schau Magazin Heft 2 2013

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schaun Heft 2/2013

www.schaumedia.at

Genuss, Kultur & ABenteuer

Timna Brauer

In Wien Hat Weltmusik kein leichtes leben Gustav „Ironimus“ Peichl

Wenn die Wahl zur Qual wird

Slow-go durch die VorAlpen

Das ist die neue MariazellerBahn P. b. b. Verlagsort 1110 Wien / 10Z038372M

Korruption und Blödheit sind unser Untergang

17 SEITEN EXTRA

Peter COrnelius Redet Klartext Flüssiges Gold

Was gute ÖLE Ausmacht

Programm für Wien, Niederösterreich und Burgenland


© Bildagentur Zolles

Wiener Stadthalle

© Eva Kelety

Jüdisches Museum Wien

© VBW/Brinkhoff, Mögenburg

Vereinigte Bühnen Wien

© Eva Kelety

Wien-Ticket

© Kunst Haus Wien/W. Simlinger

Kunst Haus Wien

Kultur erleben. Die Wiener Stadthalle sowie die Vereinigten Bühnen Wien mit dem Ronacher, dem Theater an der Wien und dem Raimund Theater sind die Flaggschiffe der Wien Holding-Kulturbetriebe. Gemeinsam mit der Wien-Ticket und den vier Museen – Mozarthaus Vienna, Haus der Musik, Kunst Haus Wien, Jüdisches Museum Wien – ist die Wien Holding einer der größten Kulturkonzerne in Europa. facebook.com/wienholding www.wienholding.at

Das Unternehmen der


Foto: österreichische post ag

schaubild

2013 februar

Die 1-Schilling-Marke aus 1957 mit dem Abbild der Basilika in Mariazell: längst vergessen und doch allgegenwärtig, wie die Schmalspurbahn, die von St. Pölten durch das Pielachtal nach Mariazell führt. Sie sind wieder im Kommen, die Orte rund um Puchenstuben, Annaberg & Co. Ganz im richtigen Moment hat man sie wach geküsst: die Mariazellerbahn, die jetzt Himmelstreppe heißt und schon bald durch das Land der Dirndlfrucht wieder dorthin führt, wohin es einst unsere Großeltern in die Sommerfrische zog und wo die Natur auch heute noch ganz in Ordnung ist. Das hat sich die Region verdient. Bravo! – R.M. Mehr zur „neuen“ Mariazellerbahn ab Seite 38.

schau 3


schauplätze

schautv

Christoph Berndl

auch schau gibt’s ! im Fernsehen Sie en nn kö So n ue ne s ch Österrei f Ihrem Sender augerät Fernseh empfangen.

Chefredakteur

Die nächste Ausgabe von schau erscheint am 27. Februar 2013.

1. Digitaler Satellit Sendersuchlauf starten. Falls Sie den Sender nicht finden, gehen Sie zu ­Ihrem jeweiligen Sender-Such_Menü. Wählen Sie manuell und ­geben Sie folgende Daten ein:

Helmut A. Gansterer startet auf schau TV ein neues TV-Format: „Gansterer zur Geisterstunde“.

2. Antennen-Empfang (DVB-T) MUX-B im Großraum Wien, Kanal 34 DVBT W2

3. Kabel – kabelplus in Niederösterreich und im Burgenland

4. A1 TV

Für Sie nachgefragt! Harald Kuchwalek präsentiert den Talk mit Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Wirtschaft: Immer Montag, Mittwoch & Freitag auf schau-TV. Dabei stellt er den Gästen jene Fragen, die unsere schau-Community bewegen. Demnächst bei ihm im Studio: der Wiener Rapper A.Geh Wirklich (mehr auf Seite 40).

schau social Was würden Sie gerne von Harald Kuchwaleks Gästen wissen? Verraten Sie es uns: facebook.com/schautv

ImpressuM. schau – Magazin für Genuss, Kultur & Abenteuer. Eigentümer und Verleger: schau media Wien Ges.m.b.H., Leberstraße 122, 1110 Wien. Herausgeber: Gerhard Milletich, Rudi Mathias. Chefredakteur: Christoph Berndl. Chef vom Dienst: Alexander Grübling. Gastautoren dieser Ausgabe: Helmut A. Gansterer, Bernhard Hachleitner, Gerhard Hafner, Alex Kristan, Hedi Mathias, Christian Posch, Julia Pühringer, Nikolaus Schrefl, Martina Schettina, Werner Schuster, Thomas Askan Vierich. Cartoon: Rudi Klein. Lektorat: Bernhard Plos. Redaktionsanschrift: Leberstraße 122, 1110 Wien, Tel: +43/1/740 32-0, Fax: +43/1/740 32-780, E-Mail: office@schaumedia.at. Anzeigen-Koordination: Monika Steiner, Tel: +43/1/740 32-733. Anzeigen­verkauf: Sabine Kejval +43/1/740 32-253. Druck: Druckerei Berger, Wiener Straße 80, 3580 Horn. Erschei­nungs­­weise: 10 x jährlich. Einzelpreis: EUR 3,90. Jahres­bezugspreis: EUR 35. Abo: d.borka@schaumedia.at. Herstellungsort: Wien. Die in den Artikeln ver­tretenen Mei­nun­gen der Autoren sind nicht ­unbedingt identisch mit denen des He­raus­gebers. Kalender- bzw. V ­ eranstaltungstipps repräsentier­en eine Auswahl des Redaktionsteams und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für die Richtigkeit der Termine: keine Gewähr. Auflage: 170.000 Stück. www.schaumedia.at Offenlegung gemäSS § 25 Mediengesetz: Medieninhaber und Herausgeber: ­schau media Wien Ges.m.b.H., LeberstraSSe 122, 1110 Wien. Geschäftsführer: Gerhard Milletich. Die schaumedia Wien Ges.m.b.H. ist im Sinne des § 25 Abs. 3 Mediengesetz beteiligt an: Schau TV G.m.b.H. Grundlegende Richtung: Magazin für die ostregion mit Informationen zu den Themenfeldern Genuss, Kultur & Abenteuer.

