Paracelsus Today

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Paracelsus Today Das Magazin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, Salzburg

NR. 1 I APRIL 2016 I € 3,–

Die Dosis macht das Gift Die Paracelsus Universität hat innovative Projekte gegen Polypharmazie. SEITEN 22–25

E-Magazin

Der Grandseigneur Heinrich Jacoby hat vier Jahrzehnte Arzneien auf die Reise geschickt. SEITEN 34–36

Forschung interessiert

Ein Kölner in Salzburg

Lange Nacht der Forschung lockt die Menschen. SEITE 6

Mario Prast und die Hingabe zur Qualität. SEITEN 14–15



Editorial

Der Qualität verpflichtet Die Entwicklungen in der medizinischen Wissenschaft sind rasant. Neue Behandlungsmethoden oder auch neue Medikamente sollen die Gesundung der Patienten unterstützen. Die Paracelsus Universität forscht im Thema Medikation und kann mit zwei innovativen Wegen aufwarten. Drei Institute arbeiten in enger Kooperation daran, den Patienten, in welchem Alter auch immer, eine höhere Sicherheit geben zu können. Lesen Sie darüber in diesem Heft. Qualität hat sich die Paracelsus Universität von Beginn an auf die Fahnen geheftet. Viele Aktivitäten unterstreichen dieses Streben, etwa eine berufsbegleitende didaktische Schulung der Lehrenden, ob sie aus dem Universitätsklinikum kommen, von Lehrkrankenhäusern oder von anderen Partnern in der Lehre. Zudem wurde ein Qualitätsmanager an die Uni bestellt, dessen klare Aussage lautet: „Qualitätsmanagement ist keine Komfortzone.“ Wir hoffen, dass wir mit diesen und anderen Geschichten, ob Neuigkeiten von den Alumni, vom zweiten Uni-Standort in Nürnberg oder dem Porträt eines namhaften Primars, Ihr Interesse treffen. Viel Vergnügen.

Ihr Dr. Gottfried Stienen Chefredakteur

Inhalt 4 Short Cuts. Neues aus der Uni. 6 Spotlight. Forschung ist attraktiv. 8 Focus On. Darmkrebs-Vorsorge rettet Leben. 12 Inside. Lehre kann immer besser sein. 14 Inside. Vom Leben eines Qualitätsmanagers. 16 Research. Musikmedizin als Abhilfe gegen Schlafstörungen. 18 Alumni. Norma Anwar: Zwischen Adnet, Pakistan und London. 20 Outside. Penicillin, die AntibiotikaWunderwaffe. 22 Research. Polypharmazie oder wie viele Medikamente sind verträglich? 26 Very Personal. Das Kind im Mittelpunkt seiner Arbeit: Wolfgang Sperl. 28 Body Check. Das Wichtigste über Morbus Crohn. 30 Inside. Ein steirischer Student der Paracelsus Universität forschte in Boston. 32 Update. Der lange Arm der WHO reicht bis nach Salzburg 34 Friends. Im zarten Alter von 18 Jahren im Ruhestand: Undenkbar oder? 38 Point of View. Die Paracelsus Uni in Nürnberg und der Blick voraus.

Impressum

Paracelsus Today ist das Magazin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg • Auflage: 34.000 Stück • Medieninhaber und Herausgeber: Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg Privatstiftung, Strubergasse 21, 5020 Salzburg, Tel. +43 (0)662/24200, www.pmu.ac.at • Verlag: Magazinmanagement und Verleger: Schoba & Partner GmbH, Friaulweg 4, 8010 Graz, www.schoba.at, Geschäftsführerin: Mag. Eva Schoba • Chefredakteur: Dr. Gottfried Stienen • Chefin vom Dienst: Sabine Ritzinger • Art-Direktor: Josef Wiedenig • Produktion: m4! Mediendienstleistungs GmbH & Co KG, Schönaugasse 64, 8010 Graz • Mitarbeiter/-innen dieser Ausgabe: Andreas Aichinger, Wolfgang Bauer, Sabine Ritzinger, Ilse Spadlinek, Dr. Gottfried Stienen, Dr. Annette Tuffs, Dr. Thomas Haas • Fotos: iStock, Salzburg Museum, SALK, wild&team fotoagentur gmbH, Klinikum Nürnberg/ Rudi Ott, WhyT.org-Photography, Fotolia, Benjamin Kurtz, shutterstock • Coverfoto: iStock • Herstellung: Druck Styria GmbH & Co KG • Alle Angaben ohne Gewähr. Haftung für Irrtümer und Änderungen ausgeschlossen. Satz- und Druckfehler sowie alle Rechte vorbehalten.

Paracelsus Today 1/2016

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Short Cuts

Das Klinikum Nürnberg stellte starke Jobs und das Humanmedizinstudium der PMU vor. Foto: Rudi Ott

Ausbildung & Studium im Klinikum Nürnberg

Im Rahmen eines Aktionstages informierten sich Ende Jänner 2016 mehrere Hundert Interessierte über die verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten am Klinikum Nürnberg und über das Studium der Humanmedizin am Nürnberger Standort der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität. Die Vielfalt der Ausbildungen reicht von der Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege über die Pflegefachhilfe (Krankenpflege), den Operationstechnischen Assistenten und Anästhesietechnischen Assistenten bis zur Medizinisch-technologischen Radiologie-Assistenz und den Medizinischen Fachangestellten. Erstmals konnten sich die Besucher auch über das Studium der Humanmedizin in Nürnberg informieren. Der Stand der Paracelsus Universität war stark frequentiert, die Lehrstuhlinhaber der Abteilungen Anatomie und Physiologie, Studienorganisation und Studierende standen als Ansprechpartner zur Verfügung. Als besonderes Highlight wurde ein Blick hinter die Kulissen gewährt: Führungen auf dem Helikopterlandeplatz mit Rundum-Blick über Nürnberg sorgten für Staunen. Eine anschließende Exkursion durch die Versorgungsgänge zeigte anschaulich, welche logistischen Prozesse im Hintergrund einer Großklinik notwendig sind und täglich abgewickelt werden müssen.

Besuchen Sie den Paracelsus Shop

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Die Paracelsus Universität hat seit vielen Jahren einen kleinen Shop mit schönen Merchandising-Produkten. Sie finden bei ihrem Besuch – übrigens auch online unter www.pmu.ac.at/ shop – vom hochwertigen Sweater in mehreren Farben und Kapuzenpullis, bis zu Polo-Shirts und T-Shirts für den bevorstehenden Sommer ausgewählte Produkte. Für einen festlicheren Anlass bietet sich eine Seidenkrawatte an, für regnerische Tage im Freien haben wir etwa eine hochwertige Funktionsjacke oder Regenschirme im Angebot. Greifen Sie zu.

Paracelsus-Statue findet neue Heimat

Am Nordeingang des Forschungsund Lehrgebäudes „Haus C“ der Paracelsus Universität in Salzburg ist nun die Skulptur ihres berühmten Namensgebers zu bewundern: Nach Zwischenstationen vor dem Halleiner Keltenmuseum und im Innenhof der Salzburger Residenz hat die Paracelsus-Statue des namhaften Bildhauers Josef Zenzmaier hier nun ihre endgültige Heimat gefunden. Die Bronzefigur gehört zur Sammlung des Salzburg Museums und wurde erst durch die Unterstützung einiger Unternehmen – unter anderem durch Zuwendungen der Paracelsus Universität und durch eine großzügige Spende ihres Sponsors Hansjörg Wyss – fertiggestellt. Die Figur des Gelehrten Paracelsus wurde dem Künstler zum Lebenswerk. Seit 1984 arbeitete Zenzmaier an der Bronze-Statue, die ursprünglich für die naturwissenschaftliche Fakultät in Salzburg-Freisaal konzipiert war. Zweimal war das Wachsmodell der überlebensgroßen Figur vor dem Guss abgebrannt. Foto:Salzburg Museum

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Short Cuts

10.000 Euro für herzkranke Kinder

Unter dem Motto „Herz über Kopf“ luden die Medizinstudierenden der Paracelsus Universität in Salzburg am 29. Jänner zum dritten Mal zum festlichen Ball ein, dieses Mal in den Stieglkeller. Organisiert wurde die Veranstaltung von den Studierenden des vierten Studienjahres und wieder sollte diese Benefizveranstaltung viel Geld erlösen. Mit den angehenden Ärztinnen und Ärzten feierten Freunde,

Die Medizinstudierenden instruierten die Bevölkerung in Erste-HilfeMaßnahmen.

Aktionstag „Hand aufs Herz“

Tanzen für einen guten Zweck: Der PMUBenefizball ermöglicht zwei herzkranken Kindern lebensrettende Operationen.

Eltern und Universitätsmitarbeiter bis in die frühen Morgenstunden und freuten sich über die zahlreichen und hochwertigen Preise der Tombola. Es war ein sehr gelungener Abend, bei dem Rektor Prof. Herbert Resch und andere Funktionsträger der Paracelsus Universität sowie des Salzburger Universitätsklinikums eifrig das Tanzbein schwangen. Der Ballerlös von 10.000 Euro kommt einem guten

Beim Aktionstag „Hand aufs Herz“ im Europark Salzburg am 12. Februar brachten Medizinstudierende der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität der Bevölkerung die Herzdruckmassage als lebensrettende Erste-Hilfe-Maßnahme näher. Das Projekt in Zusammenarbeit mit der Austrian Medical Students’ Association (AMSA) sollte interessierten Laien das Vertrauen in sich selbst vermitteln, um in Zukunft öfter, schneller und besser Erste Hilfe leisten zu können. In Österreich gibt es jährlich über 12.000 Fälle von plötzlichem Herztod – mit jeder Minute, in der keine adäquaten Maßnahmen ergriffen werden, sinken die Überlebenschancen rapide. Da viele Medizinstudierende der Paracelsus Universität auch als Rettungssanitäter tätig sind, mussten einige schon miterleben, wie zu spät oder nicht erfolgte Erste Hilfe zum Tod führte. Allerdings kamen sie auch immer wieder zu Situationen, in denen durch das frühzeitige Einschreiten von Passanten eine Reanimation erfolgreich war. Zweck zu – und zwar dem Herzverein, der sich für herzkranke Kinder in Bolivien engagiert. Aufgrund der Höhenlage weiter Landesteile ist das Risiko, mit einem Herzfehler auf die Welt zu kommen, in Bolivien doppelt so hoch wie in Europa. Jährlich trifft dieses Schicksal 2500 bis 3000 Kinder. Die Organisation ermöglicht lebensrettende Behandlungen oder Operationen.

Andreas Jungwirth von „Herzkinder Bolivien“ mit Medizinstudentin Johanna Webhofer und Rektor Herbert Resch (v.l.n.r.).

Alumni Club 20 1 6 Jahrestreffen in Salzburg am

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Spotlight

Lange Nacht der Forschung: Erleben und Begreifen mit allen Sinnen

Science Slgam Salzbur

Foto: WhyT.org-Photography

Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität nimmt regelmäßig an der Langen Nacht der Forschung, Österreichs größtem Forschungsevent, teil. Der medizinische Forschungspfad mit zahlreichen Mitmachstationen zieht immer eine große Zahl Interessierter aus Stadt und Land Salzburg an. 2014 stand die Forschungsnacht an der Paracelsus Universität unter dem Motto „Wie man Nerven, Sehnen und Knochen neu wachsen lassen kann“ und rückte Rückenmarksverletzungen, Erstversorgung, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation in den Fokus. Auch das Thema im April 2016, „Unser Gehirn – Kommandozentrale des Körpers“ sollte zum Erfahren, Erleben und Begreifen einladen: Unter anderem mit einer Zeitreise vom Ursprung der Hirnforschung bis zur modernen Neurologie und vom Gehirn des einzelligen Lebewesens bis zum hochentwickelten des Menschen. Fotos: fotolia, Paracelsus Uni/ wild&team •

PMU-Wissenschafterin am

Staatssekretär Harald Mahrer zu Besuch an der Paracelsus Universität Forschung und die Weiterentwicklung des Life ScienceSektors in Österreich sind für das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) zentrale Themenund Arbeitsbereiche. Foto: Paracelsus Uni / Ritzinger Und so besuchte Staatssekretär Harald Mahrer (rechts im Bild) im Februar die Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Salzburg, um sich ein Bild von deren Forschungsarbeit und Beitrag für den Wissenschaftsstandort Salzburg und den Forschungsstandort Österreich zu machen. Vor allem der Know-how- und Technologietransfer, die Innovationskraft der forschenden Institutionen und ihre Positionierung standen im Mittelpunkt der Gespräche. Neben Informationen zu den Forschungsaktivitäten an der Paracelsus Universität und ihrem Universitätsklinikum erhielt der Gast Einblicke in das Institut für Klinische Innovation, das Institut für Molekulare Regenerative Medizin und das GMP-Labor. •

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Cornelia Scharler schickte Zellen auf eine metaphorische Zeitreise.

