«Sie lieber Herr Im Obersteg sind unser Schweizer für alles»

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«sie lieber herr im obersteg sind unser schweizer für alles» Briefwechsel mit Cuno Amiet, Robert Genin, Alexej von Jawlensky, Alexander und Clotilde Sacharoff, Marc Chagall, Ernst Ludwig Kirchner und Wassily Kandinsky in der Sammlung Im Obersteg



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«sie lieber herr im obersteg sind unser schweizer für alles» Briefwechsel mit Cuno Amiet, Rober t Genin, Alexej von Jawlensky, Alexander und Clotilde Sacharoff, Marc Chagall, Ernst Ludwig Kirchner und Wassily Kandinsky in der Sammlung Im Obersteg

Herausgegeben von der Stiftung Im Obersteg

Kunstmuseum Basel

Schwabe Verlag Basel


Dies ist eine Publikation der Stiftung Im Obersteg Basel. Sie begleitet die Ausstellung «Künstlerfreundschaften: Karl Im Obersteg im Dialog mit Amiet, Chagall, Jawlensky» im Kunstmuseum Basel, 6. August bis 16. Oktober 2011 Gedruckt mit Unterstützung der Berta Hess-Cohn Stiftung, Basel.

Abbildungen Einband Marc Chagall, Der Jude in Schwarz-Weiss, 1914, Öl auf Karton auf Leinwand aufgezogen, 101 ~ 80 cm, Stiftung Im Obersteg, Depositum im Kunstmuseum Basel, Inv. Im 1084 Marc Chagall an Karl Im Obersteg, 13.3.1953, Brief im Archiv der Stiftung Im Obersteg, Kunstmuseum Basel

Impressum © 2011 Stiftung Im Obersteg, Basel und die Autoren © 2011 Schwabe AG, Verlag, Basel © 2011 Margrit und Daniel Thalmann, CH-3360 Herzogenbuchsee, für die abgebildeten Werke und die Briefe von Cuno Amiet © 2011 ProLitteris, 8033 Zürich, für die abgebildeten Werke von Marc Chagall und Wassily Kandinsky © 2011 Succession Marc Chagall, Paris, für die Briefe von Marc Chagall © 2011 Alexej von Jawlensky Archiv, S.A., Locarno, für die Briefe von Alexej von Jawlensky © 2011 Wolfgang Keilhold, Rom, für die Briefe von Alexander und Clotilde Sacharoff Kein Teil des Werks darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder elektronisch verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Konzept und Redaktion: Henriette Mentha, Kuratorin der Stiftung Im Obersteg Lektorat: Marianne Wackernagel, Schwabe Übersetzungen: Suzanne Schmidt, Zürich Fotos: Martin Bühler, Kunstmuseum Basel; Mark Gisler, Müllheim Gesamtherstellung: Schwabe AG, Druckerei, Muttenz/Basel Printed in Switzerland ISBN 978-3-7965-2764-7 www.sammlung-im-obersteg.ch www.schwabe.ch


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Vorwort / Dank

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Hinweise zur Edition Henriette Mentha

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Der Briefwechsel mit Cuno Amiet (1868–1961) Matthias Fischer

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Der Briefwechsel mit Robert Genin (1884–1941) Henriette Mentha

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Der Briefwechsel mit Alexej von Jawlensky (1864–1941) Henriette Mentha

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Der Briefwechsel mit Alexander und Clotilde Sacharoff-von Derp (1886–1963 und 1892–1974) Henriette Mentha

159

Der Briefwechsel mit Marc Chagall (1887–1985) Beat Stutzer

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Der Briefwechsel mit Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938) Henriette Mentha

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Der Briefwechsel mit Wassily Kandinsky (1866–1944)

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Kurzbiografien der Künstler und des Sammlers

