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SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES
SYSTEMISCHER LUPUS ERY THEMATODES
Anti-CD19 CAR-T-Zelltherapie als hocheffektiver Rettungsanker
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Mit der autologen chimären Antigenrezeptor (CAR-)T-Zelltherapie wurden in den letzten Jahren bereits große Erfolge in der hämatologischen Onkologie erzielt. Sie könnte aber auch die Behandlung therapierefraktärer Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) revolutionieren. Nachdem bereits im vergangenen Jahr ein von Georg Schett, Erlangen, und Kollegen veröffentlichter erster Fall für Furore sorgte, legte die Arbeitsgruppe nun mit einer Fallserie von 5 Patienten nach, die nach Intervention innerhalb von 3 Monaten eine Remission erreichten und für bislang 12 Monate keine Medikamente benötigen.
Bei dem teuren und aufwendigen Verfahren werden mittels Leukapherese die T-Zellen des Patienten extrahiert und mit Hilfe viraler Vektoren so transformiert, dass sie Rezeptorproteine exprimieren, die an ein spezifisches Antigen auf anderen Zellen binden, die eliminiert werden sollen. Die transformierten T-Zellen werden dann wieder dem Patienten injiziert, wo sie dann die Zielzellen – bei Malignitäten und auch SLE sind dies B-Zellen – eliminieren. Es handelt sich dabei um eine tiefe Depletion von B-Zellen, die nach Rekonstitution wieder ihre normale Aktivität aufnehmen. Im letzten Jahr konnte auf diese Weise eine 20-jährige Frau nach etwa einem Monat in eine komplette Remission gebracht werden, nachdem sie zuvor auf jede denkbare Medikation, einschließlich einer Anti-B-Zelltherapie mit Rituximab, versagt hatte.
Dieser Erfolg bewog die Arbeitsgruppe die CAR-T-Zelltherapie in einer Pilotstudie bei weiteren therapierefraktären SLEPatienten (n=5, 4 Frauen und ein Mann, im Alter zwischen 18 und 24 Jahren) zu explorieren. Zu Baseline lag der SLEDAI-2KScore zwischen 8 und 16 Punkten. Alle Patienten hatten eine Haut- und Nierenbeteiligung, bei 4 waren auch die Gelenke betroffen. In allen 5 Fällen brachten weder Glukokortikoide, Hydroxychloroquin, Belimumab noch Mycophenolat Mofetil einen Erfolg, bei einigen der Patienten auch nicht Rituximab, Cyclophosphamid (CYC) und Azathioprin. Alle Patienten wurden einer T-Zell-Extraktion unterzogen mit ex-vivo Transformation mit dem CD19-Antigen auf B-Zellen als Zielstruktur sowie einer Lymphodepletion mit Fludarabin und CYC. Die CAR-TZelldosis betrug 1x 106 Zellen pro kg Körpergewicht (KG). Nach spätesten einer Woche war die B-Zellzahl bei allen 5 Patienten auf 0 gefallen, was auch nach 30 Tagen noch der Fall war. Andere Immunzellen fielen auch ab, deren Zahl erholte sich nach 2-3 Wochen.
Wie erhofft war quasi keine SLE-Krankheitsaktivität mehr nachweisbar, der SLEDAI-2K sank in Monat 3 bei 4 Patienten auf 0 und auf 2 bei einem Patienten (mit einem Ausgangswert von 16, hier könnte eine bereits gegebene Nierenschädigung eine Rolle spielen), die Proteinurie verschwand ebenfalls. Es wurde durchweg eine medikamentenfreie Remission gemäß den DORIS-Kriterien erreicht, die bis Monat 12 nach der CART-Zelltherapie fortbestand, obwohl es nach durchschnittlich 110 (±32) Tagen zu einer Rückbildung von B-Zellen kam (dabei handelte es sich um naive B-Zellen, deren „Reset“ war somit erfolgreich). Überdies kam es nicht nur zu einem Abfall des dsDNA-Spiegels, sondern bei allen Patienten auch zu einer vollständigen Serokonversion. Es gab keine oder nur milde unerwünschte Ereignisse, zu einem Zytokinfreisetzungssyndrom (aber nur Grad 1) kam es in drei Fällen, ZNS-Effekte blieben aus. Ebenfalls hatten drei Patienten leichtes Fieber, es gab aber keine Infektionen.
