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RHEUMATOLOGIE TRIFFT KARDIOLOGIE
ESC-Kongress 2022: Kurz und kompakt
Auf dem Kongress der European Society of Cardiology (ESC) werden häufig auch für Rheumatologen relevante Themen gestreift, so auch bei der diesjährigen Tagung in Barcelona. So gab es etwa neue Erkenntnisse zum kardiovaskulären (CV) Risiko bei Autoimmunerkrankungen (AID). Die INVICTUS-Studie zeigte, dass die etablierten Vitamin K-Antagonisten (VKA) bei mit rheumatischem Fieber assoziiertem Vorhofflimmern (VHF) besser als Rivaroxaban abschneiden. Die Hoffnung, mit Allopurinol das CV-Risiko zu senken, zerschlug sich in der ALL-HEART-Studie wohl endgültig.
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Ein britisch-belgisches Team um Nathalie Conrad, Leuven (Belgien), präsentierte eine große bevölkerungsbasierte Datenbank-Studie (Primär- und Sekundärversorgung; CRPD, GOLD und Aurum), in die 22.009.375 Personen eingingen und die zeigte, dass jüngere Erwachsene mit AID ein erhöhtes CVRisiko aufweisen. In die Analyse floss eine Subgruppe mit 19 neu diagnostizierten AID (446.449; 61 % Frauen) ein, die mit >2,1 Millionen auf Alter, Geschlecht, Status, Region und Jahr gematchten Kontrollen (2000-2017) verglichen wurden (<80 Jahre, keine CV-Erkrankung in den 12 Vormonaten). Nach median 6,2-jährigem Follow-up traten CV-Erkrankungen häufiger in der AID- als Kontroll-Kohorte auf (15,3 vs. 11,0 %), was einer Inzidenz von 23,3 vs. 15,0 Ereignissen pro 1.000 Patientenjahre entsprach (Hazard ratio, HR 1,56). Besonders hoch war das CVRisiko bei AID-Patienten <45 Jahre (HR 2,33) verglichen mit den Altersstufen 55-64 (HR 1,76) und ≥75 Jahre (HR 1,30). Es stieg bei höherer Zahl von AID an (eine HR 1,41, zwei HR 2,63 und ≥3 HR 3,79). Am höchsten war das CV-Risiko bei Patienten mit systemischer Sklerose (HR 3,59), Morbus Addison (HR 2,83), systemischem Lupus erythematodes (HR 2,82) und Typ1-Diabetes (HR 2,36). Fazit: Gerade bei jüngeren AID-Patienten sind ein konsequentes Screening und eine gute CV-Prävention essenziell. (1)
INVICTUS-Studie: VKA versus Rivaroxaban
Während die rheumatische Herzerkrankung hierzulande dank Antibiotika selten ist, spielt sie in Ländern mit schlechteren Gesundheitssystemen noch eine große Rolle. Dort wäre es bei valvulärem VHF attraktiv, statt VKA einfacher zu handzuhabende NOAK wie Rivaroxaban zu nutzen. In die internationale, von Ganesan Karthikeyan, Neu Delhi (Indien), und Kollegen vorgestellte randomisierte INVICTUS-Studie eingeschlossen wurden 4.531 Patienten mit VHF aufgrund rheumatischem Fieber (im Mittel 50,5 Jahre, 72,3 % Frauen) und einem erhöhten CV/ Schlaganfall-Risiko. Der primäre Wirksamkeits-Endpunkt setzte sich aus Schlaganfall, systemische Embolie, Myokardinfarkt oder Tod (vaskuläre oder unbekannte Ursache) zusammen, primärer Sicherheitsendpunkt waren schwere Blutungen.
