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IDIOPATHISCHE ENTZÜNDLICHE MYOSITIDEN
IDIOPATHISCHE ENTZÜNDLICHE MYOSITIDEN Praktische Anleitung zum Management von ILD
Bei Patienten mit idiopathischen entzündlichen Myopathien (IIM) sind interstitielle Lungenerkrankungen (ILD) ein wesentlicher Treiber der Morbidität und Mortalität. Britische Rheumatologen um Puja Mehta, London, und Harsha Gunawardena, Bristol, veröffentlichten ein Review zum diagnostischen und therapeutischen Management von ILD bei IIM, das durchaus als eine Art praxisnahe Leitlinie fungieren kann.
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Die klinischen Manifestationen der Myositis-ILD sind überaus heterogen. Zur Vereinfachung haben die Autoren sie im Wesentlichen in drei prognostische Gruppen aufgespalten, die unterschiedlicher Therapieansätze bedürfen: 1. mild bis moderat (subakut), 2. schwer oder progressiv (akut oder subakut) und 3. rasch progredient, akut lebensbedrohend. Zur frühen Identifizierung einer ILD anhand von klinischen Risikofaktoren werden Daten einer Metaanalyse mit 834 IIM-Patienten herangezogen. Bedeutsam sind vor allem ein höheres Alter zum Zeitpunkt der Diagnose, Arthritis/ Arthralgie (Odds ratio, OR 3,17), Fieber (OR 2,31), erhöhte ESR und ein erhöhtes CRP (OR 3,50). Umgekehrt sollte bei jüngeren ILD-Patienten gezielt auch nach einer Myositis gefahndet werden. Eine Krebs-assoziierte Myositis reduziert hingegen das ILD-Risiko (OR 0,36). Als die drei wichtigsten serologischen Risikofaktoren benennen die Experten das Vorliegen von Antisynthetase-Antikörpern (mit Antikörpern gegen Jo-1, PL-12, PL-7, EJ, OJ etc.), Anti-MDA5-Antikörpern (auf typische klinische Merkmale achten, variables ILD-Spektrum inklusive RP-ILD) und Anti-PM-Scl-Antikörpern (oft bei Overlap zwischen systemischer Sklerose/Myositis vorliegend).
Als unabhängige negative prognostische Faktoren für die ILD-Mortalität wurden in einer aktuellen Studie identifiziert ein Alter bei Beginn ≥60 Jahre (Hazard ratio, HR 4,3), CRP ≥10 mg/l (HR 2,6), paO2 Sättigung <95 % (HR 2,0) und AntiMDA5-Antikörper (HR 7,5). Abgestuft nach den drei genannten prognostischen Gruppen wird ein Therapiealgorithmus (Abb.) vorgeschlagen, der jetzt jenseits der Immunmodulation zumindest bei chronisch-progressiver Fibrose auch Antifibrotika (sprich Nintedanib) beinhaltet..
Angemahnt wird auf jeden Fall eine enge Kooperation zwischen Rheumatologen und Pneumologen in Zentren mit entsprechender Expertise. m
Quelle: Best Pract Res Clin Rheumatol 2022; 36(2): 101769
Induktion Mild – moderat (subakut)
Glukokortikoide Oral z. B. Prednisolon 0,5-1 mg/kg/Tag, dann reduzieren Schwer
Glukokortikoide i.v.-Pulse täglich, dann oral Prednisolon 0,5-1 g/kg/Tag, dann reduzieren UND i.v. Cyclophosphamid ODER Rituximab
Rasch-progressiv, akut lebensbedrohend
Glukokortikoide i.v.-Pulse täglich, dann oral Prednisolon 0,5-1 g/kg/Tag, dann reduzieren UND i.v. Cyclophosphamid UND/ODER Rituximab UND/ODER i.v. Tacrolimus
Erhaltung
Refraktär oder rezidivierend First line: MMF 2-3 g/Tag oder Azathioprin 2-2,5 mg/kg/Tag Second line: Tacrolimus oder Ciclosporin +orale Glukokortikoide
Rituximab ± i.v. Cyclophosphamid – in Kombination erwägen
JAK-Inhibitoren, Abatacept, Antifibrotika bei progressiv-fibrosierender ILD, bei Eignung Lungentransplantation
Intensivstation UND erwägen 1. Kardiorespiratorischer Support inkl. ECMO 2. IVIG bei Infektion und schwerer respiratorischer Muskelschwäche 3. Plasmaaustausch
IDIOPATHISCHE ENTZÜNDLICHE MYOPATHIEN Myositis-spezifische Autoantikörper: Einfluss auf Prognose
Bei idiopathischen entzündlichen Myopathien (IIM) wirkt sich das Vorliegen Myositis-spezifischer Autoantikörper (MSA) auf die langfristige Prognose aus. In einer Studie untersuchten nun chinesische Experten um Xin Lu, Peking, stratifiziert nach MSA die Langzeit-Überlebensraten und prognostische Faktoren bei IIM-Patienten.
In die Studie eingeschlossen wurden 628 IIM-Patienten. Kaplan-Meier-Überlebenskurven, univariate und multivariate Cox-Regressionsanalysen wurden angewendet, um das Outcome und Risikofaktoren zu bestimmen. Im Ergebnis betrugen die kumulativen 1-, 5-, und 10-Jahres-Überlebensraten im Gesamtkollektiv der IIM-Patienten 91,4, 82,8 und 75,6 %. Ein signifikant anderes Bild ergab sich bezüglich der Überlebensrate in der IIM-Subgruppe mit MSA (p<0,001). So betrugen die 1-Jahres- und 10-JahresÜberlebensraten in der Anti-MDA5-positiven Subgruppe lediglich 79,5 respektive 58,5 %, gleichzeitig (wie auch nicht anders zu erwarten) die niedrigsten in allen untersuchten Subgruppen. Am höchsten war die 10-Jahres-Überlebensrate dagegen mit 96,4 % in der Subgruppe der Anti-SRP-positiven IIM-Patienten.
Unabhängige Risikofaktoren, die die langfristige Prognose von IIM-Patienten beeinflussten, waren rasch-progrediente interstitielle Lungenerkrankungen (RPILD), Malignitäten und erhöhte SerumFerritinspiegel (Hazard ratio, HR 17,47, 20,36 bzw. 9,15; jeweils p<0,01), während eine zunehmende Krankheitsdauer sich positiv auswirkte (HR 0,27; p=0,003). Innerhalb der jeweiligen Subgruppen war eine RP-ILD der stärkste unabhängige Risikofaktor für Mortalität bei den Anti-MDA5-positiven Patienten (HR 3,40; p=0,017). Malignität war ein unabhängiger Risikofaktor in den AntiSynthetase-Autoantiköerper-positiven, Anti-TIF1γ-positiven und MSA-negativen Subgruppen (HR 46,69, 6,65 bzw. 4,48; jeweils p<0,001). RP-ILD war überdies ein Risikofaktor für die Prognose in der MSA-negativen Subgruppe (HR 72,28; p<0,001). Ungeachtet eines insgesamt durchaus vorteilhaften Gesamtüberlebens bei IIM-Patienten muss speziell auf Anti-MDA5-positive Patienten geachtet werden, die mit Abstand die höchste Mortalität aufweisen. Zumindest einige MSA wirken sich somit ganz erheblich auf die langfristige Prognose aus. Zum Tod führen bei IIM-Patienten vor allem eine RP-ILD und Malignitäten – eine gute Früherkennung ist daher essenziell. m
Quelle: Arthritis Care Res 2022; doi: 10.1002/acr.24993
Malignitäten: Welche Subgruppen haben das höchste Risiko?
Mit dem spezifischen Risiko für Malignitäten in Subgruppen vom IIM-Patienten relativ zur Allgemeinbevölkerung befassten sich US-amerikanische Experten um Christopher Mecoli, Baltimore (USA), in einer monozentrischen, retrospektiven Kohortenstudie.
Im Rahmen der Studie wurden sowohl Myositis-spezifische (MSA) als auch -assoziierte Autoantikörper (MAA) mittels Euroimmun Line Blot, ELISA und Immunpräzipitation erfasst. Das „Surveillance, Epidemiology, and End Results”-Register wurde genutzt, um einen Vergleich der beobachteten Malignitätsfälle mit jenen, die in der Allgemeinbevölkerung zu erwarten wären, anzustrengen, definiert als standardisiertes Prävalenzverhältnis (SPR), adjustiert auf Kalenderjahr, Alter, Geschlecht und Ethnizität.
Eingeschlossen wurden in die Studie insgesamt 1.172 IIM-Patienten aus einem tertiären Versorgungszentrum, davon 203 (17 %) mit Krebs in der Anamnese. Über ein medianes Follow-up von 5,2Jahren stieg ab Einschluss in die Kohorte die beobachtete Anzahl von mit Krebs diagnostizierten IIM-Patienten um das 1,43-Fache (SPR 1,43, 95% KI 1,151,77; p=0,002). Innerhalb von drei Jahren nach Beginn der IIM-Symptome wurde eine ansteigende SPR beobachtet für Anti-TIF1γ-positive Patienten in Bezug auf Ovarialkarzinome (SPR 18,39, 95% KI 5,01-47,08; p<0,001) und Brustkrebs (SPR 3,84, 95% KI 1,99-6,71; p<0,001). Obwohl Anti-TIF1γ erwartungsgemäß mit einer signifikant erhöhten SPR verbunden war, traten doch „nur“ 55 % (36/66) aller Krebsfälle innerhalb von 3 Jahren nach dem Beginn einer Dermatomyositis (DM) bei TIF1γ-positiven Patienten auf. Andere MSA-Subgruppen wie Anti-Mi2, -SAE und -NXP2 machten mit 26 % (17/66) die Mehrzahl der verbleibenden Krebsdiagnosen binnen 3 Jahren nach DM-Beginn aus. Keine Assoziation mit Malignitäten, weder positiv noch negativ, wurde für die IIM-Subgruppen von Patienten mit Anti-Synthetase-, Anti-MDA5- oder AntiHMGCR-Antikörpern festgestellt.
In der untersuchten Population war somit, frühere Daten bestätigend, Anti-TIF1γ am stärksten mit Malignität (Brust-/Ovarialkrebs) assoziiert, während für einige andere MSA-Subgruppen das Risiko mit jenem in der Allgemeinbevölkerung vergleichbar war. m
50.KONGRESS DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR RHEUMATOLOGIE
Eine rundum gelungene Jubiläumstagung in Berlin
Lange ist es her, nämlich 2019 in Dresden, dass der DGRh-Kongress in Präsenz abgehalten wurde. Zur 50. Jubiläumstagung in Berlin war es endlich wieder so weit, mit einem virtuellen Backup, das hoffentlich auch künftig beibehalten wird, da es doch die Möglichkeit bietet, sich Symposien auch im Nachgang anzuschauen. Auch wenn am ersten Tag noch fleißig nach Räumen gesucht wurde, lief nach der Eingewöhnung im geräumigen Estrel Hotel alles reibungslos und gut organisiert ab. Sehenswert waren und sind auch die physische bzw. e-Posterausstellung.
Der Erfolg des Präsenkongresses lässt sich auch an Zahlen festmachen: Mehr als 2.760 Teilnehmer haben den Kongress besucht, davon 318 online. Im wissenschaftlichen Programm referierten 320 Vortragende, 38 Firmen präsentierten sich in der Ausstellung.
Auch in diesem Jahr würdigte die DGRh während des Kongresses wieder herausragende wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der Rheumatologie mit Ehrungen und Preisen, die an dieser Stelle in kompakter Form aufgeführt werden.
Preise und Ehrungen der DGRh 2022
So verlieh die DGRh die Kußmaul-Medaille 2022 an Ludwig Georg Bernhard Hammel, Schweinfurt, in Anerkennung und Würdigung seiner außerordentlichen Verdienste um die Rheumatologie. Zu neuen Ehrenmitglieder der DGRh gewählt wurden Prof. Dr. Gerd-Rüdiger Burmester und Prof. Dr. Andreas Radbruch, beide aus Berlin.
