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Branchenfokus
Mobiles Barcode-Scanning im Einzelhandel und in der Logistik
«Digitalisierung fördert kontaktlose Prozesse»
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Kunden erwarten im Handel ein nahtloses Einkaufserlebnis. Deswegen sollte die Handelslogistik in einer vollständig vernetzten Umgebung operieren, denn auch Lagerverwaltung, Verteilzentren und die einzelnen Filialen führen kein Inseldasein mehr.
Thomas Berner
Die erweiterte Supply Chain erstreckt sich von der Produktquelle über Distribution und Logistik bis hin zum Verkaufsregal. Um die Customer Journey permanent zu gewährleisten, müssen Mitarbeiter mit BarcodeApps an jedem Punkt der Wertschöpfungskette Echtzeitzugriff auf alle benötigten Daten erhalten. Wir sprachen darüber mit Christian Floerkemeier, CTO und Mitgründer bei Scandit.
Covid-19 ist dabei, globale Lieferketten zu verändern. Allgemein gefragt: Wie hat Covid-19 Ihr eigenes Geschäft bereits verändert bzw. welche Fragen werden Ihnen von Ihren Kunden derzeit am meisten gestellt?
Christian Floerkemeier: Als die Covid19-Pandemie begann, haben wir sofort reagiert und zwei kostenlose mobile Anwendungen entwickelt, um Gesundheitsorganisationen, Einzelhändler und Zusteller in diesen Zeiten zu unterstützen. Mit der Healthcare-App können Patientendaten bei Teststationen erfasst werden, die andere Anwendung ermöglicht einen kontaktlosen Liefernachweis zum Schutz für Zusteller und Kunden. Unsere Kunden verlangen immer mehr nach kontaktlosem Arbeiten. Wir sehen, dass das Smartphone zu einem Bestandteil unseres PSA-Kits, also der persönlichen Schutzausrüstung, wird: Dazu zählen die Maske, das Handdesinfektionsmittel und das Smartphone. Niemand hat in dieser Zeit mehr Interesse daran, die Geräte mit anderen Menschen zu teilen; deswegen ist es für Unternehmen und auch unsere Kunden wichtig, wie sie in kurzer Zeit kontaktloses Arbeiten ermöglichen können.
Viele bezeichnen die Corona-Pandemie als Auslöserin eines gewaltigen Digitalisierungsschubs. Inwiefern können Sie diese These bestätigen?
Wir sehen gerade in der Logistik- und Retailbranche, dass zahlreiche Digitalisierungsprojekte vorangetrieben und beschleunigt werden. Das liegt vor allem daran, dass Unternehmen die Sicherheit von Mitarbeitern und Kunden gewährleisten müssen. Das Stichwort ist hier auf jeden Fall «kontaktlos». Der kontaktlose Einzelhandel war schon vor der Pandemie ein Trend – jetzt ist er die neue Realität. Wir haben in den letzten Monaten erlebt, dass Einzelhändler kontaktlose Lösungen schnell einführen – und die Nachfrage nach mobilen Scan-and-Go-Apps wächst weiter. Unsere Kundendaten zeigen, dass einige von ihnen bis zu 100 Prozent mehr Transaktionen über diese kontaktlosen Lösungen abgewickelt haben. Die Zustellfirmen mussten auf die erhöhte Nachfrage während der Coronakrise schnell reagieren und haben die Kapazität mit einer höheren Anzahl an Zustellern und Depots erweitert. Viele unserer Kunden setzen bei ihrer Digitalisierung auf mobile Endgeräte, die entweder mit einer BYOD (Bring your own device)- oder COPE (Corporate owned, personally enabled)-Strategie eingesetzt werden. Die weitaus kostengünstigeren Smartphones ersetzen dedizierte Handscanner und bieten zudem eine hohe Benutzerfreundlichkeit. Mit BYOD senken Unternehmen noch zusätzlich Kosten, denn Mitarbeiter setzen hier ihre privaten Geräte ein.
Bild: Scandit
Was heisst das nun für die Lieferketten und die Customer Journey?
Der Fokus liegt darauf, Prozesse im Lager, auf der letzten Meile und im Service zu optimieren und die Effizienz der Supply Chain durch den Einsatz von Technologien wie Computer Vision und Augmented Reality zu steigern. Die Lieferkette war eine der letzten zentralen Prozesse, bei der noch Nachholbedarf bestand. Mit Technologien wie Drohnen und Robotern, aber auch Blockchain, KI, Machine Learning und AR ändert sich das. Ziel ist es, die Abläufe zu digitalisieren, die Mitarbeiterproduktivität zu erhöhen, Kosten zu senken und die Einhaltung von Vorschriften zu unterstützen. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Verbesserung der Kundenzufriedenheit. Kunden können sich mithilfe von BarcodeScanning zum Beispiel wichtige Informationen anzeigen lassen. Egal, ob es das Tracking von Bestellungen, allgemeine Informationen zu Produkten oder auch das Abrufen von Lagerbeständen sind. Somit sind sie immer auf dem aktuellen Stand.
Lieferfähigkeit und Liefergeschwindigkeit (heute bestellt, morgen geliefert) sind für den Onlinehandel Schlüsselfaktoren. Was bedeutet dies für die Intralogistik?