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Astra, 19,2° Ost, Transponder 3 Frequenz 11,244 GHz FEC 5/6 Symbolrate 22.000 Service ID 13255

Foto: Adrian Batty (1), Chris Singer (1), Illustration: Andreas Rampitsch

„Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte.“ Dieser Satz stammt von Antoine de Saint-­ Exupéry, dem Autor des Kleinen Prinzen. Ich mag ihn gerne, denn er erinnert mich immer daran: Will man Großes bewegen, sind es die unzähligen, manchmal unscheinbaren Auf­gaben, die am Schluss das Gesamtbild ­ergeben. Das gilt auch für die Welt von schau. Seit der letzten Ausgabe hat sich wieder viel getan. Auch dieses Heft zeugt davon. Ein Auszug: Unser Fernsehsender schau TV präsentiert sich jetzt in ganz neuer „Verpackung“ und mit starken Formaten. Im Zentrum steht die Nachrichtensendung schau aktuell, ­täglich um 18.30 Uhr. Mehr dazu auf den ­Seiten 26/27. Eine besondere Freude ist es mir, dass auch Helmut A. Gansterer, schauKolumnist, Edelfeder und Buchautor, ­monatlich auf schau TV zu sehen sein wird. Auf den Seiten 20/21 gibt es einen ersten Blick auf seine „Geisterstunde“. Mein Tipp: Gleich schau TV einstellen und regelmäßig einschalten – es lohnt sich. Was wir sonst noch in diesem Heft servieren? Wir besuchen Peter Cornelius und Gustav Peichl, plaudern mit Timna Brauer unter anderem über ­Weltmusik, begleiten Michi Dorfmeister und ­Tochter Lea zum Skifahren, spüren dem ­Alpensteinbock hinterher und entdecken die neue Mariazellerbahn. Viel Spaß beim Lesen.

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80 Peter Cornelius redet Klartext: Österreichs Politik ist eine Satire – aber ich kann nicht darüber lachen.

In dieser Ausgabe 14

ab 14 Zu Gast bei Timna Brauer, die einen Heurigen in Dornbach bewohnt

In Wien hat es Welt­musik nicht leicht

Nicht nur musikalisch ist Timna Brauer in vielen Richtungen unterwegs. Heute lebt sie dort, wo früher einmal Ausflugsgäste auf ein Vierterl vorbeikamen: in einem Dornbacher Heurigen.

60 12. Ausgabe des Schwechater Satirefestivals: noch bis 2. März.

28 Ukulele üben müsste ich

Interview: Willi Resetarits über mangelnden Respekt vor den Kreativen, den Kampf für menschenwürdige Asylverfahren – und warum er immer noch lachen kann. 36 Slow-Go durch die Voralpen

Die Mariazellerbahn feiert ein Comeback. 46

Gesundheit muss unterhalten

Prof. Hademar Bankhofer verrät ab sofort auf schau TV Geheimnisse rund ums Wohlbefinden. 68 Jenseits vom Olivenöl

Wie wär’s einmal mit Macadamia- oder Mohnöl? Die besten Öle werden in Ostösterreich von Hand ­gepresst: wir stellen sie vor.

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Seefestspiele Mörbisch: Die Pläne der neuen Intendantin Dagmar Schellenberger

Kinderpiste statt Weltcupzirkus

Ein Skitag mit Doppel-Olympiasiegerin Michi Dorfmeister in Lackenhof am Ötscher. 84 Die größere Liebe

Joachim Fuchsberger, unvergessener Frauenschwarm, im schau-Interview. Jetzt neu: schau fürs iPad

CoverFoto: Michael Rausch-Schott

schaun

show

17. und 18. Februar, stadthalle, 15., Vogelweidplatz 14, tel. 01/79 999 79, www.stadthalle.com

dI 19. 2. DAS phAnToM DEr opEr W neuinszenierung mit neuer musik und neuen texten. In der Hauptrolle der Christine ist die bostoner sängerin deborah sasson zu erleben (Preisträgerin des echo Klassik). das Phantom wird gespielt von axel olzinger, darsteller in „grease“ und prominenter graf Krolock in „tanz der Vampire“. 19. Februar, stadthalle, 15., Vogelweidplatz 14, tel. 01/79 999 79, www.stadthalle.com

ab dI 12. 2. hEISSE zEITEn W die Wechseljahre-revue. auf den ersten blick wirken sie, als könnten sie unterschiedlicher nicht sein: die gestresste Karrierefrau, die trotz aller terminnot immer noch Zeit für einen one-night-stand findet; die naive Hausfrau, deren gedanken immer bei ihrem mann und ihrer Familie sind; die vornehme dame, für die Contenance das wichtigste im leben scheint sowie die auch schon in die Jahre gekommene Verlobte, die beseelt ist von ihrem unerfüllten Kinderwunsch.

heiße zeiten. Mama Afrika, imposante Trommeln und ein kubanischer zirkus mit Feuershow. wien

ShoW

tImna Brauer

Umlingo!