Den Rudolf-Schoen-Preis 2022 für eine exzellente wissenschaftliche Arbeit aus dem Gebiet der Rheumatologie ging an Prof. Dr. Silvia Capellino, Dortmund, für ihre Arbeiten zur „Rolle des Neurotransmitters Dopamin in der rheumatoiden Arthritis“.
Die Joachim-Kalden-Promotionspreise der DGRh wurden an Dr. Lisa-Jasmin Müller, Berlin, für ihre Arbeit „Funktionelle Korrelate Follikulärer T-Helferzellen in der Lunge von Sarkoidose-Patienten und in einem murinen Atemwegs-Inflammationsmodell“ sowie Dr. Arman Aue, Berlin, für seine Dissertation „Signifikant erhöhte STAT1-Spiegel in Lupus-B-Zellen als Verknüpfung gesteigerter Interferonsignatur und gestörter B-Zellfunktion“ verliehen. Der Preise der Hans-Hench Stiftung/DGRh 2022 ging an Dr. Nancy Garbe, Halle/Saale, für ihre Arbeit „The impact of a structured one-day seminar on disease–specific knowledge, lifestyle habits and disease impairment in ANCAassociated vasculitis. Results of a randomized, controlled study“. PD Dr. Björn Tampe, Göttingen, erhielt für seine Arbeit mit dem Titel „Comparative analysis of SGLT-2 expression in renal vasculitis and lupus nephritis“ den John Grube Forschungspreis 2022. Im Rahmen des Kongresses verlieh auch die AG Junge Rheumatologie (AGJR) ihre Preise: Der Wissenschaftspreis für Grundlagenforschung ging an Dr. Simon Melderis, Hamburg, für seine Arbeit „Die Amphiregulin/EGFR-Achse schützt vor Lupusnephritis durch Runterregulierung von pathogenen CD4+ T-Helfer-Zell Antworten“. Den Preis für die klinische Forschung verlieh die AGJR an PD Dr. David Simon und Dr. Filippo Fagni, beide Erlangen, für die Arbeit „Efficacy and safety of SARS-CoV-2 revaccination in non-responders with immune-mediated inflammatory disease“. Ein Lehrpreis der AGJR für besondere Leistungen in der Aus- und Weiterbildung ging an Prof. Dr. Ina Kötter, Hamburg, und Dr. Johannes Mattar, Überlingen, für ihre Arbeit und der Veranstaltung der „Rheumatologischen Sommerakademie“. Mit einem weiteren Lehrpreis der AGJR für besondere Leistungen in der studentischen Ausbildung im Fachbereich Rheumatologie wurden Prof. Dr. Martin Aringer, Dresden, und die Mitglieder der Kommission für Studentische Ausbildung ausgezeichnet für ihre Arbeit und die Erstellung des „Skriptums Rheumatologie“ und der „Bildimpulse“.
Auf den folgenden Seiten werden einige der interessantesten Sitzungen zusammengefasst – ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit angesichts des facettenreichen Programms. m
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Aktuelles zur Therapie und Begleiterkrankungen
Über neue Entwicklungen bei der rheumatoiden Arthritis (RA) berichtete PD Dr. Alexander Pfeil, Jena. Im Blickpunkt standen die ACR- und EULAR-Empfehlungen zur RA, neue Therapiekandidaten, die Sicherheit von tsDMARDs, Strategien bei mit RA assoziierten interstitiellen Lungenerkrankungen (ILD) und bei Osteoporose.
Ein neuer Therapiekandidat bei RA ist der direkte Interleukin (IL)-6-Inhibitor Olokizumab, der inzwischen erfolgreich in mehreren Phase-III-Studien (CREDO1-3) geprüft wurde und bei einem mit den beiden etablierten IL-6-Rezeptorinhibitoren vergleichbarem Effektivitäts- und Sicherheitsprofil im nächsten Jahr zugelassen werden könnte. Noch etwas weiter ist wohl der Weg für Ozoralizumab, einen humanisierten, multivalenten Anti-TNFα-Nanokörper, der in einer japanischen Phase-II/ III-Studie nach Methotrexat (MTX)-Versagen nach 16 Wochen eine sehr gute Wirksamkeit zeigte (Abb.) und jetzt hoffentlich auch außerhalb Asiens weiter exploriert wird.
Neue RA-Leitlinien von ACR und EULAR
Neue Leitlinien zur RA gab es seitens des ACR und auch der EULAR (noch nicht publiziert). Während die ACR Glukokortikoide (GK) möglichst schon zu Therapiebeginn verbannen will, sieht die EULAR diese weiter vor, mahnt aber nunmehr ein rasches Absetzen und nicht nur eine Dosisreduktion an. Laut ACR sollen Januskinase (JAK)-Inhibitoren erst nach Versagen auf bDMARDs (i.e. TNFα-Inhibitoren) zum Zuge kommen. So weit geht die EULAR nicht, dort werden JAK-Inhibitoren nach csDMARD-Versagen weiterhin (fast) gleichrangig mit bDMARDs eingestuft, jedoch sollen die in der ORAL Surveillance-Studie für Tofacitinib versus TNFα-Inhibitoren etablierten Risikofaktoren (kardiovaskulär, Malignitäten, aber auch Infektionen – vor allem bei älteren Patienten) berücksichtigt werden. Die Diskussion diese Studie nahm wieder viel Raum ein, jedoch sind auch Patientenregister zu berücksichtigen, die durchaus auch andere Rückschlüsse zulassen. Beispielhaft genannt sei das deutsche RABBIT-Register, in dem selbst bei kardiovaskulären Risikopatienten das Risiko von JAK- versus TNFα-Inhibitoren nicht erhöht war. Fazit von Pfeil war, dass noch deutlich mehr Real-world-Daten benötigt werden, um ein klareres Bild zu bekommen.
Patienten (%) 100 p<0,001 p<0,001
80 79,6 75,3
60
40
20 37,3
0
ACR20Ansprechen Placebo + MTX Ozoralizumab 30 mg + MTX Ozoralizumab 80 mg + MTX
p<0,001 p<0,001 p<0,001 p<0,001 55,9
50,6
12,0
ACR50Ansprechen 34,2
27,9
2,7
ACR70Ansprechen
Im Blickpunkt: RA-ILD und Osteoporose
Immer stärker im Fokus stehen extraartikuläre RA-Manifestationen der Lunge, vor allem die ILD – ein konsequentes Screening ist hier unerlässlich. Signifikante Risikofaktoren für eine RA-ILD-Progression sind männliches Geschlecht, hohes RF-IgA und ein UIP-Muster in der HRCT, das Erreichen einer Remission oder niedrigen Krankheitsaktivität senkt das Risiko für RA-ILD. Empfohlene Basistherapeutika sind Rituximab und Abatacept, bei einer akuten Exazerbation GK in Kombination mit Cyclophophamid (oder MMF). Bei progressivem Verlauf steht mit Nintedanib zusätzlich auch eine wirksame antifibrotische Therapie zur Verfügung.
Neuigkeiten gibt es auch zur Osteoporose als wichtiger Komorbidität bei RA. Bei Patienten mit hohem Frakturrisiko geht der Trend im Rahmen einer Sequenztherapie vermehrt zum First-line-Einsatz von osteoanabolen Therapien (danach Denosumab bzw. Bisposphonate), wozu Teriparatid und seit einiger Zeit auch der Sclerostin-Inhibitor Romosozumab zur Verfügung stehen. Der anfängliche Verdacht aus Mausmodellen, dass Romoszumab bei RA zu einer verstärkten entzündlichen Aktivität und Knochendestruktion führen könnte, hat sich nicht bestätigt. In einer kontrollierten japanischen Studie mit postmenopausalen Frauen mit RA erhöhte Romosozumab nach 12 Monaten stärker als Denosumab die Knochendichte (BMD) an der Lendenwirbelsäule ohne die Krankheitsaktivität negativ zu beeinflussen (es schnitt bezüglich des DAS28-ESR sogar besser ab) oder Knochendestruktionen (mTSS) zu begünstigen. Eine japanische Beobachtungsstudie bei RA-Patienten unter einer GK-Therapie bot ein ähnliches Ergebnis. m
AXIALE SPONDYLOARTHRITIS
Neue ASAS/EULAR-Leitlinie im Blickpunkt
Bei der röntgenologischen und nicht-röntgenologischen axialen Spondyloarthritis (r- bzw. nr-axSpA) ist neben den TNFα- und Interleukin (IL)-17A-Inhibitoren inzwischen mit Upadacitinib ein erster Januskinase (JAK)-Inhibitor zugelassen, Tofacitinib nur für die r-axSpA. Letztere werden in der ASAS/EULAR-Leitlinie 2022 nach Versagen von NSAR (fast) gleichrangig) mit den TNFα- und IL-17A-Inhibitoren empfohlen. Die Neuerungen der Leitlinie einschließlich aktueller Erkenntnisse zum Therapieabbau, die Progression von der nr- zur r-axSpA und Bimekizumab als neuer Therapiekandidat bei axSpA, besprach Dr. David Kiefer, Herne.
Eine wichtige Änderung der ASAS/EULAR-Leitlinie im Vergleich zur Vorversion aus 2016 ist, dass nach NSAR-Versagen in Phase II ein ASDAS ≥2,1 jetzt (neben der Einschätzung durch Rheumatologen) als alleiniges Kriterium für die Eskalation auf ein b/tsDMARD genannt wird (der BASDAI entfällt), dies gilt auch für den Übergang in Phase III (nur noch ein ΔASDAS <1,1 ist maßgeblich). In diesem Kontext wies Kiefer auf das kürzlich publizierte, neue ASAS-OMERACT Core Domain Set für axSpA hin, dass man kennen sollte, auch wenn es primär zur Anwendung in Studien gedacht ist. Ein weiterer essenzieller Punkt der Leitlinie: Werden die Therapieziele (in Phase II) verfehlt, soll die Diagnose überprüft werden (und die Rolle von Komorbiditäten). An aktualisierten ASAS-Definitionen für ein positives MRT wird gearbeitet, doch dürften auch diese eher für die Klassifikation und weniger die Diagnose relevant sein. Lesenswert sind auch die neuen ASAS-Empfehlungen zu den Anforderungen und Berichten zur Bildgebung bei axSpA-Verdacht, die eine Verbesserung der Kommunikation zwischen Rheumatologen und Radiologen zum Ziel haben.
Aktuelle Erkenntnisse aus Studien
Zur Frage der Häufigkeit eines Übergangs von der nr- zur r-axSpA gab die prospektive deutsche Real-world-Studie PROOF neue Antworten. Von 246 nr-axSpA-Patienten wurde bei 16 % innerhalb von 5 Jahren eine radiografische Progression zur raxSpA gefunden (nach im Mittel 2,4 Jahren), am häufigsten war eine Progression in den ersten 3 Jahren. Mit der Entwicklung zur r-axSpA assoziiert waren männliches Geschlecht, gutes Ansprechen auf NSAR, positives MRT und HLA-B27-Positivität. Zurück zur Leitlinie: In Phase II werden alle drei zugelassenen Wirkprinzipien inklusive JAK-Inhibitoren gleichwertig behandelt, nach gängiger Praxis würden jedoch zunächst TNFα- und IL-17A-Inhibitoren zum Zuge kommen. Bei signifikanter Psoriasis wird letzteren der Vorzug gegeben, bei rezidivierender Uveitis in der Anamnese und aktiver chronisch-entzündlicher Darmerkrankung (CED) monoklonalen TNFα-Antikörpern.
Nachdem Upadacitinib bereits auf Basis der Phase-III SELECTAXIS-1-Studie (bDMARD-naive axSpA) für r-axSpA zugelassen war, folgte nun nach positiven Daten der SELECT-AXIS2-Doppelstudie (bDMARD-IR r-axSpA bzw. bDMARD-naive/ bDMARD-IR nr-axSpA) die Indikationserweiterung für Upadacitinib 15 mg auf das gesamte axSpA-Spektrum. Zu Woche 14 betrug das ASAS40-Ansprechen gegenüber Placebo in diesen drei Kollektiven 52 vs. 26 % (SELECT-AXIS-1), 45 vs. 18 % und 45 vs. 23 % (SELECT-AXIS-2) (Abb. 1). Für die bDMARD-naive r-axSpA liegen mittlerweile auch Langzeitdaten über 2 Jahre vor, die eine noch ansteigende, anhaltende Wirksamkeit bestätigen mit einem ASAS40 in Woche 104 von ca. 65 % (NRI) bzw.
