La voce di Torre

Page 1

Dresdner Ausgabe

La voce di torre Gazzettino di informazione per Torresi e Turisti

Periodico mensile – Uscita Nº 8

Torre di Venere

Musik

Mühen der Liebe

Manipulation

Magisches

Macht

Der Komponist Stephen Oliver. Ein großer Künstler, der viel zu früh von uns ging. ✐ S. 2

Das Ereignis des Monats: ExklusivInterview mit Regisseur Manfred Weiß über „Mario und der Zauberer“ ✐ S. 4

Sind wir getrieben oder lassen wir uns treiben? Fragen zur Freiheit des Willens. ✐ S. 5

Aus dem Hut gezaubert: Karl-Heinz Kaiser über Trick- und Täuschungsprinzipien. ✐ S. 7

Das Zeitgeschehen im Überblick. Im Zentrum der Macht. Über politische Radikalität. ✐ S. 9

Erlebtes und Erdachtes

Schüsse auf offener Bühne Handlung

1. Teil

Über die Entstehung von Thomas Manns „Mario und der Zauberer“ von Hans Rudolf Vaget

© K EYSTONE / Thomas-M ann-Archiv/Str

Eine drückende, bis zum Bersten gespannte Atmosphäre liegt über dem italienischen Badeort Torre di Venere, in dem eine deutsche Witwe mit ihrer zehnjährigen Tochter den Sommerurlaub verbringt. Unmut über die Gäste bricht sich durch einen bestimmten Vorfall Bahn, der zum Vehikel für offene Fremdenfeindlichkeit wird: Nach dem Schwimmen im Meer hatte die kleine Tochter mit Erlaubnis ihrer Mutter ihren Badeanzug ausgezogen, um ihn im Wasser auszuspülen – eine kurze Zeit war sie dadurch nackt am Strand zu sehen. Grund genug für einen italienischen Bürger, einen Skandal zu veranstalten, ihr Gesetzesbruch und Schamlosigkeit vorzuwerfen und den Fall dem Bürgermeister vorzutragen, der der deutschen Touristin für das Vergehen ihrer Tochter eine Geldstrafe auferlegt. Die Gastwirtin der deutschen Familie, Signora Angiolieri, nimmt eine vermittelnde Position ein und zeigt Verständnis für die empörte Mutter, lehnt sich aber nicht gegen ihre Landsleute auf. Durch Mario, den Kellner im Café der Signora, erfährt die Tochter von einer dort stattfindenden, öffentlichen Zaubervorstellung am Abend, die sie mit ihrer Mutter besuchen möchte. Signora A ngiol ier i gerät über das T hema „Theater­“ ins Schwärmen – verklärt berichtet sie über ihr einstiges Leben als Garderobiere der großen Schauspielerin Eleonora Duse. Währenddessen ärgert Guiscardo, ein grober Kerl vom Strandort, den Kellner mit der Nennung des Namens Silvestra; ist sie Marios heimliche Freundin?

2. Teil

Fast so schön wie am Strand von Torre di Venere — Thomas Mann und Familie in Kampen auf Sylt, 1927

D

ie Idee zu dieser Arbeit entstammte den Eindrücken eines früheren Ferienaufenthaltes in Forte dei Marmi bei Viareggio (31. August bis 13. September 1926). Von dort hatte Thomas Mann am 7. September an Hugo von Hofmannsthal geschrieben: „Wir haben Licht und Wärme in Überfülle gehabt und die Kinder waren glückselig am Strand und im warmen Meer. An kleinen Widerwärtigkeiten hat es anfangs auch nicht gefehlt, die mit dem derzeitigen unerfreulichen überspannten und fremdfeindlichen nationalen Gemütszustand zusammenhingen. Natürlich hat das eigentliche Volk seine Liebenswürdigkeit bewahrt und steht geistig nicht unter dem blähenden Einfluss des Duce“. Bemerkenswert an diesem Zeugnis – dem einzigen zeitgenössischen – von

dem Aufenthalt in Forte dei Marmi ist die relativ gelassene Reaktion auf die „kleinen Widerwärtigkeiten“, obwohl der neue, faschistische Geist schon klar erkannt wurde. Die sinistre Atmosphäre sowie das dämonische, tragische Wesen des Geschehens fehlen hier noch; sie sind dem „Reiseerlebnis“ offenbar erst in den folgenden Jahren und in Deutschland zugewachsen. Wie gewohnt hielt sich Thomas Mann in fast allen Einzelheiten des Geschehens an Selbsterlebtes. Davon berichtet er vor allem in dem Brief an Otto Hoerth vom 12. Juni 1930: Selbst „der ‚Zauberkünstler‘ war da und benahm sich genau, wie ich es geschildert habe“. Lediglich der „letale Ausgang“ sei eine Erfindung und Zutat, denn „in Wirklichkeit lief Mario nach dem Kuss in komischer Beschämung weg und war am nächsten Tage, als er uns wieder