In WIen hat WeltmusIK KeIn leIchtes leBen

uMLiNGo lautet der Name der neuen Mama africa-Show, mit der der „Circus der Sinne“ 2013 in deutschland, Österreich, der Schweiz, belgien und Luxemburg auf tournee geht. die spirituelle Energie afrikas aufgreifend, präsentiert Mama africa in seiner sechsten Produktion eine neue Show über die positive Kraft der Musik, den Zauber der Schönheit und die wunderbare Macht des Lachens. uMLiNGo bedeutet so viel wie „Magie“ oder „Wunder“ und erzählt die Geschichte eines afrikanischen dorfes, dessen bewohner mit Hilfe übernatürlicher Kräfte in der Lage sind, den kleinen und großen Widrigkeiten des Lebens zu trotzen und die Menschen mit Lebensfreude und Glück zu erfüllen. W mama aFrICa – umlIngo 28. Februar, stadthalle, 15., Vogelweidplatz 14, tel. 01/79 999 79, www.stadthalle.com

wien

mo 25. 2. orIgInAL cUBAn cIrcUS W 18 artisten – 7 gruppen – 14 nummern. musikalisch begleitet von der mit dem Jazz award ausgezeichneten liveband aire Concierto begeistern atemberaubende luftnummern, gewitzte Clowns, anmutige einrad- und akrobatikdarbietungen, Feuer-, schwert- & tanzshows sowie viele weitere attraktionen. 25. Februar, stadthalle, 15., Vogelweidplatz 14, tel. 01/79 999 79, www.stadthalle.com

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Wenn dIe Wahl zur Qual WIrd

Wadaiko!

DonnErSTAg

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TAo – Drummers of japan stadthalle

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Gustav „IronImus“ PeIchl

ShoW

bis 24. Februar, museumsQuartier, Halle e, 7., museumsplatz 1, tel. 01/524 33 21-0, www.halleneg.at

uM diE iMPoSaNtEN troMMELN mit einem bis zu 1,70 Meter großen durchmesser zum Klingen zu bringen, wird dem elfköpfigen Ensemble neben einem ausgesprochenen rhythmusgefühl vor allem eines abgefordert: voller körperlicher Einsatz. aber tao bedeutet nicht nur martialisches trommeln, sondern sind auch Schwingungen, die den Körper von den Zehenspitzen bis zu den Haarwurzeln durchdringen. tao ist gleichfalls ein Wechselspiel zwischen dem tiefen Grollen der riesenhaften Wadaiko-trommeln und zarten, zerbrechlichen Momenten voll lyrischer Schönheit – erwachsen aus der Philosophie des Fernen ostens. die neue Show „The Samurai of the drum“ verbindet tradition und Moderne und lädt ein zu einer reise durch Zeit und raum. W tao – drummers oF JaPan 21. Februar, stadthalle, 15., Vogelweidplatz 14, tel. 01/79 999 79, www.stadthalle.com

sloW-Go durch dIe voralPen

das Ist dIe neue marIazellerBahn KorruPtIon und BlödheIt sInd unser unterGanG

P. b. b. Verlagsort 1110 Wien / 10Z038372M

Vor den Toren Wiens gibt es sie wieder: Steinböcke.

Alle Termine auf www.schaumedia.at/eventnavigator.html

kurz&bündig

ab so 17. 2. ThE BEST oF MUSIcALS W auch 2013 präsentieren sich in einer spektakulären show die bekanntesten und erfolgreichsten Hits der größten musical-Highlights.

Fotos: ralPH larmann, Veranstalter, CHIlI galleI/rabenHoF, manFred PauKer

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vorschau klang&sang

Peter cornelIus redet Klartext

17 SEITEN EXTRA

FlüssIGes Gold

Was Gute öle ausmacht

Programm für Wien, niederösterreich und Burgenland

februar 2013

17.01.2013 11:00 Uhr

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Produkte der schau media Wien

2013 februar

standards

genuss, Kultur & aBenteuer

eur 3,90 heft 2/2013 www.schaumedia.at

16.01.2013 11:43 Uhr

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Inhalt und Impressum Starporträt von Andreas H. Bitesnich: Gustav Peichl

10 schaufenster 12 Leserbriefe 13 Cartoon von Rudi Klein 22 Grätzl-Spaziergänge 73 Fahrradnews 51 vorschau: Der Event-Navigator 86 Garagengold 89 Waldecks Wallfahrten 92 schauschau: Hotspots & Society Abo unter Tel: 01/740 32-752


daschauher bitesnich

schaldeur voonn„Alindnrease Alle Bi hau“ auf: Bitesnich für sc

edia.at/ www.schaum galerie.html 16. bis 17. 2.

Von Figl bis Faymann: Für mich gibt es kein Tabu text von alexander grübling, Foto: andreas bitesnich

Er behauptet, Karikaturen sind das Wichtigste, was in Medien vorkommt. Die Ausstellung „Ironimus: Die Qual der Wahl. Von Figl bis Faymann“ im Karikaturmuseum Krems zeigt eine Zeitreise durch die österreichische Politikgeschichte. Ein Gespräch mit Gustav Peichl über wahre Aufdecker, heikle Themen und Zensur.

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Er ist 84 Jahre alt, doch Gustav Peichl ist auch im Alter ein viel gefragter Mann. Das Haus, das er in der Döblinger Himmelstraße bewohnt, war eines seiner ersten Bauvorhaben als Architekt. Das schmale Grundstück in Hanglage gewährt erst nach einigen Stufen bergauf den Blick auf einen Architektur-Klassiker, der aus der JetztZeit stammen könnte. Peichl bittet uns in sein Arbeitszimmer, mehr bekommen wir nicht zu sehen – weil „privat bleibt bitte privat“. Die Wände sind mit Büchern vollgestopft. Man nimmt ihm ab, alle gelesen zu haben. An der Wand neben seinem Zeichentisch hängen ein paar Karikaturen – allerdings nicht seine eigenen. schau: Wie gefällt Ihnen die Bezeichnung „Best of“ im Zusammenhang mit der neuen Ausstellung?