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Ausgewählte Literatur

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Register

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Abbildungsnachweis


Karl Im Obersteg


Vorwort / Dank Karl Im Obersteg sammelte von 1916 bis zu seinem Tod 1969 Kunst. Wenngleich der erste Ankauf, ein Nelkenbukett von Cuno Amiet, ins Jahr 1916 datiert, wurde für den jungen Basler Speditionsunternehmer die 1919 stattfindende Begegnung mit emigrierten russischen Künstlern im Tessin zum Schlüsselerlebnis. Die Künstler gehörten der Avantgarde an und machten Karl Im Obersteg vollends zum Sammler von Gegenwartskunst. Fortan pflegte er freundschaftlichen Kontakt mit einigen von ihnen; davon zeugt die umfangreiche Korrespondenz mit Robert Genin, Alexej von Jawlensky, Alexander und Clotilde Sacharoff, Marc Chagall. Aber auch mit Cuno Amiet blieb Im Obersteg verbunden, und mit Ernst Ludwig Kirchner und Wassily Kandinsky pflegte er den brieflichen Austausch. Die Briefe, die im vorliegenden Buch zum grössten Teil erstmals publiziert werden, geben Einblick in die verschiedenen Künstlerbiografien und lassen den Geist der Zeit von 1920 bis 1950 erwachen. Die Ereignisse während und zwischen den Weltkriegen prägten die europäische Kunst. Für viele im Ausland verfemte Künstler war die neutrale Schweiz Zufluchts- und Überlebensort, wo ihnen Persönlichkeiten wie Karl Im Obersteg – versierter Geschäftsmann und aktives Kommissionsmitglied des Kunstmuseums und des Kunstvereins Basel – dringend benötigte Unterstützung boten. Karl Im Obersteg vermittelte Ausstellungen und Käufer, organisierte Bildertransporte, verhandelte mit Versicherungen und Behörden oder stellte auch finanzielle Mittel zur Verfügung. Er war für die Kunstschaffenden, wie es Robert Genin in einem Brief vom 5. März 1921 treffend formulierte, «unser Schweizer für alles». Die Künstler belohnten seine konkrete und moralische Hilfe mit Geschenken. Die Sammlung Im Obersteg ist somit umrahmt und nachhaltig geprägt von diesen Freundschaften. Die vorliegende Publikation schliesst sich an den von der Stiftung Im Obersteg 2004 herausgegebenen Sammlungskatalog an, in dem zu den Künstlern und ihren Werken weitere Informationen zu finden sind. Die Edition hätte ohne die Hilfe von Institutionen und Privatpersonen nicht realisiert werden können. Wir danken besonders den Nachkommen und Nachlassverwaltern der Künstler, die uns tatkräftig unterstützten: Meret Meyer-Graber bezüglich Marc Chagall, Angelica Jawlensky Bianconi bezüglich Alexej von Jawlensky, Margrit und Daniel Thalmann bezüglich Cuno Amiet, Wolfgang Keilhold bezüglich Alexander und Clotilde Sacharoff. Für Auskünfte und Hilfen danken wir Dr. Jakov Brook, Tretjakow Galerie Moskau, Stefan Frey, Bern, Dr. Christian Klemm, Kunsthaus Zürich, Tanzarchiv Köln, Dr. Franz Müller und Viola Radlach, Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, Zürich, Alexej Rodionow, St. Petersburg, Sören Schmeling, Kunsthalle Basel, Prof. Patrizia Veroli, Rom, Francesca Volpe, Galerie Beyeler, Basel, Urs Zaugg, Oschwand, Prof. Dr. Annette Weber, Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg.

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Besonderer Dank gilt der Konservatorin der Stiftung Im Obersteg, Henriette Mentha, für Konzept und Redaktion von Publikation und Ausstellung sowie den Autoren, Dr. Matthias Fischer, Henriette Mentha und Dr. Beat Stutzer, für ihre Texte. Marianne Wackernagel, Schwabe Verlag, Basel, danken wir für das sorgfältige Lektorat. Ein sehr herzlicher Dank richtet sich an Dr. Bernhard Mendes Bürgi und das Kunstmuseum Basel, wo die Stiftung Im Obersteg seit 2004 domiziliert ist. Die Publikation konnte nur Dank des grosszügigen Druckkostenbeitrags der Berta Hess-Cohn Stiftung, Basel, realisiert werden, der wir an dieser Stelle sehr herzlich danken.

Dr. Matthias Hagemann

Dr. Hans Furer

Präsidentin Stiftung Im Obersteg

Sekretär Stiftung Im Obersteg

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Hinweise zur Edition

Auswahl der Briefe Ausgangspunkt der Briefedition bildet die umfangreiche, mehrere hundert Dokumente umfassende Korrespondenz des Sammlerehepaars Karl Im Obersteg (KIO) und Marianne Im Obersteg-Buess (MIO) mit Künstlern, Galeristen, Sammlern und Ausstellungsmachern. Wenn nicht anders vermerkt, befinden sich die Briefe im Archiv der Stiftung Im Obersteg (SIO) im Kunstmuseum Basel. Die vorliegende Publikation konzentriert sich auf die Briefwechsel mit Cuno Amiet, Robert Genin, Alexej von Jawlensky, Alexander und Clotilde Sacharoff, Marc Chagall, Ernst Ludwig Kirchner und Wassily Kandinsky. Von ihnen bestehen die umfangreichsten und inhaltlich bedeutendsten Briefkonvolute. Aus Platzgründen konnten selbst diese Bestände nur selektiv publiziert werden. Der gesamte Umfang eines Briefwechsels eines Künstlers mit dem Sammler inklusive der Korrespondenz Dritter, die in Zusammenhang mit diesem Künstler steht, ist zu Beginn jedes Einleitungstextes zusammengefasst. Die hier nicht publizierten Künstlerbriefe (n.p.) sollen in absehbarer Zukunft als unkommentierte Dokumente auf der Webseite der Sammlung Im Obersteg – www.sammlung-im-obersteg.ch – einzusehen sein. Die Briefe von Karl Im Obersteg liegen fast ausschliesslich als Schreibmaschinendurchschläge vor, jene der Künstler als Originale; die meisten wurden von Hand geschrieben, einige wenige, darunter diejenigen von Kandinsky, mit der Schreibmaschine. Die Abfolge der Kapitel wie auch diejenige der Briefe innerhalb der Kapitel ist chronologisch.

Transkription und Übersetzung Die Transkription der Briefe folgte weitestgehend dem Original. Auslassungen wurden vermieden. Bei Künstlern, die nicht in ihrer Muttersprache schrieben, etwa Chagall, Genin, Jawlensky, Sacharoff, wurden Eigenheiten in Orthographie, Grammatik und Interpunktion beibehalten. Anpassungen wurden nur dann vorgenommen, wenn es für ein besseres Verständnis unabdingbar schien. In solchen Fällen wurden einzelne Buchstaben oder Worte in eckigen Klammern ergänzt. Der Charakter und die Lebendigkeit der Korrespondenz konnten so bewahrt werden. Um ein gut lesbares Schriftbild zu gewährleisten, wurden Doppelkonsonantenstriche zu Doppelkonsonanten aufgelöst, u-Striche nicht wiedergegeben und fehlende Umlaute ergänzt. Die französischen Briefe wurden nicht nur im originalen Wortlaut, sondern auch in deutscher Übersetzung abgedruckt. Die äussere Erscheinungsform der Briefe haben wir leicht modifiziert: Absender, Datum und Empfänger erscheinen ausschliesslich in der Kopfzeile. Fehlende Angaben wurden nach bestem Wissen in eckigen Klammern ergänzt. Der Zeilenumbruch wurde dem Buchformat angepasst. Karl Im Obersteg verlegte Ende 1947 seinen Wohnsitz von Basel nach Genf, führte jedoch seine Transportfirma weiterhin in Basel. So wurde ihm ab diesem Zeitpunkt sowohl nach Genf als auch nach Basel geschrieben.

