MQ Management und Qualität

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11/2015 | CHF 14.30 / € 13,50

Das Magazin für integrierte Managementsysteme

Brachliegendes Wertschöpfungspotenzial 4 SAQ Qualicon: Permanent im Wandel 6 Nützliches Risikomanagement 18 Qualitätsprüfungen planen 26

Hindernisse in der Innovationspraxis überwinden


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APROPOS INHALT Liebe Leserinnen und Leser Motivierte Berufskollegen kennen diesen Umstand: Man möchte sich einloggen. Bis auf die hängige Botschaft «bad credentials» (Dt.: Schlechte Referenzen) auf dem Screen geht eigentlich nichts im Büro. Technische Unzulänglichkeiten und Leerläufe demotivieren. Sie können jedoch auch Augenblicke für einen Checkup bieten. Kleinere Misserfolge mögen «blockierte Workaholics» noch nicht dazu bringen, an der Welt und sich zu zweifeln. Sie sollten einen jedoch auch voranbringen, insbesondere dann, wenn man mit verschiedenen Disziplinen des Lebens konfrontiert wird. So haben kürzlich Wissenschafter der University of Arizona, Tucson, Ameisen koloriert. Die wohl fleissigsten Subjekte der Insektenwelt wurden auf ihr Arbeitsverhalten hin untersucht (Ergebnisse der Entomologen Daniel Charbonneau und Anna Dornhaus sind unter «Behavioural Ecology and Sociobiology» zu finden; Bd. 69, S. 1459, 2015). Aus dieser Studie könnten geneigte Leser und Leserinnen ableiten: Eine Majorität der Ameisen lässt es ruhig angehen. Die Erhebungen zeigen: 2,6 Prozent der Ameisen arbeiten sehr hart und ohne wirkliche Pausen. Rund drei Viertel der Ameisen arbeiten ab und zu einmal, «lümmeln» aber lange Zeit im Bau herum – dies offenbar mehr als die Hälfte der Zeit. Ein letztes Viertel der Ameisen tut nichts Erkennbares. So könnte ein Schweizer Workaholic schon ins Stutzen geraten: Nichts? Möglicherweise, so eine Hypothese, könnten die auffällig vielen laxen Ameisen Beobachter sein. Insekten, denen man von aussen nicht ansieht, ob sie arbeiten oder nicht. Allenfalls könnten sie auch eine Art Statistiker sein, die hereindrippelnde Ameisen interviewen, etwa darüber, wie die Kollegen Ressourcen richtig proportionieren, oder zumindest darüber, wo die Arbeiterameisen essentielle Werkstoffe aufpicken. Hauptsache – so könnte ein Freizeitforscher denken – jede Ameise kennt ihr Ziel. Jede Ameise ist bestens instruiert, Prozesse mit einer entsprechenden Information abzuwickeln. Möglicherweise gibt es ja Arbeiterameisen beobachtende Stabsameisen, die sofort «checken», dass diejenigen Programme und Technologien, die für Leerläufe sorgen, hinsichtlich kollektiven Zielen zu beseitigen sind. Sicher praktische Erkenntnisse über Ideen- und Innovationsmanagement, Risikomanagement oder über die Planung von Qualitätsprüfungen finden Sie in den nächsten vorliegenden Seiten.

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Brachliegendes Wertschöpfungspotential 4 Von Hartmut Volk

50 JAHRE SAQ

Permanent im Wandel 6 Von Hans-Henning Herzog

« Le contact avec le terrain reste une obligation incontournable » 9 Interview von Michael Merz

BUSINESS EXCELLENCE

Hindernisse bei der Innovationspraxis 12 Von Lisa Bachofen

Die Zukunft in die Gegenwart holen 14 Von Michael Wyrsch

Fruchtbare Ideen 16 Von Thomas Berner

SAQ/SAQ-QUALICON AG

Fokus auf Sicherung der Business Exzellenz 17 Von Ernst Zryd

RISIKEN MANAGEN

Mehrwert für KMU ! 18 Andreas Gitzi, Peter Tschudin

Einblick in das Management in der «Unsicherheitszone» 20 Von Dr. Claudia Meier Magistretti und Dr. Gian-Claudio Gentile

Gelegenheit für «De-Risking» bei Schweizer Pensionskassen 22 Von Michael Merz

QUALITÄT SICHERN

Das Kreuz mit den Produktdaten 24 Von Hubert Surrer und Marc Hankmann

Qualitätsprüfungen planen, anpassen und daraus lernen 26 Von Jan Kukulies und Robert Schmitt

RUBRIKEN Szene Produktenews Agenda/Impressum Michael Merz Redaktor MQ Management und Qualität 11/2015

Verbandsnachrichten

MARKT-INFOS 10 28 30

Meetingpoint Marketplace

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Titelbild: Antrey – fotolia.com 3


FLASH Beschwerdemanagement

Brachliegendes Wertschöpfungspotential Von Hartmut Volk

Unzufriedene Kunden sind keine Seltenheit. Eine Seltenheit hingegen ist das professionelle Bemühen der Unternehmen, diese Unzufriedenheit in Zufriedenheit zurückzuverwandeln. Bernd Stauss, emeritierter Professor für Dienstleistungsmanagement, hat kürzlich die 5. vollständig überarbeitete Auflage seines Standardwerks «Beschwerdemanagement – Unzufriedene Kunden als profitable Zielgruppe» veröffentlicht.

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as folgende Interview ver­ sucht Antworten auf die Frage weshalb sich die Unternehmen meist nur recht halbherzig mit Kundenbe­ schwerden und Reklamationen befassen. Professor Stauss, Sie freuen sich über das Erscheinen der 5. Auflage Ihres Beschwer­ demanage­ mentbuches. Im Gegen­ satz dazu ist der nach wie vor wenig

Prof. Dr. Bernd Stauss.

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professionelle Umgang mit un­ zufriedenen Kunden keine Freu­ de. Warum? Bernd Stauss: Wissen Sie, es gibt Fehlvorstellungen, die haben sich einfach festgesetzt. Eine solch hartnäckige Fehlvorstellung ist die Annahme, ein sinnvolles Be­ schwerdemanagement kostet nur Geld, bringt aber nichts ein. Dabei liegt in diesem Bereich noch ein ganz beachtliches Wertschöp­ fungspotenzial brach. Doch das wollen die Unternehmen einfach nicht wahrhaben. Und so machen sie den Feh­ ler, sich mit der an sie her­ angetragenen Unzufrie­ denheit meist mehr schlecht als recht zu befas­ sen anstatt sie konse­ quent auszu­ räumen und die Ku n ­ den ii­

wieder für sich zu gewinnen. Und die Quittung für diese, Pardon, unprofessionelle Stümperei be­ kommen sie dann erfahrungsge­ mäss auch prompt: Die nun erst richtig verärgerten Kunden wandern ab und sind wiederum erfahrungsgemäss meist für im­ mer verloren. Wo liegt der entscheidende Denkfehler, der für die Misere des derzeitigen Beschwerde­ managements verantwortlich ist? Nun ja, im Grundsätzlichen wie gesagt darin, dass das Wertschöp­ fungspotenzial, das in einem durchdachten Beschwer­de­mana­ gement zweifelsfrei schlummert, einfach nicht gesehen wird. Und aufgrund dieser Blindheit setzen die Unternehmen auf den ersten Fehler einen zweiten drauf! An­ statt eine konsequente Strategie der Minimierung von Kundenver­ lusten durch Unzufriedenheit zu fahren, verstärken sie ihre An­ strengungen zur deutlich teure­ ren Neukundenakquisition, erhö­ hen dazu die Werbe- und Ver­ triebsbudgets, suchen aber ver­ stärkte Kostensenkungspotenzia­ le im Customer Care. Damit ins­ tallieren die Unternehmen genau den Treibsatz, der die unzufriede­ nen Kunden nun endgültig gera­ dezu aus dem Haus treibt. Das ist ein eindeutig kontraproduktives Lassen einerseits und Tun ande­ rerseits!

Aber was zum Teufel blockiert die Einsicht in diese Zusam­ menhänge und damit die Bereitschaft, in Sachen «Beschwerdemanagement» die Verhaltensweichen neu zu stellen? Na ja, wenn Sie so wollen, wieder mal Menschliches, allzu Mensch­ liches. Schauen Sie sich das ganz normale menschliche Reaktions­ verhalten auf Kritik an. Die meis­ ten sperren sich dagegen. Kritik und die Kritiker dürfen nicht mit überschäumenden Wertschät­ zung rechnen. Und Unterneh­ men sind nun mal auch nur ‹Menschen›. Und deshalb gibt es in den Unternehmen schon mas­ sive Widerstände gegen den Be­ griff ‹Beschwerde›. Er wird unmit­ telbar mit Kritik, Ärger und Zu­ weisung von Schuld verbunden. So vermeiden Unternehmen die­ sen Begriff auch möglichst sowohl in der Kommunikation von Kon­ taktangeboten als auch bei der Bezeichnung der entsprechenden Ansprechstellen. Überall stossen Sie auf die Verzuckerung der Sa­ che: Kontakt, Service, Feedback. Und weil diese Scheu vor Kritik, diese Angst, das Kind beim Na­ men zu nennen und den Tatsa­ chen beherzt ins Auge zu blicken, nun mal da ist, herrscht in den meisten Unternehmen auch die Tendenz, die Beschwerdezahlen zu (unter)drücken. Das fängt schon bei der Einordnung einer Kundenäusserung an. Fast immer gibt es eine intensive Diskussion

Buchtipps – Bernd Stauss/Wolfgang Seidel: Beschwerdemanagement – Unzufriedene Kunden als profitable Zielgruppe. Hanser Verlag, München, 5. vollständig überarbeitete Auflage 2014, 670 Seiten, CHF 50.90 – Bernd Stauss: Wenn Thomas Mann Ihr Kunde wäre – Lektionen für Servicemanager. SpringerGabler, Wiesbaden 2012. 210 Seiten, CHF 37.90

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FLASH

darüber, was denn eine Be­ schwerde sei, wobei eine grosse Neigung besteht, darunter nicht jede Äusserung von Unzufrieden­ heit zu verstehen, sondern mög­ lichst nur Meldungen objektiv feststellbarer Fehler. Auf diese Weise werden Beschwerdezahlen künstlich kleingerechnet. Das ist selbstschädigender Selbstbetrug. Beschwerden und Reklamationen sind also ein absolut ungeliebtes Kind in der Unternehmens­ familie? Was die Praxis doch wohl hinrei­ chend belegt, oder? Und das Ver­ rückte an der Sache ist nun: Die Unternehmen installieren ein mit­ unter durchaus aufwendiges Ver­ besserungsmanagement, schüt­ ten durchaus auch mal ganz be­ achtliche Summen für Verbesse­ rungsvorsachläge an ihre Mitar­ beiter aus, tun sich aber schwerer als schwer, die über Beschwerden und Reklamationen kostenlos ins Haus getragenen Verbesserungs­ vorschläge unzufriedener Kunden als solche anzuerkennen, zu ak­ zeptieren und auszuwerten. So, und nun brechen wir auch mal ei­ ne Lanze für die Unternehmen. Bei der ganzen Misere um das Be­ schwerdemanagement dürfen wir einen wiederum menschlichen, allzu menschlichen Faktor auf kei­ nen Fall ausser Acht lassen: Mitar­ beiter scheuen, ja hassen die Aus­ einandersetzung mit unzufriede­ nen Kunden geradezu, auch des­ halb, weil diese Kunden fern jeder feinen englischen Lebensart und gebotenen Contenance gern die Sau rauslassen! Wer lässt sich schon ungerührt selbst bei kleinen und kleinsten Abweichungen vom Erwarteten gottergeben hem­ mungslos beschimpfen? Oder hinters Licht führen! Tja, beides ist leider in wachsen­ dem Masse an der Tagesordnung. Kunden fallen zunehmend nicht nur mit enthemmtem Verhalten auf, sondern auch mit Übertrei­ bungen bei und im Erfinden von MQ Management und Qualität 11/2015

Beschwerden und Reklamatio­ nen. So wie der Versicherungsbe­ trug nahezu zum Volkssport ge­ worden ist, so wird auch zuneh­ mend versucht, sich beschwerend oder reklamierend Vorteile zu ver­ schaffen. Doch die möglicherwei­ se durch das Vorspiegeln falscher Tatsachen entstehenden Schäden wiegen oft leichter als die Misshel­ ligkeiten, die ein Kunde aus unge­ bremster Wut über eine unprofes­ sionelle Reaktion auf eine Be­ schwerde oder Reklamation für das Unternehmen beispielsweise in der Netzgemeinde heraufbe­ schwören kann. Dennoch müssen Unternehmen keineswegs betrü­ gerisches Verhalten belohnen, ge­ nauso wenig wie Mitarbeiter be­ leidigendes Verhalten hinzuneh­ men haben. Strategisch wie tak­ tisch bedachtes, Nach- und Vor­ teile sorgfältig abwägendes Vorge­ hen sollte also auch vor dem Be­ schwerdemanagement nicht Halt machen. Was aber an der grund­ sätzlichen Tatsache nichts ändert: Die Krux im Umgang mit Be­ schwerden und Reklamationen ist im Ursprung kein Reaktionspro­ blem, sondern ein Aktionspro­ blem. Frustrierte Kunden wenden sich mehr und mehr unmittelbar an Inhaber oder Vorstandsmitglie­ der in der Hoffnung, hier Gehör zu finden, eine persönliche Antwort und Hilfe zu bekommen. Eine Hoffnung, die meist auf Sand ge­ baut ist, werden diese Eingaben doch erfahrungsgemäss auf der Stelle nach unten weitergereicht und die Sache nimmt ihren be­ kannten unrühmlichen oder aus der Sicht der Unternehmen schäd­ lichen Gang. Diesem einerseits unwürdigen, andererseits unpro­ duktiven Gang der Dinge sollte ein Ende gemacht und ein der Unter­ nehmensgrösse angemessenes Beschwerdemanagement ins Le­ ben gerufen werden. ■

Fehlendes Beschwerdemanagement: Ursachen Falsches Führungsverhalten: Die Unbeliebtheit von Kundenkritik und die Tendenz zu deren Unterdrückung wird von Vorgesetzten gefördert, die immer noch Beschwerden eher dazu nutzen, Schuldige zu suchen als die Voraussetzungen für die Vermeidung zukünftiger Probleme zu schaffen. Deshalb werden Beschwerden, die eigentlich als Informations-«Geschenk» des Kunden anzusehen sind, von Mitarbeitern keineswegs positiv empfunden, sondern als unheilvolles Danaergeschenk mit Droh- und Bedrohungscharakter. Fehlerhafte Controllinginstrumente: Auch Controllingmechanismen fördern diese Tendenz. So wird in vielen Balanced Scorecard die Beschwerdezahl als (negative) Kennzahl verwendet. Damit werden alle Bemühungen konterkariert, unzufriedene Kunden zu einer Beschwerde zu ermuntern, um auf diese Weise dem Unternehmen die Chance zu geben, die wertvolle Kundenbeziehung zu halten und aus der angesprochenen Problematik zu lernen. Unkenntnis des Ausmasses der Kundenunzufriedenheit: Die meisten unzufriedenen Kunden beschweren sich nicht. Zudem werden insbesondere persönlich vorgebrachte Beschwerden von den annehmenden Mitarbeitern aus besagten Gründen häufig nicht erfasst oder weitergeleitet. Die nicht-artikulierten und nicht-registrierten Beschwerden machen den weitaus grössten Teil (bis zu 90 %) des «Verärgerungs-Eisbergs» aus, den das Management nicht sieht. Damit werden Unzufriedenheit und Abwanderungsgefährdungen unterschätzt. Dies erfolgt auch, weil die üblichen Zufriedenheitsbefragungen fast immer hohe, sehr positive, Werte ergeben. Allerdings erfolgt hier häufig eine Fehlinterpretation, weil die Loyalitätswirkung von Zufriedenheit überschätzt und die Abwanderungsneigung unzufriedener Kunden unterschätzt wird. Unterschätzung alternativer Handlungsoptionen unzufriedener Kunden: Durch ein unprofessionelles Beschwerdemanagement setzen sich Unternehmen in steigender Tendenz der Gefahr aus, sich gegen via Facebook und Twitter etc. verbreitete gehässige und meist überzogene Anwürfe frustrierter Kunden zur Wehr setzen zu müssen und die im Netz zirkulierenden Schmähungen irgendwie wieder einzufangen. Die geradezu brachial enthemmte Weise, in der Teile der Öffentlichkeit mittlerweile auf alles und nichts reagieren, muss die Unternehmen davor warnen, Beschwerde führende und reklamierende Kunden abzuwimmeln oder mit Links irgendwie abzuspeisen. Oder, was auch an der Tagesordnung ist, überhaupt nicht zu reagieren. Unzureichender unternehmerischer Stellenwert: Zu den innerbetrieblichen Barrieren gehört auch der unzureichende Stellenwert des Beschwerdemanagements. Während Vertrieb und Marketing als Umsatzbringer verstanden werden, gilt der Service primär als Kostenfaktor. Deshalb gehen Budgetkonflikte fast immer zu Lasten des Service. Dass die Kosten des Service unternehmensintern verursacht werden, wird nicht berücksichtigt, eine innerbetriebliche Kostenzurechnung erfolgt in der Regel nicht. So werden auch Vertrieb und Marketing für Neukundengewinnung gelobt und belohnt, für von ihnen verursachte Abwanderungen aber nicht bestraft. Ungenügende Personalausstattung: Höchst ungünstig auf die angemessene Bearbeitung von Beschwerden und Reklamationen wirkt sich auch die ungenügende Personalausstattung für Beschwerdeannahme und die Reaktion darauf aus. Und das umso mehr, da die Ansprüche der Kunden auch in Bezug auf Reaktionszeiten immer mehr steigen. Verschärft wird das noch dadurch, dass auch für die internen Folgeprozesse gar keine Zeit eingeplant wird. Mittlerweile ist nahezu überall die Personaldecke viel zu knapp bemessen, sodass die Arbeitsverdichtung allen zu schaffen macht. Misshelligkeiten, die von Kunden an die Mitarbeiter herangetragen werden, verlangen von denen, in die ohnehin schon mehr als vollgepackte Arbeitszeit noch mehr hineinzuquetschen. Dadurch entstehen zusätzliche Probleme. Mangelnde interne Integration: Die mit dem Beschwerdemanagement Befassten haben zu wenig Möglichkeiten, die von ihnen aufgenommenen Probleme unternehmensintern zu Gehör zu bringen. Es bedarf einer völlig neuartigen Verzahnung von Marketing, Qualität und Service mit einer klaren Gewichtsverlagerung zugunsten des Beschwerdemanagements. Nur so lassen sich die durch Unzufriedenheit gefährdeten Umsatz- und Deckungsbeitragspotenziale schnell, umfassend und dauerhaft sichern.

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50 JAHRE SAQ Die SAQ-QUALICON AG

Permanent im Wandel

Das heisst, die Lernformen verändern sich? Das Bildungswesen ist sehr stark im Wandel. Und zwar in grossem Tempo, getrieben durch die Tech­ nologie, die heute ganz andere Möglichkeiten bietet.

Von Hans-Henning Herzog

Die SAQ-QUALICON AG hat einen guten Ruf in der Schweiz. Aus- und Weiterbildung im Qualitätsbereich sind ihr Markenzeichen. Doch der Markt verlangt ständig Anpassungen und Innovationen. Seit 2007 ist Beat Häfliger ihr Geschäftsführer. Im MQ-Interview zeigt er auf, wo die Herausforderungen liegen.

setzte Regeln, die sie einhalten müssen, und wir möchten mög­ lichst viel von unseren eigenen Er­ fahrungen und Kompetenzen ein­ bringen. Das ist dann ein Prozess, den wir aushandeln. Es ist kein Zufall, dass wir heute mit Fach­ hochschulen kooperieren, die eine private Trägerschaft haben.

Die SAQ-QUALICON AG ist wirtschaftlich gut aufgestellt. Weshalb? Beat Häfliger: Ein Punkt ist ent­ scheidend: Wir konnten uns in der Schweizer Bildungslandschaft eta­ blieren. Wir bieten zusammen mit unseren Ausbildungspartnern eid­ genössisch anerkannte Abschlüs­ se an. Das hat uns ganz neues Marktpotenzial erschlossen.

Und gibt es da einen Gewinner? Master-Studiengänge sind eine Kooperation, wo beide Partner idealerweise zu 50 Prozent ihre Leistungen erbringen. Eidgenössi­ sche Abschlüsse kann nur die Hochschule bzw. die Höhere Fach­ schule erteilen. Wir liefern eigene Pakete, für die wir zuständig sind.

Was sind das für Abschlüsse? Begonnen haben wir 2007 mit Nachdiplomen für Qualitätsma­ nager auf der Ebene Höhere Fach­ schule. Seit 2010 umfasst unser Angebot zusätzlich Weiterbil­ dungs-Master (MAS) und Certifi­ cate of Advanced Studies (CAS) auf der Ebene Fachhochschule. Das sorgte für den Durchbruch? Ja, das waren wichtige Meilenstei­ ne. Ein weiterer war der Umzug 2011 nach Olten. Hier können wir uns für unsere Kunden als profes­

Dr. Hans-Henning Herzog, langjähriger MQ-Chefredaktor, 3013 Bern, henninghz@bluewin.ch.

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sionelles Weiterbildungsinstitut präsentieren, das ist unsere Stärke. Und die braucht es im Wettbewerb? Der Weiterbildungsmarkt, der ist brutal. Unsere Hauptkonkurren­ ten sind in vielen Themenberei­ chen die Fachhochschulen. Sie sind hochinnovativ, haben For­ schungsprojekte, sie wissen im­ mer, was neu kommt. Und vor al­ lem können sie ihre Aktivitäten mit beneidenswert hohen Marke­ tingbudgets auf dem Markt plat­ zieren. Schwer, da mitzuhalten? Das ist eine Herausforderung. Deshalb ist es für uns wichtig, dass wir uns differenzieren, mit unserer Philosophie und eigenen Themen. Auf der anderen Seite pflegen wir auch die Zusammen­ arbeit, indem wir als Partner mit den Fachhochschulen Weiterbil­ dungs-Master anbieten. Wie läuft da die Kooperation zwischen einer staatlichen und privaten Organisation? Das ist die grosse Kunst. Fach­ hochschulen haben vom Staat ge­

Abschlüssen finden an den Stand­ orten unserer Partner HWZ und SIB in Zürich statt. Heute ist alles modular. Jeder kann in seinem Tempo und seiner Intensität seine Ausbildungsziele erreichen.