Patienten (%) 100
80
60
40
20 p<0,0001 45
23 Placebo Upadacitinib 15 mg QD
p<0,0001
45
18 Patienten (%) 100
80
60
40
20 ∆ = 26,3 % p<0,001
47,7
21,4 Placebo Bimekizumab 160 mg Q4W
∆ = 22,3 % p<0,001
44,8
22,5
0
nr-axSpA
r-axSpA ASAS40-Ansprechen in Woche 14
Abb. 1: SELECT-AXIS-2: ASAS40-Ansprechen unter Upadacitinib vs. Placebo in Woche 14 bei nr-axSpA (links) und r-axSpA (bDMARD-vorbehandelt; rechts)
0
nr-axSpA r-axSpA ASAS40-Ansprechen in Woche 16
Abb. 2: BE MOBILE 1 (nr-axSpA) und BE MOBILE 2 (r-xSpA): ASAS40-Ansprechen auf Bimekizumab vs. Placebo in Woche 16 bei nr-axSpA (links) und r-axSpA (rechts)
>85 % („as observed“). Der „hohe“ Einstieg der JAK-Inhibition in die Leitlinie auf Augenhöhe mit den etablierten bDMARDs erscheint damit absolut gerechtfertigt.
Auf dem direkten Weg zur Zulassung für das gesamte axSpAKrankheitsspektrum befindet sind nach zwei positiven PhaseIII-Studien der duale IL-17A/F-Inhibitor Bimekizumab. In der BE MOBILE 1-Studie zu Patienten mit nr-axSpA erreichten ca. 48 vs. 21 % der Patienten in Woche 16 ein ASAS40-Ansprechen (Abb. 2 li.), im weiteren Verlauf stieg dieses bis Woche 24 noch weiter auf über 52 % an. Ebenso überzeugend waren die Ergebnisse zur r-axSpA (Versagen auf NSAR und maximal einen TNFα-Inhibitor, was bei 16 % der Fall war) aus BE MOBILE 2, in der ca. 45 vs. 23 % der Patienten in Woche 16 das ASAS40Kriterium erfüllten (Abb. 2 re.), bis Woche 24 stieg das Ansprechen noch weiter auf ca. 54 % an. Inwieweit die duale IL-17A/FInhibition Vorteile gegenüber der alleinigen IL-17A-Hemmung bietet bleibt offen, aus diesen Daten lassen sich solche „im Quervergleich“ jedenfalls noch nicht ablesen.
Treat-to-target und Deeskalation im Fokus
Ein neuer Aspekt der ASAS/EULAR-Leitlinie ist die Empfehlung, dass bei anhaltender Remission ein Tapering in Form einer Dosisreduktion oder Intervallverlängerung erwogen werden kann. Besonders aufschlussreich ist in dieser Hinsicht die C-OPTIMISE-Studie: In dieser wurde Certolizumab Pegol bei anhaltendem Erreichen einer ASDAS-Remission <1,3 entweder in gleicher (200 mg Q2W) oder halber Dosis (200 mg Q4W) weitergegeben oder gänzlich abgesetzt. Nach 48 Wochen waren 84, 79 und 20 % der Patienten ohne Schub, eine Dosishalbierung über eine Intervallverlängerung ist also eine sinnvolle Option. Es war auch kein Unterschied zwischen Patienten mit nr- oder r-axSpA festzustellen. Trotz kleiner Fallzahlen beruhigend ist zudem, dass von den Patienten mit einem Schub (ASDAS ≥2,1 bei zwei oder ≥3,5 bei einer Visite) 24 Wochen nach Wiederbeginn der Therapie 87,5 % unter Certolizumab Pegol 200 mg Q4W wieder eine ASDAS-ID erreichten. Dass ein komplettes Absetzen schwierig ist, zeigen auch die 104 WochenDaten der COAST Y-Studie, in der ein Absetzversuch von Ixekizumab Q4W oder Q2W unternommen wurde. Bei identischer Schub-Definition blieben unter fortgeführtem Ixekizumab je ca. 75 % schubfrei, in der Absetzgruppe waren es nach 2 Jahren nur oder – je nach Lesart – immerhin 35 %. Nach Wiederaufnahme der Therapie erreichten 96 bzw. 71 % der Patienten mit Schub eine ASDAS-LDA <2,1 bzw. ASDAS-ID <1,3. Eine Treatto-target (T2T)-basierte Dosisreduzierung bzw. Absetzen (in drei Schritten: 66, 50 und 0 %) von TNFα-Inhibitoren bei axSpA- und Psoriasis-Arthritis-Patienten führte in einer unabhängigen Studie in 72 % der Fälle zu einem erfolgreichen Tapering, ein Absetzen gelang bei 28 %. Dennoch ist Vorsicht geboten, das Ziel war „nur“ eine LDA und die Dosisreduktion wurde mit einem Anstieg der Ko-Medikation (vor allem NSAR) erkauft. m
Quelle: Plenarsitzung „WIN: RA/SpA/PsA“, 1. September 2022
PSORIASIS-ARTHRITIS
GRAPPA-Leitlinie und weitere Neuigkeiten
Bei der Psoriasis-Arthritis (PsA) ist weiterhin viel in Bewegung, was sich auch am kürzlich veröffentlichten Update der GRAPPALeitlinie ablesen lässt. Mit letzterer beschäftigte sich primär Dr. Frank Behrens, Frankfurt/M., auf einer klinischen Sitzung rund um die Psoriasis. Wichtige Aspekte zur Früherkennung der PsA, der potenziellen Chance, die Transition einer Psoriasis vulgaris (Pso) zur PsA durch den frühen Einsatz von bDMARD-Therapien (bei Pso-Patienten) zu begegnen, kommende bzw. mögliche neue Therapieoptionen bei der PsA, die Rolle von Methotrexat (MTX) und geschlechtsspezifische Aspekte erörterte Dr. Michaela Köhm, Frankfurt/M., im Rahmen einer WIN-Sitzung.
Laut Dr. Köhm hat sich das pathophysiologische Verständnis für die Transition von der Psoriasis zur PsA in den letzten Jahren deutlich verbessert und erlaubt eine frühere Diagnosestellung der PsA bei Beachtung einschlägiger Risikofaktoren. Ein Beitrag hierzu wäre eine bessere Früherkennung durch Dermatologen, hier zeigte die auf dem DGRh-Kongress von PD Dr. Valentin Schäfer, Bonn, präsentierte PsoSone-Studie, dass dies nach Schulung in portablem Ultraschall in der Praxis durchaus möglich wäre. Weiter besteht auch die Hoffnung, durch die von Dermatologen bei Psoriasis vermehrt eingesetzten bDMARDs die Transition zur PsA zu verzögern oder gar zu verhindern. Trotz retrospektiver Studien, die dies mehrheitlich nahelegen, gibt es aber kein einheitliches Lagebild – ohne kontrollierte Studien bleibt diese Frage offen.
Update der GRAPPA-Leitlinie im Fokus
Auch wenn die letzte EULAR-Leitlinie besser als zuvor auf die einzelnen Manifestationen der PsA abzielt, bleibt die zu starke, stufenartige Anlehnung an das Vorgehen bei rheumatoider Arthritis (RA) ein Problem. Auch ergibt etwa angesichts vergleichbarer Krankheitslast die Unterscheidung zwischen mono-, oligo- oder polyartikulärer PsA kaum Sinn, viel entscheidender für die Patienten sei auch aufgrund der thera-
peutischen Konsequenzen das Vorliegen einer Enthesitis, erläuterte Dr. Behrens. Weiterhin besser geeignet erscheint die neue GRAPPA-Leitlinie, die eher eine Differenzialtherapie anhand der vorherrschenden PsA-Manifestation gestattet und z. B. auch die axiale PsA berücksichtigt, für die immer klarer wird, dass sie sich von der ankylosierenden Spondylitis (AS) mit oder ohne Psoriasis abgrenzt – so kann erstere z. B. auch auf einen Interleukin (IL)-23-Inhibitor wie Guselkumab oder Risankizumab ansprechen, die AS (=r-axSpA) hingegen nicht (auch wenn dies in der Leitlinie noch nicht abgebildet wird). Ein weiterer Vorteil der GRAPPA-Leitlinie sind neue explizite Therapieempfehlungen zu mit PsA pathophysiologisch assoziierten Erkrankungen (Uveitis, CED). Überdies wurde dem Wunsch nachgekommen, innerhalb der Indikationen Abstufungen – je nach Effektivität der Therapie – vorzunehmen; auch wird jetzt konkret von gewissen Medikamenten abgeraten. Neu aufgeführt in der Leitlinie werden neben den IL-23- auch die Januskinase (JAK)-Inhibitoren (i .e. Upadacitinib).
Ein näherer Blick auf die Therapiepipeline
Vor allem aus der Dermatologie kommen immer weitere b/tsDMARDs auch bei der PsA infrage – die Therapiepipeline ist prall gefüllt. Am weitesten ist fraglos der duale IL-17A/F-Inhibitor Bimekizumab, zu dem kürzlich zwei erfolgreiche Phase-IIIStudien, BE OPTIMAL (bDMARD-naive PsA-Patienten, Adalimumab als aktive Kontrolle) und BE COMPLETE (Versagen/ Intoleranz auf/von 1-2 TNFα-Inhibitoren), vorgestellt wurden. Mit der Dosierung von s.c. 160 mg Q4W wurde in der ersten Phase-III-Studie ein ACR50- bzw. PASI90-Ansprechen gegenüber Placebo von 44 vs. 10 % bzw. 61 vs. 3 % erreicht (im PASI klare Überlegenheit vs. Adalimumab) (Abb.), in der zweiten (TNF-erfahrene Patienten) von 43 vs. 7 % bzw. 69 vs. 7 %. Eine Zulassung dürfte reine Formsache sein. Weitere potenzielle Therapieoptionen könnten künftig Izokipeb, ein niedermolekularer, bispezifischer IL-17A-Inhibitor sein, für den positive Daten aus Phase-II vorliegen (ACR50 in Woche 16 ca. 50 %, Resolution der Enthesitis in bis zu 90 % der Fälle), der neuartige AntiIL-17A-Antikörper Netakimab (unsicher, da primär in Russland exploriert) und der IL-17A/F-Nanokörper Sonelokimab. Noch unklar ist, ob der duale IL-17/23-Inhibitor Piclidenoson auch bei PsA evaluiert wird. Während bei den JAK-Inhibitoren eine Weiterentwicklung von Filgotinib (leider) unwahrscheinlich ist, befindet sich der Tyrosinkinase (TYK)-2-Inhibitor Deucravacitinib bereits in Phase-III und auch der duale TYK-2/JAK-1-Inhibitor Brepocitinib erschien in Phase-II durchaus vielversprechend.
Wie lässt sich Therapie optimieren?
Auch zu etablierten Therapien gibt es Neuigkeiten. So zeigte die ULTIMATE-Studie für Secukinumab eine gute Korrelation des Ansprechens im Ultraschall (GLOESS-Score) mit jenem der Gelenke (ACR20/50/70) und im HAQ-DI. In Bezug auf Methotrexat (MTX) zeigte eine vergleichende Analyse, dass dieses bei PsA im Vergleich zur RA als Monotherapie wesentlich nebenwirkungsträchtiger ist, in Kombination mit TNFαInhibitoren verschwand dieser Effekt weitestgehend. Auf der anderen Seite scheint bei bDMARD-Gabe der Zusatznutzen von MTX – anders als bei RA – bestenfalls marginal. Dies bestätigte nun die unabhängige, kontrollierte MUST-Studie für Ustekinumab. Weder die Zugabe noch das spätere Absetzen von MTX beeinflussten relevant das Therapieergebnis.