Nach im Mittel 3,1 Jahren wurde unter Rivaroxaban der primäre Wirksamkeits-Endpunkt signifikant häufiger als unter VKA erreicht (560 vs. 446 Patienten, HR 1,26), womöglich auch, weil Rivaroxaban öfter permanent abgesetzt wurde . Auch die Mortalität war unter Rivaroxaban höher (552 vs. 442 Patienten, HR 1,23). Da das Blutungsrisiko fast vergleichbar war, spricht viel dafür, die Standardtherapie mit VKA in diesem Kollektiv beizubehalten. (2)
ALL-HEART-Studie: Kein CV-Nutzen von Allopurinol
Last but not least zu Allopurinol, bei dem immer wieder spekuliert wurde, ob es jenseits der Harnsäuresenkung (bei Gicht) auch auf anderem Wege das CV-Risiko reduzieren könnte. Dies scheint nach den Ergebnissen der von Isla Mackenzie, Dundee (Großbritannien), und Kollegen vorgestellten ALL-HEART-Studie mit 5.721 Patienten >60 Jahre mit ischämischer Herzerkrankung aber ohne Gicht (im Mittel 72 Jahre, 76 % Männer) nicht der Fall zu sein. Nach 1:1-Randomisierung auf Allopurinol (600 mg/Tag) oder Placebo war nach im Mittel 4,8 Jahren im primären kombinierten Endpunkt (nicht-tödlicher Myokardinfarkt, nicht-tödlicher Schlaganfall, CV-Tod) kein signifikanter Unterschied zugunsten von Allopurinol erkennbar (11,0 vs. 11,3 %, HR 1,04; p=0,65). Selbiges galt auch für die Gesamtmortalität (10,1 vs. 10,6 %, HR 1,02; p=0,77) und sämtliche anderen sekundären Endpunkte. (3) m
Quellen:
1 Lancet 2022; 400(10354): 733-743 2 N Engl J Med 2022; 387(11): 978-988 3 Lancet 2022; 400(10359): 1195-1205
JUVENILES UND ADULTES STILL-SYNDROM Bei therapierefraktären Patienten JAK-Inhibitoren als Option
Beim Morbus Still, also der systemischen juvenilen idiopathischen Arthritis (sJIA) oder dem adulten Still-Syndrom (AOSD) mit Erkrankungsbeginn im Erwachsenenalter, spielt die exzessive Produktion proinflammatorischer Zytokine eine Schlüsselrolle. Versagen die Standardtherapien bei schwerer Ausprägung – Interleukin (IL)-1- und IL-6-Inhibitoren – könnten Januskinase (JAK)Inhibitoren, die an wichtigen Zytokin-Signalwegen ansetzen (IL-6-, Interferon), eine Alternative darstellen. Deren Effektivität und Sicherheit bei schwer behandelbarer sJIA und AOSD prüften französische Rheumatologen um Stéphane Mitrovic, Paris, in einer kleinen retrospektiven Studie.
Die Studie basierte auf einer nationalen Umfrage in rheumatologischen, pädiatrisch-rheumatologischen oder Abteilungen für Innere Medizin in französischen Krankenhäusern, in denen sJIA- oder AOSD-Patienten mit JAK-Inhibitoren behandelt worden waren. Die Daten wurden mit einem standardisierten Fragebogen erfasst und zu verschiedenen Zeitpunkten (Therapieinitiierung, Monate 1, 3 und 6 sowie Ende des Follow-up) analysiert. Insgesamt neun Patienten (7 Erwachsene) wurden eingeschlossen, die allesamt unzureichend auf Glukokortikoide (GK) oder cs- bzw- bDMARDs angesprochen hatten und Baricitinib (n=5), Ruxolitinib (n=2), Tofacitinib (n=2) oder Upadacitinib (n=1) erhielten. Von zwei Ausnahmen abgesehen wurden diese mit GK kombiniert. Ein JAK-Inhibitor war assoziiert mit Anakinra und GK in einem Patienten, und mit Methotrexat, Anakinra und GK in einem anderen Fall. Das mediane Follow-up betrug 16 Monate. Bei zwei der Fälle wurde eine vollständige Remission erreicht, bei weiteren drei ein partielles Ansprechen. Vier der Patienten versagten auf die JAK-Inhibition. Bei der letzten Visite konnten GK reduziert, aber nicht gestoppt werden. Die Verträglichkeit war akzeptabel, schwere unerwünschte Ereignisse blieben aus.
Bei einigen therapierefraktären Patienten mit AOSD bzw. sJIA könnten JAK-Inhibitoren somit eine wirksame Therapieoption sein, speziell offenbar bei solchen mit partiellem Ansprechen auf mäßig bis hochdosierte GK und/oder Biologika. m
Quelle: Rheumatology 2022; doi: 10.1093/rheumatology/keac440
Nachdem Daten zur Effektivität des IL-6-Rezeptorinhibitors Tocilizumab bei AOSD bislang hauptsächlich aus kleineren Fallserien stammten, publizierten Luca Cantarini, Siena (Italien), und Kollegen jetzt die Erfahrungen aus dem größeren internationalen AIDA-Register, in dem von Baseline bis zum letzten Follow-up das klinische Outcome anhand des Pouchot-Scores und serologische Labormarker sowie die Retentionsrate von mit Tocilizumab behandelten AOSD-Patienten erfasst wurde.
