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PSORIASIS-ARTHRITIS
Frühe Eskalation auf Biologikum sinnvoll
Viele Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) erreichen unter Methotrexat (MTX) kein ausreichendes Ansprechen etwa in Form einer minimalen Krankheitsaktivität (MDA). Ein internationales Team um Laura C. Coates, Oxford (Großbritannien), verglich in der randomisierten, 2-teiligen Open-label Phase-IV-Studie CONTROL bei Patienten, die mit MTX 15 mg/Woche keine MDA erreichten, zwei Therapiestrategien: die Eskalation der MTX-Dosis oder Kombination mit dem TNFα-Inhibitor Adalimumab.
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In die Open-label-Studie wurden 245 bDMARD-naive Patienten (50 % Frauen, mittleres Alter 50 Jahre) mit aktiver PsA (keine MDA und ein SJC/TJC je ≥3) trotz MTX 15 mg/Woche für ≥4 Wochen eingeschlossen und zunächst (Teil 1) im Verhältnis 1:1 für 16 Wochen auf Adalimumab 40 mg alle 2 Wochen plus MTX 15 mg (n=123) oder eine Eskalation auf MTX 20-25 mg oder die höchste tolerierte Dosis (n=122) (mittlere MTX-Dosis 21,8 mg, 55 % orales MTX, SJC/TJC 11 bzw. 22) randomisiert. Primärer Endpunkt war das Erreichen einer MDA in Woche 16, sekundäre Endpunkte das ACR20- und PASI 75-Ansprechen, der ΔHAQ-DI und Enthesitis (LEI) zu diesem Zeitpunkt.
Adalimumab schlägt MTX-Eskalation
Das Ergebnis bei den 227 PsA-Patienten, die Teil 1 abschlossen (und in Teil 2 eingingen) war eindeutig: Im Kombinations- gegenüber dem Eskalationsarm erreichten 41,5 vs. 13,1 % der Patienten eine MDA in Woche 16 (p<0,001) (Abb.), stratifiziert nach einer vorherigen Dauer der MTX-Therapie ≤ oder >3 Monate waren es 42,2 vs. 9,8 % bzw. 40,7 vs. 16,4 %. Auch im ACR20/50/70-Ansprechen war die Adalimumab plus MTXKombination jeweils signifikant überlegen mit 67,5 vs. 32,8 %, 45,5 vs. 16,4 % und 30,9 vs. 8,2 % (je p<0,001), ebenso im PASI 75/90/100-Ansprechen mit 73,1 vs. 31,0 %, 57,7 vs. 18,4 % und 29,5 vs. 9,2 % (je p<0,001) sowie im ΔHAQ-DI mit -0,5 vs. -0,3 und ΔLEI mit -1,9 vs. -1,1 (je p<0,01). Alle und schwere therapieassoziierte unerwünschte Ereignisse (TEAE) waren in beiden Armen vergleichbar, nur Infektionen waren im AdalimumabArm (33 vs. 20 %) häufiger.
Im Teil 2 der CONTROL-Studie (Woche 16-32) wurde die Therapie auf Basis des MDA-Ansprechens fortgesetzt oder modifiziert. So wurde bei Patienten der Adalimumab/MTX-Gruppe mit MDA in Woche 16 (n=54) MTX abgesetzt und Adalimumab in Monotherapie weitergeführt, während bei jenen, die darunter keine MDA erreicht hatten (n=63), die Kombination bei Eskalation auf Adalimumab 40 mg/Woche fortgeführt wurde. Jene Patienten der MTX-Eskalationsgruppe, die eine MDA in Woche 16 erreicht hatten (n=15), führten dieses mit der eskalierten Dosis fort, jene, die dieses Ziel nicht erreichten (n=95), wurden auf Adalimumab 40 mg alle 2 Wochen plus MTX 20-25 mg oder die höchste tolerierte Dosis eskaliert. Primärer Endpunkt dieses Studienteil war wieder eine MDA, diesmal in Woche 32. In Woche 32 waren 80 % der Adalimumab-Responder (bei denen MTX abgesetzt wurde) im MDA-Status im Vergleich zu 67 % der MTX-Responder, die ihre Therapie bis zum Ende der 2.Studienphase beibehielten. Umgekehrt erreichten von den MTX-Non-Respondern, die ab Woche 16 auf die Kombination mit Adalimumab eskaliert wurden, 55 % eine MDA in Woche 32, während dies bei den Adalimumab-Non-Respondern, deren Adalimumab-Dosis auf 1x wöchentlich eskaliert wurde, bei 30 % gelang. In den jeweiligen Gruppen wurden bei 44,4 und 66,7 % (Adalimumab-Responder bzw. Non-Responder) sowie 33,3 bzw. 56,8 % (MTX-Responder bzw. Non-Responder) TEAE verzeichnet, schwere TEAE waren jeweils selten (<5 %). Es gab weder opportunistische Infektionen, Todesfälle noch neue Sicherheitssignale.