Geschlechtsspezifische Aspekte
Ein interessanter Aspekt sind in diesem Kontext auch geschlechtsspezifische Unterschiede. Mehrfach wurde belegt, dass Frauen mit aktiver PsA eine höhere Krankheitslast aufweisen bzw. wahrnehmen als Männer. Auch das Therapieansprechen unterscheidet sich. So waren in einer Subgruppenanalyse der SEAM-PsA-Studie in Bezug auf eine MTX- oder Etanercept-Monotherapie in puncto ACR20 oder minimaler Krankheitsaktivität (MDA/VLDA) zwar kaum geschlechtsspezifische Differenzen erkennbar, von der Kombination aus Etanercept und MTX profitierten Männer aber deutlich stärker (ACR20: 71,5 vs. 58,3 %; MDA: 45,8 vs. 25,2 %; VLDA: 19,1 vs. 9,5 %). Ein ähnliches Bild zeigte sich in Woche 24 im PASDAS (-3,0 vs. -2,3). Überdies ging aus der H2H-Studie EXCEED (Secukinumab vs. Adalimumab) hervor, dass Frauen generell ein um 10-20 % schlechteres Gelenkansprechen als Männer zeigten, während im PASI kein solcher Unterschied bestand. Interessant war ferner, dass Frauen nach 52 Wochen im ACR20 signifikant besser auf Secukinumab als Adalimumab ansprachen (43 vs. 33 %), während dies bei Männern nicht der Fall war. Zur Optimierung der Therapie sollte daher künftig ein zusätzlicher Fokus auf solche geschlechtsspezifische Aspekte gelegt werden, schloss Dr. Köhm. m
Quellen: Plenarsitzung „WIN: RA/SpA/PsA“, Sitzung „State of the Art – entzündliche Dermatosen, Psoriasis und PsA“, 1./3. September 2022
100 Placebo Bimekizumab 160 mg Q4W Adalimumab 40 mg Q2W
Patienten (%) 80
60
40
20
0 ∆ = 33,9 % p<0,001
43,9 45,7
10,0
n=281 n=431 n=140
ACR50-Ansprechen (primärer Endpunkt) ∆ = 58,4 % p<0,001 61,3
41,2
2,9
n=140 n=217 n=68 PASI 90Ansprechen
ADULTES STILL-SYNDROM
DGRh-S2e-Leitlinie zu Diagnostik und Therapie
Eine DGRh-Leitlinienkommission um Stefan Vordenbäumen, Düsseldorf, hat eine S2e-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des adulten Still-Syndroms (AOSD) publiziert und auf dem Kongress vorgestellt. Formuliert wurden drei übergeordnete Prinzipien, vier Aussagen und 13 Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie. Die Diagnose eines AOSD soll anhand einer charakteristischen Symptomkonstellation und nach Ausschluss alternativer Diagnosen erfolgen. Bezüglich der medikamentösen Therapie ist die Datenlage zu den meisten Substanzen limitiert, so fehlen Studien zu Therapiesequenzen oder –strategien. Jenseits von Glukokortikoiden (GK) kommt bei schwereren Verläufen der Interleukin (IL)-1 und -6-Inhibition eine tragende Rolle zu.
Zunächst zu den auf einem Expertenkonsens beruhenden übergeordneten Prinzipien: Unter Morbus Still des Erwachsenen oder AOSD (Adult-onset Still’s Disease) wird eine seltene polygenetische, autoinflammatorische Erkrankung verstanden. Die Diagnostik und Therapie ist eine interdisziplinäre Aufgabe mit der Notwendigkeit einer rheumatologischen Expertise. Die Behandlung erfolgt nach dem Prinzip der partizipativen Entscheidungsfindung im Rahmen eines ganzheitlichen therapeutischen Konzepts, bestehend aus medikamentöser Therapie und flankierenden Maßnahmen wie Schmerztherapie, physikalisch-therapeutische und rehabilitative Maßnahmen, Funktionstraining und der Einbeziehung von Selbsthilfegruppen inkl. Selbstmanagementkursen. Folgende Aussagen wurden getroffen: Das AOSD verläuft individuell verschieden. Es kommen monozyklische, polyzyklische und chronische Verläufe vor. Beim AOSD sind Arthralgien sehr häufig (>80 %) und Arthritiden häufig (>50 %). Polyartikuläre Verlaufsformen sind häufiger als oligo- oder monartikuläre Verlaufsformen. Sehr häufig betroffen (>50 %) sind dabei Knie, Sprunggelenke und Handgelenke; häufig betroffen (>20 %) sind Ellenbogen, Schultern und Fingergelenke. Patientenseitig werden Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Fatigue als wesentliche Allgemeinbeschwerden beim AOSD beklagt. Eine Lungenbeteiligung und eine Perimyokarditis sind schwerwiegende Komplikationen des AOSD und mit einer schlechten Prognose verbunden.
Behandlung des adulten Still-Syndroms Bewertung der Krankheitsschwere/-aktivität nach ärztlicher Einschätzung anhand klinischer (z. B. Arthritis, Fieber, Serositis, Organbeteiligung) und laborchemischer Kriterien (z. B. Ferritin und CRP)
mild
unzureichendes Ansprechen
Als Erstlinientherapie moderat Systemische Glukokortikoide Steroideinsparung
Methotrexat
Calcineurininhibitoren (insb. Ciclosporin)
Anakinra
Canakinumab
Tocilizumab
NSAR vorübergehend und/oder zur Symptomkontrolle
Anakinra
Canakinumab schwer
B 2b ✓
A
A
A
A
A
0
0
0 2b
2b
2a
2b
1b
4
2b
5 X
X
X
Zu erwägende flankierende Therapiemaßnahmen Physikalische Therapie, Schmerztherapie, Osteoporosetherapie, Thromboseprophylaxe, Rehabilitation/Funktionssport, Selbsthilfegruppen
Empfehlungsgrad 0 Empfehlungsgrad B Empfehlungsgrad A A/B/0
✓/X Empfehlungsgrad
Zulassungsstatus 1-5 Evidenzlage 1-5
Spezifische Empfehlungen
Die ersten sieben spezifischen Empfehlungen betreffen die Diagnostik und Bestimmung bzw. Überwachung der Krankheitsaktivität: Ein AOSD soll bei Vorliegen einer Kombination (a)sehr häufiger Symptome (>50 % der Fälle) wie Fieber >39 °C, Exanthem, Arthralgien, Arthritis, Halsschmerzen, Lymphadenopathie, Myalgien, (b) häufiger Symptome (>20 %) wie Splenomegalie, Hepatomegalie, Gewichtsverlust und (c) seltenerer charakteristischer Symptome (<20 %) wie Pleuritis, Perikarditis und abdomineller Schmerzen sowie nach Ausschluss anderer entzündlich-rheumatischer, hämatoonkologischer und Infektionserkrankungen erwogen werden. Die YamaguchiKlassifikationskriterien können die klinische Diagnose eines AOSD unterstützen. Die Krankheitsaktivität des AOSD sollte anhand typischer klinischer Zeichen und Laborveränderungen eingeschätzt werden. Die Entwicklung eines Makrophagenaktivierungssyndroms (MAS) im Rahmen eines AOSD sollte vor allem beim Vorliegen von Risikofaktoren wie erhöhter klinischer Aktivität und Laborauffälligkeiten wie stark erhöhtem Ferritin und Zytopenien evaluiert werden. Beim AOSD sollte, insbesondere bei länger andauernder, aktiver Erkrankung, die seltene Komplikation einer AA-Amyloidose ausgeschlossen werden. Der Serum-Ferritinwert sollte bei Diagnosestellung und zur Überwachung der Krankheitsaktivität des AOSD in Ergänzung zu anderen Entzündungsparametern wie CRP bestimmt werden. Ein deutlich erhöhter Serum-Ferritinwert (≥5 x oberer Normwert) und, falls verfügbar, stark erniedrigter Anteil des glykosylierten Ferritins (<20 %) unterstützen die Diagnose eines AOSD. Die Bestimmung von IL-18 kann zur Diagnostik und Krankheitsaktivitätsmessung eingesetzt werden.
Die nächsten sechs Empfehlungen befassen sich mit der Therapie: NSAR und ggf. andere Analgetika und Antipyretika können zur Kontrolle von Symptomen wie Schmerzen und Fieber vorübergehend eingesetzt werden. Systemische GK sollten zur Akuttherapie des AOSD eingesetzt werden. Aufgrund unerwünschter Wirkungen einer längerfristigen GK-Therapie sollten alternative und/oder GK-sparende Optionen beim AOSD erwogen werden, hierzu zählen. Tocilizumab (1b), Anakinra (2a), Canakinumab (2b), Methotrexat (MTX; 2b) oder Calcineurininhibitoren (insbesondere Cyclosporin A) (2b). IL-1- und IL6-Blocker sollten zudem bei AOSD mit nicht ausreichendem Ansprechen auf GK und konventionelle Basistherapeutika wie MTX und Cyclosporin A eingesetzt werden. IL-1-Blocker bzw. IL-1-Rezeptor-Blocker (Anakinra [2b] und Canakinumab [5]) können zur Therapie des AOSD (bei hoher Krankheitsaktivität) auch ohne vorherige Behandlung mit konventionellen Basistherapeutika eingesetzt werden. m
Quellen: Plenarsitzung „Leitlinien“, 2. September 2022; www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/060-011.html
OSTEOPOROSE Erster Ausblick auf neue DVO-Leitlinie 2022
Mit Spannung wird die neue Osteoporose-Leitlinie des Dachverbandes Osteologie (DVO) erwartet, die jedoch laut Dr. Friederike Thomasius, Frankfurt/M., noch etwas auf sich warten lässt. Einen ersten Blick auf wichtige Neuerungen gab es aber bereits.
Ein wichtiger Aspekt, der in der Aktualisierung der DVO-Leitlinie aus 2017 berücksichtigt wird, ist die in einer alternden Bevölkerung zunehmende Frakturrate, vor allem aber der Umstand, dass nach einer ersten Fraktur ein dauerhaft erhöhtes Risiko für eine zweite Fraktur besteht. So beträgt das relative Risiko (RR) hierfür nach 15 Jahren 1,7, besonders hoch ist es aber mit 5,3 in den ersten 12 Monaten nach der ersten Fraktur –Risikofaktoren sind Wirbelkörperfrakturen und solche am proximalen Femur, höheres Alter, Glukokortikoide (GK) und Sturzereignisse. Deswegen wird künftig für die Diagnostik- und Therapieschwelle nicht nur das 10-Jahres-Frakturrisiko in den Blick genommen, sondern auch ein kürzerer 2-Jahres-Zeitraum (vor allem nach einer ersten Fraktur). Bezüglich der Antiosteoporotika gibt es nun auch gute Evidenz für weniger Hüftfrakturen unter Teriparatid. Ebenso wie für den neu zugelassenen Sclerostin-Inhibitor Romosozumab gibt es Klasse A-Empfehlungen zur Risikoreduktion von Wirbelkörper-, peripheren und proximalen Femurfrakturen. Bei Hochrisikopatienten, dazu zählen auch viele Rheuma-Patienten unter GK, wird, wenn eine rasche Frakturrisikosenkung gefragt ist, künftig First-line eine osteoanabole Therapie (entweder 1 Jahr Romosozumab oder 2 Jahre Teriparatid) empfohlen, die eine stärkere Risikoreduktion als orale Bisphosphonate bietet, gefolgt von einer antiresorptiven Therapie (parenteral oder oral) und im Anschluss bei Bedarf ein erneuter osteoanaboler Zyklus. Die wohl beste Evidenz liegt derzeit für Romosozumab gefolgt von Denosumab vor (auf letzteres muss zwingend ein Bisphosphonat folgen). Trotz attestiertem Zusatznutzen (G-BA) wird bei Romosozumab die Zulassung zu beachten sein, die formal nur postmenopausale Patientinnen einschließt.