Ausgewertet wurden 31 Patienten (15 Männer, 16 Frauen), die zuvor auf konventionelle Immunsuppressiva versagt hatten und im AIDA-Register Tocilizumab für im Mittel 24 Monate erhielten. Der mediane Pouchot-Score sank im Studienverlauf signifikant ab (p=0,001) mit einem jeweils signifikanten Unterschied zwischen dem Baseline-Wert (2,00) und dem Follow-up nach 6 Monaten bzw. bei der letzten Visite (je 0,00; p=0,003 bzw. p=0,032). In ähnlicher Weise nahmen Laborparameter signifikant von Baseline bis zum letzten Follow-up-Termin ab. In Bezug auf das Drug-Survival betrug die kumulative Tocilizumab-Retentionsrate im Follow-up nach 12, 24 und 36 Monaten 83,1, 71,7 und 63,7 %, wobei keine signifikanten Unterschiede zwischen Biologika-naiven und mit anderen bDMARDs vorbehandelten Patienten auszumachen waren (p=0,329). Keine signifikanten Unterschiede bestanden auch zwischen chronisch-artikulären und anderen AOSD-Verläufen (p=0,938) oder zwischen Teilnehmern, die Tocilizumab als Monotherapie oder in Kombination mit konventionellen Immunsuppressiva erhielten (p=0,778).
In einer Cox-Regressionsanalyse konnten keine mit einem erhöhten Abbruchrisiko assoziierten Variablen identifiziert werden. Beendet wurde die TocilizumabTherapie bei 9 Patienten aufgrund entweder einer Langzeit-Remission (n=4), unerwünschten Ereignissen (n=2), Wirkverlust (n=1), nicht-medizinischen (n=1) oder aus nicht-spezifizierten Gründen (n=1). Die mittlere tägliche GK-Dosis sank von 18,36 mg zu Baseline auf 4,02 mg beim letzten Follow-up-Termin (p=0,003).
Insgesamt erlaubt Tocilizumab somit eine gute Kontrolle der Krankheitsaktivität und Normalisierung von Serummarkern der Entzündung sowohl bei Patienten mit systemischen als auch chronisch-artikulären Formen der AOSD. Überdies zeigte sich bei stark verringertem GK-Bedarf eine langfristig recht hohe Retentionsrate. m
EOSINOPHILE GRANULOMATOSE MIT POLYANGIITIS Aktuelle Studie zu Mepolizumab als Induktionstherapie
Seit einiger Zeit ist der Interleukin (IL)-5-Inhibitor Mepolizumab primär auf Basis der Phase-III-Studie MIRRA zur Therapie der eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) zugelassen. Zusätzlich verbreitert wurde die Datenbasis nun durch eine wenn auch kleine, retrospektive Studie japanischer Rheumatologen um Yoshiya Tanaka, Kitakyushu, in der die Effektivität und Sicherheit des Anti-IL-5-Antikörpers in der Remissionsinduktion bei schwerer EGPA untersucht wurde.
In der Studie erfolgte über sechs Monate ein retrospektiver Vergleich des klinischen Verlaufs von Patienten mit schwerer EGPA, die entweder mit hochdosierten Glukokortikoiden (GK) in Kombination mit Mepolizumab (n=7) oder einer i.v. Cyclophosphamid (CYC)Pulstherapie (n=13) behandelt wurden. Die primären Endpunkte waren einerseits die Retentionsrate unter Mepolizumab bzw. andererseits die Rate, zu der Patienten die i.v. CYC-Pulstherapie abschlossen. Sekundäre Endpunkte waren unerwünschte Ereignisse (UE) und die Veränderungen im Birmingham Vasculitis Activity Score (BVAS), Vascular Damage Index (VDI), den Eosinophilenzahlen und GK-Dosierungen.
