrankungen: Treat-to-Target“, DGIM-Kongress, Mannheim, 20./21. April 2015

Rheuma Management · Mai/Juni 2015


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54 Kollagenosen

Treat-to-target bei SLE und aktuelle Studienlage Dank des jetzt auch für den systemischen Lupus erythematodes (SLE) formulierten Treat-to-target (T2T)-Konzepts rückt das Therapieziel Remission auch in dieser Indikationen immer stärker in den Fokus, berichtete Prof. Dr. Martin Aringer, Dresden. Über eine Auswahl wichtiger Studien zum Outcome und Therapiemanagement nicht nur beim SLE, sondern auch für andere Kollagenosen wie dem primären Sjögren-Syndrom (pSS), Myositiden und Systemischer Sklerose (SSc) aus dem Jahr 2014 informierte auf dem DGIM-Kongress Prof. Dr. Gabriela Riemekasten, Lübeck.

Trotz einer deutlich gestiegenen Lebenserwartung ist bei vielen SLE-Patienten deren Krankheitsaktivität mit konventionellen immunsuppressiven Standardtherapien nur unzureichend kontrolliert und vielfach werden kurzzeitige Behandlungserfolge durch einen langfristig ansteigenden gesamten und organspezifischen Krankheitsschaden („Damage“) erkauft, sei es infolge der Erkrankung oder aufgrund aggressiver Therapien mit z. B. dauerhaft hohen Steroiddosen, erläuterte Prof. Aringer. Aus diesem Grund ist die wichtigste Forderung der neuen T2T-Empfehlungen, durch eine bestmögliche medikamentöse Kontrolle der Krankheitsaktivität bei möglichst geringer Therapietoxizität das Langzeit-Überleben weiter zu steigern, Organschäden zu verhindern und die Lebensqualität zu verbessern. Das erklärte Therapieziel sollte dabei möglichst die Remission und nicht nur eine einigermaßen akzeptable niedrige Krankheitsaktivität sein, so Aringer.

Neue Therapiestudien zum SLE im Überblick Dass bei SLE-Patienten in klinischer Remission (SLEDAI-2K negativ, Prednisolon <7,5 mg/Tag) die immun-

Atacicept 150 mg

Patienten mit Schub (%)

60

Atacicept 75 mg

Placebo

50 40

Prof. Dr. med. Gabriela Riemekasten

Prof. Dr. med. Martin Aringer

suppressive (IS)-Therapie dann sogar erfolgreich abgesetzt werden kann, zeigte nach Prof. Riemekasten eine kanadische Studie mit 99 Patienten. Nach drei Jahren waren ca. 50 % dieser Patienten noch schubfrei. Serologische Aktivität (niedriges Komplement, hohe Anti-dsDNA-Ak-Titer) und ein eher schnelles Absetzen der IS waren prädiktiv für einen neuen Schub. Eine weitere wichtige Studie aus 2014 bestätigt, dass sich eine Glukokortikoid (GK)-Therapie schon im ersten Behandlungsjahr Dosis-abhängig negativ auf den Damage im Langzeitverlauf der SLE-Patienten auswirkt. Eine kurze, hochdosierte GK-Pulstherapie (i.v.) und eine niedrig dosierte Prednisolon-Therapie (≤7,5 mg/Tag im 1. Jahr) bergen dagegen kaum ein zusätzliches Damage-Risiko. Langfristig ist dann aber eher eine Dosis ≤5 mg/Tag anzustreben, betonte Riemekasten.

30 20 10 0 0

4

8

12

16

20

24 28 32 36 40 Zeit (Wochen)

44

48

52

Abb.: APRIL-SLE-Studie: Verlängerung der Zeit bis zum ersten Schub mit höherer Atacicept-Dosis Rheuma Management · Mai/Juni 2015

Bei aktiver Lupus nephritis ergab die RITUXILUP-Studie, dass Rituximab 1 g und 500 mg Methyl-Prednisolon an Tag 1 und 15 in Kombination mit bis zu 2x 1,5 g/Tag Mycophenolat mofetil (MMF) bei 90 % der Patienten (ohne orale GK) nach drei Jahren zu einer kompletten (72 %) oder partiellen Remission (18 %) und nur geringen Rezidivrate führte. Zu den bei SLE vielversprechendsten neuen Therapiekandidaten zählt nach den Worten Riemekastens das gegen BAFF/


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55 APRIL gerichtete Fusionsprotein Atacicept, für das in einer Phase-II-Studie in einer Dosis von 150 mg eine signifikante Reduktion der Schubrate (s. Abb.) bei allerdings erheblichen Nebenwirkungen gezeigt wurde. Fortschritte gibt es auch bei therapierefraktärem SLE. Gute Ergebnisse wurden mit einer mesenchymalen Stammzelltransplantation erzielt (94 % Überleben, 50 % komplette Remission nach vier Jahren). Als eine weitere Therapieoption kristallisiert sich in dieser Situation der Proteasom-Inhibibitor Bortezomib heraus, erste positive Erfahrungen wurden zudem mit einer niedrig dosierten IL-2-Therapie gesammelt.