Eine weitere Empfehlung wird dahingehen, künftig die Knochendichte und Knochenumbaumarker, für die eine Assoziation mit dem Frakturrisiko klar belegt ist, verstärkt in das Therapiemonitoring einzubauen. m
Quelle: Sitzung „Osteologie von Osteologen für Rheumatologen“, 2.September 2022
KOLLAGENOSEN
Neues zu Leitlinien, Diagnostik und Therapie
Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) und der Lupusnephritis (LN) sind allmählich Fortschritte in der Therapie zu verzeichnen und wurden mit der CAR-T-Zelltherapie spektakuläre Erfolge erzielt. In der Nephroprotektion könnte künftig bei LN die SGLT-2-Inhibition von großem Interesse sein. Schwieriger gestaltet sich die Situation beim primären Sjögren-Syndrom (PSS) und bei der systemischen Sklerose (SSc), vor allem bei letzterer werden derzeit diverse Therapieansätze auch im Kontext interstitieller Lungenerkrankungen (ILD) getestet. Auch die Myositiden sind ein Feld, wo es dringend neuer Therapiekonzepte bedarf. Neue Entwicklungen auch in der Diagnostik von Kollagenosen wurden am Schlusstag auf einer Plenarsitzung erörtert.
Beim SLE bilden die von der EULAR definierten Therapieziele gutes Langzeitüberleben, Prävention von Organschäden und Verbesserung der Lebensqualität die Basis für dessen Management, so Dr. Johanna Mucke, Düsseldorf. Hierfür sollte die Therapie auf Remission oder niedrige Krankheitsaktivität und die Prävention von Schüben bei möglichst niedriger Glukokortikoid (GK)-Dosis abzielen. Anvisieren sollte man die DORISRemission (keine Krankheitsaktivität, ärztliche Einschätzung <0,5 auf VAS 0-3 und Prednisolon ≤5 mg/Tag), eine Alternative ist der ähnliche Lupus Low Disease Activity State (LLDAS).
SLE und LN: Was bringen die neuen Therapien?
Bei einem Blick auf die EULAR-Leitlinie zum extrarenalen SLE würde sich der kürzlich zugelassene Typ-I-Interferon (IFN) α/β-Rezeptor-Antikörper Anifrolumab wohl an ähnlicher Stelle wie Belimumab einsortieren. Obwohl nur eine der beiden Phase-III-Studien (TULIP-2) den primären Endpunkt (BICLA-Ansprechen) erreichte, zeigte sich ein positives Gesamtbild mit einer (gepoolte Studiendaten) schnellen (ab ca. Woche 4-8) und anhaltenden BICLA-Response (ca. 50 % in Woche 52). Nicht ganz einheitlich sind nur die Ergebnisse zur Schubreduktion und Gelenkansprechen, bei den unerwünschten Wirkungen ist vor allem eine ca. 3-4-fach erhöhte Herpes Zoster-Rate zu beachten. Die vor allem gute und rasche Wirkung auf die Haut bei extrarenalem SLE gibt potenziell einen Hinweis, wer besonders profitieren könnte – womöglich auch in Abgrenzung zu Belimumab. Künftig könnten dazu auch Laborparameter (hohe IFN-Gensignatur vs. BLyS-Konzentration) dienen. Inwieweit Anifrolumab auch bei LN relevant wird, ist nach einer formal gescheiterten Phase-II-Studie noch offen, Klarheit dürfte die laufende Phase-III-Studie IRIS bringen.
Im Gegensatz dazu hat Belimumab auf Basis der erfolgreichen Phase-III-Studie BLISS-LN die Hürde zur Zulassung bei aktiver LN (kombiniert mit immunsuppressiven Basistherapien) bereits übersprungen. Nach 104 Wochen hatten signifikant mehr Patienten (43 vs. 32 %) ein renales Ansprechen erreicht, bereits in Woche 24 waren diese Effekte nachweisbar. Laut Mucke kann es vor allem bei LN Klasse III/IV-Patienten eingesetzt werden, wobei sich wohl ein rascher Beginn mit Start der „Induktionstherapie“ empfiehlt. Unmittelbar nach dem Kongress zugelassen wurde der neuartige Calcineurin-Inhibitor Voclosporin, der im Vergleich zu Ciclosporin potenter ist, kein Labormonitoring erfordert und auch weniger nebenwirkungsträchtig zu sein scheint. In der Phase-III-Studie AURORA erreichten 41 vs. 32 % der Patienten in Woche 52 ein komplettes und 70 vs. 52 % ein partielles renales Ansprechen. Vor allem eine auch langfristige Wirkung auf die Proteinurie sticht hervor, die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) bleibt nach geringer initialer Abnahme stabil. Gerade bei ausgeprägter Proteinurie dürfte Voclosporin ein guter Therapiekandidat bei LN sein, Daten zum extrarenalen SLE fehlen allerdings.
Bei therapierefraktärem SLE bietet die allerdings teure und aufwendige CAR-T-Zelltherapie eine hocheffektive Option, aktuell in Nature Medicine publizierte Daten zu 5 Patienten (inzwischen sind es 6, alle mit Nierenbeteiligung) zeigen, dass alle eine medikamentenfreie Remission erreichten (Abb.). Ein letzter Punkt: Bei der LN könnten die ursprünglich aus der Diabetologie stammenden SGLT-2 (Sodium dependent glucose co-transporter 2)-Inhibitoren aufgrund ihrer kardiovaskulären und renalen Verbesserungen künftig eine tragende Rolle in der Nephroprotektion spielen; auch wenn in der Phase-III-Studie DAPA-CKD, in der Dapagliflozin unabhängig vom Vorliegen eines Typ-2-Diabetes bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz das renale Outcome verbesserte, LN-Patienten ausgeschlossen waren, sind die Ergebnisse doch spektakulär.
PSS: Diagnostik, ILD und neue Therapien
Deutlich weniger konkrete Neuigkeiten gibt es zum pSS. Diagnostisch sollte laut PD Dr. Diana Ernst, Hannover, künftig noch häufiger die Speicheldrüsensonografie (SGUS) genutzt werden. Zur Diagnostik der mit pSS assoziierten ILD war im Vorjahr ein Algorithmus vorgeschlagen worden, der in Abhängigkeit von den Befunden der Lungenfunktion und HRCT auch Therapiepfade beinhaltet. Bei rezidivierender bzw. rasch progredienter pSS-ILD können jenseits von Hochdosis-GK Cyclophosphamid (CYC) oder Rituximab sowie (fibrosierend) Nintedanib erwogen werden, bei moderater Ausprägung Mycophenolat Mofetil (MMF) oder Azathioprin zur GK-Einsparung. Neu entwickelt für die Bewertung des Therapieansprechens bei pSS wurde der STAR (Sjögren´s Tool for Assessing
Response)-Index, in den die systemische Aktivität (ESSDAI), PROs (ESSPRI), Tränen- und Speicheldrüsentests und das Labor (Serum IgG oder RF) eingehen.
Für das therapeutische Vorgehen nützlich sind weiterhin die an den jeweiligen Manifestationen ausgerichteten EULAREmpfehlungen. Weiterhin gibt es keine zugelassene Therapie. Abatacept und Tocilizumab haben in Studien den primären Endpunkt verpasst, für Rituximab liegen positive Daten (ESSDAI, ESSPRI) vor, bei aber sehr geringen Fallzahlen. Bei SmallFiber-Neuropathie könnte eine IVIG wirksam sein, bei Fatigue die transkraniale Gleichstromstimulation. Derzeit werden eine ganze Reihe neuer Ansätze erprobt, z. B. auch die JAK-Inhibition, am aussichtsreichsten erscheint derzeit der Ansatz am BAFF(-Rezeptor), aus Phase-II liegen hier positive Daten zu Ianalumab vor. Zwei Phase-III-Studien (NEPTUNUS-1 und -2) sind geplant, aber offenbar noch nicht angelaufen.
SSc: Neuigkeiten zur PAH und ILD
Bei der SSc mit dem irreversiblen „Trio“ Vaskulopathie, Inflammation und Fibrose bietet sich eine frühe Intervention an. Mit ASSET (Abatacept) und RISE-SSc (Riociguat) haben erste Studien gezeigt, dass in puncto Hautibrose Patienten mit kürzerer Krankheitsdauer (≤12 bzw. 18 Monate) von einer stärkeren Reduktion im mRSS profitieren, berichtete Dr. Hanna Graßhoff, Lübeck. Dies erfordert aber eine rechtzeitige Diagnostik (VEDOSS, möglichst im Frühstadium), um frühzeitig Patienten mit Risiko für einen Progress zu identifizieren. Jenseits der Nagelfalz-Kapillarmikroskopie eröffnet hier die optische Kohärenztomografie-Angiografie (OCTA) relevante Vorteile.
Gute Anhaltspunkte zur Therapie der SSc-Organbeteiligungen sind der EULAR-Leitlinie aus 2017 zu entnehmen, speziell bei pulmonaler Hypertonie (PAH) ist aber auch die Lektüre der neuen ESH/ESC-Leitlinie einschließlich neuer Diagnosekriterien zu empfehlen. Selbiges gilt für ein DGRh-Positionspapier zur autologen hämatopoetischen Stammzelltransplantation (aHSZT) nach (u. a.) Versagen auf MMF oder CYC. Für die SSc-ILD hat eine Expertengruppe einen Therapiealgorithmus vorgeschlagen, der MMF, CYC und Nintedanib (auch in Kombination) beinhaltet, bei fehlendem Ansprechen deren Wechsel, ggf. Rituximab, eine aHSZT oder Lungentransplantation. Nicht einigen konnte man sich in puncto Tocilizumab, das (in den USA auf Basis der Phase-III-Studie focuSSced zugelassen) wohl bei selektierten Patienten (frühe SSc-ILD bei früher dcSSc mit entzündlicher Ausprägung) eine Option sein könnte.
Schwierig bleibt aufgrund der gemischten bzw. atypischen SScPatientenpopulation die Interpretation der japanischen DESIRES-Studie zu Rituximab (gute Effekte auf mRSS und FVC), eine internationale Phase-III-Studie wäre hier erforderlich. An neue Therapiekandidaten (z. B. der Interleukin [IL)-4/13-Inhibitor Romilkimab, IL-17-Hemmer Brodalumab, JAK-Inhibitoren) mangelt es nicht, ein echter Durchbruch scheint aber noch fern.
Myositis: Neue Leitlinien und Therapieansätze
Gleich drei neue und lesenswerte Leitlinien gibt es zur Myositis, zwei der DGN, davon eine speziell zur Diagnostik und eine generell zum Management von Myositissydromen, ferner eine der britischen Rheumatologen, die auch auf juvenile Formen und das Screening auf Malignome eingeht. Zur Verlaufsbeobachtung der Muskelkraft bzw. -ausdauer empfahl Dr. Johannes Knitza, Erlangen, die Schrittzahlmessung (Fitbit) und den PROMIS-Fragebogen zur körperlichen Funktion (beide mit guter Korrelation zum Goldstandard TIS). Als neuer Biomarker für Krankheitsaktivität und Therapieansprechen eignet sich SIGLEC1.
In Sachen Therapie der CTD-ILD ergab die noch unveröffentlichte RECIT-Studie (45 % der Patienten mit Myositis, sonst SSc und Mischkollagenosen) nach 24 Wochen bezüglich der FVC eine vergleichbare Effektivität von Rituximab und CYC, letzteres wurde aber schlechter vertragen. Sehr schlecht ist das Outcome der Anti-MDA5-positiven Dermatomyositis (DM). Hoffnung macht hier ein schwer therapierefraktärer Fall (Versagen auf MMF, CYC, IVIG, Rituximab), dessen Lunge sich unter dem auch bei SLE erprobten Anti-CD38-Antikörper Daratumumab drastisch verbesserte. Generell zeigte sich bei DM, PM oder Overlap kein signifikanter Nutzen von Abatacept, Tocilizumab und Belimumab, positive Fallberichte gibt es zu JAK-Inhibitoren (Tofacitinib, Baricitinib), zum JAK-1/TYK-2-Inhibitor Brepocitnib ist die große Phase-III-Studie VALOR mit 225 DM-Patienten angelaufen. Gleiches gilt für eine Phase-II/III-Studie zu dem an Komplement C5a ansetzenden Antikörper Ravulizumab bei DM. Bei der Einschlusskörpermyositis (IBM) hat sich die Hoffnung auf Bimegrumab zerschlagen, trotz gemischter Ergebnisse in Phase-II läuft derzeit eine Phase-III-Studie zu Sirolimus. m
Quelle: Plenarsitzung „Kollagenosen kompakt“, 3.September 2022
Krankheitsaktivität (SLEDAI) 20
15
10
5
0 Vor CAR-T Nach CAR-T
Remission
Patient 1 Patient 2 Patient 3 Patient 4 Patient 5
RHEUMA UND INTERSTITIELLE LUNGENERKRANKUNGEN
Aktuelle Strategien zur Diagnostik und Behandlung
Ca. 20 % der interstitieller Lungenerkrankungen (ILD) treten autoimmun bedingt auf, besonders häufig im Rahmen der rheumatoiden Arthritis (RA-ILD) oder systemischen Sklerose (SSc-ILD), bei letzterer ist sie die Haupttodesursache. Nach einer möglichst frühen Diagnose besteht heute die Möglichkeit, die ILD sowohl antientzündlich als auch gezielt antifibrotisch zu behandeln. Einen Überblick aus rheumatologischer Sicht gab auf dem DGRh-Kongress PD Dr. Diana Ernst, Hannover.