Gustav Peichl: Das gefällt mir gar nicht. „Best of“ ist ein Modebegriff. Aber wenn es Ihnen besser gefällt: Es ist ein „Best of“ der Wahl-Karikaturen von Ironimus. Ich bin der einzige Oldtimer, der noch lebt und das alles mitgemacht hat. Von der ersten Wahl bis zu der in diesem Jahr.

Wahlen sind ja ein schöner Anlass für jemanden wie Sie. Nur wird ja nicht wöchentlich gewählt. Gibt es ein aktuelles politisches Thema, das Sie beschäftigt?

Medien vorkommen – weil die Leute sich das merken –, sind Wahlen in meinen Karikaturen immer von Bedeutung.

Derzeit natürlich das Superwahljahr. Schon seit 1949 beschäftigt mich das. Ich bin ein leidenschaftlicher Anhänger der Demokratie und von Europa. Ich meine, das es notwendig ist, das zu transportieren. Und nachdem Karikaturen die wichtigsten Sachen sind, die in den

Karikaturen sind die wichtigsten Sachen, die in Medien vorkommen? Ist das Ihr Ernst?

tipp

Von Figl bis Faymann Die Ausstellung „Ironimus: Die Qual der Wahl. Von Figl bis Faymann“ zeigt Gustav Peichls Arbeit aus sieben Jahrzehnten – gezeigt werden ausschließlich Karikaturen zu Wahlgängen. 27. 1. bis 1. 9. 2013, Karikaturmuseum Krems, Steiner Landstraße 3a, 3500 Krems www.karikaturmuseum.at

Ja! Das ist etwas, das sich die Leute merken. Die Leute von der schreibenden Zunft haben ein schweres Leben. Die schreiben – manchmal lebenslang – Leitartikel, ganz wenige davon werden beachtet, an noch weniger erinnert man sich. Aber an gute Karikaturen erinnert man sich auch noch nach Jahrzehnten. Gibt es ein Tabu oder etwas, das Sie nicht karikieren würden? Gibt es eine Grenze?

Nein, die gibt es eigentlich nicht. Denn hoffentlich hat jeder einen Automaten im Hirn, der ausschaltet, wenn etwas ungustiös oder heikel ist. Für mich gibt es kein Tabu und nichts, das ich ausschließen würde. Was wäre für Sie ein heikles Thema? Religion?

Ich habe Päpste gezeichnet – kein Problem, auch die Schwierigkeiten der katholischen Kirche. Was ich februar 2013


„Die wahren Aufdecker sind jene, die etwas sichtbar machen – und das sind Karikaturisten.“ Gustav Peichl alias Ironimus

Gustav Peichl by Andreas H. Bitesnich, 2013. Für das schau-magazin porträtiert Bitesnich exklusiv monatlich eine Persönlichkeit. www.bitesnich.com


daschauher bitesnich

„An gute Karikaturen erinnert man sich auch noch nach Jahrzehnten.“ Gustav Peichl, „Ironimus“

Fertig zum Gefecht, 1959. Schon wieder Neuwahlen! Die Regierungszusammenarbeit besteht zum Großteil aus Stellungskämpfen. Wer hat zurzeit die Nase vorn? Raab? Pittermann? Der neue SPÖ-Vorsitzende ist zwar ein witziger Mensch, als Propagandist aber nicht zu unterschätzen.

nicht gezeichnet habe – und auch nicht zeichnen würde – sind persönliche Probleme oder die Homosexualität innerhalb der Kirche. Nicht, dass es mich nicht interessiert. Aber mich interessiert bei solchen Themen der Transport zum Leser nicht. Vieles ist heute museumsreif: Mode, Comics, Karikaturen. Ist das eine Modeerscheinung?

Nein. Meine erste Ausstellung in Österreich hat der alte Dichand in der Galerie Würthle in den 70erJahren gemacht. (Der verstorbene „Krone“-Herausgeber Hans Dichand war ein ambitionierter Kunstsammler. 1976 übernahm er die renommierte Wiener Galerie Würthle, Anm.). Und es gibt ja einige leidenschaftliche Karikaturensammler. Der Geldwert ist aber gering?

Er will es wissen, 1979. Nach einer verlorenen Volksabstimmung über das Atomkraftwerk in Zwentendorf – wer kennt noch den Namen? – steigt Kreisky 1979 nochmals gegen Josef Taus in den Ring. Die Volkspartei ist diesmal etwas optimistischer. Die Anti-Atom-Kampagne hat ihr etwas Auftrieb gegeben.

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Ja, aber Karikaturen haben einen dokumentarischen Wert. Derzeit wird viel Geld gezahlt für meine Karikaturen aus der Besatzungszeit. Klingt nach gutem Geschäft. Ist das Gestalten von Karikaturen erlernbar?

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Wahlfang, 2002. Alfred Gusenbauer kehrt seinen Intellekt ganz gern hervor. Im Jahr 2002 hat er die Chance, die noch junge schwarz-blaue Koalition abzulösen. Doch die Würfel fallen ganz anders. Die FPÖ implodiert, sie verliert fast 800.000 Wähler. Schüssel triumphiert.