Update zu Sjögren-Syndrom und Myositiden Erstmals in dieser Form wurde für das primäre SjögrenSyndrom (pSS) in einer großen europäischen Studie mit über 1.000 Patienten in Abhängigkeit von hoher Krankheitsaktivität und Risikofaktoren (z. B. Männer, Kryoglobuline, Lungenbeteiligung, niedriges Komplement, Lymphopenie, Gammopathie, Anti-La-Ak) eine nach median 117 Monaten um das >4-fache erhöhte Mortalität (SMR 4,7) festgestellt – mehr als zuvor erwartet, betonte Riemekasten. Neu veröffentlicht wurde ein Expertenkonsensus zur pSS-Klassifikation, der zwar nicht ideal erscheint, aber gegenüber den AECG-Kriterien sensitiver ist (96 vs. 88 %) hat. Erfüllt sein müssen zwei der folgenden Kriterien: Erstens Anti-Ro- und/oder La-Ak oder RF und ANA ≥1:320; zweitens Biopsie der Speicheldrüse positiv mit einem Score ≥ einem Fokus/4 mm2 und drittens Keratokonjunktivitis mit Score der Hornhautfärbung ≥3 (Lissamingrün). Zur pSS-Lokaltherapie wurde eine kontrollierte Studie mit 60 Patienten vorgestellt, in denen mehrere Botulimumtoxin-Injektionen (medial des unteren Tränengangs) versus Tränengangstöpseln eine deutliche Verbesserung der Augentrockenheit zur Folge hatten. Beim sekundären Sjögren-Syndrom im Rahmen einer RA erwies sich Abatacept sowohl in puncto Augen- als auch Mundtrockenheit in der japanischen ROSE-Studie als zumindest moderat wirksam; bei pSS scheint ebenfalls eine Effektivtät von Abatacept gegeben zu sein, so Riemekasten. Einige neue Therapiestudien wurden auch zu den Myositiden präsentiert. Erste positive Daten bei allerdings nur wenigen Patienten gibt es zum Einsatz von Basiliximab, einem neuen Antikörper gegen den IL-2-Rezeptor (CD25), bei amyopathischer Dermatomyositis und progressiver Lungenerkrankung trotz Prednisolon und Ciclosporin A. In drei von vier Fällen kam es zu einer deutlichen Besserung des HRCT-Scores, des Ferritin-Spiegels und der Lungenfunktion. Bei therapierefraktärer Dermatomyositis kann auch Abatacept eine

gute Option sein, wobei auch hier nur wenige Patienten überblickt werden. In der Praxis nach wie vor als effektive Behandlungsalternative bei refraktärer Dermato- und Polymyositis zu sehen ist Rituximab, wie zuletzt eine Fallserie mit 18 Patienten verdeutlichte.

Systemische Sklerose: ASCT und neue Therapien Die progressive systemische Sklerose (SSc) ist nach wie vor durch eine schlechte Prognose gekennzeichnet, führte Riemekasten weiter aus. Im Besonderen gilt dies bei Vorliegen einer begleitenden pulmonalarteriellen Hypertonie (SSc-PAH). In die Pathogenese involviert sind dabei Anti-AT1R- und ETAR-Antikörper, die nicht nur differenzialdiagnostisch eine SSc-PAH anzeigen, sondern bei hohen Titern auch prädiktiv für die mit SSc-PAH assoziierte Mortalität sind. Aus der Therapie nicht wegzudenken ist weiterhin Cyclophosphamid (CYC). Eine neue Analyse zu 45 SSc-Patienten bestätigt erneut die gute Effektivität von CYC in der täglichen Praxis mit einer Verbesserung oder Stabilisierung in 61,5 % der Fälle. Bei Ansprechen war eine Erhaltungstherapie mit Azathioprin wirksam, bei CYCVersagen zeigte sich ein nur geringes Ansprechen auf MMF. Bei früher, diffuser SSc führte in der im vergangenen Jahr publizierten ASTIS-Studie die autologe Stammzelltransplantation (ASCT) gegenüber hochdosiertem CYC bei erhöhter Frühmorbidität zu einer signifikanten Verbesserung des Langzeitüberlebens, der Haut, Lungenfunktion und Lebensqualität. Neue Daten aus einer Fallserie wurden zu Rituximab bei SSc vorgestellt. Laut Riemekasten führte die kontinuierliche Rituximab-Therapie (alle drei Monate je zwei Injektionen à 500 mg in 14-tägigem Abstand) zu einer Verbesserung der Haut (im mRSS), CO-Diffusions- (DLCO) und forcierten Vitalkapazität (FVC), jedoch bedarf es noch einer besseren Charakterisierung der Patienten. Eine weitere kleine Fallserie weist darauf hin, dass bei therapierefraktärer SSc Abatacept zusätzlich zu einer Standardtherapie einschließlich CYC eine Verbesserung der Hautsymptomatik und Zeichen einer Lungenfibrose ermöglicht. Zur Therapie digitaler Ulzerationen (DU) bei SSc wurde in einer prospektiven, 24-wöchigen Studie an 20 Patienten mit gutem Erfolg der ETR-Antagonist Ambrisentan eingesetzt. Eine interessante Option bei DU scheint einer ersten Studie mit 12 Patienten zufolge auch eine autologe Eigenfettspende zu sein, so abschließend Riemekasten. m Quelle: Klinische Symposien „Highlights Rheumatologie“ und „Therapiestrategien bei rheumatischen Erkrankungen: Treat-to-Target“, DGIM-Kongress, Mannheim, 20./21. April 2015

Rheuma Management · Mai/Juni 2015


56 ANCA-assoziierte Vaskulitiden

Neue Erkenntnisse zu Therapiestrategien Von einem wirklich tragfähigen Treat-to-target (T2T)-Konzept ist man bei den ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) zwar noch ein Stück weit entfernt, jedoch sind in Bezug auf Remissionsinduktion und -erhalt Fortschritte zu verzeichnen, über die Prof. Dr. Frank Moosig, Bad Bramstedt, berichtete. In Anbetracht der neuen Daten gerade zu Rituximab erfolgt derzeit eine Aktualisierung der EULAR-Leitlinie zum AAV-Management.

Erfreulich ist nach Moosig, dass die Mortalität bei AAV inzwischen auch langfristig kaum noch über dem Niveau der Bevölkerung liegt, wozu insbesondere ein früherer Therapiestart mit nachfolgender Remissionserhaltung, niedrigere kumulative Cyclophosphamid (CYC)-Dosen und eine geringere Infektionsrate beigetragen haben. Weiter gefährdet sind jedoch bestimmte Subgruppen, so bei Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) jüngere Männer und Patienten mit initialem Organversagen, bei der eosinophilen GPA (EGPA) Patienten mit Herzbeteiligung und bei Mikroskopischer Polyangiitis (MPA) solche mit Lungenfibrose.

