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Rechtsprechungsübersicht Privatrecht Peter Jung*
OR 23 ff.: BGE 135 III 537 (Merkwort: Irrtum über Mietraumfläche) In casu hatten die Parteien den Mietzins nach den Quadratmetern der Räume bestimmt, wobei sie die Quadratmeterzahl der vermieteten Räumlichkeiten irrtümlich als zu gross (ca. 246 m2 statt 204,2 m2) einschätzten. Das BGer verneinte zu Recht einen Kalkulationsirrtum (OR 24 III) bzw. Quantitätsirrtum (OR 24 I Ziff. 3), da sich die Parteien weder gemeinsam verrechnet hatten noch der Mieter hinsichtlich des Umfangs der vermieteten Geschäftsräume bzw. des Mietzinses etwas anderes hatte erklären wollen. Der Irrtum über die Kalkulationsgrundlage wurde stattdessen ebenfalls zutreffend als ein wesentlicher Grundlagenirrtum i.S.v. OR 24 I Ziff. 4 eingestuft. Die Quadratmeterzahl der vermieteten Räume sei vor dem Hintergrund ihrer preisbildenden Funktion und des mit ihr verbundenen Nutzungsumfangs objektiv wesentlich. Aus der Tatsache, dass der Mieter die Geschäftsräume über Jahre anstandslos genutzt und mithin als für seine Zwecke tauglich befunden habe, könne nicht auf die subjektive Unwesentlichkeit ihrer Grösse als Grundlage für die Berechnung des Mietzinses geschlossen werden. Da die erhebliche Quadratmeterabweichung von 17% dem Mieter nicht erkennbar gewesen sei und der Mieter auch nicht zur Überprüfung der Vermieterangaben verpflichtet sei, komme auch eine Schadenersatzpflicht nach OR 26 nicht in Betracht. nnn ZGB 656 II, 963 II, SchKG 204 I: BGE 135 III 585 (Merkwort: Ausserbuchlicher Grundstückserwerb vom konkursiten Eigentümer) Ein auf ein Scheidungsurteil gestützter ausserbuchlicher Grundstückserwerb setzt die Verfügungsberechtigung des übertragenden Ehegatten im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des Scheidungsurteils voraus. Dies ist nicht mehr der Fall, wenn über dessen
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Vermögen bereits der Konkurs eröffnet worden ist und das betreffende Grundstück in die Konkursmasse fällt, da der Konkursit zwar bis zum Abschluss der Verwertung Eigentümer einer in die Konkursmasse fallenden Sache bleibt, das Verfügungsrecht jedoch bis dahin der Konkursverwaltung zukommt und Verfügungen des Konkursiten über Massegegenstände gegenüber den Konkursgläubigern ungültig sind (SchKG 204 I). nnn ZGB 335 II, IPRG 18: BGE 135 III 614 (Merkwort: Familienunterhaltsstiftung) Das Verbot der Errichtung von Familienfideikommissen ZGB 335 II sei keine «loi d’application immédiate» i.S.v. IPRG 18, welche die nach dem Schweizer Kollisionsrecht gebotene Anwendung eines ausländischen Gesetzes zu verdrängen vermöge, das die Errichtung von Familienunterhaltsstiftungen für zulässig erkläre. Die historischen Zwecke der lediglich als Kompromiss in das ZGB gelangten Vorschrift (Unterbindung von Müssiggang und Familiendynastien) seien überholt. nnn ZGB 928: BGE 135 III 633 (Merkwort: Duldung von Hängegleitern) Die Klägerin begehrte nach ZGB 928, den Beklagten das Landen bzw. Überfliegen mit Hängegleitern in einer Höhe von weniger als 50 m mit Bezug auf ihre Grundstücke, die im Bereich eines durch kommunales Reglement eingerichteten Landeplatzes lagen, zu verbieten. Nach ZGB 928 kann sich der
* Prof. Dr., Ordinarius für Privatrecht, Universität Basel.
ius.full 3/4/10