Paracelsus Today

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ParacelsusToday

Das Magazin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität für Salzburg und Nürnberg

NR. 3 I DEZEMBER 2017 I € 3,–

Dermatologe Johann Bauer setzt Meilenstein.

Neue Haut im Forscherblick DER LOCKRUF AUS STANFORD Paracelsus Uni „verleiht“ junge Wissenschafterin.

DIE VERÄNDERUNG DES ARZTBILDES Immer mehr Spezialisten in der Medizin.

QUALITÄT DURCH UNIVERSITÄRE MEDIZIN Patientenversorgung profitiert von Forschung.


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Editorial Impressum Paracelsus Today ist das Magazin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg • Auflage: 34.200 Stück • Medieninhaber und Herausgeber: Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg - Privatstiftung, Strubergasse 21, 5020 Salzburg, Tel. +43 (0)662/24200, www.pmu.ac.at • Verlag: Magazinmanagement und Verleger: Schoba & Partner GmbH, Friaulweg 4, 8042 Graz, www. schoba.at, Geschäftsführerin: Mag. Eva Schoba • Chefredakteur: Dr. Gottfried Stienen • Chefin vom Dienst: Sabine Ritzinger • Art-Direktor: Josef Wiedenig • Produktion: Styria Media Design GmbH & Co KG, Gadollaplatz 1, 8010 Graz • Mitarbeiter/-innen dieser Ausgabe: Andreas Aichinger, Mag. Wolfgang Bauer, Dr. Arno Hintersteininger, Sabine Ritzinger, Ilse Spadlinek, Dr. Gottfried Stienen, • Fotos: iStock, Rudolf Hametner, Rainer Mirau, Paracelsus Universität, wild&team fotoagentur gmbH, Salk • Coverfoto: wild&team fotoagentur gmbh • Herstellung: Druck Styria GmbH & Co KG • Alle Angaben ohne Gewähr. Haftung für Irrtümer und Änderungen ausgeschlossen. Satz- und Druckfehler sowie alle Rechte vorbehalten.

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Forscher vor den Vorhang stellen Forschung und Innovation bringen Fortschritt in unsere Gesellschaft – in praktisch allen Lebensbereichen, auch in der Medizin. Diese Behauptung ist wohl unstrittig. In diesem Heft dürfen wir Ihnen, werte Leserin, werter Leser, über Beispiele erfolgreicher Forschung berichten. Dieses neue Wissen schaffen neugierige, wissensgetriebene, hoch engagierte Wissenschafter, auch an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität und am Universitätsklinikum Salzburg. Wir stellen diese Personen vor den Vorhang – mit Freude und mit viel Respekt. Hochachtung vor deren Engagement – oft wird außerhalb der Dienstzeiten geforscht, zumal die Versorgung der Patienten vorrangig ist und sein muss. Doch universitäre Medizin bedingt Forschung, universitäre Medizin ist eine Haltung. Erst das Zusammenspiel vieler kluger Köpfe rund um den Erdball ermöglicht weitreichende, zuweilen bahnbrechende Ergebnisse in der Wissenschaft. Die Paracelsus Universität und die Universitätskliniken freuen sich über Publikationen ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in hochwertigen wissenschaftlichen Journalen, über den Gewinn von Awards. Konkrete Ergebnisse sind schlussendlich der persönliche Ritterschlag. Dieser Forschungsdrang führt letztlich zu einer besseren Patientenversorgung – auch am Standort Salzburg. Mit einem Alumni-Porträt, dem Gedankenaustausch mit der Vorstandsvorsitzenden des Alumni Clubs, Margarita Nagele, oder die Diskussion über den Bedarf von Spezialisten und Generalisten in der Medizin am Runden Tisch hoffen wir mit dieser Ausgabe Ihr Interesse zu treffen. Viel Vergnügen beim Lesen. Ihr Dr. Gottfried Stienen Chefredakteur

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Inhalt

Mustertext

4 Spotlight. Johann Bauer und das „kleine Wunder“.

6 Short Cuts. Neues aus der Uni. 8 Inside. 10 Jahre Forschungs-

institut Gastein – eine schöne Bilanz.

10 Focus On. Hormesis oder

wenn schädliche Einwirkungen positive Reaktionen beim Menschen erzeugen.

14 Update. Frühere Diagnosen im Kampf gegen Alzheimer.

16 Research. Dem lauten Ruf aus Stanford folgt Julia Marschallinger.

18 Alumni. Von Salzburg nach

Linz und die erfüllende berufliche Arbeit für Thomas Hauser.

18 20 Research. Der Salzburger

Herzchirurg Roman Gottardi gewinnt mit Kollegen aus Südafrika einen renommierten Preis für neue chirurgische Methoden.

20 22 Round Table. Gibt es schon zu viele Spezialisten in der Medizin? Werden die Generalisten weniger? Experten am Runden Tisch suchen Antworten.

26 Very Personal. Der moderne

Pathologe ist kein Gerichtsmediziner. Primar Karl Sotlar im Porträt.

30 Research. Bergkrankheiten im

Offenlegung nach § 25 (2) des Mediengesetzes „Paracelsus Today“ ist das Universitätsmagazin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg. Die Themenschwerpunkte umfassen Aus- und Weiterbildung, Forschung sowie gelebte Kooperationen im Bereich Health Sciences. 3 Mal jährlich werden unsere Sponsoren, Partner, Freunde und Abonnenten über das Leben und Arbeiten an der Universität informiert. Herausgegeben wird das Magazin vom Rechtsträger der Universität, der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg – Privatstiftung. (FN 191581m, Landesgericht Salzburg), die damit gleichzeitig als Medieneigentürmer fungiert. Der Stiftungszweck ist vorrangig auf die Förderung, den Betrieb und Erhalt der Universität ausgerichtet.

Visier von Salzburger Forschern. Symposium im Frühjahr 2018 an der Paracelsus Universität.

36 Friends. Einfach großartig!

Der Alumni Club der Paracelsus Uni fördert seine Alma Mater.

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Spotlight

Schon ein kleines Wunder Medial in aller Munde, menschlich berührend und wissenschaftlich hochinteressant: Wie ein Team rund um Johann Bauer einem „Schmetterlingskind“ eine neue Haut – und ein neues Leben – geschenkt hat. Autor: Andreas Aichinger • Foto: Paracelsus Uni/wildbild

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on der „New York Times“ bis zur „Zeit im Bild“ von der „Washington Post“ bis zur „Presse“: Die Geschichte, die Mitte November für weltweite Schlagzeilen sorgte, ließ tatsächlich kaum jemanden kalt. Der Hintergrund: Durch gemeinsame Anstrengungen von Forschern und Dermatologen in gleich drei Ländern konnte das Leben eines kleinen Buben gerettet werden. Und zwar im Rahmen eines eindrucksvollen Lehrbeispiels für die Möglichkeiten einer wissenschaftsgeleiteten Medizin. Im Zentrum des medialen Interesses in Österreich stand dabei jener Mann, der auch einer der Väter des Erfolgs ist: Johann Bauer, Vorstand der Universitätsklinik für Dermatologie der Paracelsus Universität in Salzburg.

Letzte Hoffnung. „Ich war nicht sicher, ob das gutgehen wird. Insofern war es schon ein kleines Wunder“, erzählt Bauer. Was war geschehen? Im Juni 2015 war ein siebenjähriger Bub mit einer schweren Form der genetischen Hautkrankheit Epidermolysis bullosa (EB) in das Uniklinikum in Bochum eingeliefert worden. Die Haut dieser „Schmetterlingskinder“ bildet bereits bei geringsten mechanischen Belastungen Blasen, reißt ein und verursacht Wunden. Zusätzlich jedoch litt der kleine Hassan an einer bakteriellen Hautentzündung und hatte bereits rund 60 Prozent seiner Oberhaut eingebüßt. Quasi als letzte Hoffnung wandten sich die deutschen Ärzte in der Folge an zwei Experten, die bereits erste Erfolge mit einer speziellen Gentherapie erzielt hatten:

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den Italiener Michele De Luca, der in Modena ein Zentrum für regenerative Medizin betreibt und als Pionier der Methode gilt. Und an Johann Bauer, der 2014 erstmals in Österreich einer Patientin ein kleines Stück genkorrigierter Haut transplantiert hatte. Hassans neue Haut. Doch diesmal geht es ums Ganze. Johann Bauer stellt den deutschen Kollegen seine Unterlagen zur Verfügung und fliegt gemeinsam mit De Luca nach Bochum. „Wir haben uns den Knaben angesehen und die Biopsien entnommen, um die Stammzellen zu isolieren“, erzählt Bauer. In der Folge wird mit Hilfe von Retroviren ein gesundes Gen – im vorliegenden Fall einer „junktionalen“ EB handelt es sich um das LAMB3-Gen – in die Stammzellen eingebracht. Daraus werden Hauttransplantate in der Größe von zwölf mal zwölf Zentimetern Größe hergestellt und schließlich im Oktober 2015 gemeinsam transplantiert. „Dabei haben wir den Kollegen vor Ort die Technologie erklärt und sie sozusagen eingeschult“, sagt Bauer. Nach zwei weiteren OPs ist die gesamte Oberhaut (Epidermis) im Ausmaß von 0,85 Quadratmetern ersetzt – und die Sensation perfekt. Heute ist der mittlerweile neunjährige Junge wohlauf, seine neue Haut ist eingeheilt und übersteht Beanspruchungen ohne Schaden. Kleine Revolution. Der gerettete Bub ist auch der „Held“ einer aktuellen Publikation im Wissenschaftsjournal „Nature“, zu

Wir haben noch nie einen Menschen mit so viel genetisch korrigierter Haut bedeckt.“ Univ.-Prof. Dr. Johann Bauer, Vorstand der Universitätsklinik für Dermatologie in Salzburg

deren Autoren neben Bauer auch die Forschungsleiterin im Salzburger EB-Haus Austria, Julia Reichelt, zählt. Ihr wissenschaftlicher Input betrifft, vereinfacht gesagt, den Aspekt der Nachverfolgbarkeit der Stammzellen im Transplantat. Neu ist generell der Nachweis der so genannten „Holoklon“-Stammzellen als dauerhafte Quelle der Zellerneuerung. Bauer ist angesichts der „kleinen Revolution“ hochzufrieden: „Wir konnten erstmals beim Menschen zeigen, dass die Stammzellen der Haut tatsächlich die Oberhaut aufbauen können.“ Und weiter: „Das war für uns schon ein Meilenstein. Wir haben noch nie einen Menschen mit so viel genetisch korrigierter Haut bedeckt.“ Dabei betont der Klinikvorstand, dass all das ohne die privaten Spenden an die EB-Selbsthilfeorganisation „Debra Austria“ nicht möglich gewesen wäre. Und obwohl das Verfahren derzeit nur bei der genannten junktionalen EB-Form anwendbar ist, arbeitet der Dermatologe längst an einer Transferierung auf andere Gene und somit andere EB-Formen: „Derzeit läuft bei uns eine Studie mit zwölf Patienten mit einer dystrophen EB.“ Bauers optimistischer Nachsatz: „Das wird ganz ähnlich gemacht, wir haben schon drei Patienten behandelt.“ •

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Friends

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Autorisierter Mercedes-Benz Vertriebs- und Servicepartner; Unternehmen von Pappas sind: Georg Pappas Automobil GmbH, Pappas Automobilvertriebs GmbH, Pappas Auto GmbH, 5 Pappas Tirol GmbH, Pappas Steiermark GmbH, www.pappas.at


Short Cuts

Normen und Konventionen brechen!

Rektor Herbert Resch betonte die Wichtigkeit der Teamarbeit von Ärzteschaft und Pflege. 45 Humanmedizin- und 12 Pflegewissenschafts-Absolventen der Paracelsus Universität feierten im Herbst 2017 im außergewöhnlichen Ambiente des Hangar-7 ihren Studienabschluss und wurden vom Festredner aus Nepal mit einer klaren Botschaft in die Berufswelt geschickt. Prof. Ram Shrestha, Gründer des Dhulikhel Hospitals in Kathmandu und Rektor der Kathmandu University School of Medical Sciences, gab drei Ratschläge: Erstens: „Dream different – brechen Sie Normen und

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Konventionen.“ Zweitens: „Beharrlichkeit und Ausdauer sind der Schlüssel zum Erfolg.“ Drittens: „Setzen Sie sich keine zu engen Grenzen und lassen Sie sich nicht vom Ziel abbringen.“ Paracelsus-Rektor Herbert Resch ergänzte: „Der Erfolg einer medizinischen Leistung am Patienten hängt nicht nur von der ärztlichen Leistung ab. Er hängt ab vom Zusammenwirken der einzelnen Berufsgruppen, die an der Patientenbetreuung beteiligt sind – und hier wiederum ganz besonders von der Teamarbeit zwischen Ärzteschaft und Pflege.“

Doctores medicinae universae (Humanmedizin): Hans-Christoph Aster, Sebastian Bachmayer, Leopold Bauer, Anabel Berger, Ann-Katrin Bezler, Fabian Brunner, Birgit Burda, Sara Denicoló, Anna-Simone Düsing, Lukas Denkmayr, Arne Estler, Florentina Ferstl, Marie Frömmrich, Antonia Greb, Julia Garnweidner-Raith, Felix Hamler, Felix Hartig, Koloman Heil, Johannes Hubner, Philippa Jaeger, Karoline Kapellmann, Teresa Kiener, Sebastian Kis, Michael Kofler, Verena Köttstorfer, Christof Mittermair, Valentina Norz, David Oswald, Sara Padinger, Andreas Peer, Elena Pesch, Nadine Pillichshammer, Anna Ridder, Johanna Schmidt, Eva Schulz, Thomas Simetinger, Tobias Spingler, Victoria Stefanitsch, Lukas Steinkellner, Priska Summer, Arijan Tadzic, Clemens Vanicek, Tiziana von Müller, Johanna Webhofer, Bettina Wiener-Fererhofer

Bachelors of Science in Nursing (Pflegewissenschaft 2in1-Modell): Christina Dorfmayr, Hannes Eiblwimmer, Miriam Hartl, Nicole Lindorfer, Julia Semper, Patrick Stieglbauer, Sandra Winklmayr

Festredner Ram Shrestha aus Nepal: „Klare Vision, ehrliche Mission und Ausdauer.“

Bachelors of Science in Nursing (Pflegewissenschaft Online): Markus Altenburger, Gertrud Fahlbusch, Susanne Goller, Thomas Hofbauer, Karl-Heinz Richert

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Short Cuts

Golfen für ein Stipendium Die Capital Bank Salzburg veranstaltete im Golf & Country Club Gut Altentann ein Charity-Golfturnier zugunsten der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität. Bei herrlichem Herbstwetter setzten begeisterte Golfer aus Medizin, Wirtschaft und Industrie ihr Können ein, um möglichst viele Nettopunkte zu erspielen. Insgesamt wurde ein Betrag von Euro 10.000,- eingespielt. Mit diesem Geld werden Studierende, die sich die Studiengebühr nicht leisten können, mit einem Stipendium unterstützt. In seiner Dankesrede unterstrich Rektor Prof. Herbert Resch die Wichtigkeit der Förderung begabter Studierender unabhängig ihrer sozialen Herkunft. „Durch universitätseigene Stipendien und sonstige finanzielle Beihilfen stellen wir sicher, dass finanzielle Aspekte kein Ausschlusskriterium für ein Studium an der Paracelsus Universität sind. Wir sind der Capital Bank Salzburg sehr dankbar, dass sie uns mit dieser Wohltätigkeitsveranstaltung dabei unterstützt.“

Seit dem Spatenstich im Herbst 2017 schreiten die Bauarbeiten zum „Haus D“ der Paracelsus Uni rasch voran.