Update zu Remissionsinduktion und -erhalt Ziele der Therapie sind ein Birmingham Vasculitis Acitivity Score (BVAS) gleich Null, also eine Remission, ein möglichst niedriger Vasculitis Damage Index (VDI) und nach den EULAR/EUVAS-Remissionskriterien eine Prednisolon-Dosis ≤7,5 mg/Tag. Zur raschen Remissionsinduktion sind gemäß der CYCLOPS-Studie i.v. und p.o. CYC (plus Prednisolon) gleichwertig, bei schwerer Nierenbeteiligung zeigt – so das Ergebnis der MEPEX-Studie – die Plasmapherese gewisse Vorteile gegenüber einer Methylprednisolon-Pulstherapie. In der RAVE-Studie zur Remissionsinduktion erwies sich Rituximab (RTX) im Vergleich zu p.o. CYC über 6-18 Monate als äquaivalent wirksam, bei Rezidiv-Patienten war es nach sechs Monaten signifikant überlegen. Obwohl sich die Hoffnung auf weniger Nebenwirkungen unter RTX nicht erfüllte, sieht Moosig dieses als gute Therapieoption vor allem bei jüngeren AAV-Patienten und solchen mit Rezidiv. Eine weitere Alternative zur Remissionsinduktion bei AAV und aktiver Nierenbeteiligung könnte künftig der C5Rezeptorantagonist CCX168 darstellen, der in einer Phase-II-Studie kombiniert mit einer CYCLOPS-Standardtherapie gegenüber hoch dosiertem Prednisolon bei recht guter Verträglichkeit häufiger eine renale Remission ermöglichte. Zur Erhaltungstherapie werden zusätzlich zu niedrig dosiertem Prednisolon in erster Linie Azathioprin (AZA), aber auch Methotrexat (MTX), Leflunomid und Rheuma Management · Mai/Juni 2015

Prof. Dr. med. Frank Moosig MMF empfohlen. In der MAINRITSAN-Studie zeigte sich inzwischen nach vorheriger i.v.-CYC-Remissionsinduktion RTX gegenüber AZA im Remissionserhalt im Sinne einer niedrigeren Rezidivrate auch langfristig signifikant überlegen, jedoch dürfte Rituximab als Erhaltungstherapie bei GPA und MPA aufgrund einiger methodischer Schwächen der Studie zunächst noch eine off-label-Option bleiben. Weitere Erkenntnisse liefern und eine Zulassungserweiterung nach sich ziehen könnte nach Moosig eine noch andauernde Studie zum Remissionserhalt unter RTX nach vorheriger RTX-Induktionstherapie. Noch recht schwierig ist die Situation bei der Therapie der refraktären GPA/MPA. Auch hier wurde mit RTX bei refraktärer GPA nach vier Monaten ein durchaus gutes Ansprechen (60 % mit Remission oder klinischer Verbesserung) erzielt, wenngleich im Verlauf auch eine beträchtliche Rezidivrate (40 % nach <12 Monaten) dokumentiert wurde. Im Vergleich sprachen vaskulitische klar besser als granulomatöse Manifestationen auf RTX an. Für die refraktäre EGPA zeichnet sich schließlich mit dem Anti-IL-5-Antikörper Mepolizumab eine neue Therapieoption ab, so abschließend Moosig. Derzeit wird Mepolizumab in Kombination mit einer Basistherapie (MTX/AZA/MMF) gegen Placebo in der MIRRA-Studie geprüft. m

Quelle: Klinisches Symposium „Therapiestrategien bei rheumatischen Erkrankungen: Treat-to-Target“, DGIM-Kongress, Mannheim, 21. April 2015


57 Biologika-Therapie in der Rheumatologie

Was wirklich zählt, sind Innovationen Für die Therapie chronisch-entzündlicher Erkrankungen wie der Rheumatoiden Arthritis (RA) bedeutete die Einführung von Biologika einen Quantensprung. Eine weitere Verbesserung der Versorgungssituation erwartet man sich von der Einführung von Biosimilars. Doch mindestens ebenso entscheidend ist die Forschung an weiteren hocheffektiven Biologika mit neuen Therapieansatzpunkten.

In Anbetracht einer auch in Deutschland noch unzureichenden Marktdurchdringung von Biologika könnten Biosimilars durchaus Fortschritte bringen, werden von Rheumatologen jedoch mit gemischten Gefühlen gesehen. Da das Wirk- und Sicherheitsprofil von Biosimilars wie bei allen Biologika nach Marktzulassung genau beobachtet werden muss, gehen einige Forderungen der DGRh und Rheuma-Liga völlig zu Recht über die aktuellen Regelungen der EMA hinaus, so Dr. Susanna Späthling-Mestekemper, München. Kritisch gesehen wird nicht zuletzt die Extrapolation der z. B. in der RA erhaltenen Studienergebnisse und der darauf basierenden Zulassung auf alle anderen, auch nichtrheumatologischen Indikationen wie CED. Anders als heute üblich sollten schon aus diesem Grund jedes Biosimilars eine eigene Wirkstoffbezeichnung (INN) erhalten, damit es sich vom Originator und anderen Biosimilars unterscheiden lässt und dies entsprechend in der Fachinformation dokumentiert werden. Auch wenn die von Biosimilars erwartete Kostenreduktion zu einem breiteren und auch früheren Einsatz von