Auch wenn die Frage nach der Dauer des Therapieerfolgs offen bleibt und das Verfahren erst noch bei deutlich mehr SLE-Patienten getestet werden muss, sind die ersten Ergebnisse absolut spektakulär – entsprechend soll die CAR-T-Zelltherapie ab dem Jahr 2023 in einer Basket-Studie auch bei anderen schweren Autoimmunerkrankungen untersucht werden. m
LUPUSNEPHRITIS Leflunomid versus Azathioprin in der Erhaltungstherapie
Bei Lupusnephritis (LN) werden zur Erhaltungstherapie primär Mycophenolat Mofetil (MMF) oder Azathioprin empfohlen, wobei MMF in früheren Studien etwas wirksamer erschien. Eine Gruppe chinesischer Rheumatologen um Chunde Bao und Liangjing Lu, Shanghai, prüfte in einer Studienarzt-initiierten prospektiven, multizentrischen, randomisierten Studie mit Langzeit-Follow-up nun die Effektivität von Leflunomid als Erhaltungstherapie bei LN im Vergleich zu Azathioprin – ohne klarem Gewinner.
In die Studie eingeschlossen wurden 270 erwachsene Patienten mit Biopsie-bestätigter aktiver LN aus 7 chinesischen Rheumatologie-Zentren. Alle Teilnehmer hatten zunächst für 6-9 Monate eine Induktionstherapie mit i.v. Cyclophosphamid plus Glukokortikoiden (GK) erhalten.
Jene 215 Patienten, die ein komplettes (CR) oder partielles Ansprechen (PR) erreichten, wurden im Verhältnis 1:1 auf Prednison in Kombination mit entweder Leflunomid (n=108) oder Azathioprin (n=107) als Erhaltungstherapie über 36 Monate randomisiert. Primärer Effektivitäts-Endpunkt war die Zeit bis zu einem renalen Schub, sekundäre Outcomes waren eine Reihe klinischer Parameter, extra-renale Schübe und unerwünschte Ereignisse (UE).
Zu renalen Schüben kam es bei 17 (15,7 %) der mit Leflunomid und 19 (17,8 %) der mit Azathioprin behandelten Patienten, die Zeit bis zu einem renalen Schub unterschied sich zwischen Leflunomid und Azathioprin nicht signifikant (16 vs. 14 Monate; p=0,676). Die 24 h-Proteinurie, Serum-Kreatinin, Serum-Albumin sowie Serum-C3 und -C4 verbesserten sich in ähnlichem Maße. Extra-renale Schübe traten bei 2 Patienten unter Azathioprin und in einem Fall unter Leflunomid auf. Auch die Inzidenz von UE war unter Leflunomid und Azathooprin mit 56,5 vs. 58,9 % vergleichbar.
Die Effektivität und das Sicherheitsprofil von Leflunomid zeigte sich gegenüber Azathioprin in der LN-Erhaltungstherapie als nicht unterlegen, ob es künftig häufiger erprobt wird, erscheint aber eher zweifelhaft. m
Quelle: Ann Rheum Dis 2022; doi: 10.1136/ard-2022-222486
Neue Analyse zu Calcineurin-Inhibitor Voclosporin
Nachdem seit einiger Zeit bei LN mit Belimumab eine neue Therapieoption zur Verfügung steht, wurde nun kürzlich auch der neuartige Calcineurin-Inhibitor Voclosporin in dieser Indikation zugelassen. Cristina Arriens, Oklahoma City (USA), und Kollegen publizierten nun eine integrierte Analyse zur Effektivität und Sicherheit von Voclosporin in einer Dosis von 23,7 mg 2x täglich in Kombination mit MMF und oralen Glukokortikoiden auf Basis gepoolter Daten aus zwei großen Phase-II- bzw. Phase-III-Studien, um auch Aussagen zu Subgruppen treffen zu können.