Die Teilnehmer pendeln also zwi­ schen Hochschule und Olten? Sie besuchen Module. Die meis­ ten Module mit eidgenössischen

Wie stellen Sie sich dieser Herausforderung? Es gibt neue Lernformen, es gibt E-Learning-Ansätze, das kommt auch bei uns. Das heisst, wir müs­ sen technologisch ganz anders aufgestellt sein. Da haben wir viel investiert, vor allem in den letzten drei Jahren. Wir haben neue Tools entwickelt und unser Team mit einem IT-Spezialisten verstärkt. Früher stand im Unterricht vorne der Dozent und hat was erzählt ... Der Präsenzunterricht bleibt im­ mer noch, ist auch wertvoll. Aber der Anteil der Präsenzzeit im Lernprozess nimmt ab. Heute kann man zu jeder Zeit auch da­ heim lernen. Das heisst, wir müs­ sen den Kunden Lerneinheiten ins Internet stellen, die sie selber

Zur Person Beat Häfliger, Jahrgang 1960, Maschinen-Ingenieur HTL, Dipl. Phil. II, Executive MBA HSG St.Gallen, vor dem Einstieg in den Bildungsbereich u.a. Projektleiter Elektrowatt AG und leitender Auditor bei der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Managementsysteme SQS, ab 2004 Leiter Bildungszentrum SAQ-QUALICON AG, seit 2007 Geschäftsführer. Info: Beat.haefliger@saq-qualicon.ch

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50 JAHRE SAQ

abarbeiten können, wo sie lernen können, Tests zur Lernkontrolle machen, wo sie Transferaufgaben lösen, das läuft alles über Plattfor­ men. Dabei arbeiten wir auch mit Videos, zum Beispiel aktuell zur Revision der ISO 9001 2015. Was bringt diese Flexibilität wirtschaftlich? Die stetige Umsatzsteigerung der letzten Jahre hat auch mit unse­ rem professionellen Auftritt und dem Marketing zu tun. Trotzdem: Wenn der Präsenzunterricht ten­ denziell abnimmt und man sich gratis jedes Lernmittel im Internet abrufen kann, hat das Auswirkun­ gen auf unser Geschäftsmodell. Wir müssen neue Wege gehen, auch das ist eine Herausforderung. Immerhin: Manche Lehrgänge der SAQ-QUALICON sind schon bis Mitte 2016 ausgebucht …

Ja, aber da steckt viel Arbeit da­ hinter. Wir müssen schnell auf Zusatzbedarf reagieren. Heute

Neue Technologie – neues Lernen agiert der Kunde viel dynami­ scher. Ein Ausbildungsbedarf be­ steht, nicht erst nächstes Jahr, sondern subito, und dann geht er ins Internet und schaut: Wo gibts was und wann fängt es an? Das Internet wird für die Kundenwerbung unverzichtbar? Mehr denn je! Wir praktizieren so etwas wie ein Such-Marketing. Wir wissen, welche Wörter bei der Suche gewählt werden, kennen die Bedürfnisse. Wir müssen über das Internet identifizierbar sein. Und unsere Darstellung muss top

sein. Die Ausbildung kann noch so gut sein, wenn sie nicht gefun­ den wird, bleibt der Erfolg aus.

gruppe Medizintechnik zusam­ menarbeiten und die Lehrgänge gemeinsam entwickelt haben.

Welchen Vorteil bringt eine Ausbildung bei der SAQQUALICON? Das Differenzierungsmerkmal in der Weiterbildung ist klar unser Praxisbezug. Wenn unsere Teilneh­ mer Projektarbeiten oder Transfer­ aufgaben machen, ist das immer, ich betone immer, Umsetzung in die Praxis, eine konkrete Lösung in ihren Unternehmen oder im per­ sönlichen beruflichen Umfeld.

Eine Ausbildung also mit eindeutigem Fokus … Medizintechnik ist ein hochregle­ mentierter Bereich, und da ist es existenzbedrohend, wenn die Fir­ men die Fachleute für die Zulas­ sung von Produkten in neuen Märkten nicht finden. Da herrscht ein enormer Druck.

Was auch für die Kursentwicklung neue Akzente setzt? Ja. Ein weiterer Grund dafür, dass wir so gut dastehen, ist die Speziali­ sierung auf Branchen. Eine Erfolgs­ geschichte ist zum Beispiel Medi­ zintechnik, wo wir eng mit dem Medical Cluster und der SAQ-Fach­

Wie geht man da vor? Wir haben aus Experten ein Ent­ wicklungsgremium gebildet und analysiert: Was sind die Bedürfnis­ se, welcher Rucksack wird zukünf­ tig gebraucht? Wir haben Bedarfs­ erhebungen und Online-Befra­ gungen gemacht und einen ent­ sprechenden modularen Lehrgang entwickelt. Der Lehrgang ist ein Erfolg und die Zusammenarbeit

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mit den Branchenvertretern ist ext­ rem konstruktiv, ein tolles Erlebnis. Medizintechnik-Themen sind hochspezialisiert … Ja, deshalb müssen wir die Exper­ ten aus den Firmen, aus der Praxis haben. Diese Praktiker sind jetzt bei uns Autoren und Dozenten. Die Zufriedenheit der Teilneh­ menden mit Form und Inhalt ist extrem hoch. Sie stellen denen Ihre Infrastruktur zur Verfügung? Ja, es läuft alles über unser Bildungs­ zentrum und wird vom Produktma­ nager, der die Szene gut kennt, orga­ nisiert und weiterentwickelt. Wollen Sie dieses Erfolgsmodell weiter ausbauen? Wir sind dabei. Im Fokus ist das Gesundheitswesen das wollen wir auch branchenspezifisch ver­ tiefen. Wir haben heute schon ei­ nen Lehrgang, der spezifisch auf die Bedürfnisse in der Branche ausgerichtet ist. Dieses Angebot wollen wir ausbauen. Deshalb ar­ beitet jetzt eine Ärztin bei uns, die das Thema vorantreiben wird. Das Gesundheitswesen ist ja gigantisch in der Breite … Wenn wir Lehrgänge machen, er­ heben wir immer zuerst die Be­ dürfnisse. In diesem Fall mittels einer Online-Befragung plus zu­ sätzlichen Interviews. Und zwar stufengerecht auf allen Hierar­ chiestufen bis zu den CEOs der Spitäler und anderer Institutio­ nen im Gesundheitsbereich. Aus diesen Befragungen hat sich ein klares Thema Nr. 1 ergeben: Effizi­ enz und Kostenoptimierung. Da herrscht ein Riesendruck. Und die Organisationen haben das Prob­ lem, dass sie zu wenige Fachleute mit dem relevanten Fach- und Methodenwissen dafür haben. Der Druck wird von politischer Seite aufgebaut … Ja, aber es gibt auch immer mehr technologische Möglichkeiten. 8

Zum Beispiel verändern sich allein durch die Einführung elektroni­ scher Patientenakten viele Prozes­ se, aber auch Rollen, Tätigkeiten, Berufswahrnehmungen. Das muss alles umgesetzt werden. Was zu­ dem spannend ist und was wir be­ obachten, ist die Renaissance von Kaizen und Lean Management. Da geht jetzt wieder voll die Post ab. Gibt es so etwas wie einen Klassi­ ker im Weiterbildungsangebot? Das ist wahrscheinlich immer noch der Qualitäts- und Prozess­ manager. Aber, und das ist ein wichtiger Punkt, das Berufsprofil verändert sich. Früher haben wir Spezialisten für Qualitätssysteme ausgebildet, das war der Stan­ dard. Heute bilden wir Qualitätsund Prozessmanager als Genera­ listen aus. Der zukünftige Quali­ täts- und Prozessmanager hat ei­ gentlich nur eine Existenzberech­ tigung, nämlich die, dass die Er­ gebnisse der Organisation besser werden. Das ist eine völlig andere Herausforderung. Das heisst, die Fähigkeit zur Umsetzung wird entscheidend? Früher haben die Leute in solchen Ausbildungen Normen, Methoden und Regulatorien gelernt, ISO 9001 etc., tagelang, das machen wir heu­ te eher nebenbei. Was sie heute zu­ sätzlich wissen müssen, ist: Wie gehe ich mit Menschen um, mit Machtkonstellationen, mit Vorge­ setzten, wie finde ich die richtige Methode zur Prozessverbesserung im richtigen Kontext, wie kann ich mich strategisch positionieren? Kurz: Wie finde ich meine Rolle im Qualitätsmanagement! Wie würden Sie diese Rolle definieren? Ich sage das immer so: Der Quali­ tätsmanager wird immer mehr – und da rede ich primär von KMUs – zum Unternehmensentwickler. Heute sehen wir Qualitätsmana­ ger, die Karriere machen und weit hoch kommen. Weil sie nicht nur eine enge Fachverantwortung ha­

ben, sondern auch die Kompe­ tenzen, um sich in verschiedenen Funktionen durchzusetzen. Verwischt sich damit nicht das Berufsprofil? Qualitätsmanager haben heute viel anspruchsvollere Aufgaben als früher. Das macht es auch für uns spannend. Wir sind uns si­ cher, es braucht sie immer, diese Fachleute, der Bedarf wird immer da sein, in jeder Firma, in jeder Organisation, die sich über Quali­ tät differenziert, aber ein Quali­ tätsmanager braucht heute breite Kompetenzen. Frage: Ist Business Excellence noch ein Thema? Schwierig zu sagen, ich persönlich finde das Modell ausgezeichnet, vor allem für die Unternehmens­ entwicklung. Gerade im Gesund­ heitswesen ist die Anwendung des Ansatzes relativ weit verbreitet. In unseren Beratungen greifen wir immer darauf zurück, gerade bei der Führungsausbildung. Viele Akteure haben das Modell einfach falsch eingesetzt. Quasi als Quali­ tätsmanagementsystem. Aber das ist es nicht. Es ist mehr eine Denk­ weise, es hilft die relevanten Fra­ gen zu stellen und mittels BestPractice-Ansätzen die eigene Or­ ganisation weiterzubringen Was spielt im Beratungsbusiness noch eine Rolle? In Unternehmen ist Six Sigma heu­ te viel bedeutender als EFQM. Ex­ tern wie inhouse machen wir heute viel mehr Six-Sigma-Ausbildungen. Kaizen ist auch wieder ein Thema. Der Trend zu mehr Regulatorien schlägt sich auch in unserer Bera­ tungstätigkeit nieder. Im Fokus ste­ hen hier neben Medizintechnik und Gesundheitswesen auch die Themen Security und Safety. Beratung bleibt eine Kerntätigkeit? Sie ist Teil unseres Geschäftsmo­ dells, umsatzmässig macht das et­ wa ein Viertel aus. Hauptbusiness

ist die Bildung. Unsere Vision ist klar: Wir sind das führende Kom­ petenzzentrum für Qualität. Wir befähigen und unterstützen Per­ sonen und Unternehmen. Als Be­ ratungsunternehmen kann man uns ersetzen, es gibt genug andere. Aber als Ausbildungsorganisation sind wir einzigartig. Für Qualitäts­ sicherung zum Beispiel, die immer noch sehr wichtig ist, gibt es kaum Alternativen in der deutschspra­ chigen Schweiz. Spürt SAQ-QUALICON die Wirtschaftsentwicklung? Ja natürlich. Es ist immer das glei­ che Spiel. Wenn Kosten gespart werden, trifft das zuerst das Aus­ bildungsbudget. Weil man da noch nichts getan hat, was kurzfristig wehtun könnte. Der Effekt ist schon da: Industriekunden schi­ cken weniger Leute in die Ausbil­ dung. Aber das kompensieren wir mit neuen Zielgruppen und inno­ vativen Angeboten im Dienstleis­ tungsbereich. Ohne neue Angebote ginge es nicht ständig aufwärts? Jedes Produkt der SAQ-QUALICON hat einen Lebenszyklus. Neben un­ seren Klassikern gibt es häufig ei­ nen Hype und der verschwindet auch wieder. Deshalb müssen wir dauernd neue Bedürfnisse frühzei­ tig erkennen. Zurzeit läuft es ext­ rem gut, wir sind super aufgestellt und haben sehr gute Mitarbeiterin­ nen und Mitarbeiter. Ein extrem professionelles Team. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich. Qualität verleiht immer noch Flügel? Ja. Wer Qualität liefert, hat im Markt klare Vorteile. Die Frauen und Männer, die heute im Quali­ tätsthema tätig sind, die haben ein Label in der Berufsbezeich­ nung, das zeitlos ist. Und: Quali­ tätsfachleute werden auch zu­ künftig immer gefragt sein. Beat Häfliger, vielen Dank für das Gespräch. ■ MQ Management und Qualität 11/2015


50 JAHRE SAQ ARIAQ, l’institut de formation

« Le contact avec le terrain reste une obligation incontournable » Interview Michael Merz

« Management & Qualität » apporte son soutien actif au sujet « 50 Jahre SAQ ». Plusieurs articles et interviews traitent des aspects et exigences pour soutenir la « qualité » en Suisse. Ci-joint vous trouverez de plus amples éclairages de Raphaël Granges, Directeur d’ARIAQ, et membre du comité central SAQ. Dans quel contexte l’institut ARIAQ travaille-t-il aujourd’hui ? Actif depuis près de 25 ans dans le domaine de la qualité, le centre de formation ARIAQ a vécu plusieurs cycles significatifs. Le centre de formation appartient aujourd’hui à 100 % à la SAQ. Pour répondre aux projets de certification des entreprises, ARIAQ a proposé des formations afin d’aider à mettre en œuvre des systèmes de ma­ nagement basés sur la série des normes ISO-9000. Aujourd’hui ARIAQ travaille plus sur l’aspect de l’efficience plutôt que sur celui de la conformité et cela aussi pour les services et l’administration.

Raphaël Granges, Directeur d’ARIAQ. Premier senior assesseur EFQM de la Suisse, il accompagne bon nombre d’organisations dans l’atteinte de leurs objectifs opérationnels, voire d’Excellence.

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Quel est l’aspect le plus singulier de votre centre de formation ? Il s’agit certainement de la lutte permanente pour survivre. Un ins­titut de formation privé ne vit que par la qualité de ses presta­ tions. En finalité nous devons mettre en pratique ce que nous prônons dans nos formations, ce qui n’est finalement pas si mal ... Ressentez-vous une concur­ rence particulière touchant vos activités principales ? Nos activités sont en grande partie concentrées sur la Suisse romande. Récemment nous avons été man­ datés par un groupe international pour donner des formations en de­ hors de la Suisse et au vu de la con­ currence européenne et du franc suisse cela nous a fait grand plaisir. En Suisse, nous pensons connaître particulièrement bien la culture lo­ cale et le tissu économique avec lequel nous sommes en contact

permanent. Les compétences tech­ niques et humaines de nos forma­ teurs sont fort appréciées. Ils ont tous plus de dix ans d’expérience terrain et cela compte lors de la ré­ solution de problèmes. Vous êtes présent à Genève et à Yverdon-les-Bains. Quelle différence cela fait-il ? Genève est un marché très dyna­ mique qui nous tient à cœur. La concurrence y est féroce. Par con­ tre, nous pensons que notre ap­ proche de la formation, très axée sur la performance, répond de plus en plus aux besoins des organisa­ tions genevoises. Nous pensons aussi que notre centre de formation à Yverdon-les-Bains bénéficie d’une situation centrale idéale pour l’ensemble des cantons romands. De quelle manière a évolué ARIAQ ces dernières années ? La taille d’ARIAQ n’a pas évolué. Nous sommes toujours une PME. Par contre, notre offre a subi une mutation profonde. Elle s’adresse notamment à une palette d’entre­ prises leader dans leur secteur. Si la formation reste toujours une acti­ vité phare, le conseil s’est dévelop­ pé de manière fort réjouissante ces dernières années. Notre objectif est de trouver en permanence

ARIAQ, équipe actuelle. Raphaël Granges, Directeur (quatrième depuis la gauche).

l’équilibre entre formation et con­ seil et bien sûr entre les concepts théoriques et la pratique de ces concepts sur la place de travail. Nous sommes d’avis que le con­ tact avec le « terrain » reste une ob­ ligation incontournable d’un bon formateur. Un point que nous avons beaucoup développé ces dernières années. ■

Kurz notiert: ARIAQ Die ARIAQ ist seit 1991 aktiv. Heute gehört das KMU zu 100 Prozent der SAQ. Um den Anforderungen von Unternehmenszertifizierungen gerecht zu werden, bietet die ARIAQ nicht nur ausführliche Kurse, sondern auch Beratungsdienste und Implementationen für ISO-Normen an (siehe etwa ISO-9000). Wie Raphaël Granges, langjähriger Direktor der ARIAQ, gegenüber «Management & Qualität» unterstreicht, lebt ein «Qualitätsinstitut» nicht nur von offensichtlichen Leistungen, sondern von praktischen Erfahrungen. Sowohl die technischen als auch die zwischenmenschlichen Kompetenzen der ARIAQ-Ausbildenden (sie zeigen über zehnjährige Erfahrung) reichen bis über die Schweizer Grenze hinaus. Gleichwohl gibt es regionale Unterschiede, um nicht zu schreiben Dynamiken, die auf das welsche Zertifizierungsinstitut einwirken. Die ARIAQ ist in Genf und in Yverdon-lesBains situiert und sieht sich verpflichtet, höchsten Kundenanforderungen gerecht zu werden. www.ariaq.ch

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SZENE

Airbus Defence and Space arbeitet mit Atos Airbus Defence and Space, ein massgebender Akteur auf dem Markt für Cyber-Sicherheit in Europa, und Atos, ein weltweit führendes Unternehmen im Be­ reich Digital Services, haben die Bündelung ihrer Fähigkeiten be­ schlossen, um die steigende Nachfrage nach Cyber-Sicher­ heitslösungen (Lösungen für er­ weiterte Unternehmen, Tochter­ unternehmen und Lieferketten) zu berücksichtigen. Durch den Schulterschluss können Atos und Airbus Defence and Space besser vom wachsenden CyberIT-Markt profitieren, der bis

Evert Dudok von Airbus Defence and Space (l.) und Philippe Vannier von Atos. 2016 voraussichtlich auf ein Vo­ lumen von 84 Milliarden USDollar ansteigen wird (Gartner Mai 2014).

Schweizerische Post baut E-Health-Bereich aus Erst im Juni 2015 hatte die Post Partnerschaften mit dem vom Ärzteverband FMH gegründeten Health Info Net (HIN) und der Berufsgenossenschaft der Schweizer Apotheker (Ofac) bekannt­ gegeben. Die Schweizerische Post stellt seit mehreren Jahren nicht nur Briefe und Pakete zu, sondern auch elektronische Ge­ sundheitsdaten. So verschickt sie über ihre E-Health-Plattform vivates beispielsweise Behandlungspläne in verschlüsselter digi­ taler Form von Ärzten zu Spitälern. Die Übernahme von hcri mit Sitz in Zürich stelle einen weiteren wichtigen Schritt dar, heisst es in einer Mitteilung. hcri gehört zur Marktführerin im «daten­ gestützten Qualitätsmanagement von Prozessen und in der In­ formationsverarbeitung im Gesundheitswesen». hcri (17 Mitar­ beitende) kann über 400 Institutionen wie Spitäler, Kliniken und Pflegeeinrichtungen zu ihren Kunden zählen.

__Infos: www.post.ch

Swiss Risk & Care begrüsst AD Conseils Swiss Risk & Care (SRC), das als Erstes seiner Art in der Romandie tätig ist, begrüsst die Gesellschaft AD Conseils als neues Mitglied in seiner Mitte. AD Conseils hat sich innerhalb kurzer Zeit als ein füh­ render Akteur in der Lebensversicherungsbranche etabliert. Der Gründer und Geschäftsführer von AD Conseils, Antonio d’Attoli, bleibt selbstverständlich an der Spitze seines Unternehmens. Das Maklerbündnis Swiss Risk & Care bietet Dienstleistungen in allen Bereichen der Versicherung und Vorsorge an. Die Fachleute von SRC erarbeiten und managen massgeschneiderte Lösungen, die genau an den jeweiligen Kunden angepasst werden. Ausserdem bietet SRC auch verwandte Dienstleistungen im Personalmanagement an.

__Infos: www.swissriskcare.ch

Die Zollabwicklung wird digitaler Per 1. Januar 2016 ersetzt die Unternehmensidentifikationsnummer endgültig die Spediteurnummer. Sie muss beim Import mit der Adresse des Empfängers und Importeurs, beim Export mit der Adresse des Ver­ senders angegeben werden. Bereits seit 1. Januar 2014 ersetzt die Unter­ nehmensidentifikationsnummer (UID) die alte MwSt-Nummer in allen 10

Die Stiftung ESPRIX hat einen neuen Namen Die Stiftung ESPRIX heisst neu ESPRIX Excellence Suisse, um die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Organisatio­ nen im Sinne von Business Ex­ cellence am Wirtschaftsstandort Schweiz und Liechtenstein zu fördern. Dazu führt die Stiftung seit 1998 den jährlichen ESPRIXWettbewerb durch. So motiviert ESPRIX Unternehmen und Or­ ganisationen, sich mit den Bes­ ten zu messen und erkennt her­ vorragende Leistungen durch die Verleihung des «ESPRIX

Swiss Award for Excellence» an. Das Konferenzthema für den 10. März 2016 ist bereits be­ kannt: unter dem Sujet «Heraus­ forderungen meistern – exzel­ lent werden» werden hochkarä­ tige, exzellente Schweizer Unter­ nehmen vorgestellt. Weitere Informationen zum «ES­ PRIX Swiss Award for Excellence» (siehe Anmeldungsadresse) fin­ den Sie unter

__Infos: www.esprix.ch

relevanten Dokumenten. Der Zeitpunkt für die Umsetzung der elektro­ nischen Begleitdokumente wurde noch nicht festgelegt. Die produktive Anwendung von eBeanstandungen ist seit 1. Juni 2015 freiwillig und in Absprache mit den betreffenden Zollstellen möglich. eEinzel- und eGe­ neralbewilligungen werden in einem Pilotbetrieb erteilt. Das Projekt eCITES ist derzeit «on hold» und wird kaum vor 2017 an den Start gehen. Detaillierte Informationen und weiterführende Workshops über das UID-Obligatorium bietet die Schweizer Firma www.sisa.ch. MQ Management und Qualität 11/2015


BUSINESS EXCELLENCE

IT-Forum Qualitäts- und Prozessmanagement EXPO & Praxisforum – 16. Juni 2016 Informieren Sie sich über aktuelle Trends und Neuigkeiten bei den spezifischen Software Tools für das Qualitäts- und Prozessmanagement sowie für die Qualitätssicherung. Führende Software-Anbieter bieten Ihnen im Rahmen einer EXPO und an diversen Praxisforen Einblicke in die Leistungsfähigkeit ihrer Systeme und deren Einsatz im Alltag. Jetzt Termin reservieren und anmelden! www.saq-qualicon.ch

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BUSINESS EXCELLENCE Innovation und EFQM

einen Payback versprechen, wer­ den oft gar nicht diskutiert.