Beim Science Slam Salzburg in der ARGEkultur am 26. Jänner 2016 präsentierten sechs Forscherinnen und Forscher ihre wissenschaftliche Arbeit auf kurzweilige und unterhaltsame Weise. Cornelia Scharler, Wissenschafterin am Institut für Experimentelle und Klinische Zelltherapie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg, schickte in ihrer Präsentation Zellen auf eine metaphorische Zeitreise. Sie zeigte sehr anschaulich, wie die aus adulten Körperzellen reprogrammierten pluripotenten Stammzellen zu jeder der verschiedenen Körperzellen differenzieren können. „Wir sollten uns nicht in den Labors verstecken, sondern den Leuten unsere Arbeit verständlich näher bringen“, erklärt sie ihre Teilnahme, Es sei jedoch herausfordernd gewesen, das eigene Thema auf die wichtigsten Punkte herunterzubrechen und so zu erklären, dass es jeder verstehen kann. •

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Focus On

vor

Nur ein kleiner Teil der Darmerkrankungen hat genetische Ursachen, die Mehrzahl ist auf Umweltund Lifestyle-Faktoren zur端ckzuf端hren.

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Focus On

Darmkrebs-Vorsorge rettet Leben. Gut, dass Koloskopien „sanfter“ sind als je zuvor. Doch auch die Ernährung ist keinesfalls „Wurst“. Autor: Andreas Aichinger . Foto: iStock

Keine Angst h c w s a r r z e e n Mamba d

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s ist das vielleicht beste Gefühl der Welt: Etwas geschafft zu haben, das man lange Zeit vor sich hergeschoben hat. Etwas, vor dem man Respekt, vielleicht sogar ein bisschen Angst gehabt hat. Ja, er schmeckt süß, so ein Sieg über sich selbst. Da spielt es am Ende fast schon keine Rolle mehr, wenn sich die Angst am Ende ohnedies als völlig unbegründet herausstellt. Die Sache mit der Darmkrebs-Vorsorge ist genau so ein Fall. Alte Geschichten aus der Urzeit der Darmspiegelung, die längst unbegründete Furcht vor Schmerzen und eine zwar allzu menschliche, aber brandgefährliche Kopf-in-den-Sand-Strategie können eine Mischung ergeben, die nicht nur Onkologen Bauchschmerzen bereitet. Und dann gibt es die Menschen, die „es“ schon getan haben. Dabei handelt es sich eigentlich um zwei Gruppen: Die eine, viel größere, die jetzt beruhigt schlafen und die Gründe für das eigene Zögern eigentlich kaum mehr nachvollziehen kann. Und dann eine zweite, die zwar viel kleiner, dafür aber umso glücklicher ist. Es sind Menschen, denen die Koloskopie das Le-

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ben gerettet hat. Menschen wie der Startenor Placido Domingo: Domingos Darmspiegelung. „An die Möglichkeit, an Darmkrebs zu erkranken, hatte ich nie gedacht. Ich hatte nie Schmerzen oder Beschwerden“, erzählte der Spanier vor wenigen Jahren in einem fast schon legendären TV-Spot der Österreichischen Krebshilfe. Und vor allem: „Die Darmspiegelung hat mein Leben gerettet.“ Die Vorgeschichte: Im Jahr 2010 war beim damals 69-Jährigen im Zuge einer Koloskopie ein Darmpolyp entdeckt worden, der zum Karzinom entartet war. Die gute Nachricht: Domingos Darmkrebs wurde noch rechtzeitig diagnostiziert, bereits drei Wochen nach der OP im New Yorker Mount Sinai Hospital konnte die Opernlegende wieder auf der Bühne stehen. Domingos eindringlicher Appell: „Wann waren Sie das letzte Mal bei der Koloskopie? Bitte keine Ausreden, machen Sie es einfach: Sie ist schmerzfrei und kann auch Ihr Leben retten. Gehen Sie hin: Aus Liebe zum Leben.“ Noch ein Promi-Beispiel: Der frühere US-Präsident Ronald Reagan wurde 1985 buchstäblich

in letzter Minute operiert. Doch auch er lebte danach noch fast zwei Jahrzehnte weiter. Die Deutsche Uschi Glas wiederum – im Film zuhause wie übrigens einst auch Reagan – hatte in einer Kampagne den perfekten Dreh raus, um selbst ängstliche Naturen zu unterstützen: „Wer seinen Partner liebt, schickt ihn zur Darmkrebs-Vorsorge.” 5000 Österreicher und Österreicherinnen in etwa sind es, die alljährlich an Darmkrebs erkranken. Da es keine oder kaum Beschwerden gibt, werden Diagnosen leider oft erst im fortgeschrittenen Stadium gestellt, rund 2500 Todesfälle pro Jahr sind zu beklagen. Bei den Männern ist Dickdarmkrebs die dritthäufigste Krebserkrankung nach Prostata- und Lungenkrebs, bei den Frauen die zweithäufigste nach Brustkrebs. Der vielleicht wichtigste Unterschied: Männer erkranken tendenziell in früheren Jahren als Frauen und sollten daher auch schon früher mit Vorsorgeuntersuchungen beginnen. Die gute Nachricht: Darmkrebs gehört zu den wenigen Krebserkrankungen, deren Entstehung man meist vermeiden

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Focus On kann. Und zwar, indem Darmpolypen entfernt werden, noch bevor sie – wie bei Placido Domingo – entarten. In den letzten acht Jahren konnten über 5000 Frühkarzinome beziehungsweise deren unmittelbare Vorstufen rechtzeitig entdeckt und endoskopisch entfernt werden. Noch eindrucksvoller sind die Zahlen aus den USA: Zwischen 1976 und 2009 dürften Vorsorge-Darmspiegelungen über eine halbe Million Dickdarmkrebsfälle verhindert haben, so die Schätzung. Daran ist also nicht zu rütteln: Die letztlich einzige sinnvolle Vorsorgemaßnahme ist die regelmäßige Durchführung einer Dickdarmspiegelung, also einer Koloskopie (korrekt eigentlich „Kolonoskopie“). Sanft dank Sedierung. Das Problem: Jede(r) Zweite über 50 hat sich noch nie zu einer Darmspiegelung durchringen können. Obwohl die Vorsorgekoloskopie seit 2005 in Österreich gesetzlich verankert ist, sind Einladungsaktionen zu Screenings – so wie bei der Mammografie auch – derzeit noch Wunschdenken. Der bei Gesundenuntersuchungen angebotene Okkulttest auf „verstecktes“ Blut im Stuhl wird indes bereits ab dem 40. Lebensjahr empfohlen. Er ist zwar einfach durchzuführen, kann aber oftmals falschpositive oder falsch-negative Resultate liefern. Wer sicher gehen will, kommt um eine Koloskopie letztlich nicht herum. Obwohl sie derzeit für Frauen und Männer ab dem 50. Lebensjahr empfohlen wird, sollten speziell Männer einige Jahre früher ran. Sie sind statistisch häufiger und vor allem in jüngeren Jahren betroffen. Kleiner Trost: Der Löwenanteil aller Darmspiegelungen wird längst „sanft“ durchgeführt. Erreicht wird das durch eine Sedierung vor der Untersuchung, die den Patienten in einen Dämmerschlaf versetzt und für Schmerzfreiheit sorgt. Im Vergleich zu einer Vollnarkose wacht man nach der Sedierung schnell wieder auf und kann rasch seinen gewohnten Alltag aufnehmen. Der riesige Vorteil der Koloskopie besteht in der Möglichkeit, Untersuchung

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und – falls notwendig – eine kleine präventive Intervention in einem einzigen Arbeitsgang durchzuführen. Das endoskopische Instrument dafür – von Insidern gerne auch „schwarze Mamba“ genannt – ermöglicht nämlich nicht nur einen genauen Blick auf die Darmschleimhaut, sondern auch die Abtragung von Polypen oder Adenomen. Untersuchungsmethoden wie die „virtuelle“ Dickdarmspiegelung via CT oder die „Sigmoidoskopie“, bei der nur der erste Dickdarmabschnitt untersucht wird, stellen wegen mangelnder Möglichkeit zur Polypenentfernung beziehungsweise diagnostischer Unsicherheit hingegen keine echten Alternativen dar. Die frühzeitige Entfernung von (meist noch) gutartigen Darmpolypen über eine Koloskopie jedoch ist quasi Diagnose, Therapie und Krebsvorsorge in einem. Und die wirksamste Methode zur Vermeidung von Darmkrebs, da über 90 Prozent aller Darmkrebserkrankungen durch Entartung von Polypen und Adenomen entstehen. Die Koloskopie sollte nach Absprache in Abständen von fünf bis zehn Jahren wiederholt werden. Ernährung & Risikofaktoren. Nur ein kleiner Teil der Krebserkrankungen hat genetische Ursachen, die überwiegende Mehrzahl ist auf Umwelt- und Lifestylefaktoren wie fett- und fleischreiche Ernährung, Bewegungsmangel, Rauchen und die üblichen Verdächtigen zurückzuführen. Zusätzliche Risikotreiber sind neben dem Alter und dem (männlichen) Geschlecht zudem Adipositas und Diabetes Typ 2, sowie selbstredend das Vorkommen von Darmpolypen. Gut ist hingegen eine ballaststoff- und faserreiche Kost, mit viel Obst und Gemüse sowie Vollkornprodukten und nur wenig Fleisch. Eine in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichten Studie,

an der Forscher aus China, Innsbruck und Salzburg mitgewirkt haben, kommt in diesem Zusammenhang zu einem eindeutigen Schluss: Der Verzehr von rotem Fleisch (Rind, Schwein) und speziell von verarbeitetem Fleisch (Wurstwaren) verändert die Darmflora und begünstigt so die Entstehung von Karzinomen. Vor allem bestimmte Bakterienspezies – in Summe etwa ein Dutzend – dürften dafür hauptverantwortlich sein. Und zwar indem sie die schützende Schleimschicht der Darmwand schädigen und eine regelrechte Entzündungskaskade in Gang setzen. Und die wiederum begünstigt die Entstehung von Krebs. Zukunftsmusik. Die Autoren der Studie – unter ihnen Christian Datz, Ärztlicher Leiter des Lehrkrankenhauses der Paracelsus Universität in Oberndorf und Vorstand der Abteilung für Innere Medizin – konnten auch den zugrundeliegenden Mechanismus aufzeigen: Das in rotem Fleisch enthaltene (Depot)Eisen ist eine wichtige Nahrungsquelle für die „kritischen“ Bakterien und ermöglicht so ihre rasche Vermehrung. Die Folge: Je mehr rotes Fleisch jemand isst, desto mehr der schädlichen Bakterien finden sich im Stuhl. Bereits 2013 hatte Datz in einem viel beachteten Vortrag entsprechende Vermutungen angestellt. Im Anschluss an die Veröffentlichung der Studie äußerte er gegenüber den Salzburger Nachrichten seine Zukunftshoffnung: „Langfristig könnte es möglich werden, aus der Zusammensetzung des Mikrobioms abzuleiten, ob jemand Vorstufen eines Dickdarmkarzinoms hat.“ Wird diese Hoffnung wahr, könnten Stuhlproben auf Risikokeime hin untersucht werden und so die Darmkrebsvorsorge noch einfacher machen. Bis dahin bleibt nur eines: die schwarze Mamba, die Leben schenkt. •

Koloskopie: Qualität zählt Österreichweit gibt es 217 (Stand 2015) Untersuchungsstellen bei niedergelassenen Ärzten und Spitälern, die eine qualitätsgesicherte Vorsorgekoloskopie – dokumentiert durch ein „Qualitätszertifikat Darmkrebsvorsorge“ – anbieten. Dieses Zertifikat wird nur an Stellen vergeben, die mindestens 100 Koloskopien jährlich durchführen und strenge Hygienerichtlinien einhalten. Die vollständige Liste finden Sie auf www.oeggh.at.

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Focus On

Das Team der Zürcher Kantonalbank Österreich AG.

Gemeinsamkeiten verbinden Die Verbindung zur Paracelsus Universität ist getragen von beiderseitigem Respekt und dem Anspruch, Besonderes leisten zu wollen.

Als Tochterunternehmen der Zürcher Kantonalbank, Zürich, ist unsere Geschäftspolitik auf Nachhaltigkeit und Sicherheit und damit letztendlich auch auf eine höhere Lebensqualität unserer Kunden ausgerichtet. Die Investition in die Gesundheitsvorsorge, Ausbildung und Förderung junger Ärzte liegt uns sehr am Herzen. Daher tritt die Zürcher Kantonalbank Österreich AG als langjähriger und überzeugter Förderer der Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Salzburg auf und unterstützt so gerne den gemeinsamen Anspruch: Besonderes leisten zu wollen.