Bei AURA-LV (Phase-II) and AURORA 1 (Phase-III) handelte es sich um randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studien mit ähnlichem Design und Endpunkten zum Vergleich von Voclosporin mit Placebo in Kombination mit MMF und oralen GK in der Therapie der LN.
Primärer Effektivitäts-Endpunkt der integrierten Analyse war ein vollständiges renales Ansprechen (CRR) nach ungefähr einem Jahr (Daten in Woche 48 aus AURA-LV und Woche 52 aus AURORA 1). Ebenso wurde die Sicherheit erfasst.
In die gepoolte Analyse gingen insgesamt 534 Patienten (268 auf Voclosporin und 266 auf Placebo) ein. Den primären Endpunkt einer CRR nach einem Jahr erreichten signifikant mehr der zusätzlich mit Voclosporin behandelten Patienten (43,7 vs. 23,3 %, Odds ratio, OR 2,76, 95% KI 1,88-4,05; p<0,0001). Auch eine partielle Remission wurde unter Voclosporin signifikant häufiger erzielt, ebenso positive Effekte vor allem auf die Proteinurie. Die Befunde unterschieden sich nicht in den untersuchten Subgruppen (bei verschiedenen Ethnien).
Die Inzidenz von UE war in beiden Gruppen mit 91,4 vs. 87,2 % vergleichbar. Die meisten UE waren nur von milder bis moderater Ausprägung, am häufigsten waren Infektionen und Infestationen (62,2 vs. 54,9 %) sowie gastrointestinale Beschwerden (45,3 vs. 35,3 %). Es gab keine neuen respektive unerwarteten Sicherheitssignale, im Gegensatz zur Phase-II-Studie gab es in Phase-III auch keine erhöhte Mortalität unter dem Calcineurin-Inhibitor.
Die integrierte Analyse der AURA-LV- und AURORA 1-Studie untermauert somit die gute Effektivität und Sicherheit von Voclosporin bei Patienten mit aktiver LN. m
SYSTEMISCHER LUPUS ERYTHEMATODES Kardiovaskuläres Risiko reduzieren – aber wie?
Bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) tragen kardiovaskuläre Ereignisse maßgeblich zur Morbidität und Mortalität bei, an effektiven präventiven Strategien mangelt es jedoch noch. Eine Immundysregulation und metabolische Störungen scheinen eine wichtige Rolle bei der Induktion vaskulärer Erkrankungen bei SLE zu spielen. Der aus der Diabetes-Therapie bekannte PPAR-γ-Agonist Pioglitazon hemmte vaskuläre Schäden und die Immunfehlsteuerung bei murinem Lupus und verbesserte die endotheliale Dysfunktion bei anderen entzündlichen Erkrankungen. US-amerikanische Experten des National Institute of Health (NIH) um Sarfaraz Hasni, Bethesda, prüften nun in einer kontrollierten Pilotstudie, ob Pioglitazon bei SLE die vaskuläre Dysfunktion und kardiometabolische Parameter verbessern kann.