Hindernisse bei der Innovationspraxis

Das Problem erfolgreicher Firmen

Von Lisa Bachofen

EFQM fordert eine lernende Organisation, die sich nicht auf Lorbeeren ausruht oder aufhört, sich zu entwickeln. Alle acht Grundkonzepte enthalten Konzepte zur Innovationsförderung. Die neue ISO 9001-2015-Norm ist expliziter, wenn sie verlangt, die Kundenbedürfnisse nicht nur zu erfragen, sondern zu verstehen und das Wissen der Stakeholder nicht nur zu kennen, sondern zu nutzen. Doch wo liegen die Probleme bei der Umsetzung?

E

s herrscht das Bild vor, dass Querdenker schwierig seien. So wenig wie der Hofnarr der Mörder des Königs ist, so wenig sind Querdenker einfach Queru­ lanten. Es gibt etliche, die schwei­ gen und gehen. Andere nutzen zeitliche Freiräume und tun das, was ihnen unter den Nägeln brennt. Sie können nicht gegen die eigene Überzeugung han­ deln. Viele Manager kuschen je­ doch vor dem Verwaltungsrat oder CEO. Und genau diese An­ passungen verhindern Innovati­ on. Wer um seine Position bangt, wird eher bestechlich oder krank und leistet Dienst nach Vorschrift als jemand, der sich sicher fühlt. Sicherheit ist eine Grundbedin­

Lisa Bachofen ist Organisations- und Kulturentwicklerin, Coach, Supervisorin und ist zudem als freischaffende Journalistin tätig. www.bb-com.ch

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gung für das Lernen aus Fehlern und fürs Lernen überhaupt.

Die Probleme der Manager Manager fürchten die Konkur­ renz und dass beim Benchmar­ king ihr eigenes Know-how an­ derswo besser verwendet werden könnte, statt es im eigenen Um­ feld auszuloten. Manager fürch­ ten auch die eigenen Fachkräfte, die zu wichtig werden und die ei­ gene Position gefährden könn­ ten. Sie glauben oft, dass Innova­ tionen mit immensem Aufwand verbunden sind, wie z.B. riesigen Firmenevents, teuren Beratern und wenig Output, während die Produktion vernachlässigt wür­ de. Je stärker sie sich z. B. durch den starken Franken unter Druck fühlen, umso weniger frei fühlen sie sich, unsichere Risiken mit In­ novationen einzugehen. Man fürchtet sich auch vor den Inves­ titionskosten, fehlgeschlagenen

Pilotprojekten und der Unsicher­ heit, dass die Erfolgszahlen da­ durch leiden könnten. Man be­ vorzugt ein sicheres Schrumpfen und Entlassungen gegenüber ei­ nem unsicheren Innovationspro­ jekt. Das Scheitern eines Pilot­ projekts wird oft genug mit Ent­ lassungen quittiert – zum eige­ nen Schaden, weil die Person geht, die den Lernprozess ge­ macht hat. Die andern beginnen von vorn. Dann herrscht vielerorts ein stän­ diges Misstrauen gegen die eige­ nen Angestellten. Chefs glauben, diese gut zu kennen und trauen ihnen keine Innovationen zu. Da­ bei ist es oft umgekehrt – die Chefs wehren innovative Gedan­ ken ab und wundern sich, wenn keine neuen mehr kommen. Manche neuen Ideen werden als Bedrohung der jetzigen Produkte oder Dienstleistungen angese­ hen, weshalb man sie lieber der Konkurrenz überlässt. Und nicht zuletzt wollen viele Firmenchefs keine echte Fehlerkultur pflegen. Fehler werden bestraft, statt darin eine Quelle zur Innovation zu se­ hen. Statt Kritik willkommen zu heissen, wehren sie diese ab. Zu­ letzt scheitern Innovationen am mangelnden langen Atem, weil sie selten rasche monetäre Erfolge bringen und viele Hürden neh­ men müssen. Innovationsprojek­ te, die nicht innert 18 Monaten

Es liegt in der Natur von Innovati­ onen, dass erfolgreich eingeführte Produkte mit kontinuierlicher Ver­ besserung gepflegt werden, wäh­ rend Misserfolge die Bereitschaft zu radikalen Änderungen erhö­ hen. Zum Beispiel Nokia: 2007 war nicht nur das Jahr der Marktein­ führung des iPhone, sondern auch eines der erfolgreichsten Jahre für Nokia mit einem Markt­ anteil im Mobiltelefonbereich von 41%. Nokia war durchaus innova­ tiv: Man sah die Zukunft in Smart­ phones, aber der Erfolg machte das Unternehmen unwillig, hohe Risiken einzugehen.

Investitionsangst Die Beschaffung sucht noch im­ mer den billigsten Anbieter, ob­ wohl längst klar ist, dass dies we­ der eine nachhaltige noch sichere Lösung ist. Fast sieht es so aus, als gäbe es die Wegwerfmentalität auch in den Firmen. Ich kaufe dort ein, wo es heute billig ist, morgen kann der Laden kaputt sein, dann gibt es sicher irgendwo sonst einen anderen dafür, was natürlich nicht immer der Fall ist – schon gar nicht mit derselben Qualität. Dieselbe Mentalität steckt in der Investiti­ onsangst. Wenn sich eine Idee nicht innert 18 Monaten auszahlt, landet sie auf dem Schrotthaufen. Im Klartext ist das eine Entschei­ dung gegen Innovation und ein Warten darauf, dass andere (Län­ der oder Organisationen) das übernehmen oder aufgreifen, was hier nicht sofort gelingt. Innovatio­ nen verlangen einen langen Atem und weitsichtiges Vorausdenken.

Das Problem der Stakeholderanalyse Wie kommt man zu den wichtigen Informationen, was Kunden wirk­ lich denken und wollen? Migros wollte mit Migipedia genau dies erfahren. Man kann Produkte be­ MQ Management und Qualität 11/2015


BUSINESS EXCELLENCE

werten und tut dies natürlich bei denen, die man mag. Aber die Werbung und Selbstdarstellung zerschlägt jede Innovation und den Sinn einer kritischen Ausein­ andersetzung mit den Produkten. Wer Bedürfnisse des Marktes er­ fassen will, muss bei den Kunden der Konkurrenz fragen, warum sie dort sind. Sie müssten die Cumu­ luskartenbesitzer anfragen, die wenig Umsatz auf der Karte ha­ ben. Dann würden sie mehr erfah­ ren über echte Konsumentenbe­ dürfnisse. Es geht nicht um Likes hinter einem Produkt. Es geht dar­ um, den Kunden kennenzulernen mit seinen Sorgen. Migipedia geht sicher in die richtige Richtung, und die Community (wieso nur mit Einloggen und Cumulus?) er­ möglicht immerhin die Diskussi­ on unter den «Digital Natives». Viele Firmen glauben jetzt, dass sie ihre Kunden via Facebook und Foren kennenlernen. Das ist aber eine neue Falle, denn es werden keine profunden Nachforschun­ gen zu Innovationen erhoben. Mi­ gros hat den Eintritt in den Ge­ sundheitsmarkt nicht in der Com­ munity abgeklärt und kauft 22 Arztpraxen, die bisher Swica ge­ hörten. Wie sagt doch Staminski in seinem Buch «Mythos Kunden­ orientierung»? «Entscheider kön­ nen die Kundendaten nicht inter­ pretieren.»1 Sie sind viel zu weit weg und haben kaum den Instinkt für das, was Megatrends beim Kunden sind. Facebook und Foren genügen kaum, um Kundenbedürfnisse genau zu verstehen, wohl aber, um einige Kunden zu kontaktie­ ren. Die Online-Gemeinde ersetzt nicht den direkten Kontakt und spiegelt auch nicht den komplet­ ten Markt. Vom Verstehen der Kundenbedürfnisse wird künftig jedoch das Überleben der Betrie­ be abhängen. Dafür benötigt es oftmals ungewöhnliche Vorge­ hensweisen, Querdenker und Menschen, die wagen, sich den MQ Management und Qualität 11/2015

Nicht-Kunden und Kritikern zu stellen.

Innovationen nutzen Kernkompetenzen völlig neu Kernkompetenzen weisen die fol­ genden fünf Eigenschaften auf: 1. Echter Wettbewerbsvorteil 2. Hohe Eintrittsbarrieren für Mitbewerber 3. Hoher Kundennutzen 4. Nachhaltigkeit 5. Transferierbarkeit auf andere Organisationseinheiten 2 Oft werden Kernkompetenzen zu eng gefasst und widerstehen dar­ um dem Innovationsgedanken. Ei­ ne Kernkompetenz kann das Her­ stellen eines bestimmten Motoren­ teilstücks der Marke Porsche sein. Dann ist das Unternehmen von Porsche abhängig, wenn sonst kei­ ne Kernkompetenzen vorhanden sind. Wenn die Kernkompetenzen aber Druckgiessen, Strangpressen, 3-D-CAD und Rapid Prototyping heissen, werden diese Kompeten­ zen offen für andere Möglichkeiten, auch wenn zunächst der Wettbe­ werbsvorteil nicht mehr ganz so klar ist. Querdenken hat viel mit Übertragen von Prozessen zu tun.

Mit Wissen zu Innovation? Eine Studie des Nationalfonds3 stellt fest: Firmen hoffen (vor al­ lem), mit Schulung und neuen Mitarbeitern innovativer zu wer­ den. Mit Wissensträgern sind aber selten Querdenker angesprochen, sondern Menschen mit gezielten Ausbildungen und Kontakten. Wissen allein hat noch nichts mit Innovation zu tun. Nun gibt es Organisationen, die einen Innovationsmanager an­ stellen, damit er die Entwicklun­ gen vorantreibt. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er Dinge sagen und tun darf, die den anderen Mitarbeitern nicht erlaubt sind. Der eingekaufte Innovationsma­ nager wird aber in Kürze Teil des Unternehmens – und darf dann die anfänglich gesetzten Grenzen nicht mehr verändern oder sieht

Foto: fotolia.com

Innovative Gedanken werden oft abgelehnt – Chefs wundern sich dann, wenn keine neuen mehr kommen.

auch keine Möglichkeiten mehr. Die Innovation stirbt, weil sie nicht umfassend gelebt wird. Es gibt Kenner von Innovations­ modellen wie Scrum, die be­ haupten, dass mit Scrum ein komplettes ISO 9001 abgebildet werden kann. Agile Strukturen können also ein Qualitätssystem beinhalten. Somit müssten ScrumMethoden auch in anderen Orga­ nisationen umsetzbar sein – wie es früher schon das Flowkonzept möglich machte. Doch diese Neuerungen brauchen andere Kulturen und vor allem die Grös­ se, Fehler zuzugeben und nicht zu strafen, und den Mut, unferti­ ge Konzepte nicht zu zerreissen, sondern zu würdigen und aufzu­ nehmen. Gruppenprozesse kön­ nen durchaus innovationsför­ dernd sein, wenn sie geschützte Rahmen und Regeln vorfinden. Aber dann muss auch die Perso­ nalabteilung lernen, nach ande­ ren Kriterien Personal zu suchen.

Innovation leben Wenn doch klar ist, dass es im alten Stil nicht weitergehen kann, was dann? Kann ein Managementsys­ tem auf Innovation ausgerichtet werden? Das ist genau das Ziel von Business Excellence und den neu­ en ISO-Normen. Echte Innovati­ onsverankerung schützt nämlich auch vor Krisen. Doch müssen da­ für Grundlagen vorhanden sein, die betriebsweit verankert sein müssen. Und diese sind kultureller Art, wie z. B. der Umgang mit Feh­ lern, die Bereitschaft für Projekte,

die nicht im Detail ausgearbeitet sind, oder die Kritikfähigkeit der Geschäftsleitung. Obwohl sehr fle­ xibel gearbeitet wird, liegt der Fo­ kus auf nachhaltigem Erfolg – sonst wäre es keine Innovation, sondern nur ein Hype. Aber man stolpert über feste Kli­ schees. Traut man z.  B. älteren Frauen Innovationen zu oder müssen sie jung und hübsch sein? Dabei können gerade die Mitar­ beiter, die schon in verschiede­ nen Firmen angestellt waren, am meisten zur Innovation beitragen. Sie tragen quasi den Benchmark schon als Person in sich. Zudem haben sie die Fehler schon hinter sich, die jüngere Leute erst noch machen werden. Innovations­ denken heisst auch, der Wahrheit in die Augen sehen und Fehler beim Namen nennen. Das schützt nicht nur vor Rückrufen und an­ deren unliebsamen Gerichtsver­ handlungen, sondern setzt Ener­ gien frei für nachhaltiges Lernen und jede Menge erfolgreicher Projekte. ■

Fussnoten Staminski, Wolfgang: Mythos Kundenorientierung – was Kunden wirklich wollen. Frankfurt/ New York 1998 2 Hartschen, Michael; Scherer, Jiri; Brügger, Chris: Innovationsmanagement, Offenbach 2009, S. 20+21 3 NFPNR 43, Bern/Aarau 2004 Synthesis 8, S. 18 1

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BUSINESS EXCELLENCE Ein anderer Ansatz für Innovation

Die Zukunft in die Gegenwart holen Von Michael Wyrsch

Innovationsprozesse sind meistens abgeleitet von Abläufen, die man aus dem Projektmanagement kennt. Einen ganz anderen Ansatz bietet die «Theorie U» von Otto Scharmer, die hier kurz vorgestellt wird.

D

ie Abläufe in einem Projekt­ management sind linear und unterteilt in einzelne Schrit­ te. So findet man in der Literatur und der Praxis meist eine Abfolge wie: Initiierung, Ideengewin­ nung, Ideenauswahl, Grobkon­ zept, Umsetzungskonzept und Realisierung. Obwohl diese Ab­ folge logisch ist, wird sie auch in der Praxis selten linear durchlau­ fen. Es sind immer einige Itera­ tionen oder Sprünge vorhanden. Ausserdem werden diese Vorga­ ben und das Vorgehen an sich eher als hinderlich für die Kreati­ vität empfunden, und so bleibt auch bei der vermehrten Anwen­ dung dieser Struktur immer ein schaler Nachgeschmack, es fehlt die Zündung, das Feuer.

Unterschiede zum linearen Ansatz Die «Theorie U» von Otto Schar­ mer unterscheidet sich von ande­

Michael Wyrsch, Dozent «Wissens- und Informationsmanagement» und «Innovation» im Studiengang Betriebsökonomie. MAS in Human Systems Engineering; Spezialisiert auf Wissensmanagement. Kontakt: michael.wyrsch@ffhs.ch

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ren Methoden, indem sie nur ei­ nen Rahmen vorgibt, der den ge­ samten Veränderungsvorgang – hier eine Innovation – umfasst und bei dem die einzelnen Pha­ sen sehr individuell ausgestaltet werden können. Sie unterschei­ det sich von einem linearen An­ satz, indem sie zusätzlich den Mensch und sein Wesen mehr berücksichtigt und ihm den nöti­ gen Raum bereitstellt. Verwendet wird sie vor allem in Situationen, in denen das Ergebnis nicht ge­ nau definiert werden kann. Sie lässt den benötigten Freiraum bewusst zu. Die «Theorie U» ist das Ergebnis einer Untersuchung der SoL – (Society for Organiza­ tional Learning, MIT). Darin wur­ den erfolgreiche Projekte oder Vorgehen analysiert, um heraus­ zufinden, was sie so erfolgreich macht. Daher ist die «Theorie U» universell anwendbar, um irgend­ ein Vorhaben zu gestalten und eignet sich gerade für Innovatio­ nen sehr gut. Für die praktische Anwendung bei Innovationen wurde das U et­ was erweitert, um die Anwend­ barkeit zu verbessern, indem es

den Einstieg und die Umsetzung mehr detailliert. Diese Vorge­ hensweise lässt sich wie folgt ab­ bilden: Will man eine Innovation mög­ lich machen, beinhalten die ein­ zelnen Schritte Folgendes: – Schritt 1: Herausforderung. Man sieht einen Bereich in der Firma, der neue Produkte braucht oder gegenüber der Konkurrenz Marktanteile ver­ liert. Doch es fehlt die richtige Einsicht und eine klare Defini­ tion der Lage. Es ist aber nicht immer einfach, solche Situati­ onen zu erkennen; daher ist es wichtig, sich regelmässig mit Kollegen oder Experten auszu­ tauschen und über das Ver­ kaufspersonal den Dialog mit dem Kunden aufrechtzuerhal­ ten. Durch diesen Austausch wird das Anliegen konkreter und klarer. Man kann die hei­ sse Stelle identifizieren. – Schritt 2: Kernteam = Mikrokosmos. Nachdem der Bereich des Problems, der Innovations­ bereich oder das Suchfeld defi­ niert ist, gilt es nun die richtigen Teilnehmer auszuwählen. Die Teilnehmer werden so ausge­ wählt, dass sie das ganze Sys­ tem, die betroffene Umgebung und mehr, repräsentieren und ihr Gebiet kompetent vertreten. Zusätzlich wird versucht, soge­ nannte Lead-User (trendanfüh­

render Nutzer) zu finden und sie in das Team zu integrieren. Es können aber auch noch un­ abhängige Stimmen, also wei­ tere Personen, in den Mikro­ kosmos eingeladen werden. Dieses Kernteam hat die Aufga­ be, in enger Zusammenarbeit das neue, innovative Produkt zu finden. – Schritt 3: Erforschen des Problems. Nun macht sich das Kern­ team an die Arbeit und erforscht das definierte Suchfeld mit Randgebieten tiefer. Dabei ist es wichtig, breit und offen vorzu­ gehen und folgende Begriffe umzusetzen: Entdecken, Aus­ probieren, Plätze besuchen, Eintauchen, Lernen, Fühlen, Inspirieren etc. Durch regelmä­ ssigen Austausch werden diese Erkenntnisse untereinander ge­ teilt und dadurch erweitert. Da­ bei sind nicht Lösungen gefragt, sondern es geht um eine reine Aufnahme der «Lage».

Die «Theorie U» lässt Freiraum bewusst zu. – Schritt 4: Synthetisieren. Die gesammelten Informationen und Erfahrungen werden zu­ sammengesetzt, damit ein gan­ zes Bild entsteht. Dazu kommt das Kernteam zusammen, er­ stellt ein gemeinsames Bild, schält die Muster heraus und bestimmt die Schwerpunkte. Dabei zeigen sich die Zusam­ menhänge und Leerstellen. Das Suchfeld wird nun sehr eng und hilft dem Kernteam, sich zu fo­ kussieren. – Schritt 5: Das Ganze sehen – Presencing. Das Handlungs­ feld liegt nun offen da und alles ist klar ersichtlich. Jetzt ist es wichtig, nicht in Aktionismus zu verfallen und sofort eine Lö­ sung zu präsentieren, wie man dies von Beratungsunterneh­ men gewohnt ist. In diesem MQ Management und Qualität 11/2015


BUSINESS EXCELLENCE

Schritt wird zuerst versucht tiefer zu blicken und zu fühlen, um den Kern klar erfassen zu können. Jeder einzelne Teil­ nehmer versucht, sich mit der Quelle1 zu verbinden und voll anwesend zu sein. Dadurch wird das «Feld»2 klar sichtbar. Das Bestehende, auch Denk­ zwänge, können losgelassen werden, und die zukünftigen Möglichkeiten zeichnen sich ab. Meist ist dies eine sehr ru­ hige Phase, man geht in die Stille, macht Meditation oder ist in tiefem Dialog. – Schritt 6: Herauskristallisieren. Die Erfahrungen und Ge­ danken des vorhergehenden Schrittes werden zusammen­ getragen und durch kreative Prozesse und Methoden wer­ den mögliche Lösungen und Initiativen skizziert. Diese wer­ den weiter verdichtet und kon­ kretisiert, so dass man eine Lis­ te von konkreten Innovations­ ideen hat. – Schritt 7: Rapid Prototyping. Die Ideen aus dem vorherge­ henden Schritt werden mittels eines Rapid Prototyping aus­ probiert. Dabei werden diese Lösungs- und Konzeptansätze vereinfacht durchgespielt und auf ihre Machbarkeit und ihren Nutzen überprüft. Das Ziel die­ ses Schrittes ist, die optimale Lösung zu finden, die in die Re­ alität übertragen werden kann. Zusätzlich werden die Randbe­ dingungen überprüft und ein Grobkonzept erstellt. – Schritt 8: Test-Piloten. Die besten Innovation-Ideen wer­ den in die reale Umgebung ge­ bracht und in einem Pilotbe­ trieb getestet. Diese Tests die­ nen zur Verifikation der gefun­ denen Innovation und verfei­ nern sie so, dass sie grösstmög­ lichen Nutzen bringen und gut in die reale Umgebung passen. Die strategischen Akteure und Nutzer, das Kernteam, sind die Botschafter der Innovation in der Firma und nach aussen. Sie MQ Management und Qualität 11/2015

begleiten den Vorgang und ma­ chen aufgrund der bisher ge­ sammelten Erfahrung die nöti­ gen Korrekturen. – Schritt 9: Ausbreitung. Aus dem Pilotbetrieb entsteht das Produkt, die Innovation, das auf den Markt gebracht werden kann. Bei der Anwendung der Innovation, sei es ein Produkt oder eine Dienstleistung, bleibt man mit dem Abnehmer lau­ fend im Dialog und kann das Produkt so in einem kontinu­ ierlichen Verbesserungsprozess weiter entwickeln.