Bauen für die Wissenschaft

Peter Karpe (li.) und Roman Zlabinger (re.) von der Capital Bank überreichten Finanzchefin Vera Coreth und Rektor Herbert Resch den Turniererlös von 10.000 Euro.

Kurz vor Studienstart erfolgte im Herbst 2017 der Spatenstich zum neuen Lehr- und Forschungsgebäude „Haus D“. In diesem von den Architekten Berger+Parkkinen geplanten Universitätsgebäude wird hauptsächlich die Pharmazie untergebracht sein. Es wird auf insgesamt 3000 m2 Nutzfläche die Büros von Studiengangsleitung und -organisation, alle Räumlichkeiten für die Pharmazielehre und -forschung sowie Übungslabors und eine Übungsapotheke beheimaten. Die Bautätigkeiten erfolgen in einer sehenswerten Rasanz, die Fertigstellung wird Ende 2018 erfolgen. Bis dahin sind die Studierenden in adäquaten Ersatzräumen untergebracht.

Health Science-Diplome Elf Studierende des Universitätslehrgangs „Health Sciences & Leadership“ durften kürzlich das Diplom zur Akademischen Expertin bzw. zum Akademischen Experten entgegennehmen. Zu diesem Meilenstein am Weg zum Masterabschluss gratulierten die Mitglieder der Studiengangsleitung – Univ.-Prof. Christian Pirich (Dekan für Studium und Lehre), Dr. Elfriede Biehal-Heimburger, Mag. Barbara Karitnig und Univ.-Prof. Thomas Schneidhofer – sowie Priv.Doz. Paul Sungler, Geschäftsführer der Salzburger Landeskliniken, Universitätsklinikum der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität. Die Studierenden erwerben in vier Semestern

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berufsbegleitend fundierte Kenntnisse und Kompetenzen in den Bereichen Health Sciences, Leadership und Management im Gesundheitswesen. Darüber hinaus sind der Umgang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie deren Nutzung und das selbstständige wissenschaftliche Arbeiten wichtige Elemente der Weiterbildung. In der aus unterschiedlichen Berufsgruppen zusammengesetzten Studierendengruppe ist das Schwerpunktthema „interprofessionelle Zusammenarbeit“ besonders nutzenstiftend. Alle Akademischen Expertinnen und Experten führen die Weiterbildung bis zum „Master of Science“ fort.

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Inside

Gasteiner Naturressourcen auf der Spur Vorstand Prof. Markus Ritter und Dr. Martin Gaisberger, wissenschaftlich-operativer Leiter (im Bild von links).

Das 1936 gegründete Forschungsinstitut Gastein (FOI) ist seit 10 Jahren Teil der Paracelsus Universität. Vorstand Prof. Markus Ritter und Dr. Martin Gaisberger, wissenschaftlich-operativer Leiter, erzählen anlässlich des Jubiläums über die Schwerpunkte und Pläne des Instituts. Paracelsus Today: Was sind die Forschungsschwerpunkte Ihres Instituts? Dr. Martin Gaisberger: Der wissenschaftliche Fokus des Forschungsinstituts Gastein liegt auf dem natürlich vorkommenden Edelgas Radon und umfasst sowohl grundlagenwissenschaftliche als auch klinische Forschung. Radon wird seit langer Zeit als natürliches Heilmittel bei vielen verschiedenen Krankheitsformen angewendet. So befinden sich aktuell zwei klinische Studien zu Neurodermitis und Osteoarthritis sowie eine multizentrische Registerstudie in der Umsetzungs- bzw. Auswertungsphase. Ziel ist es, die Wirkungsweise von balneo- und späleotherapeutischen Radonanwendungen bei verschiedenen Krankheitsbildern nach Gesichtspunkten der modernen evidenzbasierten Forschung zu untersuchen und die molekulare und zelluläre Wirkungsweise von Radon auf den Körper zu entschlüsseln.

institut wurde bereits im Jahr 1936 gegründet und ist seit 10 Jahren Teil der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität. Es ist in das Institut für Physiologie und Pathophysiologie integriert, wo den Forschenden des FOIs ein breites Spektrum an wissenschaftlicher Infrastruktur zur Verfügung steht. Das klare Ziel war schon damals, die Heilwirkung des Edelgases Radon zu erforschen. Diese Frage beschäftigt uns natürlich auch noch heute, jedoch haben sich die Wege, Möglichkeiten und Rahmenbedingungen stark verändert. Seit der Neuorganisation des Forschungsinstituts Gastein und seiner Angliederung an die Paracelsus Medizinische Privatuniversität konnten zahlreiche neue wissenschaftliche Akzente gesetzt werden.

Paracelsus Today: Welche

Erfolge kann das Forschungsinstitut Gastein nach einer Dekade feiern? Dr. Martin Gaisberger: Neben publizier-

ten klinischen Studien konnte das Forschungsinstitut Gastein in den letzten zwei Jahren ein späleo- und balneologisches Kurregister etablieren. Dieses Register soll dauerhaft die Effektivität von Kuranwendungen bei speziellen Indikationen beobachten und so zur Weiterentwicklung und Verbesserung dieser traditionellen Therapieformen beitragen.

Paracelsus Today: Welche Pläne bzw. Zukunftsperspektiven gibt es? Prof. Markus Ritter: Klares Ziel ist es, das Institut weiter auszubauen und den Erfolg der Heilverfahren durch wissenschaftliche Studien abzusichern. Wir wollen uns noch stärker mit nationalen und internationalen Forschungsgruppen vernetzen, die auf ähnlichen Gebieten arbeiten. Gelungen ist diese gewinnbringende Vernetzung bereits durch die Mitgliedschaft im Ludwig Boltzmann Cluster für Arthritis und Rehabilitation. Interview: Sabine Ritzinger

Paracelsus Today: Mit welchem Ziel ist das FOI gestartet und wie hat es sich bis heute entwickelt? Prof. Markus Ritter: Das Forschungs-

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Radon wird seit langer Zeit als natürliches Heilmittel bei vielen verschiedenen Krankheitsformen angewendet.

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Wenn Hörgeräte nicht mehr helfen S

chlecht hören ist eine Einschränkung, die man nicht hinnehmen muss. Denn für jede Art von Hörverlust und jedes Alter gibt es eine Lösung. Prim. Dr. Thomas Keintzel, Vorstand der HNOAbteilung am Klinikum Wels-Grieskirchen, beantwortet Für Sie die häufigsten Fragen aus der Praxis rund ums Thema Hören. Trotz meiner Hörgeräte höre ich schlecht. Gibt es eine Lösung? Wenn trotz optimaler Hörgeräte-Versorgung das Sprachverstehen weiterhin schlecht ist, sollte mit einem Hörtraining versucht werden, eine Verbesserung zu erzielen. Wenn auch damit kein Einsilberverstehen von zumindest 40% bei 70 dB erreicht werden kann, besteht die Indikation für ein Hörimplantat.

die OP-Terminvereinbarung und infolge dann die stationäre Aufnahme zur Operation. Der stationäre Aufenthalt beträgt in der Regel 4 Tage, die OP-Dauer etwa 1 Stunde. Am 10. Tag nach der Operation erfolgt die Nahtentfernung. Die Erstanpassung des Sprachprozessors erfolgt ca. 2-3 Wochen nach dem Eingriff. Hört man mit einem Implantat auch in lauter Umgebung gut? Mit einem Hörimplantat kann das Sprachverstehen auch in geräuschvoller Umgebung deutlich verbessert werden. Welche Kosten entstehen und wer bezahlt diese? Die Kosten für das Implantat und die Operation werden vom Krankenhausträger und der Krankenkasse übernommen. Dem Patienten entstehen dabei, unabhängig vom Alter, keine Kosten. Kann ich mit meinem Hörimplantat medizinische Untersuchungen (CT, MRI, Röntgen, etc.) durchführen lassen? Mit den meisten aktiven Hörimplantaten sind MRT Untersuchungen möglich. CT Untersuchungen sind in jedem Fall möglich.

Prim. Dr. Thomas Keintzel, Vorstand der HNO-Abteilung am Klinikum WelsGrieskirchen

Rechtzeitige Diagnose und Behandlung von Schwerhörigkeit ist wichtig.

Bringt mir das Hörimplantat einen Nutzen, wenn ich fast nichts mehr höre? Gerade wenn das Hörvermögen so reduziert ist, dass die Unterstützung durch ein Hörgerät zu gering ist, kann mit Hörimplantaten das Sprachverstehen wieder hergestellt werden. Bin ich zu alt für ein Hörimplantat? Eine Altersobergrenze für Hörimplantate gibt es nicht. Die Entscheidung für ein Implantat hängt von dem definierten Behandlungsziel ab.

Wie ist das Procedere? Wie lange dauert die OP? Wie lange muss ich im Krankenhaus bleiben? Was geschieht danach? Nach einer Voruntersuchung, bei welcher abgeklärt wird, ob ein Implantat indiziert ist, erfolgt

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Es ist nie zu spät gut zu hören! Implantationen werden in Österreich an allen Universitätskliniken und den meisten Landeskliniken durchgeführt. Die Kosten trägt das Gesundheitssystem. Weitere Information unter:

ZENTRUM HÖREN | Fürstengasse 1, 1090 Wien +43(0)1-317 24 00 | office@zentrum-hoeren.at zentrum-hoeren.at | medel.com

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Ich höre nur auf einem Ohr sehr schlecht, brauche ich dann überhaupt ein Implantat? Die Erfahrung der letzten Jahre mit einseitig ertaubten Patienten hat gezeigt, dass ein Cochlea Implantat das ertaubte Ohr wieder rehabilitieren kann und dadurch ein besseres Sprachverstehen bei Umgebungslärm sowie ein Richtungshören wieder erlangt werden kann. Es stellt somit eine sehr gute Option für Patienten mit einseitig hochgradigem Hörverlust dar, die den Wunsch nach einer Verbesserung ihres Hörvermögens haben.

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Focus on

Is it a Gift? Gift?

Mütterlicher Stress und Depressivität während der Schwangerschaft können möglicherweise Schutzmechanismen beim Baby aktivieren.“ Es war wieder einmal eine jener Forschungsmeldungen, die ganz offensichtlich mit Vorsicht genossen werden wollen. Denn was Psychologen der Universität Basel da gemeinsam mit internationalen Kollegen im Rahmen einer Studie beobachtet haben wollten, klang in seiner verkürzten Version wirklich ungewöhnlich: Moderater Stress von werdenden Müttern während der Schwangerschaft soll – allen instinktiven Vermutungen zum Trotz – messbare Vorteile für die Babys haben und deren Resilienz sogar fördern. Konkret hatte sich anhand von Nabelschnurblut-Analysen von Neugeborenen gezeigt, dass erhöhte Konzentrationen von Stresshormonen, erlebte Belastungen und sogar depressive Symptome der Mütter während der Schwangerschaft von interessanten epigenetischen Veränderungen beim Kind begleitet waren. Stärkt Stress Babys? Dabei handelte es sich um eine reduzierte Methylierung des Oxytocinrezeptor-Gens, was dieses Gen besser aktivierbar macht. Und das wiederum hat eine verbesserte Wirkung des auch für soziale Bindungen verant-

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Die Dosis macht den Unterschied zwischen gefährlichem Gift und nützlicher Arznei, schon Paracelsus wusste das. Was aber, wenn das „Gift“ aus Stress, Anstrengung, Hunger oder gar Strahlung besteht? Autor: Andreas Aichinger * Foto: iStock

wortlichen „Kuschelhormons“ Oxytocin und eine womöglich höhere Resilienz in einer belastenden Umgebung zur Folge. Unwillkürlich kommt einem das alte, durchaus etwas abgedroschene Nietzsche-Wort in den Sinn: „Was mich nicht umbringt, macht mich stärker.“ Doch ganz so einfach ist die Sache dann doch nicht: Denn die Beobachtungen bei Babys lassen natürlich noch lange nicht auf eine bessere geistige Widerstandskraft im späteren Leben schließen. Vor allem aber gilt längst als gesichert, dass zu viel Stress oder gar traumatische Erlebnisse während der Schwangerschaft durchaus mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für spätere psychische Störungen und auch körperliche Erkrankungen einhergehen. Was wiederum zu der spannenden Frage führt: Kommt es etwa auch beim Stress auf die Dosis an? Paracelsus-Insider wissen natürlich, wer der wahre Vater des Dosis-Gedankens gewesen ist. „Alle Dinge sind Gift, und nichts ohne Gift; allein die Dosis macht’s, dass ein Ding kein Gift sei“, hatte Theophrastus Bombastus von Hohenheim – der sich ab 1529 „Paracelsus“ nannte – im Jahr 1538 formuliert. Es ist nicht zuletzt dieser Gedanke, dem Paracelsus seine heutige Bekanntheit ver-

dankt und der ihn zum Urvater der Toxikologie und Pharmakologie adelt. Dass der Namenspatron der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in letzter Zeit besonders oft zitiert wird, ist aber nicht zuletzt einem Toxikologen von heute zu verdanken: dem US-Amerikaner Edward Calabrese von der University of Massachusetts Amherst. Calabrese gilt nämlich als bekanntester Vertreter und wichtigster Promotor eines Konzepts respektive einer Hypothese, das tatsächlich perfekt in der Tradition von Paracelsus steht. Der Grundgedanke dabei: Nicht nur bestimmte Substanzen, sondern auch andere vordergründig schädliche Einflüsse und Belastungen – von Stress wie im eingangs genannten Beispiel über Hunger bis hin zu radioaktiver Strahlung – können in entsprechender Dosierung positive Auswirkungen haben. Das sprachliche Etikett für diese Hypothese entspricht dem griechischen Wort für „Anregung“ oder „Anstoß“: Hormesis! Gemeint ist somit ganz allgemein formuliert eine positive biologische Reaktion, die durch niedrig dosierte schädliche Einwirkungen zustande kommt. In entsprechenden Dosis-Wirkungs-Kurven zeigen sich hormetische Effekte durch meist J- oder U-förmige