Eine klinisch relevante ILD liegt bei 5-10 % der RA-Patienten vor, subklinisch in der HRCT bei 20-67 %, beim primären Sjögren-Syndrom (PSS) sind es ca. 15 bzw. 65 %. Bei der SSc sind 50-65 % der Patienten von einer ILD betroffen, in ca. 27 % der Fälle verläuft sie rasch progredient. Häufig ist die ILD auch bei entzündlichen Myositiden (Anti-Synthetase-Syndrom ca. 70 %, Anti-MDA5 75 %). Nicht selten ist mit 23-45 % eine ILD aber auch bei ANCA-assoziierter Vaskulitis (AAV). Am Beispiel der pSS-ILD wurden folgende Diagnosepfade vorgeschlagen: Ohne respiratorische Symptome ein Röntgen-Thorax und Lungenfunktionstest mit Bodyplethysmographie und DLCO. Pathologische Befunde sollten ein HRCT auslösen, falls solche nicht vorliegen, sollte eine Re-Evaluation bei jeder Visite erfolgen. Bei respiratorischen Symptomen kommt zur genannten Diagnostik sofort die HRCT dazu. Bei auffälliger Lungenfunktion und/oder HRCT gilt es, je nach Befund, das Therapiemanagement – am besten interdisziplinär – festzulegen, bei unauffälligen Befunden sollte nach einer anderen Ätiologie der Symptomatik gefahndet werden.
Diagnostische Befunde und therapeutisches Vorgehen
Häufige Befallsmuster im HRCT sind bei RA eine UIP, Bronchiektasen und pleurale Affektionen, letztere sind auch bei SLE typisch, dort ist zudem mit alveolären Hämorrhagien zu rechnen. Bei MPO-AAV dominiert zumeist ein UIP-Muster. Typisch für die SSc sind ein NSIP-Muster und eine pulmonale Hypertonie (PAH), bei Myositis und Mischkollagenosen sind es ebenfalls ein NSIP-Muster, aber auch organisierende Pneumonie. Variabel ist das Bild beim pSS. Prognostisch, aber auch für die Therapiewahl wichtig ist, ob eine progredient fbrosierende (PF-)ILD) vorliegt. Dies ist der Fall, wenn 2 von 3 Kriterien im Jahr zuvor erfüllt sind: 1. Verschlechterung der respiratorischen Symptome, 2. Lungenfunktion: absolute Reduktion der FVC ≥5 %/DLCO ≥10 %, 3. radiologischer Nachweis von Progress (größeres Ausmaß/ Schwere von Traktionsbronchiektasen, neue Milchglastrübung, neue „fine reticulation“ bzw. deren Zunahme, neues/Zunahme von Honigwabenmuster, geringeres lobuläres Volumen). Nikotinabusus und das Vorliegen der MUCB5-Genvariante. Für Methotrexat (MTX) wurde inzwischen belegt, dass es in puncto ILD nicht nur unbedenklich ist, sondern sich sogar positiv auswirkt. Die beste Evidenz liegt hier für Abatacept vor, bei 7693 % der Patienten bleibt die ILD stabil oder verbessert sich. Gegenüber csDMARDs und TNFα-Inhibitoren sinkt das Risiko für eine ILD-Verschlechterung um 90 %. Gute Daten liegen bei RA-ILD aber auch für Rituximab vor.
Behandlung der ILD bei Kollagenosen
Bei pSS-ILD werden orale Glukokortikoide (GK) sowie Mycophenolat Mofetil (MMF) oder Azathioprin First-line zur GK-Einsparung empfohlen, bei refraktärer oder rasch progredienter ILD direkt Hochdosis-GK sowie Rituximab oder Cyclophosphamid (CYC); kommt eine PF-ILD hinzu, sollte Nintedanib erwogen werden (generell eine Option bei PF-ILD).
Für eine SSc-ILD sind Scl70-Antikörper und ANA bekannte Risikofaktoren, für eine Progredienz männliches Geschlecht, eine ausgeprägte Hautfibrose (hoher mRSS) und Reflux/Dysphagie. Zur antientzündlichen Therapie kommen bei vergleichbarer Wirksamkeit primär CYC und MMF in Frage, letzteres ist besser verträglich (beide off-label). Noch ein Fragzeichen steht hinter dem in Japan auf Basis der DESIRES-Studie zugelassenen Rituximab. Nur in den USA zugelassen wurde Tocilizumab, hier kommt womöglich ein Einsatz bei selektierten SSc-Patienten entsprechend den Einschlusskriterien der focuSSced-Studie in Frage (frühe dcSSc, keine zu stark ausgeprägte ILD). Bei vielen Patienten ist es sinnvoll, die antientzündliche mit einer antifibrotischen Therapie zu kombinieren, was in der SENSCIS-Studie die besten Resultate (Nintedanib plus MMF) lieferte.
Bei Myositis-assoziierter ILD können ferner auch intravenöse Immunglobuline (IVIG) eine Option sein, die Datenlage zu Januskinase (JAK)-Inhibitoren ist hier noch relativ überschaubar, erscheint aber durchaus vielversprechend. m
THERAPIEINDUZIERTES RHEUMA
Lupus, Vaskulitiden und DRESS im Fokus
Im Gegensatz zu den mit Checkpoint-Inhibitoren assoziierten Nebenwirkungen, die auch in der rheumatologischen Praxis eine relevante Rolle spielen und über die in den vergangenen Jahren viel berichtet wurde, gab es zuletzt wenig Neuigkeiten zu einem medíkamenten- bzw. Anti-TNF-induzierten Lupus (DIL bzw. ATIL), der medikamenteninduzierten Vaskulitis (DIV) oder dem sehr gefährlichen DRESS (Drug Reaction with Eosinophilia and Systemic Symptoms)-Syndrom. Therapiebedingte muskuloskelettale (MSK)-Symptome sowie die Statin-assoziierte Myositis und die umstrittene Methotrexat (MTX)-Osteopathie sowie atypische Femurfrakturen unter Bisphophonaten wurden ebenfalls auf dem DGRh-Kongress besprochen.
Zunächst zum Lupus: Laut Dr. Katharina Rose, Hamburg, sollen bis zu 10 % aller Fälle auf Medikamente zurückzuführen sein, das Eintrittsalter ist mit fast 50 Jahren aber höher als beim „klassischen“ systemischen Lupus erythematodes (SLE), die Latenzzeit beträgt 1-20 Monate. Eine ganze Reihe von Medikamenten kann zu einem DIL führen, darunter auch solche, die in der Rheumatologie eingesetzt werden, neben TNFαInhibitoren (TNFi) sind dies Sulfasalazin und Leflunomid, aber z.B. auch Bosentan oder Iloprost. Dennoch ist auch der ATIL sehr selten, im Vergleich zum idiopathischen SLE sind Ausschlag und kutane Beteiligung ähnlich häufig, seltener sind hingegen Arthritis, Fieber, renale, hämatologische oder ZNSSymptome. Auch ATIL-Patienten sind zumeist ANA-positiv, Anti-Histone oder Anti-Smith sind aber selten. TNFi sollten sofort abgesetzt werden, mögliche Therapien ähneln jenen beim SLE, neben NSAR (Arthralgien/Arthritis) sind dies z. B. Hydroxychloroquin für Gelenke/Haut und bei Bedarf systemische Glukokortikoide (GK) bei Organmanifestationen. Auch wenn die Verläufe von ATIL (und DIL) meist mild bis moderat und komplett reversibel sind, sollte eine Re-Therapie mit TNFi vermieden werden.
Ebenfalls sehr selten ist die DIV, bekanntester Auslöser ist Kokain/Levamisol, aber z. B. auch wieder TNFi (und Tocilizumab) sind aufgelistet. Am häufigsten sind pANCA-positive Kleingefäßvaskulitiden (AAV). Typische Manifestationen unter TNFi sind Hautbeteiligung (87 %) und palpable Purpura (57 %), seltener sind Polyneuropathien und eine Nieren-, ZNS- oder Lungenbeteiligung. Auch hier ist eine sofortige Beendigung der auslösenden Therapie erforderlich, was bei milden Verläufen oft schon ausreichend ist. Empfehlungen zur Therapie fehlen, aber bei Bedarf sollte die medikamentöse Behandlung analog zur AAV erfolgen und auch hier wird von einer Re-Exposition abgeraten. Bei zeitnaher Diagnose ist die DIV meist vollständig reversibel und die Prognose somit besser als bei idiopathischer AAV.
Ganz anders gelagert ist aufgrund der teils hohen Mortalität (ca. 10 %) und Morbidität dass DRESS-Syndrom mit Langzeitschäden in ca. 10 % der Fälle. Die klinischen Manifestationen – Auftreten meist innerhalb von 2-8 Wochen, Symptome präsentieren sich oft nicht simultan – sind variabel, bei der oft schwierigen, ein interdisziplinäre Team erfordernden Diagnose ist das RegiSCAR-Scoring-System wegweisend. Ein Grund hierfür ist die überaus aufwendige Differenzialdiagnostik mit Abgrenzung von anderen schweren Hautreaktionen (z. B. Steven-Johnsons-Syndrom, akute generalisierte exanthemische Pustulose), SLE, subakut kutanem LE , Vaskulitiden, AOSD, Flare der Grunderkrankung, Infektionen und Lymphomen.
Überdies ist die Liste auslösender Medikamente äußerst lang, aus der Rheumatologie vertreten sind primär Allopurinol, aber z.B. auch Azathioprin oder Leflunomid. Bei einem RegiSCARScore ≥2 ist die für das DRESS-Syndrom ursächliche Therapie abzusetzen und nach ergänzender Diagnostik eine Therapie mit meist hochdosierten GK einzuleiten, das Tapering sollte langsam über Wochen bis eher Monate erfolgen. Bei refraktärem Verlauf ist primär Ciclosporin, aber auch Cyclophosphamid eine Option, ggf. auch (positive Fallberichte) Januskinase (JAK)-Inhibitoren.
Muskuloskelettale Beschwerden im Blickpunkt
Nur kurz eingegangen sei auf die von Prof. Dr. Peter Korsten, Göttingen, dargelegten MSK-Symptome, zu denen es unter einer Vielzahl von Medikamenten kommen kann – besonders relevant sind in der Praxis nur wenige, z. B. Aromatase-Hemmer; oder bei Gichtarthritis Low-Dose ASS und Diuretika, letztere (Thiazid-, nicht Schleifendiuretika) zudem bei Chondrokalzinose und beispielsweise TNFi bei Sarkoidose. Letztlich recht selten sind atypische Femurfrakturen unter Bisphosphonaten, häufiger werden diese erst bei sehr langer Einnahmedauer (5 bis >10 Jahre). Noch seltener ist die oft von Rheumatologen angezweifelte MTX-Osteopathie, typische Lokalisationen sind die distale Tibia (51 %), der Calcaneus (35 %) und die proximale Tibia (28 %). Seltener als vermutet ist die Statin-assoziierte Myositis, zu deren Behandlung werden in der Regel GK und Azathioprin bzw. MTX und bei Bedarf intravenöse Immunglobuline (IVIG) eingesetzt. m
VASKULITIDEN
Neue Erkenntnisse zur Riesenzellarteriitis und zu den ANCA-Vaskulitiden
Im Rahmen einer Sitzung auf dem DGRh-Kongress wurden sowohl der State-of-the-Art als auch Neuigkeiten zu Großgefäßvaskulitden, primär zur Riesenzell-Arteriitis (RZA), aber auch zur Takayasu-Arteriitis (TA), sowie zu den ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV), der Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), Mikroskopischen Polyangiitis (MPA) und Eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA), erörtert, wobei primär die bildgebende Diagnostik, Aspekte der Steroideinsparung bei RZA und AAV sowie die neu erschienene EULAR-Leitlinien zu AAV diskutiert wurden.