In verschiedene Dimensionen eintauchen Wie aus der Abbildung zu erse­ hen ist, taucht der Teilnehmer beim Durchlaufen des Us in ver­ schiedene menschliche Dimensi­ onen ein. Dieses Eintauchen ge­ schieht fast automatisch, wenn beim Design des Vorgehens darauf Rücksicht genommen wird und im jeweiligen Schritt darauf geach­ tet wird. Diese 3 Ebenen sind: – Öffnung des Denkens: Die Fä­ higkeit, Beurteilung aussetzen und sich zu informieren und er­ kundigen, um etwas mit neuen Augen zu sehen, das heisst, auf unsere Quellen von IQ (Intellek­ tueller Intelligenz) zuzugreifen. – Öffnung des Fühlens: Die Fä­ higkeit, die Aufmerksamkeit umzuleiten und das Herz als Or­ gan der Wahrnehmung zu ver­ wenden («Sehen mit dem Her­ zen»). Wir verschieben den Ort, wo die Wahrnehmung passiert, zu etwas Anderem oder dem Feld bzw. dem Ganzen, um auf unsere Quellen von EQ (Emotio­ nale Intelligenz) zuzugreifen. – Öffnung des Willens: Die Fä­ higkeit, sich von alten Identitä­ ten und Absichten zu verab­ schieden und die Melodie der Zukunft, die bestrebt ist, durch mich oder uns aufzutauchen, erklingen zu lassen. Unser altes Selbst gehen zu lassen und un­ ser neues, authentisches Selbst kommen zu lassen, den Zugang

zu unseren Quellen von SQ (Spi­ rituelle Intelligenz) zu finden. Erst durch das bewusste Durch­ laufen dieser Ebenen mittels der geeigneten Methoden kann Neu­ es entstehen. Darauf ist zu ach­ ten, indem das Interventionsde­ sign basierend auf dem beschrie­ benen Vorgehen sorgfältig ent­ worfen wird. Im Design wird festgelegt, welche konkreten Um­ setzungsmethoden in den einzel­ nen Schritten angewandt werden und wie sie aufeinander abge­ stimmt sind. Denn dadurch ent­ steht in diesem Innovationspro­ zess ein automatisches Fliessen, das wirklich Neues entstehen lässt. Also ein beglückend erleb­ tes Gefühl eines mentalen Zu­ standes völliger Vertiefung und restlosen Aufgehens in einer Tä­ tigkeit, die wie von selbst vor sich geht. Und das ist der Moment, indem die Zukunft in die Gegen­ wart geholt wird.

weggewischt, sondern integriert und als wertvoll erachtet. Es sind emotionale Beiträge, die zeigen, dass sich der jeweilige Beteiligte sehr weit in diesen Innovations­ prozess eingebracht hat und ande­ ren schon voraus ist. Der sachlich Argumentierende hat möglicher­ weise noch einen längeren Weg vor sich. Daher entstehen hier die häufigsten Missverständnisse im Innovationsprozess: Die Beteilig­ ten, die am stärksten emotional reagieren, werden ausgetauscht, dabei sind sie die Träger und spä­ ter auch Treiber des Neuen. Das setzt voraus, dass die Führungs­ kraft dieses Potenzial erkennt und diese Menschen entsprechend führt. Diese Art der Führung und der Wahrnehmung der Beteiligten ist ein zentrales Element bei der Durchführung erfolgreicher Inno­ vationen und kann mit dem Hilfs­ mittel «Theorie U» optimal umge­ setzt werden. ■

Emotionen als Treiber des Neuen Die Anwendung der Theorie U be­ wirkt einen guten, nachhaltigen Innovationsprozess und integriert die stattfindenden Emotionen. Lassen Sie diese Vorgehensweise zu, werden Sie einen vollkommen neuen und qualitativ hochwerti­ geren Innovationsprozess erleben, als Sie ihn bisher gekannt haben. Die Innovation wird besser, ja so­ gar eher eine Durchbruch-Innova­ tion sein. Die Stimmen der Ab­ wehr, die es in jeder Phase der Ver­ änderung, hier Innovation, gibt, werden nicht unterdrückt oder

Fussnoten Die U-Theorie, der U-Prozess will die tieferen Quellen der gemeinsamen Wahrnehmung und Willensbildung erschliessen – die Intelligenz «des offenen Denkens, offenen Herzens und des offenen Willens.» 2 Mit «Feld» ist hier der gesamte Bereich (Wissen, Menschen, Abläufe, Technologie) gemeint, aus dem die Erkenntnisse stammen und auf den die Wirkung des Neuen abzielt.

1

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BUSINESS EXCELLENCE Innovationsmanagement praktisch

Fruchtbare Ideen Von Thomas Berner

Wenn es um die Umsetzung neuer Ideen geht, fehlt es in vielen Unternehmen an den notwendigen Werkzeugen und Techniken. Das Neuenburger Unternehmen think2make kann in einer solchen Situation einspringen.

D

er ausgebildete Maschinen­ zeichner Sedat Adiyaman gründete seine Firma think­ 2make im Jahr 2013. Er eröffnete unweit des Neuenburger Bahn­ hofs mit einem Freelancer-Kolle­ gen einen sogenannten Cowor­ king Space. Die Idee: Ein Raum, wo man sich mit Ideen gegensei­ tig inspirieren kann.

Den Innovationsprozess zum Kunden bringen «Wir bringen Prozesse zum Kun­ den», erläutert Sedat Adiyaman. think2make arbeitet denn auch

mithilfe eines vierstufigen Inno­ vationsprozesses. Konkret: Zu­ nächst werden in einem ersten Schritt gemeinsam mit dem Kun­ den die Bedürfnisse definiert. «Sich die richtigen Fragen zu stel­ len ist oft schon die Hälfte der Lö­ sung», erklärt Sedat Adiyaman weiter. Das Ziel sei es, die not­ wendigen Informationen zusam­ menzutragen, um dann die Er­ kundung neuer Ideen starten zu können.

Foto: zVg/Think2Make

Stimmen dann die äusseren Be­ dingungen, werden in einem zweiten Schritt mithilfe verschie­ dener Kreativitätstechniken Ide­ en entwickelt. Wichtig sei es hier, so Adiyaman, dass die Work­ shops in einer inspirierenden Umgebung stattfinden. «Wir su­ chen mit unseren Kunden be­ wusst Orte ausserhalb der Firma auf. Durch diese Luftverände­ rung lassen sich alle fünf Sinne besser aktivieren.» Das fördere die Kreativität. Und ferner wer­ den bewusst auch Querdenker

Sedat Adiyaman, Gründer von think2make, unterstützt Unternehmen beim Entwickeln neuer Ideen. 16

eingebracht. Da arbeitet think­ 2make auch mal mit Theater­ schaffenden zusammen, die eine ganz andere Sichtweise in Fir­ menstrukturen bringen können. «Wir streben einen Mix von Am­ biance-Stress an», so Sedat Adiy­ aman. Die Ideenentwicklung ver­ läuft dann in zwei Phasen: Ers­ tens die Explorations-Phase, in der man einfach mal ins Thema eintaucht, und zweitens die Kon­ zeptionsphase, wo es darum geht, die grob gefassten Ideen in Konzepte zu verwandeln. In einem dritten Schritt gilt es, die Ideen zu verfeinern. Das erfolgt in der Regel durch Visualisierung und Prototyping. Und im vierten Schritt geht es dann darum, jene Idee mit dem höchsten Potenzial umzusetzen. Dies erfolgt mit der Ausarbeitung einer «Road Map» einschliesslich Zeitplan nach Re­ geln des agilen Projektmanage­ ments.

Grosses Netzwerk mit «Querdenkern» think2make verfügt über ein Netzwerk von über 200 Personen, darunter Freelancer in den ver­ schiedensten Bereichen. Diese werden bei Bedarf beigezogen. Werden spezielle Kompetenzen benötigt, rekrutiert think2make auch Personen, welche diese mit­ bringen. «Grundsätzlich arbeiten wir mit Menschen, die wir ken­ nen und die auch uns kennen», führt Sedat Adiyaman weiter aus. Und wie verdient sein Unterneh­

men Geld? Die Honorare, welche think2make verlangt, richten sich einerseits nach Aufwand, an­ derseits nach dem Kostenrah­ men, in welchem sich der Kunde bewegen will. Sedat Adiyaman nennt folgende Summen: «Wir reden da von Tagessätzen von zir­ ka CHF 5000.–, grössere Projekte können dann schon mal Dimen­ sionen von CHF 20 000.– anneh­ men.» In der Regel kommen in den Workshops mit den Kunden 20 bis 60 Konzepte zusammen. Der Kunde kann dann entschei­ den, ob er weiter die Unterstüt­ zung von think2make in An­ spruch nehmen will oder die Um­ setzung der Idee dann in eigener Regie durchführt.

Bedürfnis vorhanden Und was sind nun die Erfahrun­ gen, die Sedat Adiyaman macht? Besteht tatsächlich ein Bedürfnis nach Dienstleistungen, wie sie think2make anbietet? «Ich stelle immer wieder fest, dass Unter­ nehmen intern der kulturellen Seite mehr Beachtung schenken

Potenzial in Wert verwandeln.

sollten. Es geht darum, Werte zu erschaffen und diese auch zu kommunizieren. Zwar haben ge­ rade KMU sehr häufig diesen Mindset, oft fehlt dann aber der Blick für das ‹big picture› », ant­ wortet er. Und genau hier wolle er mit think2make ansetzen: Den Unternehmen helfen, ihr Poten­ zial in Wert zu verwandeln – und zwar mit möglichst verschieden­ artigem Know-how. So konnte Sedat Adiyaman schon etliche Projekte erfolgreich abwickeln: Mit der Zimmerli AG konzipierte er eine Marketing-Strategie oder mit dem Neuenburger Energie­ dienstleister Viteos SA definierte er Mission und Werthaltung des Unternehmens neu. ■ MQ Management und Qualität 11/2015


MQ Management und Qualit채t 11/2015

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MQ Management und Qualit채t 11/2015


Swiss Association for Quality

Sektion Genève >> 23 juin 2015

L’essentiel de la révision 2015 des normes ISO 9001 et ISO 14001 >> Redoutable amphitryon – La Fédération des Entreprises Romandes (FER), a accueilli au sein de son établissement ultramoderne à Genève, un cycle de discussions intenses autour des normes ISO 9001 et ISO 14001, organisé par la Section Genève de la SAQ. Sous l’organisation scrupuleuse de Mario Zanata (président de la SAQ Genève), cet évènement d’excellence a regroupé un très vaste auditoire directement intéressé à déchiffrer les changements majeurs, les nouvelles exigences et la manière dont les normes sont concrétisées dans la version 2015.

>> Raphaël Granges, Mario Zanata et Pascal Arnaudo

Vers HLS (High Level Structure) Dans son allocution, Raphaël Granges, directeur de l’ARIAQ (Institut de formation et de conseil en systèmes de management de la performance pour la Suisse Romande) décrit la manière dont une norme ISO est élaborée par un groupe d’experts au sein d’un comité technique et explique comment la révision de ce modèle d’exigences, représenté par les normes ISO, vise en 2015, l’harmonisation et ensuite la MQ Management und Qualität 11/2015

l’organisation. Par conséquent ISO veut pousser les organisations vers plus de performance en se rapprochant du modèle d’Excellence EFQM.

mes de qualité et de management).

ISO 9001:2015 Le SMQ a pour but la qualité liée aux services, l‘orientation client et l’amélioration continue. Par conséquent, un organisme doit répondre aux exigences clients – produits – services et à ses propres exigences qualité. Les principaux changements d’ISO 9001:2015 permettent à l’organisme d’optimiser ses performances.

ISO 14001:2015 Plus modernes et plus efficaces L’ISO (Organisation internationale pour la normalisation) est une organisation non gouvernementale, sans but lucratif, avec son siège à Genève (Suisse) qui établit et publie les normes internationales et qui fournit l’organisation, l’infrastructure, les directives, les processus et la structure opérationnelle pour les travaux de révision des normes. «Modernisées, définies en fonction des risques et axées sur l’efficacité: telles sont les nouvelles exigences ISO pour les systèmes de management de la qualité», précise Pascal Arnaudo, Lead Auditor SQS (Association suisse pour systè-

Le SME a pour but de réduire l’impact environnemental et d’améliorer continuellement la performance environnementale. Parmi les changements majeurs de la norme ISO 14001: 2015 on remarque: l’utilisation de la nouvelle structure HLS, l’amélioration du management des aspects environnementaux significatifs, les exigences renforcées liées à la responsabilité de la direction et une meilleure prise en compte du contexte organisationnel, moins d’exigences descriptives et une accentuation de la communication externe.

Texte et photo: Claudiu Badescu

création de HLS (High Level Structure).

Proche de l’opérationnel D’après Raphaël Granges, «ISO évolue vers un référentiel de gestion d’organisation proche de l’opérationnel». C’est bien pour cette raison qu’il s’impose un alignement sur la stratégie de l’organisation, une interaction des processus (dans la même structure), une meilleure gestion des changements et des risques et aussi une implication plus forte des collaborateurs de III


Section Genève >> 22 septembre 2015

Par la motivation vers la qualité >> Public nombreux pour la manifestation de la SAQ Genève. Rien de surprenant car la thématique concerne la rentabilisation d’une entreprise à travers le rapport entre la motivation et la performance. Les discussions et le workshop autour de ce sujet tellement actuel sont dirigés par un professionnel passionné et captivant, Caspar Gelissen, consultant chez Qualia Consulting. Les travaux de la conférence ont débuté sous la coordination minutieuse de Mario Zanata, président de la SAQ Genève, qui a souligné «l’influence importante et le rôle considérable joué par SAQ qui participe à la formation qualité avec l’institut ARIAQ (Yverdon-le-Bains), tout en promouvant la qualité et l’excellence suisses».

employés viennent en premier. Si vous prenez soin de vos employés, ils prendront soin de vos clients». C’est bien sur le même

principe que le programme BP2W repose. Les recherches montrent que seuls 31% des employés se sentent engagés vis-à-vis de leur travail. Il s’agit ici d’une question relativement simple: «Sontils réellement motivés et bien là où ils sont?», s’interroge Caspar Gelissen. Le BP2W est un outil qui permet de prendre le pouls des tra-

vailleurs et des équipes. Le principe est d’aider les employés à être plus motivés et plus engagés et de sortir les entreprises de la culture du «blâme» qui décourage et démotive. D’ailleurs Caspar Gelissen, souligne que le but est «d’améliorer le bien-être des employés afin d’optimiser la performance de l’entreprise».

Comment ça fonctionne? Le questionnaire en ligne reprend sept thématiques, qui comprennent chacune quatre questions. Soit 28 questions en tout. Les sept thématiques ont trait au «conflit», à l’«ouverture», au «feedback», au fait de «se sen-

BP2W (An Even Better Place To Work) Le fameux entrepreneur anglais Richard Branson, connu grâce aux nombreux succès qu’il a rencontrés avec sa marque «Virgin» (finances, distribution, tourisme, etc.) disait que «les

IV

MQ Management und Qualität 11/2015


Swiss Association for Quality

Agenda g tir valorisé», à la «motivation», aux «différences» et au fait d’«assumer sa responsabilité». Chaque employé reçoit un code pour accéder à l’outil et répond aux 28 questions. Il reçoit ensuite un diagramme qui indique comment il se perçoit dans son environnement. Ce diagramme individuel peut être intégré dans un diagramme d’équipe. «Le travail se fait en équipe mais on insiste sur l’engagement de chacun à vouloir améliorer les choses. Il est important que chaque employé se sente reconnu. Ses besoins doivent être satisfaits. Mais il doit lui aussi pouvoir satisfaire ceux des autres», explique Caspar Gelissen. «Ce qui est essentiel, c’est la communication. Il faut créer de la transparence qui génère de la confiance», rajoute-t-il.

L’effet de BP2W «An even better place to work» offre une vue globale de l’entreprise et permet également de voir son évolution. «Le système donne au patron la possibilité de consulter les graphiques par équipes et par régions et cela permet notamment d’évaluer

les capacités de leadership des différents managers. Le patron dispose ainsi d’une sorte de tableau de bord de son entreprise», conclut Caspar Gelissen.

Texte et photo: Claudiu Badescu

>> Anmeldung und weitere Infos unter www.saq.ch

>> Section Genève Sujet Date Ort

Visite de la Brasserie 2 décembre 2015 Brasserie du Père Jakob, Soral

>> Section Vaud Sujet Date Ort

Gestion du changement: le rôle des Ressources Humaines dans l’Excellence Opérationnelle 25 novembre 2015 FVE, Tolochenaz

>> Sektion Zentralschweiz Thema Datum Ort

Pendenzenmanagement unter Zeitdruck 20. November 2015 Siemens Schweiz AG, Building Technologies Group, Zug

Business Excellence

Auf dem Weg der Excellence >> Die SAQ gratuliert folgendem Unternehmen für die erfolgreiche Teilnahme am EFQM Anerkennungsprogramm:

EFQM Verpflichtung zu Excellence (C2E) 1 Stern – Gemeinsame Einrichtung KVG (Stiftung), Solothurn

>> Impressum Rina Pitari, Redaktion, rina.pitari@saq.ch SAQ Swiss Association for Quality, Stauffacherstrasse 65/42, CH-3014 Bern T +41 (0)31 330 99 00, info@saq.ch, www.saq.ch

MQ Management und Qualität 11/2015

V


News >> Wissen als entscheidender Wettbewerbsfaktor

Wissensmanagement in der revidierten ISO 9001:2015 – Chancen und Risiken >> Die zentrale Bedeutung von Wissen als entscheidender Wettbewerbsfaktor wird von nahezu allen Unternehmen am Markt bestätigt. Ebenso zeigt die Praxis, dass Unternehmen, die bewusst Wissensmanagement betreiben, eine höhere Leistungs- und Innovationsfähigkeit besitzen und damit signifikant bessere Ergebnisse bei den Erfolgskennzahlen erzielen.

Wissensmanagement in der revidierten ISO 9001:2015 Der Begriff Wissensmanagement kommt in der revidierten ISO 9001:2015 nicht vor, zumindest nicht explizit. Die Anforderungen, welche die Norm an den «Umgang mit dem Wissen der Organisation» stellt, zielen jedoch konkret und durchaus auf ein Wissensmanagement im Sinne eines strategischen und systematischen Umgangs mit der Ressource Wissen.

Warum wird Wissen überhaupt zum Thema? Die Norm berücksichtigt, dass Organisationen in einem zunehmend dynamischen und komplexen Umfeld agieren, das in immer schnellerer Abfolge sowohl Chancen als auch Risiken erzeugt, die in kürzester Zeit ergriffen beziehungsweise vermieden werden wollen. Damit wachsen sowohl Entscheidungsdruck und -zwang wie auch eine Entscheidungsdynamik in den Organisationen. Konsequenz; die bisherige Form der Vorsehbarkeit nimmt ab, ebenso die Möglichkeit der vordefinierten Standardisierung. Die Norm appelliert an die Organisationen, ihren spezifischen Kontext zu verstehen, Chancen VI

und Risiken zu erkennen, einzuschätzen und die gewonnenen Erkenntnisse sowohl für ihr Handeln als auch für das Design ihres Managementsystems zu berücksichtigen. Im Zentrum der neuen Norm steht folglich die radikale Forderung nach einem «Risk Based Approach» und einem Risikomanagement in der Organisation, das heisst Risiken ermitteln, Massnahmen planen, um diesen entgegenzuwirken und deren Wirksamkeit wiederum zu messen. Die Thematisierung von Wissen als Ressource ist in diesem Kontext einerseits als kontinuierliche Umfeldbeobachtung und -bewertung, andererseits als Identifikation und Einschätzung von Chancen und Risiken zu verstehen. Der Anspruch an eine soge-

nannte lernende Organisation wird mit diesem Vorgehen erfüllt und dieser Regelkreis damit geschlossen.