In der doppelblinden Crossover-Studie wurden 80 SLE-Patienten (mittleres Alter 46 Jahre, 90 % Frauen, Krankheitsdauer ca. 13 Jahre) mit mäßiger bis schwerer Krankheitsaktivität (SLEDAI-2K im Mittel 5,1) auf eine Sequenz aus Pioglitazon (30 mg/Tag, hochtitriert auf 45 mg, falls gut vertragen), gefolgt von Placebo für je 3 Monate (nach zwischengeschalteter 2-monatiger Washout-Phase), oder vice versa randomisiert. Primäre Endpunkte waren z. B. der Cardio-Ankle Vascular Index (CAVI) sowie die Pulswellengeschwindigkeit (PWV; zur Bestimmung der vaskulären Steifigkeit) und die Gefäßentzündung im FDG-PET. Die Ergebnisse waren eher gemischt: Bei den 72 die Studie abschließenden Patienten wurde zwar eine signifikante Reduktion des CAVI (-0,32 Punkte; 95% KI -0,10 bis -0,54) unter Pioglitazon versus Placebo beobachtet, bei anderen Endpunkten wie der PWV oder der Entzündung in der PET war aber kein Vorteil erkennbar. Einige metabolische Parameter wie die Insulinresistenz oder die Lipoproteinprofile verbesserten sich hingegen und auch eine signifikante Reduktion zirkulierender NETs wurde unter Pioglitazon nachgewiesen. Die meisten unerwünschten Ereignisse waren mild und konnten mit einer Dosisreduktion wieder beherrscht werden.
Das Fazit der Autoren fällt zwar positiv aus, angesichts des bei längerer Pioglitazon-Gabe doch eher fraglichen Sicherheitsprofils sind aber Zweifel erlaubt. Die Identifizierung neuerer Medikamentenklassen, die eine Modulation des kardiovaskulären Risikos bei SLE ermöglichen könnten, dürfte wohl sinnvoller sein. m
Quelle: Ann Rheum Dis 2022; doi: 10.1136/ard-2022-222658
Infektionsrisiko unter Low dose-Glukokortikoiden im Fokus
Infektionen sind ein wesentlicher Treiber der Mortalität bei SLE, das Risiko hierfür zu minimieren daher ein bedeutendes Ziel zur Verbesserung der Langzeitprognose. Bekannt ist, dass Glukokortikoide (GK) in einer Dosierung ≥7,5 mg/Tag das Infektionsrisiko steigern. Weniger klar ist hingegen, wie sich niedrigere GK-Dosen auf dieses Risiko auswirken. Japanische Rheumatologen um Yuichi Ishikawa, Kanagawa, untersuchten daher in einer prospektiven Kohortenstudie die Assoziation von Infektionen bei SLE und GK-Dosierungen ≤7,5 mg.
Die Studie schloss 509 SLE-Patienten ≥20 Jahre aus einem multizentrischen japanischen Register ein (mittleres Alter 46,7 Jahre, 89 % Frauen, 77,2 % wurden begleitend mit mehreren Immunsuppressiva behandelt). Die Prednisolon-Dosis wurde kategorisiert in die folgenden Abstufungen: 0-2,5, 2,6-5,0, 5,1-7,5 und 7,6-15,0 mg/Tag. Primärer Endpunkt war das Auftreten hospitalisierungspflichtiger Infektionen. Es wurde eine multivariate Analyse mittels zeitabhängiger CoxRegression durchgeführt, um die Hazard ratio (HR) für Infektionen unter den drei höheren GK-Dosierungsstufen mit der niedrigsten (0–2,5 mg Prednisolon) zu vergleichen. Basierend auf früheren Berichten und klinischer Relevanz wurden Alter, Geschlecht und eine Begleittherapie mit Immunsuppressiva als Ko-Variablen selektiert. Zusätzlich wurden zwei Sensitivitätsanalysen durchgeführt.
Während des Beobachtungszeitraums (946,2 Patientenjahre, im Mittel 675,3 Tage) kam es zu 52 Infektionen, die eine Hospitalisierung erforderten. Die Inzidenzen im Vergleich zur Prednisolon 0-2,5 mg-Gruppe waren unter den höheren Dosierungen (ab >5 mg) signifikant höher, so betrug die adjustierte HR 2,69 (95% KI 0,90-7,99) in der 2,6–5,0 mg-Gruppe, 6,80 (95% KI 2,17–21,27) in der 5,1-7,5 mg-Gruppe und 7,68 (95% KI 2,38–24,85) in der 7,6-15,0 mg-Gruppe. Die beiden Sensitivitätsanalysen waren vom Ergebnis her ähnlich und bestätigten somit diese Befunde.