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Anmerkungen Zu den Hauptkorrespondenten Amiet, Chagall, Genin, Jawlensky, Kandinsky, Kirchner und

Sacharoff liefern die einführenden Texte jedes Kapitels sowie die Kurzbiografien auf S. 227/228 Informationen. Zum Sammler gibt eine Kurzbiografie auf S. 227 Auskunft. Auf weitere Korrespondenten oder in den Briefen erwähnte Personen wurde soweit als möglich in den Anmerkungen eingegangen. Werke der Sammlung Im Obersteg Die Werke der Sammlung Im Obersteg (Inv. Im) befinden sich, wenn nicht anders vermerkt, als Depositum im Kunstmuseum Basel. Sie sind im Sammlungskatalog publiziert: Die Sammlung Im Obersteg im Kunstmuseum Basel, hrsg. von der Stiftung Im Obersteg, Basel: Schwabe Verlag, 2004.

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Henriette Mentha

Der Briefwechsel mit Cuno Amiet (1868 –1961) Bestand total: 73 Dokumente (Originalbriefe, Postkarten, Durchschläge, Kopien) Hier transkribiert und publiziert: 48 Dokumente Autoren: Cuno Amiet (CA), Anna Amiet (AA), Karl Im Obersteg (KIO), Marianne Im Obersteg (MIO) Zeitspanne: 1916–1960 1916–1919: 4 Dokumente, 1920–1929: 22 Dokumente, 1930–1939: 35 Dokumente, 1940–1949: 2 Dokumente, 1950–1959: 9 Dokumente, 1960: 1 Dokument In diesem Konvolut sind auch die Briefe der Ehefrauen enthalten, da die beiden Familien eng befreundet waren und Anna Amiet ihrem Mann zum Teil die Schreibarbeiten abnahm. Die Briefe von Cuno und Anna Amiet befinden sich im Archiv der Stiftung Im Obersteg (SIO), Kunstmuseum Basel, jene von Karl und Marianne Im Obersteg im Nachlass von Cuno Amiet.1 Von einzelnen Briefen Karl Im Oberstegs nach März 1930 existieren Durchschläge auf Seidenpapier in der SIO. Die wichtigsten in den Briefen angesprochenen Themen: 1.

Ankäufe des Sammlers.

2.

Der Verkauf von Werken Amiets an Bekannte und Verwandte von Karl Im Obersteg.

3.

Ausstellungen Cuno Amiets, besonders seine Retrospektive im Münchner Glaspalast 1931 und die Einzelausstellung in der Galerie Georges Petit Paris 1932.

4.

Persönliche und alltägliche Themen wie gegenseitige Besuche, Ausflüge, Ferien, Reisen, die Kinder, aber auch Krankheiten.

Karl Im Obersteg – Sammler und Vermittler Anhand der Briefe lässt sich die Entwicklung der Ankäufe Karl Im Oberstegs (1883 – 1969) von Werken Amiets zu einem guten Teil rekonstruieren. Der erste Brief datiert vom 29. Dezember 1916 und stammt von Karl Im Obersteg. Er dokumentiert seinen ersten Ankauf, das Nelkenbukett von 1916 (Abb. S. 13). Karl Im Obersteg hatte das Blumenstück aus einer Gruppe von vier Gemälden Amiets ausgewählt und kündigte im selben Schreiben bereits sein Interesse für ein zweites Gemälde an: Der Klavierspieler (Hans Münch), 1917, das Amiet zu diesem Zeitpunkt in Arbeit hatte. Der Klavierspieler war bis 1938 Teil der Sammlung Im Obersteg, danach schenkte KIO das Gemälde dem Verein der Freunde des Kunstmuseums Basel, wo es sich noch heute befindet. 1919 kaufte Im Obersteg für 7000 Fr. ein weiteres Musikerbildnis, Der Cellospieler (Lorenz Lehr), 1919, und bei einem Sonntagsbesuch auf der Oschwand Mitte Juni 1920 erwarb er ein Pastell, das Marianne Im Obersteg jedoch wieder an den Maler retournierte, da man die typisch amietsche Farbenpracht vermisste. Bei diesem Besuch