Anforderungen der Norm an den Umgang mit Wissen Mit dem Erscheinen der ISO 9001:2015 wird ein entsprechender Umgang mit der Ressource Wissen erstmals explizit auf Normebene gefordert. Im Kapitel 7 werden im Kern folgende Anforderungen an den Umgang mit dem Wissen der Organisation gestellt: – Notwendiges Wissen bestimmen – Wissen aufrechterhalten – Wissen zur Verfügung zu stellen – Wissen erlangen Die konkreten Anforderungen an den Umgang mit Wissen beziehen sich auf jenes Wissen der Organisation, welches für eine entsprechende Durchführung der Prozesse der Organisation sowie für die Sicherstellung der Konformität von Produkten und

>> Der Umgang mit Wissen nach ISO 9001 im Organisationskontext

Dienstleistungen notwendig ist. Wenn auch aufgrund der Kürze der Formulierungen etwas versteckt, so liegt der Norm damit ein Verständnis von Wissen zugrunde, das Wissen versteht als – Ergebnis eines individuellen Erkenntnisprozesses und damit an Personen gebunden, – kontextbezogen, das heisst, es erhält seine Relevanz in einem spezifischen Kontext und – nicht per se wahr, sondern lediglich valide, das heisst es bewährt sich als Entscheidungs- und Handlungsgrundlage. Die Norm verwendet ausserdem den Begriff «Wissen der Organisation», um den Gegenstand ihrer Forderungen zu beschreiben. Damit wird das Wissen bezeichnet, das von der Organisation erlangt wurde. Diese sogenannte organisationale Wissensbasis besteht im Verständnis der Norm sowohl aus Daten und Informationen als auch aus personalem Wissen. Betrachten wir die einzelnen Anforderungen etwas genauer: Notwendiges Wissen bestimmen bedeutet, dasjenige Wissen zu identifizieren, dass benötigt wird, um die Prozesse der Organisation durchzuführen sowie die Konformität der Produkte und Dienstleistungen zu gewährleisten. Es bedeutet auch, zu bestimmen, inwieweit dieses Wissen bereits in der Organisation vorhanden ist und wo beziehungsweise inwieweit dieses Wissen fehlt und folglich erst erlangt werden muss. Dies gilt sowohl für die operative als auch strategische Ebene. Operativ bedeutet es, in den einzelnen Geschäftsprozessen konkret benötigtes Wissen zu identifizieren und in einem nächsten Schritt zu gewährleisten, dass es dort zur Verfügung steht. Strategisch betrachtet bedeutet es, sich ausMQ Management und Qualität 11/2015


>> Bausteinmodell des Wissensmanagements (in Anlehnung an Probst) gehend von der Unternehmensstrategie und den Zielen der Organisation grundsätzlich die Frage zu stellen, ob das notwendige Wissen, diese Strategie umzusetzen und diese Ziele zu erreichen, vorhanden ist. Die Beantwortung dieser Frage setzt voraus, dass die Organisation wiederum weiss, was sie weiss, und im Sinne von positiver Ignoranz, was sie nicht zu wissen braucht. Mit dem Begriff «bestimmen» geht es also um die bewusste und aktive Definition von Wissens-Relevanzen. Dabei soll der Kontext der Organisation (Grösse und Komplexität, Chancen und Risiken) berücksichtigt werden. Dasjenige Wissen, das als notwendig beziehungsweise relevant bestimmt wurde, muss dann aufrechterhalten werden. Der Begriff «aufrechterhalten» kann als reines Bewahren verstanden werden. Mit Aufrechterhalten ist jedoch auch gemeint, das Wissen aktuell und valide zu halten, das heisst kontinuierlich weiterzuentwickeln. So kann beispielsweise Wissensbewahrung grundsätzlich durch Dokumentation erfolgen, aber auch durch Kommunikation, das heisst Verteilung auf mehrere Wissensträger, oder in Form eines institutionalisierten Expert Debriefing. Die OrganisaMQ Management und Qualität 11/2015

tion soll ein sinnvolles Gleichgewicht von Aktivitäten festlegen, mit welchem notwendiges Wissen durch kompetente Personen in die organisationale Wissensbasis einfliesst (= personales Wissen) und mit notwendigem Wissen über andere Medien (= externalisiertes Wissen) verfügbar gemacht wird. Es geht also um eine für die spezifische Situation der Organisation sinnvolle Steuerung aller Wissensressourcen, die relevant sind für die Erzielung der Produkt- beziehungsweise Dienstleistungskonformität. Vorhandenes und als relevant erachtetes Wissen soll dann auch angemessen zur Verfügung gestellt werden. Ziel hierbei ist, dass die Mitarbeitenden über das notwendige Wissen verfügen, die Multiplikation von Wissen, Sicherung und Teilung von gemachten Erfahrungen und simultaner Wissensaustausch, der direkt zu Wissensentwicklung führt. Wissen (ver)teilen ist eine zwingende Voraussetzung, um isoliert vorhandenes oder auch implizites Wissen der gesamten Organisation zur Verfügung zu stellen. Die Wissensverteilung kann sich entweder zentral gesteuert auf eine festgelegte Gruppe oder auf das Mitteilen von Wissen unter Mitarbeitenden beziehen. Eine Form der

Umsetzung kann zum Beispiel das Konzept «Mitarbeiter schulen Mitarbeiter» sein. Die Wissensverteilung unterstützt durch elektronische Netze (Wissensnetzwerke und -plattformen, Blog, Intranet, Wiki usw.) ist heute etabliert. Betrachtet man zusätzlich die Anforderungen hinsichtlich des Umgangs mit Wissen im Kontext der Anforderungen hinsichtlich des Themas «Kompetenzen», so wird die Organisation durchaus auch im Hinblick auf eine angemessene Anwendung des Wissens in die Verantwortung genommen. Fehlendes notwendiges Wissen muss schliesslich von der Organisation erlangt werden. Das Zusammenspiel zwischen «Wissen bestimmen» in seiner strategischen Dimension, «Wissen aufrechterhalten» im Sinne der regelmässigen Bewertung seiner Validität und «Wissen erlangen» wird hierbei deutlich. Erlangen kann bedeuten, neues Wissen selbst zu entwickeln oder aber es zu erwerben, zum Beispiel in Form eines etablierten Lessons Learned-Prozesses, bestehende Expertenkontakte zu nutzen oder neue zu knüpfen. Interne und externe Quellen, Experten, Kunden, Lieferanten, Kooperationen, Besuch von Konferenzen usw. sollen ebenso genutzt werden. Stellt man die Anforderungen der ISO 9001:2015 an den Umgang mit dem Wissen der Organisation bekannten Modellen des Wissensmanagement – wie zum Beispiel dem Modell der Wissensbausteine nach Probst – gegenüber, fällt auf, dass der Baustein «Wissen nutzen» zu fehlen scheint. Hier muss die Verbindung zu den Anforderungen an den Umgang mit Kompetenzen geschaffen werden. Kompetenz wird in der Norm definiert als die Fähigkeit, Wissen anzuwenden. Dafür muss

sichergestellt werden, dass eine Person auf Grundlage von Schulung, Ausbildung und Erfahrung für ihre Tätigkeit kompetent, also befähigt ist. Auch wenn die Themen «Wissen der Organisation» und «Kompetenzen» in zwei getrennten Abschnitten behandelt werden, müssen sie integriert betrachtet werden.

Chancen oder Risiko für das Wissensmanagement? Die neue ISO 9001 birgt im Kontext mit Wissensmanagement beträchtliche Chancen: – Wissensmanagement auch strategisch im Unternehmen zu positionieren, und zwar sowohl als Handlungsfeld als auch als Inputgeber. Voraussetzung dafür ist, dass die Anforderung «notwendiges Wissen zu bestimmen» grundlegender und eher vom Risikodenken her verstanden wird. – Der Vision einer Lernenden Organisation durch eine konsequente Umsetzung eines Risk Based Thinking ein Stückchen näher zu kommen. – Ganz generell eine Chance Managementsysteme, wie das Qualitäts-, Risikound Wissensmanagement, sinnvoll miteinander zu vernetzen. In der letztgenannten Chance des integrierten Managementsystems liegen aber auch bereits zwei Risiken: Als etablierte Wissensmanagement-Organisation von der QM-Organisation «übernommen» zu werden, oder dass seitens des Qualitätsmanagements das Thema ganz neu aufgerollt wird, ungeachtet dessen, was es in Sachen Wissensmanagement in der Organisation bereits gibt.

Text und Bild: Roger Jutzi, SAQ-QUALICON VII


Weiterbildungsangebote g g Lehr- und Studiengänge

Nächste Termine

Dauer

2. bis 11.3.2016 8.3. bis 28.6.2016 ab 8.4.2016

4 17 40 63 auf Anfrage 15 26.2. bis 21.5.2016 12 14.10.2016 bis 27.1.2017 12 auf Anfrage 12 10.6. bis 10.9.2016 12 28.10.2016 bis 10.2.2017 12

Tage Tage Tage Tage Tage Tage Tage Tage Tage Tage

3. bis 23.3.2016 3. bis 23.3.2016 3. bis 23.3.2016 3. bis 23.3.2016 3. bis 23.3.2016

Tage Tage Tage Tage Tage

Audits Externer Auditor Qualitätsmanagement NEU Externer Auditor Umweltmanagement NEU Externer Auditor Energiemanagement NEU Externer Auditor Medizinprodukte NEU Externer Auditor Arbeitssicherheit

3 3 3 3 3

Qualitätssicherung CAS Quality Assurance Selbstprüfer Qualitätsprüfer Qualitätstechniker

28.10.2016 bis 10.2.2017 12 11. bis 13.4.2016 3 7.3. bis 25.4.2016 6,5 2.2. bis 2.5.2016 13

Tage Tage Tage Tage

Qualitätsentwicklung bei Lieferanten Supplier Quality Management NEU Externer Auditor Supplier Quality

13.1. bis 14.4.2016 3. bis 23.3.2016

9 Tage 3 Tage

Business Excellence CAS Business Excellence Journey to Excellence Leaders for Excellence EFQM Excellence Assessor Interner Excellence Assessor

26.2. bis 21.5.2016 18. und 19.4.2016 22. und 23.9.2016 7. bis 9.3.2016 20.4. und 18.5.2016

12 2 2 3 2

Tage Tage Tage Tage Tage

Risikomanagement // Sicherheit Safety Manager Business Continuity Management Risikomanager Betrieblicher Datenschutzverantwortlicher NEU Externer Auditor Arbeitssicherheit

11.4. bis 16.5.2016 14. bis 18.12.2015 7.4. bis 11.5.2016 30.11. bis 4.12.2015 3. bis 23.3.2016

6 5 4 5 3

Tage Tage Tage Tage Tage

Umweltmanagement Umweltmanager NEU Externer Auditor Umweltmanagement

3.5. bis 6.9.2016 3. bis 23.3.2016

11 Tage 3 Tage

7. bis 21.4.2016 5.4. bis 3.5.2016 16.8. bis 25.10.2016

4 Tage 6 Tage 12 Tage

Lean Management // Six Sigma NEU Lean Manager Lean Six Sigma Green Belt Lean Six Sigma Black Belt

Qualitätsentwicklung im Gesundheitswesen CAS FH Qualitätsentwicklung im Gesundheitswesen NEU Qualitäts- und Prozessmanager Gesundheitswesen

auf Anfrage

10 Monate

31.8.2016 bis 20.3.2017 18 Tage

Qualitätsmanagement in der Medizintechnik Qualitätsmanager Medizintechnik Managementsysteme in der Medizintechnik Regulatory Affairs NEU Externer Auditor Medizinprodukte

Seminare

18.1. bis 27.4.2016 18.1. bis 2.3.2016 14.10. bis 26.11.2016 3. bis 23.3.2016

Nächste Termine

15 7 8 3

Tage Tage Tage Tage

Dauer

VIII

Dauer

Intervision QM Coach QM in der Automobilindustrie – Einführung in ISO/TS 16949 Revision ISO 9001:2015 – Das QM-System optimieren Wissenstransfer erfolgreich managen NEU Prozessoptimierung mit statistischen Auswerteverfahren

6.6.2016 4. und 5.10.2016

1 Tag 2 Tage

15.4.2016

1 Tag

18.11.2015 19.5. bis 2.6.2016

1 Tag 4 Tage

18.10.2016 18.5.2016 7. bis 9.12.2015 8. bis 10.6.2016 10.2. bis 11.3.2016 14. und 15.9.2016

1 1 3 3 3 2

Tag Tag Tage Tage Tage Tage

3.2.2016 15. und 16.3.2016 18. und 19.11.2015 29.2. und 1.3.2016 30.11. und 1.12.2015 5. und 6.4.2016

1 2 2 2 2 2

Tag Tage Tage Tage Tage Tage

3 2 1 2 1

Tage Tage Tag Tage Tag

17.2.2016 4.2.2016 18.2.2016 29. und 30.3.2016

1 1 1 2

Tag Tag Tag Tage

13. und 14.4.2016 2.3.2016

2 Tage 1 Tag

25. und 26.11.2015 5.2.2016 18.1.2016

2 Tage 1 Tag 1 Tag

17. und 18.3.2016 19.1.2016 7. und 8.9.2016

2 Tage 1 Tag 2 Tage

Einführung ISO 27001/27002 26.4.2016 Vertiefung ISO 27001/27002 18. und 19.5.2016 OHSAS 18001 – Arbeitssicherheit mit System 21. und 22.4.2016

1 Tag 2 Tage 2 Tage

Audits Erfahrungsworkshop – Masterklasse Erfahrungsworkshop für interne Auditoren Interner Auditor Interner Auditor in der Automobilindustrie Lieferantenaudit Interner Umweltauditor

Qualitätssicherung Grundlagen der Qualitätsprüfung Prüfmittelqualifikation Statistik Grundlagen Statistische Prozesslenkung Statistische Prüfmethoden Stichprobenprüfung nach AQL

Qualitätsentwicklung bei Lieferanten Lieferantenaudit Lieferantenauswahl und QSV Bedarfsanalyse zur Lieferantenentwicklung Partnerschaftliche Lieferantenentwicklung Reklamationsmanagement in der Beschaffung

10.2. bis 11.3.2016 27. und 28.1.2016 13.1.2016 7. und 8.12.2015 19.11.2015

Qualitätsmanagement in der Medizintechnik Abweichungen und Verbesserungen Design Control Dokumentation und Rückverfolgbarkeit Voraussetzungen für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten Herstellung Medizinprodukte Lieferantenmanagement und Lieferantenaudit Marktüberwachung Medizinprodukte Qualifizierung und Validierung Qualitätsmanagement für Medizinprodukte nach ISO 13485 Regulatorische Grundlagen Risikomanagement für Medizinprodukte NEU Pharma & Medtech: Compliance in der Beschaffung

Risikomanagement // Sicherheit

Umweltmanagement Umweltmanagement: Systemaufbau Umweltmanagement: Vertiefung Umweltgrundlagen: Umweltauswirkungen des Unternehmens Revision ISO 14001:2015 – Das UM-System optimieren Interner Umweltauditor

2.5. bis 7.6.2016 29. und 30.8.2016 29.6. bis 1.7.2016

4 Tage 2 Tage 3 Tage

27.4.2016

1 Tag

14. und 15.9.2016

2 Tage

Qualitätsentwicklung im Gesundheitswesen

Qualitäts- // Prozessmanagement Basiswissen Qualitätsmanagement Strategie und Prozessmanagement Prozessausrichtung und -gestaltung Prozessverbesserung – Methoden zur Leistungssteigerung Messung, Kennzahlen, Steuerung Einführung in das Beschwerdemanagement NEU Schulungskonzepte im Qualitätsmanagement Qualitätsmanager als Coach

Nächste Termine

Qualitäts- // Prozessmanagement

Qualitäts- // Prozessmanagement NEU Assistent/in Qualitätsmanagement Qualitäts- und Prozessmanager Dipl. Qualitätsmanager/in NDS HF MAS Quality Leadership > CAS General Management > CAS Business Excellence > CAS Integrated Systems & Compliance > CAS Consulting & Communication > CAS Continuous Improvement > CAS Quality Assurance

Seminare

8. und 9.3.2016 2. und 3.2.2016 5. und 6.4.2016 9. und 10.12.2015

2 2 2 2

8.2.2016 3.12.2015 auf Anfrage

1 Tag 1 Tag 2 Tage

14.9. bis 21.11.2016

Tage Tage Tage Tage

4 Tage

Qualitätsmanager als Coach in Gesundheitsorganisationen Patientensicherheit Medizincontrolling und Kennzahlen Einführung in die EN 15224 NEU Qualitätsmanager als Coach im Gesundheitswesen

27.1. bis 24.2.2016 18. und 19.10.2016 23. und 24.11.2015 25.4.2016 27.1. bis 24.2.2016

3 Tage 2 2 0,5 3

Tage Tage Tage Tage

Events NEU IT-Forum Qualitäts- und Prozessmanagement

16.6.2016

1 Tag

MQ Management und Qualität 11/2015


BUSINESS EXCELLENCE Risikomanagement

Fokus auf Sicherung der Business-Exzellenz Von Ernst Zryd

Die Sicherung von Business-Exzellenz und die Qualität von Produkten oder Dienstleistungen erfordert ein sinnvolles Risikomanagement. Standard-ITLösungen können leider kaum helfen, denn Risiken, die dieses Ziel verhindern können, können nur durch partnerschaftliche Zusammenarbeit im Unternehmen erkannt werden.

G

eringe emotionale Bindung an das Unternehmen und fehlende Motivation der Ar­ beitenden oder «Abteilungsden­ ken» bergen Risiken, welche die langfristige Existenz von Unter­ nehmen gefährden. Das Ergebnis einer Gallup-Umfrage in Deutsch­ land ergab: – 41 % der Befragten haben sich schon überlegt, die Unterneh­ mung zu verlassen – 38 % der Befragten würden den Chef sofort entlassen – nur ca. 20 % bestätigen, dass sie für gute Arbeit Lob und Aner­ kennung erhalten und der Vor­ gesetzte nach ihren Meinun­ gen und Ansichten fragt und sie in die Prozesse einbezieht. Wir sind zwar nicht in Deutsch­ land, aber auch in der Schweiz be­ steht das Risiko, dass das Manage­

Ernst Zryd ist Experte für Veränderungsprozesse. Alpha & Omega GmbH, CH-Dielsdorf. ezryd@gmx.ch

MQ Management und Qualität 11/2015

ment den Grad der Zufriedenheit der Belegschaft nicht kennt. Nach Maslow wird der Mensch in seiner Ganzheit, nicht allein durch die Befriedigung seiner Grundbedürf­ nisse motiviert. Grundbedürfnisse sind heute meist erfüllt, deshalb lässt sich der Mensch nicht allein durch mehr Lohn oder höhere Bo­ ni motivieren. Engagierte Mitar­ beitende wollen Leistungsanreize aus der Stufe der Maslow-Pyrami­ de, in der sie sich befinden. Dazu gehören Sicherheit, einer erfolgrei­ chen Gruppe (Team) angehören oder öffentliche Anerkennung in­ dividueller Leistungen.

Menschen zu oft nur Produktionsfaktor Engagierte Mitarbeitende wollen die Unternehmensziele kennen und die Hilfe der Vorgesetzten, um erfolgreich mitzuwachsen. Leider werden die Menschen heute noch oft als Produktions­ faktor statt als Human Resources betrachtet. Aus meiner Erfahrung weiss ich: Ein lebendiges, ehrli­

ches Miteinander im Betrieb, das den Mitarbeitenden Raum lässt eigene Potenziale zu entfalten, ist nicht nur für junge Menschen at­ traktiv. Auch Ältere wollen ihre Kenntnisse über Kunden und Prozesse vertiefen oder dank ge­ zielter Weiterbildung neue Aufga­ ben übernehmen. Wird die be­ triebliche Aus- und Weiterbildung auf die mittelfristigen Unterneh­ mensziele ausgerichtet, bleiben Mitarbeitende für die Unterneh­ mung bis zur Pensionierung inte­ ressant. Das Menschenbild, Men­ schen als Produktionsfaktor zu betrachten, birgt enorme Risiken und kann den langfristigen Unter­ nehmenserfolg beeinträchtigen.

Keine zeitraubenden Diskussionen führen Die Geschäftsleitung kann die bestehenden Risiken leicht er­ kennen und die nötigen Gegen­ massnahmen einleiten, sofern sie sich die folgenden Fragen beant­ worten lässt: – Kennen alle Mitarbeitenden die Produkte und Stärken der Unternehmung? – Verstehen die Mitarbeitenden und Kunden die Informationen der GL? – Werden Mitarbeitende in die Gestaltung von Produktions­ prozessen einbezogen? – Entsprechen Produkte oder Dienstleistungen den Q-Anfor­

derungen, um den nächsten Be­ arbeitungsschritt ohne Anpas­ sungsarbeiten zu beginnen? – Werden Kunden in die Ent­ wicklung von Produkten einbe­ zogen? – Dienen Kundeninformationen zur Verbesserung von Dienst­ leistungen oder bleiben sie un­ genutzt in IT-Systemen hängen? – Können Mitarbeitende dank rechtzeitig erworbener Kom­ petenzen befördert werden oder andere Funktionen über­ nehmen? – Beschränkt sich Ihre HR-Abtei­ lung auf das Verwalten und Re­ krutieren? Seit der Aufgabe der Frankenbin­ dung an den Euro wird die Sozial­ partnerschaft zwischen Arbeitge­ ber und Arbeitnehmer zur Rettung der Krise bemüht. Leider werden je nach Ideologie vom Partner zu­ sätzliche Leistungen wie Kündi­ gungsschutz, längere Arbeitszeit usw. verlangt. Die Lösung kann nicht in zeit- und energierauben­ den Diskussionen gefunden wer­ den. Vielmehr müssen die Risiken von wirtschaftlichen Verlusten er­ kannt und Massnahmen zur Mini­ mierung erarbeitet werden.

Echte Zusammenarbeit pflegen Echte Partner geben freiwillig al­ les, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Für ein Unternehmen bedeutet dies, Strukturen zu schaffen, die es den Mitarbeiten­ den erlauben in den zugeteilten Aufgaben ihre Fachkenntnisse an­ zuwenden, geplant zu erweitern und einen Sinn in der Arbeit zu finden. Sie vermeiden nicht kalku­ lierte Kosten für Nachbesserun­ gen, Reibungsverluste und Perso­ nalfluktuation. Business-Exzellenz oder den Kunden angepasste Produktqua­ lität wird nicht durch IT-Systeme oder ISO-Zertifikate, sondern durch echte Zusammenarbeit al­ ler Beteiligten erreicht. ■ 17


RISIKEN MANAGEN Nützliches Risikomanagement

denen Dokumentensystematik angepasst werden können, – nur einen, übersichtlichen, übers Jahr fortlaufenden Pro­ zess umfassen, – wahlweise mit internen oder externen Ressourcen handel­ bar sein, – auf jeder Ebene/in jeder Funk­ tion zeiteffizient und – insgesamt kostengünstig sein.

Mehrwert für KMU ! Andreas Gitzi, Peter Tschudin

Gesetzliche Anforderungen zur Finanz­absicherung einhalten und trotzdem einen Mehrwert verzeichnen können. Betreiben Sie Risikomanagement anders: mit unkonventionellen Lösungsansätzen, die speziell KMU Nutzen bringen. In vielen Firmen wird Risikoma­ nagement nur als notwendige, aber letztlich unnütze Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen gesehen. In einem früheren Arti­ kel wurde bereits den möglichen Gründen nachgegangen. Im folgenden Artikel werden nun Lösungsansätze erläutert, wie KMU von angemessenem, kosteneffizi­ entem Risikomanagement profitie­ ren können, welches über die rein gesetzlich geforderte Finanzsiche­ rung hinausgeht. Mit diesen teils unkonventionellen Empfehlungen gehen wir bewusst in eine andere Richtung, weg von den üblichen Prozess- und Tool- dominierten An­ sätzen.