Zunächst zu den Großgefäßvaskulitiden, über die Prof. Dr. Frank Buttgereit, Berlin, der einen Überblick zum State-of-the-Art in Diagnostik und Therapie gab, sowie Prof. Dr. Nils Venhoff, Freiburg, der die wichtigsten Neuigkeiten erörterte, berichteten.
Großgefäßvaskulitiden: State-of-the-Art
Hauptbotschaften zur RZA-Diagnostik waren die Beachtung der typischen Symptome, bei 2/3 Kopf(haut)schmerzen, Auffälligkeiten der Art. temporalis (≤30 %), Sehstörungen (20 %), seltener Schlaganfall oder Skalpnekrose, als wichtige Komplikation Aneurysmen der großen Gefäße; bei <95 % der Patienten sind BSG und/oder CRP erhöht. Bildgebend sollte im Einklang mit der EULAR-Leitlinie laut Prof. Buttgereit bei jedem Patienten mit V. a. RZA die farbkodierte Dopplersonografie (FKDS) genutzt werden, alternativ die MRT. Die PET-CT ist wertvoll als zusätzliche Diagnostik oder anstelle von FKDS oder MRT. Eine Temporalarterienbiopsie (TAB) ist unnötig, wenn die Diagnose unwahrscheinlich oder sicher ist, bleibt aber Standard in Zweifelsfällen. Zu beachten ist der Overlap zwischen RZA und Polymyalgia rheumatica (PMR), 16-21 % der PMR-Patienten haben auch eine RZA, umgekehrt weisen 40-60 % der RZA-Patienten auch PMR-Symptome auf. Eine wichtige Differentialdiagnose der Aortitis sind die RZA und Takayasu-Arteriitis (TA; letztere sehr selten, noch häufiger Frauen betroffen, im Unterschied zur RZA zu 80 % zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr). Sowohl gemäß der EULAR- als auch DGRh-Leitlinie wird zur RZATherapie ein Einstieg mit Glukokortikoiden (GK) 40-60 mg/Tag mit schrittweiser Reduktion auf 15-20 mg in 2-3 Monaten, bei erhöhtem Risiko für Rezidive, GK-Komplikationen oder hohem GK-Bedarf wird Tocilizumab (bzw. als Alternative Methotrexat, MTX) empfohlen. Identisch ist der Therapiebeginn bei TA, nur dass für die GK-Reduktion längere Zeiträume einzuplanen sind und die Evidenz für GK-sparende Therapien (ggf. Tocilizumab, TNFα-Inhibitoren) geringer ist, so Buttgereit.
Neue Erkenntnisse zur Riesenzellarteriitis
Für die RZA stehen laut Prof. Venhoff neue ACR/EULAR-Klassifikationskriterien in Aussicht, ein vorläufiger Entwurf wurde auf dem ACR-Kongress enthüllt. Bei einem Eintrittsalter ≥50 Jahre sind klinische Kriterien plötzlicher Sehverlust (+3), Morgensteifigkeit Schulter/Nacken, Kiefer- oder Zungen-Claudicatio, neuer zentraler Kopfschmerz, Schmerzempfinden der Kopfhaut und ein pathologischer Temporalarterien-Tastbefund (alle +2), in Bildgebung/Labor positive Art. temporalis-Biopsie oder Halo in FKDS (+5), Art. axillaris: beidseitige Beteiligung, FDG-PET-Aktivität über ganze Aorta und max. BSG ≥50 mm/h oder max. CRP ≥10 mg/l (alle +2). Bei ≥6 Punkten ist eine Klassifikation als RZA möglich, die Sensitivität und Spezifität beträgt 87 bzw. 95 %.
Dass der FKDS auch gut zur Verlaufsbeobachtung geeignet ist, lässt sich aus der prospektiven PROTEA-Studie schließen. Für die Temporalarterie (TA) zeigte sich eine signifikante Assoziation des Halo-Zeichens (Zahl der Segmente, Summe Intermediadicke, IMT) mit der Entzündung (BSG/CRP), Aktivität (BVAS) und kumulativen GK-Dosis, nicht aber für die Achselarterie (AA). Bei letzterer scheint ein IMT Cut-off von 0,87 mm sinnvoll, auch ist bei axillärer RZA offenbar eine längere GK-Therapie erforderlich. Eine künftig noch bessere Unterscheidung zwischen aktiver und inaktiver RZA könnte der kontrastverstärkte Ultraschall (CEUS) mit hoher Sensitivität und Spezifität liefern. Geringer ist diese mit der 18F-FDG PET-CT, doch auch diese kann bei einem PETVAS ≥10, der gut zwischen aktiver und inaktiver RZA differenziert, zur Aktivitätsbestimmung und Rezidivprädiktion genutzt werden. Bei sich mit PMR präsentierenden Patienten können ein hohes Angiopoietin-2/-1-Verhältnis und ein niedriger MMP3-Spiegel auf eine begleitende RZA hindeuten. In Sachen Therapie zeigte die GUSTO-Studie, dass unter Tocilizumab eine ausreichend lange GK-Behandlung (hier nur 3
Tage Methylprednisolon) erforderlich ist, um Patienten sicher in Remission zu bringen und Komplikationen zu vermeiden. Als GK-sparende Option bot der GM-CSF-Rezeptor-Inhibitor Mavrilimumab in Phase-II zwar eine geringere Rezidivrate, eine Weiterentwicklung in Phase-III ist aber fraglich. Erfolgreich in Phase-II geprüft wurde auch Secukinumab, zu dem eine Phase-III-Studie bereits angelaufen ist, gleiches gilt für den Januskinase (JAK)-1-Inhibitor Upadacitinib.
AAV: Neue EULAR-Leitlinie im Fokus
Den aktuellen Status quo bei AAV, den die neue EULAR-Leitlinie aus 2022 mit ihren vier übergreifenden Prinzipien und 17 evidenzbasierten Empfehlungen gut widerspiegelt, legte Prof. Dr. Bernhard Hellmich, Kirchheim/Teck, dar, der dabei primär auf die Therapie und Prophylaxe von Komplikationen abzielte. Zur Remissionsinduktion bei neu aufgetretener oder rezidivierender GPA/MPA mit organ-/lebensbedrohender Erkrankung wird die Kombination aus GK und Rituximab (Vorzug bei Rezidiven) oder Cyclophosphamid (CYC) empfohlen. Geraten wird zu einer GK-Startdosis von 50-75 mg/Tag (je nach Körpergewicht) und einer schrittweisen Reduzierung auf 5 mg/Tag nach 4-5 Monaten. Anlass für das raschere GK-Ausschleichen war das bei ähnlicher Effektivität geringere Infektionsrisiko in der PEXIVAS-Studie. Bei nicht organ-/lebensbedrohender GPA/ MPA wird eine Kombination aus GK und Rituximab (mögliche Alternativen: MTX oder MMF) empfohlen. Die Rationale hierfür lieferten die besseren Daten zu Rituximab aus der RITAZAREM- im Vergleich zu MTX aus der NORAM-Studie (deutlich besseres Ansprechen, geringere kumulative GK-Dosis und auch Sicherheitsvorteile). Auch MMF (zudem off-label) wird auf Basis der MYCYC-Studie (vs. CYC) nur als nachrangige Alternative zu Rituximab gesehen. Avacopan kann in Kombination mit Rituximab in der Induktionstherapie zur Reduktion der GK-Exposition erwogen werden – dies auf Basis der ADVOCATE-Studie, in der nach 52 Wochen vs. Prednison häufiger eine anhaltende Remission, Verbesserung der Nierenfunktion und geringere GK-Toxizität erzielt wurde. In Anbetracht der PEXIVAS-Studie soll ein Plasmaaustausch nur noch bei GPA/ MPA-Patienten mit einem Serum-Kreatinin >300 μmol/l aufgrund einer aktiven Glomerulonephritis erwogen werden, nicht aber routinemäßig bei alveolärer Hämorrhagie. Bei refraktärer GPA/MPA wird eine Re-Evaluation in Zusammenarbeit mit Vaskulitis-Zentren empfohlen.
Zur Remissionserhaltung bei GPA/MPA wird (nach Induktion mit Rituximab oder CYC) Rituximab empfohlen, Azathioprin oder MTX können als Alternativen erwogen werden – sowohl die MAINRITSAN- als auch RITAZAREM-Studie hatten eine Überlegenheit von Rituximab vs. Azathioprin nachgewiesen. Die Therapiedauer sollte laut Hellmich nach erfolgreicher Remissionsinduktion 24- (besser) 48 Monate (de-novo) oder länger (Rezidiv oder hohes Risiko) betragen, dies auf Basis der Studien MAINRITSAN-3 (Rituximab) und REMAIN (Azathioprin). Bei neu aufgetretener oder rezidivierender EGPA mit organ-/lebensbedrohenden Manifestationen wird eine Kombination aus Hochdosis-GK und CYC empfohlen, eine Alternative zu CYC wäre Rituximab, zur Remissionserhaltung kommen dann MTX, Azathioprin, Mepolizumab oder Rituximab in Frage. Ohne organ-/lebensbedrohende Manifestationen werden zur Remissionsinduktion nur GK empfohlen. Bei refraktärer bzw. rezidivierender EGPA ohne organ-/lebensbedrohende Manifestationen wird auf Basis der MIRRA-Studie Mepolizumab empfohlen, dieses auch zur Remissionserhaltung. Ein letzter Punkt: Für AAV-Patienten, die Rituximab, CYC und oder Hochdosis-GK erhalten, wird zur Prophylaxe gegen Pneumocystis jrovecii-Pneumonie und andere Infektionen Cotrimoxazol empfohlen, im Fall von CYC oder Rituximab sollte diese über 3 bzw. 6 Monate bzw. bis zur B-Zell-Rekonstitution erfolgen, ansonsten bis zum Erreichen einer GK-Dosis ≤15 mg/Tag.
Neues zur Induktions- und Erhaltungstherapie
Über die Neuigkeiten bei AAV berichtete Prof. Dr. Julia U. Holle, Neumünster. Von Interesse, aber nur zur Abgrenzung von anderen Vaskulitiden geeignet, sind die neuen ACR/EULAR-Klassifikationskriterien für GPA, MPA und EGPA. Eine serologische Remission innerhalb von 180 Tagen scheint mit einer geringeren Rezidivrate verbunden zu sein, zumindest bei MPO-ANCAPositivität. Eine Post-hoc-Analyse der IMPROVE-Studie deutet darauf hin, dass nach CYC-Induktion bei PR3-ANCA-postiven Patienten in der Remissionserhaltung Azathioprin besser als MMF abschneidet, bei MPO-ANCA gab es keinen Unterschied. Für Avacopan zeigte sich in ADVOCATE eine schnellere und bessere Erholung der eGFR (vor allem bei eGFR <60 ml/ min/1,73 m2) und schnellere Reduktion der Eiweißausscheidung, aufgrund der vs. Prednison häufigeren und längeren Remission könnte es potenziell auch eine Option in der Remissionserhaltung sein. Bei EGPA könnte Rituximab, obwohl es in der REOVAS-Studie konventionellen Therapien nicht überlegen war, in der Remissionsinduktion eine Option sein. Noch unsicher ist die post-hoc in der MIRRA-Studie beschriebene Effektivität von Mepolizumab auch bei Vaskulitis-Manifestationen der EGPA. In der E-MERGE-Studie wird es nun bei EGPA in der Remissionsinduktion mit einer Standardtherapie verglichen. Vielversprechend erscheint auch eine Sequenztherapie aus Rituximab und Mepolizumab.