Nein. Leider gibt es heute wenige Als Aufdecker profilieren sich ja junge Kollegen auf dem Gebiet der auch manche Politiker … Editorial Cartoons (kommentierende … aber das ist etwas ganz anderes. Karikatur, die sich auf aktuelle Ereig- Die versuchen von irgendwo geheinisse oder Persönlichkeiten bezieht mes Material zu kriegen. Das verund in Zeitungen oder Magazinen er- öffentlichen sie dann, mit einer eischeint, Anm.). Die Art von Karika- genen Meinung versehen. Das ist tur, die ich mache, ist eine spezielle. es nicht – aus meiner Sicht. Die Sie wurde mit dem Simplicissimus Karikatur und die Karikaturisten groß (eine satirische Wochenzeit- sind die Sichtbarmacher oder Aufschrift, die 1896 bis 1944 in München decker. herausgegeben wurde, Anm.). Ist die Bedeutung der Karikatur im Sinken?

Eindeutig nein. Die Printmedien haben zwar gegen TV und Internet zu kämpfen. Die Bedeutung steigt aber sogar. Sie haben Mitarbeiter, die sich Enthüllungsjournalisten nennen. Die wahren Aufdecker aber sind jene, die etwas sichtbar machen – und das sind die Karikaturisten. 2013 februar

Weil sie unabhängiger arbeiten dürfen?

Natürlich. Noch nie hat jemand eine Zeichnung von mir nicht gedruckt. Manchmal gibt es Feedback wie ‚Ob des g’scheit is … na gut, wir drucken es‘. Zensur gab es bei mir nie. Vielen Dank für das Gespräch! ///

biografie

Gustav Peichl 1928 in Wien geboren 1950 bis 1953 Architekturstudium in Wien 1954 Beginn der Tätigkeit als Karikaturist unter dem Pseudonym „Ironimus“, seitdem wöchentlich Karikaturen in „Die Presse“; seit 1964 wöchentlich Karikaturen in der „Süddeutschen Zeitung“ 1955 Eröffnung eines eigenen Architekturbüros 1987 Wahl zum Rektor der Akademie der bildenden Künste Wien; seit 1969 zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen; 1996 Großes Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich

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schaufenster Valentinstag und erste Frühlingsgefühle treffen auf moderne Nachhaltigkeit: schau stellt einige Herzerwärmer vor.

heartware

Sag’s durch den Keks

Badekosmetik

Alles Seife Die Produkte der Seifenmanufaktur aus Niederösterreich sind nicht nur schön, sondern tun auch der Umwelt gut. Rein pflanzliche und biologische Rohstoffe bilden die Basis der Badekosmetik. Neben 23 verschiedenen Naturseifen gibt es auch Badeaccessoires wie z. B. Entchen, Badekonfekt oder Körperbutter in Muffinform. Nachhaltig und umweltfreundlich ist hier die Devise. ALLES SEIFE 4., Am Naschmarkt Nr. 54 Mo–Fr 9–18 Uhr, Sa 9–17 Uhr. Tel: 0699/116 112 91 www.allesseife.at

kamaeleon

Spielzeug zum Anziehen

Das ist die Kindermode von Brigitte Wagner. Ihr ist wichtig, dass ihre Recyclingmode für Kinder fair und nachhaltig ist. Alle Stücke sind so geschnitten, dass sie zwei Jahre mitwachsen können. Die Lieblingsstücke sind aus alten Männerhemden und Recycling-FleeceStoffen gefertigt. Die Nähaufträge werden an Menschen vergeben, die sich mit dieser Unterstützung eine Zukunft aufbauen können. Rundherum eine gute Sache.

Wem Herzensangelegenheiten schwer über die Lippen kommen, der braucht es nicht mehr durch die Blume sagen. Die innovativen Schmuckstücke der gebürtigen Wienerin Anja Schober sind aus Acrylglas und haben die Form von Glückskeksen. Beim großen Acryl-Keks kann zwischen fünf Farben und fünf Ketten g ­ ewählt werden. Die Mini-Kekse können auch als Armband getragen werden. Sprüche wie „Jeder Krümel findet seinen Keks“ oder „Keks essen und abwarten“ zaubern ein Schmunzeln in die Gesichter der Betrachter. Es gibt aber auch die Möglichkeit, einen eigenen Spruch zu ­erfinden und den Keks damit zu persona­lisieren. Ein persönliches Kleinod für ­besondere Menschen. heartware Schmuck.Design by Anja Schober Tel.: 0650/724 62 37 www.heartware.at

Kamaeleon-Kindermode Rainer-Maria-Rilke-Gasse 6/1, 3013 Pressbaum Tel: 0699/17073002 www.kamaeleon.at

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Riess Edition Sarah wiener

Traditionell aufkochen koch- und backformen aus emaille

Die besten Zutaten und der beste Koch helfen nichts, wenn das Küchenzubehör nicht passt. Die Firma Riess hat aus dem Firmenfundus alte klassische Emaille-Backformen herausgekramt und ihnen mit dem Designduo dottings eine neue moderne Anmutung verschafft. Torten- und Backformen, Gugelhupfformen, Rührschüsseln, Kuchenbleche und Muffinformen sorgen mit dem zweifärbigen Farbkonzept für Freude in der Küche. Emaille ist heute moderner denn je, denn die Rohstoffe für die Herstellung werden aus wertvollen Bodenschätzen gewonnen und sind zu 100 Prozent recyclebar. Einfach gesagt: es ist eine Glasur aus Glas, welche bei hoher Temperatur auf eine Stahlform trifft und dann im Ofen „gebacken“ wird. Behandelt man die Formen mit Sorgfalt, können sie begehrte Erbstücke für die nächste Generation werden. riess www.truehomeware.com