Bei Patienten mit MDA-Ansprechen in Teil 1 blieb die Effektivität somit in Teil 2 weitgehend erhalten trotz einer Reduktion der Erhaltungstherapie bei den Adalimumab-Respondern, die numerisch in Woche 32 das beste Ansprechen aufwiesen. Bei den ursprünglichen Non-Respondern wurde nach Therapieeskalation bei deutlich mehr Patienten eine MDA erzielt. Auch wenn die MTX-Therapie zu selten s.c. gegeben wurde (und vielleicht auch deshalb) im Schnitt nur auf 22 mg (85 % mit MTX ≥20 mg) eskaliert werden konnte, sprechen die Daten doch klar für eine frühere Kombination von MTX mit Adalimumab. m
50
Patienten mit MDA in Woche 16 (%) 40
30
20
10
0 41,5 p<0,001
Adalimumab + MTX 13,1
Dosiseskalation von MTX
Abb.: CONTROL-Studie: Erreichen einer minimalen Krankheitsaktivi- tät (MDA) unter MTX 15 mg plus Adalimumab oder MTXDosis- eskalation auf 20-25 mg in Woche 16 Quelle: Lancet Rheumatol 2022; 4(4): e262-e273
PSORIASIS-ARTHRITIS Positive Daten zu oralem TYK-2-Inhibitor aus Phase-II
Mit dem selektiven Tyroseinkinase (TYK-2)-Inhibitor Deucravacitinib, der eng mit den Januskinase (JAK)-Inhibitoren verwandt ist und primär an Interleukin (IL)-23, IL-12 und Interferon α/β ansetzt, könnte sich künftig eine weitere orale Therapie in der PsoriasisArthritis (PsA) etablieren. Philip J. Mease, Seattle (USA), und Kollegen publizierten aktuell die Ergebnisse einer 52-wöchigen randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie zum Einsatz von Deucravacitinib bei aktiver PsA.
In der bis Woche 16 placebokontrollierte Studie wurden 203 Patienten mit aktiver PsA (SJC/TJC je ≥3, CRP ≥3 mg/, ≥1 psoriatische Läsion ≥2 cm), die auf ≥1 NSAR, Steroid und/oder csDMARD oder einen TNFα-Inhibitor (≤30 %) versagt oder diese nicht vertragen hatten, im Verhältnis 1:1:1 auf Deucravacitinib 1x 6 mg/Tag oder 1x 12 mg/Tag oder Placebo randomisiert. Primärer Endpunkt war das ACR20-Ansprechen in Woche 16, sekundäre Endpunkte waren Verbesserungen ab Baseline im HAQ-DI und SF-36 (PCS) sowie ein PASI75. 89 % der Patienten (im Mittel 50 Jahre, 51 % Frauen, Krankheitsdauer 4,5 Jahre, 65 % auf csDMARDs, 16 % TNF-Vortherapie) schlossen die ersten 16 Wochen ab. Unter Deucravacitinib 6 mg (n=70) und 12 mg (n=67) wurde mit 52,9 bzw. 62,7 vs. 31,8 % (Placebo; n=66) signifikant öfter ein ACR20-Ansprechen in Woche 16 erreicht (p=0,0134 bzw. =0,0004). Im ACR50/70Ansprechen zeigten sich gleichfalls signifikante Vorteile von Deucravacitinib (24,3 und 32,8 vs. 10,6 % bzw. 14,3 und 19,4 vs. 1,5 %) versus Placebo. Auch im Hinblick auf die körperliche Funktion schnitt Deucravacitinib signifikant besser ab (ΔHAQ-DI -0,37 und -0,39 vs. -0,11; p=0,0020 bzw. 0,0008; ΔSF-36 PCS 5,6 und 5,8 vs. 2,3; p=0,0062 bzw. 0,0042). Einen PASI75 erreichten 42,4 und 59,6 vs. 20,4 % (p=0,0136 bzw. <0,0001). Eine Resolution der Enthesitis im Leeds Enthesitis Index (LEI) fand sich bei 51,3 und 50,0 vs. 22,6 % (je p<0,04), eine minimale Krankheitsaktivität (MDA) erreichten 22,9 und 23,9 vs. 7,6 % (je p<0,02). Häufigste unerwünschte Ereignisse (UE) unter Deucravacitinib waren (meist mild bis mäßig ausgeprägt) Nasopharyngitis, Infektionen der oberen Atemwege, Sinusitis, Bonchitis, Hautausschläge, Diarrhö und Kopfschmerzen. Es wurden keine schwerwiegenden UE wie Herpes Zoster, opportunistische Infektionen oder thrombotische Ereignisse verzeichnet.