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Focus on

Verläufe: Die positiven Effekte verstärken sich demnach innerhalb der „hormetischen Zone“ mit steigender Dosis bis zu einem Maximum, verringern sich danach jedoch mit weiterer Erhöhung der Dosis, um schließlich nach Überschreiten eines Schwellenwertes die eigentlich erwarteten Negativeffekte hervorzurufen. Bestimmte Toxine, Hitze, Kälte, körperliche Anstrengung und Sport, mentale Belastungen und Stress, Fasten-Episoden, ionisierende Strahlung – die Liste potenziell „hormetischer“ Herausforderungen ist lang. Wobei natürlich keineswegs die schädlichen Einwirkungen selbst gesund sind, sondern erst die Reaktion des Organismus darauf einen gesundheitlichen Mehrwert bringt, etwa durch verstärkt stimulierte Reparatur- und Abwehrmechanismen. Die Steigerung der zellulären Widerstandskraft führt am Ende im Idealfall dazu, dass auch künftige Belastungen besser bewältigt werden können. Und das würde sich durchaus perfekt in eine Reihe etablierter oder boomender Methoden – von Kneipp-Kuren bis hin zum Dinner-Cancelling – einfügen. „Fasten ist eine Herausforderung für das Gehirn“, sagt Mark Mattson von der Johns Hopkins School of Medicine in Baltimore. Der Neurowissenschafter und Aging-Forscher gehört zu jenen Wissenschaftern, die sich intensiv mit dem Hormesis-Thema beschäftigt haben. Und Mattson verweist auch gerne auf den tieferen Sinn, den durch Hunger verbesserte Gehirnfunktionen in der Evolution gehabt haben könnten: Wenn Hunger einen Nahrungsmangel anzeigt, wird eine Konzentration aller kognitiven Ressourcen – etwa bei der Jagd – zur Überlebensfrage. Das Wirkungsprinzip aus der Sicht Mattsons sieht so aus: Nervenzellen reagieren auf Nahrungsentzug, indem sie molekulare Abwehrmechanis-

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men aktivieren. So produzieren sie unter anderem spezielle Proteine – so genannte „neurotrophe Faktoren“ – die das Überleben der Zelle begünstigen. Spannend: Einer der Nebeneffekte ist demnach auch eine Reduktion genau jener Peptide, die für die Plaque-Ablagerungen im Gehirn bei Alzheimer verantwortlich sind. Zur Erinnerung: „Fasten ist das beste Heilmittel“, so formulierte es einst Vor-Denker Paracelsus. Sport: Sweet Spot? Darüber besteht heute Einigkeit: Wer sich körperlich anstrengt, sich bewegt oder am besten Sport betreibt, tut seiner Gesundheit etwas Gutes. Und zwar, obwohl es dabei durchaus zu winzigen Verletzungen der Muskelfasern kommt. Warum Sport trotzdem gesund ist, dafür könnte es jetzt eine zusätzliche Erklärung geben. Den Schlüssel dazu lieferte erst vor wenigen Monaten eine Arbeit des Endokrinologen E.

Dale Abel von der University of Iowa. In aller Kürze: Leichter Stress im Stoffwechsel des Muskelgewebes führte im Versuch mit Mäusen zu einem deutlichen Anstieg des Hormons „FGF21“ in den Muskelzellen. Und das wiederum sorgte in der Folge dafür, dass ausgerechnet diesen Tieren Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes erspart blieben. Der Wissenschafter dazu: „Die allgemeine Schlussfolgerung aus unserer Studie ist, dass es wahrscheinlich einen ‚hormetischen’ Sweet Spot gibt, an dem etwas Muskelstress Vorteile für den Stoffwechsel haben könnte.“ Auch hier könnte somit erst die Belastung den gesundheitlichen Mehrwert mit sich bringen. Gemüse & Gammastrahlen. Sogar für den Gesundheitseffekt von Gemüse- und Obstgenuss haben Hormesis-Anhänger eine einschlägige Erklärung: Pflanzen setzen zur Selbstverteidigung gegen Schädlinge unterschiedliche Toxine ein, die auch ►

Toxine, Hitze, Kälte, Stress und Strahlung: Haben sie auch positive Effekte?

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Focus on

Paracelsus als Vater des DosisGedankens inspiriert die Verfechter der Hormesis-Hypothese. BUCHTIPP: Das Prinzip der Widerstandskraft Der deutsche Evolutionsbiologe Richard Friebe hat mit „Hormesis – Das Prinzip der Widerstandskraft“ das bisher ausführlichste Buch zum Thema vorgelegt. Seine Botschaft „wenn wir Gifte und Stressfaktoren richtig einsetzen, kann das der Schlüssel zu einem gesunden, produktiven, langen Leben sein“ hat der Autor in ein überraschend vielseitiges Werk gepackt, das kaum einen in Frage kommenden Zugang ausspart. Von Epigenetik bis Fußball, von Molekularbiologie bis zum Plumpsklo spannt sich der weite Bogen des populärwissenschaftlichen Bandes. Im Kapitel zur „Paracelsischen Wende“ formuliert der Autor sein Credo: „Hormesis ist zu universell, zu wichtig, zu lebenswichtig sogar, als dass man sie weiter ignorieren könnte.“ Hormesis - Das Prinzip der Widerstandskraft Wie Stress und Gift uns stärker machen Richard Friebe Hanser-Verlag 2016, 360 Seiten, 21,90 Euro, ISBN: 978-3446443112

wir beim Verzehr in geringen Dosen zu uns nehmen. Auch das verursacht leichte Stressreaktionen, die verschiedene Zellen unseres Körpers widerstandsfähiger machen. Während der Konsum von Obst und Gemüse nicht zuletzt aufgrund der enthaltenen Antioxidantien als gesundheitsfördernd angesehen wird, vermuten gar nicht wenige Experten dahinter (auch) Hormesis-Effekte. Ein sehr gutes Beispiel dazu sind Paranüsse, die reich an Selen sind. Das Spurenelement ist im Übermaß giftig, in geringer Dosierung jedoch überaus wertvoll, etwa für die Regulation des Schilddrüsen-Stoffwechsels. Und dann wäre da noch – als wahrscheinlich umstrittenstes Hormesis-Beispiel – die Sache mit der Strahlung. Auch hier glauben manche, dass es selbst bei ionisierender Strahlung nicht nur eine unbedenkliche, sondern im hormetischen Sinn sogar eine gesundheitsfördernde Dosis geben könnte. Als Beispiel dafür wird gerne das so genannte „Kobalt-60 Ereignis“ in der taiwanesischen Hauptstadt Taipeh ins Treffen geführt: 10.000 Menschen in 1700 Wohnungen waren – verursacht durch kontaminierten Baustahl – bis zu 20 Jahre lang der Gammastrahlung von Kobalt-60 ausgesetzt gewesen. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2006 kam zu dem völlig unerwarteten Ergebnis, dass der Prozentsatz an Krebstoten in den Wohnungen weit unter dem Bevölkerungsschnitt gelegen hatte … Die Grenzen. Doch spätestens hier scheiden sich die Geister. Verschiedene Expertengremien sind nach wie vor der Ansicht, dass es bei ionisierender Bestrahlung einfach keine unbedenkliche Dosis gibt. Die Ergebnisse bisheriger Studien würden nicht ausreichen, um vom Prinzip „so wenig Strahlung wie möglich“ abzugehen. Fakt ist jedenfalls: Vieles liegt auch in Sachen Hormesis-Hypothese naturgemäß noch im Dunkeln. Besonders ein etwaiger Schwellenwert, ab dem

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eine Reaktion dann doch toxisch wirkt, wird schwer zu bestimmen sein – und noch dazu von Mensch zu Mensch individuell unterschiedlich ausfallen. Auch das Schicksal von Paracelsus – er dürfte nach heutigem Wissensstand an allzu viel Quecksilber gestorben sein – ist in diesem Zusammenhang eine nicht unparadoxe Warnung. Vor allem aber wird der durchaus plausible Gedanke einer Hormesis-Wirkung mit Sicherheit auch pseudowissenschaftlichen Scharlatanen Tür und Tor öffnen, die sich so in der Nähe eines Erklärungsmusters sonnen werden. Und vor allem: Es ist durchaus vorstellbar, dass sich schon bald Atomlobby, Pestizid-Hersteller und Co. die Hormesis auf ihre PR-Fahnen heften könnten, um die Auswirkungen ihrer jeweiligen Emissionen wenn schon nicht schön- so doch zumindest kleinzureden. Die Chancen sind aber ebenfalls real. Wieviel Potenzial in einer genaueren wissenschaftlichen Betrachtung von Dosierungen stecken könnte, zeigt beispielsweise eine aktuelle Publikation aus „Nature Medicine“: Darin wird experimentell gezeigt, dass die Behandlung mit Tetrahydrocannabinol (THC) – und zwar in einer niedrigen Dosierung, die keine Rauschwirkung erzielt – bei Mäusen offenbar die Alterungsvorgänge im Hippocampus aufhalten und das Gedächtnis der Tiere „verjüngen“ kann. Die Wissenschafter vom Institut für Molekulare Psychiatrie der Universität Bonn fanden bei Folgeuntersuchungen zudem heraus, dass die niedrig dosierte THC-Behandlung die Synapsendichte im Gehirn von älteren (nicht aber von jüngeren) Tieren erhöht hatte. Ausgestattet mit der nötigen Vorsicht und einer gesunden Portion Skepsis könnte die Beschäftigung mit Hormesis-Effekten jedoch tatsächlich noch viele spannende Ergebnisse – um nicht gleich von einer „Paracelsischen Wende“ (siehe Buchtipp) zu sprechen – zu Tage fördern. •

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Update

lles gegen lzheimer

Nicht nur anlässlich des Welt-Alzheimertages rückt die heimtückische Seuche des Alters in den Fokus. Mit neuem Wissen und bewährten Methoden wird auch in Salzburg und Nürnberg der Kampf gegen das Vergessen geführt. Autor: Andreas Aichinger. Fotos: iStock, Klinikum Nürnberg

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Millionen AlzheimerKranke in aller Welt könnte es weltweit im Jahr 2050 geben, schätzen Experten. Jedenfalls, wenn der derzeitige Trend – begünstigt durch eine steigende Lebenserwartung – nicht gestoppt werden kann. Bereits seit den 90er-Jahren wird alljährlich am 21. September der WeltAlzheimertag begangen, um die Öffentlichkeit auf die Situation der Betroffenen aufmerksam zu machen. In Österreich fungiert die Österreichische Alzheimer Gesellschaft (ÖAG) als Drehscheibe in puncto Öffentlichkeitsarbeit, Forschung und Unterstützung der Kranken und ihrer Angehörigen. Im Rahmen ihrer 30. Jahrestagung Ende Oktober hatte die ÖAG erneut Vertreter verschiedener mit Alzheimer konfrontierter Berufsgruppen zum Wissens- und Erfahrungsaustausch – diesmal nach Salzburg – eingeladen. Organisiert wurde die Tagung von Wolfgang Staffen, Oberarzt an der Universitätsklinik für Neurologie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität sowie Leiter der Memoryklinik. Alzheimer-Expertise in Salzburg. Staffen hatte die Veranstaltung als Ta-

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gungspräsident in diesem Jahr nach Salzburg geholt: „Die Jahrestagung der Österreichischen Alzheimer Gesellschaft ist nicht nur eine Zusammenschau rezenter Entwicklungen auf internationaler Ebene, sondern auch als Grundlagenvermittlung an praktizierende Ärzte und Pflegefachkräfte gedacht.“ Sogar pflegende Angehörige würden die Veranstaltung besuchen. Staffen steuerte auch selbst einen Vortrag zu den neuen Möglichkeiten der Bildgebung in der Diagnose und Prognose von Demenzen bei: „Diese Ansätze werden in der Klinik bereits eingesetzt und können zu einer exakteren und auch früheren Diagnose beitragen.“ Die so genannte „Netzwerk-Degenerationshypothese“ bei Alzheimer wiederum stand im Zentrum des Vortrags von Martin Scherr, Assistenzarzt an der Universitätsklinik für Neurologie in Salzburg. Die Analyse von Netzwerkveränderungen im Gehirn von Demenzpatienten geht von der Hypothese aus, dass die Zusammenarbeit von Neuronenverbänden in der „Gedächtnisregion“ Hippocampus gestört ist. Die mögliche Folge: Diese Gedächtnisregion isoliert sich und verkümmert schließlich.

Mehr Innovation, weniger Pillen. Neuigkeiten gibt es aber auch aus ganz anderen Bereichen, wie etwa der Vortrag der französischen Neuropsychologin Gaën Plancher von der Lumière University in Lyon zeigte. Plancher hat einen innovativen Test rund um eine virtuelle Stadt entwickelt, der subjektive Gedächtnisbeschwerden sehr gut aufzeigt und sich bereits als Gedächtnis-Assessment bewährt hat. Wie in einem Computerspiel spaziert man dabei durch eine virtuelle Stadt und soll nach dem Spaziergang angeben, woran man sich erinnert. War der Hydrant vor oder hinter dem Kiosk und welche Farbe hatte er? Bin ich danach links oder rechts abgebogen? Die gute Nachricht dazu: Yvonne Höller, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universitätsklinik für Neurologie der Paracelsus Universität, hat die virtuelle Stadt mit ihrem Team übersetzt und in Salzburg neu implementiert. Das Werk der Psychologin und Informatikerin wird mittlerweile in mehreren Studien eingesetzt. Für ein Umdenken in der täglichen Pflege hingegen plädierte die Psychiaterin Michaela Defrancesco. Die Leiterin der Gedächtnisambulanz an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psycho-

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Update

Neue Bildgebungsmöglichkeiten in der Diagnose und Prognose von Demenzen können zu einer exakteren und auch früheren Diagnose beitragen.“ Assoc.-Prof. Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Staffen, Oberarzt an der Universitätsklinik für Neurologie in Salzburg

therapie in Innsbruck mahnte zu einem sparsamen Umgang mit Beruhigungsmitteln. Ihre wichtige Botschaft: Wenn Alzheimer-Patienten unruhig werden, hilft ein kleiner Spaziergang oft weitaus besser als ein Medikament. Noch kein Durchbruch. Wie eine Zusammenschau aktueller internationaler Studien im Rahmen der ÖAG-Jahrestagung zeigt, ist ein echter Durchbruch noch nicht in Sicht. Und dennoch gibt es vielversprechende Ansätze, die in einem Fall ebenfalls aus Salzburg kommen: Ludwig Aigner, Vorstand des Instituts für Molekulare Regenerative Medizin

Eine frühe diagnostische Abklärung, wie sie etwa die Nürnberger „Gedächtnissprechstunde“ (Bild oben) anbietet, kann den raschen Beginn einer Behandlung sicherstellen.