Salzburg Getreidegasse 10 Horst Dick Tel: +43 662 8048-0 horst.dick@zkb-oe.at www.zkb-oe.at

Wien Hegelgasse 6 Silvia Richter Tel: +43 1 5128 100-0 silvia.richter@zkb-oe.at


Inside

Die Teilnehmer erproben zum Teil selbst entwickelte Lehrmethoden und erleben so aktives Lernen sowohl in der Rolle des Lerners wie auch des Lehrenden.

Im Namen der Lehre Innovative und ansprechende Lehrmethoden anstatt Frontalunterricht: Der berufsbegleitende Lehrgang Medizindidaktik der Paracelsus Universität bereitet Mediziner und Pflegende wissenschaftlich fundiert und mit kreativen Ansätzen auf ihre Lehrtätigkeit vor. Autorin: Sabine Ritzinger . Fotos: Paracelsus Uni/Ritzinger

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eder ehemalige Student kennt es aus eigener Erfahrung: Selbst wenn ein Fach und eine Lehrveranstaltung thematisch hochgradig interessant zu sein scheinen, hängen Faszination und Merkfähigkeit des Lernstoffs von der Vermittlung durch den Lehrenden ab. Schafft es dieser, die Studierenden mit eigener Begeisterung, interessanter Aufbereitung und ungewöhnlichen Lehrmethoden zu fesseln, ist das Lernen und Merken der Inhalte schon fast ein Selbstläufer. Herausforderung Wissenstransfer. Besonders in der Medizin haben Forschung und Entwicklung einen enormen Zuwachs an Wissen und Erkenntnissen zur Folge. Aus diesem Grund kommt den Medizinern in ihrer Rolle als Lehrende von theoretischem Wissen und praktischem Know-how eine besonders wichtige Rolle zu. Der Transfer von abrufbarem Wissen über die Anwendung in der gelernten Situation bis hin zur Übertragung auf den beruflichen Alltag stellt das höchste Niveau der Lehre und eine herausfordernde Aufgabe dar.

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Der berufsbegleitende Lehrgang Medizindidaktik der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität will neue Perspektiven in der Lehre aufzeigen. Das innovative Konzept von Lehrgangsleiterin Sabine Revers beruht auf aktuellsten wissenschaftlichen Theorien und Erkenntnissen der Erziehungswissenschaft und ist für in der medizinischen Lehre tätige Mitarbeiter von Paracelsus Universität, deren Universitätsklinikum und Lehrkrankenhäuser sowie der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg konzipiert. Aber auch externe im medizinische Bereich Lehrende und Personen, die das Zertifikat für ihre Habilitationen benötigen, können daran teilnehmen. Die eigene Lehrpersönlichkeit entdecken. Inhaltlich geht es im Lehrgang um den Aufbau einer Lehrveranstaltung. Dabei sollen die Lehr- und Lernaktivitäten so geplant und aufgebaut werden, dass sie den Lernzielen und den Rahmenbedingungen, die durch Uni, Curriculum und klinischen Alltag vorgegeben sind, entsprechen. Das Ziel lautet: „Ich

finde meine eigene Lehrpersönlichkeit“. Unter dieser Prämisse erstellt jeder Teilnehmer ein Lehrkonzept. In den vier Modulen „Allgemeine Einführung und Unterrichtsplanung“, „Prüfungsformen und -modalität“, „Rhethorik und Lernen im Team“ sowie „Präsentationstechniken und Präsentation der Lehrkonzepte“ helfen Lehr- und Lerntheorien dabei, den universitätseigenen und eigenen

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Inside

Die Tenzelplastik zur Lidkonstruktion war Thema eines der Teilnehmenden: Eine Stoffzwiebel diente als Übungs- und Anschauungsmodell.

„Spirit“ in der Lehre zu erfahren und selbst umzusetzen. Doch neben aller medizindidaktischen Theorie geht es immer darum, den zu vermittelnden Stoff individuell aufzubereiten und fesselnd zu vermitteln. Das geschieht dann schon mal mit ungewöhnlichen Methoden: Da wird die Stoffzwiebel vom Kuschelobjekt zum

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Modell für Tenzelplastiken bei der Lidkonstruktion oder das Thema „Keimfreiheit nach Händedesinfektion“ am Praxistest demonstriert. Erlaubt ist, was gefällt und der Wissensvermittlung dienlich ist, auch das eine oder andere Rollenspiel und selbst gedrehte Videos zum eigenen Thema. Im interdisziplinären Austausch mit den Kollegen kommt es zu inhaltlichen Absprachen, werden Lehrveranstaltungen vernetzt, Tipps eingeholt und Ideen übernommen – ein lebendiger Austausch mit gegenseitiger Inspiration. Im Rhetorik- und Videotraining geht es um die Außenwahrnehmung. Die Lehrgangsteilnehmer wenden dabei Gelerntes an, erfahren sich in ihrer Rolle als Lehrperson und können diese oft auch maßgeblich verändern. Das eigene Lehrkonzept. Das Gelernte und Erfahrene münden schließlich in der Entwicklung eines eigenen Lehrkonzepts und dessen Präsentation vor der Gruppe. Lehrgangsleiterin Sabine Revers und eine Mitarbeiterin evaluieren dieses und vertiefen das Erarbeitete – gemeinsam mit den anderen Teilneh-

mern – mit Anmerkungen und Anregungen. Soziale Interaktion in Gruppen, selbstorientiertes Lernen und die Anwendung neuer Medien sowie Präsentationsmethoden in der Lehre so zu reflektieren und zu verknüpfen, dass die Studierenden komplexe Inhalte rasch und einprägsam erfassen – das ist ein hartes Stück Arbeit. Die Belohnung dafür sind interessierte und motivierte junge Menschen, die den Lernstoff rasch und gerne aufnehmen – und auch persönlich davon profitieren. •

Die Lehrgangsteilnehmer erfahren nicht nur theoretisch untermauerte, innovative Lehrmethoden, sie profitieren auch von der interdisziplinären Zusammensetzung und der Dynamik in der Gruppe.“ Mag. Sabine Revers, Leiterin des Lehrgangs Medizindidaktik

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Inside

Für die Paracelsus Universität als private Universität ist hohe Qualität in Lehre und Forschung Verpflichtung – Partner und Studierende bezahlen schließlich dafür. Qualitätsmanager Mario Prast, der die Stabstelle leitet, ist überzeugt: Qualitätsmanagement ist keine Komfortzone! Autorin: Ilse Spadlinek . Fotos: Paracelsus Uni/wild+team

Sisyphos oder die Lust, noch besser zu werden

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anchmal empfiehlt es sich, bei der Definition eines Wortes – selbst wenn man es fast täglich in den Mund nimmt – genauer nachzulesen: „Qualität“ ist so ein Begriff. Und um es gleich vorwegzunehmen, in Wikipedia wird er eher umständlich und kompliziert erklärt. Mario Prast, seit Ende 2014 zuständig für Qualitätsmanagement an der Paracelsus Universität, hat eine Definition parat, die mehr überzeugt (das Copyright liegt bei einem geschätzten Kollegen): „Qualität ist ein multifaktorielles Maß für die Erfüllung von Erwartungshaltungen“. Das trifft es ziemlich gut, meint der Qualitätsmanager und hat schon einmal die erste halbe Stunde einer Vorlesung gefüllt, wenn er den Studierenden diese Definitionsfrage stellt. Worin besteht nun der Unterschied des Qualitätsmanagements in einem Produktions-, Dienstleistungs- oder Gewerbebetrieb zu jenem an einer Universität? Mario Prast verweist zunächst auf den

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so genannten PDCA-Zyklus im Projektmanagement: Plan, Do, Check, Act - das einfache Modell eines Regelkreislaufs, Grundlage jedes Qualitätsmanagements. „In einem Spital liegt der Schwerpunkt stark auf dem Do, weil jede Handlung, beispielsweise, wie eine Infusion verabreicht wird, genau festgeschriebene

Wer weiß … dass der Begriff „Qualität“ aus dem lateinischen qualitas (Beschaffenheit, Eigenschaft, Merkmal) zunächst in der Heilkunde, im Rahmen der Temperamentenlehre, benutzt wurde, die wiederum auf den griechischen Arzt Hippokrates zurückgeht? Es ist eine schöne Vorstellung, dass der Qualitätsbegriff in der Heilkunde wurzelt!

Standards hat. Das funktioniert an einer Universität gar nicht – Stichwort Freiheit der Lehre und der Forschung. Beim Qualitätsmanagement an einer Hochschule geht es mehr um Werte und Reflektion. Das Plan gibt einer Organisation immer die Ziele, den Werterahmen vor, an dem man sich orientieren will. Bei uns liegt der Schwerpunkt zurzeit auf dem Check, weil es für die Universität jetzt wichtig ist, zu reflektieren: Wo stehen wir, erreichen wir unsere Ziele und sind diese Ziele überhaupt richtig gewählt? Denn die Universität ist rasant gewachsen, es gibt viele neue Ideen und alte Strukturen könnten überholt sein.“ Um das festzustellen, wurde unter anderem ein jährlicher Qualitätsbericht für Studiengänge, Fachbereiche, Institute und Verwaltungsabteilungen eingeführt, der in einen entsprechenden Zielvereinbarungsprozess übergeht. Klingt gut, klingt trocken – aber weil ja eine Universität keine Schraubenfabrik ist: Können diese so verschiedenen Betriebsein-

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Inside

Plan, Do, Check, Act – Mario Prast kennt den Regelkreislauf des Qualitätsmanagements auch von seiner Tätigkeit als Rettungssanitäter.

heiten überhaupt auf einen Nenner gebracht werden? „Die Perspektivenvielfalt in der Universität ist unglaublich“, bestätigt Mario Prast. „Qualität kann man nur messen, wenn man weiß, woran man messen möchte – und das ist oft schwierig, weil man es mit so vielen unterschiedlichen Interessen und Erwartungshaltungen zu tun hat. Es sind ja nicht nur die internen Stakeholder, die schon sehr unterschiedlich sind, es ist auch das Umfeld: das Universitätsklinikum mit seinen Erwartungen, das Land Salzburg, der Auftrag, gut ausgebildete Arbeitskräfte des Gesundheitswesens auf den Markt zu entlassen. Es ist auch eine der Hauptaufgaben des Qualitätsmanagements, hier entsprechende Schnittstellen zu schaffen.“

der, so nennen wir Qualitätsmanager jene Gruppen von Leuten, mit denen wir es zu tun haben, in alle Abläufe einzubinden, um die auch richtig gestalten zu können. Damit sind wir dann wieder beim Do. Es muss klar sein, wer wann was in welcher Form von wem an wen übergibt. Das ist die große Herausforderung, das Thema schlechthin. Nach der Zeit der Pioniere haben wir es mit einer größeren Menge an ‚Siedlern’ zu tun, die nicht mehr aufbauen, sondern die dazukommen und ihre eigenen Vorstellungen haben. Die Universität hat also auch organisatorisch erkennen müssen, dass man jemanden braucht, der sich um Abläufe kümmert, weil die Struktur aus sich heraus das nicht mehr bewerkstelligen kann.“

Und dazu bedarf es extern wie intern vor allem der richtigen Kommunikation. In der Universität sieht sich Mario Prast momentan vor allem als Berater, der mit den Leuten redet. Hier geht es darum, betont er, „die verschiedenen Stakehol-

Und wie wird ein studierter Biologe, dessen Spezialgebiet anfänglich die mikrobielle Ökologie war, HochschulQualitätsmanager? Dafür gibt es nämlich noch keine eigene Ausbildung, obwohl das Thema in der Hochschulforschung

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immer mehr an Bedeutung gewinnt: „Die reine Wissenschaftslaufbahn wollte ich nicht mehr, so habe ich mir nach dem Studium ganz bewusst Stellen gesucht, die trotzdem im Umfeld von Wissenschaft und Forschung liegen“, sagt der gebürtige Kölner, der seit gut zehn Jahren in Österreich lebt und arbeitet. Wie andere seiner Hochschul-Kollegen ist er ins Forschungs- und Organisationsmanagement eingestiegen, weil ihm das liegt, und er gerne auf Menschen zugeht – übrigens auch umgekehrt: „Ich bin sehr gut aufgenommen worden, das ist nicht selbstverständlich. An der Paracelsus Universität besteht Offenheit gegenüber dem Thema ‚Qualitätsmanagement’, aber man muss immer behutsam vorgehen und kann nicht mit einem Qualitätshandbuch wie mit der Dampfwalze über alle und alles drüberfahren. Damit tut man sich und der Sache nichts Gutes.“ Und die Lust, besser oder/und klüger zu werden, ist da. Wie seinerzeit Sisyphos, der mit Weisheit und List sogar die Götter ärgerte. •

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Research

Schlaf gut!