Dem Zauberer auf der Spur

A

Erhellendes von Thomas Mann

m 27. November 1930 antwortete Thomas Mann auf den Brief eines gewissen Hopkins: „Es ist alles ganz richtig, wir waren im August bis September 26 in Forte dei Marmi, das mit dem Torre di Venere der Novelle identisch ist, und wir haben zusammen mit Ihnen den Zauberer gesehen. Seinen wirklichen Namen erfuhr ich erst wieder von Ihnen, Gabriele [Cesare Gabrielli, Anm. d. Red.], ich hatte ihn vergessen. In derselben Pension wohnten wir freilich nicht, sondern in einer anderen, analog

den Tee servierte, höchst vergnügt und voll sachlicher Anerkennung für die Arbeit ‚Cipollas‘“. Jedoch seien auch die Schüsse nicht eigentlich seine Erfindungen, denn als er zu Hause von jenem Abend erzählte, habe seine Tochter Erika bemerkt: „Ich hätte mich nicht gewundert, wenn er ihn niedergeschossen hätte‘. Erst von diesem Augenblick war das Erlebte eine Novelle“. Es ist anzunehmen, dass die Episode mit Erikas spontaner Reaktion auf das Reiseerlebnis der Eltern von 1926, unmittelbar nach der Rückkehr aus Italien, zu datieren ist. Das würde bedeuten, dass die Konzeption der Novelle drei Jahre lang bereitlag, bevor Thomas Mann sie im August und September 1929 ausführte. [Die Novelle erschien erstmals unter dem Titel „Tragisches Reiseerlebnis“ in Velhagen & Klasings Monatsheften im April 1930, noch im

gelegenen, die Pension Regina hieß. Der Name der Wirtin war Angela Querci, woraus mir in der Novelle Angiolieri geworden ist, und diese Dame hatte auch schon von der Novelle läuten hören und erkundigte sich angelegentlich danach. Ich habe es aber vorgezogen, eine Ausrede zu gebrauchen und ihr das Buch lieber nicht zu schicken.“ Hans Wysling / Marianne Fischer (Hrsg.): Thomas Mann. 1918–1943, Fischer Verlag, München, Frank­ furt a.M. 1979.

gleichen Jahr dann als Buchausgabe im Fischer Verlag unter dem Titel „Mario und der Zauberer. Ein tragisches Reiseerlebnis“. Anm. d. Red.] Ob und inwieweit sich während dieser Jahre die italienischen Eindrücke mit deutschen Erfahrungen angereichert haben, kann im Einzelnen nicht bewiesen werden. Allerdings liegt die Vermutung nahe, dass Thomas Manns wachsende Ausein­andersetzung mit der nationalsozialistischen Bewegung in Deutschland sein Gleichnis von dem faschistischen, italienischen Zauberer entscheidend mitbestimmt hat. Hans Rudolf Vaget, Thomas Mann. Kommentar zu sämtlichen Erzählungen, Winkler Verlag, München 1984.

Bewohner der Stadt und die Gäste des Badeortes finden sich in Signora Angiolieris Café ein und warten auf den angekündigten Zauberer Cipolla. Als dieser endlich erscheint, werden bald seine manipulativen Fähigkeiten deutlich: Neben Karten-, Zahlen- und anderen Zaubertricks gelingt es ihm vor allem durch Mentalmagie, Zuschauer zu verführen, zu hypnotisieren und sie so zu seinen willigen Opfern zu machen, die er bloßstellen kann. Keiner der Besucher vermag sich seinem Einfluss zu entziehen. Abstoßendes und Anziehendes halten sich die Waage – unerklärlich, was die eigentliche Faszination ausübt, denn die Demütigungen der Besucher nehmen stetig zu. Als Cipolla den Kellner Mario zu sich bittet und diesem suggeriert, er selbst sei dessen Angebetete, überspannt der Zauberer den Bogen: Er verlangt, dass Mario Silvestra, also ihm, einen Kuss geben soll. Mario erwacht aus der Hypnose. Außer sich zieht er einen Revolver und erschießt Cipolla.