Biologika führen könnte, kommt es im Sinne der Patienten vorrangig auf die kontinuierliche Entwicklung neuer, tatsächlich innovativer Therapien an, um die Chancen auf Remission und Teilhabe am Arbeitsleben weiter zu erhöhen. Einen Einblick in die Rheumatologie-Pipeline von AbbVie gab Dr. Stefan Simianer, Wiesbaden. Als besonders vielversprechender neuer Wirkansatz gilt der bi-spezifische Antikörper ABT-122, der zugleich TNFα und IL-17 blockiert und zunächst bei RA in Phase-II geprüft wird. In Zukunft dürfte dessen Einsatz auch bei Spondyloarthritiden im Fokus stehen. Darüber hinaus werden in Phase-II bei RA aktuell auch zwei selektive JAK-1-Inhibitoren sowie der neuartige AntiCD4-Antiköper Tregalizumab und ein neuer Anti-IL6-Nanokörper getestet. m

Quelle: Symposium AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, BDRh-Kongress, Berlin, 25. April 2015

Rheumatoide Arthritis

Positives CHMP-Votum für Fertigpen Das Unternehmen Bristol-Myers Squibb gibt bekannt, dass der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ein positives Votum für den ClickJect® Fertigpen in der Europäischen Union ausgesprochen hat. Der neue Autoinjektor für Abatacept ist zur Behandlung bei der mäßigen bis schweren aktiven RA bei Erwachsenen in Kombination mit Methotrexat nach unzureichendem Ansprechen auf DMARDs zugelassen.

Abatacept (Orencia®) bietet jetzt ein Portfolio bestehend aus drei Applikationsoptionen. Diese umfassen zwei subkutane (s.c.) Darreichungsformen zur Selbstinjektion – einen Fertigpen und eine Fertigspritze – sowie eine intravenöse (i.v.) Darreichungsform. Der Abatacept ClickJect® Fertigpen bietet eine einfache Handhabung durch leichtes Material mit einer rutschfesten Grifffläche für einen sicheren Halt, einen dunkelblauen Auslöseknopf, der die einfache Anwendung mit nur einem Klick ermöglicht und ein großes

Sichtfenster mit einer blauen Anzeige, die bestätigt, dass die Injektion vollständig durchgeführt wurde. Dies kann Patienten Sicherheit geben, dass sie die gesamte Dosis erhalten haben. Zudem gibt es eine „Schritt-für-Schritt“-Anleitung, die die Verabreichung der Injektion vereinfacht und hilft, eine zuverlässige Anwendung zu gewährleisten. Der ClickJect® Fertigpen ist ab dem 15. Juni 2015 verfügbar. m Quelle: Pressemitteilung Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA, 18. Mai 2015

Rheuma Management · Mai/Juni 2015


58 Chronisch-entzündliche Rheumaerkrankungen

Neue Website unterstützt Rheuma-Patienten Ab sofort können Ärzte Etanercept-Patienten, die an dem Programm „TOGETHER – gemeinsam zum Erfolg“ teilnehmen, auf die neue Website www.together-programm.de aufmerksam machen. Der Pfizer-Service beinhaltet Wissenswertes zu den Inhalten des Patientenprogramms, zu den Indikationen Rheumatoide Arthritis, Spondyloarthritis, Psoriasis-Arthritis, Plaque-Psoriasis und Juvenile Idiopathische Arthritis. Ärzte, die ihren Patienten die Teilnahme an dem Programm empfehlen möchten, erhalten Informationsbroschüren mit den Anmeldeformularen unter www.pfizermed.de.

Mit Services wie individuellen Injektionstrainings in der häuslichen Umgebung der Patienten, telefonischer Betreuung und Broschüren bietet das TOGETHER-Programm eine langfristige Begleitung und praktische Unterstützung der Patienten beim Umgang mit ihrer Erkrankung und deren Behandlung. Ziel ist es, durch sorgfältige Aufklärung die Compliance für die in der Regel kontinuierliche und langfristige Therapie zu fördern. Das bedeutet auch eine Unterstützung des Arztes bei der Betreuung seiner Patienten. Eine besondere Herausforderung bei der Therapie mit Biologika kann die Applikation darstellen. Mit Hilfe des TOGETHER-Programms werden Schwierigkeiten bei der Anwendung des Präparats durch Schulungen des Schwesterndienstes reduziert: Die Patienten erlernen so z. B. den Umgang mit einer Etanercept (Enbrel®)-Spritze. Hilfreich ist auch der Fertigpen MYCLIC®, der besonders einfach anzuwenden ist. In einer Studie fanden 93 % der Patienten die Anwendung des Fertigpens leichter als die der Spritze und 94,2 % bezeichneten den Fertigpen als ihr bevorzugtes Applikationssystem. m Quelle: Pressemitteilung Pfizer Deutschland GmbH, 13. April 2015

Psoriasis-Arthritis

Ustekinumab als Rabattvertragspartner neu im Rheumavertrag der TK Seit dem 1. April 2015 unterstützt Janssen-Cilag mit einem Rabattvertrag den Rheumavertrag zwischen der Techniker Krankenkasse (TK) und dem Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh), indem das Unternehmen den IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab zu noch wirtschaftlicheren Konditionen zur Verfügung stellt.