Gerade die Wirksamkeit der höheren Dosierung kann sich sehen lassen, auch Sicherheit und Verträglichkeit sind vielversprechend. Eine Phase-III-Studie mit 700 PsA-Patienten ist angelaufen. m
Quelle: Ann Rheum Dis 2022; doi: 10.1136/annrheumdis-2021-221664
Gemischte Ergebnisse zu csDMARD-Kombination
Trotz des Mangels an Evidenz sind konventionelle (cs)DMARDs und hier vor allem Methotrexat (MTX) die präferierte ErstlinienTherapie bei PsA. Niederländische Rheumatologen um Michelle L. M. Mulder, Nijmegen, untersuchten jetzt in der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollerten COMPLETE-PsA-Studie, ob sich bei PsA die Krankheitsaktivität durch eine Kombination von MTX mit Leflunomid im Vergleich zu einer MTX-Monotherapie steigern lässt.
In die monozentrische Studie wurden zwischen Februar 2019 und März 2021 78 Patienten ≥16 Jahre mit klinisch bestätigter, aktiver PsA (SJC ≥2, Daktylitis zählte als ein geschwollenes Gelenk) eingeschlossen (medianes Alter 55 Jahre, 64 % Frauen). Dies wurden im Verhältnis 1:1 stratifiziert nach hoher Krankheitsaktivität (PASDAS ≥5,4) auf MTX (oral 15 mg/Woche für 4 Wochen, danach 25 mg/Woche) plus Leflunomid 20 mg/Tag oder Placebo randomisiert.
Primärer Endpunkt war die Differenz im mittleren PASDAS in Woche 16, adjustiert auf den PASDAS zu Baseline (ITTAnalyse). Im Ergebnis war die Kombinationstherapie aus MTX und Leflunomid der MTX-Monotherapie im PASDAS in Woche 16 signifikant überlegen (3,1 vs. 3,7, Δ –0,6, 90% KI -1,0 bis –0,1; p=0,025). Die häufigsten unerwünschten Ereignisse (UE) in den beiden Therapiearmen waren Übelkeit und Erbrechen (44 vs. 28 %), Müdigkeit (23 vs. 33 %) sowie auch erhöhte Leberwerte (ALAT: 31 vs. 18 %). Fast durchweg war die Inzidenz der zumeist milden UE unter der Kombinationstherapie höher. mäß PASDAS unter MTX in Kombination mit Leflunomid, was ähnliche Befunde einer kanadischen Beobachtungsstudie bestätigt. Allerdings wird dieser Vorteil durch eine schlechtere Verträglichkeit erkauft (die sich durch s.c. MTX womöglich abmildern ließe). Jedoch liegt bei PsAPatienten mit nicht zu hoher Krankheitsaktivität, die für diese Kombination in Frage kommen, eigentlich für den PDE4-Hemmer Apremilast mehr Evidenz vor. m
Für Patienten mit Psoriasis-Arthritis (PsA) stehen immer mehr zielgerichtete Therapien zur Verfügung, sodass deren langfristige Wirksamkeit und Verträglichkeit eine immer wichtigere Rolle spielt. Für den Interleukin (IL)-23p19-Inhibitor Guselkumab stellten Iain B. McInnes, Glasgow (Großbritannien), und Kollegen nun positive 2-Jahres-Daten aus einer der Phase-III-Zulassungsstudien, DISCOVER-2 vor, in der Guselkumab nach Versagen auf nicht-biologische DMARDs geprüft wurde.