Wichtig ist, dass das Logistikmanagement angepasst werden muss. Mithilfe von unserer Computer-Vision- und Augmented-RealityTechnologie kann zum Beispiel jeder Datenerfassungsprozess schneller und genauer ge-
Immer mehr Transaktionen im Detailhandel werden mit mobilen Scan-and-Go-Apps abgewickelt.
macht werden. Mobiles Scanning von Barcodes mit Augmented-Reality-Overlays auf herkömmlichen Smart Devices bietet sofortigen Zugriff auf Echtzeitdaten über mehrere Arbeitsabläufe hinweg, sodass die Mitarbeiter beispielsweise Produkte und Pakete leicht lokalisieren und tracken können. Denn Innovationen müssen Verbesserungen im gesamten Unternehmen vorantreiben. Das geschieht mit digitalen Systemen, die Daten konsolidieren – und, was entscheidend ist, diese über End-to-End-Vorgänge hinweg gemeinsam nutzen. Vieles ist heute möglich, auch ohne grosse Investitionen. Technologie wird dann eingesetzt, wenn Unternehmen konkrete Vorteile und Wertschöpfung nachweisen können, um einen starken Business Case zu schaffen.
Da kommen nun Ihre Scanner ins Spiel: Welche Ansprüche muss ein konventionelles, dabei aber zeitgemässes Scanning-System heute erfüllen?
Ein zeitgemässes mobiles Scanning-System setzt auf eine hohe Scan-Geschwindigkeit und -Genauigkeit, und zwar auf jedem Smartphone-Modell und egal welcher Barcode-Typ vorliegt. Informationen sollten sofort angezeigt werden und nicht erst nach einiger Zeit erscheinen. Per Augmented-RealityOverlays können Kunden und Mitarbeiter sich verschiedene Informationen hervorheben lassen. So können Arbeitsabläufe optimiert, Produkte leichter lokalisiert werden. Scanner sollten dabei so leistungsfähig sein, dass sie sogar bei schlechtem Licht und auf grosse Entfernung scannen sowie beschädigte Barcodes erfassen können. Um Datenerfassungsprozesse zu beschleunigen, empfiehlt es sich auch, Multi-Scanning einzusetzen, also mit einem einzigen Scan mehrere Barcodes gleichzeitig zu erfassen. Das spart Zeit und reduziert manuelle Fehler.
Nun lassen sich auch die mobilen Endgeräte von Mitarbeitenden zu leistungsfähigen Scannern umrüsten. Was sind die Schlüsselelemente der verwendeten Software? Welche Schnittstellen, z.B. zu ERP-Systemen, sind möglich?
Wir kombinieren mobiles Barcode-Scannen, Text- und Bilderkennung mit Augmented Reality, um Smart Devices in leistungsstarke Datenerfassungs- und Visualisierungstools zu verwandeln. Augmented-Reality-Overlays fügen auf dem Display dem Bild eines physischen Objekts digitale Informationen hinzu. So können Mitarbeiter oder Kunden sich bestimmte Infos hervorheben lassen wie Inhaltsstoffe und Lagerbestände. Mit MatrixScan können unsere Kunden gleich mehrere Bar-
Bild: Scandit
Christian Floerkemeier, CTO und Mitgründer von Scandit.
codes auf einmal scannen. Hierfür muss das Smartphone nur über die Barcodes geführt werden. Das visuelle Feedback zeigt sofort an, welche Barcodes erfasst worden sind. Aufgaben wie Inventur, Versand und Zustellung oder die Erfassung von Multicode-Etiketten werden damit zum Kinderspiel. Die Texterkennung (OCR) ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Wenn OCR mit Barcode-Scanning kombiniert wird, um so Text und Barcodes auf einmal zu erfassen, sind erweiterte Anwendungen möglich, wie das Scannen und Validieren von Pässen und Ausweisen, speziellen Etiketten für das Gesundheitswesen und Bankunterlagen. Bei beschädigten Adresslabels kann die OCR-Software zum Beispiel den Text lesen. Eine einfache Integration in jede IT-Umgebung und die Synchronisation von Unternehmensdaten mit ERP- und eCommerce-Lösungen wird durch eine umfassende und vielseitige Integrationsschicht mit SDKs für native mobile Anwendungen und Websites ermöglicht.
Wie steht es um die Compliance? Immerhin trifft hier Privates (BYOD) auf Geschäftliches.
Wir empfehlen unseren Kunden, die Sicherheits- und Nutzungsrichtlinien zu überarbeiten und eine Mobile-Device-Management (MDM)-Lösung einzusetzen, falls sie nicht bereits vorhanden ist. Ein MDM stellt sicher, dass die erforderlichen Sicherheits-, Kontroll- und Transparenz-Levels eingehalten werden. Das Unternehmen behält somit die Kontrolle über die Geräte und weiss, für welche Aufgaben sie genutzt werden, auch wenn es BYODGeräte sind. Diese Systeme sind sowohl mit iOS als auch mit Android kompatibel und vereinfachen zudem auch Software-Updates.
Wohin gehen die nächsten Entwicklungen, etwa in Sachen Augmented Reality?
Durch den Einsatz hochleistungsfähiger Computer-Vision-Software wird das handelsübliche Smart Device zu einer leistungsstarken Komponente jeder digitalen Transformation, mit dem Ziel, die physische und digitale Welt mit gemeinsam genutzten Echtzeitdaten zu verschmelzen. Für die Branchen Einzelhandel, Transport & Logistik, Fertigung und Gesundheitswesen stellt das Scannen von Smartphones eine flexible und äusserst kosteneffiziente mobile Plattform dar, von der sie sofort und in Zukunft profitieren.Covid-19 ist ein Katalysator für digitale Transformationsprojekte und hat den entscheidenden Bedarf an Skalierbarkeit und Anpassungsfähigkeit an unvorhergesehene Umstände hervorgehoben. Kontaktloses Business war ein Begriff, der vor der Coronakrise nicht bekannt war. Durch die Schaffung einer sauberen und kontaktlosen Umgebung für Mitarbeiter und Kunden ist er aber nicht mehr wegzudenken. ■