Schlafstörungen haben dramatische Auswirkungen auf das Abwehrsystem, den Stoffwechsel und das Gehirn. Im Forschungsprogramm Musikmedizin der Paracelsus Universität geht Vera Brandes der positiven Wirkung von Musiktherapie auf die Gehirn-, Nervenund Herzfunktionen auf den Grund. Autorin: Sabine Ritzinger Foto: Fotolia

ändern. Musikmedizin synchronisiert mit ihren Klängen, Tonfrequenzen und Rhythmen quasi die innere Uhr, also den inneren Rhythmus des Menschen. Dabei würden Gehirnaktivität, Atmung, Herzschlag und Blutdruck harmonisch besser miteinander korrespondieren.

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n Österreich leidet fast jeder Zweite an Schlafstörungen, auch Kinder und Jugendliche sind immer öfter davon betroffen. Die Folgen des Schlafmangels sind massive Störungen der körperlichen und geistigen Aktivität wie Tagesmüdigkeit, Kopfschmerzen, Reizbarkeit und Konzentrationsstörungen. Mit der Zeit können sich auch ernsthafte Krankheiten ausbilden: Depressionen, Angstzustände, Herzrhythmusstörungen und Veränderungen der Persönlichkeit. Zudem erhöht sich das Unfallrisiko im Straßenverkehr und am Arbeitsplatz.

Musik als Medizin. Anlässlich des WeltSchlaf-Tages am 18. März 2016 lud Vera Brandes, Leiterin des Forschungsprogramms Musikmedizin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, gemeinsam mit Experten zum Pressegespräch. Laut Brandes kann Musiktherapie bei Schlafstörungen Abhilfe schaffen. Insbesondere in den vergangenen 20 Jah-

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Im Volksmund heißt es, zu wenig Schlaf mache krank, dick und dumm. Wie so häufig besitzt auch diese Binsenweisheit einen wahren Kern.“ Dr. Heidemarie Abrahamian, Präsidentin der Gesellschaft für psychosomatische Medizin

ren sei der positive Effekt von Musik auf den menschlichen Körper in zahlreichen Studien nachgewiesen worden. In ihren Forschungen untersucht sie die Wirkung speziell komponierter und eigens produzierter Musik auf Schlafende. „Das passive Hören während der nächtlichen Ruhephase fördert das vegetative und hormonelle Gleichgewicht und stärkt das Immunsystem“, betont die Expertin. Damit würden sich grundlegende Körperfunktionen ver-

Fehlende Nachtruhe ist fatal. „Wenn wir nicht schlafen, hat dies dramatische Auswirkungen auf das Abwehrsystem, den Stoffwechsel und das Gehirn“, betont auch Heidemarie Abrahamian, Präsidentin der Gesellschaft für psychosomatische Medizin. Während der Nachtruhe erhöht sich die Zahl der natürlichen Abwehrzellen und deren Aktivität, um Bakterien und Viren zu bekämpfen. Im Wachzustand dagegen wird mehr Cortisol freigesetzt, das quasi für eine Blockade des Immunsystems sorgt. Überdies vermindert Schlafmangel den Blutpegel des Hormons Leptin, das das Auftreten von Hungergefühlen hemmt, und erhöht den Spiegel des appetitanregenden Hormons Ghrelin. Laut Schlaf-Experte Günther Amann-Jennson gibt es insgesamt mehr als 100 Formen von Schlafstörungen, die Mitursache von Zivilisationskrankheiten wie Krebs, Alzheimer oder Diabetes sein können. Von herkömmlichen Schlafmitteln raten die Experten ab, da diese lediglich die Symptome lindern würden, ohne die Wurzeln des Problems zu bekämpfen. •

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Von Mathe bis Urdu

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ie ist unglaublich interessiert, sehr darauf bedacht, ins Detail zu gehen. Norma gibt nicht auf, bis sie diese Detailtiefe erreicht hat. Sie ist eine unglaublich gewissenhafte, selbständige und clevere Frau.“ Doch wer ist die Medizin-Alumna, der Markus Paulmichl so viele Rosen streut? Norma Anwar erblickte im Juni 1990 das Licht der Welt. Ihre Wiege stand im schönen Adnet, der Heimatgemeinde ihrer Mutter. Ihr Vater, ein früherer Oberarzt an der Universitätsklinik für Psychiatrie der Christian-Doppler-Klinik, hatte hingegen pakistanische Wurzeln. Anwar: „Ich bin also mit den Einflüssen aus zwei Kulturen und Religionen aufgewachsen, was eine wunderbare Bereicherung für mein Leben darstellt.“ Während des Gymnasiums in Hallein legt die Schülerin ein ganz besonderes Talent für Mathematik an den Tag und spielt in einer Theatergruppe. 2009 beginnt sie ihr Medizinstudium an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität. „Die beworbene Internationalität und die patientennahe Ausbildung haben mich sofort angesprochen“, rekapituliert Anwar. Ein Highlight ihres Studiums seien im Rückblick vor allem auch die Auslandsfamulaturen im fünften Studienjahr gewesen. Und die erzählen eine Geschichte für sich: Bereichernd und berührend. Einen Monat hat die heute 25-Jährige in Tansania verbracht und in einem kleinen Krankenhaus am Victoriasee auf der Geburtenstation gearbeitet. Das sei eine „unglaublich

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bereichernde und berührende Erfahrung“ gewesen, aber oft auch schwierig zu verdauen. Frühgeborene hätten beispielsweise mangels medizinischen Equipments und Know-hows kaum eine Überlebenschance gehabt. Für ein in der 24. Schwangerschaftswoche geborenes Frühchen etwa blieb nur noch eines zu tun: Es in die Arme seiner Mutter zu legen. Und diese aufzufordern, das Baby zu halten, bis es aufhört zu atmen. Anwar: „Das ist natürlich eine furchtbare Erfahrung für eine junge Mutter und ein einschneidendes Erlebnis für eine angehende Ärztin. Ich habe viel mit der jungen Frau gesprochen und wir sind nach wie vor in Kon-

Für die EMA zu arbeiten, ist eine unglaubliche Möglichkeit, die mir neue Türen öffnet.“ Norma Anwar

takt. Wir sind Freunde geworden.“ Eine weitere Famulatur führte die Salzburgerin in die Geburtsstadt ihres Vaters, das pakistanische Lahore, wo noch immer ein großer Teil seiner Familie lebt. In der kardiologischen Station war sie damals „sehr beeindruckt vom Wissen und Können“ der Ärzte gewesen, speziell von ihren Diagnose-Fähigkeiten: „Sie konnten so viel über den Patienten und seine Krankheit sagen, nur durch die Untersuchung mit ihren Händen und Stethoskopen.“

Norma Anwar lernt, forscht und arbeitet bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur. Und das ist zwar ein Sonderfall, aber kein Zufall. Autor: Andreas Aichinger . Foto: privat

Das Kleingedruckte. Das Forschungstrimester hatte Anwar schon zuvor am Institut für Pharmakologie und Toxikologie bei Markus Paulmichl absolviert. Und dabei die Beipackzettel von 1607 in Österreich zugelassenen Arzneimitteln auf Informationen zu pharmakogenomischen Biomarkern hin untersucht. Eine Premiere, bestätigt Norma Anwar: „Meine Arbeit war die erste zu diesem Thema in Österreich.“ Dieses auch im Rahmen der Diplomarbeit vertiefte Wissen („Pharmacogenomic-relevant information in labels of drugs registered in Austria“) ebnet ihr nach dem erfolgreichen Studienabschluss im März 2015 den Weg zur Europäischen Arzneimittel-Agentur (European Medicines Agency, kurz EMA) in London. Seit 1. Oktober ist die Paracelsus-Alumna jetzt bei dieser EU-Agentur als „National Expert on Secondment“ beschäftigt. Und zwar seines Wissens nach als einzige österreichische Absolventin einer Medizin-Uni, wie Institutsvorstand Paulmichl nicht ohne Stolz unterstreicht. Mentor Paulmichl und Vizerektorin Eva Rohde waren es übrigens auch gewesen, die eine Anstellung am Universitätsklinikum und in der Folge das „Secondment“ (eine vorübergehende Personalüberlassung) überhaupt erst ermöglicht haben. Derzeit arbeitet Anwar an einem Projekt zu Arzneimittel-Fachinformationen (Summaries of product characteristics, SmPCs) zentral zugelassener Arzneimittel, die ein wichtiges Instrument zur Informationsübermittlung darstellen. Anwars EMA-Zwischenbilanz:

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Alumni

Ihr Forschungstrimester am Institut für Pharmakologie und Toxikologie bereitete Norma Anwar auf die Arbeit bei der Europäischen Arneimittelagentur bestens vor.

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Vielseitig interessiert. „Für die EMA zu arbeiten, ist eine unglaubliche Möglichkeit, die mir neue Türen öffnet. Es ist eine riesengroße Bereicherung, hautnah zu erleben, wie die Regulation der Arzneimittelzulassungen vonstatten geht. Und wie dieses EU-Organ im Detail funktioniert.“ Die Möglichkeit, Treffen der großen EMA-Komitees und einen Französisch-Sprachkurs zu besuchen, tragen ebenfalls zur Zufriedenheit der jungen Ärztin bei. Und weil wir schon bei den Sprachen sind: In ihrer Freizeit absolviert die begeisterte „Leseratte“ und Pianistin auch einen Sprachkurs für Urdu, die Muttersprache ihres Vaters, die sie „leider nie richtig erlernt“ hat. Darüber hinaus interessiert sich Anwar, die sich selbst mit Adjektiven wie ernsthaft, tiefgründig, verantwortungsvoll, kritisch oder perfektionistisch beschreibt, auch für Kultur, speziell für Theater und Film. Und für Yoga, um die „Verspannungen, die der Alltag mit sich bringt“ zu lösen. Wie es nach dem Jahr in London weitergehen wird, ist sie sich noch nicht im Klaren. Anwar: „Höchstwahrscheinlich werde ich erst einmal nach Österreich zurückgehen und die neun Monate Common Trunk (Anm.: der erste Teil des „Turnus neu“) absolvieren. Und dann eventuell mit der Ausbildung zur Internistin beginnen.“ Nur eines ist schon jetzt fix: „Ich liebe Herausforderungen und arbeite mit Lust, Zielstrebigkeit und Genauigkeit.“ •

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Outside

Der englische Patient Vor 75 Jahren wurde Penicillin erstmals am Menschen erprobt. Doch es gab ein Problem. Autor: Andreas Aichinger . Foto: shutterstock

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eit dem Spätsommer 1940 tobt Hitlers Luftkrieg über England. Albert Alexander ahnt nicht, dass er eines der über 40.000 Todesopfer dieser Angriffe werden wird. Dabei überlebt der nach Southampton abkommandierte Polizist eigentlich die Explosion einer Bombe in einer Polizeistation. Was aber danach geschieht, macht den damals 43-Jährigen zu einer tragischen Figur der Medizingeschichte: Die beim Luftangriff erlittenen Verletzun-

gen werden durch eine bakterielle Infektion zur tödlichen Bedrohung. (Die Version der Geschichte, wonach sich Alexander beim Rosenschneiden im Mundbereich verletzt haben soll, wird hingegen angezweifelt.) Bald landet der übel zugerichtete Polizist im ältesten Krankenhaus Oxfords, wo er am 12. Februar 1941 als erster Mensch überhaupt mit Penicillin behandelt wird. Anfangs mit durchschlagendem Erfolg: Das Fieber geht zurück, der Allgemeinzustand bessert sich rasch.

Doch es gibt zu wenig Penicillin. Obwohl eine „P-Patrol“ (sprich: „pee patrol“) versucht, seinen Urin rasch ins Labor zu bringen und Penicillin zur neuerlichen Verwendung zu extrahieren, stirbt Albert Alexander am 15. März 1941. Die Vorgeschichte kennt heute fast jedes Kind: Im September 1928 hatte der schottische Bakteriologe Alexander Fleming nach der Rückkehr in sein Labor überrascht festgestellt, dass einer

Beidseitig. Vielseitig.