Fotos: Alles seife, Thomas Holota/heartware, Kamaeleon, Haeusler, RIESS, filzksite (2)

filzkiste

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Bei Filzkiste werden nur hochwertige Naturmaterialien in sorgfältiger Handarbeit zusammengefügt. 100 Prozent Wollfilz, wenn’s weich sein soll, und echtes Leder, wenn mit Abnützung zu rechnen ist. Qualität, schlichtes Design, Funktionalität und lebendige Farben machen jedes Einzelstück zu etwas Besonderem. Vor allem der Gedanke über die Verwendung und das damit verbundene Altern der Produkte ist eine Herausforderung. Es ist schön, wenn die Dinge individuelle Gebrauchsspuren von ihren Besitzern bekommen, jedoch sollen sie trotzdem schön anzusehen bleiben. Vom Schlüssel­ anhänger bis zur Laptop-Tasche setzt Nina Dobnik auch individuelle Kundenwünsche um. Verkaufsstellen und weitere Infos im Internet.

Nina Dobnik mit der Tasche „Ninonica“. Foto links unten: iPad-Hülle „Gal“.

www.filzkiste.com

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leserschau Was denken Sie? Hier ist Platz für Ihre Meinung: Anregungen und Kritik, aber gerne auch Lob bitte an office@schaumedia.at oder per Post: schau-Magazin, Leberstraße 122, 1110 Wien. Die JubiläumsViennale (im Bild Festival-Chef Hans Hurch und Ex-Chef Helmuth Dimko, li.) fand von 25. Oktober bis 7. November 2012 statt. Diskutiert wird noch heute darüber.

Viennale

Inter-National

Die Viennale nennt sich „Vienna International Filmfestival“. Diese Aufgabe erfüllt sie auch. Für österreichische Filme gibt es die Diagonale. Dass ein Regisseur meint, sich die ScreeningTermine aussuchen zu können, ist allerdings peinlich. Wenn das alle würden, käme vermutlich kein Festival zustande. Und letztlich ist es auch völlig egal: Viennale und Seidl brauchen sich nicht und funktionieren unabhängig voneinander. Auch FestivalDirektor Hans Hurch ist an die Gegebenheiten gebunden: Er bekommt nicht jeden guten Film, der auf einem A-Festival gelaufen ist, und vermutlich kommen auch nicht alle Stars, die man gern hätte, nach Wien. Das ginge jedem anderen Festivalleiter, jeder anderen Festivalleiterin ähnlich. Die Viennale lässt sich mit dem Filmfestival in Venedig nicht vergleichen. Das ist ein A-Festival, das auch

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der Filmpromotion im weltweiten Markt dient (wie auch Cannes und Berlin). Die Viennale ist ausdrücklich ein Publikumsfestival, und als solches funktioniert sie gut. Man muss Hurchs Filmgeschmack nicht teilen, aber es könnte dem Publikum deutlich Schlimmeres passieren. I. Adler, Wien

Heilwig Pfanzelter

Fotos: monika saulich, therme geinberg, burgenland tourismus; Illustration: Rudi Klein

Die Viennale sorgt (immer noch) für hitzige Debatten. Eine Antwort auf den Leserbrief in der Ausgabe 12/2012 von Alfred D. erreichte uns Anfang Jänner. Herr D. wirft der Festivalleitung der Viennale vor, zu wenig für den österreichischen Film zu tun: „Was soll die Lobhudelei um ein B-Filmfestival, das es nicht einmal schafft, dem heimischen Film eine angemessene Bühne zu bieten? Und heuer einen Regisseur wie Ulrich Seidl vergrault hat?“– Die Antwort einer Leserin darauf:

Zweites Leben Ich finde es sehr spannend, wenn man Persönlichkeiten zu Gesicht bekommt, die man lange Zeit aus den Augen verloren hat. So erging es mir auch mit Heilwig Pfanzelter (Ausgabe 12/2012, Anm.), die ich von früher eher flüchtig aus dem Fernsehen kannte und deren jetziges Leben ich äußerst interessant finde! Lebenswege von bekannten Gesichtern, die nicht mehr so im Rampenlicht stehen, zu verfolgen, ist spannend wie ein Krimi. Danke, dass es dafür bei Ihnen Platz gibt! Ilse Sch., via E-Mail

Danke für die Blumen! Wir reichen sie gerne an Heilwig Pfanzelter weiter, eine außergewöhnliche Frau mit einer außergewöhnlichen Stimme! – Die Redaktion.

v.li.: Manfred Kalcher, Alfred Glos, Heinrich Schaller, Ernst Wastler.

fehlerteufel

Erratum In der letzten Ausgabe hat sich leider ein Fehler eingeschlichen: Auf dem Foto auf Seite 113 (Eröffnung Luxus Private Spa Villen „Geinberg 5“, siehe oben) ist nicht – wie fälschlicherweise angegeben – Gerhard Gucher (Direktor der VAMEDVitality World) zu sehen. Es handelt sich dabei selbstverständlich um DI Alfred Glos, Geschäftsführer der Therme Geinberg. Sorry!