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Cuno Amiet im Garten von Karl und Marianne Im Obersteg an der Benkenstrasse, Basel


auf der Oschwand konnte Amiet durch die Vermittlung Im Oberstegs noch weitere Verkäufe realisieren: mindestens zwei Gemälde, Geigerin (Mineli) und eventuell die Version einer Bernerin, gingen an den mit KIO (Übername von Karl Im Obersteg) befreundeten Engländer Frank Haythornthwaite und eine «Auswahlsendung» nach Sissach an Emil Buess, den Bruder von Marianne Im Obersteg, der bereits ein Jahr zuvor das Bild Dahlienweg erworben hatte. Aus Dankbarkeit schenkte der Künstler Karl Im Obersteg einen kleinen Akt, wohl Mädchenakt, um 1910–1920 (Abb. S. 19). Noch im gleichen Jahr richtete sich Karl Im Oberstegs Kennerblick auf eine soeben vollendete Obsternte, die jedoch zu seinem grossen Bedauern bereits an den Sammler Oscar Miller vergeben war. 2 Vermutlich wurde nun vereinbart, dass der Künstler eine weitere Obsternte speziell für Karl Im Obersteg malen sollte, wofür sich Amiet bis Ende 1926 Zeit nahm.3 Die Bezahlung erfolgte am 16. Januar 1927. Karl Im Obersteg sicherte sich mit diesem Kauf ein Werk aus Amiets wichtigster Werk reihe. Die Thematik der Obsternte hatte den Maler bereits seit 1910 beschäftigt. In der Fassung der Sammlung Im Obersteg griff Amiet von der kompositionellen Disposition her auf Bildschöpfungen von 1914 zurück, die nicht die Bäume und ihre spezifisch zu Bogenformen gekrümmten Äste und Kronen ins Bild rückten. Vielmehr sind es der ar beitende Mensch und die Früchte, die in einer gestaffelten Ansicht vorgetragen werden. Die Anmut und Monumentalität der im Vordergrund knienden Erntearbeiterin erinnert an Amiets Frühwerk aus Pont-Aven. Heute befinden sich noch sieben Werke von Cuno Amiet in der Sammlung Im Obersteg: Nebst dem Nelkenbukett auch ein grossformatiger, symbolistischer Kniender Akt auf gelbem Grund sowie vier kleinformatige Arbeiten, die der Künstler der Familie des Sammlers als Geschenke zukommen liess. 4 Cuno Amiet, Die Obsternte, 1926, Öl auf Leinwand, 1931 in München verbrannt (ehemals Sammlung Im Obersteg)

Ende der 1920er Jahre setzte sich Im Obersteg zudem erfolgreich für den Verkauf eines Werkes von Kees van Dongen aus dem Besitz von Cuno Amiet ein. Er verhandelte mit den Kunsthändlern Gustav Kahnweiler und Alfred Flechtheim in Berlin.

Der Brand im Münchner Glaspalast Als zentrales Thema nimmt sich 1930/31 Amiets Retrospektive im Münchner Glaspalast aus.5 1929 gelangte die Münchner Neue Secession, eine seit 1892 als Abspaltung von der Münchner Künstlergenossenschaft existierende avantgardistische Gruppierung, mit der Anfrage für eine Ausstellung in zwei Räumen des Münchner Glaspalasts an Amiet. Das Angebot einer Einzelausstellung im Rahmen einer Veranstaltung von internationaler Ausstrahlung war eine einzigartige Gelegenheit für den Künstler, der damit gewissermassen zum Botschafter und Repräsentanten der Schweiz wurde – eine Ehre, vergleichbar jener, die Ferdinand Hodler 1904 bei seiner Ausstellung in der Wiener Secession zuteil geworden war. Dies bewog Amiet, eine sorgfältige Auswahl von bedeutenden Frühwerken aus privatem und öffentlichem Besitz kombiniert mit neusten Arbeiten aus seinem Atelier zu treffen. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten war die Münchner Neue Secession jedoch nicht in der Lage, die Exponate zu versichern. Da das Ausstellungsgut zu einem grossen Teil aus Leihgaben bestand, entschloss sich Amiet, auf

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eigene Kosten eine Versicherung abzuschliessen. Die Firma Im Obersteg betraute er, basierend auf einer detaillierten Kostenaufstellung, mit dem Transport der Werke und der Organisation von Zoll und Versicherung. Karl Im Obersteg war an der Ausstellung jedoch nicht nur als Spediteur und Berater engagiert. Er war auch Leihgeber des Gemäldes Die Obsternte, 1926 (Abb. S. 12), das sich mit drei anderen Versionen dieses Themas, so auch der Fassung von 1919 aus dem Besitz von Oscar Miller, zu einer thematischen Gruppe zusammenschloss. Es waren 51 Expo nate vorgesehen, gemäss Ausstellungskatalog wurden jedoch nur 46 ausgestellt. 6 Fünf Werke waren somit überzählig und wurden aus Platzgründen in München nicht gehängt. In der Nacht auf den 6. Juni 1931 ging der Glaspalast in Flammen auf.7 Das Münchner Wahrzeichen der Moderne brannte bis auf die Grundmauern nieder. Das gesamte Kunstgut, das sich im Gebäude, verteilt auf verschiedene Ausstellungen, befand, wurde zerstört. Immenser Schaden entstand aus dem Verlust einer Ausstellung der deutschen Romantik mit 110 Spitzenwerken von Caspar David Friedrich bis Moritz Schwind. Der Millionen-Schaden 8 war einer der grössten Versicherungsfälle jener Zeit.

Cuno Amiet, Nelkenbukett, 1916, Öl auf Leinwand, Inv. Im 1002

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Wie die Korrespondenz zeigt, verhandelte Karl Im Obersteg im Auftrag von Cuno Amiet mit der Ver sicherung, der Badischen Assecuranz-Gesellschaft in Basel. Wegen der Krise der deutschen Währung schätzte man sich glücklich, die Versicherung in Schweizer Franken abgeschlossen zu haben. Versichert waren nicht nur die Leihgaben, sondern auch die Werke aus Amiets eigenem Besitz, was dem Künstler eine beachtliche Schadenersatzzahlung eintrug. Überdies stellten sich für Amiet neue Aufträge und Verkäufe ein: Das Kunstmuseum Bern erwarb beispielsweise mit der Versicherungsentschädigung für fünf verbrannte Leihgaben neue Werke beim Künstler. Es ist anzunehmen, dass auch andere Geschädigte mit der Versicherungssumme Neuerwerbungen bei Amiet tätigten. Das Ereignis wurde zudem prominent in der Tagespresse kommentiert, so dass die vielen Zeitungsartikel Amiets Bekanntheitsgrad im In- und Ausland steigerten. Aus dem anfänglich tragischen Verlust eines grossen Teils seines Schaffens erwuchsen ihm demnach auch Gewinn, Aufträge und wachsende Bekanntheit.