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M o b i s F r : 9 . 0 0 – 1 9 . 0 0 U h r, S a : 9 . 0 0 – 1 8


Outside Die Entdeckung des Antibiotikums Penicillin geht auf einen 1928 ungeplant verlaufenden Laborversuch des Schotten Alexander Fleming zurück.

seiner Bakterienkulturen der Garaus gemacht worden war. Und zwar offenbar von Schimmelpilzen der Gattung Penicillium, also von Pinselschimmel. Allerdings unternahm Fleming in der Folge keine Versuche, Penicillin zu Heilzwecken einzusetzen, seine Arbeit wurde zudem nur wenig beachtet. Erst der australische Pathologe Howard Walter Florey und der vor den Deutschen geflohene Chemiker Ernst Boris Chain machten aus Flemings brach liegendem Fund in har-

ter Arbeit eine medizinische Revolution: Chain und Florey gelang es, Penicillin zu stabilisieren und seine Wirksamkeit gegen bestimmte bakterielle Infektionen an Labormäusen nachzuweisen. Auch der knapp gescheiterte Versuch, mit Albert Alexander erstmals einen Menschen zu retten, ging auf das Konto von Florey und Chain. 1945 wurde das Duo gemeinsam mit Fleming mit dem Nobelpreis geehrt. Heute ist die Antibiotika-Wunderwaffe, die Millionen Menschen das Leben gerettet hat, trotz zahlreicher Weiterentwicklungen zusehends stumpf geworden. Der eigenmächtige Abbruch einer Therapie durch Patienten, der unkritische Einsatz durch manche Ärzte und nicht zuletzt der verantwortungslose

Gebrauch in der Tierzucht sind dafür verantwortlich. Da sich Bakterien aber bekanntlich anpassen und Resistenzen entwickeln, könnte man die Sache auch so sehen: Antibiotika kämpfen gegen den mächtigsten Feind überhaupt – die Evolution selbst. Wer hier sein Pulver leichtfertig verschießt, verliert. Gelingt jedoch die dringend notwendige Trendumkehr, so könnte vielleicht schon bald guten Gewissens abermals ein 75. PenicillinGeburtstag gefeiert werden. Und zwar 2017. Hintergrund: Im März 1942 wurde eine extrem hoch fiebernde Patientin namens Anne Sheafe Miller mit der damals noch immer experimentellen Arznei behandelt. Sie war der erste Mensch, dessen Leben tatsächlich dank Penicillin gerettet werden konnte. Miller wurde 90 Jahre alt. •

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Mit Genetik & Gemeinsamkeit Gerade alte Menschen bekommen oft zu viele Medikamente. Zwei innovative Projekte der Paracelsus Universit채t wollen unerw체nschte Nebenwirkungen einbremsen. Autor: Andreas Aichinger . Fotos: Paracelsus Uni/wild+team, shutterstock, Ritzinger, Benjamin Kurtz Photography

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Research

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ie Patientin wird mit Ramipril, HCT und Amlodipin in den Blutdruck-Zielbereich therapiert, bekommt wegen ihres Stents nach Infarkt Clopidogrel, ASS, Metoprolol, Simvastatin und Ezetimib, ihr Diabetes mellitus Typ 2 wird mit Metformin, Glimepirid und Pioglitazon in seine Schranken verwiesen, nicht zu vergessen der Magenschutz mit Pantoprazol und die MCP-Tropfen gegen permanente Übelkeit. Zur Nacht benötigt sie Zolpidem, und Citalopram hellt ihre negative Grundstimmung auf.“ Guten Appetit. Und kein Zweifel: Wenn eine Medikation auf einem Arztbrief wie im geschilderten Extrembeispiel einmal derart epische Ausmaße angenommen hat, dann gibt es ein Problem. Ein Problem, das naturgemäß ältere Menschen mit mehreren, oftmals chronischen Erkrankungen in besonderem Ausmaß betrifft. Rund eine halbe Million Österreicherinnen und Österreicher über 60 Jahre erhalten mehr als fünf Medikamente, schätzt man bei der Salzburger Gebietskrankenkasse. Die parallele Einnahme von fünf Medikamenten gilt als Richtwert, ab dem gerne schon von „Polypharmazie“ gesprochen wird. Der springende Punkt: Bei fünf oder mehr Medikamenten ist die Interaktion der verschiedenen Substanzen kaum mehr vorherzusagen. Auch Markus Paulmichl ist mit dem Problem bestens vertraut. Ein Kollege aus Rotterdam hätte gar von einem Patienten mit sage und schreibe 44 Medikamenten berichtet, berichtet der Vorstand des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der Paracelsus Universität. Das sei zwar

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ebenfalls ein Extrembeispiel, das Problem würde aber angesichts einer immer älter werdenden Bevölkerung tatsächlich größer. Markus Paulmichl freut sich natürlich über die steigende Lebenserwartung. Aber: „Damit häufen sich natürlich die entsprechenden Krankheiten. Und die müssen therapiert werden. Eine Polypharmazie im Alter ist da fast unvermeidbar.“ Daher sei es umso wichtiger, eine allenfalls unvermeidliche Medikation so zu optimieren, dass „dem Patienten dabei kein Schaden entsteht“. Und genau für diese Optimierung hat Paulmichl eine Lösung auf der Höhe der Zeit entwickelt: Einen innovativen Gentest. Seit dem Jahr 2010 forscht der Professor in Salzburg auch auf dem Gebiet der Pharmakogenetik, die sich mit dem Einfluss der Genetik auf die Wirkungen von Arzneimitteln beschäftigt. Etwa 0,6 Prozent der österreichischen Bevölkerung entwickelt unerwünschte Arzneimittelwirkungen, schätzt man in Paulmichls „Zentrum für Pharmakogenetik und Pharmakogenomik“, etwa zehn Prozent davon sogar mit tödlichem Ausgang. Meist sind genetische Defekte dafür verantwortlich, dass ein Medikament nicht wie geplant im Körper abgebaut und ausgeschieden werden kann. Neben den individuellen menschlichen Schicksalen sind dabei auch die volkswirtschaftlichen Kosten beträchtlich. Anhand von Daten aus den USA werden die vermeidbaren Mehrkosten für Österreich auf rund 900 Millionen Euro pro Jahr beziffert. Paulmichls Alternativszenario: „Wenn man diese 900 Millionen Euro in die Analytik investieren würde, müsste kein Patient mehr leiden.“

Mit der höheren Anzahl von Medikamenten steigt auch das Risiko für Wechselwirkungen und unerwünschte Wirkungen.“

Univ.-Prof. Dr. Maria Flamm, Vorständin des Instituts für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin

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Research

Unser Test ist eine gute Grundlage, um Medikationen ein Leben lang abstimmen zu können.“ Univ.-Prof. Dr. Markus Paulmichl, Vorstand des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie

Und genau diese hochentwickelte Analytik bietet die genetische Untersuchung des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie tatsächlich an: 158 pharmakogenetisch relevante Mutationen werden derzeit dabei berücksichtigt. „Das hilft uns natürlich sehr, die Verschreibung zu präzisieren und zu schärfen.“ Wird beim Gentest beispielsweise entdeckt, dass ein bestimmtes Enzym einen genetischen Defekt aufweist, so kann bei der Medikamentenauswahl gezielt darauf Rücksicht genommen werden. Und mit einer Umstellung – etwa von einem Cholesterin-Senker auf einen anderen – ein drohendes Gesundheitsrisiko aufgehalten werden. Personalisiert gegen Polypharmazie. Der Test, den schon ein paar Hundert Menschen in Anspruch genommen haben, kostet am Institut derzeit 1500 Euro. „Damit hat man eine gute Grundlage, um

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Medikationen ein Leben lang abstimmen zu können“, streicht der Institutsvorstand den hohen Nutzen hervor. Sprich: Auch bei zukünftigen Medikamenteneinnahmen kann innerhalb kurzer Zeit ein mögliches Gefährdungsrisiko – oder auch die drohende Unwirksamkeit eines Medikaments – für einen bestimmten Patienten festgestellt werden. Ein großer Schritt in Richtung einer „Personalisierten Medizin“ und zur Umsetzung dessen, was Paulmichl als „Projekt vier R“ bezeichnet: das richtige Arzneimittel für den richtigen Patienten in der richtigen Dosierung zur richtigen Zeit. Und zwar individuell abgestimmt auf die jeweilige genetische Ausstattung. Doch nicht immer sind die Gene das Problem. Gerade bei der Pflege alter Menschen kommt es neben der Vermeidung von Übermedikationen auf das perfekte Zusammenspiel aller betreuenden Personen an. Und genau hier setzt ein einzigartiges Projekt an, mit dessen Hilfe das Auftreten schwerer medikamentöser Nebenwirkungen bei Altenheimbewohnern gesenkt werden soll: InTherAKT. „Bisher gibt es nur wenige Daten zur Arzneimittelsicherheit in Altenheimen“, erzählt Jürgen Osterbrink, Vorstand des Instituts für Pflegewissenschaft und -praxis der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität. Und genau dieses Manko will Osterbrink mit dem neuen Versorgungsforschungsprojekt „InTherAKT“ beseitigen. „Wir wissen, dass Heimbewohner in Deutschland durchschnittlich 11,6 verschiedene Arzneistoffe pro Tag einnehmen. Dreizehn Prozent der Bewohner bekommen sogar über 60 unterschiedliche Verordnungen pro Jahr. Kein Wunder, dass medikamentöse

Nebenwirkungen in Altenheimen an der Tagesordnung sind.“ Zentrales Anliegen des Projekts der Paracelsus Universität ist es daher, die drei bei der Medikamentenversorgung in der stationären Altenhilfe beteiligten Gesundheitsberufe – Ärzte, Apotheker und Pflegende – besser zu vernetzen und so Behandlungs- und Lebensqualität von Heimbewohnern zu verbessern. „Wir wissen aus Erfahrung, dass schon kleine Informationsbrüche oder Missverständnisse zwischen den beteiligten Berufsgruppen ausreichen, um die Medikation negativ zu beeinflussen“, skizziert Osterbrink den Ist-Zustand. Kooperation und Kommunikation zwischen diesen drei Berufsgruppen zu optimieren, ist somit der Kern von InTherAKT. Erreicht werden soll dieses Ziel primär mit Schulungen zur ArzneimitteltherapieSicherheit und der Entwicklung einer InTherAKT-Onlineplattform zur strukturierten Prüfung der Medikation der Patienten, die ein Herzstück des auf drei Jahre angelegten Versorgungsforschungsprojekts ist. Dazu kommen noch Fallkonferenzen bei besonders komplexen Fällen und natürlich Medikationsanpassungen bei Bedarf. Jürgen Osterbrink bringt die Zielvorgabe so auf den Punkt: „Hausärzte, Apotheker und Pflegende werden mit ihrem spezifischen Fachwissen aktiv in die Sicherstellung der Arzneimitteltherapie einbezogen, um diese zum Wohle des Bewohners aktiv und gemeinsam zu optimieren.“ Osterbrink teilt sich die Projektleitung mit Maria Flamm, Vorständin des Instituts für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin der Paracelsus Universität. Und auch Flamm bestätigt: „Mit zunehmendem Alter steigt die Wahr-

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Research

scheinlichkeit von Multimorbidität und Polypharmazie. Mit der höheren Anzahl von Medikamenten steigt auch das Risiko für Wechselwirkungen und unerwünschte Wirkungen.“ Neun Altenheime auf dem Prüfstand. Besonders in Altenheimen würden die überdurchschnittlich hohen Medikationsraten eine komplexe Herausforderung darstellen, behauptet Flamm. Und setzt ebenfalls auf die zwei zentralen Vernetzungselemente von InTherAKT: „spezifischen Wissensaufbau“ und die genannte „Online-Kommunikationsplattform für die strukturierte Dokumentation und Refle-

Bisher gibt es nur wenige Daten zur Arzneimittelsicherheit in Altenheimen.“ Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Osterbrink, Vorstand des Instituts für Pflegewissenschaft und -praxis

xion“ der Medikation. In den kommenden zwei Jahren wird das Forscherteam der Paracelsus Universität somit gemeinsam mit 14 heimversorgenden Hausärzten und elf Apotheken die Arzneimitteltherapie in neun Altenheimen im deutschen Münster auf den Prüfstand stellen. Zu den Kooperationspartnern gehören unter

anderem der Hausärzteverbund Münster und die Apothekerkammer WestfalenLippe. Dass am Ende des Tages auch in puncto Medikation oftmals weniger mehr sein könnte, liegt indes auf der Hand. Und das lehrt im Grunde ebenfalls die Erfahrung. Dazu existiere auch eine „Anekdote mit wahrem Kern“, gibt Markus Paulmichl zu bedenken. Vor allem in der Geriatrie gäbe es naturgemäß oft Patienten mit sehr schlechtem Gesundheitszustand: „Wenn die Situation hoffnungslos ist und am Ende alle Medikamente abgesetzt werden, dann geht es manchen dieser Patienten auf einmal wieder besser.“ •