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der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, konnte bekanntlich vielversprechende Ergebnisse unter Verwendung des Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten „Montelukast“ liefern. Der eigentlich für Asthmamedikamente verwendete Wirkstoff hatte Gedächtnis und Lernleistung von Ratten deutlich verbessert. Derzeit läuft eine neue Studie in Kooperation mit Lungenfachärzten, um etwaige kognitive und neurophysiologische Veränderungen zu dokumentieren. Gedächtnissprechstunde Nürnberg. Am Universitätsklinikum in Nürnberg, wo sich der zweite Standort der Paracelsus

Medizinischen Privatuniversität befindet, hat man gute Erfahrungen mit den so genannten „Gedächtnissprechstunden“ gemacht. Bereits im Jahr 2000 war hier die Gedächtnissprechstunde der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie als erste und bislang einzige Einrichtung dieser Art in Nürnberg eingeführt worden. Mit wissenschaftlich bewährten Testverfahren werden dabei das Gedächtnis und andere geistige Funktionen wie Konzentrationsvermögen oder Orientierungssinn überprüft. Die Untersuchungen nehmen beim Ersttermin etwa eineinhalb Stunden in Anspruch, nach einer Woche findet eine Nachbesprechung statt. Dieses Angebot hilft dabei, eine frühe diagnostische Abklärung und den raschen Beginn einer Behandlung sicherzustellen. Das Voranschreiten der Demenz kann so verzögert werden, Patienten können sich länger eine höhere Lebensqualität erhalten. Der Leiter der Gedächtnissprechstunde, der Nürnberger Psychologe Hartmut Lehfeld, rät indes vor allem auch zur Vorsorge: „Gesunde Ernährung, viel Bewegung und geistige Aktivität sowie ein reges soziales Leben helfen, das Gehirn gegen Alzheimer zu immunisieren.“ •

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Research Julia Marschallinger erwartet nach der Postdoc-Anstellung ein Dreijahresvertrag als Wissenschafterin im Wyss-Coray Lab. Instituts für Molekulare Regenerative Medizin. Das Labor von Prof. Ludwig Aigner war kurz zuvor von Regensburg an die Paracelsus Universität nach Salzburg gezogen.“ Sie einigte sich mit ihrem neuen Arbeitgeber auf eine 30-Stunden-Woche, um nebenher ihre Dissertation abschließen zu können.

Rückkehr nach Stanford

Von der Zoologin zur Gehirnforscherin: Ihr ungewöhnlicher Karriereweg führte die Wissenschafterin Julia Marschallinger erst durch Zufall an die Paracelsus Universität und dann aufgrund herausragender Leistungen an die Stanford University. Autorin: Sabine Ritzinger • Foto: Paracelsus Universität

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ung an Jahren, reich an Forschungserfahrung – so könnte man Julia Marschallinger vom Institut für Molekulare Regenerative Medizin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) in Salzburg beschreiben. Seit rund acht Jahren ist die 34-Jährige als Wissenschafterin im Team rund um Institutsvorstand Ludwig Aigner tätig und leitet den Forschungsschwerpunkt „Aging und Neurodegenerative Erkrankungen“. 18 Publikationen zeugen von ihrer wissenschaftlichen Arbeit, 2015 machte sie mit Forschungsergebnissen zur Gehirnalterung von sich reden, die sogar in der

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renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ abgedruckt wurden. Start in der Histologie. Dabei sei ihre berufliche Orientierung eigentlich einem Zufall geschuldet, erzählt Marschallinger. Für die Verfassung der Doktorarbeit ihres Zoologiestudiums an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg hatte sie ein einjähriges Dissertationsstipendium erhalten, musste sich allerdings selbstständig um die weitere Finanzierung kümmern. „Durch Zufall erfuhr ich von einer freien Stelle als technische Assistentin in der Histologie des

In den zwei Jahren als technische Assistentin an der PMU stellte die junge Wissenschafterin ihre Doktorarbeit zum Thema „Auswirkungen unterschiedlicher Temperaturbehandlung von Fischembryos auf die Wachstumsentwicklung der Muskelzellen“ fertig und begann sich für die Neurowissenschaften und das menschliche Gehirn zu interessieren. Und so nahm sie das Angebot Ludwig Aigners für eine Vollzeit-Postdoc-Stelle an seinem Institut gerne an und arbeitete an eigenen Forschungsprojekten zur Gehirnalterung. Bis sie im August 2015 eine einmalige Chance ereilte: Forschungsstipendium. Julia Marschallinger erhielt das renommierte HerthaFirnberg-Stipendium des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) zugesprochen, in dessen Rahmen hervorragend qualifizierte Wissenschafter für 36 Monate finanziert werden. Mit inbegriffen sind bis zu 12 Monate Forschungsaufenthalt im Ausland. Wohin der Weg führen könnte, wusste die Forscherin zu diesem Zeitpunkt bereits: Sie hatte ein Jahr zuvor Prof. Tony Wyss-Coray, einen bekannten Neurowissenschafter und Spezialisten für Gehirnalterung an der Stanford University, bei Elektonenmikroskopie-Auswertungen unterstützt. Durch Vermittlung von Institutsvorstand Ludwig Aigner, der den gebürtigen Schweizer kannte, wurde der Forschungsaufenthalt im Wyss-Coray Lab rasch fixiert. Wobei zwei weitere Umstände von Vorteil waren, erklärt Marschallinger: „Meine Art zu arbeiten hatte ihm gefallen – und ein nicht

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Friends

unter einem Dach

unwichtiger Faktor war, dass meine Finanzierung durch das Stipendium gesichert war.“ Und so zog die gebürtige Oberösterreicherin im August 2015 nach Kalifornien; zur Untermiete in ein Zimmer bei einem Künstlerehepaar. „Stanford ist sehr teuer und die meisten Postdocs wohnen zur Untermiete oder in einer Wohngemeinschaft.“ Aus ihren früheren Elektronenmikroskopie-Untersuchungen heraus übernahm sie in Stanford ein neues Projekt, in dem sie die Unterschiede der Entzündungszellen im jungen und im alten Gehirn und deren Auswirkungen auf die Gehirnalterung untersuchte. Das Forschungsprojekt wurde indes größer und Julia Marschallinger erhielt einen technischen Assistenten als Unterstützung beigestellt. Nach Ablauf des Forschungsjahres fragte Prof. Wyss-Coray, ob die Österreicherin ihren Forschungsaufenthalt in seinem Labor verlängern könnte. Und nach Rückfrage beim FWF wurde ihr ein weiteres halbes Jahr wissenschaftliche Arbeit an Mein erster der Stanford University genehmigt. Forschungsaufenthalt

in Stanford war so

Stanford mit Fixanstelspannend, dass ich mich lung. Der Eindruck und auf die neuen Herausfordie Lücke, die sie im Wyss-Coray Lab nach derungen im Wyss-Coray ihrer Rückkehr nach Lab sehr freue.“ Salzburg hinterlassen Dr. Julia Marschallinger, hat, dürften nachhaltig Wissenschafterin am Institut für gewesen sein: Prompt Molekulare Regenerative Medizin folgte das Angebot für eine fixe Postdoc-Anstellung in Stanford. Wenn Julia Marschallinger ihr aktuelles Projekt (zur Wirkung des Asthmamedikaments Montelukast für die Behandlung altersabhängiger neudegenerativer Erkrankungen) an der Paracelsus Universität abgeschlossen hat, übersiedelt sie Anfang Dezember 2017 abermals in die USA. Doch dieses Mal wird es ein Abschied für länger: Der Postdoc-Stelle bis Oktober 2018 wird eine Stelle als Wissenschafterin mit einem Dreijahres-Arbeitsvisum folgen. „Da fast 3000 Postdoktoranden aus aller Welt in Stanford arbeiten, werde ich bestimmt wieder nette Freundschaften schließen können. Darüber hinaus hat meine Gastfamilie mein altes Zimmer freigehalten“, freut sich die Neurowissenschafterin. Zweimal im Jahr möchte sie künftig in ihre alte Heimat reisen, um ihre Familie zu besuchen – und den Familienanhang: „Mein Pferd und meine beiden Kaninchen, die ich sehr vermissen werde.“ •

ParacelsusToday 3/2017

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Alumni

Kinder sind unglaubliche Patienten Seine Leidenschaft für Neurochirurgie hat Thomas Hauser, Summa-cum-laude-Absolvent des Humanmedizinstudiums an der Paracelsus Universität, schon während des Studiums entdeckt. Am Kepler Universitätsklinikum in Linz hat er sich auf die neurochirurgische Behandlung von Kindern spezialisiert. Autorin: Sabine Ritzinger • Fotos: Paracelsus Universität, privat

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ein Arbeitsplatz an der Kinderneurochirurgie des Kepler Universitätsklinikums in Linz ist ein Ort, an dem sich Thomas Hauser trotz der langen und intensiven Dienste wohlfühlt. „Kindern mit einer Operation zu helfen, ist eine erfüllende Aufgabe – Kinder und deren Familien wieder glücklich zu sehen, ein sehr gutes Gefühl“, sagt der 34-Jährige. Auch sein Einsatz als Lehrender der Linzer Medizinstudierenden in den Fächern Anatomie, Physiologie und Neurochirurgie erfüllt ihn mit großer Freude. Komplexes Fach. Der Absolvent der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität wechselte nach Beendigung seiner Facharztausbildung zum Neurochirurgen in Salzburg 2014 nach Linz und spezialisierte

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sich auf die Behandlung von Kindern. „Die Kinderneurochirurgie ist anspruchsvoller als die allgemeine Neurochirurgie: Alles hat kleinere Dimensionen und man darf bei dem geringen Blutvolumen der kleinen Patienten keinen Tropfen Blut zu viel verlieren“, erklärt Thomas Hauser. Dass Kinder ein unglaubliches Regenerationspotenzial hätten – selbst nach schweren SchädelHirn-Traumen – und „vieles wegstecken, was Erwachsene nicht überleben“, fasziniert ihn. Hausers Weg in die Medizin war indes nicht vorgezeichnet. „Meine Eltern haben keinen Maturaabschluss. Ich hatte auch keine frühen Erfahrungen mit der Medizin, allerdings ein Interesse an Biochemie und Gentechnologie“, erzählt der gebürtige

Wiener. So besuchte er die HTL für Chemie mit dem Plan, nach deren Abschluss Molekularbiologie zu studieren. Doch vorher ging es noch zum Bundesheer, wo er seinen Wehrdienst als Rettungssanitäter abdiente – und seine Leidenschaft für die Medizin entdeckte. Vater und Mutter rieten vom Arztberuf ab; zu groß war die Angst der beiden, dass ihr Sohn beim damals noch herrschenden Ärzteüberschuss keinen Job erhalten könnte. Leistungsorientierter PMU-Stipendiat. Schließlich bewarb sich der junge Mann 2003 für das Medizinstudium an der neu errichteten Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg und wurde prompt aufgenommen. Als Sohn einer alleinerziehenden Mutter war er bei der Finanzierung seines Studiums auf Stipendien angewiesen. Er erhielt von der Paracelsus Universität eine Unterstützung aufgrund der sozialen Bedürftigkeit, aber auch in Form eines Leistungsstipendiums. Darüber hinaus wurden Nebenjobs in die wenige Freizeit gepackt. Die Strukturen an der jungen Universität waren noch im

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Thomas Hauser bei seiner Arbeit am Kepler Universitätsklinikum Linz: „Die Kinderneurochirurgie ist anspruchsvoll und erfüllend.“

Aufbau; die Studierenden des allerersten Jahrgangs konnten zwar noch vieles mitgestalten, „aber es war auch anstrengend, immer unter Beobachtung zu stehen“, schmunzelt Hauser. Die Zusammengehörigkeit in seinem Jahrgang sei „aufgrund der sehr unterschiedlichen und speziellen Charaktere“ nicht besonders intensiv gewesen, nicht so homogen wie in den Jahrgängen danach. Bereits früh im Studium absolvierte er ein Praktikum an der Universitätsklinik für Neurochirurgie in Salzburg. Das Forschungstrimester im vierten Studienjahr verbrachte der ausgezeichnete Student an der Yale School of Medicine bei Prof. John Geibel am Department für Chirurgie und Zelluläre und Molekulare Physiologie. Eine spannende Zeit für ihn, nicht nur aufgrund seiner Arbeit in der biochemischen Grundlagenforschung, sondern auch hinsichtlich der Rahmenbedingungen, die dort herrschten. „Yale ist das, was jeder einzelne Student mitbringt – anders als bei uns müssen sich die Studierenden um vieles selbst kümmern. Es ist auch beeindruckend, wie sie selbstständig eigene Projekte und Hilfseinsätze auf die Beine stellen“, betont Hauser. Feuer gefangen. Die Stunde der Begeisterung für sein jetziges Fach schlug, als Neurochirurgin Prof. Monika Killer-Oberpfalzer von der Universitätsklinik für Neu-

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rologie in Salzburg den exzellenten Studenten zur Mitarbeit in ihrem Labor einlud: „Ich durfte bei einer Gehirn-Bypass-OP unter dem Mikroskop assistieren und war vollkommen hingerissen – ich wollte das für den Rest meines Lebens machen.“ Die Freude war beiderseits und mündete schließlich in eine längere Zusammenarbeit mit der international anerkannten Expertin im Bereich der Neurointervention, die speziell im Bereich interventionelle Schlaganfalltherapie einen hervorragenden Ruf genießt. Seine Famulaturen im fünften Studienjahr absolvierte Thomas Hauser schließlich gezielt im Bereich der Neurochirurgie, und zwar in Wien, Salzburg und München. Bei Prof. Killer-Oberpfalzer fand er nicht nur eine spannende Beschäftigung, sondern auch sein privates Glück: Thomas Hauser lernte dort die damalige PMU-Medizinstudentin und jetzige Ehefrau Anna kennen und lieben („Wir haben im Labor viel Zeit miteinander verbracht und waren auch gemeinsam beim Roten Kreuz.“). Seine Frau, die ihr Medizinstudium an der Paracelsus Universität 2011 abschloss, wird gerade mit der Facharztausbildung zur Neurochirurgin fertig. Zurzeit lernt das Ehepaar Japanisch, da für nächstes Jahr eine Japan-Reise mit einem Kurs beim berühmten Bypass-Chirurgen Prof. Rokuya Tanikawa auf dem Programm steht. Und als wäre das nicht schon genug

Der begeisterte Sportler findet bei Extrem-Skitouren und im Triathlon den Ausgleich zum anstrengenden Beruf.