Zielsetzungen? Zuallererst sollten diese quintes­ senziellen Fragen beantwortet werden: Welche Erwartungen hat eine KMU an ein effektives und nützliches Risikomanagement? Wobei selbstverständlich voraus­

Andreas Gitzi, Beratender Risikomanager, Risiko Manager MAS, Sicherheitsingenieur EiV, EKAS. Peter Tschudin, Berater für Organisationsentwicklung, Innovation und Strategie.

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gesetzt wird, dass die gesetzli­ chen und branchenspezifischen Vorschriften erfüllt werden müs­ sen. Die zentralen Zielsetzungen des Integralen Risikomanage­ ments heissen: – Sichern des langfristigen Beste­ hens und der positiven Ent­ wicklung des Unternehmens, – Verhindern von DownRating und Liquiditätsengpässen, – integrale und einheitliche Er­ fassung und Bewertung der wirklich relevanten Risiken für das gesamte Unternehmen, – zeitnahes Erstellen aller, unter­ schiedlichen Berichtformen, für ein bedürfnisgerechtes Re­ porting zu den verschiedenen Risk Owner und Stakeholder. Als zusätzliche Vorteile wären noch folgende Punkte zu nennen: – aktive Unterstützung für intelli­ gente Entscheidungsfindung bieten, sei diese strategischer, finanzieller oder operationeller Art und, – Förderung von erfolgsverspre­ chenden Innovationen und Projekten. Hier steht die wichtige Einsicht im Vordergrund, dass Finanzrisi­ ken bei vielen Unternehmen oft

nur die Auswirkungen von strate­ gischen, operationellen und tech­ nischen Risiken sind. Oder anders gesagt – die Ursachen für die meisten finanziellen Probleme liegen fast immer in vorausgegan­ genen, fehlerhaften Entscheidun­ gen im Bereich der strategischen Entwicklung und der operativen Umsetzung [1]. Dabei liegt es uns fern, Finanzrisiken zu negieren, aber effektives Risikomanage­ ment darf dort nicht aufhören. Um einen ausgeprägten Nutzen zu erhalten, muss es die vielen an­ deren Aspekte auch einbeziehen, und letztlich müssen Erkenntnis­ se aus dem Risikomanagement bereits in frühe Entscheidungs­ findungen einfliessen.

Anforderungen? Die zweite wichtige Frage, bevor man ein Risikomanagement ein­ führt, betrifft die notwendigen Anforderungen. Einer KMU ste­ hen in der Regel nur beschränkte Ressourcen und ungenügende Fachkompetenz zur Verfügung. Zudem muss sie sich auf ihr «dai­ ly business» fokussieren. Daraus leiten sich die folgenden Anforde­ rungen an ein effizientes Risiko­ management ab: Der Prozess muss: – der bestehenden Unterneh­ mens- und Prozesskultur ent­ sprechen, – den funktionsspezifisch unter­ schiedlichen Bedürfnissen ge­ recht werden, – weitgehend der bereits vorhan­

Das Reporting soll: – übersichtlich, einfach und für die unterschiedlichen Empfän­ ger verständlich sein, – klar visualisiert werden kön­ nen, – bei Bedarf in «realtime» nach­ geführt werden können, – den vorgegebenen Berichtfor­ men übergeordneter, organisa­ torischer Einheiten entsprechen – und natürlich den gesetzlich, behördlich geforderten An­ sprüchen genügen. Daraus resultiert die auffallendste Eigenschaft eines effektiven Risi­ komanagements. Es muss flexibel sein! Dadurch vermeidet man, dass jede Funktion im Unterneh­ men ihren Anforderungen und Bedürfnissen gehorchend ein ei­

Soll der Risikomanagementprozess in das bestehende Prozessund DokumentenManagement-System integriert werden? genes, sehr spezialisiertes Risiko­ managementsystem implemen­ tiert, welches dann meistens auf einem nur in ihrem Bereich aner­ kannten Standard basiert. Man reduziert so die Problematik, dass mehrere nicht kongruente Insel­ lösungen mit parallel laufenden Prozessen und unverhältnismäs­ sig grossem Aufwand existieren. Deshalb sind in der Praxis Funkti­ onen und Abteilungen in das in­ MQ Management und Qualität 11/2015


RISIKEN MANAGEN

tegrale Risikomanagement einzu­ binden, deren Anforderungen sich bezüglich genutzter Risiko­ analysenmethode oder Berichts­ form unterscheiden. Ein weiterer Aspekt ist die mögli­ che Integration in bereits beste­ hende Prozesse. Es ist eine Tat­ sache, dass die Existenz und das Funktionieren eines Risikoma­ nagements in einem Unterneh­ men durch die Revision bestätigt werden muss [Art. 961c OR], so­ fern es die Kriterien für eine or­ dentliche Revision erfüllt (börsen­ kotierte AG, > 40 Mio. Umsatz, > 250 Mitarbeiter) [2]. Zurzeit ver­ langt aber keine Norm explizit ei­ ne Auditierung resp. Zertifizierung des Risikomanagement­systems. Es macht daher Sinn, den Risiko­ managementprozess getrennt von zu auditierenden Systemen, wie beispielsweise GMP, ISO 9001 etc. zu führen. Gemäss den gängi­ gen Standards (ISO 31000, ONR 49000ff., COSO ERM) ist das Vor­ handensein eines Management­ Systems allerdings erforderlich [3]. So sind Dokumentation, Aus­ bildung, time und event driven Reviews sowie kontinuierliche Verbesserung auch im Risiko­ management gefordert. Unsere Empfehlung ist daher, für Risikomanagement-Aufgaben das bereits bestehende System zu nutzen, aber dieses formell ge­ trennt zu verwalten, quasi in ei­ nem anderen «Gefäss».

Als Beispiel sei hier die effiziente Nutzung des IKS als Riskcontrol­ ling auch für nicht finanzrelevan­ te Prozesse erwähnt, insbeson­ derse zur kontinuierlichen Überwachung von strategischen Projekten und Real-time-Alar­ mierung bei Prozessabweichun­ gen. Dies deshalb, weil IKS bereits viele der dafür notwendigen Auf­ gaben erfüllt. Siehe Tabelle 3, Auf­ gaben von IKS. Aus diversen Gründen wird dem Risikomanagement die Anerken­ nung abgesprochen. Dies vor al­ lem aufgrund folgender Voraus­ setzungen: Man hat gegebenen­ falls zu viel Zeit für die Prozesse investiert und lässt die Erfolgs­ meldung deswegen weg. Fehlen­ des Feedback führt aber dazu, dass man nicht als Teil des Erfolgs wahrgenommen wird. Ein ande­ rer Aspekt ist die fehlende Mess­ barkeit, die dem Risikomanage­ ment unterstellt wird. Das ist häufig durch fehlende Daten vor der Einführung des Systems be­ gründet.

Positive Effekte Man muss sich deshalb rechtzeitig die Frage nach risikorelevanten KPIs (Key Performance Indices) oder konkreten RPIs (Risk Perfor­ mance Indices) stellen. Auch für das Risikomanagement sollte man klare RPI›s definieren und KPI›s festlegen, welche damit be­ einfluisst werden wollen. Wenn das Risikomanagement integral umgesetzt und gut kommuniziert

Zielerreichung des IRM ist langfristig auch mittels KPIs messbar – Produktivität, Anlagenausfallzeiten, Mitarbeiterfehlzeiten – Verkaufszahlen, Anzahl Lieferungs-Shortfalls, Kundenzuwachs, – Anzahl erfolgreich abgeschlossener Entwicklungsprojekte – Versicherungsprämien, Kosten für Risikoreduktionsmassnahmen, – Non-Compliance Fälle, Bussen, Auditfindings – Ggf. Aktienkurs beachten Tabelle 2: Auflistung möglicher Indikatoren zum Nachweis der Zielerreichung von integralem Risikomanagement (copyright: Gitzi/Tschudin)

MQ Management und Qualität 11/2015

Wesentliche Aufgaben des IKS mit Nutzen für das RM – IKS beschreibt die relevanten, zielführenden Prozesse – Es werden Grenzwerte für Abweichungen von Zielvorgaben festgelegt – Die Prozesse und deren Resultate werden fortlaufend überwacht – Im Fall von Grenzwertüberschreitungen wird alarmiert und rapportiert – Die Verantwortlichen haben spätestens dann Korrekturmassnahmen zu definieren und umzusetzen. Tabelle 1: Aufgaben des IKS, welche für das Risikomanagement genutzt werden könnten (unvollständige Aufzählung) (copyright: Gitzi/Tschudin)

werden kann, so zeigt es bereits kurzfristig positive Seiten wie: – Erhöhte Zufriedenheit der Risikoberichtsempfänger > besseres individuelles Verständnis – Bessere Identifikation mit den Risiken > erhöhtes Feedback, Umsetzung von Massnahmen – Einfachere Kontrolle, schnellere Reaktion > zeitnahe Meldung von Abweichungen – Reduzierter Aufwand für Risikomelder und Risk Owner > Effizienterer Prozess Ein erfolgreiches, integrales Ri­ sikomanagement zeigt mittel­ fristig auch Verbesserungen in: – Erhöhte Sicherheit – bessere Motivation > Liefersicherheit – Kundenzufriedenheit – Qualitativ bessere Entscheide > optimalere Chancenwahrnehmung – Erhöhtes Risikobewusstsein > Ausbildung einer unternehmenseigenen Risikokultur – Positive Reputation bei Stakeholder, Community und Aktionären Somit sollte schliesslich die Zieler­ reichung des Risikomanagements auch langfristig ermöglicht wer­ den, wenn KPIs berücksichtigt werden. Siehe Tabelle 2, welche KPIs es sein können. Eine wichtige Voraussetzung hier­ zu: Die gewünschten KPIs müs­ sen vor Einführung des Risiko­ managements definiert werden – zwecks Tendenzerkennung be­

reits zuvor über einen längeren Zeitabschnitt erfasst worden sein. Ein effektives, integrales Risiko­ management hat für eine KMU einen wesentlichen Einfluss auf dessen Erfolg. Insbesonderse mit­ telfristige und langfristige Resulta­ te können mit einem effektiven Risikomanagement positiv gesteu­ ert werden. Die anfänglich gestellte zentrale Frage nach einem unmittelbaren Nutzen von Risikomanagement kann somit deutlich befürwortet werden. ■

Literatur 1 Hunziker S., Referat ERM-Thesen – Impulse aus der Forschung und Beratung, Veranstaltung vom 20.11.2014, Netzwerk Risikomanagement Schweiz 2 Veröffentlichung 6. November 2013, Eidg. Revisionsaufsichtsbehörde RAB 3 Gitzi, A. (2009): Optimierung der internen Risikokommunikation. Masterarbeit. Hochschule Luzern

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RISIKEN MANAGEN Gesundheitsmanagement

Einblick in das Management in der «Unsicherheitszone» Von Dr. Claudia Meier Magistretti und Dr. Gian-Claudio Gentile

Viele Führungskräfte weisen fehlende Sicherheit in Sachen Gesundheitsmanagement auf; bezüglich der relevanten Gesundheitsthemen besteht eine grosse Unsicherheit. Die Hochschule Luzern hat in einem Forschungsprojekt Führungskräfte zu dieser «Unsicherheitszone» befragt und zeigt Wege auf, wie damit umgegangen werden kann.

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urchschnittlich 6,5 Tage pro Jahr – so lange fehlen Mit­ arbeitende in der Schweiz wegen Krankheit oder Unfall an der Arbeit. Arbeitsbedingte Ge­ sundheitsprobleme betreffen laut einer Hochrechnung des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) in der Schweiz 1,1 Millio­ nen Arbeitnehmende. Der JobStress-Index der Gesundheitsför­ derung Schweiz zeigt bei knapp 25 Prozent der Erwerbsbevölke­ rung ein Missverhältnis zwischen Ressourcen und belastenden Ar­ beitsfaktoren – ein Missverhält­ nis, das die Gefahr psycho-sozia­ ler Beeinträchtigungen wie Stress

Dr. Claudia Meier Magistretti lehrt und forscht an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit sowie an der Hochschule für Angewandte Psychologie APS der FHNW zu Gesundheitsförderung, Prävention und Public Health. Dr. Gian-Claudio Gentile arbeitet in den Departementen Soziale Arbeit und Wirtschaft der Hochschule Luzern. Er arbeitet in den Bereichen Corporate Social Responsibility, BGM und OE.

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oder Burn-out erwiesenerma­ ssen erhöht. Laut SECO entste­ hen durch gesundheitliche Belas­ tungen am Arbeitsplatz jährlich Kosten von mehr als 20 Milliar­ den Franken. Solchen Zahlen können sich Führungskräfte von Schweizer Betrieben nicht ver­ schliessen. Doch wie genau nä­ hert man sich der Herausforde­ rung «Gesundheitsmanage­ ment» an, nicht zuletzt, wenn insbesondere die psychischen Belastungen der Mitarbeitenden reduziert werden sollen?

Gesundheitsmanagement = Chefsache? Die Hochschule Luzern hat in Zu­ sammenarbeit mit der Schweize­ rischen Gesellschaft für Organisa­ tion und Management diesbezüg­ lich eine vertiefte Interviewstudie bei 29 Topführungskräften durch­ geführt. Die Studie «Betriebliches Gesundheitsmanagement ist Chefsache!?» (www.hslu.ch/bgmchefsache) zeigt, wie in Schweizer Unternehmen, Non-Profit- und

Verwaltungsorganisationen mit dieser Managementaufgabe um­ gegangen wird. Die Antworten der Befragten fielen sehr unterschied­ lich aus. Trotzdem kristallisierten sich Gemeinsamkeiten heraus: Gesundheitsmanagement bedeu­ tet für die Befragten «Manage­ ment in der Unsicherheitszone». Damit wird jener Handlungs­ bereich beschrieben, in dem sich alle Führungskräfte – ungeachtet ihrer Branche oder ihres Manage­ mentstils – weitgehend auf sich alleine gestellt sehen. Gesundheit managen bedeutet auch Grenzen überschreiten, wo­ für jedoch die Befragten noch über wenig Kompetenzen und Know-how verfügen: Denn Ge­ sundheit wird in den meisten Fäl­ len als «Angelegenheit» verstan­ den, welcher sich formales Ma­ nagement nicht oder nur sehr beschränkt widmen kann. Die hieraus entstehende Handlungsund Entscheidungsunsicherheit verfestigt Widerstände und Vor­ behalte gegenüber systemati­ schen Gesundheitsmassnahmen. Wie in der Grafik auf der folgen­ den Seite dargestellt, ist die Ge­ sundheit der Mitarbeitenden in der Wahrnehmung der Befragten dann kein Problem, wenn Ge­ sundheit klar gegeben oder Krankheit eindeutig feststellbar

ist. Im Idealfall sind die Mitarbei­ tenden somit entweder gesund und Arbeitgebende und Arbeit­ nehmende begegnen sich im for­ mell definierten Leistungsvertrag: Für geleistete Arbeit wird ein Ent­ gelt ausgezahlt. Oder die Krankheit der Mitarbeitenden ist offensicht­ lich, beispielsweise weil der Arm gebrochen ist oder eine fachliche Begutachtung (z. B. Arztzeugnis) vorliegt. Leistungsausfälle und Folgekosten werden in solchen Si­ tuationen über institutionalisierte Prozesse abgehandelt (z. B. IVStellen oder Case-Management). Zum Problem wird das Thema Gesundheit erst dann, wenn we­ der Gesundheit noch Krankheit eindeutig feststellbar ist. Zwi­ schen den beiden Polen «ge­ sund» und «krank» entsteht die «Unsicherheitszone» des Ge­ sundheitsmanagements, in wel­ cher die Befragten kaum über Handlungsorientierung verfügen.

Die drei Aspekte der «Unsicherheitszone» Inhaltlich beschrieben besteht die «Unsicherheitszone» aus drei Aspekten: der Umgang mit Intimität in der Führungsbezie­ hung, die Ab- und Eingrenzung von Privatheit und Arbeit sowie der Konflikt zwischen Mitarbei­ tendengesundheit und ökono­ mischer Leistungserbringung.

1. Intimität in der Führungsbeziehung: Den Nennungen der Gesprächs­ partner folgend meint Intimität den Zustand von Nähe und Ver­ trautheit, welcher für die Mitar­ beitendenführung in bestimm­ ten Situationen und Problemla­ gen von zentraler Bedeutung ist. So kann es beispielsweise wich­ tig sein, dass eine Führungskraft nahe genug bei den Mitarbeiten­ den ist, um zu erfahren, ob nebst der Arbeitsbelastung auch zu hause persönliche Beanspru­ chungen vorliegen, welche die Gesundheit und Leistungsfähig­ MQ Management und Qualität 11/2015


RISIKEN MANAGEN

Abb. 1

Führung in der Unsicherheitszone (eigene Darstellung).

keit beeinträchtigen könnten. Dies setzt eine Form von Nähe und beidseitigem Vertrauen vor­ aus, die beim Thema Gesundheit sorgfältig und achtsam gestaltet werden muss. Eine solche Inti­ mität herzustellen, ist für die in­ terviewten Führungskräfte meist ungewohnt und daher eine gros­ se Herausforderung. Dies gilt insbesondere dann, wenn es um psychische Beschwerden geht.

2. Privatheit und Arbeit: «Privatheit» bezeichnet einen personalen Aspekt der Unsicher­ heitszone: Gesundheit gilt am Arbeitsplatz als privat, und deren Thematisierung wird oft als Ein­ griff in die Privatsphäre der Mit­ arbeitenden verstanden. Wäh­ rend es den meisten Führungs­ kräften noch relativ leicht fällt, ein offensichtliches Alkoholpro­ blem einer untergebenen Per­ son anzusprechen, wird dies bei Verhaltensweisen wie exzessi­ vem Rauchen, ungewöhnlicher Gewichtszunahme oder -abnah­ me oder Zeichen von Erschöp­ fung schon schwieriger. Füh­ rungskräfte brauchen somit viel Fingerspitzengefühl. Wird aus Angst vor einer Verletzung der Privatsphäre das Gespräch nicht gesucht, besteht die Gefahr, dass MQ Management und Qualität 11/2015

z. B. Überlastungen von Mitarbei­ tenden erst dann erkannt wer­ den, wenn bereits ein Arbeitsaus­ fall vorliegt und entsprechende Kosten anfallen.

gilt es einen Weg zu finden, intime und sich im Bereich des Privaten befindende Themen aufzugreifen und ansprechbar zu machen. Führungskräfte können dies bei­ spielsweise in Führungskursen lernen. Gleichzeitig ist es zentral, dass nicht nur die Führungsper­ sonen, sondern auch die Mitar­ beitenden Verantwortung für die Gesundheit im Betrieb überneh­ men: Im Rahmen einer Team- so­ wie Kulturentwicklung können alle zusammen über gemeinsame Werte diskutieren und solche de­ finieren. Dies führt zu einer ver­ stärkten Übernahme der Verant­ wortung für Gesundheit durch die Mitarbeitenden. Gleichzeitig bedeutet das aber auch eine Ver­ änderung bezüglich der Füh­ rungsrolle. Diese fokussiert stär­ ker auf die Vermittlung zwischen

den unterschiedlichen Perspekti­ ven, auf nachhaltige Entwick­ lungsmöglichkeiten für die ein­ zelnen Mitarbeitenden sowie das Schaffen von Austauschräumen (z.  B. Qualitätszirkel oder wö­ chentliche Teamsitzungen), wel­ che eine qualifizierte Selbstver­ antwortung der Mitarbeitenden fördern. Arbeit findet heute und in Zu­ kunft nicht mehr nur am klassi­ schen Arbeitsplatz statt, sondern verlagert sich in die unterschied­ lichen Lebenssphären der Men­ schen. Das Management der Gesundheit dürfte in dieser Ent­ wicklung ein wichtiges Hand­ lungsfeld bleiben. ■

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3. Wertekonflikte annehmen: Die «Unsicherheitszone» ist schliesslich durch Wertekonflik­ te geprägt. Im Kern dieses Kon­ fliktes geht es um die ökonomi­ sche Leistungserbringung einer­ seits und die Mitarbeitendenge­ sundheit andererseits. Dem The­ ma Gesundheit wird aus Sicht der Befragten oft noch eine quasi reli­ giöse oder dogmatische Konnota­ tion zugeschrieben, von welcher sie sich bewusst distanzieren müssen, um nicht als «Gesund­ heitsapostel» wahrgenommen zu werden. Vor diesem Hintergrund wird das Gesundheitsmanage­ ment auch ein unternehmenspo­ litisches Thema, welches zwi­ schen den unterschiedlichen In­ teressengruppen (z. B. Mitarbei­ tende, Geschäftsleitungsmitglie­ der, Human Resources etc.) sorg­ fältig thematisiert werden muss.

Qualifizierte Selbstverantwortung Im Zuge der oben beschriebenen Aspekte der «Unsicherheitszone» 21


RISIKEN MANAGEN Die Vorsorgesituation bezüglich Deckungsgraden

Gelegenheit für «De-Risking» bei Schweizer Pensionskassen Von Michael Merz

Zwei aktuelle Studien unterstreichen: Der stärkere Franken gegenüber dem Euro-Mindestkurs sowie fallende Zinsen schmälern die Renditen. Andererseits könnte die vorherrschende Wirtschaftsphase die beste Gelegenheit zu Risikoevaluationen, zu einem sogenannten Risikoabbau (De-Risking) bieten.

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ie im Jahr 2013 revidierten Bi­ lanzierungsregeln nach IAS 19 (Engl.: International Accoun­ ting Standards) für die Bewertung der Vorsorgepläne bedingen die vollständige Offenlegung der Un­ ter- und Überdeckungen in den Firmenbüchern. Hieraus müsste eine hohe Transparenz speziell bei resultieren, börsenkotierten Un­ ternehmen resultieren. Doch die verbesserte Transparenz birgt auch Schattenseiten, weil sie – wie gleich zwei Schweizer Studien be­ legen – mit einer hohen Bilanzvo­ latilität verbunden ist.