In DISCOVER-2 wurden 739 Patienten mit aktiver PsA (SJC und TJC ≥5, CRP≥0,6 mg/dl) trotz NSAR- bzw. csDMARD-Therapie für 24 Wochen auf s.c. Guselkumab 100 mg alle 4 Wochen (Q4W), Guselkumab 100 mg in Woche 0 und 4 und dann alle 8 Wochen (Q8W) oder Placebo randomisiert mit nachfolgendem Crossover von Placebo auf Guselkumab Q4W. Erfasst wurden neben dem ACR20/50/70-Ansprechen ein Investigator’s Global Assessment (IGA) of Psoriasis-Score von 0 (völlige Psoriasis-Freiheit), die völlige Auflösung von Enthesitis (LEI) und Daktylitis (NRS) und radiologische Veränderungen (PsA-modifizierter Sharp/van der Heijde-Score) bis Woche 100 sowie die Sicherheit bis Woche 112. Insgesamt 652 Patienten (88 %) schlossen die 100-wöchige Studienphase ab.
Bei Anlegen der strengen Non-Responder-Imputation (NRI) zeigte sich nach Ende der randomisierten Phase in Woche 24 ein weiterer Anstieg des Ansprechens (einschließlich der ab Woche 24 auf Guselkumab gewechselten Teilnehmer). Im Einzelnen fanden sich in Woche 100 ein ACR20-Ansprechen bei 68-76 %, ACR50-Ansprechen bei 48-56 % und ACR70-Ansprechen bei 30-36 % der Patienten (letzteres Kriterium hatten in Woche 24 nur 14-19 % erreicht). Ein Plateau wurde etwa im ACR70 erst ab Woche 52-76 erreicht. In puncto Haut erreichten 55-67 % einen IGA-Score von 0, eine vollständige Auflösung von Enthesitis und Daktylitis gelang bei 62-70 % bzw. 72-83 % der Patienten. Die radiologische Progression von Woche 52 bis 100 war vergleichbar gering (0,13-0,75) wie zu früheren Zeitpunkten. Bis Woche 112 kam es nur bei 8 % (5,8/100 Patientenjahre, PJ) und 3 % (1,9/100 PJ) der 731 mit dem IL23-Inhibitor behandelten Patienten zu einem schweren unerwünschten Ereignis bzw. einer schweren Infektion.
Bei Biologika-naiven PsA-Patienten bietet Guselkumab somit eine auch langfristig gute Wirksamkeit bei zugleich vorteilhaftem Sicherheitsprofil. m
Quelle: Arthritis Rheumatol 2022; 74(3): 475-485
Jenseits klinischer Studien, die direkt oder indirekt, gewisse Rückschlüsse auf die Wirksamkeit bei PsA eingesetzter Biologika zulassen, gibt es kaum Real-world-Daten mit einem solchen Vergleich. Ein europäisches Expertenteam um Laure Gossec, Paris (Frankreich), veröffentlichte nun erste Daten der prospektiven Beobachtungsstudie PsABio, in der die Persistenz und Effektivität des IL-12/23-Hemmers Ustekinumab gegenüber TNFα-Inhibitoren (TNFi) ein Jahr nach deren Verordnung verglichen wurde.