Paris Den Herbst 1931 verbrachte Cuno Amiet mit seiner Familie am Thunersee. Sie wohnten in Hilterfingen in der Ferienvilla von Frédéric Pochon-Jent, dem Verleger der Berner Tageszeitung «Der Bund». Amiet arbeitete in diesen Wochen intensiv an Landschaf ten, be sonders Seebildern, in Hinblick auf eine Einzelausstellung in der Galerie Georges Petit in Paris im kommenden Jahr.9 Die Ausstellung vereinte 134 Exponate und markierte für Amiet nach dem Verlust von München einen künstlerischen Neuanfang. Es erschien ein umfangreicher Katalog, welcher mit der Veröffentlichung von Kondolenzschreiben der Regierung, mit Abbildungen von einigen verbrannten Werken, etwa der Obsternte der Sammlung Im Obersteg, an die Münchner Katastrophe erinnerte. Die Ausstellungseröffnung mit zahlreichen Vertretern aus Politik und Kunst wurde ein Erfolg.10 Am 6. März 1932 berichtete der Künstler begeistert aus Paris von einer gelungenen Vernissage mit vielen prominenten Besuchern, aufkeimenden Heimatgefühlen und einem grossen Arbeitseifer beim Aktzeichnen. Das Musée du Luxembourg zollte Amiet Respekt mit dem Ankauf eines Bildes. Im gleichen Jahr kamen zudem zwei Publikationen in französischer Sprache auf den Markt: In der Reihe «Les artistes Suisses» erschien eine Monografie von Georges Charensol, herausgegeben von Max Kaganovitch11 , dem Organisator der Ausstellung in der Galerie Georges Petit. Format und Gestaltung dieses Buches gehen auf einen Vorschlag von Karl Im Obersteg zurück, der zu einer Veröffentlichung in der Art von Élie Faures Publikation über Chaïm Soutine von 1929 geraten hatte, was von Kaganovitch offensichtlich beherzigt wurde.12 Von Chaïm Soutine besass Im Obersteg seit 1926 ein bedeutendes Frühwerk, L’enfant au jouet, um 1919; seither hatte er die Entwicklung des Russen stets verfolgt, auch durch das Studium von Sekundärliteratur. Die zweite Monografie stammte aus der Feder des bekannten Pariser Kunstkritikers Waldemar George.13 Die Ballung dieser Ereignisse weist auf eine strategische Planung von Amiets Comeback in Frankreich hin. Es ist bezeichnend für ihn, dass er sich nach dem Münchner Unglück wieder dem ihm sympathischeren und vertrauten französischen Kulturraum zuwandte. Im März 1932 hatte er in

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Paris (Boulevard Raspail 216) eine kleine Wohnung mit Atelier genommen, wo er sich bis 1939 regelmässig aufhielt und arbeitete; bis 1947 diente ihm dieser Ort immer wieder als Refugium. Cuno Amiet und Karl Im Obersteg verband ein ähnlicher Kunstgeschmack. Beide waren mehr der französischen als der deutsch-expressiven Kunsttradition zugewandt. Dies wird auch in der Korrespondenz deutlich, etwa wenn Amiet sich begeistert über eine Foto grafie von Pablo Picassos Arlequin assis (fond foncé) aus der Sammlung Im Obersteg äussert. 14 In den fünfziger Jahren war Amiet voll der Bewunderung für ein Passions-Triptychon von Bernard Buffet, das ihm Im Obersteg als Abbildung zukommen liess. Der Basler Sammler war in dieser Zeit ein grosser Verehrer des jungen französischen Maler talents. Er sammelte nicht nur seine Malerei, er besuchte ihn auch persönlich auf seinem Landsitz in Südfrankreich.

Cuno Amiet, Variation nach Jawlensky, 1921, Aquarell und Bleistift auf Papier, Inv. Im 1003