Gehirntraining, spielt der Wahl-Linzer in seiner kargen Freizeit auch noch begeistert Schach. Den körperlichen Ausgleich findet er im Triathlon: „Wenn ich aufgrund meiner Arbeit erschöpft bin, finde ich bei diesem Sport immer neue Energien und der Kopf wird frei.“ •

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Research

Die SüdafrikaConnection Der Salzburger Herzchirurg Roman Gottardi hat mit einer medizinischen Innovation von sich reden gemacht: Sein „helikaler nicht-okklusiver Ballonkatheter“, den er mit seinem Team und mit Kollegen aus Kapstadt entwickelte, gewann einen internationalen Award und soll in Kürze in die erste klinische Anwendung gehen. Autorin: Sabine Ritzinger • Foto: Rainer Mirau

Herzchirurgen Barnard ist der Österreicher Prof. Peter Zilla, der seit 27 Jahren die „Chris Barnard Division of Cardiothoracic Surgery“ an der University of Cape Town (UCT) leitet. Der derzeitige Forschungsfokus von Peter Zilla liegt in der Entwicklung von Transkatheter-Herzklappen für den Dritte-Welt-Markt mit neuen Materialien und simplifizierten Operationsmethoden. Dazu wurde ein helikaler nicht-okklusiver Ballon zum Sprengen der verengten Herzklappen und Implantieren der neu entwickelten Klappen geschaffen. Bei einem Forschungsaufenthalt in Kapstadt im Oktober 2015, zusammen mit Primar Rainald Seitelberger, kam Roman Gottardi auf die Idee, einen solchen Ballonkatheter auch für eine andere Anwendung zu adaptieren: zum Anmodellieren thorakaler AortenStent-Grafts.

Roman Gottardi (li.) erhielt von Miguel Sousa Uva, Präsident der European Association For Cardio-Thoracic Surgery, den renommierten TechnoCollege Innovation Award verliehen.

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ob und Gratulationen von Fachkollegen muss man sich hart verdienen. Roman Gottardi, Oberarzt an der Universitätsklinik für Herzchirurgie in Salzburg, wurden in letzter Zeit viel davon zuteil. „Der Gewinn des Techno-College Innovation Awards – mit zahlreichen internationalen Mitbewerbern im Rennen – ist eine tolle Bestätigung für unsere Arbeit“, freut sich der gebürtige Innsbrucker. Die Auszeichnung, die er auch stellvertretend für das internationale Entwicklungsteam und den Vorstand der Salzburger Herzchirurgie, Prof. Rainald Seitelberger, entgegennahm, erhielt Gottardi für die Entwicklung eines neuartigen nicht-okklusiven Ballonkatheters im Rahmen des Europäi-

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schen Herz-Thorax-Chirurgie-Kongresses im Oktober 2017 in Wien überreicht. Der renommierte Preis richtet sich an Mediziner, Forscher, Techniker und Innovatoren aus dem Bereich der Thorax- und Herzchirurgie, die technologische Durchbrüche bei chirurgischen Methoden oder Medizinprodukten erreichen. Am Anfang stand die Idee. Die Inspiration zu seiner Innovation fand Gottardi bei einem Besuch in Südafrika, genauer: am Groote Schuur Hospital in Kapstadt. Die Klinik ist weltbekannt, führte doch dort Christiaan Barnard mit seinem Team 1967 die weltweit erste Herztransplantation durch. Nachfolger des legendären

Komplexe Weiterentwicklung. Die Besonderheit und Vorteile der medizinischen Erfindung, des „helikalen nicht-okklusiven Ballonkatheters“ („A truly non-occlusive stent-graft moulding balloon for thoracic aortic repair“), rühren daher, dass bisher bei Stent-Graft-Implantationen ausschließlich komplett okklusive (verschließende) Ballone verwendet werden. Um ein Verrutschen des Ballons und – noch schlimmer – des Stent-Grafts zu verhindern, muss bei einem Eingriff mit dieser Art von Ballonen das Herzzeitvolumen kurzfristig reduziert werden. „Dieser Nachteil fällt bei unserer Innovation, dem nicht-okklusiven Ballon, weg, da die Aorta nicht verschlossen

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Research

wird“, erklärt Gottardi. Dadurch kann der behandelnde Arzt in aller Ruhe und ohne Zeitdruck den Stent-Graft anmodellieren, was diesen Teilschritt auch sicherer für die Patienten macht. Für das neue Anwendungsgebiet musste der bereits von den Kollegen in Kapstadt erfundene nichtokklusive Ballonkatheter weiterentwickelt und deutlich verändert werden, was sich auch in zwei neuen Patentanmeldungen niedergeschlagen hat. Kontinente-Projekt. Die Entwicklungsarbeit wurde gemeinsam mit Kollegen der Chris Barnard Division for Cardiac Surgery am Groote Schuur Hospital an der University of Capetown in Angriff genommen, was regelmäßige Kapstadt-Aufenthalte Gottardis und die intensive Kommunikation des Salzburger Teams und der südafrikani-

schen Mediziner- bzw. Engineering-Truppe in Skype-Konferenzen erforderte. „Aus der ursprünglich veranschlagten Entwicklungszeit von drei Monaten wurden schließlich eineinhalb arbeitsintensive Jahre, die sich aber gelohnt haben“, erzählt der Salzburger Herzchirurg. Auch wenn das neue, innovative Produkt nun fertig ist, geht die Arbeit daran weiter: Zurzeit werden – wieder in Teamarbeit mit den Kollegen in Kapstadt – die notwendigen Unterlagen für die erste klinische Anwendung vorbereitet. „Und in weiterer Folge erhoffen wir uns im Laufe des nächsten Jahres die Zertifizierung unserer Erfindung“, erläutert der 41-Jährige. Durch diese neue Kooperation mit Prof. Zilla und der University of Capetown können nun auch zwei Medizinstudierende der Paracelsus Universität pro Jahr dort ihr Forschungstrimester absolvieren. •

Die Zusammenarbeit mit den Kollegen des berühmten Groote Schuur Hospitals in Kapstadt war mit einigen Besuchen und vielen Skype-Konferenzen verbunden.“ Priv.-Doz. Dr. Roman Gottardi, Oberarzt an der Universitätsklinik für Herzchirurgie in Salzburg

Die Stent-Graft-Implantation Bei der aortalen Stent-Graft-Implantation handelt es sich um ein minimal-invasives Verfahren, bei dem über die Leiste eine zusammengefaltete Prothese in Position gebracht wird, den erkrankten Bereich der Hauptschlagader abdeckt und damit vom Blutstrom exkludiert. Der Stent-Graft ist die Kombination aus einem stabilisierenden Drahtgeflecht (Stent) und einem künstlichen Blutgefäß aus Kunststoff (Gefäßprothese). Thorakale Aorten-Stent-Grafts sind selbstexpandierend und werden nach der Positionierung und Entfaltung mit einem Ballonkatheter an die Aortenwand anmodelliert, um die Abdichtung des Stent-Grafts zu verbessern.

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Round Table

Generalist vs. Spezialist: Wie verändert sich das Arztbild? Schon klar: Der enorme Wissenszuwachs in der Medizin zwingt zur Spezialisierung. Aber wenn es immer mehr Spezialisten und immer weniger „Generalisten“ gibt – welche Folgen hat diese Entwicklung? Ein Runder Tisch zu einem sehr komplexen Thema. Autorin: Ilse Spadlinek • Fotos: Paracelsus Uni/wildbild, iStock Ärztekammer-Präsident Forstner: „Die Spezialisierung ist nicht aufzuhalten.“

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Allgemeinmedizinerin Mörwald: „Sehe meine Zukunft nicht als Einzelkämpferin.“

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er generelle Trend zur Spezialisierung zeigt sich besonders in der Medizin. Nicht nur die Allgemeinmedizin, auch der Internist „alter Schule“ mit umfassenden Kenntnissen der inneren Organsysteme, oft auch im hausärztlichen Bereich tätig, bekommt mittlerweile wenig Nachschub. Was bedeutet das für die Patienten, für das Gesundheitssystem und seine Schnittstellen? Wieviel Kompetenz bleibt für den einzelnen Arzt oder die Ärztin in dieser Welt der Differenzierung und Arbeitsteilung? Wie verändert sich das Arztbild? Warum sind „allgemeine“ Fächer für Studierende so wenig attraktiv? Gleich zu Beginn der Gesprächsrunde meinte Karl Forstner, Angiologe am Universitätsklinikum und Präsident der Salzburger Ärztekammer, „…es gibt hier so viele verschiedene Ebenen, wir können das jetzt gar nicht alles diskutieren“. So war es – und so ist es auch auf den folgenden Seiten von „Paracelsus

Internist Paulweber: „Ohne Gegensteuerung verlieren wir den allgemeinen Internisten.“

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Today“, wo wir die Meinungen unserer Gesprächsteilnehmer nur auszugsweise wiedergeben können. Mit am Runden Tisch saßen Bernhard Paulweber, Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin, Klara Mörwald, Allgemeinmedizinerin und Alumna der Paracelsus Universität, und Naturwissenschafter Martin Jakab, Dozent am Institut für Physiologie und Pathophysiologie der Paracelsus Uni. Paulweber: Ich nehme schon wahr, dass die jungen Kollegen andere Vorstellungen von ihrem Zeitmanagement haben, vor allem in der Allgemeinmedizin ist das ein Thema. Das ist für Hausärztinnen und -ärzte sicher schwieriger als für Spezialisten. In der Inneren Medizin geht es jedenfalls sehr in Richtung Spezialisierung. Wenn man hier nicht gegensteuert, verlieren wir den allgemeinen Internisten, der sich in vielen Fachgebieten auskennt und eine breite internistische Ausbildung hat. Die jungen Leute wollen möglichst schnell fertig werden, das ist jetzt leichter durch

Physiologe Jakab: „Wird vernetztes Denken über Systeme hinaus zu wenig gelehrt?“

die neue EU-konforme Ausbildungsreform. Aber sie müssen sich sehr früh entscheiden, welchen Weg sie gehen wollen. Zu früh, meine ich, und ich bin gespannt, wie viele die länger dauernde Ausbildung zum allgemeinen Internisten noch in Kauf nehmen werden, wo doch schon jetzt so viele in die Subspezialisierung drängen. Ich fürchte, so wird man die Probleme, die auf uns zukommen, nicht lösen können. Schaut man sich die Bevölkerungsstruktur an, dann ist es die Gruppe der über 60-Jährigen, die am stärksten wächst. Das könnten später Patienten mit komplizierten, polymorbiden Krankheitsbildern sein. Die Spezialisten werden hier nicht ausreichen, wir brauchen eine gewisse Anzahl von „Generalisten“, die diese Patienten sinnvoll versorgen und die Ressourcen dorthin geben, wo sie wirklich gebraucht werden. Forstner: An sich ist die Spezialisierung ein Strom, der nicht aufzuhalten ist. Einer Gefahr kann man entgegentreten, nämlich den Spezialisten in seinem Fach allein zu lassen. Es ist wichtig, die Verbindung zu den Nachbardisziplinen sicherzustellen und über das eigene Arbeitsfeld hinaus einen weiten Horizont zu behalten. Für den Spezialisten ist es entscheidend, in der eigenen Routine verankert zu haben, dass es nicht nur um ein Teilproblem, um die Dysfunktion eines Organs geht, sondern immer der Mensch in seiner Gesamtheit betroffen ist. Bei der Problematik in der Allgemeinmedizin ist ein Hauptpunkt: Auch die Allgemeinmedizin ist ein eigenes Fach, es wird nur als solches nicht begriffen. Bisher hat sich die Politik geweigert, den „Facharzt für Allgemeinmedizin“ zu installieren, wir haben dafür in Österreich aber auch keine generelle Ausbildungsinitiative. Hier müsste man ►

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Round Table

Für mich als Allgemeinmedizinerin ist der allgemeine Internist der wichtigste Ansprechpartner.“ Dr. Klara Mörwald

schon beim Studium an den Universitäten ansetzen. Ein Vorschlag von uns ist, dass man 25 Prozent der Diplomarbeiten aus dem Bereich Allgemeinmedizin an allen Universitäten einrichten und verpflichtend machen sollte. Dadurch werden die Universitäten veranlasst, entsprechende Strukturen aufzubauen. Ich glaube, gerade wegen der starken Differenzierung in der Medizin könnte die Allgemeinmedizin noch attraktiver sein. Mörwald: Mein Vorteil war, dass ich das Leben als Hausärztin von zuhause her kenne. Gerade deshalb habe ich mich für Allgemeinmedizin entschieden, obwohl meine Mutter immer sagte „Kind, mach‘ ja ein Fach!“ Sie ist seit 15 Jahren Hausärztin in Bischofshofen und mittlerweile froh darüber, dass ich ihre Ordination übernehmen werde. Ich kenne vom Turnus im Landeskrankenhaus die verschiedensten, auch hochspezialisierte, Abteilungen – die Allgemeinmedizin hat von allem etwas, das war für mich das Allerwichtigste. Zu uns in die Ordination kommen junge Akutpatienten, Alte und chronisch Kranke, Mütter und ihre Kinder und wir kennen auch das soziale Umfeld unserer Patienten. Ich habe mir auch überlegt, was wichtig wäre als Aufwertung für dieses Fach. Das wäre tatsächlich die Ausbildung zum „Facharzt für Allgemeinmedizin“, denn auch Sprache schafft Wirklichkeit.