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Sperls guter Draht Bis zum 18. Lebensjahr verändert sich der Organismus von Kindern und Jugendlichen permanent. Für die Kinderheilkunde bedeutet dies, dass diese Altersgruppe eine ganz spezielle Versorgung benötigt. Diese bietet das Zentrum für Kinderund Jugendmedizin unter Primar Wolfgang Sperl auf höchstem Niveau. Autor: Wolfgang Bauer . Fotos: Paracelsus Uni/wild+team

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us medizinischer Sicht sind Kinder keine kleinen Erwachsenen. Ob Stoffwechselstörungen, schwere SchädelHirn-Traumen oder bösartige Tumore – sowohl die Diagnoseverfahren als auch die therapeutischen Interventionen können nicht einfach von erwachsenen auf junge Patienten übertragen werden. Vielmehr müssen sie genau auf den kindlichen Organismus abgestimmt werden, wenn man auf höchstem medizinischem Niveau helfen will. Am Salzburger Landeskrankenhaus geschieht dies durch zwei große Universitätskliniken, die zum Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin vereint sind: diejenige für Kinder- und Jugendheilkunde unter der Leitung von Primar Wolfgang Sperl. Und jene für Kinderund Jugendchirurgie, der Primar Jürgen Metzger vorsteht. Sperl ist übrigens auch der Leiter des gesamten Zentrums, das ein vielfältiges pädiatrisches Know-how und zahlreiche Spezialbereiche bietet. Dazu gehören etwa die Ambulanzen, die sich unterschiedlichen Herausforderungen der Kinderheilkunde widmen – zum Beispiel den Stoffwechselstörungen, den Allergien, den rheumatischen und kardiologischen Erkrankungen. Nicht zu vergessen die Neurorehabilitation, in der Kinder mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma unmittelbar nach Verlassen der Intensivstation weiter betreut werden. Oder die Kinderkrebsstation sowie das Perinatalzentrum, das die Kinder- und Jugendmedizin mit der Frauenmedizin verbindet. Auch räumlich, versteht sich. Vom Neugeborenen bis Jugendlichen. Die Nähe zur Frauenklinik hat nicht nur den Vorteil kurzer Wege, sie zeigt auch

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zu Kindern sehr anschaulich, mit welchem Alter das Leistungsspektrum des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin beginnt: mit dem des Neugeborenen. Bis zum Alter von 18 Jahren können an diesem Zentrum Patienten multidisziplinär versorgt werden. Obwohl man die wichtigsten Fachbereiche der Kinderheilkunde mit ausgewiesenen Spezialisten abdecken kann, betont Wolfgang Sperl, dass das eigentliche Kerngeschäft des Zentrums nur in einem liegen kann: „Es geht um die Frage: Was braucht das Kind? Trotz aller Spezialisierungen steht immer das jeweilige Kind im Mittelpunkt unserer Bemühungen.“ Vor genau 20 Jahren, im Februar 1996, hatte der damals 39-jährige Wolfgang Sperl die Leitung der Salzburger Kinderklinik übernommen. Als erster Oberarzt kam er von der Kinderklinik in Innsbruck, wo er – der gebürtige Linzer – Medizin studiert hatte. Er ist erst der sechste Primar in der über 100-jährigen Geschichte dieser Einrichtung. Seiner Ansicht nach ist es besonders wichtig, dass man in dieser Position die nötige Zeit hat, Ideen umzusetzen, Entwicklungen einzuleiten und voranzutreiben. Mit ein wesentlicher Grund, dass die Kinderklinik zu einer der führenden spitzenmedizinischen Einrichtungen dieser Art in Österreich geworden ist. „Ich glaube, dass ich einen ganz guten Draht zu Kindern habe“, begründet Sperl seine Spezialisierung auf das Fachgebiet der Kinderheilkunde. Bereits als Schüler und Student hat er in den Ferien als Erzieher in Ferienlagern gearbeitet, auch als Kinderskilehrer war er tätig. Ein weiterer Grund für seinen Weg in die Pädiatrie: die große Herausforderung dieses

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Fachs. „Der Organismus von Kindern und Jugendlichen ist einer ständigen Veränderung und Entwicklung unterworfen. Wir Pädiater arbeiten sozusagen an den Übergängen dieser Patienten.“ Und noch etwas schätzt der Primar: dass die Kinder- und Jugendheilkunde international große Beachtung und Anerkennung findet. „Die Kinderheilkunde ist innerhalb der Medizin schon so etwas wie eine Großmacht“, sagt er nicht ohne Stolz.

ner Familie, er betreibt gerne Sport, ist begeisterter Skiläufer und Tennisspieler und besucht Kunstmuseen. Für das Segeln hätte er gerne mehr Zeit. Während das eine Jubiläum – 20 Jahre Primar an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde – bereits hinter ihm liegt, steht ein weiteres bevor: Wolfgang Sperl feiert im Mai seinen 60. Geburtstag. •

Rege Forschungsaktivitäten. Eine „Großmacht“ stellt die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde auch innerhalb der Forschungsaktivitäten der Paracelsus Universität dar. Im Ranking der Publikationen aller universitätseigenen Kliniken und Institute rangiert sie mit 42 Veröffentlichungen im Jahr 2014 auf dem beachtlichen 3. Platz. Schwerpunkte der universitären Forschung bilden der Mitochondriale Energiestoffwechsel oder die Adipositas-Forschung. Da die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, auch im Stoffwechsel von Tumoren eine wesentliche Rolle spielen, gibt es an der Klinik auch eine rege Tumorforschung. Wolfgang Sperl selbst ist Stoffwechselexperte und Ernährungsspezialist, auch in der Reha von Kindern sei er „gut drauf“, wie er sagt: „Ich bin praktisch täglich mit dem gesamten Spektrum von Krankheiten konfrontiert.“ Ansonsten versteht er sich als Koordinator und Manager der rund 240 Mitarbeiter umfassenden Einrichtung, die er auch als Sprecher nach außen vertritt. Der Mediziner ist darüber hinaus der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kinderheilkunde. Kraft bezieht der Vielbeschäftigte aus sei-

Trotz aller Spezialisierungen steht immer das jeweilige Kind im Mittelpunkt unserer Bemühungen.“ Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Sperl, Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde

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Body Check

Morbus Crohn – Autor: Thomas Haas . Fotos: iStock, privat

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orbus Crohn bildet neben der Colitis ulcerosa den Hauptteil der sog. chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Diese in ihrer Entstehung nach wie vor ungeklärten unheilbaren Erkrankungen betreffen rund 40.000 Österreicher und füh-

ren zu substanziellen Einschränkungen in sämtlichen Lebensbereichen.

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Morbus Crohn kann den gesamten Verdauungstrakt von der Lippe bis zum After betreffen und dort zu schmerzhaften Entzündungen und unbehandelt zu progredienter Schädigung des Darms bis hin zum Funktionsverlust des Organs führen. Betroffene leiden an Durchfall, Bauchschmerzen, Gewichtsverlust, Mangelzuständen. Bei etwa jedem dritten Patienten kommt es zu Krankheitsmanifestationen außerhalb des Verdauungstraktes, besonders betroffen sind Gelenke, Wirbelsäule, Augen und Haut. Häufige Durchfälle, Bauchschmerzen, Beschwerden im Intimbereich und Krankheitsgefühl führen oft zu sozialem Rückzug, Isolation und depressiver Reaktion.

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Die Diagnose einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung erfolgt durch Anamnese, klinische Untersuchung, Labor und Stuhl sowie technische Hilfsmittel wie Ultraschall oder radiologische Untersuchungen, heute meist als Kernspintomografie. Zur Abklärung ist auch eine Endoskopie erforderlich, also eine Darmspiegelung.

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Dr. Thomas Haas ist Facharzt für Innere Medizin und Zusatzfacharzt für Gastroenterologie und Hepatologie. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren schwerpunktmäßig mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen – bis 2013 in den Salzburger Landeskliniken, seither als niedergelassener Arzt in seiner Darmpraxis in Salzburg.

Die Behandlung ist heute sehr individualisiert und richtet sich nach Intensität, Ausdehnung, Komorbiditäten und Verlauf. Zur Verfügung stehen Medikamente für den akuten Schub wie auch für die Rezidivprophylaxe, also die Verhinderung eines neuerlichen Schubs. Ziel ist einerseits, das Organ funktionsfähig zu erhalten und anderseits das Verhindern von Komplikationen wie Stenosen, Fistelbildung und schlechter Lebensqualität. Eingesetzt werden können heute zahlreiche Medikamente von allgemein entzündungshemmenden Substanzen über Kortison bis hin zu hochmodernen und zielgenauen Antikörpern, mit denen der natürliche Verlauf erstmals unterbrochen werden kann.

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Abklärung bestehender Symptome zunächst über den Hausarzt und bei Persistenz jedenfalls über den Gastroenterologen. Je früher eine Therapie begonnen wird, umso geringer fällt die Schädigung des Darms aus. •

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0 Inside Medizinstudent Stefan Targosinski verbrachte sein Forschungstrimester 2015 am Brigham and Women´s Hospital in Boston, einer der besten Kliniken der USA und zweitgrößtes Lehrkrankenhaus der ebenfalls dort angesiedelten Harvard Medical School. Autorin: Sabine Ritzinger . Fotos: privat

Einmal Harvard und zurück

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ie 1636 gegründete Harvard University in Cambridge, Massachusetts ist die älteste Hochschule der USA und wird in Rankings immer wieder zur weltweit besten gekürt. Ihrer medizinischen Fakultät, der 1782 gegründeten Harvard Medical School in Boston, eilt ebenfalls ein hervorragender Ruf voraus: 15 ihrer Forscher wurden bislang mit Nobelpreisen bedacht, die Liste namhafter Absolventen ist beeindruckend. Einen großen Anteil an der Ausbildung der angehenden Mediziner hat das Brigham and Women´s Hospital, zweitgrößtes Lehrkrankenhaus der Harvard Medical School und eine der besten Kliniken in den USA.

Auszeichnung der PMU-Studierenden im Harvard Club of Austria: Tim Verspermann, Stefan Targosinski, Theresa Birsak und Richard Seist (v.l.n.r.).

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Stefan Targosinski am Hervard Medical School Campus vor der Gordon Hall.

Dort verbrachte Stefan Targosinski, Medizinstudent im letzten Studienjahr an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg, von März bis Juni 2015 sein Forschungstrimester und schwärmt in höchsten Tönen von der Forschung und seinen Ausbildern an dieser Klinik. Er arbeitete und forschte an der Plastischen Chirurgie, genauer gesagt als „Research Trainee“ am Eriksson and Caterson Lab, zu dessen Schwerpunkten Geweberegeneration und Gentherapie zählen. Harvard? Harvard! „Ich interessiere mich für Plastische Chirurgie und möchte auch beruflich in diese Richtung gehen. Deshalb wollte ich mein Forschungstrimester im vierten Studienjahr auch unbedingt in diesem Bereich machen“, erzählt Stefan Targosinski. Der Aufenthalt an der renommierten Klinik in Boston ergab sich dann durch ein Gespräch mit Peter Gerner, Primar der Salzburger Universitätsklinik für Anästhesiologie, perioperative Medizin und allgemeine Intensivmedizin. „Professor Gerner erzählte mir von seiner früheren Arbeit am Brigham and Women´s Hospital und an der Harvard Medical School. Er war es, der mich unterstützte und den Kontakt zur Division of Plastic Surgery herstellte.“ Targosinski setzte sich mit den Verantwortlichen der Klinik in Verbindung und überzeugte sie mit seinem Bewerbungs- und Motivationsschreiben davon, ihn für vier Monate am Eriksson and Caterson Lab aufzunehmen. Direkter Betreuer des Medizinstudenten war Laborleiter Kristo Nuutila; Elof Eriksson, Vorstand der Plastischen Chirurgie, traf er eher im OP. Ein Post Doc und eine PhDStudentin betreuten den Praktikanten und leiteten ihn an. „Ich hatte Glück mit meinem Team, wurde sofort herzlich aufgenommen

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Inside

Stefan Targosinski (rechts außen) mit dem Vorstand, Oberärzten und Mitarbeitern der plastischen Chirurgie des Erikkson und Caterson Labs nach der „Murray Lecture“ zu Ehren des früheren Abteilungsvorstands Nobelpreisträger J.F. Murray.