Der seit dem 1. Oktober 2013 laufende TK-BDRhRheumavertrag soll sicherstellen, dass Rheumapatienten sowohl leitliniengerecht als auch wirtschaftlich behandelt werden. Ustekinumab (Stelara®) steht als rabattiertes Arzneimittel im Rahmen des Rheumavertrages für TK-Patienten mit aktiver Psoriasis-Arthritis (PsA) bundesweit zu noch wirtschaftlicheren Konditionen zur Verfügung. Durch die von der TK gewährleistete direkte Meldung der vergünstigten Preise an die Gemeinsamen Prüfstellen profitiert der Arzt mittelbar von einer Entlastung seines Verordnungsbudgets. PsA-Patienten können dank des RheumavertraRheuma Management · Mai/Juni 2015

ges von einem Versorgungskonzept profitieren, das in den Behandlungspfad gemäß der EULAR integriert ist. Patienten können bei der Therapie eng begleitet und individuell auf Ustekinumab eingestellt werden mit dem Ziel, die Arzneimitteltherapiesicherheit zu erhöhen. Außerdem stehen TK-Coaches den Patienten zur Seite, vermitteln ein verbessertes Verständnis der Krankheitssituation und klären über die Therapie auf. m Quelle: Pressemitteilung Janssen-Cilag GmbH, 20. April 2015


59 Symptomatische Hyperurikämie

Treat-to-target-Strategie konsequent verfolgen Bei Patienten mit einer Gichtarthritis führt kein Weg an einer dauerhaften Einstellung der Harnsäure auf den in Leitlinien empfohlenen Zielwert von <6 mg/dl vorbei, um neue Gichtanfälle und eine fortschreitende Gelenkdestruktion zu verhindern. Überdies kann auf diese Weise das mit der Gicht assoziierte erhöhte Risiko für kardiovaskuläre und renale Komorbiditäten zurückgedrängt werden.

Serumharnsäure-Zielwert <6 mg/dl dauerhaft anpeilen Nach Reuss-Borst besteht laut der ACR-Leitlinie 2012 eine Indikation zur medikamentösen Therapie bei allen Patienten mit der Diagnose Gichtarthritis und vor allem bei Tophi, akuten Gichtanfällen (>2/Jahr) und chronischer Niereninsuffizienz. Empfohlen wird das Erreichen eines Serumharnsäure-Zielwerts von <6 mg/ dl (360 μmol/l) und in schwereren Fällen sogar unter 5 mg/dl (300 μmol/l), um die Folgen und Risiken der symptomatischen Hyperurikämie zu reduzieren und weitere Gichtanfälle zu vermeiden. Auch die in Bälde erwartete Leitlinie der EULAR wird diese Zielwerte ausgeben, verbunden mit der Klarstellung, dass es sich hierbei um eine Dauertherapie handelt. Auch nach Abklingen der akuten Gicht-Symptomatik und Auflösung aller sichtbaren Tophi ist die harnsäuresenkende Therapie fortzuführen und ein Zielwert von unter 6 mg/dl aufrechtzuerhalten, so Reuss-Borst. Im deutschen Praxisalltag wird der Harnsäure-Zielwert von 6 mg/dl jedoch bei gut zwei Drittel der Patienten verfehlt, was nicht zuletzt daran liegt, dass das häufig eingesetzte Allopurinol z. B. bei eingeschränkter Nierenfunktion – kein seltener Fall bei Gichtpatienten – nicht in einer Dosis verabreicht werden kann, die das Erreichen des Harnsäure-Zielwerts erlaubt. In dieser Hinsicht unproblematisch und zugleich deutlich effektiver ist nach Reuss-Borst der im Gegensatz zu Allopurinol selektive Xanthinoxidase-Hemmer Febuxostat

(Adenuric®). Im Falle eines unzureichenden Ansprechens auf Allopurinol sollte dieses daher entweder mit einem Urikosurikum kombiniert oder durch Febuxostat ersetzt werden – wobei in Anbetracht der oft schlechten Adhärenz letztere Option zu bevorzugen ist. Beispielhaft verwies Reuss-Borst auf die 28-wöchige randomisierte, placebokontrollierte Phase-III-Studie APEX, in der unter Febuxostat 80 oder 120 mg signifikant häufiger der Serumharnsäure-Zielwert erreicht wurde als unter Allopurinol (48 und 65 vs. 22 %; p<0,001). Auch eine aktuelle Metaanalyse, so ergänzte Prof. Dr. Jan T. Kielstein, Hannover, bestätigt die signifikant höhere Wahrscheinlichkeit einer ZielwertErreichung unter Febuxostat versus Allopurinol (Odds ratio, OR 3,27; p<0,001). In mehreren Extensionsstudien zeigte sich zudem, dass unter Febuxostat bei 8090 % der Patienten auch langfristig über 3-5 Jahre hinweg der Zielwert <6 mg/dl erreicht wird und nur noch <5 % der Teilnehmer nicht gänzlich frei von rezidivierenden Gichtanfällen sind. m

Für den Therapieerfolg, also eine Remission der Gicht, und zur gleichzeitigen Senkung des kardiovaskulären und renalen Risikos der Patienten, ist das Erreichen des Zielwerts <6 mg/dl im Sinne eines konsequenten, langfristigen Treat-to-target-Ansatzes unabdingbar. Da dies mit Allopurinol in vielen Fällen nicht erreichbar ist, sollte dann dringend auf Febuxostat als hochwirksame Alternative umgestellt werden. In Anbetracht der schlechten Compliance erhöht ein klarer Zielwert letztlich auch die Motivation der Patienten, nach Abebben des akuten Gichtanfalls weiterhin ihre harnsäuresenkenden Medikamente einzunehmen.

Quelle: Symposium Berlin-Chemie AG, DGIM-Kongress, Mannheim, 18. April 2015

Rheuma Management · Mai/Juni 2015

Kompakt

Trotz steigender Prävalenz, chronisch-progredientem Verlauf und oft schweren renalen und kardiovaskulären Langzeitfolgen wird die symptomatische Hyperurikämie bzw. Gicht weiter unterschätzt und therapeutisch nicht hinlänglich adressiert, beklagte Prof. Dr. Monika Reuss-Borst, Bad Kissingen. Nicht zuletzt bestehen eklatante Defizite im Hinblick auf eine adäquate harnsäuresenkende Therapie, obwohl mehrere Studien ein bei Gichtarthritis markant erhöhtes Mortalitätsrisiko in Abhängigkeit von der Krankheitsschwere nachgewiesen haben.