Auch wenn dies in der Praxis oft schwierig ist, weist die Studie doch darauf hin, dass die GK-Dosis möglichst in einen Bereich <5 mg/Tag gebracht werden sollte, um das Infektionsrisiko klein zu halten. m
SYSTEMISCHE SKLEROSE DESIRES-Studie: Weiter positive Daten zu Rituximab
Vor einiger Zeit hatten Ergebnisse die Ergebnisse der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie DESIRES gezeigt, dass Rituximab bei Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) zu einer relevanten Besserung der Hautverdickung im modifizierten Rodnan Skin Score (mRSS) führte. Die japanischen Rheumatologen um Ayumi Yoshizaki, Tokyo, veröffentlichten jetzt die Daten einer 24-wöchigen Open-label-Extension (OLE), sodass nunmehr Resultate über knapp ein Jahr vorliegen.
In die Prüfarzt-initiierte Studie wurden zwischen 2017 und 2018 insgesamt 56 SSc-Patienten im Alter von 20-79 Jahren eingeschlossen, die die ACR/EULARKlassifikationskriterien aus 2013 erfüllten und einen Baseline-mRSS ≥10 aufwiesen. Diese wurden im Verhältnis 1:1 für 24 Woche doppelblind auf Rituximab oder Placebo randomisiert. Nach Abschluss der 24-wöchigen Behandlung erhielten Patienten beider Gruppen (Rituximab, n=26; Placebo, n=20) in einer OLE für weitere 24 Wochen offen Rituximab (375 mg/m2 i.v., 1x wöchentlich für 4 konsekutive Wochen). Der primäre Endpunkt der doppelblinden Studienphase, der mRSS in Woche 24, wurde jetzt in Woche 48 erneut erfasst. Die Sicherheit wurde bei allen Patienten erfasst, die mindestens eine Dosis der Studienmedikation erhalten hatten, die Effektivität bei allen mit mindestens einer Dosis, die einer Evaluation in Woche 24 bzw. 48 unterzogen wurden. Insgesamt schlossen 24 Teilnehmer der Rituximab-Rituximab- und 19 der Placebo-Rituximab-Gruppe die Extensionsphase ab.
In der Rituximab-Rituximab-Gruppe wurde bis Woche 24 eine Verbesserung im mRSS ab Baseline von -5,81 (SD 3,16) verzeichnet, die sich bis Woche 48 noch auf -8,88 Punkte (SD 3,10) verstärkte. In der Placebo-Rituximab-Gruppe verschlechterte sich der mRSS zunächst von Baseline bis Woche 24 um 2,14 Punkte, verbesserte sich dann bis Woche 48 aber um -6,05 Punkte (SD 4,43). Bei je einem Patienten beider Gruppen kam es während der OLE zu einem schweren unerwünschten Ereignis (Cholangitis bzw. Pneumokokken-Pneumonie), nicht aber zu Todesfällen. Zwei RituximabZyklen stellten somit eine relative sichere Therapie dar, die eine anhaltende Verbesserung der Hautverdickung (und auch Lungenfunktion) bei SSc bot. m
Quelle: Lancet Rheumatol 2022; 4(8): e546-e555
Schwedische und britische Experten um Ariane Herrick, Manchester (Großbritannien), untersuchten in einer kleinen Pilotstudie erstmals die Effekte einer oralen Einzeldosis von C21, einem selektiven Angiotensin II-Typ 2-Rezeptoragonist, auf die kälteinduzierte Vasokonstriktion beim im Rahmen einer systemischen Sklerose auftretenden. Raynaud-Phänomen (SSc-RP).