Im ,learning by doing’, wie ich es praktizieren durfte, lernt man die Laborarbeit am besten.“

Österreicher-Connection. Doch nicht nur die Laborkollegen, sondern auch einige Landsleute, leisteten Stefan Targosinski in seiner Freizeit Gesellschaft: In anderen Harvard Viel Arbeit, viel Lob. Zu Anfang absolStefan Targosinski Labs absolvierten zeitgleich fünf weitere Medivierte der Steirer einige Kurse zu „Orizinstudierende der Paracelsus Universität ihre entation“, „Animal Surgery“ und eine Praktika. Mit einem davon, Richard Seist, teilte Einführung in „Animal Facility“ an der Harer die Wohnung. „Boston hat mir wahnsinnig gut gefallen. Obwohl vard Medical School. Dieses Grundlagenwissen war auch nötig, es zu Anfang meines Forschungstrimesters eiskalt war. Frühjahr immerhin arbeitete er im Rahmen seiner Forschungstätigkeit mit und Sommer waren dann außergewöhnlich schön“, schwärmt er. Labortieren, beispielsweise mit Ratten. In verschiedenen Verfahren So waren ein Segelkurs am Charles River, das Angebot an Meetestete er, wie sich der pH-Wert auf die Wundheilung auswirkt. resfrüchten und Hummer, eine Busrundreise und ein Ausflug nach Im Rahmen eines großen Projekts, welches die Forschung mit New York einige Highlights abseits der Arbeit. Weitere „moments Hauttransplantaten zum Inhalt hatte, wurde auch an Schweinen to remember“ waren Treffen mit der Austrian-American Associageforscht. Letzere durfte Targosinski auch mitbetreuen, zum Teil tion und dem Harvard Club of Austria, wo der Österreicher auch an den Wochenenden – genauso, wie das Tauschen des Nährmeeinen Vortrag halten durfte. diums für Zellen auch an Samstagen oder Sonntagen passieren musste. Trotz seiner Begeisterung für das Brigham and Women´s Hospital und die Stadt Boston kann sich Stefan Targosinski eine Vier Monate seien eher kurz für eine Laborstudie, bemerkt der künftige Berufsausübung in den USA nicht wirklich vorstellen, Medizinstudent. Dafür durfte Stefan Targosinski als Research Trainee auch eigenständig arbeiten und wurde von seinem Chef höchstens ein Fellowship. „Aber ich habe dort die Forschung kennen und mögen gelernt. Im ,learning by doing´, wie ich es Kristo Nuutila nicht selten gelobt. „Ich verbrachte den ganzen praktizieren durfte, lernt man die Laborarbeit am besten“, ist der Tag im Labor und war regelmäßig dienstags und freitags bei junge Mann überzeugt. In einigen Monaten ist sein Studium beden Lab Meetings mit Vorstand Elof Eriksson und Oberarzt. E.J. endet, davor wartet noch die Diplomarbeit, die er anhand seiner Caterson dabei.“ Bei Ausflügen und Freizeitaktivitäten mit den amerikanischen Kollegen kam der Forschungspraktikant auch Forschungen in den USA erstellen wird. Mit seinem Betreuer und Doktorvater steht Targosinski natürlich regelmäßig in Konhin und wieder aus der Longwood Medical and Academic Area, takt, aber auch andere potenzielle Wegbegleiter fürs Leben hat Heimat des Brigham and Women´s Hospital und der Harvard ihm die Zeit in Harvard beschert. • Medical School, hinaus. sowie fachlich und sozial kompetent betreut“, strahlt der Medizinstudent.

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Update

Das Institut für Pflegewissenschaft und -praxis wurde zum WHO-Kooperationszentrum geadelt. Im Jänner besuchte die Britin Prof. Kay Currie (Bild) als hochrangige Vertreterin der WHO die Paracelsus Uni. Autor: Andreas Aichinger . Foto: Paracelsus Uni/Sabine Ritzinger

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Osterbrinks WHO is WHO

ürgen Osterbrink strahlt über das ganze Gesicht. „Das Palliativpflege-Lehrplan für 53 Länder. Neben dem seit längeist für die Universität und das Land Salzburg eine extre- rem aufgebauten Kontakt zur WHO – etwa im Rahmen von Osme Ehre“, freut sich der Vorstand des Instituts für Pfle- terbrinks Aktionsbündnis „Schmerzfreie Stadt Münster“ – sieht gewissenschaft und -praxis der Paracelsus Universität. der Institutsvorstand vor allem drei Ursachen für den Erfolg: „Ein Und Osterbrink freut sich mit gutem Grund: Sein Institut ist seit gutes Team, eine gute Idee und ein gutes Programm.“ Wieso kurzem das erste WHO-Kooperationszentrum unter pflegewis- die im Jänner erfolgte Ernennung eine große Bestätigung und senschaftlicher Leitung im deutschsprachigen Raum, und auch Ehre ist, wird auch anhand der Aufgabenstellung klar. Vor alinsgesamt betrachtet erst das dritte in Österreich. Zur Erklärung: lem Aufgaben aus der Versorgungsforschung, der PrimärversorDiese Kooperationszentren (WHO Collaborating Centres) sind gung sowie universitärer, pflegebasierter Studiengänge gehören dazu. Als zentrales Beispiel nennt OsterEinrichtungen, die als Teil eines internatiobrink den Bereich Palliative Care, also nalen Kooperationsverbunds die ProgramDas ist für die Universität die Expertise seines Instituts rund um die me der Weltgesundheitsorganisation WHO Versorgung, Beratung und generell die aktiv unterstützen. In der Regel handelt es und das Land Salzburg Lebensqualität von Patienten, die mit lesich dabei um Abteilungen von nationalen eine extreme Ehre.“ bensbedrohlichen Erkrankungen konfronForschungseinrichtungen oder von UniverJürgen Osterbrink tiert sind. Osterbrink erklärt: „Im Rahmen sitäten, Laboratorien, Krankenhäusern oder der Versorgungsforschung unterstützen Gesundheitsministerien. Als „WHO-Kooperationszentrum für Pflegeforschung und -ausbildung“ (WHO wir die WHO dabei, einen multidisziplinären und interprofesCollaborating Centre for Nursing Research and Education) ist sionellen Palliativpflege-Lehrplan für alle 53 Mitgliedsländer der jetzt auch das Institut für Pflegewissenschaft und -praxis mit von europäischen WHO-Region zu erstellen, diesen zu testen und der Partie. Vorangegangen waren der Ernennung übrigens eine während der Implementierungsphase in diesen Ländern beratend zu unterstützen.“ 15-stufige Beantragungs- und eine Probephase.

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Update

Nichts zu machen, viel zu tun. Diese große Aufgabe sei zwar verantwortungs- und ehrenvoll, aber gleichzeitig nicht leicht zu stemmen. Da stimmt es zuversichtlich, dass das Institut der Paracelsus Uni in den letzten Jahren viel Erfahrung rund um das Thema Palliative Care gesammelt und entsprechende Kompetenzen sowohl aus medizinischer als auch aus pflegerischer Sicht erworben hat. Eine der augenscheinlichen Manifestationen dieser Kompetenz ist der Universitätslehrgang Palliative Care, der sich längst einen ausgezeichneten Ruf erworben hat. Dass gesellschaftlicher Handlungsbedarf besteht, daran lässt Osterbrink indes keinen Zweifel: „Auf diesem Gebiet liegt in vielen Ländern Europas, auch in Österreich und in Deutschland, noch vieles im Argen. Wir wollen dazu beitragen, dass sich die Situation verbessert.“ Als Maxime soll dabei der Wahlspruch von Cicely Saunders dienen, der Begründerin der modernen Hospizbewegung: „Wenn nichts mehr zu machen ist, ist noch viel zu tun.“ „Das muss auch unser Leitspruch sein“, fordert Jürgen Osterbrink. Medizinische, pflegerische und spirituelle Grundlagen müssten dabei als Einheit gesehen und adäquat in Krankenhäusern, Altenheimen und in der ambulanten Pflege angewendet werden.

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Sichtbarkeit & Motivation. Bei der konkreten Erarbeitung des Palliative Care Curriculums gelte es allerdings besonders darauf zu achten, dass der neue Palliativpflege-Lehrplan auf die teils völlig unterschiedlichen Rahmenbedingungen in den 53 Zielländern Bedacht nimmt. Als gemeinsamer Nenner müsse er jedenfalls „praxisorientiert, mehrstufig, interprofessionell und multidisziplinär“ sein, unterstreicht Osterbrink. Federführend bei der Umsetzung sollen die beiden Stiftungsprofessoren der Paracelsus Uni für Palliative Care, Stefan Lorenzl und Sabine Pleschberger, sein. Aber wie eingangs gesagt: Diese zentrale Herausforderung wird nur eine der Aufgaben des Salzburger WHOKooperationszentrums sein. Bleibt die Frage nach den Vorteilen für Institut und Universität. Die WHO sieht die Benefits so: „Die Kooperationszentren erhalten ein geschärftes Profil und mehr Anerkennung durch die nationalen Behörden und können mehr Aufmerksamkeit auf die Gesundheitsfragen lenken, mit denen sie sich befassen.“ Jürgen Osterbrink glaubt ebenfalls, dass der WHO-Ritterschlag die Sichtbarkeit von Institut und Universität erhöhen wird. Im Verbund mit den beiden anderen österreichischen WHO-Kooperationszentren könne man zudem besser als bisher Mittel der öffentlichen Hand lukrieren. Und „so etwas macht ein Team stolz. Und das ist gut“. •

WHO-Kooperationszentren… …sind zentrale Institutionen mit maßgeblichem Expertenwissen, die eine Art verlängerten Arm der WHO darstellen. Derzeit existieren mehr als 700 derartige Zentren in mehr als 80 WHO-Mitgliedsstaaten. Das erste WHO Collaborating Centre war 1948 die „Abteilung für biologische Standardisierung“ beim Staatlichen Seruminstitut in Kopenhagen, nachdem bereits 1947 das „World Influenza Centre“ in London den Boden für die Idee bereitet hatte.

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Seit 1969 im Geschäft und mit 360 Mitarbeitern an sechs Standorten höchst erfolgreich: Heinrich Jakoby ist bei Jakoby GM Pharma zwar nicht mehr operativ, aber noch immer beratend tätig.

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Die Arznei als täglich Broterwerb 1/2016 Paracelsus Today


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Am 29. Februar 2016 hat der am Schalttag geborene Heinrich Jacoby seinen 18. Geburtstag gefeiert und blickt heute auf ein erfülltes und erfolgreiches Leben als Unternehmer zurück. Autor: Gottfried Stienen . Fotos: Paracelsus Uni/wild+team

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atürlich schmunzelt Heinrich Jacoby, wenn die Rede auf seinen Geburtstag kommt. „Ich habe nun den Führerschein, muss mich nicht mehr bei einem Türsteher an Diskotheken ausweisen, um hineingelassen zu werden; es hat schon Vorteile, erwachsen zu sein.“ Der umtriebige 72-jährige Halleiner genießt den Ruhestand, mehr oder weniger. Im Unternehmen Jacoby GM Pharma führen andere das operative Geschäft, seine Tochter Sonja, eine studierte Pharmazeutin etwa, und Peter Unterkofler. Der Grandseigneur ist selbstverständlich beinahe täglich im Familienunternehmen, sein Rat und seine Erfahrung sind wohl noch gefragt. Jacoby GM Pharma, ein pharmazeutischer Großhändler, ist ein Familienunternehmen in dritter Generation. 1946 hat Friedrich Jacoby die Firma gegründet, vormals auf dem Gelände und in den Räumlichkeiten von Kaltenhausen. Im Krieg zuvor dienten die Gebäude der deutschen Wehrmacht als Unterkunft für eine Tragtierkompanie, wo der Halleiner Tierarzt Dr. Gattinger für die notwendigen veterinären Arzneien und Verbandsstoffe sorgte. 1948 wurde der Handel mit Humanmedizinprodukten aufgenommen, 1956 der Brau AG die Liegenschaft abgekauft und das Unternehmen wuchs

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beständig. Drei Jahre nach dem Tod des Firmengründers und Vaters stieg Heinrich Jacoby 1969 in das Unternehmen, zusammen mit seiner Schwester Enna Unterkofler, ein. Heute gibt es an sechs Standorten zirka 360 Mitarbeiter, die bei einem Lagerbestand von rund 3 Millionen Packungen verschiedenster Medikamente einen Jahresumsatz von rund 340 Millionen Euro erwirtschaften. Es ist ein komplexes, sehr verantwortungsvolles und schnelles Geschäft in der Abwicklung geworden. „Die Zeit spielt eine so große Rolle“, sagt Heinrich Jacoby. „Von der Annahme des Auftrags bis zur Abfahrt des Lieferwagens mit den Medikamenten vergehen zwischen 20 und 40 Minuten, mehr nicht.“ Noch eine beeindruckende Zahl: Pro Tag werden rund 170.000 Packungen aus dem Lager in die Apotheken oder Kliniken bewegt. „Vertrauen ist in unserem Geschäft sehr wesentlich“, betont Jacoby – Vertrauen in den Lieferanten, vorab natürlich in die Produktion und die Menschen im Lager. Die Sicherheitsnormen sind in den letzten Jahren noch strenger geworden. „Wir müssen natürlich die Transportrichtlinien beachten, und wir müssen gegen Fälschungen bei allen rezeptpflichtigen Packungen abgesichert sein“, sagt Jacoby. In Vorbereitung – eventuell ab 2019 – sei,

dass jede einzelne Medikamentenpackung eine eigene Nummer hat. „Insgesamt wurden die Regelungen und Kontrollen sehr verschärft.“ Beeindruckend sind bei einem kurzen Rundgang durch die Lagerhallen in Hallein auch die riesigen begehbaren Kühlschränke, in denen diverse Medikamente, etwa Suchtgifte, bei bestimmten Temperaturen abgesperrt aufbewahrt sind. Auch hier ist stete Kontrolle unverzichtbar. Entwicklungen, zumeist in Richtung Erhöhung der Sicherheit, seien schon richtig, meint der Unternehmer. „Heute wird die Hälfte der Packungen vom Automaten zugestellt, ein Scan kommissioniert papierlos.“ Das ist eben Fortschritt, neue Technik, die eine Erhöhung der Geschwindigkeit mit sich bringt. Noch wichtiger: Die Fehlerquote liegt bei sagenhaften 0,1 Prozent!