60 Rheumatoide Arthritis

Mit Adalimumab das Treat-to-target-Prinzip umsetzen Erklärtes Ziel bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) ist heute im Sinne des Treat-to-Target (T2T)-Prinzips das auch in den RA-Leitlinien geforderte Erreichen einer klinischen Remission. Möglich wurde dieses ambitionierte Vorgehen erst durch die Einführung von TNFα-Inhibitoren wie Adalimumab, für die aus Registern inzwischen eine klare Evidenz für ein auch dauerhaft gutes Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil vorliegt. Noch werden Biologika aber zu zögerlich eingesetzt, obwohl sich der bei Patienten mit ungünstiger Prognose angemahnte frühe Einsatz von TNFα-Blockern besonders günstig auf das langfristige Therapieergebnis auszuwirken scheint.

Dass das Behandlungsziel bei früher RA dank des T2T-Konzepts mit klaren therapeutischen Zeitfenstern heute die klinische Remission oder besser die umfassende Krankheitskontrolle, also DAS28-Remission <2,6, normale Funktionsfähigkeit (HAQ-DI <0,5), keine radiologische Progression (ΔmTSS ≤0,5), sein muss, stellte Prof. Dr. Klaus Krüger, München, klar. Nur bei fortgeschrittener RA ist auch das Erreichen einer niedrigen Krankheitsaktivität akzeptabel. Bei ungünstiger Prognose und Verfehlen des Zielwertes (DAS28 <2,6 bzw. ≤3,2) nach sechs Monaten sollte die initiale DMARD-Therapie, meist Methotrexat (MTX), konsequent um ein Biologikum wie Adalimumab (Humira®) erweitert werden. Dass sich diese Therapieeskalation auszahlt, beweisen nach Krüger die zwei Adalimumab-Zulassungsstudien DE019 und PREMIER: Mit der Kombinationstherapie aus Adalimumab plus MTX wurde nach zehn Jahren sowohl bei Patienten mit langjährig bestehender RA (59 % mit DAS28 <2,6, 42 % HAQ <0,5, 45 % mTSS ≤0,5) als auch bei früher, aggressiver RA (76 % DAS28 <2,6, 64 % HAQ <0,5, 36 % mTSS ≤0,5) das schnelle Therapieansprechen in der kontrollierten Stu-

dienphase aufrechterhalten. Den klinischen Vorteil einer möglichst frühzeitigen Anti-TNF-Therapie macht ein Vergleich der Daten aus der PREMIER- sowie der OPTIMA-Studie deutlich. Durch die bei unzureichendem MTX-Ansprechen nach sechs Monaten frühzeitige Therapieeskalation auf Adalimumab plus MTX befinden sich 1,5 Jahre Jahre später etwa dreimal so viele Patienten in Remission als mit MTX allein (39,7 vs. 13,4 % in Woche 78 bzw. 76). Steigende Bedeutung erlangt bei unter Adalimumab plus MTX erreichter Krankheitskontrolle der Wunsch, zur Verbesserung der Therapieadhärenz die MTXDosis so niedrig wie möglich, aber doch so hoch wie nötig anzusetzen. Laut Krüger hat hierzu die CONCERTO-Studie gezeigt, dass in Kombination mit Adalimumab MTX in einer Dosis von 10 und 20 mg/Woche gleichwertig wirksam ist, sodass in dieser Situation die niedrigere und besser verträgliche 10 mg-MTX-Dosis in der Regel ausreicht. m

Quelle: Pressegespräch AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, Frankfurt/M., 7. Mai 2015

Psoriasis-Arthritis

Screening und Risikomanagement verbessern Um die bei Psoriasis-Arthritis (PsA) bestehenden Versorgungsdefizite zu verringern, kommt es in der dermatologischen Praxis auf ein regelmäßiges, konsequentes PsA-Screening bei Patienten mit Plaque-Psoriasis an. Überdies gilt es, im Hinblick auf die bei Psoriasis und PsA häufige Komorbidität Adipositas durch präventive Maßnahmen kardiovaskuläre Risiken in Schach zu halten.

Mehr als ein Drittel aller Psoriasis-Patienten entwickelt im Verlauf eine PsA. Dermatologen sind hier als „Gatekeeper“ in der PsA-Früherkennung noch stärker gefordert: Ein mindestens einmal jährliches Screening mit „aktiver“ Befragung nach Gelenkbeschwerden Rheuma Management · Mai/Juni 2015

und Abtasten ist auch bei Patienten mit geringem Hautbefall Pflicht, stellte PD Dr. Marc Alexander Radtke, Hamburg, klar. Bei Verdacht auf PsA sollte sofort die Überweisung an einen Rheumatologen erfolgen. Nach Radtke sind hier in den letzten Jahren Fort-


61 schritte im Sinne einer verstärkten Netzwerk-Bildung zwischen Dermatologen und Rheumatologen zu verzeichnen. Nicht selten sind Psoriasis- und PsA-Patienten zugleich adipös und weisen eine begleitende arterielle Hypertonie, Dyslipidämie oder einen Typ-2-Diabetes auf, was das – schon alleine durch die mit der Grunderkrankung assoziierte chronische Entzündung – ohnehin verstärkte Risiko kardiovaskulärer Ereignisse zusätzlich steigert. Erstes Ziel muss die Beherrschung der systemischen Inflammation sein, wofür gerade bei ausgeprägter PsA-Aktivität mit den TNFα-Hemmern und dem IL-12/23-Inhibitor Ustekinumab (Stelara®) gut wirksame Therapien zur Verfügung stehen, führte Radtke weiter aus. Für TNFα-Inhibitoren ist eine Reduktion des kardiovaskulären Risikos gut belegt, aber

auch für Ustekinumab scheinen sich diesbezüglich vorteilhafte Effekte abzuzeichnen. Ein weiterer Eckpfeiler des Psoriasis- und PsA-Managements besteht in der Reduktion von kardiovaskulären Risikofaktoren mit Statinen, ASS und Antihypertonika, sowie bei Adipositas in der Anleitung zu mehr sportlichen Aktivitäten und gesunder Ernährung. Einen wertvollen Beitrag zur Gewichtsreduktion adipöser Psoriasis- und PsA-Patienten kann das von Janssen-Cilag initiierte Verhaltenscoaching „SkinWinner“ leisten, ergänzte Dr. Sascha Gerdes, Kiel. Nach ersten positiven Erfahrungen wird dieses Konzept derzeit in einer Studie mit 180 Patienten geprüft. m Quelle: Symposium Janssen-Cilag GmbH, DDG-Kongress, Berlin, 30. April 2015