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Lebenslange Freundschaft Der freundschaftliche Kontakt zwischen Karl Im Obersteg und Cuno Amiet bestand bis zum Tod des Künstlers 1961. Zu Beginn – zwischen 1916 und 1927 – finden sich in der Korrespondenz immer wieder Hinweise auf Bilderkäufe und Geschenke. In dieser Zeit war KIO’s Liebe für die Malerei Amiets besonders gross. Später verlagerten sich seine Kunstvorlieben und Ankäufe auf andere Künstler, ohne dass dies die Freundschaft der beiden Männer geschmälert hätte. Es dominieren Ausstellungs- und Transportfragen, eingestreut vernimmt man von gegenseitigen Besuchen auf der Oschwand, in Basel oder Boltigen, dem Heimatort von Karl Im Obersteg, und von Autoausfahrten. Während die Korrespondenz von einem herzlichen Ton geprägt ist, sind die angesprochenen Themen doch meist geschäft licher Natur, und lange blieb man beim höflichen «Sie». Erst 1936 sprach Cuno Amiet den Sammler mit seinem Kurznamen KIO an und wechselte zum vertraulichen «Du». Amiet und KIO hatten gemeinsame Künstlerfreunde, etwa Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin, mit welchen der Schweizer Maler seit 1909 von München her in Kontakt war. Vermutlich war es Amiet gewesen, der die Russen 1919 in Ascona mit KIO bekannt gemacht und so eine auch für die Sammlung prägende Freundschaf t ge fördert hatte. 1921 schenkte er dem Basler Sammler das Aquarell Variation nach Jawlensky (Abb. S. 15) mit dem Kommentar «Ich male dir auch einmal einen Jawlensky». Das Blatt spielt auf die Serie der Variationen an, die Jawlensky 1914 in St-Prex am Genfer see begonnen hatte und die den Blick aus seinem Atelierfenster auf Bäume, einen Weg, das Wasser und den Himmel zeigt. 1914 war Cuno Amiet auf Wunsch von Jawlensky nach München gereist, um das Gemälde La maison du père Pilon von Vincent van Gogh, das dem Russen gehörte, in die Schweiz zu holen. Als Exilrusse hatte Jawlensky während des Kriegs keine Möglichkeit erhalten, nach Deutschland zu reisen. 1921 sandte er das Bild zu Karl Im Obersteg nach Basel in der Hoffnung, dass dieser einen Käufer finden würde. 1925 wurde es schliesslich – jedoch nicht über Im Obersteg – verkauft.

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Nachlass Cuno Amiet, Margrit und Daniel Thalmann, CH-3360 Herzogenbuchsee. George Mauner, Cuno Amiet. Die «Obsternten» von 1912, Zürich: Scheidegger & Spiess, 2002. Mauner 2002, S. 92, Nr. B60. Mädchenakt, um 1910 –1920, Inv. Im 1006; Variation nach Jawlensky, 1921, Inv. Im 1003; Klus bei Schwarzenmatt im Simmental, 1923, Inv. Im 1004 an Jürg Im Obersteg; Maske, 1929, Inv. Im 1005 an Marianne Im Obersteg; Liftboy, um 1929, Inv. Im 1007. Siehe Mentha/Zaugg 2002. Siehe das Verzeichnis der in München verbrannten Bilder Amiets in: Mentha/Zaugg 2002, S. 8–13. Die Brandursache konnte nie geklärt werden, Brandstiftung ist nicht auszuschliessen. Dies würde heute einem Milliardenbetrag entsprechen. Paris 1932. Der Transport der Werke erfolgte durch die Firma Im Obersteg. Pablo Picasso, André Derain u.a. waren anwesend. Charensol 1932. Élie Faure, Soutine, Collection «Les artistes nouveaux», Paris: Crès, 1929. George 1932. CA an KIO, 29.1.1952.

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Karl Im Obersteg aus Basel an Cuno Amiet in Oschwand Brief (Kopie)1, datiert 29.12.1916 Sehr geehrter Herr Amiet, Ich habe Ihnen gestern 3 Bilder retourniert und hoffe gerne, dass dieselben bei Ihnen gut anlangen. Ich habe das Nelkenstück2 zurückbehalten und bitte Sie, mir hierüber Rechnung zu stellen. Ich möchte Sie doch noch recht bitten, mich wissen zu lassen, wann das «Münchbild»3 ganz fertig ist und es nicht vorher zu verkaufen, da mir dieses Bild ungemein gefallen hat und ich eventuell darauf reflektiere. Ich danke Ihnen nochmals bestens für den freundlichen Empfang, den Sie meiner Frau und mir in Oschwand bereitet haben. Wir haben an diesem Tage sehr viel Freude gehabt und wird er uns stets in freundlicher Erinnerung bleiben. Mit freundlichen Grüssen an Ihre Frau Gemahlin und an Sie selbst und herzlichen Wünschen zum Jahreswechsel verbleibe ich. Ihr ergebener Charles Im Obersteg

Cuno Amiet aus Oschwand an Karl Im Obersteg in Basel Brief, datiert 23.8.1919, ohne Poststempel Lieber Herr Im Obersteg Nehmen Sie unseren besten Dank für die 7 000 frs, die Sie mir geschickt haben &. die gut hier angekommen sind. Ich denke nicht, dass sie längere Zeit hier bleiben werden, denn wir wissen allerlei damit anzufangen. Lassen Sie mich Ihnen sagen, &. ich bitte Sie, es auch Ihrer lieben Frau kund zu tun, wie eine grosse Freude ich oder wir haben, dass auch der Cellospieler nun zu Ihnen kommt.4 Wir haben immer grosse Freude, wenn meine Bilder zu Leuten kommen, bei denen man sich wohl &. heimelig fühlt. Der am Dienstag bei Ihnen Beiden verbrachte Abend war famos. Auch dafür danken wir Ihnen recht sehr. Wir freuten uns auch Herrn Buess zu sehen &. mit ihm zusammen zu sein.5 Am Mittwoch Vormittag hat es uns sehr leid getan, dass wir uns so schnell von Frau Im Obersteg haben verabschieden müssen. Es wäre nett gewesen noch ein wenig mit ihr in der Ausstellung herum zu gehen. Wir haben ganz fest im Sinn nach Boltigen zu kommen.6 Also sagen wir Ihnen Beiden auf Wiedersehen! Ihre ergebenen C. &. A. Amiet.