In diese monozentrische randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Cross-over-Phase-IIa-Studie wurden 12 Patientinnen mit langjähriger SSc (medianes Alter 58,.5Jahre, mediane Dauer des Raynaud-Phänomens 19,0Jahre) eingeschlossen, die nach initialem Screening bei zwei 3-7 Tage auseinander liegenden Behandlungsvisiten und dem abschließenden Follow-up-Termin untersucht wurden. Zum Zeitpunkt der ersten Behandlungsvisite wurden die Teilnehmerinnen auf entweder eine einzelne orale Dosis von C21 (200mg) oder Placebo randomisiert, beim zweiten Termin dann auf die jeweils entgegengesetzte Behandlung. 40 Minuten nach jeder Behandlung wurden die Patientinnen einem Standard-Kälteprovokationstest der Hände unterzogen. Primärer Endpunkt der Studie war die AUC (area under the curve) für die Wiedererwärmung jeden Fingers (8 Finger) über einen Zeitraum von 15 Minuten. Ein wichtiger sekundärer Endpunkt war unter anderem die maximale Fingertemperatur nach Wiedererwärmung (MAX). Statistische Analysen wurden mit Hilfe von multifaktoriellen ANCOVA-Modellen durchgeführt.
Für alle 8 Finger zusammengenommen war die mittlere AUC für Wiedererwärmung höher nach der Behandlung mit C21 als nach Placebo (geometrisches Mittel 20046°C*sec vs. 19558°C*sec), womit aber der Nachweis einer statistischen Signifikanz verfehlt wurde (p=0,380). Die maximale Fingertemperatur 15 min. nach Wiedererwärmung war signifikant höher nach C21-Einnahme (geometrisches Mittel 23,5 vs. 22,5°C; p=0,036). C21 zeigte eine gute Verträglichkeit.
Nachdem trotz der geringen Patientenzahl selbst bei Patienten mit lange bestehender SSc eine Verbesserung des RP gesehen wurde, plädieren die Autoren für eine weitere Untersuchung der Substanz. Viel Hoffnung sollte man sich eher nicht machen, da das positive Signal doch sehr klein und kaum klinisch relevant war. m
ENTZÜNDLICH-RHEUMATISCHE ERKRANKUNGEN ILD: Erste Schritte beim diagnostischen Screening
Die interstitielle Lungenerkrankung (ILD) ist bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (ERE) mit einer signifikant erhöhten Morbidität und Mortalität assoziiert. Deshalb ist ein ILD-Screening im Frühstadium, möglichst direkt nach der Diagnose einer ERE, essenziell. Deutsche Rheumatologen um Tobias Hoffmann, Jena, untersuchten daher in einer Fall-Kontroll-Studie den diagnostischen Wert und Nutzen eines schrittweisen ILD-Screenings bei Patienten mit einer neu diagnostizierten ERE.
In die Studie wurden 126 de-novo EREPatienten eingeschlossen. Um die Kohorte (überwiegend mit Kollagenosen, Myositis oder Kleingefäß-Vaskulitis) zu homogenisieren, erfolgte ein Matching auf Alter und Geschlecht. Angewendet wurde ein schrittweiser Screening-Algorithmus, in dem alle Patienten einem Lungenfunktionstest (Lufu) und/oder zusätzlichem Röntgen-Thorax unterzogen wurden. Ergab sich hieraus mindestens ein abnormer Befund, wurde im Anschluss eine HRCT durchgeführt. Mit diesem Ansatz gelang es, jeweils 63 ERE-Patienten mit und ohne ILD zu identifizieren. Im Ergebnis zeigte eine reduzierte Diffusionskapazität (DLCO) von <80 % eine Sensitivität von 83,6 % und Spezifität von 45,8 % für die Detektion einer ILD im Vergleich zu 64,2 bzw. 73,6 % mit dem Röntgen-Thorax. Die Kombination aus reduzierter DLCO und RöntgenThorax bot eine Sensitivität von 95,2 % und Spezifität von 38,7 %. Die zugleich höchste Sensitivität (95,2 %) und Spezifität (77,4 %) wurde mit der Kombination aus reduzierter DLCO (<80 %), Röntgen-Thorax und HRCT verzeichnet. Die häufigsten pulmonalen Abnormitäten in der HRCT waren Michglastrübungen (36,5 %), gefolgt von einem NSIP- (31,8 %) und UIP-Muster (9,5 %). Die Kombination aller drei Verfahren lieferte als einzige Variante eine sowohl hohe Sensitivität als auch Spezifität.