Wie Peter Zanella und Richard Köppel, Pensionskassenexperten bei Towers Watson Schweiz (siehe auch «Neue Studien zum De­ ckungsgrad für Schweizer Unter­ nehmen» am Textende), belegen, existiert innerhalb der Unterneh­ mensbuchhaltungen ein grosses Risikopotenzial. Die Pension-Risk Studie 2015 von Watson Towers unterstreicht: «Unternehmen ver­ zeichnen eine hohe Bilanzvolatili­ tät gegenüber dem Vorjahr. » 22

Viele Schweizer Unternehmen müssten die Gelegenheit nutzen, Wege zu suchen, die mit den Vor­ sorgeeinrichtungen verbundenen Finanzierungsrisiken zu verste­ hen und zu kontrollieren.

Rückläufige Ergebnisse Seit der Einführung von Negativ­ zinsen durch die Nationalbank er­ schwert sich besonders die wirt­ schaftliche Situation der Schwei­ zer Pensionskassen. «Zur Verringe­ rung der Volatilität könnte auch die Implementierung risikoärme­ rer Anlagestrategien in Erwägung gezogen werden», meint Richard Köppel weiter, «ein Standardver­ fahren hierfür gibt es allerdings nicht, da die Ausgangslage von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich ist», erklärt der Ex­ perte. Schweizer Vorsorgeeinrichtun­ gen, befragt zum wichtigsten An­ lageziel bei Investitionen, orien­ tieren sich laut einer aktuellen Studie der Hochschule Luzern (hslu) meistens präferiert an di­

rekten Anlagen für Immobilien. Viele Schweizer Einrichtungen führen längerfristige Strategien aus, zeigen die hslu-Studiener­ gebnisse, die bereits im März 2015 bereits publiziert wurden. Pensionskassen investieren in Ge­ bäude und Grundstücke, damit sie eine definierte Rendite erreichen, ihr Kapital erhalten und sich vor Inflation schützen. In der Schweiz erzielten die befragten Investoren in den Jahren 2012 bis 2013 im Durchschnitt Renditen zwischen 5 und 6 Prozent, mit einer immer mehr fallenden Tendenz. Gleichwohl weist Michael Trü­ bestein, Dozent und Projektleiter der Hochschule Luzern, betref­ fend die Vorsorgestrategien dar­

Schweizer Vorsorgeeinrichtungen orientieren sich an direkten Anlagen für Immobilien. auf hin, dass es zu einer Anglei­ chung des Schweizer Immobili­ enmarktes kommt, entsprechen­ de Opportunitäten allmählich schwerer zu finden sind: «Eine Ausweichmöglichkeit wäre, dass die Institutionen ausländi­ sche Märkte nach geeigneten – indirekten – Investitionsmöglich­

keiten untersuchen. Allerdings konkurrieren Schweizer Investo­ ren auch dort mit nationalen und internationalen Investoren, und gute Objekte sind in ihrer Anzahl limitiert», so Trübestein. Im Vergleich zum Vorjahr sind je­ denfalls die Vorsorgeverpflich­ tungen der sogenannten SLI-Un­ ternehmen um etwa CHF 36 Mrd. (+19,8 %) und bei den SMI-Un­ ternehmen um CHF 30 Mrd. (+18,0 %) bei den Planvermögen gestiegen. Allerdings reduzierte sich der durchschnittliche De­ ckungsgrad, insbesondere wegen des niedrigen Diskontierungssat­ zes, um fünf Prozent bei den SMIund um vier Prozent bei den SLIUnternehmen. Gemäss Towers Watson waren die Vorsorgeverpflichtungen im Jahr 2014 zu 84 Prozent respektive 80 Prozent bei den SLIs in einem entsprechenden separat ausge­ schiedenen Planvermögen ge­ deckt. Nichtsdestotrotz sei angesichts des weiteren Rückgangs der Zinsen und der zunehmenden Schwie­ rigkeit, klassische Anlagevehikel zu finden, die kurz- und mittel­ fristig angemessene Renditen ge­ nerieren, die Konzentration auf die Vorsorgeverpflichtungen evi­ dent.

Mögliche Auswirkungen Nicht nur wirtschaftliche, son­ dern auch juristische Intranspa­ renzen durchkreuzen die Pläne der Schweizer Pensionskassen. Die meisten Schweizer studieren jedoch den von der Schweizer Pensionskasse gemeldeten De­ ckungsgrad, der auf den Grund­ sätzen nach Swiss GAAP beruht. Hierunter kommt nun Bewegung in den Heimatmarkt: Die Vorsorgeverpflichtungen (und deren Volatilität) gemäss den Rech­ nungslegungsstandards könnten die Arbeitgeber jedoch dazu veran­ MQ Management und Qualität 11/2015


RISIKEN MANAGEN

lassen oder sogar zwingen, die dem Plan zugrunde liegenden Risi­ ken besser zu kontrollieren, indem sie die Art der Durchführung der beruflichen Vorsorge oder die Hö­ he der angebotenen Leistungen direkt beeinflussen. Dies bezeugt der Forschungsbericht «Auswir­ kungen von IAS 19 auf die berufli­ che Vorsorge» (Nr. 02/15) vom Bundesamt für Sozialversicherun­ gen BSV. Infolge des fallenden Zinses könn­ te der Arbeitgeber mehr Druck auf die Pensionskasse ausüben, die unter der Leitung des paritätisch aus Arbeitnehmer- und Arbeitge­ bervertretern zusammengesetz­ ten Stiftungsrats steht. Das hslu Forschungsteam hat in seiner Stu­ die die Investoren nach Kriterien gefragt, welche für die Auswahl ei­

nes externen Managements für die Verwaltung ihres Anlagebestandes von Bedeutung sind: «Die Pensionskassen, Stiftungen und Lebensversicherungen ach­ ten dabei stark auf die Erfahrung und die Reputation sowie die Kos­ ten des Dienstleisters, während vertragliche Aspekte wie die Ver­ tragslaufzeit oder die Eigenkapi­ talbeteiligung des Managements eine weniger grosse Rolle spie­ len», heisst es in der im März 2015 erschienenen hslu-Studie. Hierzu meint Michael Trübestein: «Dieses Verhalten bedeutet einer­ seits, dass neue Management-An­ bieter jeweils ‹hohe Eintrittsbarri­ eren› durchbrechen müssen. An­ dererseits zeigt es, dass die Markt­ teilnehmer ihren Partnern im Im­

mobilienbereich viel Vertrauen entgegenbringen.» Ein grundle­ gender Unterschied der Anforde­ rungen an ein externes Manage­ ment für direkte oder für indirekte Immobilienanlagen konnte nicht festgestellt werden.

halb aus Sicht der Portfolioopti­ mierung und -absicherung durch­ aus zielführend.» Vorsorgeexper­ ten scheint es eher suboptimal, wenn wegen weitergeleiteter Ne­ gativzinsen der SNB plötzlich viele

Wie könnten sich also grössere Vorsorgeeinrichtungen verhal­ ten, die quasi passiv zusehen müssen, wie ihre Anleiherendi­ ten sinken?

Nebst Währungsverlusten gibt es immer auch politische Risiken.

Experten wie Michael Trübestein differenzieren: «Nebst Währungs­ verlusten gibt es immer auch poli­ tische Risiken. Gleichwohl bewer­ ten institutionelle Investoren eine hohe Diversifikation als sehr wich­ tig, bilden diese aber nur teilweise in ihren Portfolios ab. Eine stärkere Internationalisierung wäre des­

Schweizer Kassen Vorsorgekapital über längere Zeitabschnitte in ei­ genen Tresorschubladen deponie­ ren. Die Vorsorgebranche muss dringlichst Lösungen finden, wie die Transparenz ausländischer Märkte richtig genutzt sowie An­ lagen für solide Investitionen op­ timiert werden können. ■

Neue Studien zum Deckungsgrad der Schweizer Unternehmen 1.) «Real Estate Asset Management»-Studie Für diese «Real Estate Asset Management»-Studie unter der Leitung von Michael Trübestein wurden Antworten von 126 Institutionen ausgewertet, die zusammen ein Kapitalanlagevermögen von 440 Milliarden Franken und ein Immobilienanlagevermögen von 56 Milliarden Franken aufweisen. Der Grossteil der befragten Einrichtungen waren Schweizer Pensionskassen. Den Grossteil ihres Portfolios investieren sie in Immobilien; davon 110 Milliarden Franken in inländische Gebäude und Grundstücke und «nur» 10 Milliarden Franken auf ausländischen Märkten.

Die absteigende Darstellung lässt aufgrund der Berücksichtigung von nichtkapitalgedeckten Vorsorgepläne nur beschränkt eine Wertung zu.

Die «Real Estate Asset Management»-Studie kann direkt bei der hslu oder unter ISBN 978-3-658-08783-8 bestellt werden. 2.) Pension-Risk-Studie von Towers Watson Die Studie von Towers Watson von Peter Zanella und Richard Köppel analysiert bei den führenden börsenkotierten Unternehmen u. a. die Deckungssituation der Vorsorgeverpflichtungen (gemäss den internationalen Rechnungslegungsstandards inner- und ausserhalb der Schweiz). – Ihre Risikobeurteilung bez. Unternehmen in der Schweiz: – Einführung eines Beitragsprimats-Plans, Art. 1e BVV2, scheint aufgrund der parlamentarischen Diskussionen an Wichtigkeit zu gewinnen. – Steuerung von Garantien (zum Beispiel über Senkung des Umwandlungssatzes/über Kapital statt über die Rente oder variable Renten respektive über eine Reduktion der Anwartschaften) wird immer evidenter. Informationen zur Studie von Towers Watson über Deckungsgrade können angefordert werden unter: towerswatson@open-up.ch

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Berücksichtigt sind nur Planvermögen, die unter US GAAP oder IAS 19 (ohne Berücksichtigung von Effekten aufgrund von Asset Ceiling) als solche ausgewiesen werden! towerswatson.com

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Die Pension-Risk-Studie, siehe die Grafik, zeigt aktuelle Deckungsgrade (De-RiskingStrategien). Es existiert ein Abbau von bestehenden Garantien. Es wird jedoch versucht die Bilanzvolatilität («Asset Liability Matching»), zum Beispiel durch risikoärmere Strategien, zu immunisieren.

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QUALITÄT SICHERN Optimierte Produktdatenprozesse verkürzen Time-to-Market

Das Kreuz mit den Produktdaten Von Hubert Surrer und Marc Hankmann

Wird eine Rechnung falsch ausgestellt oder ist die Darstellung des brandneuen Produkts auf der Internetseite inkonsistent, wird als Erstes das Marketing oder die IT-Abteilung aufgesucht. Das ist zu kurz gesprungen, denn sind gewachsene Produktkomplexität, Prozesse, Verantwortungen und IT-Systeme quer durch das Unternehmen schuld an derartigen Problemen.

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iele Unternehmen gehen die Aufgabe, Produktdaten zu überarbeiten, nicht systema­ tisch, zu spät oder überhaupt nicht an. Auf lange Sicht ersparen sich Unternehmen mit einem konsistent integrierten Produ­ kt­ datenprozess aber unnötige Kos­ ten, verbessern ihr Image und verkürzen die Time-to-MarketPhase.

Steigende Produktkomplexität In den 1970er-Jahren konnte man bei der Deutschen Bundespost wählen zwischen dem Telefon modell «FeTAp 61» in Grau, Grün oder Orange. Eine Telefoneinheit kostete 23 Pfennig. Heute bietet die deutsche Telekom unzählige

Hubert Surrer ist Geschäftsführer von eXXcellent solutions consulting & software gmbh in München. www.exxellent.de. Marc Hankmann ist IT-Journalist für die PR-Agentur Wordfinder, Schenefeld bei Hamburg.

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Endgeräte, zig Tarifoptionen, In­ ternetzugänge und sogar Fernse­ hen an. Alle Produkte lassen sich miteinander kombinieren. Ein Oberklasse-Fahrzeug ist heute hochgradig vernetzt, der Rück­ wärtsgang kommuniziert mit dem Aussenspiegel und dem Heckscheibenwischer; es werden Hunderte von Ausstattungsoptio­ nen angeboten, die es vor einigen Jahren noch gar nicht gab: Spur­ halteassistenten, Totwinkelassis­ tenten, Verkehrszeichenerken­ nung und vieles mehr. Das Pro­ dukt der Energieversorger war bis vor Kurzem noch leicht beschrie­ ben: 1 kWh selbst produzierter Strom. Dank der Energiewende ergeben sich neue Geschäftsfel­ der, Produkte und Dienstleistun­ gen, wie z. B. Smart Grid, Smart Home, öffentliche Stromtankstel­ len etc. Selbst Müsli kann man heute im Internet nicht nur be­ stellen, sondern selbst konfigurie­ ren. Das alles sind Beispiele dafür, wie Unternehmen immer mehr

und auch immer komplexere Pro­ dukte entwickeln.

Komplexere Produktdaten Die Herausforderung besteht nun darin, die dazugehörigen Pro­ duktdaten effizient zu managen, denn sie umfassen heute nicht nur typische technische Daten wie Grösse, Gewicht oder Preis. Vielmehr gehören auch techni­ sche Beschreibungen, Marke­ tingtexte, Videos oder Bilder dazu, die darüber hinaus für die einzel­ nen Marketingkanäle angepasst werden. Und selbst damit ist es noch nicht getan. Gerade bei komplexen Produkten bestehen unter den einzelnen Produkt­ daten Abhängigkeiten. Ein Bei­ spiel dafür sind die Konfigurato­ ren der Automobilhersteller. Stellt der Kunde ein Fahrzeug nach sei­ nen Wünschen zusammen, kann er bestimmte Ausstattungsmerk­ male nur unter bestimmten Be­ dingungen auswählen. Und na­ türlich hätte der Kunde am Ende des Konfigurationsprozesses ger­ ne ein Bild oder sogar ein Video des Fahrzeugs mit seinen Sonder­ ausstattungen. Damit wird bereits deutlich, welche Komplexität Pro­ duktdaten annehmen können.

Erhöhte Fehleranfälligkeit Die Komplexität der Produkte und Produktdaten führt häufig zu Fehlern und Inkonsistenzen: Das Angebot enthält einen anderen

Text oder gar Preis als die Rech­ nung. Oder im Konfigurator auf der Webseite des Automobil­ herstellers fehlen beim heiss be­ gehrten neuen Modell die Bilder der Felgen, weil der Bilderzeu­ gungsprozess nicht rechtzeitig abgeschlossen werden konnte. Speziell international agierende Unternehmen spüren bei der Na­ tionalisierung ihrer Produkte, wie wichtig die Datenpflege ist. Die Umrechnung von «Liter pro 100 km» in «Miles per gallon» ist dabei keineswegs durch einen Dreisatz zu lösen, sondern es sind nationa­ le Gesetze zur Ermittlung des Ben­ zinverbrauchs zu berücksichtigen. Bei derartigen Problemen sucht man die Lösung nicht gleich bei den Produktdaten, denn ein of­ fensichtlicher, kausaler Zusam­ menhang ist auf den ersten Blick nicht unbedingt zu erkennen. Das hat mehrere Gründe: Zum einen sind die Produktdaten mit dem Unternehmen stetig mitgewach­ sen. Das Portfolio hat sich vergrös­ sert, diversifiziert und die Produk­ te sind komplexer geworden. Zum anderen stehen den Unter­ nehmen vielfältige Marketing­ kanäle zur Verfügung, die unter­ schiedliche Anforderungen an die Produktpräsentation stellen. Di­ gitale Kanäle erlauben zum Bei­ spiel die Interaktion mit dem Kunden, doch sie funktioniert am PC anders als auf einem Tablet oder Smartphone.

Viele Beteiligte Durch die verschiedenen Marke­ tingkanäle und das Wachstum des Unternehmens beschäftigen sich immer mehr Mitarbeiter und Or­ ganisationseinheiten mit Pro­ duktdaten: Marketing, Entwick­ lung, Einkauf, Produktion, Vertrieb, After Sales – sie alle gehen täglich mit diesen Daten um. Die Prozes­ se, in denen Produktdaten invol­ viert sind, werden also komplexer. Dementsprechend steigt auch die Bedeutung der Produktdaten für den Erfolg des Unternehmens. MQ Management und Qualität 11/2015


QUALITÄT SICHERN

Gerade die Vielzahl der Beteiligten ist Ursache unklarer Aufgaben und Verantwortungen. Häufig werden Dinge doppelt getan, was wiederum Quelle von Inkonsis­ tenzen ist – oder aber es gibt Pro­ zesslücken. Oftmals werden auch Zuständigkeiten auf andere Orga­ nisationseinheiten abgeschoben.

Produktdaten handhaben «Das Kreuz mit den Produktdaten ist, dass wir uns in einem Nebel­ viereck bewegen, für dessen Lö­ sung es schwierig ist, einen Spon­ sor zu finden», erklärt Ute Nause, Geschäftsführerin und Chef-Stra­ tegin des Beratungs- und Soft­ wareunternehmens eXXcellent solutions. Das Problem ist schwer greifbar und dem Top-Manage­ ment schwer vermittelbar: «Pro­ duktdaten haben schlicht vor­ handen zu sein. Über eine effizi­ ente Pflege wird nicht nachge­ dacht», so die IT-Expertin. Das liegt auch daran, dass sie nicht zu den Kernprozessen eines Unter­ nehmens gehören. Ausserdem erzeugt man nur einen indirekten Geschäftsnutzen. Der Nutzen ist nicht einfach durch höheren Um­ satz, neue Märkte oder bessere Marge zu beschreiben. Der Weg zur Lösung ist wegen der komple­ xen Produkte und der vielen Be­ teiligten meist anstrengend und langwierig. Es bedarf einer um­

fangreichen Prozessanalyse, oft gefolgt von einer Reorganisation über das gesamte Unternehmen. Am Ende sind die Auswirkungen der Prozessveränderungen weit­ reichend, da sie diverse Teile des Unternehmens betreffen.

Immer neue Produkte – immer neue Produktdaten. Ein systematischer Produkt­ datenprozess verkürzt die Time-to-Market.

Wer ist betroffen?

start alle nötigen Informatio­ nen über das Produkt? – Gibt es offensichtliche Doppel­ pflege bei Produktdaten (z. B. zwischen Zentrale und Whole­ sale)? – Gibt es Hilfslösungen (Listen, Tabellen) zur Überbrückung von Prozesslücken? – Sind Prozesse, Organisationen und Systeme mit der steigen­ den Produktvielfalt mitge­ wachsen?

Foto: fotolia.com

«Viele Unternehmen gehen das Problem erst an, wenn es nicht mehr anders geht. In der Automo­ bilindustrie hat man das inzwi­ schen erkannt», sagt Nause. An­ dere Branchen wie etwa die Ener­ gieversorger stehen ihrer Mei­ nung nach noch am Anfang. Der zunehmende Wettbewerb, die steigende Vielfalt an Produkten bzw. Tarifen sowie neue Tätig­ keitsfelder werden auch weitere Branchen zwingen, das Problem der Produktdaten anzugehen.

Der Weg zum Ziel

An einigen simplen Checkfragen kann man erkennen, wie hoch der Handlungsdruck bereits ist: – Heissen Ihre Produkte und Pro­ duktbeschreibungen in allen Vertriebskanälen gleich (Print, Online, Preislisten, Angebote, Rechnungen, ...)? – Erfüllen Ihre Produkte zum Ver­ kaufsstart alle nationalen ge­ setzlichen Vorgaben? Sind na­ tionale Bilder und Dokumenta­ tionen vorhanden? – Hat der Retail zum Verkaufs­

Die Herausforderung liegt in der Optimierung der Aufbau- und Ablauforganisation sowie der Anpassung der IT-Systeme für ei­ ne durchgehende Unterstützung der Prozesskette. Viele IT-Pro­ dukte (Produktdatenmanage­ ment-Systeme) haben jedoch ei­ ne starke Fokussierung auf die Produktentwicklung, was dem Umstand geschuldet ist, dass hier das Gros der Produktdaten entsteht. Dadurch werden Folge­ prozesse in anderen Organisati­ onseinheiten vernachlässigt. Ei­

ne adäquate IT-Landschaft muss alle betroffenen Prozesse einbe­ ziehen, sowohl über alle betroffe­ nen Unternehmensbereiche als auch über den gesamten Pro­ duktlebenszyklus. Das Ziel eines solchen Vorhabens ist, die richtigen Daten mit mög­ lichst geringem Aufwand schnell zum Nutzer zu bringen. Hierzu wird ein möglichst hoher Grad an automatisierten Prozessen ange­ strebt, um die Fehlerquellen durch manuelles Eingreifen zu verringern. Dadurch wird sicher­ gestellt, dass die Produktdaten die Time-to-Market-Phase nicht un­ nötig hinauszögern und alle In­ formationen rechtzeitig konsis­ tent vorliegen. «Bei einem Unter­ nehmen, das Probleme mit falsch ausgestellten Rechnungen hatte, konnte mit einer Umstrukturie­ rung des Produktdatenprozesses die Fehlerquote um 95 Prozent reduziert und dabei gleichzeitig noch der Aufwand gesenkt wer­ den», gibt Nause ein praktisches Beispiel. ■

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QUALITÄT SICHERN Ganzheitliche Prüfplanung

Qualitätsprüfungen planen, anpassen und daraus lernen Von Jan Kukulies und Robert Schmitt

Im Rahmen eines praxisnahen Forschungsprojekts wurde am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen eine Vorgehensweise für eine ganzheitliche Prüfplanung entwickelt, die Unternehmen bei der Anpassung von bestehenden Qualitäts­ prüfungen in der Produktion unterstützt. Durch die anschliessende Rückkopplung des Wissens in die entwicklungsbegleitende Prüfplanung können sowohl Prüf- als auch Fehlerkosten langfristig gesenkt werden.