Gerhard Gucher

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klein(e) rundschau

Die Zweitmeinung von Rudi Klein Die Polyvinylchloridschallplatte gibt es seit 1948 – einen Vorversuch im Jahr 1930 nicht eingerechnet … Und im Gegensatz zu CDs, Kassetten, Tonbändern (nicht zu vergessen die grandiose Totgeburt „Laserdisc“) hat sie überlebt und alle gelogenen Argumente gegen sie überstanden. Zu danken ist dies einer Generation, die es sich nicht nehmen lässt, unwürdig zu altern, keinen unvollständigen Drecksound aus Radio oder Netz zu ertragen und die aus Altersweitsichtigkeitsgründen sowieso die Schrift auf CDs nicht mehr lesen kann. Einer Generation, der man zutrauen kann, auch noch im Alter zünftiges Rollstuhl-Stagediving zu betreiben. Es lebe die Schallplatte, es lebe der Tonarm, es lebe die Nadel, der man zusehen kann, wie sie die grandiose Analog-Musik aus dem Vinyl kratzt!



Ob Weltmusik oder aktuell der g’schupfte Ferdl: Nicht nur musikalisch ist Timna Brauer in vielen Richtungen unterwegs. Ihr Leben führte sie von Tel Aviv über Paris nach Wien. Heute lebt sie dort, wo einst Ausflugsgäste auf ein Vierterl vorbeikamen. Den urigen Dornbacher Heurigen Tost hat sie liebevoll restauriert und zu ihrem Wohn- und Arbeitsreich gemacht. Wir haben sie besucht.

Toleranz ist harte Arbeit text von christoph berndl und alexander grübling, Fotos: michael rausch-schott

Der G’schupfte ferdl geht Tauben vergiften im Park – und Timna Brauer geht mit? Das hätten wir ihr gar nicht zugetraut. Aber keine Angst, sie macht’s ja auch nicht wirklich, sondern nur auf der Bühne des Akzent Theaters. Ge­ meinsam mit ihrem kongenialen Partner Wolf Bachofner (Bezirks­ inspektor Harald Franitschek in „Schnell ermittelt“) zollt sie zwei Größen des Wiener Musikkabaretts Tribut: In einem Programm des Pi­ anisten Bela Koreny leben die mu­ sikalischen Sternstunden von Gert Bronner und Georg Kreisler auf. Die Nummern von Zweiterem wird Timna Brauer im Programm interpretieren – unter anderem auch die eingangs zitierte Nummer mit dem Federvieh. Kreisler floh mit seinen Eltern 1938 vor den Na­ zis aus Österreich, lebte in den USA und kehrte 1955 nach Wien zurück. Bekannt war er für seine bissig-satirischen Texte. Ein Hu­ mor, mit dem Timna Brauer gut le­ ben kann? „Das tolle ist, das diese beiden großen Künstler bzw. ihre Werke auf der Bühne stehen. Die beiden haben ja nur zwei Jahre ge­ meinsam gearbeitet und waren an­ schließend verfeindet. Trotzdem

tipp

Der g’schupfte Ferdl geht Tauben vergiften im Park Ein Konzert zum 90. Geburtstag von Georg Kreisler und Gerhard Bronner. Mit Timna Brauer, Wolf Bachofner und Bela Koreny. Zu sehen am 23. Februar und 16. März, 19:30 Uhr im Theater Akzent. 4., Theresianumgasse 18, Tel: 01/501 65-0 www.akzent.at

Timna als Chansonnette Paroles d’amour – Chansons mit Akkordeon und Violoncello. 18. April, Gläserner Saal des Musikvereins, 1., Musikvereinsplatz 1 www.musikverein.at

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haben sie einander geschätzt. Span­ nend ist das Stück nicht wegen der persönlichen Divergenzen der bei­ den. Es ist aus künstlerischer Sicht hoch interessant. Bronner und Kreisler sind im selben Jahr gebo­ ren, beide waren jüdischer Her­ kunft, beide sind emigriert und wieder nach Wien zurückgekom­ men – wenn auch Kreisler nur für kurze Zeit. Da waren so viele Ge­ meinsamkeiten. Wir bringen das Stück in einer Dialog-Situation, es ist wie ein Fechtkampf. Ich bin Kreisler – den Bronner könnte ich nicht so spielen wie der Wolf Ba­ chofner. Er ist wie ein junger Qual­ tinger. Außerdem beherrsche ich das Wienerische nicht. Ich habe es im Ohr, mein Vater ist auch ein UrWienerlied-Schreiber, ich kenne es also – aber nur intellektuell, nicht emotional. Das ist für mich eine fremde Sprache.“ „Weiblicher“ Georg Kreisler

Zunächst habe sie gezögert, sich aber dann von Regisseur Bela Ko­ reny überreden lassen: „Mit Georg Kreisler assoziiert man tolle Schau­ spieler, die das so richtig draufha­ ben. Ich bin lyrischer Sopran.“ Was schau 15


soll ich damit?, war ihre erste Reak­ tion. Bela Korenys Wunsch war es, einmal Georg Kreisler von einer weiblichen Gesangsstimme spielen zu lassen. Für ihn war Timna Brauer die erste Wahl.

Ein Haus voll mit Erinnerungsstücken: Ein Porträt von Timna Brauer, gemalt von Ernst Fuchs.