Ein stufenweiser Ansatz beim Screening und zur Identifizierung von ERE-Patienten mit pulmonaler Beteiligung bereits zum Zeitpunkt der Diagnose kann somit sinnvoll sein; um wirklich sicherzugehen, führt aber kein Weg an der HRCT vorbei. m
Quelle: Arthritis Res Ther 2022; 24(1): 107
SYSTEMISCHE SKLEROSE Anhaltende Wirksamkeit von Nintedanib bei ILD
Bei mit systemischer Sklerose assoziierter interstitieller Lungenerkrankung (SSc-ILD) steht mit dem Multi-Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib auch eine antifibrotisch wirksame Therapie zur Verfügung. In der Phase-III-Studie SENSCIS führte Nintedanib zu einer Reduktion der Abnahme der forcierten Vitalkapazität (FVC) nach 52 Wochen bei zugleich in der Mehrzahl der Patienten beherrschbaren unerwünschten Ereignissen. Über die Ergebnisse der Open-label-Extensionsstudie SENSCIS-ON mit längerer Beobachtungszeit berichteten nun Yannick Allanore, Paris (Frankreich), und Kollegen.
In SENSCIS-ON eingeschlossen wurden Patienten, die entweder die SENSCISStudie oder eine Medikamenteninteraktionsstudie (Nintedanib und orale Kontrazeptiva) abgeschlossen hatten. Unerwünschte Ereignisse und Veränderungen der FVC über einen Zeitraum von 52 Wochen in SENSCIS-ON wurden erfasst bei SSc-ILD-Patienten, die Nintedanib zuvor in SENSCIS erhalten hatten und dieses nun weiter in SENSCIS-ON erhielten („fortgesetzte Nintedanib-Gruppe“) und bei Patienten, die zunächst in SENSCIS Placebo bekamen und Nintedanib erstmals in SENSCISON erhielten oder die Nintedanib zuvor für ≤28 Tage in der Medikamenteninteraktionsstudie erhalten hatten und dieses dann erneut in SENSCIS-ON erhielten („neu initiierte Nintedanib-Gruppe“).
In der Gruppe mit fortgesetzter Nintedanib-Therapie befanden sich 197 Patienten, „neu“ initiiert wurde es in SENSCISON bei 247 Teilnehmern. Diarrhöen als häufige und typische Nebenwirkung berichteten 68,0 bzw. 68,8 % der Patienten. Unerwünschte Ereignisse, die zum Therapieabbruch führten, wurden bei 4,6 % der Patienten unter fortgesetzter und bei 21,5 % unter neu initiierter NintedanibTherapie verzeichnet. Die mittlere Veränderung der FVC von Baseline bis Woche 52 in SENSCIS-ON betrug -58,3 ml (SD 15,5 ml) in der Gruppe mit fortgesetzter Nintedanib-Therapie und -44,0 ml (SD 16,2) in der Gruppe, in der Nintedanib neu bzw. erneut initiiert wurde. Auch bei längerer Anwendung über (weitere) 52 Wochen war das Sicherheitsprofil von Nintedanib konsistent und auch die Veränderung der FVC nach (weiteren) 52 Wochen in SENSCIS-ON entsprach gut den Beobachtungen aus der SENSCISStudie, eine anhaltende Wirksamkeit bezüglich der Verlangsamung der Progression der ILD anzeigend. m