In die Studie wurden 893 PsA-Patienten eingeschlossen, die neu auf Ustekinumab (n=438) oder einen TNFi (n=455) als Erst- bis Drittlinientherapie eingestellt wurden. Erfasst wurden alle 6 Monate die Persistenz, Effektivität, definiert als eine niedrige Krankheitsaktivität (LDA) oder Remission im klinischen (c)DAPSA oder minimale/sehr niedrige Krankheitsaktivität (MDA/VLDA), und Sicherheit. Neben deskriptiven Analysen erfolgten auch Propensity Score (PS)-adjustierte Vergleiche zwischen den Kohorten. gleichbar (72,4 vs. 70,5 %). PS-adjustiert (95% KI) betrug die Hazard ratio (HR) 0,82 (0,60-1,13) für das Stoppen/Switchen von Ustekinumab vs. TNFi. Eine cDAPSA LDA oder Remission erreichten unter Ustekinumab 55,9 und 22,1 % der Patienten, unter TNFi waren es 67,1 und 31,7 %, entsprechend einer PS-adjustierten Odds ratio (OR) von 0,80 für LDA (0,57-1,10) und 0,73 für Remission (0,491,07). Eine MDA bzw. VLDA erreichten 34,2 bzw. 11,9 % mit Ustekinumab und 43,1 bzw. 12,6 % mit TNFi (PS-adj. ORs 0,89 für MDA [0,63-1,26] und 0,90 für VLDA [0,54-1,49]). Die Sicherheit war in beiden Gruppen vergleichbar. Im Ergebnis war nach 12 Monaten die unadjustierte Persistenz numerisch etwas höher unter Ustekinumab als TNFi, bei der Effektivität war es umgekehrt (was die bekannte, sehr gute Verträglichkeit von Ustekinumab, aber auch etwas schwächere Wirksamkeit widerspiegelt). Andererseits zeigten die PS-adjustierte Vergleiche dann doch eine letztlich vergleichbare Persistenz, Effektivität und Sicherheit beider Substanzklassen. m
SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES
Update zur Effektivität von Anifrolumab
Bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) steht mit Anifrolumab nun eine zweite zugelassene biologische Therapie zur Verfügung, wobei es angesichts nur einer von zwei Phase-III-Studien mit erreichtem primären Endpunkt zumindest in Europa eine gewisse Hängepartie war. Die Effektivität von Anifrolumab im Hinblick auf spezielle Organdomänen und in klinischen Subgruppen bewerteten Raj Tummala, Gaithersburg (USA), und Kollegen in mehreren Post-hoc-Analysen gepoolter Daten der randomisierten, placebokontrollierten Phase-III TULIP-1- und -2-Studien. Noch ein Fragezeichen ist hinter der Lupusnephritis (LN) als möglicher weiterer Indikation nach einer ersten Phase-II-Studie zu setzen.
In die Post-hoc-Analyse zur Beeinflussung der organspezifischen SLEKrankheitsaktivität gingen die gepoolten Daten von 726 Patienten mit einem mittelschweren bis schweren SLE aus TULIP-1 und -2 ein (im Mittel 41,8 Jahre alt, davon 93 % Frauen), die im Verhältnis 1:1 den Typ I-Interferon-Antikörper Anifrolumab i.v. 300 mg alle 4 Wochen oder Placebo für 48 Wochen erhalten hatten. Analysiert wurden die Veränderungen von Baseline bis Woche 52 in den BILAG-2004- und SLEDAI-2K-Scores für Organdomänen sowie im Cutaneous Lupus Erythematosus Disease Area and Severity Index Activity (CLASI-A)-Score, anhand der betroffenen Gelenke (SJC/ TJC), Hämatologie und Serologie.
