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DIE ROSE

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HOTEL MOZART

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DIE ROSE KÖNIGIN DER BLUMEN

„Für mich soll’s rote Rosen regnen“, sang einst Hildegard Knef mit ihrem sehr speziellen Timbre, und schon steigt in der Fantasie des Zuhörers ein romantisches Bild auf. Die meisten Menschen mögen Rosen. Aber wie kam es, dass die Rose unter den zahllosen Blumen eine so großartige Karriere machte und zur „Königin der Blumen“ avancierte?

ie Rose zählt zu den ältesten Zierpflanzen der Menschen, sie ist so alt wie die menschliche Kultur selbst und wurde schon immer als Blume geschätzt. Doch noch bevor man sie wegen ihrer Farbe, ihres Duftes und ihrer besonderen Schönheit züchtete, soll sie als Nahrungsmittel gedient haben. Wild wachsende Rosen gibt es überall im gemäßigten Klima, aber die kultivierten Sorten kamen vor allem aus China und Persien. Sie verbreiteten sich im Mittelmeerraum und traten so ihren Siegeszug durch ganz Europa an. Man mag es kaum glauben, aber bereits aus dem Tertiär sind eindeutige Funde der Gattung Rosa erhalten. Fossile Rosenfunde, deren Alter man auf 25 Millionen Jahre datierte, wurden in den Rocky Mountains freigelegt und zeigten, dass die Rosenpflanze noch älter ist als ursprünglich gedacht. D

In der griechischen Götterwelt der Antike wird die Rose als Attribut von Aphrodite, der Göttin der Liebe, beschrieben, und schon erschließt sich einem die Symbolbedeutung roter Rosen als Liebesgruß. Von Königin Kleopatra sagt man, dass sie ihren Liebsten Marcus Antonius in einem Raum empfangen haben soll, der kniehoch mit Blütenblättern von Rosen bedeckt war. Was für ein Auftritt! Als die Rose das römische Imperium erreichte, wurde sie bald zu einem begehrten Luxusgut. Eine besondere Rolle spielte sie während opulenter römischer Festmahle: Die Gäste rieben sich mit duftendem Rosenöl ein, schritten auf Rosenblütenteppichen zur Tafel und dekorierten ihre Weingläser mit schwimmenden Rosenblättern. Legendär war das Fest „sub rosa“ von Kaiser Nero, bei dem im Goldenen Palast Rosenblätter, Blüten und Rosenöl von der Decke rieselten. Nach Rosen duftender Wein wurde zum Mahl kredenzt und die Gäste konnten ausgiebig in Rosenwasser baden. Kein Wunder, dass das Volk solche Feste bald als Ausdruck von Dekadenz und Lasterhaftigkeit empfand. Aber die Symbolbedeutung der Rose als Blume der Schönheit und der Liebe hat sich seit damals über 2000 Jahre erhalten.

Im Mittelalter wechselte die Symbolik, und die weiße Rose stand bei den Christen für die Reinheit der Jungfrau Maria. Von der Rosa Rubiginosa, der Weinrose, glaubte man damals, dass sie von einem Blutstropfen Jesu abstamme, der aus der Dornenkrone zur Erde gefallen war.

Kleid mit Rosenprint von Gucci

Im profanen Volksglauben hatte auch die vielfältige Symbolkraft der Rose unterschiedliche Bedeutungen: Je nach Blütenfarbe und Anlass wurde vor allem Liebe, aber auch Trauer, Unschuld, Jugend oder sogar Neid damit ausgedrückt. Nicht von ungefähr kommt der Spruch „Sag es durch die Blume“.

In direkter Verbindung mit dem ästhetischen Wert der Rosenblüte findet man ihre Abbilder auch in der Kunst. Im Kirchenbau des Mittelalters erhielt die

„Bloom of Rose“ – Parfum von Mon Guerlain

Rose ihre Entsprechung als Blickfang in den Rosetten, den Rosenfenstern gotischer Kathedralen, die wie die Blütenblätter einer geöffneten Rose gestaltet sind. Im weltlichen Bereich zeigt sich das Abbild der Rose als Emblem auf Fahnen, Wappen und Münzen. Nach den „Rosenkriegen“ („Wars of the Roses“) in England, deren Name sich von den Wappen der beiden Adelsgeschlechter Lancaster und York herleitet, in deren Wappen sich jeweils die Rose befand, wurde die Rose sogar zur Nationalblume erhoben.

Bild links: Tapete mit Wildrosenmotiv in Taupe und Rauchblau Bild unten: Handbedruckte Samt-Clutch von Susanne Spatt

In der Neuzeit begannen die europäischen Höfe der Renaissance und des Barocks mit der Rosenzucht zur Gestaltung ihrer prachtvollen Schlossgärten und Parkanlagen. Besonders in Frankreich, Holland und Spanien begann man durch gezielte Auswahl, neue Sorten zu züchten. Daraus entstand im Laufe der Zeit eine unüberschaubare Vielfalt an wunderschönen Exemplaren der Königin der Blumen. Durch Kreuzungen und Züchtung immer weiter veredelt, zählt man heute bis zu 30 000 verschiedene Rosenarten. Oft sind diese Züchtungen mit den Namen berühmter Persönlichkeiten verbunden oder werden nach ihnen benannt. Eine besondere Liebhaberin der Rose dürfte Kaiserin Joséphine, die Gemahlin Napoleon Bonapartes, gewesen sein. In ihrem prächtigen Garten, damals die Visitenkarte wohlhabender Adelshäuser, ließ sie rund um Schloss Malmaison westlich von Paris schon damals 250 verschiedene Rosensorten anbauen. Durch zahlreiche Kupferstiche, die den artenreichen Rosengarten zeigen, sollten die Nachkommen an ihre Leidenschaft erinnert werden.