E

ine fehlende Anpassung von Prüfprozessen in der Produk­ tion führt häufig zu überhöh­ ten Qualitätskosten. Auf der ei­ nen Seite verursachen Prüfpro­ zesse für unkritische Merkmale, die bereits durch stabile und fähi­ ge Herstellprozesse abgesichert sind, unnötig hohe Prüfkosten. Auf der anderen Seite deuten feh­ lerhafte Produkte im Feld oder in der Produktion auf nicht-wirksa­ me bzw. fehlende Prüfprozesse hin und bringen erhöhte Fehler­ kosten mit sich. Die genannten Potenziale zur Reduzierung der

Dipl.-Ing. Jan Kukulies, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen und Leiter der Gruppe «Product Realization & Systems Engineering». Prof. Dr.-Ing. Robert Schmitt, Inhaber des Lehrstuhls für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement sowie geschäftsführender Direktor des Werkzeugmaschinenlabors WZL der RWTH Aachen. www.wzl.rwth-aachen.de

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Qualitätskosten bleiben in vielen Unternehmen ungenutzt. Dabei existiert eine Vielzahl an Informa­ tionsquellen, die Aufschluss über fehlende, nicht wirksame oder überflüssige Qualitätsprüfungen geben. Dies sind beispielsweise Informationen aus Reklamati­ onsvorgängen, der internen Feh­ lerabstellung oder der Prüfdaten­ auswertung. Diese Quellen gilt es zu identifizieren, deren Informa­ tionen aufzubereiten und struk­ turiert in die Prüfplanung zu überführen, um während der Herstellungsphase eines Produk­ tes die laufende und systemati­ sche Anpassung von Qualitäts­ prüfungen zu ermöglichen.

Prüfplanungswissen bleibt oft ungenutzt Neben der oftmals mangelhaften Anpassung von Prüfprozessen ge­ mäss der Qualitätssituation in der

Produktion und im Feld stellt die systematische Nutzung von Er­ fahrungswissen eine grosse Her­ ausforderung der unternehmeri­ schen Prüfplanung dar. Trotz des verstärkten Einsatzes von CAQSystemen und präventiver Quali­ tätsmethoden, beispielsweise das Konzept der Besonderen Merk­ male in der Produktentstehung oder die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) in der Qualitätsplanung, stellt die Prüf­ planung einen wissensintensiven Unternehmensprozess dar, des­ sen Erfolg massgeblich auf dem funktionierenden Einsatz und der Weitergabe von Erfahrungswis­ sen beruht. Werden Qualitätsprü­ fungen in der Herstellungsphase eines Produktes auf Basis einzel­ ner Ereignisse (z. B. sicherheits­ kritische Fehler im Feld) ange­ passt, so wird dieses Anpassungs­ wissen selten für die Prüfplanung ähnlicher Produkte oder nachfol­ gender Produktgenerationen ge­ nutzt. Es mangelt häufig an geeig­ neten Strukturen und Vorgehens­ weisen, um das Erfahrungswissen aus der Herstellungsphase in die entwicklungsbegleitende Prüf­ planung zu transferieren. Dies führt dazu, dass Planungsfehler wiederholt werden, die wiederum unnötig hohe Qualitätskosten zur Folge haben. Demzufolge bedarf es der gezielten Übertragung von Methoden und Werkzeugen des Wissensmanagements, um Erfah­

rungswissen in der Prüfplanung verfügbar zu machen und für nachfolgende Planungsaktivitäten zu nutzen.

Ganzheitliche Prüfplanung Um den oben genannten Heraus­ forderungen zu begegnen, wurde am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen das pra­ xisnahe Forschungsprojekt «P² – Nutzung reaktiver Prozessdaten für eine ganzheitliche Prüfpla­ nung» durchgeführt. Ziel des Pro­ jekts war die Bereitstellung und Nutzung von Daten reaktiver Pro­ zesse (z.B. Prüfdatenauswertung, Fehlerabstellprozesse, Reklamati­ onsprozesse) in der Prüfplanung, um eine kontinuierliche und um­ fassende Anpassung von Quali­ tätsprüfungen in der Herstel­ lungsphase vornehmen zu kön­ nen. Um eine lernende Prüfpla­ nung aufzubauen, galt es, das aus der Anpassung entstehende Wis­ sen für die Prüfplanung nachfol­ gender Produkt- und Prozessent­ wicklungsprojekte bereitzustellen. Im Rahmen des Forschungspro­ jektes wurde ein Prozesskonzept für eine ganzheitliche Prüfpla­ nung entwickelt und ausgearbei­ tet, welches in der Abbildung dar­ gestellt ist. Dieses umfasst die vier Prozessbereiche «entwick­ lungsbegleitende Prüfplanung», «herstellungsbegleitende Prüf­ planung», «Vernetzung der Prüf­ planungsprozesse» und «Verbes­ serungsmanagement».

Entwicklungsbegleitende Prüfplanung Die entwicklungsbegleitende Prüf­ planung umfasst die klassische Prüfplanung, die initial im Zuge der Produkt- und Prozessentwick­ lung durchgeführt wird. Die Aufga­ benschritte und Methoden werden bereits umfassend in der Fachlite­ ratur des Qualitätsmanagements beschrieben. Ergänzend zur beste­ henden Vorgehensweise der Prüf­ planung wurde im Rahmen des Projekts ein umfassender ProzessMQ Management und Qualität 11/2015


QUALITÄT SICHERN

Geht das Produkt in die Herstel­ lungsphase über, existieren ver­ schiedene Beweggründe, Quali­ tätsprüfungen anzupassen. Dies ist Aufgabe der herstellungsbe­ gleitenden Prüfplanung. Hierfür wurde basierend auf bestehen­ den Prozesskonzepten des Ände­ rungsmanagements ein Refe­ renzprozess zur Anpassung von bestehenden Prüfprozessen ent­ wickelt. Dieser ermöglicht es Un­ ternehmen, die Änderung von Prüfprozessen auf Basis verschie­ dener Änderungsauslöser zu ini­ tiieren, eine Planung und Bewer­ tung potenzieller Änderungsopti­

Das Potenzial zur Reduzierung der Qualitätskosten bleibt häufig ungenutzt. onen vorzunehmen, die Ände­ rung zu detaillieren und zu erpro­ ben sowie die Prüfänderung im Produktionsprozess zu imple­ mentieren. Hierdurch erweitert das Konzept der ganzheitlichen Prüfplanung den Anwendungs­ bereich der Prüfplanung auf die Phase der Produktherstellung. Gegenstand der Prüfplanung ist somit nicht mehr bloss die Pla­ nung von Prüfungen im Rahmen des Produktentstehungsprozes­ ses, sondern auch die Anpassung der Qualitätsprüfungen bei Än­ derungsbedarf in der Produktion.

Vernetzung der Prüfplanungsprozesse Bei der Anpassung von Qualitäts­ prüfungen in der Herstellungs­ MQ Management und Qualität 11/2015

Ganzheitliche Prüfplanung

Forderungen

© WZL/Fraunhofer IPT

phase wird prüfplanungsrele­ vantes Wissen erzeugt, welches für ähnliche Produkte oder zu­ künftige Entwicklungsprojekte genutzt werden kann. Es gilt da­ her, die Prozesse der Prüfplanung in der Herstellungsphase und dem Produktentstehungsprozess so zu verknüpfen, dass das gene­ rierte Wissen gespeichert, verteilt und genutzt werden kann. Hier­ für wurde basierend auf Vorge­ hensweisen und Modellen des Wissensmanagements ein Ord­ nungsrahmen abgeleitet, der ge­ zielte Handlungsempfehlungen für die Erzeugung, Speicherung, Verteilung und Anwendung von Erfahrungswissen in der Prüfpla­ nung bereitstellt.

Verbesserungsmanagement Zur Unterstützung der unterneh­ mensspezifischen Einführung der Referenzprozesse wurde die ganzheitliche Prüfplanung um den Bereich des Verbesserungs­ managements ergänzt. Durch die Anwendung des PDCA-Zyklus (Plan, Do, Check, Act) können Schwachstellen bei der Umset­ zung oder im Betrieb der Prüfpla­ nungsprozesse identifiziert und abgestellt werden, was zu einer kontinuierlichen Optimierung der Prüfplanungsprozesse in der Entwicklung und in der Herstel­ lung führt.

Entwicklungsbegleitende Prüfplanung

Produkte

Vernetzung der Prozesse

Herstellungsbegleitende Prüfplanung

Erfahrungen

Markt/Kunde

Herstellungsbegleitende Prüfplanung

Markt/Kunde

und Datenkatalog mit prüfpla­ nungsrelevanten Eingangsdaten aus unterschiedlichen Phasen der Produktentstehung entwickelt, welcher die Informationsbeschaf­ fung und -bereitstellung für die Prüfplanung vereinfacht.

Seite 1

Optimierte Qualitätsprüfung Durch die Überwachung und Analyse von reaktiven Prozess­ daten in der Herstellungsphase eines Produktes können Unter­ nehmen den Nutzen und den Aufwand für die Anpassung von Qualitätsprüfungen abschätzen und mithilfe einer geeigneten Methodik umsetzen. Neben der systematischen Anpassung von Qualitätsprüfungen in der Her­

Wiederholungsfehler vermeiden. stellungsphase wurde im Projekt untersucht, inwiefern Metho­ den und Werkzeuge des Wis­ sensmanagements auf die Prüf­ planung übertragen werden können, um das aus der Anpas­ sung von Qualitätsprüfungen entstehende Erfahrungswissen für Beteiligte der Prüfplanung in der Produkt- und Prozessent­ wicklung bereitzustellen. Durch einen kontinuierlichen Wissen­ stransfer und Verankerung die­ ses Wissens in der Prüfplanung lassen sich Wiederholungsfehler in der Planung und Gestaltung von Qualitätsprüfungen vermei­ den und somit unnötige Anpas­ sungen von Prüfprozessen in

der Herstellungsphase einspa­ ren.

Danksagung Die Vorgehensweise wurde im Rahmen des Forschungsprojekts «P² – Nutzung reaktiver Prozess­ daten für eine ganzheitliche Prüf­ planung (17 584 N)» erarbeitet, welches von der AiF Arbeitsge­ meinschaft industrieller For­ schungsvereinigungen «Otto von Guericke» e.V. gefördert wurde. Betreut wurde das Vorhaben durch die Forschungsgemein­ schaft Qualität FQS der Deut­ schen Gesellschaft für Qualität e.V. (DGQ). Die Stimme der Praxis wurde im Projekt durch einen projektbegleitenden Ausschuss vertreten, dem verschiedene Un­ ternehmen angehörten. Zu den Mitgliedern zählten unter ande­ rem die DORMA Deutschland GmbH, die Franz Kessler GmbH, die Heim&Haus Produktionsge­ sellschaft mbH, die Ph-MECHA­ NIK GmbH & Co. KG sowie die Rhein-Getriebe GmbH (Nennun­ gen in alphabetischer Reihenfol­ ge). Die Autoren möchten allen Beteiligten für die sehr gute und erfolgreiche Zusammenarbeit danken. ■

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PRODUKTENEWS

Qualifikation als Medizintechnik-Berater

«Modul Risikomanagement» von ConSense GmbH

Einhergehend mit der wachsenden Komplexität im Schweizer Gesundheitssektor sind die Anforderungen an die Medtech-Mitarbeitenden mit Kundenkontakt gestiegen. FASMED lanciert zusammen mit shqa eine Verbandsprüfung, die erstmals diesen November stattfindet. Die swiss health quality association (shqa) wurde 2006 gegründet und ist ein Non-Profit-Verein mit 51 Mitgliedsfirmen und dem Ziel, führender Anbieter von Lösungen zur Qualitäts-Steigerung und -Sicherung im Schweizer Gesundheitswesen zu werden. Seit Mai 2015 können Medtech-Mitarbeitende via E-Learning das dafür nötige, fundierte Fachwissen erwerben. Das Zertifikat für das neue, aber doch komplexe Berufsprofil wird von den Medtech-Firmen in der Schweiz als Grundqualifikation breit anerkannt. Das im Auftrag von FASMED durch eine im Schweizer Gesundheitsmarkt erfahrene Anbieterin entwickelte E-Learning führt die Lernenden gezielt an die anspruchsvolle dreistündige schriftliche Prüfung heran.

Die Aachener ConSense GmbH bietet mit ihrem neu entwickelten «Modul Risikomanagement» eine systematische Risikoanalyse und -bewertung. Dieses Modul ist daher ein wichtiges Element für das Management von Kontrollen (IKS) für die Planung und Durchführung wirksamer Massnahmen. Das Modul unterstützt verschiedene Regelwerke, darunter – nur exemplarisch – die ISO 9001 und die ISO 31000. Auf Wunsch kann das neue Modul durch ein Internes Kontrollsystem (IKS) ergänzt werden, welches auf Basis definierter Kontrollaktivitäten die Risikoüberwachung durchführt. Eine automatische Eskalation gewährleistet eine frühzeitige Risikoerkennung. So lassen sich rechtzeitig notwendige Massnahmen einleiten, die automatische Workflows durchlaufen – beispielsweise durch ein ConSense-Massnahmenmanagement.

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Öffentliche Schweizer IT-Ausschreibungen Die Firmen Schreiber IT Consulting und Noematica GmbH lancieren mit it-beschaffung.ch ein Portal zum öffentlichen IT-Beschaffungswesen in der Schweiz. Aus allen täglichen simap.ch- (mit rund 9500 Schlüsselbegriffen) Meldungen werden die aus Expertensicht IT-relevanten Ausschreibungen, Berichtigungen und Zuschläge tagesaktuell herausgefiltert. Besonders Gross- und Klein-Firmen aus der IT- und Beratungsbranche möchte it-beschaffung.ch bei der Suche nach öffentlichen IT-Ausschreibungen unterstützen. Die Schlüsselbegriffe wer-

den nach ihrer IT-Relevanz überprüft und benutzerfreundlich angezeigt. Dokumentinhalte werden logisch gruppiert, mehrsprachige Duplikate und Kurz­ berichte zu einem Dokument vereint (die Titel von diversen Codes befreit). Die Abonnenten werden per E-Mail täglich über neue Ausschreibungen sowie Zusagen und Abbrüche informiert. __Infos: www.it-beschaffung.ch

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weiz

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Q Management und Qualität 11/2015 MQ


das Projekt für die Optimierung der Geschäftsprozesse hier begonnen. Das Ziel war, anderen Bereichen anhand konkreter Beispiele zu zeigen, wie man mit der gewählten Vorge-

zeigt, profitierten von der Erfahrung von Axon.ivy, mussten aber dennoch selbst an der Definition der Wertschöpfung und Geschäftsprozesse arbeiten und konnten diese

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in die Wege leiten zu können, braucht es eine strategiekonforme Zielsetzung und ein Commitment der Konzernleitung – schliesslich werden die Aufnahme und die Mo-

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AGENDA/VORSCHAU

IMPRESSUM

Vorträge/Tagungen/Seminare Europa Forum Luzern

Jahrhundertherausforderung ENERGIE 16. November 2015, Luzern Auskunft: www.europa-forum-luzern.ch

Safety 2015

Tagung für Sicherheit, Qualität und Umwelt 18. November 2015, Glattbrugg Auskunft: www.swissts.ch/aka

Excellence – Talk November 2015

Talkrunde für Unternehmer und Führungskräfte 18. November 2015, Luzern Auskunft: www.swiss-excellence-forum.ch

Optimismus ist gut – Risikomanagement ist besser Wie Sie die ISO 31000 in der Praxis anwenden 20. November 2015, Casinotheater Winterthur Auskunft: www.snv.ch

21. Zürcher Forum Prävention und Gesundheitsförderung

Arbeit – Psyche – Gesundheit 23. November 2015, Zürich Auskunft: www.gesundheitsfoerderung-zh.ch

5. Gefahrstofftag Schweiz

Für QM-Verantwortliche, Sicherheitsbe­ auftragte, Chemikalienansprechpersonen, Lagerverantwortliche, Laborleiter 25. November 2015, Spreitenbach Auskunft: www.swissts.ch/aka

Das Leadership Symposium 2015 Entdecken Sie, wie Führung fasziniert! 25. November 2015, Zürich Auskunft: www.zfu.ch

18. Berner Tagung für Informationssicherheit

Thema: Internet der Dinge, Chancen und Risiken. 25. November 2015, Bern Auskunft: www.isss.ch

Lehrgang betrieblicher Datenschutzverantwortlicher

Einführung in die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichen des Betrieblichen Datenschutzverantwortlichen 30. November – 4. Dezember 2015, Zürich Auskunft: www.infosec.ch

Governance, Risiko und Compliance Management der öffentlichen Hand

Wirksames GRC Management als strategisches Führungselement bei Bund, Kantonen und Gemeinden. 3. Dezember 2015, Bern Auskunft: www.snv.ch 30

TÜV-Seminare Themenkurs Elektronische Archivierung

Technische Grundlagen und praktische Umsetzung 7. Dezember 2015, Olten Auskunft: www.infosec.ch

Excellence Leadership

Excellence Führungsseminar für Unter­ nehmer und das Top-Management, 8 Tage ab 09. Dezember 2015, Zürich Auskunft: www.swiss-excellence-forum.ch

Die Grossrevision ISO 9001:2015 ist da!

Ist Ihr Unternehmen darauf vorbereitet? Jetzt müssen Sie handeln. 14. Dezember 2015, Olten Auskunft: www.snv.ch

Lehrgang Business Continuity Manager

Nord

Requalifizierung für Qualitätsbeauftragte gemäss ISO 9001:2015 7. und 8. Dezember, Hamburg 9. und 10. Dezember, Bielefeld

Rhein

Neue Zertifizierungsregeln für die ISO/TS 16949 – 4th Edition 25. Januar, Köln QM-Prüfmittelbeauftragter (TÜV) 26. und 27. Januar, Köln

Saar

Umwandlung der OHSAS 18001 in die DIN EN ISO 45001 Neue Systemnorm zum Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagement 19. Januar, München 21. Januar, Sulzbach

Die Aufgaben eines Krisenmanagers erlernen 14. bis 18. Dezember, Olten Auskunft: www.infosec.ch

Grossrevision der DIN EN ISO 9001:2015 Auswirkungen auf bestehende QM-Systeme 11. Januar, Sulzbach 27. Januar, Berlin

Restrukturierung

Thüringen

Krisenkommunikation mit öffentlichen Fallbeispielen 20. Januar 2016, Rorschacherberg Auskunft: www.sikk.ch

Qualitätsbeauftragter (TÜV) Modul 1/Modul 2 25. bis 28. Januar, Jena 8. bis 11. Februar, Jena

Excellence-Toolbox Workshop

Prozess- und Lieferantenauditor 25. bis 27. Januar, Berlin

Wirkungsvolle Anwendung der wichtigsten Führungsinstrumente zur Implementierung der Excellence 26. Januar 2016, Luzern Auskunft: www.swiss-excellence-forum.ch

Meet Swiss Infosec

Aktuelle Tendenzen und Lösungen in integraler Sicherheit 27. Januar 2016, Zürich Flughafen Auskunft: www.infosec.ch

Anlässe im Ausland Weiterbildung per Fernstudium Qualitätsbeauftragter TÜV, Qualitäts­ manager TÜV, Qualitätsauditor TÜV Beginn jederzeit Auskunft: www.fernschule-Weber.de

QM-Ausbildung

Qualitätsbeauftragter, Qualitätsmanager Beginn: monatlich Auskunft: www.cqa.de

Praxisseminar

Globales Qualitätsmanagement in der Industrie 24./25. November 2015, Frankfurt a. Main Auskunft: www.sv-veranstaltungen.de

SÜD

Die neue ISO 9001:2015 (2016) – Mit aktuellem Normenwissen punkten 12. Januar, Zwickau 25. Januar, München 1. Februar, Frankfurt

WZL-Forum

Das Magazin für integrierte Managementsysteme 45. Jahrgang erscheint 10x jährlich Schweiz: ISSN 1422-6634 Deutschland: ISSN 1862-2623

Ausgezeichnet mit dem Gütesiegel «Q-Publikation» der Fach- und Spezialpresse.

Herausgeber SAQ/galledia verlag ag Verlagsleitung: Rehné Herzig Druckauflage 6970 Ex. Verkaufte Auflage 2620 Ex. (wemf-beglaubigt) Redaktion Thomas Berner, lic. phil. I (MA) Burgauerstrasse 50, 9230 Flawil T 058 344 93 61, F 058 344 93 62 thomas.berner@galledia.ch Michael Merz T 058 344 98 64 michael.merz@galledia.ch Produktion galledia ag, CH-9230 Flawil

Schweiz Verlag galledia verlag ag Hafnerwisenstrasse 1, CH-9442 Berneck T +41 (0)58 344 92-92, F -20 www.galledia.ch Product Manager: Rolf Gubelmann Anzeigen Kömedia AG Geltenwilenstrasse 8a, 9001 St.Gallen T +41 71 226 92 92, F +41 71 226 92 93 info@koemedia.ch, www.kömedia.ch Abonnenten-Service galledia verlag ag Hafnerwisenstrasse 1, CH-9442 Berneck T +41 (0)58 344 95 64, F -54 abo.mq@galledia.ch, www.galledia.ch Einzelnummer CHF 14.30 Jahresabonnement CHF 128.– Ausland CHF 169.– Offizielles Publikationsorgan der SAQ Swiss Association for Quality, www.saq.ch Deutschland, Österreich Verlag TÜV Media GmbH Am Grauen Stein, D-51105 Köln Geschäftsführung: Gabriele Landes

Methodenseminar «Gestaltung effizienter Produktbaukästen» 27. und 28. Januar, Aachen

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Qualitätsmanagement ohne Karies. Laura Haasmann, Bereichsleiterin Business Excellence, TRISA AG, Triengen «Es gefällt mir sehr, dass wir alles mit allem verknüpfen können.» Wer täglich eine Million Zahnbürsten produziert, darf sich beim Qualitätsmanagement keine Löcher leisten. Deshalb setzt die Trisa AG aus Triengen seit 2012 auf IQSoft, die Schweizer Nummer Eins unter den elektronischen Qualitätsmanagern. Das Ergebnis: reibungslose Abläufe für alle Mitarbeitenden, Mitunternehmer und Partner. Blitzsaubere Zertifizierungen für ISO 9001, 14001, 13485, BRC sowie OHSAS 18001. Zufriedene Kunden in über 80 Ländern der Welt.

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