Die am stärksten betroffenen Organdomänen waren muskuloskelettal (89 % der Patienten gemäß BILAG-2004 und 94 % gemäß SLEDAI-2K) und mukokutan (86 bzw. 96 % nach den beiden Scores). In Woche 52 führte Anifrolumab gegenüber Placebo zu jeweils größeren Verbesserungen bei Patienten im muskuloskelettalen System (BILAG-2004: 56 vs. 44 %, SLEDAI-2K: 49 vs. 40 %), mukokutanen System (54 vs. 38 % bzw. 55 vs. 39 %) sowie auch im immunologischen System (19 vs. 11 % gemäß SLEDAI-2K). Bei den seltener betroffenen Organdomänen fielen die Resultate uneinheitlich aus. Bei Patienten mit einem CLASI-A ≥10 zu Baseline erreichten unter Anifrolumab mehr Patienten eine CLASI-A-Reduktion ≥50 % in Woche 52 (46 vs. 25 %). Bei Patienten mit zu Baseline ≥6 geschwollenen Gelenken kam es unter Anifrolumab gegenüber Placebo häufiger zu einer Reduktion des SJC um ≥50 % bis Woche 52 (57 vs. 46 %), während kein signifikanter Unterschied hinsichtlich einer Reduktion des TJC um ≥50 % bis Woche 52 auszumachen war. Somit zeigte sich in den beiden Phase-III-Studien eine Reduktion der SLE-Krankheitsaktivität in mehreren Organdomänen unter Anifrolumab. (1)
Die zweite gepoolte Analyse zeigte, dass sich die Differenz im BICLA-Ansprechen auf Anifrolumab gegenüber Placebo in der Gesamtpopulation (Δ16,6 %) nicht wesentlich von Subgruppen (Glukokortikoid-Dosis >/<10 mg/Tag bzw. SLEDAI2K >/<10 zu Baseline) unterschied. Eine etwas größere Therapiedifferenz war bei Patienten mit hoher IFN-Gensignatur (Δ18,2 %) und abnormen Seromarkern (Δ23,1 %) zu Baseline erkennbar. (2) Welche Patienten am meisten profitieren, wird sich wohl erst im breiteren Einsatz in der Praxis zeigen.
Noch offene Fragen nach erster Phase-II-Studie
Dass es bis zu einer Zulassung von Anifrolumab bei aktiver LN noch ein weiter Weg sein dürfte, verdeutlicht eine von Catharina Lindholm, Göteborg (Schweden), und Kollegen publizierte randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-II-Studie bei Patienten mit aktiver, bioptisch gesicherter Klasse III/IV-LN.
In die TULIP-LN-Studie eingeschlossen wurden 147 Patienten, die für zwei Jahre im Verhältnis 1:1:1 Anifrolumab als Standard- (SR i.v. 1x 300mg/Monat) oder intensiviertes Regime (IR, 3 Dosen 900mg, dann 300 mg/Monat) oder Placebo zusätzlich zu einer Standardtherapie (Glukokortikoide [GK], Mycophenolat Mofetil) erhielten. Primärer Endpunkt war die Veränderung des 24 h-Protein/ Kreatinin-Verhältnisses im Urin (UPCR) bis Woche 52 für die kombinierte Anifrolumab- versus Placebo-Gruppe, sekundärer Endpunkt ein komplettes renales Ansprechen (CRR) in Woche 52.
Im primären Endpunkt 24 h-UPCR in Woche 52 war mit einer Verbesserung von 69 vs. 70 % kein signifikanter Unterschied zwischen Anifrolumab und Placebo erkennbar (p=0,905). Numerisch mehr Patienten erreichten unter Anifrolumab IR ein CRR (45,5 vs, 31,1 %), CRR mit UPCR ≤0,5mg/mg (40,9 vs. 26,7 %), CRR mit inaktivem Urinsediment (40,9 vs. 13,3 %) und anhaltende GK-Reduktionen (55,6 vs. 33,3 %). Unter Anifrolumab (kombiniert) kam es im Vergleich zu Placebo häufiger zu Herpes Zoster (16,7 vs. 8,2 %), schwerwiegende unerwünschte Ereignisse waren in etwa gleich verteilt. Auch wenn der primäre Endpunkt verpasst wurde, zeigten sich doch Hinweise (zumindest unter Anifrolumab IR) für eine Wirksamkeit (z. B. CRR) nach 52 Wochen – die 2-Jahres-Daten bleiben abzuwarten. (3)
Mit IRIS ist eine Phase-III-Studie zu Anifrolumab mit 360 Erwachsenen mit aktiver proliferativer LN geplant, die Rekrutierung hat aber noch nicht begonnen. m
Quellen:
1 Lancet Rheumatol 2022; 4(4): e282-292 2 Ann Rheum Dis 2022; doi: 10.1136/annrheumdis-2021-221425 3 Ann Rheum Dis 2022; doi: 10.1136/annrheumdis-2021-221478