Zur Remissionserhaltung: Eine gepoolte Analyse der MAINRITSAN-Studie könnte darauf hindeuten, dass womöglich ein initales fixes Rituximab-Dosisintervall mit Wechsel zu „on demand“ nach 18 Monaten sinnvoll ist. Die MAINTANCAVAS-Studie liefert Hinweise, dass die Steuerung der GPA/MPA-Remissionserhaltung mit Rituximab anhand der B-Zellen effektiver ist als anhand des ANCA-Status – bei allerdings mehr schweren Infektionen. In der neu angelaufenen MAINRITSEG-Studie werden, so Holle, Rituximab und Azathioprin in der Remissionserhaltung bei EGPA verglichen. m
ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN
Fallstricke bei Niereninsuffizienz und kardiovaskulärem Risiko
Die medikamentöse Therapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen (ERE), primär der rheumatoiden Arthritis (RA), unter erschwerten Bedingungen war Thema auf der abschließenden Kongresssitzung. Im Fokus standen Medikamenteninteraktionen sowie Therapiestrategien bei Patienten mit Niereninsuffizienz und/oder erhöhtem kardiovaskulären (CV)-Risiko, was tatsächlich zahlreiche der oft älteren Rheumapatienten betrifft.
Zunächst zur Pharmakotherapie bei Niereninsuffizienz, die von Prof. Dr. Stefan M. Weiner, Trier, beleuchtet wurde. Die Niereninsuffizienz ist, etwa bei RA, mit einer erhöhten CV-Mortalität und einem höheren Infektionsrisiko assoziiert Aufgrund eines oft verminderten Impfansprechens sollte ggf. eine Impftiterkontrolle erwogen werden. Positiv beeinflussen lässt sich eine Progression der Niereninsuffizienz heutzutage in erster Linie mit SGLT-2-Inhibitoren, was für Dapagliflozin eindrucksvoll in der DAPA-CKD-Studie belegt wurde, in der vor allem Patienten mit IgA-Nephropathie extrem profitierten (relative Risikoreduktion 71 %).
Generell bedarf es einer guten Einstellung von mit der Niereninsuffizienz assoziiertem Typ-2-Diabetes oder Hypertonie, bei der oftmals unvermeidbaren Polypharmazie ist gut auf Interaktionen zu achten. Stets zu vermeiden sind Glukokortikoide (GK; vor allem in hoher Dosierung), bei zahlreichen antirheumatischen Basistherapien ist eine Dosisanpassung erforderlich (Cave: Methotrexat [MTX]), auch bei NSAR ist große Zurückhaltung angebracht. Biologika sollten bei Niereninsuffizienz nicht vorenthalten werden, eine Dosisanpassung ist meist nicht nötig, aber erhöhte Vigilanz in Bezug auf Infektionen. Erforderlich ist eine Dosisanpassung bei Januskinase (JAK)-Inhibitoren in Abhängigkeit von der glomerulären Filtrationsrate (bei einer GFR <15 ml/min. ist Filgotinib und ab 15-30 ml/min. Baricitinib kontraindiziert).
MTX und bDMARDs senken kardiovaskuläres Risiko
Bei ERE ist aufgrund der systemischen Entzündung ohnehin das CV-Risiko erhöht, hinzu kommen oft noch traditionelle Risikofaktoren, die nicht immer ausreichend erfasst werden (vor allem Dyslipidämie und Hypertonie). Laut Prof. Dr. Jan Leipe, Hannover, ist das Risiko für CV-Erkrankungen bzw. -Ereignisse um 30-70 % erhöht. Sowohl die Krankheitsaktivität der rheumatologischen Grunderkrankung gilt es gut einzustellen als auch die CV-Risikofaktoren zu adressieren. Bekannt ist, dass bei den antirheumatischen Therapien NSAR das CV-Risiko erhöhen (in einer Metaanalyse um ca. 18 %), noch deutlich riskanter sind aber GK, und zwar umso mehr, je höher die tägliche (>5-10 mg/Tag) bzw. kumulative Dosis (>1.100 mg) und länger die Einnahmedauer ist (>1 Jahr). Bei MTX ist von einer Risikoreduktion im Bereich von 20 bis max. 25 % auszugehen, unter Hydroxychloroquin werden CV-Ereignisse um ca. 28 % reduziert. Bei RA reduzieren TNFα-Inhibitoren das CV-Risiko um weitere 30 %, dies scheint auch für andere bDMARDs (z. B. Abatacept, Tocilizumab) zu gelten. Noch offen ist die Diskussion rund um die JAK-Inhibitoren, nachdem das erhöhte CV-Risiko gegenüber TNFα-Inhibitoren (ORAL Surveillance) sich nur teilweise in Registerdaten widerspiegelt.
Medikamenteninteraktionen im Fokus
Schlägt man, so Prof. Dr. Klaus Krüger, München, etwa bei drugs.com nach relevanten Medikamenteninteraktionen für MTX nach, werden fast alle Biologika und JAK-Inhibitoren genannt. Ein Beispiel, das für unnötige Verunsicherung sorgt, ist die Kombination aus MTX und ASS – diese ist unproblematisch bei MTX in der „Rheuma“-Dosis und Low-dose ASS. Auch die begleitende Einnahme von NSAR (aber besser nicht zeitgleich) stellt kein Risiko dar.
Tatsächlich relevant und auf Platz eins der Hitliste gefährlicher Medikementeninteraktionen in der Rheumatologie ist die Kombination aus Cotrimoxazol und MTX (renale Ausscheidung blockiert, hochtoxische MTX-Spiegel), auch Metamizol sollte nicht mit MTX gegeben werden (Agrunolozyosen!). Nummer zwei ist die Kombination Allopurinol und Azathioprin (erhebliche Knochenmarkstoxizität, Azathioprin-Dosis müsste auf 25 % reduziert werden). Es folgt die Kombination konventioneller NSAR (außer Diclofenac; andere Alternative: Coxibe) mit Low-dose ASS. Auf Rang vier folgen andere NSAR-Interaktionen, so deren Kombination, die Kombination mit GK (jeweils erhöhtes Ulkus-Risiko) mit Antikoagulantien oder SSRI (hohes Blutungsrisiko) und nephrotoxischen Substanzen (z. B. Ciclosporin, CsA). Bei letzterem, aber auch Mycophenolat Mofetil (MMF), ist ein generell hohes Interaktionspotenzial zu beachten. Eine diesbezügliche Neubewertung aller DMARDs inklusive JAK-Inhibitoren seitens der Kommission Pharmakotherapie der DGRh ist derzeit in Arbeit. m
RHEUMA UND SCHWANGERSCHAFT Update zum Einsatz antirheumatischer Therapien
Eine gut kontrollierte Krankheitsaktivität vor, während und nach der Schwangerschaft ist für einen erfolgreichen Ausgang essenziell. Neue Erkenntnisse zu Therapien – vor allem csDMARDs, Biologika und Januskinase (JAK)-Inhibitoren – in diesem Kontext erörterte auf dem DGRh-Kongress PD Dr. Rebecca Fischer-Betz, Düsseldorf.
Während eine neue EULAR-Leitlinie zu dieser Thematik in Arbeit ist, gab Betz ein Update zu Leflunomid. Trotz entsprechender Befürchtungen war darunter kein signifikanter Anstieg des Risiko zu erkennen – ein Schwangerschaftsabbruch ist unnötig. Im Fall der Fälle empfohlen ist ein ggf. 2-faches Auswaschen (2x Blutspiegel <0,02 mg/l), dann scheint trotz Exposition kein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen oder Fehlgeburten vorzuliegen. In puncto Methotrexat (MTX) gibt es bei väterlicher Exposition bislang keine Evidenz für ein erhöhtes Risiko, unklar war die Einschätzung zur Fertilität. In der prospektiven iFAME-Studie zeigte sich nun, dass nach (kurzfristiger) MTX-Therapie in der „Rheuma“-Dosis keine relevante Beeinträchtigung der männlichen Fertilität zu sehen war.
Gut untersucht sind TNFα-Inhibitoren, die – so erforderlich – in der gesamten Gravidität und Stillzeit eingesetzt werden können (selbst bei solchen mit hohem Plazentatransfer kein/kaum erhöhtes Infektionsrisiko im 1. Lebensjahr). Für andere Biologika liegen nur begrenzte Daten vor; in ausgewählten Fällen kann eine Verabreichung bis in das 2. Trimenon erwogen werden, falls keine Alternativen verfügbar sind. Im Falle von Interleukin (IL)-17A-Inhibitoren ist es also ein individuelles Abwägen (bislang kein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten und Fehlbildungen), ebenso bei Tocilizumab, zu dem es (während der COVID-19 -Pandemie) Einzelfallberichte zum Einsatz im 2./3. Trimenon ohne negative Auswirkungen gibt; ggf. wäre hier eine Intervallverlängerung eine Option.
Für JAK-Inhibitoren und Apremilast liegen nur spärliche oder keine Daten zur Schwangerschaft vor, sie sollten daher in dieser Situation vermieden werden. m
Quelle: Sitzung „Happy family: Familienplanung bei entzündlichrheumatischen Erkrankungen, 3.September 2022
JUVENILE IDIOPATHISCHE ARTHRITIS Fast jedes zweite Kind mit Uveitis mit Komplikationen
Die Uveitis tritt bei bis zu 20 % der Kinder mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) auf und kann zu schweren Augenkomplikationen bis hin zum Visusverlust führen. Im Rahmen der prospektiven ICON-Inzeptionskohorte mit 953 de-novo JIA-Patienten wurde die Rate einer 6-monatigen entzündungsfreien Phase oder therapiefreien Remission, die Komplikationsrate und Notwendigkeit einer Augenoperation während der ersten fünf Jahre der Uveitis bestimmt. Die Ergebnisse wurden als Abstract sowie auf einer Kongress-Pressekonferenz von Prof. Dr. Kisten Minden, Berlin, präsentiert.
Patienten, die eine Uveitis entwickelten, wurden regelmäßige augenärztlich untersucht und 3-monatlich die Zellgradzahl der Vorderkammer (AC), die aktuelle Uveitisaktivität (UA) und die der letzten drei Monate, der Visus, UveitisKomplikationen, Augenoperationen und die Therapie dokumentiert. Eine inaktive Uveitis wurde definiert als AC-Zellgrad =0 seit ≥6 Monaten und Remission als inaktive Uveitis ohne topische/systemische Steroide oder DMARDs. Binnen 5 Jahren entwickelten 133 der JIA-Patienten (14 %) eine Uveitis (mittleres Alter 4,2 Jahre), davon waren 75 % weiblich, 85 % ANA-positiv und 69 % hatten eine Oligoarthritis. Bei 24 % der Patienten wurde zu Beginn ≥1 okuläre Komplikation festgestellt, bei 47 % jemals bis zur 5-JahresVisite. Am häufigsten waren hintere Synechien (31 %) und Katarakt (27 %). Eine Augenoperation war bei 9 % erforderlich, die Sehschärfe war bei der Mehrzahl aber gut. Zur 5-Jahres-Visite zeigten über 90 % der Patienten einen Visus von <0,4 LogMAR und 63,5 % sogar von <0,1 LogMAR. Etwa 50 % der JIA-Patienten wurde bereits bei Diagnose der Uveitis mit DMARDs behandelt und ca. 80 % zur 5-Jahresvisite. 55 % der Uveitis-Patienten erreichten eine inaktive Uveitis für ≥6 Monate und 13 % eine therapiefreie Remission 5 Jahre nach Krankheitsbeginn.
Die Rate der okulären Komplikationen ist somit bereits bei der Uveitis-Diagnose hoch und nimmt im Verlauf trotz Therapie zu – nach der JIA-Diagnose sollte daher konsequent ein Uveitis-Screening erfolgen, auch sollten steroidhaltige Augentropen nicht zu lange gegeben und bei unzureichender Wirksamkeit auf Methotrexat oder ggf. bDMARDs eskaliert werden. m