In Bezug auf die primären Endpunkte betrug die Retentionsrate unter Mepolizumab 100 %, während nur 61,5 % der Patienten die i.v. CYC-Pulstherapie vollständig abschlossen. Bei den sekundären Endpunkten wurden unter Mepolizumab im Vergleich zu CYC weniger UE (28,6 vs. 53,8 %) dokumentiert. Zu Monat 1 und danach nahmen der BVAS und die Eosinophilenzahlen in beiden Gruppen signifikant ab, ohne signifikanten Unterschieden zwischen den beiden Gruppen. Der VDI-Score stieg in keiner der beiden Gruppen signifikant an, auch hier bestand keine Differenz zwischen beiden Studienarmen. Es kam zwar in beiden Gruppen zu einer Abnahme der GK-Dosierungen in und nach Monat 3, jedoch fiel diese unter Mepolizumab signifikant stärker aus. Insgesamt weisen die Daten darauf hin, dass Mepolizumab zur Remissionsinduktion bei schwerer EGPA sicher zu sein scheint und eine effektive Kontrolle der Krankheitsaktivität und Reduktion des Steroidbedarfs bieten könnte. m
Quelle: Arthritis Res Ther 2022; 24(1): 159
Zwar kann Rituximab bei EGPA erfolgreich zur Remissionsinduktion und -erhaltung der vaskulitischen Manifestationen eingesetzt werden, respiratorische Manifestationen lassen sich damit aber kaum kontrollieren. Letztere sind dagegen eine Domäne von Mepolizumab, das aber auch in der Kontrolle der systemischen Aktivität wirksam sein könnte. Daher lag es nahe, eine Sequenztherapie mit Rituximab und Mepolizumab zu testen. Die Ergebnisse einer retrospektive Kohortenstudie publizierten Giacomo Emmi, Florenz (Italien), und Kollegen der European EGPA Study Group.
In die Studie eingeschlossen wurden 38 mit Rituximab in variablen Dosierungen (zumeist 1 g alle 2 Wochen) gefolgt von Mepolizumab (in der Mehrzahl 100 mg alle 4 Wochen) nach median fünf Monaten behandelte EGPA-Patienten. Im Ergebnis verbesserte sich der BVAS signifikant von 10 Punkten zu Baseline auf 2 Punkte (finales Follow-up) im Median 26 Monate nach Beginn der Mepolizumab-Therapie, während zugleich die Eosionophilenzahl im Median von 780 auf 90 Zellen/µl abfiel. Die Anzahl der Patienten mit einem Asthma-Anfall im Vormonat stieg von 63,2 % zu Baseline auf 71,1 % zum Zeitpunkt der ersten Mepolizumab-Gabe, um in der Folge unter Mepolizumab bis zum finalen Follow-up auf 23,7 % abzusinken. Im Verlauf der Sequenztherapie kam es bei einem relevanten Teil der Patienten neu zu einer ANCA-Negativität.
So betrug die Rate ANCA-positiver Patienten zu Baseline 70,6 %, fiel dann aber auf 31,3 % zum Zeitpunkt der Mepolizumab-Initiierung und 11,8 % beim finalen Follow-up. Der Anteil von Patienten auf Glukokortikoiden blieb mit 97,4 % stabil von Baseline bis zur MepolizumabInitiierung, gefolgt von einer Reduktion auf 81,6 % bei Studienende. Die Verträglichkeit war gut, sechs unerwünschte Ereignisse traten unter Rituximab und fünf unter Mepolizumab (darunter eine schwere COVID-19-Pneumonie) auf. Auch wenn die Datenbasis noch limitiert ist, scheinen die Ergebnisse zu bestätigen, dass sich mit Rituximab effektiv systemische EGPA-Manifestationen kontrollieren lassen, weniger aber respiratorische Symptome. Letzteres gelang mit Mepolizumab (Reduktion von Asthma-Anfällen), das aber auch im Hinblick auf die Remissionserhaltung und die Reduktion des Steroidbedarfs gut abschnitt. Eine Sequenztherapie mit Rituximab und Mepolizumab sollte daher noch weiter erprobt werden. m
ANCA-ASSOZIIERTE VASKULITIDEN Bei Älteren unter Ritxumab besonders auf Infektionen achten
Bislang lagen nur unzureichende Daten zur Effektivität und Sicherheit einer Rituximab-Induktions- und -Erhaltungstherapie bei Patienten mit ANCA-assoziierter Vaskulitis (AAV) in einem Alter ≥75 Jahre vor. Eine Kohortenstudie französischer Rheumatologen um Xavier Puéchal, Paris, zeigt, dass Rituximab zwar sehr effektiv ist, aber auch mit einem hohen Risiko schwerer Infektioen verbunden ist – altersbedingt, vor allem aber auch durch die Kombination mit hochdosierten Glukokortikoiden (GK).
In die multizentrische Kohortenstudie der French Vasculitis Study Group waren 93 AAV-Patienten mit Granulomatose mit Polyangiitis (56 %) oder mikroskopischer Polyangiitis (44 %) ≥75 Jahre eingeschlossen worden (im Median 79,4 Jahre, 55 % Frauen), die eine Induktionstherapie mit Rituximab und hochdosierten GK erhielten. Rituximab wurde eingesetzt zur Remissionsinduktion in Kombination mit hochdosierten GK (32,3 %), als Erhaltungstherapie (29,0 %) oder als Induktions- und Erhaltungstherapie (38,7 %). Primäre Endpunkte waren Remission, Rezidive, ein Absetzen der Therapie, Tod und schwere Infektionen (unter Berücksichtigung der Art der Infektionen). Das mediane Follow-up der Studie betrug 2,3 Jahre.