Rheumatologie

Biosimilars können die Therapie bereichern Mit Remsima® steht seit Februar 2015 das erste Infliximab-Biosimilar zur Verfügung. Im Rahmen des BDRhKongresses erörterten Experten die neue Behandlungsoption zur Therapie der Rheumatoiden Arthritis (RA), Ankylosierenden Spondylitis (AS) und Psoriasis-Arthritis (PsA) sowie wichtige Aspekte, die Rheumatologen über das erste Infliximab-Biosimilar wissen sollten.

Aus Sicht von Prof. Dr. Theodor Dingermann, Frankfurt/M., spricht vieles für Biosimilars. Diese seien so entwickelt, dass sie ein analoges Spezifikationsspektrum aufweisen wie die Referenzprodukte. Biosimilars unterscheiden sich nicht klinisch relevant von den Originalprodukten, sowohl bezogen auf die Wirksamkeit als auch die Immunogenität, so Dingermann. Sie bewegen sich in einem molekularen Variationskorridor, der von den Originatorprodukten vorgegeben ist. Eine – ebenfalls klinisch nicht relevante – Variabilität könne man auch zwischen verschiedenen Chargen des Originators nachweisen. Biosimilars seien zudem dem strengen Prüfungs- und Zulassungsprozess der EMA unterzogen. Aus pharmazeutischer Sicht seien sie daher eine echte Alternative zu den Originalprodukten. Prof. Dr. Christoph Baerwald, Leipzig, stellte die Zulassungsstudien des ersten Infliximab-Biosimilars vor, zwei randomisierte, doppelblinde Multicenterstudien: die Phase-I-Studie PLANETAS mit 250 AS-Patienten und die Phase-III-Studie PLANETRA mit 606 RA-Patienten (in Kombination mit MTX). In beiden Studien zeigte sich eine äquivalente Bioverfügbarkeit zwischen Remsima® und Remicade®. Darüber hinaus belegen die Phase-I-Daten ein vergleichbar frühes Ansprechen

der AS-Patienten auf Remsima® und Remicade®. In der Extensionsphase, in der die gesamte Studienpopulation Remsima® erhielt, erreichten bis Woche 102 63,9 % der Patienten ein ASAS40-Ansprechen. Die Phase-III-Studie PLANETRA bestätigte die Äquivalenz beider Substanzen. Bis Woche 30 erreichten jeweils ca. 60 % der Patienten ein ACR20-Ansprechen. Wie in PLANETAS blieb der Therapieeffekt in beiden Gruppen bis Woche 102 erhalten. Auch die Bildung von Anti-Drug-Antikörpern war unter beiden Substanzen vergleichbar. Die Daten, so Baerwald, belegen, dass Remsima® in Pharmakokinetik, Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität äquivalent zu Remicade® ist. Aufgrund der in Phase-I belegten analogen Pharmakokinetik fordert die EMA zur Zulassung eines Biosimilars in allen Indikationen, in denen der Originator zugelassen ist, nur eine klinische Prüfung in der sensitivsten Indikation, in diesem Fall der RA. Daher hat die EMA Remsima® die umfassende Zulassung für alle – auch nicht-rheumatologischen – Indikationen, in denen auch Remicade® zugelassen ist, erteilt. m

Quelle: Symposium Mundipharma Deutschland GmbH & Co. KG, BDRh-Kongress, Berlin, 24. April 2015

Rheuma Management · Mai/Juni 2015


62 Systemischer Lupus erythematodes

Belimumab punktet in täglicher Praxis In den Treat-to-target (T2T)-Empfehlungen zum systemischen Lupus erythematodes (SLE) wird erstmals wird neben einer adäquaten Kontrolle der Krankheitsaktivität auch explizit die Remission als erklärtes Therapieziel vorgegeben. Zum Erreichen einer adäquaten Krankheitskontrolle und Verhütung langfristiger Organschädigungen kann der BLyS-spezifische Inhibitor Belimumab eingesetzt werden, mit dem sich überdies die mit Kortikosteroiden auf Dauer assoziierte Therapietoxizität senken lässt.

Mit Belimumab (Benlysta®) steht bei klinisch und serologisch aktiven SLE-Patienten eine effektive, zielgerichtete Therapie zur Verfügung. Die klinische Evidenz hierfür lieferte nach Prof. Dr. Falk Hiepe, Berlin, eine gepoolte Analyse der Phase-III-Studien BLISS-52 und -76. „On top“ einer immunsuppressiven Standardtherapie führte Belimumab (10 mg/kg) nach 52 Wochen zu einer signifikanten Verbesserung des Therapieansprechens (51,5 vs. 31,7 %; p<0,001) im SLE-Responder Index (SRI). Die Schubrate wurde bei zugleich reduziertem Steroidbedarf deutlich gemindert. Vor allem mukokutane, arthritische und vaskulitische SLE-Manifestationen wurden unter Belimumab signifikant gebessert. Den Stellenwert dieses Therapiekonzepts im Praxisalltag untermauert die multizentrische prospektive Beobachtungsstudie OBSErve „Germany“, in die 102 meist aufgrund ineffektiver Vorbehandlung neu auf Belimumab eingestellte SLE-Patienten mit in der Regel mäßiger bis schwerer Krankheitsaktivität (60 bzw. 25 %) und serologisch aktivem SLE (je 70 % niedriges C3/C4 und hohe Anti-dsDNA) eingeschlossen wurden. Bei 74, 39 und 9 % der Patienten führte Belimumab nach sechs Monaten zur Verbesserung des mit einem PGA-ähnlichen Score bestimmten klinischen Gesamtansprechens um ≥20, ≥50 bzw. ≥80 %. Bei 56 bzw. 51 % der Teilnehmer mit arthriti-