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Jakab: Als Naturwissenschafter und Lehrender stellt sich für mich die Frage, ob an der Entwicklung nur die Rahmenbedingungen beteiligt sind oder ob nicht auch die Fähigkeit, wirklich systemisch zu denken, immer mehr verloren geht. Abgesehen von der postpromotionellen Ausbildung könnte sich auch das Studium an den Universitäten so verändert haben, dass es die Leute schon früh in Richtung Spezialisierung treibt. Vielleicht wird vernetztes Denken über Systeme hinweg zu wenig gelehrt und betrieben – nämlich die Komplexität über Organe und Gewebe hinweg vernetzend zu betrachten. Da kommt der Physiologie und der Pathophysiologie eine Paraderolle zu. In unseren Lehrveranstaltungen bemühen wir uns sehr darum, den Studierenden beizubringen, über den Tellerrand hinaus zu schauen und mehrere Dinge gleichzeitig und systemübergreifend in Betracht zu ziehen. Das könnte zumindest ein Beitrag zur Lösung des Problems sein. Forstner: Ich gebe Ihnen recht: Es ist wichtig, vernetzendes und grenzübergreifendes Denken möglichst früh zu erlernen. Es ist schon so, dass die Universitäten Facharztmedizin vorleben, das geschieht ohne böse Absicht. Allein die Frage, was eine medizinische Karriere bedeutet, fokussiert sehr stark in diese Richtung. Wenn es uns also nicht gelingt, hier Strukturen zu schaffen, die in beide Richtungen gehen – also Spezialisierung gleichberechtigt mit Generalisierung – dann kann es keine gute Entwicklung geben. Aber ich sehe auch positive Entwicklungen. Die Vernetzung von Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen schreitet voran, hier gibt es viel Bewegung. Gruppenpraxen, Ärztezentren, Jobsharing, es gibt auch die Vernetzung mit an-

deren Berufsgruppen. Die Umbauten in der Medizin brauchen lange, das muss man wachsen lassen. Mörwald: Auch ich sehe meine Zukunft nicht als Einzelkämpferin. Zurzeit tut sich wirklich viel, ich bin schon sehr neugierig auf die weitere Entwicklung der Primärversorgung. Zur Vernetzung mit anderen Ärzten: Für mich als Allgemeinmedizinerin ist der allgemeine Internist der wichtigste Ansprechpartner. Es ist angenehm, ihn mit Fragen zur Schilddrüse ebenso löchern zu können wie mit Fragen zur Diabetes beispielsweise. Diesen Dialog halte ich für unverzichtbar. Wenn es um eine sehr komplexe Therapie geht – oder wenn ich einfach nicht weiterweiß oder nicht ganz sicher bin, dann schicke ich den Patienten weiter. Was ich auch beobachte, ist der Unterschied zwischen Stadt und Land. Plakativ gesagt: In Großarl zum Beispiel kommt jeder zum Hausarzt, in der Stadt geht jeder, der sich ein bisschen verletzt hat, ins Unfallkrankenhaus. Paulweber: Es ist überhaupt wichtig, das Thema der „Generalisten“ und „Spezialisten“ auch ins Bewusstsein von Patienten zu rücken. Wir kennen das „Doctorshopping“, viele wandern quasi von einem Spezialisten zum anderen, sehen sich mit unterschiedlichen Meinungen konfrontiert und bekommen unterschiedliche Medikamente verschrieben. Wenn es hier keinen gibt, der den Überblick hat und das ein bisschen steuert, dann kann sich das sehr nachteilig für die Patienten auswirken. Es ist schon so: Ohne Spezialisten gibt es keine moderne Medizin – aber Generalisten wie Allgemeinmediziner und allgemeine Internisten sind ebenso unverzichtbar. •

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Round Table

5 G E N E R AT I O N E N

1 LEIDENSCHAFT

DER

MONDSEER AUS DEM MONDSEELAND

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Aus bester Heumilch aus dem Mondseeland, liebevoll gekäst im Mondseeland.25


Very Personal

Pathologische Exzellenz in Salzburg Seit dem Vorjahr leitet der Rheinländer Karl Sotlar das Universitätsinstitut für Pathologie. Er sieht sein Fach in einer Rolle als therapeutischer Lotse, ausgestattet mit modernsten molekularpathologischen Methoden. Autor: Andreas Aichinger • Foto: SALK

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atürlich!“ kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen. Ob er mit dem durch zig Kriminalfilme geprägten Zerrbild der Pathologie zu kämpfen habe, das war die Frage an Karl Sotlar gewesen. Doch Sotlar, der seit Mai 2016 Vorstand des Universitätsinstituts für Pathologie der Paracelsus Universität ist, weiß längst, wie er einschlägigen Klischees am besten begegnen kann – mit Fakten und Zahlen: „Ich erkläre dann, dass der moderne Pathologe eben nicht der aus dem TV bekannte Gerichtsmediziner ist, sondern dass er heute ganz andere Aufgaben hat.“ 45.000 feingeweblichen Untersuchungen im Jahr würden am Institut lediglich etwa 300 Obduktionen gegenüberstehen. Die Folge: „Dann wird vielen relativ schnell klar, wie die Gewichtung aussieht.“ Und vielleicht noch entscheidender: Wer den Ausführungen Sotlars folgt, dem wird rasch klar, dass das verstaubte Bild aus dem Jahre Schnee dem einer mit modernsten Methoden arbeitenden Molekularpathologie weichen muss. Auftrag zur Modernisierung. Eigentlich wollte Karl Sotlar ja immer Chirurg werden, wie der 52-Jährige lachend erzählt. Doch bald nach dem Studium in Düsseldorf „kam alles ganz anders“ und er fängt am pathologischen Institut des Universitätsklinikums Tübingen, das als

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eines der ersten in Deutschland bereits eine molekularpathologische Einheit hat, endgültig Feuer für das Fach. 2007 wechselt der mittlerweile habilitierte gebürtige Rheinländer nach München, wo er zuletzt als stellvertretender Institutsdirektor am Pathologischen Institut der Ludwig-Maximilians-Universität tätig ist. Der Ruf in die Mozartstadt im Jahr 2016 und die Möglichkeit, ein größeres universitäres Institut quasi als „Krönung der wissenschaftlichen Karriere“ führen zu können, reizen den Deutschen auf Anhieb. Umso mehr, als am Salzburger Pathologie-Institut verstärkt neue molekularpathologische Methoden und Technologien eingeführt werden sollen: „Es war ja der explizite Auftrag an mich, die Molekularpathologie zu modernisieren.“ Forscher und Impulsgeber. Ein Beispiel dafür ist die so genannte MultiplexImmunhistochemie, die den Nachweis gleich mehrerer Proteine an einem einzigen Gewebeschnitt und somit letztlich einen effizienten Umgang mit den hauchdünnen Proben ermöglicht. Hintergrund: „Für manche Fragestellungen benötigen wir viele Gewebeschnitte und manchmal ist das Material aufgebraucht, bevor wir alle Fragen beantworten konnten.“ Wie spannend wissenschaftliche Pathologie sein kann, zeigt indes nicht zuletzt Sotlars eigene Forschungsarbeit, die sich

im Prinzip um drei Schwerpunkte dreht: Schon während seiner Zeit in Tübingen konnte er bereits „relativ früh beginnen, wissenschaftlich zu arbeiten“, damals geht es um den Nachweis von Humanen Papillomviren im Zusammenhang mit Gebärmutterhalskrebs. „Längst wurden aufgrund meiner Arbeiten entsprechende Tests entwickelt“, ist der Institutsvorstand stolz. Sein Nachsatz: „Ich habe eigentlich immer sehr gerne molekulare Tests für verschiedene Fragestellungen in der Krankenversorgung entwickelt.“ Methodenvielfalt. Dann wäre da als zweiter Forschungsschwerpunkt die Prognosebestimmung beim Mammakarzinom samt verbesserter Therapieprädiktion, ebenfalls mit modernen Molekularmethoden. Und schließlich gilt Sotlars wissenschaftliches Interesse so genannten Mastozytosen, also seltenen Formen von Tumorerkrankungen des blutbildenden Systems, die allerdings schwer nachweisbar sind. Dennoch: „Wir haben therapeutische Targets gesucht und gefunden und somit einen Test entwickelt, der einen Nachweis ermöglicht.“ Karl Sotlar erhält dafür 2005 mit dem RudolfVirchow-Preis die höchste wissenschaftliche Auszeichnung, die die Deutsche Gesellschaft für Pathologie zu vergeben hat. In Salzburg bringt er, der sich als „ruhig und ausgeglichen“ beschreibt,

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Very Personal

Die Pathologie ist zum Lotsen in der Therapie und zum unverzichtbaren Glied in der Behandlungskette geworden.“ Univ.-Prof. Dr. Karl Sotlar, Vorstand des Universitätsinstituts für Pathologie in Salzburg

seit dem Vorjahr sein Wissen, seine Begeisterung für pathologische Forschung sowie neue Methoden ein: Patho-Exzellenz in Salzburg. So ist das Uniklinikum Salzburg seit vergangenem Jahr eines der wenigen Zentren in Österreich, an denen mit Hilfe von Untersuchungen bestimmter Tumorsuppressor-Gene (der BRCA-Gene) Mutationen festgestellt werden können, die unter anderem Brust-, Prostata- und Bauchspeicheldrüsen-Krebs begünstigen. Genexpressionen sollen schon bald mit „Hybridisierungssonden“, die über 800 Gene in einer Untersuchung exakt quantifizieren können, analysiert werden. Weiters ist ein Exzellenz-Zentrum für die Diagnostik und Therapie von Mastozytosen geplant. Im klinischen Alltag kommt der Präsenz der Pathologen in Tumorboards immer größere Bedeutung zu: „Die Pathologie muss sich permanent einbringen und gegebenenfalls auch Therapievorschläge durch die Onkologen korrigieren.“ Klar, dass durch molekularpathologisches Know-how zielgerichtetere Tests durchgeführt und so letztlich an Leid, Frust und Geld gespart werden kann.

versitäre Anbindung nie nach Salzburg gekommen wäre, ebenfalls ein Herzensanliegen. Vor allem diese: „Die Pathologie ist insbesonders durch die Immunhistochemie und die Molekularpathologie zum Lotsen in der Therapie und zum unverzichtbaren Glied in der Behandlungskette geworden. Zum Lotsen, der den Klinikern Information für die weitere Therapie liefert. Diese Funktion wollen wir weiter ausbauen.“ Als Lehrender will der Vater zweier Kinder, der mit einer Kinderärztin verheiratet ist, nicht zuletzt abstrakte Krankheitsbegriffe mit Bildern verbinden: „Die Studierenden sollen sich später immer an die mikroskopischen und makroskopischen Bilder erinnern, die zu einer Krankheit gehören. Und ich will ihnen natürlich die neuesten Erkenntnisse – vor allem in der molekularen Pathogenese – vermitteln.“• vermitteln.“

Paracelsus Patho Power. Eine Botschaft an die Studierenden der Paracelsus Universität ist Sotlar, der ohne uni-

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Mustertext Body Check

Erfrierungen

Autor: Arno Hintersteininger • Fotos: iStock, Rudolf Hametner

erwischt Dehydratation. Die Hautläsionen heilen unter konservativer Wundbehandlung ohne Narbenbildung ab. Grad III: Wasser-Kristallbildungen, Mangeldurchblutung (Ischämie), Gefäßthrombosen sowie irreversible Gefäßschäden sind die pathophysiologische Grundlagen der drittgradigen Erfrierung. Klinisch kommt es zu irreparablen Gewebszerstörungen mit Nekrosen und Gangränbildung. Erst nach Wochen ist das Ausmaß sicher beurteilbar, wenn sich eine deutliche Abgrenzung zum vitalen Gewebe (=Demarkation) herausstellt.

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ie Erfrierung ist ein lokaler Kälteschaden, der vor allem schlecht isolierte und kälteexponierte Körperstellen betrifft. Chronische Kälteschäden entstehen durch wiederholte Kälteeinflüsse leichteren Grades (Frostbeulen), während akute Erfrierungen durch eine einmalige, intensive Kälteeinwirkung verursacht werden. Manchmal treten Erfrierungen zeitgleich mit allgemeiner Unterkühlung auf, was bis zum Herz-Kreislauf-Stillstand führen kann. SYMPTOME UND DIAGNOSE: Die Schädigung des Gewebes hängt von der Temperatur, der Expositionsdauer und der betroffenen Körperstelle ab. End-

gültige Gewebeschäden können oft erst nach Tagen oder Wochen beurteilt werden. Die Diagnose resultiert aus der Anamnese sowie dem klinischen Befund und umfasst die Ermittlung der Schweregrade und Ausdehnung der Erfrierungen. ERFRIERUNGSGRADE: Grad I: Klinisch ist das betroffene Hautareal initial blass und unterkühlt sowie gefühlslos. Nach Wiedererwärmung kommt es zu einer Hautrötung, verbunden mit Schwellung und Schmerzen. Grad II: Durch eine Durchblutungsminderung kommt es zum Verlust von Plasmawasser, verbunden mit einem massiven, eiweißreichen Ödem, Blasenbildung und

Dr. Arno Hintersteininger ist Oberarzt an der Universitätsklinik für Dermatologie in Salzburg.

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THERAPIE: Nasse und beengende Kleidung entfernen und auf Windschutz achten. Die betroffenen Körperstellen müssen hochgelagert werden, um ein Anschwellen zu verhindern. Wichtig ist, auf aktive Muskelbewegung zu achten und keine mechanischen Traumen, wie zum Beispiel durch Einreiben, herbeizuführen. Die Erwärmung von Innen mittels heißer, gezuckerter Getränke ist ratsam. Besonders heftige Gewebeschäden entstehen bei wiederholtem Einfrieren und Auftauen. Daher ist es empfehlenswert, die betroffenen Körperstellen erst am Ziel (Krankenhaus) aufzutauen: am besten im Wasserbad bei 30 Grad beginnend, innerhalb einer Stunde auf 40 Grad ansteigend. Blasen sollen nur unter sterilen Bedingungen geöffnet und antiseptisch versorgt werden. Angebracht sind eine Tetanusprophylaxe, die Gabe von Schmerzmitteln, hyperbarem Sauerstoff, Vasodilatatoren (gefäßerweiternden Medikamenten) und niedermolekularem Heparin. Drittgradige Erfrierungen erfordern in der Regel ein Abwarten der Demarkation sowie chirurgisches Vorgehen.

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Research

Forschung in dünner Luft An der Universitätsklinik für Anästhesiologie führt ein Team von Höhenmedizinern aufwändige und viel beachtete Studien durch. Darüber hinaus gibt es Im kommenden Frühjahr ein hochkarätig besetztes höhenmedizinisches Symposium an der Paracelsus Universität. Autor: Wolfgang Bauer * Fotos: SALK

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ie höhenmedizinische Forschung am Uniklinikum Salzburg ist untrennbar mit der Person Marc Moritz Berger verbunden. Der Leitende Oberarzt und stellvertretende Leiter an der Universitätsklinik für Anästhesiologie, Perioperative Medizin und Allgemeine Intensivmedizin in Salzburg (Vorstand Peter Gerner) kam 2013 an die Klinik. Im Jahr 2014 ging der begeisterte Bergsportler daran, höhenmedizinische Forschung am Uniklinikum zu etablieren. Darüber hin-

Das Forschungslabor auf der Margheritahütte wurde mit viel Aufwand eingerichtet.