Von den 66 Patienten, die Rituximab als Induktionstherapie erhielten, erreichten 86 % eine Remission, bei 3 % wurde ein Rezidiv verzeichnet. Die Inzidenz schwerer Infektionen unter Rituximab war signifikant höher beim Einsatz als Induktions- versus Erhaltungstherapie (46,6 vs. 8,4 pro 100 Patientenjahre [PJ]; p=0,004). Bei den meisten Infektionen (12 von 22, 54,5 %) handelte es sich um gram-negative bakterielle Infektionen. Auch die Inzidenz von Tod war unter Rituximab als Induktions- versus Erhaltungstherapie deutlich höher (19,7 vs. 5,3 pro 100 PJ). Damit zeigt sich auch in einem solchen Kollektiv eine hohe Effektivität von Rituximab, bei allerdings beträchtlichem Infektionsrisiko in der Remissionsinduktion (mit Hochdosis-GK). Insbesondere in den ersten Therapiemonaten ist daher unter Rituximab eine engmaschige Überwachung erforderlich. m
Quelle: JAMA Netw Open 2022; 5(7): e2220925
POLYMYALGIA RHEUMATICA Positive Effekte von Tocilizumab in Phase-III-Studie
Nicht nur bei Riesenzellarteriitis, sondern auch bei Polymalgia rheumatica (PMR) gibt es durchaus Hinweise auf einen Nutzen von Interleukin (IL)-6-Rezeptorinhibitoren. Französische Rheumatologen um Valérie Devauchelle-Pensec, Brest, untersuchten daher kürzlich Tocilizumab in der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Parallelgruppenstudie SEMAPHORE bei Patienten mit aktiver, refraktärer PMR trotz Glukokortikoid (GK)-Therapie.
Zwischen 2017 und 2019 wurden in 17 französischen Krankenhäusern 101 PMRPatienten ≥50 Jahre (im Mittel 67,2 Jahre, 67,3 % Frauen) mit persistierender Krankheitsaktivität (CRP PMR-Acitivity Score [AS] >10; bei Krankheitsbeginn CRP ≥10 mg/l bzw. ESR ≥20 mm/h) und auf Prednison ≥10 mg/Tag im Verhältnis 1:1 auf i.v. Tocilizumab (8 mg/kg; n=51) oder Placebo (n=50) alle 4 Wochen für 24 Wochen randomisiert, jeweils verbunden mit einem standardisierten Tapering von oralem Prednison ab Woche 8 (Methotrexat oder Hydroxychloroquin in stabiler Dosis waren erlaubt). Primärer Endpunkt war ein CRP PMR-AS <10 (0-100) kombiniert mit entweder einer Prednison-Dosis ≤5 mg/Tag oder einer GK-Reduktion ≥10 mg ab Baseline in Woche 24.
Den primären Endpunkt erreichten in Woche 24 signifikant mehr mit Tocilizumab behandelte Patienten (67,3 vs. 31,4 %; adj. Differenz 36,0 %, adj. relatives Risiko, RR 2,3; p<0,001). Von 11 berichteten sekundären Endpunkten in Woche 24 zeigten 7 signifikante Vorteile von Tocilizumab, so der mittlere CRP PMRAS-Score (7,5 vs. 14,9, adj. Differenz −7,5; p<0,001) und der Anteil von Patienten, die Prednison ganz absetzen konnten (49,0 vs. 19,6 %; adj. Differenz 29,3 %, adj. RR 2,5; p<0,001). Die Prednison-Dosis in Woche 24 betrug 3,8 vs. 6,1 mg/Tag. Keine relevanten Vorteile waren im HAQ-DI oder der Lebensqualität (SF-36) ersichtlich. Die Rate unerwünschter Ereignisse unterschied sich nur geringfügig, Infektionen waren mit 46,9 vs. 39,2 % unter Tocilizumab etwas häufiger, ebenso Kopfschmerzen. In diesem selektierten Kollektiv (relativ lange Krankheitsdauer, hohe Prednison-Dosen) erreichten somit signifikant mehr Patienten unter Tocilizumab in Woche 24 eine niedrige Krankheitsaktivität (CRP PMR-AS ≤10) bei reduziertem GK-Bedarf, positive Effekte auf PROs blieben aber aus. Damit bleiben durchaus noch Fragen offen, weitere Studien wären sinnvoll. m