Der Maler Pierre-Joseph Redouté ging als „Raffael der Blumen“ in die Geschichte ein. Er gestaltete am Hof der Königin Marie Antoinette eine dreibändige Sammlung von 167 Kupfertafeln mit verschiedensten Rosenarten in schönster Vollendung („Kalenderbilder“). Als berühmter Kenner und Rosenzüchter ist auch David Austin bekannt. Seine Züchtungen

delikater altenglischer Rosen, die auch meistens exquisit duften, werden heute wegen ihres nostalgischen Charmes wieder besonders geschätzt. Sie zieren die Gärten vieler Rosenliebhaber und sind auch als Dekor in Hochzeitsbouquets äußerst beliebt.

Ihrem unvergleichlichen Duft verdankt die Rose eine Sonderstellung in der Parfumindustrie. Vor allem in Osteuropa werden die Rosa damascena sowie die Rosa alba großflächig zur Gewinnung von Rosenöl angebaut. Auch in Südfrankreich kann man riesige Felder mit Rosa centifolia bewundern, die den unverzichtbaren Grundstoff vieler Parfums und Kosmetikartikel liefern und Seifen sowie Cremes herrlich zart duften lassen.

In der Kulinarik dient die Rose als Essenz für die wohlschmeckende Rosenbowle, sie liefert Blüten für kandierte Rosenblätter und Rosenwasser und wird auch für Marmelade verwendet. Weißwein, der einst wie bei den Römern mit einem roten Blütenblatt im Glas serviert wird, nennt man noch heute „Rosen wein“. Mit diesem Namen assoziiert man in Österreich eher einen südsteirischen Wein, die Klöcher Rose: Das ist ein Traminer Weißwein aus dem Vulkanland, der für seinen zarten Duft nach Rosen berühmt ist.

Im Alltag leistet der Rosenblütentee gute Dienste, denn einige Rosen (Rosa gallica, Rosa centifolia) werden auch als Heilpflanzen mit medizinischer Wirkung geschätzt. Der Tee hilft angeblich bei Entzündungen des Zahn fleisches, bei Erkältung und ist gut zur Linderung von Halsschmerzen, weil er die Schleimhäute beruhigt. Man nimmt dazu die Blütenblätter von drei bis fünf (ungespritzten!) Rosen und lässt sie ungefähr zehn

Bild links: Rosengarten von Sissinghurst Castle, historischer Landsitz in der englischen Grafschaft Kent, 40 Kilometer südwestlich von Canterbury Bild unten: Pfingstrosen-Tapete als Kunstwerk für die Wand

Minuten ziehen. Danach wird das Wasser durch ein Sieb in eine Tasse (vielleicht von Augarten mit Ro sendekor) gegossen und langsam getrunken. Neben den Blüten sind auch die Früchte der Rosen, die Ha gebutten, von Nutzen, denn sie sind außergewöhnlich reich an Vitamin C. Rosenblätter enthalten viele Gerbstoffe und ätherische Öle und werden deshalb in der Medizin bei schlecht heilenden Wun den, Nierenerkrankungen und als mildes Mittel gegen Durchfall empfohlen.

Aber wenden wir uns wieder den schönen Seiten des Lebens zu und erfreuen uns am Anblick dieser herrlichen Blumen – sei es nun als Gruß der Verliebten mit einer ein zelnen roten Blüte, als opulentes Rosenarrangement in der Vase, das eine dunkle Ecke strahlen lässt, als Blu mentopf mit Biedermeier-Röschen oder als treuer Rosenbusch im Garten, der uns jedes Jahr schon im Frühling mit seiner Blütenpracht über rascht. Sollten Sie nun auch Ihre Freude und Ihr Interesse an diesen unwiderstehlich schönen und vielfältigen Blumen entdeckt haben oder bereits ein Rosenfreund sein, dann empfehlen wir die dazu passende Lektüre. Für Gartenfreunde bietet das Buch „Rosen: Gestalten – Pflanzen – Pflegen“ von Gabriele Richter und Thomas Proll (Kosmos Verlag) Gestaltungsideen für kleine und große Gartenecken in Kombination mit Stauden, Gräsern und Hecken. Es enthält viele praktische An regungen und Tipps für die richtige Pflege und stellt von Bodendeckern über Strauch- und Edelrosen bis zu Kletterrosen mehr als 100 robuste Rosensorten vor.

Ein wunderschön gestaltetes Buch ist das umfassende Werk „Die Rose: Vom Zau ber einer Königin“ von David Austin (Kosmos Verlag), das neben herrli chen Bildern von Rosen alles Wissenswerte enthält. Es eignet sich nicht nur als Nachschlagewerk, son dern auch als Coffee Table Book, in das man zwischendurch gerne hinein schaut, um darin zu blättern – ein echter Augenschmaus für Rosenliebhaber!

Empfehlenswert ist auch DuMonts Bo tanisches Kabinett – ein Kalendarium mit den schönsten botanischen Rosenbildern der Welt. Text: Hannelore Lensing

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