Johann Heinrich Füssli
Aphorismen über die Kunst
Johann Heinrich Füsslis Aphorismen über die Kunst entstanden sozusagen als Nebenprodukt 1787/88 während seiner Arbeit an der Übertragung von Lavaters Vermischten unphysiognomischen Regeln zur Menschen- und Selbstkenntniß ins Englische. Die für 1788 angekündigte Ausgabe kam nicht zustande, und in den folgenden Jahren arbeitete Füssli immer wieder intensiv an diesen Texten. So entwickelten sie sich «zum Sammelbecken seiner wichtigsten und charakteristischsten Gedanken und Betrachtungen über alle die Dinge, die ihn am meisten beschäftigten» (Eudo C. Mason). 1818 bereitete Füssli die Aphorismen zur Publikation vor; deren Auswahl, Anordnung und Textgestalt ist daher auf ihn selbst zurückzuführen, auch wenn sie bis zu seinem Tod weiterhin ungedruckt blieben. Schließlich erschienen sie 1831 im dritten Band der von John Knowles besorgten Werkausgabe The Life and Writings of Henry Fuseli. Die Aphorismen, das wohl umfassendste Denkporträt Füsslis, werden hier in der erstmals 1944 erschienenen und bis heute gültigen Übersetzung neu aufgelegt. Wie anregend und aktuell sie noch heute sind, zeigt das von Matthias Vogel zur Neuausgabe verfasste Nachwort.
Johann Heinrich Füssli, 1741 in Zürich in eine Künstlerfamilie hineingeboren, studierte zunächst Theologie, widmete sich gleichzeitig aber auch der Malerei und der Literatur, wobei er stark von Johann Jakob Bodmer und Johann Jakob Breitinger beeinflusst wurde. Seine Klagen, nach der Trennung von seinem Jugendfreund Johann Caspar Lavater 1763 verfasst, lassen sich dem Sturm und Drang zurechnen. 1764 übersiedelte er nach London, wo er sich als Übersetzer einen Namen machte (u.a. von Winckelmanns Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerey und Bildhauerkunst). 1768 entschloss er sich, die Künstlerlaufbahn einzuschlagen. Die Jahre 1770 bis 1778 verbrachte er in Rom, um sich autodidaktisch weiterzubilden. Dabei orientierte er sich vor allem an der antiken Kunst und an Michelangelo. 1778 kehrte Füssli nach London zurück, wo er bald zu einem der führenden Historienmaler wurde. Seit 1790 Mitglied der Royal Academy, wurde Füssli 1799 zum Professor für Malerei und 1804 zu deren Keeper gewählt. Füssli zählt zu den bedeutendsten Malern und Kunsttheoretikern seiner Zeit. Er starb 1825 in Putney Hill (London).
Johann Heinrich Füssli
Aphorismen über die Kunst Übersetzt und herausgegeben von Eudo C. Mason Mit einem Nachwort zur Neuausgabe von Matthias Vogel
Schwabe Verlag Basel
Schwabe reflexe 9 Nachdruck der 1. Auflage, Verlag Benno Schwabe & Co., Basel, 1944 © 2012 Schwabe AG, Verlag, Basel Gesamtherstellung: Schwabe AG, Druckerei, Muttenz/Basel Printed in Switzerland ISBN 978-3-7965-2692-3 www.schwabeverlag.ch
Johann Heinrich Füssli: «Robin Goodfellow-Puck» nach Shakespeares Midsummer Night’s Dream, 1787–1790, Öl auf Leinwand, Museum zu Allerheiligen Schaffhausen
Inhalt
Zu dieser Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Eudo C. Mason Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Johann Heinrich FĂźssli Aphorismen Ăźber die Kunst .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Anmerkungen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Verzeichnis der Bildtafeln .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Matthias Vogel Nachwort zur Neuausgabe .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
Zu dieser Ausgabe Die deutsche Übersetzung von Füsslis Aphorisms, Chiefly Relative to the Fine Arts erschien erstmals 1944 im Verlag Benno Schwabe & Co., und zwar innerhalb der von Walter Muschg betreuten «Schweizerischen Reihe» der «Sammlung Klosterberg». Der Übersetzer und Herausgeber Eudo C. Mason (1901–1969), einer der profiliertesten Germanisten Großbritanniens, war während der Kriegsjahre Lektor an der Universität Basel. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählten die deutsche und englische Romantik. Ab 1946 unterrichtete er an der Universität von Edinburgh, wo er 1951 einen Lehrstuhl erhielt, der bis heute seinen Namen trägt («Eudo C. Mason Chair»). Bei der vorliegenden Ausgabe handelt es sich um einen unveränderten Nachdruck des «Klosterberg»-Bändchens: Masons immer noch sehr lesenswerte Einführung ist darin ebenso enthalten wie seine Anmerkungen. Selbst die Tafeln wurden übernommen. Deren Auswahl mag etwas zufällig erscheinen, doch durch sie wird das Buch zum Zeitdokument. Offensichtlich war es damals nicht einfach, geeignete Reproduktionsvorlagen zu besorgen. Die abgebildeten Zeichnungen von Johann Heinrich Füssli sind in Gert Schiffs Œuvrekatalog (1974) unter folgenden Nummern geführt: Tafel I – 569, Tafel II – 570, Tafel V – 1164. Das Nachwort zur Neuausgabe verfasste Matthias Vogel (geb. 1955), der sich 1997 mit einer Füssli-Studie an der Universität Basel habilitierte (Johann Heinrich Füssli – Darsteller der Leidenschaft, Zürich 2001). Matthias Vogel ist Dozent an der Universität Basel und an der Zürcher Hochschule der Künste; er forscht vor allem zur Kunst des 18. bis 20. Jahrhunderts, zur Kunst- und Bildtheorie der Neuzeit und zur Rezeptions- und Wirkungsästhetik im Bereich der Kunst und des Medienbildes. Neu enthält dieses Buch auch die Abbildung eines weiteren Werks von Johann Heinrich Füssli (S. 5): «Robin Goodfellow-Puck» nach Shakespeares Midsummer Night’s Dream von 1787–1790 (Schiff 750). Dieses Bild mag auf die Lektüre einstimmen, vor allem aber soll es daran erinnern, welch aussergewöhnlicher Maler der Autor der Aphorismen war.
Eudo C. Mason Einleitung