Karl Im Obersteg aus Basel an Cuno Amiet in Oschwand Brief (Kopie), datiert 18.5.1920 Sehr geehrter lieber Meister, Ich habe kürzlich bei mir einen englischen Freund bewirtet, der ein Sammler von Bildern von grossen Meistern ist. Er sagte mir, er hätte gerne einen schweizerischen Meister in seiner Sammlung vertreten. Mein resp. Ihr «Cello-Spieler» gefiel ihm sehr gut. Er wollte ihn mir abkaufen, doch konnte ich natürlich seinem Wunsche nicht entgegenkommen. Dagegen versprach ich ihm, mit Ihnen in Verbindung zu treten, indem Sie vielleicht nicht abgeneigt

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wären, ihm zwei Bilder zur Einsicht nach England zu senden. Laut seinen Aussagen dürfen Sie ziemlich sicher darauf rechnen, dass das einte, wenn nicht beide Bilder drüben bleiben würden. Ich glaube etwas Figürliches käme namentlich in Frage, auf keinen Fall ein Akt, auch weniger ein Garten. Was macht Ihr grosses Bild «Der Dirigent»7; haben Sie eine Photographie davon und soll ich diese Photographie meinem Freunde nach England senden? Nun noch zu einer andern Sache. Es wird eine illustrierte englische Handleszeitung herausgegeben vom hiesigen englischen Consul. Ich werde mir erlauben, Ihnen in den nächsten Tagen ein Exemplar davon zuzustellen. Diese Handelszeitung bringt jeweilen auch eine Besprechung über Kunst und Literatur und die ersten schweizerischen Künstler sollen darin besprochen werden oder selbst zum Worte kommen. Ich habe mir gedacht, es dürfte Sie vielleicht interessieren, wenn in dieser Zeitung drei Photographien von Ihren Bildern reproduziert und besprochen würden. Könnten und würden Sie eventuell die kurze Besprechung hierzu selbst schreiben? Die Zeitschrift hat in England und in der Schweiz starken Zuspruch gefunden. Ich hoffe, es gehe Ihnen und Ihrer lieben Familie fortwährend gut und sende herzliche Grüsse von Haus zu Haus Ihr sehr ergebener Charles Im Obersteg

Cuno Amiet aus Oschwand an Karl Im Obersteg in Basel Brief, datiert 25.5.1920, ohne Poststempel Lieber Herr Im Obersteg Vielen Dank für Ihren gar freundlichen Brief, in welchem Sie mir einen Auftrag vermitteln, den ich sehr gerne ausführe. Der Dirigent ist, beinahe hätte ich gesagt, leider, schon verkauft. Er gehört dem Museum in Bern &. ist gegenwärtig in der Ausstellung in Venedig.8 Ich habe aber zwei Bilder in Arbeit, die vielleicht für Ihren englischen Freund in Betracht kämen. Das eine ist das lebensgrosse Bild einer stattlichen Bernerin9 &. das andere unser Mineli als Geigerin10, ebenfalls lebensgross. Ich bin gern bereit, diese beiden Bilder nach England zur Einsicht zu schicken. Gefällt eines, desto besser, wenn nicht, so gheit wäge däm d’Wält nit um. Auch die Sache mit der englischen Handelszeitung interessiert mich &. ich gebe gerne 3 Photos. Aber einen Aufsatz dazu schreiben mag ich nicht. Es ist zwar heute sehr Mode dass die Maler schreiben. Meine Sache ist das aber nicht, ich habe genug mit Malen zu tun. Das schönste wäre, wenn Sie mit Ihrer lieben Frau wieder einmal zu uns kämen dann könnten Sie sich die Bilder gleich ansehen &. wir könnten zusammen ausmachen ob es der Mühe wert wäre, sie nach England zu schicken. Und ebenso könnten wir besprechen, welche Bilder in die Zeitung sollen. Geht das nicht? Unterdessen nehmen Sie mit Ihrer lieben Frau unsere herzlichsten Grüsse Ihre ergebenen C &. A. Amiet.

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Cuno Amiet aus Oschwand an Karl und Marianne Im Obersteg in Basel Brief, datiert 23.6.1920, ohne Poststempel Liebe Herr &. Frau Im Obersteg Hier schicke ich Ihnen das Pastel &. lege ein kleines Bildchen bei mit der Bitte es als ein kleines Andenken an Ihre Kunstgespräche mit dem Engländer mit dem schwierigen Namen11 von mir anzunehmen. Der letzte Sonntag war sehr schön &. wir haben durch die vergnügte Autogesellschaft, die sich nach &. nach in lauter Kunstverständige nicht nur, sondern auch in Bilderkäufer, &. noch dazu in was für welche, verwandelt hat, eine sehr grosse Freude erlebt. Ihnen Beiden gebührt ganz besonderer Dank. Die Geigerin habe ich seither schon fest in den Fingern gehabt. Wir alle hier senden Ihnen Beiden unsere herzlichsten Grüsse. Ihre Amiets.

Cuno Amiet aus Oschwand an Karl Im Obersteg in Basel Brief (Kopie), datiert 28.6.1920 Lieber Herr Im Obersteg, Hier schicke ich Ihnen die Rechnung für Herrn Haythornthwaite.12 Die Bilder gehen morgen in guter Kiste &. solid verpakt an Ihre Adresse ab. Die Auswahlsendung für Herrn Buess ist vor acht Tagen fort. Ihr Bild werden Sie inzwischen erhalten haben. Noch einmal möchte ich Ihnen schönstens danken für die Vermittlung &. für Ihren eigenen Kauf. Wir haben übrigens nicht nur an dem Käufer Haytherthwaite Freude gehabt, sondern auch an dem offenen, sehr sympatischen Mann &. an dessen ganz gelungener Frau. Es wird uns wirklich ein Vergnügen sein, sie gelegentlich wieder bei uns zu sehen. Selbstverständlich haben wir auch die grösste Freude an der baldigen Wiederholung Ihres &. Ihrer sehr lieben Frau Besuches. (Diese Wendung ist viel besser gemeint als dass sie sich liest) Also alles herzliche von Haus zu Haus von Ihren Amiets.