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aus wurde die Salzburg Mountain Medicine Research Group (SMMRG) mit dem Schwerpunkt Pathophysiologie, Prophylaxe und Therapie von Höhenkrankheiten ins Leben gerufen. Eine wichtige Disziplin in Anbetracht der Tatsache, dass Bergsport in großen Höhen mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Erste Studie. Im Jahr 2015 wollte das Team der SMMRG herausfinden, ob die Akute Bergkrankheit (ABK) mit Symptomen wie Kopfschmerz, Übelkeit, Erbrechen, Schlaf- und Appetitlosigkeit durch die Methode des Remote Preconditionings (RPC) verhindert werden kann. „Wenn man die Arme oder Beine von der Durchblutung des Körpers kurzzeitig fernhält – was durch das Aufpumpen von Blutdruckmanschetten geschieht – dann kommt es in den Extremitäten zu einem Sauerstoffmangel. Dadurch werden Botenstoffe gebildet und nach dem Öffnen der Manschetten in den Organismus freigesetzt. Wir wollten wissen, ob dies vor einem weiteren Sauerstoffmangel schützt, wie er in der Höhe gegeben ist“, erklärt Marc Berger. Durchgeführt wurde die Studie in den Berner Alpen, am Fuße des weltbe-

rühmten Dreigestirns von Eiger, Mönch und Jungfrau. Das RPC erfolgte in Lauterbrunnen auf einer Seehöhe von rund 750 Metern. 40 gesunde, aber nicht höhenangepasste Teilnehmer wurden in zwei Gruppen geteilt. Bei den 20 Personen der Experimentalgruppe wurden die Blutdruckmanschetten fünf Minuten lang an beiden Oberschenkeln auf 200 mm/ Hg aufgepumpt, danach erfolgte eine fünfminütige Pause. Dieser Zyklus wurde insgesamt vier Mal durchgeführt. Die Manschetten der Kontrollgruppe wurden nur auf 20 mmHg aufgepumpt. Danach erfolgte der passive Aufstieg mit der Bahn zum Jungfraujoch, 3450 Meter hoch gelegen. Der Schweregrad der Akuten Bergkrankheit wurde in den folgenden 48 Stunden mehrmals durch Fragebögen sowie eine Messung des Lungendrucks mit Hilfe eines Herzultraschalls bestimmt. Der Höhenmediziner über das Ergebnis: „RPC zeigt keinen positiven Effekt, es senkt nicht das Risiko, an einer ABK zu erkranken.“ Große Resonanz. Im Jahr darauf führte eine weitere Studie das SMMRG-Team weitere 1000 Höhenmeter hinauf: auf die Margheritahütte auf der Signalkup-

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Research Die Salzburg Mountain Medicine Research Group forscht an der Höhenkrankheit, um neue Erkenntnisse zu Therapie und Prophylaxe zu gewinnen.

pe in der Monte-Rosa-Gruppe, 4559 Meter hoch gelegen. Untersucht wurde, ob das inhalative Kortikoid Budesonid, das zum Beispiel bei Asthma bronchiale zur Anwendung kommt, vor der Akuten Bergkrankheit schützt. Daten von chinesischen Forschern legten nämlich nahe, dass bei dieser Erkrankung, die ihren Ursprung im Gehirn hat, eventuell auch die Lunge mitbeteiligt ist. Die Teilnehmer inhalierten also entweder das Kortikoid (Experimentalgruppe) oder ein Placebo (Kontrollgruppe). Tags darauf ging es in Begleitung von Bergführern und nach einer Übernachtung auf 3647 Metern zur Margheritahütte. Ein langer und beschwerlicher Anstieg über mehr als 3000 Höhenmeter. „Wenn man auf dieser Hütte, die ja Bergsteiger beherbergt, Forschung betreiben möchte, dann muss man bereits ein halbes Jahr vorher einige Zimmer reservieren. Diese werden dann in Labore umfunktioniert. Dazu muss das gesamte Equipment von der Air Zermatt nach oben geflogen werden. Ein immenser Aufwand“, sagt Berger. Mühen, die sich in diesem Fall aber gelohnt hatten. Denn das Ergebnis – das Kortikoid zeigte keine positive Wirkung auf die Akute Bergkrankheit – fand international große Beachtung. Die Publikation im „European

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Unsere Studie auf der Margheritahütte auf 4559 Höhenmetern war ein immenser Aufwand: Labore mussten eingerichtet und das Forschungsequipment nach oben geflogen werden.“ Priv.-Doz. Dr. Marc Moritz Berger, Leitender Oberarzt und stellvertretender Leiter der Universitätsklinik für Anästhesiologie, Perioperative Medizin und Allgemeine Intensivmedizin in Salzburg

Respiratory Journal“ wurde von einem Editorial begleitet und häufig in anderen Fachzeitschriften zitiert (Impact-Faktor von 10,6). Darüber hinaus erlangte das Video über diese Studie („Into thin air“) den 3. Preis beim renommierten „JoVE Film Your Research Contest“. Arbeitsreiches Jahr 2018. Im nächsten Jahr soll es wieder auf die höchst gelegene Schutzhütte Europas im Monte-Rosa-Gebiet gehen. Dort will man mit einer Studie prüfen, ob ein bestimmtes Medikament vor einem Höhenlungenödem schützt. Für Anfang April nächsten Jahres ist außerdem ein hochkarätig besetztes Symposium für Alpin- und Höhenmedizin angesagt, das in den Räumen der Para-

celsus Universität in Salzburg abgehalten wird. Es ist am ersten Tag dem Fachpersonal gewidmet, am zweiten Tag sind auch interessierte Laien willkommen. Vor seiner Berufung nach Salzburg hat Marc Moritz Berger als Anästhesist am Uniklinikum Heidelberg gearbeitet und dort mit dem renommierten Höhenmediziner Peter Bärtsch, dem dortigen Leiter der Sportmedizin, mehrere Studien durchgeführt. Das erworbene Wissen fließt nicht nur in die genannten Studien der SMMRG ein, Berger und seine Mitarbeiter geben dieses auch in Kursen für Alpine Notfall- und Höhenmedizin sowie in speziellen Beratungen an Bergsportbegeisterte weiter. •

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Research

Forschung kennt keine Grenzen Die GMP-Unit der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg freut sich über eine hochkarätige Kooperation mit der in Singapur ansässigen BioTech-Firma Paracrine Therapeutics. Autorin: Sabine Ritzinger • Foto: Paracelsus Universität

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as GMP-Labor ist Teil des 2011 gegründeten Zentrums für Querschnitt- und Geweberegeneration der Paracelsus Universität. Das Team um Direktorin Eva Rohde und Herstellungsleiter Mario Gimona hat sich der Entwicklung und Herstellung zelltherapeutischer Produkte unter Reinraumbedingungen verschrieben. Ziel der Arbeit ist vor allem die klinische Erprobung von innovativen Therapiekonzepten für degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates, aber auch für Autoimmunerkrankungen und Läsionen nach Verletzung des Rückenmarks. Global Player. Die hervorragende wissenschaftliche Arbeit der GMP-Unit mündete im August 2017 in einen Kooperationsvertrag mit dem biopharmazeutischen Unternehmen

Paracrine Therapeutics aus Singapur. Das Spin-off des A*STAR Instituts zählt zu den weltweit führenden Firmen auf dem Sektor der Entwicklung von Exosomen als zellfreie Therapien. Exosomen sind Nanovesikel, die von Zellen abgesondert werden und von denen man annimmt, dass sie therapeutische – zum Beispiel regenerative oder protektive – Effekte übertragen können, die bisher direkt den Ursprungszellen zugeschrieben wurden. Der Vertrag beinhaltet die Herstellung einer Master Cell Bank und Working Cell Bank unter Einhaltung pharmazeutischer Standards für mesenchymale Stammzellen (MSCs).

und Eigentümerin von Paracrine Therapeutics, und ihre Kollegen Soon Sim Tan und Andre Choo kamen im Oktober 2017 zu einem zweitägigen Besuch nach Salzburg. Neben der Verfügbarkeit von Zellbanken wurde als weiterer Schritt auch die Herstellung von Exosomen aus mesenchymalen Stammzellen besprochen. Gemeinsam mit dem Team des Forschungsschwerpunktes „Nanovesikuläre Therapien“ und des Universitätsinstituts für Transfusionsmedizin der Paracelsus Universität wurden Vorbereitungen für die weiterführende Testung von MSC-Exosomen als Therapeutika in klinischen Studien festgelegt.

Arbeitstreffen in Salzburg. Sai Kiang Lim, Gründerin

Weltweit top. Dass Paracrine Therapeutics gemeinsam mit Investoren den geographisch großen Schritt nach Salzburg gewagt hat, hat seinen Grund: Die GMP-Unit der Paracelsus Universität nimmt derzeit im Hinblick auf Ausstattung, Expertise und Qualität sowohl in der Herstellung von mesenchymalen Stammzellen als auch den daraus gewonnenen Exosomen weltweit eine herausragende Stellung ein. „Die Zusammenarbeit mit der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität bringt für uns einen enormen technologischen Entwicklungsvorteil mit sich und ermöglicht uns, in die klinische Umsetzung der eigenen Erkenntnisse und Technologien zu gelangen“, betont Firmeneigentümerin Sai Kiang. Eine erweiterte, vertraglich gesicherte strategische Zusammenarbeit für die kommenden Jahre sollte in den kommenden Monaten beschlossen werden. •

Im Bild v.l.n.r.: Soon Sim Tan, Dr. Andre Cho und Prof. Dr. Sai Kiang Lim von Paracrine Therapeutics mit Univ.-Prof. Dr. Eva Rohde und Univ.-Doz. Dr. Mario Gimona vom GMP-Labor sowie PMU-Rektor Univ.-Prof. Dr. Herbert Resch bei einem zweitägigen Arbeitstreffen im Oktober.

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Friends

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Inside

E „

ntwicklung zur videnz

Das ist brandneu in Österreich“, sagt Jürgen Osterbrink. Und was der Vorstand des Instituts für Pflegewissenschaft und -praxis der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität da seit einiger Zeit vor Augen hat, gibt es tatsächlich bisher im deutschsprachigen Raum so nicht. Noch ist es eher eine Idee, ein Konzept. Aber eines, das mit ganz konkreten Zielvorgaben Gestalt annimmt. Osterbrink: „Wir wollen die Theorie-Praxis-Lücke schließen, damit morgen die Versorgung in Österreich noch besser ist als heute.“ Der wissenschaftliche Anspruch der Pflege und die entsprechende Verbindung von Theorie und Praxis sollen durch die

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Die Zukunft gehört der evidenzbasierten Pflege. Eine neue Entwicklungsidee soll die positive Entwicklung weiter befeuern. Autor: Andreas Aichinger Fotos: iStock, Kurtzfilm Filmproduction & Photography

Umsetzung des Konzepts „in die Breite gebracht“ werden, erklärt der Professor. Was also schwebt ihm zur Förderung einer theoriegeleiteten Pflegepraxis vor? Es sind so genannte „Nursing Development Units“, kurz NDUs. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Abteilungen oder Stationen innerhalb bestehender Gesundheitseinrichtungen, in denen eine wissenschaftsgeleitete Pflege im Zentrum steht und die eine systematische Weiterentwicklung der Pflegepraxis zum Ziel haben.

Out of Oxfordshire. Während NDUs im deutschsprachigen Raum noch Neuland sind, hat man vor allem in Großbritannien schon einschlägige Erfahrungen gesammelt. Offenbar ausgehend von Arbeiten des US-amerikanischen Medizinsoziologen Eliot Freidson setzte dort bereits Anfang der 70er-Jahre eine Diskussion über die Professionalisierung der Pflegeberufe ein, die Anfang der 80er-Jahre schließlich zur Implementierung der ersten NDUs führte. Erstmals im Jahr 1981 wurde eine Einrichtung mit dem Label „Nursing Development Unit“ ins Leben gerufen, und zwar in einem kleinen Krankenhaus im britischen Städtchen Burford in der Grafschaft Oxfordshire. Als Geburtshelfer fungierten einerseits eine Gruppe von Pflegekräften und andererseits Alan Pearson, der bis vor wenigen Jahren als Professor of Evidence-based Health Care an der University of Adelaide in Australien tätig war.

Jürgen Osterbrink: „Wir wollen die TheoriePraxis-Lücke in der Pflege schließen.“

Forschen statt föhnen. Will man den tieferen Sinn der nunmehr angedachten NDUs verstehen, muss man sich zunächst mit einem anderen Kürzel beschäftigen: EBN oder Evidence-based Nursing, also evidenzbasierte Pflege. Gemeint ist, dass auch in der Pflege die Fakten von der Forschung und von objektiven empirischen Belegen geschaffen werden. Und dass nicht mehr Traditionen, Erfahrungen oder langjährige Übung die Richtung der Versorgung vorgeben. Genau das war aber da und dort jahrzehntelang gängige Praxis. Ein berühmtes Beispiel ist das so genannte „Eisen und Föhnen“, das lange Zeit die Methode der Wahl zur Behandlung von Druckgeschwüren (Dekubitus) bei bettlägerigen Patienten gewesen ist. Heute weiß die Pflegeforschung aber längst, dass dieses althergebrachte KneippRitual die Durchblutung der betroffenen Haut keineswegs verbessert, dafür aber die Infektionsgefahr durch Keimverschleppung erhöht. Aller Evidenz zum Trotz halten sich derartige Praktiken aber allzu lange, einfach nur weil etwas eben „schon immer so gemacht“ worden ist. Dringlichkeitsliste. Der Handlungsbedarf ist aber auch jenseits von heute fast schon skurril anmutenden Pflegeritualen evident. So fordert etwa auch der Gesetzgeber die Orientierung der pflegerischen Versorgung an wissenschaftlichen Erkenntnissen. Experten verlangen

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Inside

So genannte Nursing Development Units (NDUs) haben die wissenschaftsgeleitete Pflege und eine systematische Weiterentwicklung der Pflegepraxis zum Ziel.

eine Ausdifferenzierung der Pflegeberufe, um den wachsenden Anforderungen an das berufliche Kompetenzprofil gerecht werden zu können. Selbiges gilt für die Notwendigkeit, pflegefachliches Handeln auf Basis wissenschaftlicher Evidenz zu planen und zu begründen, um eine nachhaltige Qualitätssicherung zu erreichen. Vor allem aber wiegt die immer kürzere Halbwertszeit des Wissens bei gleichzeitig steigender Komplexität längst auch in der Pflege immer schwerer. Last but not least zeigen Untersuchungen leider, dass das Wissen rund um evidenzbasierte Pflegepraxis in Österreich und Deutschland derzeit nur in geringem Umfang vorhanden ist. Und ebenso bedenklich: Es krankt auch an der Bereitschaft, evidenzbasierte Verfahren in der Pflegepraxis auch wirklich umzusetzen. Als Ursache dafür wurde nicht zuletzt die fehlende Vernetzung von Pflegewissenschaft und Pflegepraxis identifiziert.