schen respektive kutanen SLE-Manifestationen kam es zu einer Verbesserung um ≥50 %. Das positive Arzturteil spiegelte sich, wie Hiepe weiter ausführte, in einem markanten Rückgang der Krankheitsaktivität im SELENA-SLEDAI-Score von 10,6 auf 5,6 wider. Analog zu den klinischen Befunden der BLISS-Studien konnte die Steroiddosis im Mittel um 5,8 mg/Tag reduziert werden, bei Patienten mit zu Beginn hoher Prednisolon-Dosis (≥7,5 mg/Tag) sogar um 8,9 mg/Tag. Die positiven Erfahrungen zu Belimumab in der Praxisrealität bestätigte Prof. Dr. Johann Oltmann Schröder, Kiel, der seit 2011 insgesamt 26 Patienten auf das Biologikum eingestellt hat. Dass fast 70 % dieser Kohorte noch auf Belimumab sind, ist nach seinen Worten ein weiterer Beleg für dessen gutes Sicherheitsprofil. Bei 63,6 % der Teilnehmer wurde ein gutes Therapieansprechen dokumentiert, das sich auch auf Hautmanifestationen erstreckte und hier insbesondere auf die kutane Vaskulitis sowie den SLE-assoziierten Nagelbefall. Bis zur Entfaltung seiner vollen Wirksamkeit sollte man Belimumab aber mindestens sechs Monate Zeit geben, da sich nach Schröder auch über mehr als ein Jahr hinweg noch eine weitere Normalisierung der Anti-dsDNA- und vor allem C3/C4-Spiegel einstellen kann. Wir zuvor in BLISS-52 und -76 sowie OBSErve wurde ein klinisch relevant verringerter Steroidbedarf dokumentiert. m

74 % Anteil Patienten (%)

40

39 %

35 31

30

20 14

13 % 10

9

6 2

0

abge- schlechter brochen

5 gleich

<20 %

20-49 % 50-79 %

>80 %

Mit Belimumab ist nach Einschätzung der Experten eine auch im Praxisalltag wirksame und gut verträgliche, aktiv Schüben entgegensteuernde Therapieoption verfügbar, die im Einklang mit den T2TEmpfehlungen bei Patienten mit hoher klinischer und serologischer Aktivität eine deutlich verbesserte Krankheitskontrolle bei verminderter Therapietoxizität erlaubt und die Chance auf eine Remission erhöht.

klinisches Gesamtansprechen

Abb.: OBSErve-Studie: Klinisches Gesamtansprechen auf Belimumab (PGA-ähnlicher Score) nach sechs Monaten Rheuma Management · Mai/Juni 2015

Quelle: Symposium GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, DDG-Kongress, Berlin, 29. April 2015

Kompakt

50


Ausblick

Annual European Congress of Rheumatology (EULAR) 2015 Lesen Sie in der nachsten Ausgabe alles Wissenswerte vom Kongress in Rom.

Bildquellen: Titelseite: ©blankstock/Fotolia.com, 1 – ©Pitopia, 2 – ©Techniker Krankenkasse, Bilder BDRh-Kongress ©WORTREICH/Frank Nürnberger

Chefredaktion: Dr. Michael Lohmann, lohmann@wortreich-gik.de Redaktion: Dr. Ine Schmale, schmale@wortreich-gik.de Herausgeber: Dr. Edmund Edelmann, Prof. Dr. Jörn Kekow, Sigurd Rudeloff

Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. Marina Backhaus, Berlin · Prof. Dr. Jürgen Braun, Herne · Wilfried Bridts, München · Prof. Dr. Dieter Felsenberg, Berlin · Prof. Dr. Peter Herzer, München · Dr. Ulrich von Hinüber, Hildesheim · Prof. Dr. Herbert Kellner, München · Prof. Dr. Klaus Krüger, München · Prof. Dr. Benedikt Ostendorf, Düsseldorf · Prof. Dr. Hendrik Schulze-Koops, München · Prof. Dr. Joachim Sieper, Berlin · Prof. Dr. Christof Specker, Essen · Dr. Ralph Steinbrück, München Grafik: Inken Pöhlmann, www.ip-design.net Druck: Druckerei Chmielorz, Wiesbaden

II. Quartal 2013

Jahrgang 7 · 3-2015 · ISSN 1868-6044 · Jahresabonnementpreis: € 69,00 inkl. MwSt. und Versand Die als Report gekennzeichneten Beiträge stellen nicht die Meinung der Redaktion, sondern der betreffenden Auftraggeber dar, die für den Inhalt verantwortlich zeichnen. Die Zeitschrift und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Der Verlag haftet nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos. Weder Herausgeber noch Verlag haften für Inhalte, Informationen sowie die Richtigkeit der Aktenzeichen, die verlagsseitig mit aller Sorgfalt wiedergegeben wurden.

Impressum

Verlag: WORTREICH Gesellschaft für individuelle Kommunikation mbH, Barfüßerstr. 12, 65549 Limburg, Tel. 06431/59096-0, Fax 06431/ 59096-11, info@wortreich-gik.de, www.wortreich-gik.de


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