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Friends terstützung und Partnerschaft geworden und diese hat bis zum heutigen Tag Bestand. Noch eines hebt Heinrich Jacoby hervor. „Mir hat sehr gut gefallen, dass an der Paracelsus Universität jeder studieren kann, weil Stipendien für die Studierenden, die sich die Studiengebühr nicht leisten können, gegeben werden. Das war von Beginn weg der richtige Weg.“

Heinrich Jakoby: „Entscheidend ist es, die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden gut zu verstehen und dann zu erfüllen.“

Als Fortschritt für das heimische Gesundheitswesen, für das Land, betrachtet Heinrich Jacoby die Gründung und Etablierung der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität. „Ich war von Anfang an von der Idee, Lehre und Forschung auf diesem privaten Weg in Salzburg in hoher Qualität jungen Menschen anzubieten, begeistert. Die internationale Verbindung zu anderen medizinischen Universitäten, besonders zur Mayo Clinic, und das an diese amerikanische Top-Universität angelehnte Curriculum haben mich überzeugt.“ In der Erinnerung an die ersten Gespräche um eine Unterstützung war damals nicht die Frage zu stellen, ob Jacoby hilft, sondern schlicht, wie. Es ist eine langjährige Un-

Als Unternehmenschef hat der studierte Jurist immer ein Credo gelebt. „Entscheidend ist, die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden gut zu kennen, zu verstehen und dann zu erfüllen.“ Klingt vielleicht einfach, gesteht auch Jacoby, denn wer tue oder wolle das denn nicht. „Die Hardware für den Apotheker ist überall gleich“, erklärt Jacoby – und man spürt heute noch seine Leidenschaft in jeder Minute des Gesprächs, obwohl er sehr bedacht die Worte wählt. „Aber jeder Hausapotheken führende Arzt hat seinen Großhändler und der Außendienst muss oft rasch entscheiden und genau wissen, was der Kunde will. Das Verständnis muss wirklich da sein.“ Natürlich gibt es in Österreich im pharmazeutischen Großhandel nicht nur Jacoby GM Pharma. Nein, es gibt sogar größere, der Kampf um Marktanteile ist täglich zu fechten. Grund genug, das eigene „Haus“ zu erweitern, in neuen Geschäftsfeldern aktiv zu werden, um den Mitbewerber hinter sich zu lassen. Daher fusionierten 2013 die beiden privaten Großhändler Jacoby Pharmazeutika und GM Pharma, ehe 2015 auch Kögl Pharma mit Sitz in Innsbruck seinen Betrieb in das nunmehr gemeinsame Unternehmen einbrachte.

Heinrich Jacoby hält noch eine Entwicklung fest: Die medizinische Forschung sei rasant, auch bei der Zusammenstellung von neuen Medikamenten in vielen Fachrichtungen. „Früher gab es billige und teure Arzneimittel“, behauptet Jacoby, „heute gibt es auch sehr teure Arzneimittel. Da kann ein Medikament schon mal zehntausend Euro und mehr kosten. Die Sozialversicherung bezahlt auch das, versucht im Gegenzug jedoch, bei diversen anderen Medikamenten zu sparen, die Marge wird also kleiner.“ Diese Entwicklung sei nicht vorhersehbar gewesen und stelle den Großhandel vor neue Herausforderungen, denn „wir verdienen mit den sehr teuren Medikamenten nur einige Euro, also unverhältnismäßig wenig“. Darüber müsste sich ein Pensionist, der seinem Hobby, vornehmlich europäische Länder zu bereisen, frönen will und nun auch mehr Zeit dafür hat, grundsätzlich keine Sorge mehr machen. Bei Heinrich Jacoby ist dies anders, dieser Mann lebt noch das Unternehmen, fühlt mit, denkt mit, „aber ich bin operativ nicht tätig, auch kein Gesellschafter“, sagt der in Wals/Siezenheim ansässige Halleiner gerne auch ein zweites Mal. Und da ist doch noch eine Tätigkeit, ein Amt, eine Funktion, die ihn „im Geschäft“ und an einer wichtigen Informationsquelle lässt: Der Unternehmer ist Vizepräsident im Ausschuss des europäischen Vertriebsverbandes der Pharmaprodukte (GIRP). Von wegen Ruhestand. Aber, da war doch etwas? Ein Pensionist mit 18 Jahren? Undenkbar! •

Ein herzliches Dankeschön den Freunden und Förderern: ACM Projektentwicklung GmbH | Agrana Zucker GmbH | Aicher, Max | Apollon SE | Bankhaus Carl Spängler & Co. AG | BTU Beteiligungs GmbH | Capsumed Pharm GmbH | DBS Gesellschaft - Kubin, H. und Kainberger, P. | DBW Industrieberatung Naue KG | DEBRA Austria | die ärztebank | Die Hayward Privatstiftung | dm drogeriemarkt GmbH | Frey, Andrea | Fürst Developments GmbH | G. Hinteregger & Söhne Bauges. mbH. | Gebrüder Woerle Ges.m.b.H. | Georg Pappas Automobil GmbH. | Greither, Andreas | Hagleitner Hygiene International GmbH | Hansjörg Wyss Foundation | Imtech ICT Austria GmbH | Intertops Sportwetten GmbH Train, Detlef | Jacoby GM Pharma - Jacoby, Heinrich | Johnson & Johnson Medical Companies | Kastner & Partners | Kellerhals, Helga & Erich | Knauf-Wahl, Jutta | Köhn & Kollegen GmbH | Krones AG | Kuhn Holding GmbH | Kuhn, Irmgard | Lagermax | Landeshypo Salzburg | Lenz, Gerhard | M. Kaindl Holzindustrie | MedAustron GmbH | MED-EL | Miele GesmbH | Moosleitner Ges.m.b.H | Neumann, Daniel | Österreichische Lotterien GesmbH | Paracelsus Rotary Club | Pro Salzburg Stiftung - Ruckser-Giebisch, Gertraud | Rauch Fruchtsäfte GmbH & Co OG | Red Bull - Mateschitz, Dietrich | Rexam | Roche Group | Sallmann Bürotechnik | Salzburg AG | Salzburg Aluminium AG | Salzburger Sand- und Kieswerke GmbH | Salzburger Sparkasse Bank AG | | Schröcksnadel, Peter | Schwarzbraun, Familie | Segafredo Zanetti Austria Ges.m.b.H. | SeneCura Kliniken- und HeimebetriebsgmbH | Senoplast Klepsch & Co GmbH & Co KG | Siemens AG Österreich | Stahlwerk Annahütte Max Aicher GmbH & Co KG | Stieglbrauerei zu Salzburg GmbH | Straniak Stiftung, Hermann und Marianne | von Schilgen, Eva Maria | VR - meine Raiffeisenbank eG, Altötting-Mühldorf (D) | Wozabal Textilservice GmbH & Co KG | Zürcher Kantonalbank Österreich AG

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TRAUMURLAUB ZUM SONNETANKEN

FTI präsentiert 17 neue Kataloge für die kommende Sommersaison, welche das bestehende Ganzjahresprogramm erweitern. Destinationen wie Salalah, Ras Al Khaimah oder die Lifestyle Destination El Gouna bieten noch mehr Auswahl.

ÄGYPTEN I El Gouna LABRANDA Club Paradisio **** Genießen Sie die Sonne Ägyptens vom Wasser aus. Direktflug ab/bis Salzburg, 1 Woche im DZ mit AI und Transfer p.P. ab

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Alpenstraße 48, 5020 Salzburg Mo – Fr: 08:00 – 17:00 Uhr Tel. 0662 890 111 – 220 erlebnisreisen@georeisen.com www.georeisen.com

Veranstalter: FTI Touristik GmbH, Kaisergasse 16a, 4020 Linz Paracelsus Today 1/2016

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Point of View

Masterplan für die Zukunft Das Klinikum Nürnberg verfolgt 2016 seinen Kurs der Investition in die Zukunft und der Innovation weiter – mit personeller Verstärkung, dem Aufbau innovativer medizinischer Angebote und der baulichen Erweiterung an Klinikum Nord und Süd. Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität spielt eine wichtige Rolle im Masterplan. Autorin: Annette Tuffs Fotos: Klinikum Nürnberg / Rudi Ott

Das Klinikum Nürnberg, Kooperationspartner der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, ist eines der größten kommunalen Krankenhäuser Europas. Trotz Sparzwangs – für 2015 kann man, im Gegensatz zum Vorjahr, keinen positiven Jahresabschluss vorweisen – verfolgt die Geschäftsführung 2016 ihren Kurs der Innovation und der Investition weiter. „Wir sind leistungsstark, aber die Schere zwischen den steigenden Lohn- und Sachkosten und der mangelhaften Finanzierung der Krankenhäuser durch die öffentliche Hand klafft immer weiter auseinander“, erklärt Klinikumvorstand Dr. Alfred Estelmann. Daher muss das Klinikum für seine weitere bauliche Entwicklung größtenteils selbst aufkommen. „Die Medizin wandelt sich ständig. Gleichzeitig ändern sich die Bedürfnisse der Be-

völkerung. Damit müssen wir Schritt halten“, sagt der Ärztliche Direktor, Prof. Dr. Dr. Günter Niklewski. „Trotz des engen Finanzkorsetts haben wir es geschafft, unser medizinisches Angebot an wichtigen Stellen auszubauen.“ Wesentliche medizinische Meilensteine im vergangenen Jahr waren der Ausbau der Schlaganfall-Behandlung durch Katheter-Eingriffe und der palliativen Versorgung. Die neuen Tageskliniken für Erwachsenen-Psychiatrie und Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie ein Erweiterungsbau des Herz-Gefäß-Zentrums im Klinikum Nürnberg Süd werden im Sommer dieses Jahres eröffnet. Auch die Berufung neuer Chefärzte und der Ausbau der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität am Standort Nürnberg stellen einen wichtigen Schritt für die Zukunft dar. Im vergangenen Jahr wurden für mehrere Kliniken Berufungsverfahren begonnen, in diesem Jahr bereits die

neuen Chefärzte der Klinik für Urologie und der Kinder- und Jugendpsychiatrie begrüßt. Die Auswahl folgt dem strengen Berufungsverfahren an der Paracelsus Universität in Salzburg und berücksichtigt nicht nur die klinische Qualifikation der Bewerber, sondern auch deren Qualifikationen in Forschung und Lehre. Da der Standort Süd mittlerweile 22 Jahre alt ist, kommen die Gebäude deutlich in die Jahre. Daher wird bereits an einem neuen Klinikum Süd mit Möglichkeiten für Erweiterungen geplant. „Wir müssen uns jetzt Freiräume schaffen, um auf medizinische Entwicklungen in der Zukunft reagieren zu können“, betont Klinikvorstand Estelmann. Dazu gehört auch ein „Masterplan 2034“. Und der Ärztliche Direktor Niklewski fügt hinzu: „Die Medizin der Zukunft ist deutlich schonender und personalisierter, es werden immer mehr Menschen in immer kürzerer Zeit behandelt werden.“ Innovation finde jeden Tag statt und müsse schneller zu den Patienten kommen, das betreffe alle Fächer. Deswegen spiele auch die Paracelsus Medizinische Privatuniversität eine entscheidende Rolle in diesem Masterplan. •

Klinikchef Alfred Estelmann und der Ärztliche Direktor Günter Niklewski präsentieren die Pläne für den Um- und Ausbau des Klinikums Nürnberg Süd.

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