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Work in progress. Nursing Development Units sollen genau hier ansetzen und konkret dem systematischen Aufbau einer evidenzbasierten Pflegepraxis in kooperierenden Gesundheitseinrichtungen der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität dienen. Am Institut für Pflegewissenschaft und -praxis gestalten die beiden Assistenzprofessorinnen Irmela Gnass und Nadja Nestler sowie Manela Glarcher federführend das Projekt. „Wir erwarten uns von den NDUs die Entwicklung von Organisationseinheiten, die eine pflegerische Kompetenzentwicklung – auch auf akademischem Niveau im Sinn einer evidenzbasierten Pflegepraxis – fordern und fördern“, umreißt Gnass ihre Erwartungen. Konkret werden zwei Ansätze verfolgt: Einerseits sollen in Kooperation mit Klinikträgern gezielt diplomierte Pflegepersonen zu „Advanced Nurse Practitioners“ (ANPs) für Krankenhäuser ausgebildet werden, deren Schwerpunkt die Pflege von De-

Wir erwarten uns von den NDUs die Entwicklung von Organisationseinheiten, die eine pflegerische Kompetenzentwicklung fordern und fördern.“ Ass.-Prof. Dr. Irmela Gnass, Institut für Pflegewissenschaft und -praxis

menzkranken ist. Und andererseits sollen NDUs durch die Schaffung von Stabsstellen für Pflegewissenschaft in Krankenhäusern oder Pflegeheimen etabliert werden, und so letztlich themenspezifisch in einer evidenzbasierten Pflegepraxis münden. Ganz im Geist der Pflege als theoriegeleitete Praxisdisziplin unter dem Evidenz-Banner könnten NDUs so am Ende einen wertvollen Beitrag dazu leisten, dass Forschung für Pflegende immer wichtiger wird – und der Föhn immer unwichtiger. •

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Friends

Wenn Alumni Spender werden Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität wird von zahlreichen Unternehmen, Persönlichkeiten und Stiftungen unterstützt. Und vom Alumni Club. Die Ehemaligen tragen zur Unterstützung von Stipendienbeziehern ihrer Alma Mater bei. Autor: Gottfried Stienen Fotos: Paracelsus Uni/wildbild

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(zahlende) Mitglieder hat mit Stand November 2017 der Alumni Club der Paracelsus Universität, eine beachtliche Größe, zumal der Club erst neun Lenze zählt. Seit August leitet Margarita Nagele als Vorstandsvorsitzende die Geschicke des Clubs und sie macht dies mit Engagement, Herz und der notwendigen Brise Pragmatismus. Auf ihrem Zettel mit geplanten Vorhaben steht die Erhöhung der Mitgliederzahl weit oben. „Unser Club muss attraktiv sein“, betont Nagele. Sie hat andere Alumni Clubs vergleichend betrachtet, zum Beispiel auch den der altehrwürdigen Universität Salzburg. „Es ist immer wieder ein ähnlicher Befund“, meint Nagele. „Ab einem Alter von etwa 40 Jahren finden viele ehemalige Studieren-

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Margarita Nagele leitet als Vorstandsvorsitzende den Alumni Club der Paracelsus Universität. Der Ausbau der Mitgliederzahlen und karikatives Engagement stehen ganz oben auf ihrer Agenda.

de ihre Uni beziehungsweise den Alumni Club interessant. Das wäre doch nett, sich mal dort sehen zu lassen, lautet deren Schlussfolgerung und dann kommen sie zu Alumni-Treffen. Dieser relativ späten Erkenntnis möchte die Jungärztin entgegenwirken und die interne Vernetzung der Alumni fördern. In Erinnerung an die eigene Studienzeit an der Paracelsus Universität gerät Margarita Nagele (fast) ins Schwärmen. Für die gebürtige Steirerin war die Entscheidung, nach Salzburg zu gehen, die vollkommen richtige. Beworben hatte sich Nagele nach der Matura in Tamsweg damals an mehreren Universitäten, „die Chance an der Paracelsus Uni einen Studienplatz zu bekommen, habe ich ange-

sichts der vielen Bewerbungen nicht sehr groß eingeschätzt“. Kritischen Stimmen und vorgefassten Meinungen hatte sie seinerzeit kein Gehör geschenkt. „Von einem verschulten System war die Rede, eine Studiengebühr sei zu entrichten und vieles mehr.“ Nagele ist zielstrebig ihren Weg gegangen und kann heute über manche Einwände von damals schmunzeln. Das verschulte System helfe vielen, in der Spur zu bleiben. Die Anforderungen seien hoch, doch mit Fleiß machbar und jeder könne hier studieren, weil ein Stipendiensystem die Studiengebühr abfedere. „Viele glauben nicht, dass sie von der Universität unterstützt werden, wenn die finanziellen Möglichkeiten nicht reichen. Doch das stimmt“, betont Nagele. Sie selbst hat keine Unterstützung benötigt, obwohl Spar-

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Friends

samkeit ein tägliches Gebot war. „Ich habe im PMU-Studentenheim günstig gewohnt. Außerdem kann man in der Mensa der Salzburger Landeskliniken preiswert und gut essen. Dann kommt man mit wenig Geld schon durch, wenn man auf große Lokaltouren in den Abendstunden verzichtet“ erzählt sie. Die soziale Gerechtigkeit und damit verbunden das Angebot von Stipendien ist der Club-Vorsitzenden daher auch in ihrer Funktion sehr wichtig. Die Entscheidung zu treffen, der Paracelsus Universität finanzielle Mittel für den Stipendienfonds seitens des Alumni Clubs freizugeben, war eine logische und wurde von den Mitgliedern befürwortet. „Wir Alumni wollen damit ein bisschen von dem zurückgeben, was wir in der Vergangenheit von der Uni erhalten haben und zur Unterstützung von sozial bedürftigen Studierenden einen kleinen Teil beitragen“, sagt Nagele. Karitative Tätigkeiten sind eine wesentliche Intention des Clubs. Schon seit mehreren Jahren laden die jungen Ärztinnen und Ärzte am Salzburger Christkindlmarkt zur Verkostung von selbstgemachtem Glühwein, Punsch, Keksen und kleinen wärmenden Speisen ein. An den zwei Tagen wird Geld für einen guten Zweck gesammelt. Noch ein Beispiel gefällig? Nach dem katastrophalen Erdbeben in Nepal haben begabte Musiker unter Studierenden und Alumni ein Charity-Konzert mit klassischer Musik und Gesang im Jörg Rehn Auditorium der Paracelsus Universität gegeben. Auf diese Weise wurde ein namhafter Eurobetrag lukriert. Der Alumni Club der Paracelsus Universität ist schon heute ein Teil der Uni und wird immer ein wichtiger Teil bleiben. Seine Mitglieder sind, das ist keine Übertreibung, weltweit verstreut im Gesundheitswesen tätig, als Ärzte oder Pfleger – und in wenigen Jahren auch als Pharmazeuten. „Wir sind selbstkritisch“, meint Nagele auf die Entwicklung des Clubs angesprochen. „Wir wollen auch mehr ehemalige Studierende der Pflege als Mitglieder gewinnen.“ Das sei besonders schwierig, weil diese

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nicht täglich an der Uni sind und im Gegensatz zu den Humanmedizinern nicht dieses starke Gruppengefühl entstehe. Mit Freude registriert Nagele die verschiedenen kleinen regionalen Treffen von Alumni, etwa in Hamburg, München oder Münster, sogar in den USA. „In diesen Regionen arbeiten viele Ehemalige und sie sind gut vernetzt.“ Einmal im Jahr steht das sommerliche Treffen in Salzburg auf dem Kalender. 2018 feiert der Club schon das zehnjährige Bestandsjubiläum. In welcher Form dies geschieht, steht noch nicht fest, Margarita Nagele wird mit ihren Vorstandskollegen darüber nachdenken. Trotz beruflicher Herausforderungen, die sie seit Anfang Dezember 2017 in Dornbirn an der Gynäkologie in der Facharztausbildung hat. „Ich musste für mich eine Richtungsentscheidung treffen. Will ich an einem Universitätsklinikum arbeiten, wo auch Forschung und Lehre Teil meiner Arbeit sind und relativ früh eine Spezialisie-

rung erfolgt oder will ich nahe und viel am Patienten sein? Ich bin wissbegierig, will lernen und liebe die Arbeit am Patienten. Nach einigen schlaflosen Nächten habe ich mich für den Weg nach Vorarlberg entschieden. Meine ärztliche Laufbahn ist jung, es wird noch viele Möglichkeiten geben.“ Von welchem Wohnort Nagele ihren Alumni-Vorsitz ausübt, spielt in digitalen Zeiten ohnehin keine bedeutende Rolle mehr. Kleiner Wermutstropfen der örtlichen Veränderung ist die gewachsene Entfernung zu ihrem Heimatort Stadl an der Mur. Einerseits leben dort ihre Eltern („Für mich die wichtigsten Menschen im Leben“), die besten Freundinnen und andererseits steht Margarita Nagele mit ihrem Vater für eine große Forstwirtschaft in Verantwortung. „Dafür nehme ich einige lange Autofahrten gerne in Kauf“, sagt Nagele und: „Diese Arbeit erdet mich.“ •

Ein herzliches Dankeschön den Freunden und Förderern: ACM Projektentwicklung GmbH | Agrana Zucker GmbH | Aicher, Max | Alumni Club der Paracelsus Universität | Angelini Pharma Österreich | Apomedica | Apollon SE | Ball Beverage Packaging Ludesch GmbH | Bankhaus Carl Spängler & Co. AG | Bayer Ges.m.b.H. | BTU Beteiligungs GmbH | Capital Bank | Capsumed Pharm GmbH | DBS Gesellschaft - Kubin, H. und Kainberger, P. | DEBRA Austria | die ärztebank | Die Hayward Privatstiftung | dm drogeriemarkt GmbH | DS Smith Packaging Deutschland Stiftung & Co. KG | EVER Neuro Pharma GmbH | Frey, Andrea | Fürst Developments GmbH | GEBRO Holding GmbH | Gebrüder Woerle Ges.m.b.H. | Georg Pappas Automobil GmbH | GlaxoSmithKline Pharma GmbH | Greither, Andreas | Hagleitner Hygiene International GmbH | Hansjörg Wyss Foundation | Herba Chemosan | HYPO Salzburg | Intertops Sportwetten GmbH - Train, Detlef | Jacoby GM Pharma | Johnson & Johnson Medical Companies | Kastner & Partners | Kellerhals, Helga & Erich | Krones AG | KS Pharma GmbH | Kuhn Holding GmbH | Kuhn, Irmgard | Kuhn, Stefan | Kwizda Pharmahandel GmbH | Lenz, Gerhard | M. Kaindl Holzindustrie | MED-EL | Melasan Produktions- & Vertriebsges.m.b.H. | Miele GesmbH | Moosleitner Ges.m.b.H | Österreichische Lotterien GesmbH | Paracelsus Rotary Club | Pro Salzburg Stiftung - Ruckser-Giebisch, Gertraud | Rauch Fruchtsäfte GmbH & Co OG | Red Bull - Mateschitz, Dietrich | Roche Austria GmbH | Ruhnke, Traudl | SALLMANN GmbH | Salzburg AG | Salzburg Aluminium AG | Salzburger Sand- und Kieswerke Gesellschaft m.b.H. | Salzburger Sparkasse Bank AG | Schröcksnadel, Peter | Schülke & Mayr GmbH | Schwarzbraun, Familie | Segafredo Zanetti Austria Ges.m.b.H. | SeneCura Kliniken- und HeimebetriebsgmbH | Senoplast Klepsch & Co GmbH & Co KG | Siemens AG Österreich | SPAR Österreichische Warenhandels-AG | Stahlwerk Annahütte Max Aicher GmbH & Co KG | Stieglbrauerei zu Salzburg GmbH | Straniak Stiftung, Hermann und Marianne | von Schilgen, Eva Maria | Ökopharm GmbH | VR - meine Raiffeisenbank eG, Altötting-Mühldorf (D) | Wozabal Textilservice GmbH & Co KG | Zürcher Kantonalbank Österreich AG

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Point of View

„Paracelsus Uni ist unabdingbar“ Wortgewaltig und emotional war Heinrich Magometschnigg wenige Tage vor seinem offiziellen Abschied als Ärztlicher Direktor des Salzburger Landeskrankenhauses Ende November. Autor: Gottfried Stienen. Foto: SALK

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lf Jahre hatte Magometschnigg die Funktion des Ärztlichen Direktors des LKH in Salzburg inne, zuvor war er seit 1994 Primar der Gefäßchirurgie und seit Gründung der Paracelsus Universität als Dekan für das Curriculum und klinische Angelegenheiten ein Mitstreiter der ersten Stunde. Seine Meriten sind unstrittig, der kunstsinnige gebürtige Kärntner war und ist Arzt aus Leidenschaft. Im Gespräch mit „Paracel-

„Universitäre Medizin steht für die Qualität der Versorgung, Forschung ist keine Spielwiese für Primarärzte.“

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sus Today“ reflektiert der 65-Jährige die aktuelle Situation der Medizin am Standort Salzburg und stellt mit Nachdruck fest, dass die Universität „unabdingbar“ sei und in Zeiten wie diesen wichtiger denn je. „Die Entwicklung der Medizin ist rasch und universitäre Medizin steht für die Qualität der Versorgung.“ Magometschnigg betont die Wichtigkeit der Forschung an den Universitäten und Kliniken. „Was passiert denn?“ fragt er und gibt die Antwort: „Fragen werden formuliert und die Erkenntnis aus den Antworten kann nutzbar gemacht werden. Das Paradoxon der Wissensgenerierung liegt darin, dass jede Antwort sofort wieder neue Fragen aufwirft und das Unwissen vergrößert. In Summe werden wir aber weiser, wenn auch langsam.“ An Universitätskliniken seien Forschung und die Anwendung eben unmittelbar. „Forschung ist aber keine Spielwiese für Primarärzte“, betont Magometschnigg in Richtung vieler Mitarbeiter. Es gehe um eine Haltung, die vermittelt werden müsse. Für kleinkariertes Denken sei kein Platz an Unikliniken. „Universität ist kein Kastl mit Leuten drin. Universität kommt aus dem Herzen, von innen im Menschen. Universitär heißt: Argumente austauschen, evaluieren, Meinungen bilden, reflektieren. Uni hat mit Stammtischmentalität, mit oberflächlicher Argumentation gar nichts gemein“, meint der erfahrene Chirurg und legt nach: „Wenn heute Verwalter sagen, Universität ist eine Spielwiese, ist das absurd. Uni ist keine Sekte! Qualitätsvolles Handeln, Diskussion und Wissenserwerb sind von

hoher Wichtigkeit. Alles zusammen kann Qualität erzeugen – Gleichgültigkeit hat nirgendwo Platz.“ Und noch eines will er vielen ins Stammbuch schreiben: „Änderung ist Leben – und das ist auf alles übertragbar.“ Als Universitätsprofessor ist Magometschnigg ein vehementer Befürworter der Paracelsus Universität („Das ist ein gelungenes Jahrhundertereignis“) und ruft die Betreiber auf, ihr Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Als Ärztlicher Direktor durfte er eine „gesundheitspolitische Funktion“ ausüben, „es war eine andere Arbeit als die eines Arztes, doch das Amt ist wichtig“. Sein Leben als Arzt war erfüllend: „Patienten helfen zu können und als fürsorglicher Arzt begleiten zu dürfen, ist das Höchste.“ In der aktuellen Stresssituation in den Kliniken gehe manchmal wegen Personalmangels das psychologische Moment in der persönlichen Betreuung des Patienten verloren und werde „auf dem Altar des Arbeitszeitgesetzes geopfert“. Viele schöne Momente bleiben Magometschnigg in seiner Erinnerung, besondere für ihn waren, als die ersten 42 Humanmedizin-Studierenden 2003 in Salzburg begrüßt werden konnten und deren Promotion fünf Jahre später. Er ruft die Studierenden auf, selbstbewusste, kritische Geister zu sein, sich etwas zu trauen, eine Meinung zu vertreten und einer universitären Haltung gerecht zu werden. Das Argument, das Wissen zähle, nicht Geschwafel. Und: „Sie mögen reflektierend durch die Welt gehen.“ •

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