Daheim im Heurigen

Sie ist ein Multitalent, das zeigt sich auch in ihrem Privatleben. Sie wohnt in einem ehemaligen Heuri­ genbetrieb. Davon zeugen viele ­Erinnerungsstücke, die die passio­ nierte „Sammlerin“ immer wieder auf Flohmärkten rund um den Glo­ bus entdeckt. Den Heurigen habe zunächst ein Vorbesitzer renoviert. Dann sei das Haus lange leer gestan­ den. Es ist eine in jeder Hinsicht un­ gewöhnliche Immobilie. Gefunden habe sie das Haus über ein Inserat. „Das war der Heurigen Tost. Sogar heute noch kommen öfter Leute vorbei, wenn die Tür offen ist, und fragen, ob hier wieder ausg’steckt ist. Oder um sich noch einmal umzu­ 16 schau

„Die Lebensqualität, die ich hier in Wien habe, hätte ich in Paris sicher nie gehabt. Ich gehe zu Fuß in den Wienerwald, sowas kennen die Pariser gar nicht.“ Timna Brauer

schauen, weil sie so viele Erinnerun­ gen an frühere Zeiten haben. Das war anscheinend ein sehr schöner Heurigen, wo die Leute sehr gern hergekommen sind. Ich höre mir diese Geschichten immer sehr gerne an“, freut sich Timna Brauer. Sie wohnt seit mittlerweile 15 Jahren hier in Dornbach, das ist schon ein Stück Leben. Hier sind ihre Kinder groß geworden, hier hat sie auch ein kleines Tonstudio. Der lauschige ­Innenhof wirkt auch im Winter ein­ ladend und verträumt. Dem alten Winzerhaus hat sie ihren Stempel aufgedrückt. Musikalische Weltenbummlerin

Ihre vielen Reisen spiegeln sich in ihrer Musik wider. „Die stärksten Strömungen kommen aus dem Ori­ ent. Wobei der Orient nicht etwas ist, das ich entdeckt, sondern gelebt habe. Ich bin ja halbe Orientalin, meine Mutter ist jemenitischer Her­ kunft, arabisch war immer präsent.

Die orientalisch-jemenitische Kultur ist bei uns daheim immer gelebt worden. Davon habe ich viel mitge­ nommen“, sagt Timna Brauer stolz. Zum Thema Weltmusik und Wien hat sie auch etwas zu sagen: „In Wien war in Sachen Weltmusik in den 80er-Jahren noch nicht so viel los – eigentlich gar nichts. Da war Paris interessanter. Heute ist das an­ ders, das hat sich zum Glück geän­ dert. Der Grund für meine Rück­ kehr nach Wien war eigentlich der Songcontest. Ich hätte aber in Paris durchaus auch Karriere machen können. Ich war Vokal-Solistin in ei­ nem Avantgarde-Jazz-Orchester – ein Pendant zum Vienna Art Or­ chester. Ich war am Sprung. Und dann hat sich das schlagartig geän­ dert, als 1986 der ORF wegen des Songcontests an mich herangetreten ist. Das war der Wendepunkt. Seit­ her ist mein Standbein wieder Wien. Aber ich bereue es nicht. Die Le­ bensqualität, die ich hier habe, gibt es in Paris einfach nicht. Die gute februar 2013


Die arabische Kurzhalslaute kann Timna Brauer nicht spielen. „Da braucht man eine eigene Technik“, sagt sie. Sie spielt „nur“ Gitarre und Klavier.

Luft, das gute Wasser! Ich gehe zu Fuß in den Wienerwald, sowas ken­ nen die Pariser gar nicht. Das lernt man aber erst mit zunehmenden Al­ ter zu schätzen. Da ist es dir dann egal, ob du an jeder Ecke indische Musik hören kannst. Aber um zu lernen, zu schöpfen und sich inspi­ rieren zu lassen – dafür war Paris perfekt.“ Kein leichtes Pflaster

Wien ist also kein leichtes Pflaster für Weltmusik, dennoch verbindet sie uns alle. Das sei ein Prozess, merkt Timna Brauer an, das stecke noch in der Entwicklung. Da hätten es die Franzosen als Kolonialmacht einfacher gehabt. Dort sei das Arabi­ sche und Afrikanische in der Gesell­ schaft verankert. Zu sagen, „die Franzosen sind toleranter“ sei unfair. „Die Franzosen sind damit aufge­ wachsen. Hier in Wien muss man sich das in gewisser Weise erst erar­ beiten“, weiß Timna Brauer. 2013 februar

Ob Vinyl-Schallplatte, CD oder Musikkassette: Hauptsache Musik.


Timna Brauer im Interview mit schau-Chefredakteur Christoph Berndl: „Türen öffnen sich zwar leichter, wenn man einen prominenten Elternteil hat. Aber man steht dann alleine drinnen im Raum und muss sich beweisen. Man wird noch viel kritischer betrachtet.“

„Toleranz ist harte Arbeit, in Wien muss man noch am zwischenmenschlichen Umgang arbeiten.“ Timna Brauer

Toleranz sei harte Arbeit, in Wien müsse man noch am zwischenmenschlichen Umgang arbeiten: „Es kommt einem manchmal so vor, als ob den Leuten Hunde wichtiger sind als Kinder – um ein extremes Beispiel zu nennen.“ Der Papa wird’s scho richten

Zum Abschluss wollen wir noch wissen, ob es der Karriere hilft, wenn man einen prominenten Elternteil hat. „Es ist tatsächlich so, dass sich Türen leichter öffnen. Aber man steht dann alleine drinnen im Raum und muss sich beweisen. Man wird noch viel kritischer betrachtet. Es hat Vor- und Nachteile“, bestätigt sie. Was fällt Timna Brauer zu diesen Titeln ein: ‚Wie schön wäre Wien ohne Wiener?‘ „Das ist mir zu extrem. Ich wollte das auch nicht singen, damit kann ich nichts anfangen. Wien ohne Wiener kann ich mir nicht vorstellen.“ Oder zu ‚Der Papa wird’s scho richten‘: „Das singt der Wolf Bachofner sensationell. Daran kann ich mich nicht satthören.“ /// februar 2013


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