Marin: Trotz aller Schwächen dieser Studie einer fachlich aufgemascherlten Beratungsfirma wie Mercer muss man sagen, dass der Schwachpunkt unseres Pensionssystems tatsächlich seine mangelnde Nachhaltigkeit ist. Wahr ist, wir bezahlen das hohe Leistungsniveau unserer Pensionen mit geringer Nachhaltigkeit.
Klare Worte: „Abartiges“ Pensionssystem
Picek: Ich sehe die Mercer-
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In einer Mercer-Studie rangiert Österreich im Bereich Nachhaltigkeit des Pensionssystems an21. Stelle von 30 untersuchten Ländern. Teilen Sie diese Ansicht?
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Wenn es um die Nachhaltigkeit unseres Pensionssystems geht, dann gibt es kaum eine internationale Studie die Österreich dafür lobpreist. risControl hat den Pensionsexperten und Sozialwissenschaftler Prof. Bernd Marin, und Oliver Picek, Chefökonomen der Denkfabrik Momentum zum Talk über die Zukunft des Pensionssystems eingeladen.
gleichgewichtiges, instabiles System. Die tragende erste Säule ist schwer angeschlagen und Österreich ein Nachzügler bei der Eigenvorsorge ic ek und vor allem bei der betrieblichen Altersvorsorge (bAV). Die Mehrheit der deutschen und der EU-Bürger hat eine bAV, in Holland und Schweden über 90 Prozent. Bei uns dagegen ist sie ein Minderheitenprogramm von 4-22 Prozent, eher für die „Oberen Zehntausend“ in staatsnahen Betrieben. Man sollte sie wie die Abfertigung neu demokratisieren, ein flächendeckendes Programm für alle mit Rechtsanspruch. Als elementares Arbeitnehmerrecht gehört es in jeden Kollektivvertrag, in alle Betriebsvereinbarungen und Einzelverträge, unabhängig von Weitblick und Großmut der Arbeitgeber.
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Studie auch sehr kritisch. So sind die Indikatoren, so konstruiert, dass Systeme, die hauptsächlich auf die erste Säule abstellen schlechPicek: Ich bin froh, dass wir von Mag. Christian Sec ter bewertet werden, als solche den Trend, was den Ausbau der die eine private Säule beinhalten. zweiten und dritten Säule betrifft In der Mercer-Studie ist die steuerliche nicht mitgemacht haben. Schon bei den Förderung freiwilliger Arbeitnehmerbeiträge Verwaltungskosten zeigt sich, dass das öfin kapitalgedeckten Systemen ein Kriterium nach dem fentliche Pensionssystem effizienter ist. bewertet wird. Dabei wird automatisch angenommen, dass Immer wenn man in den Kapitalmarkt wenn die private Säule stärker ist, das Pensionssystem beseinsteigt brauche ich Banken und Firmen, ser aufgestellt. die entsprechende Produkte anbieten, Manager, die entlohnt werden und Werbung für die Produkte. Jeder Ist es also gut auf zehnte Euro der Pensionseinnahmen geht dabei in die Verwaltung. Beim staatlich organisierten Umlageverfahren liegt einer Säule zu dieser Satz bei etwa einem Prozent. Zusätzlich ist es bei der stehen? Förderung der dritten Säule immer dann problematisch, wenn Marin: man gleichzeitig die staatliche Säule zurückfährt, was in vielen Nein. PrakLändern passiert und man von den Menschen fordert, die öftisch hafentliche Vorsorge privat zu kompensieren. Bei einem Viertel ben wir bei der Bevölkerung sind jedoch die Einkommen so niedrig, dass 89 Prozent gar nicht in private Vorsorge investiert werden kann. Schließstaatlicher Säule, 4,1 betrieblicher und 6,8 privaBe of ter Säule ein unPr rC 02/2021 | 50 | KOLUMNE