Marianne Im Obersteg aus Basel an Cuno Amiet in Oschwand Brief (Kopie), datiert 28.6.1920 Lieber Herr Amiet, noch haben wir Ihnen nicht gedankt für Ihren lieben ersten Brief, für die Zusendung des Bildes und «last but not least», für den schönen kleinen Akt13 und da kommt schon wieder ein zweiter Brief von Ihnen. Und in diesem Brief danken Sie uns für etwas, das vielleicht uns die allergrösste Freude ist und an der dürfen Sie sich nur mitfreuen, aber nicht dafür danken. Der Sonntag bei Ihnen auf der Oschwand war ein Sonnentag für die ganze Gesellschaft und wirkt immer noch nach. Mein Mann hat trotz aeusserst strenger und bis abends acht Uhr ausgedehnter Bureauarbeit immer noch ein stilles, zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht und das datiert von der Oschwand her. Auch bei meinem Bruder wirkt der Ausflug nach, indem er letzten Samstag als zweifach vom Kt. Solothurn verklagter Automobilfahrer vor Gericht war. Wir loben uns doch den Kt. Bern! Und nun komme ich speziell mit einem schweren Anliegen zu Ihnen. Unser Kauf hängt nun bei uns im Esszimmer seit acht Tagen. Ich habe mir das Bild14 von allen Seiten angesehn und ich habe nicht die Freude daran wie an den andern farbigen Amiets. Mir fehlt eben gerade die amietsche Farbenfreudigkeit daran. Ich wollte Sie nun fragen, ob wir Ihnen das Bild nicht

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Cuno Amiet, Mädchenakt, um 1910–1920, Tusche und Farbstift auf Papier, Inv. Im 1006


retournieren dürfen um bei Gelegenheit einmal wieder einen typischen Amiet bei Ihnen holen zu dürfen. So, nun ist’s mir bedeutend leichter und ich habe mir die Möglichkeit reserviert wieder mal auf die Oschwand zu kommen. Ich lege Ihnen nun noch die Photos vom Sonntag bei und gebe denselben recht herzliche Grüsse an Ihre ganze Familie mit, besonders aber an Ihre liebe Frau und Sie selbst. Ihre Marianne Im Obersteg.

Cuno Amiet aus Oschwand an Marianne Im Obersteg in Basel Brief, datiert 26.7.1920, ohne Poststempel Liebe Frau Im Obersteg, übermorgen ist es gerade ein Monat her, seit dem Sie mir Ihren freundlichen &. liebenswürdigen Brief geschrieben haben. Und ich habe Ihnen noch nicht einmal geantwortet. Seien Sie so gut &. entschuldigen Sie mich gütigst. Vielleicht damit, dass mir die Zeit so unheimlich schnell vergeht. Nun also schnell zur Hauptsache in Ihrem Brief. Selbstverständlich schicken Sie das Pastell nur zurück &. wir sind froh, dass Sie einen ganz bestimmten Grund haben, um wieder, bald wieder, zu uns zu kommen. Ihr letzter Besuch hat uns so viel Freude gemacht, dass wir die Wiederholung sehr wünschen. Wir haben ja jetzt auch den Keller voll so schönen Wein. Da wollen wir ein Festchen machen wann Sie kommen. Wie viel hat denn Ihr Bruder buessen müssen, im Kanton Solothurn? Die Photos, für die wir Ihnen herzlich danken sind ausgezeichnet. Sie sind noch nicht versorgt & liegen noch herum, so dass Sie uns zu unserem Vergnügen recht oft in die Hände kommen. Nun also haben Sie mir verziehen? Ich hoffe es &. grüsse Sie aufs herzlichste. Ueberhaupt schönste Grüsse von Haus zu Haus. Ihr ergebener C. Amiet.

Karl Im Obersteg aus Basel an Cuno Amiet auf der Oschwand Brief (Kopie), datiert 16.11.1920, ohne Poststempel Lieber Herr Amiet, Vielen Dank für Ihr Schreiben vom 13. November.15 Ihre Obsternte ist also verkauft, und da bleibt mir nichts anderes übrig, als Herrn Miller herzlich dazu zu gratulieren; meine Frau und einige Freunde haben mir dagegen bereits aufrichtigst kondoliert.16 Fuer Bernermeitschi in der Tracht habe ich mich nie so recht erwärmen können, auch vor derer physischer Kraft stets etwas Respekt gehabt. Ich spreche hier natürlich nur von BernFlachland. Das weiche Mieder der Berner-Oberländerinnen war mir schon lieber. Ihre «Kreuzigung»17 habe ich ganz im Anfangs-Stadium gesehen. Ich besinne mich an eine Skizze, die mir einen festen Eindruck hinterlassen hat. Auf dieses Bild freue ich mich sehr. Vielleicht darf ich Sie sogar bitten, mich jeweilen über das Schicksal dieses Bildes auf dem Laufenden zu halten. Melden sie die Geigerin in Bern nur ruhig an. Ich nehme die Verantwortung zu diesem Schritt gerne auf mich.18 Mit lieben Wünschen und vielen Grüssen von Haus zu Haus verbleibe ich Ihr Charles Im Obersteg

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