Ankündigung Stephen Oliver

Mario und der Zauberer Oper in einem Akt nach der gleichnamigen Erzählung von Thomas Mann Libretto vom Komponisten — Deutsch von Manfred Weiß Premiere 22. November 2012 auf Semper 2


2

La voce di torre

Nº 8

Kultur / Musik

© Christopher Lloyd /© Novello Company Limited, London, UK

Über die Produktivität eines Komponisten, dessen Lebens-Stern zu schnell erlosch

Stephen Oliver (1950–1992)

D

er englische Komponist wurde am 10. März 1950 in Chester geboren und starb am 29. April 1992 mit 42 Jahren in London. Oliver studierte mit Kenneth Leighton und Robert Sherlaw Johnson in Oxford, wo Studentenproduktionen seiner ersten Opern – hinzuweisen sei auf „The Duchess of Malfi“ aus dem Jahre 1971 (später vollständig überarbeitet) – eine große Aufmerksamkeit erzielten. Schon im Alter von 24 Jahren war es ihm möglich, als freischaffender Komponist zu leben, der überwiegend als Opernkomponist bekannt wurde. Auf Basis des Erfolges von „Malfi“ wurde Oliver von Colin Graham beauftragt, im Jahre 1975 für die English Music Theatre Company „Tom Jones“ zu schreiben. 16 Jahre später sollte nach unzähligen Werken im Jahre 1991 seine letzte große abendfüllende Oper für die English National Opera „Timon­of Athens“ entstehen. Der größte Teil seines Œuvres jedoch besteht aus kleineren Formen und dramatisch individuellen Strukturen, die von kurzen Monologen bis zu „mini-operas“ reichen. Zudem kreierte er „Three Instant Operas“ (1973) und „The Dong with the Liminous Nose“ (1976) für junge Amateur-Darsteller und auch eine Kin-

deroperette, „Jacko’s Play“ (1979). Auch schrieb er das Musical „Blondel“ nach dem Libretto von Tim Rice und gelegentlich Musik für Bühnen- und Fernsehproduktionen. Verbunden war Oliver mit dem Festival „Musica nel Chiostro Batignano“ in Italien, wo einige seiner Opern ihre Uraufführung erlebten, und für das als Auftragswerke „Mario und der Zauberer“ (Mario and the Magician) im Jahre 1988 und „L’oca del Cairo“ im Jahre 1991 entstanden. Im Vergleich zu den Opern gilt Olivers Instrumentalmusik als weniger bedeutend, aber Werke wie eine Sinfonie (1976, revidiert 1983), ein „Recorder Concerto for Michala Petri“ (1988), „Five Ricercare“ (1973–86), geistliche und weltliche Choralmusik bereichern sein Œuvre. Stilistisch ist Olivers Musik weit gefächert, was vor allem seine pasticciohaften Kompositionen für Fernsehproduktionen belegen, während er in seinen größeren Opern seinen eigenen, gesten- und klangfarbenreichen Musikstil ausprägte. Matthew Rye

„Doch hast du jemals etwas getan, was du nicht tun wolltest, was jemand anderer wollte? Hast du von der Trennung des Wollens und des Tuns, von der Arbeitsteilung gehört?“ Cipolla Stephen Oliver, „Mario und der Zauberer “

Übersetzung von Stefan Ulrich, nach: Oliver, Stephen, in The New Grove Dictionary of Music and Musicians, Bd. 18, 2001.

Stephen Oliver über das Komponieren Auszug aus einem Gespräch mit Paul Griffiths aus dem Jahre 1980 Wie gehen Sie beim Komponieren vor? Wie entscheiden Sie, ob eine Idee richtig ist oder nicht? Mit Denken. Das Beste, was ich je über meine Musik gelesen habe, stand in Hugo Coles Besprechung der nicht-revidierten „Herzogin von Malfi“, das ist jetzt dreizehn Jahre her, als er sagte, da gibt es Momente, in denen ich wusste, welche Musik hätte geschrieben werden sollen, die ich aber tatsächlich nicht geschrieben habe: Mit anderen Worten, ich habe die Geste gemacht, aber sie nicht mit Musik durchdrungen. Also frage ich mich heute: Hast du da wirklich Musik geschrieben oder rumpelt da nur etwas dahin? Das ist etwas, worüber man bei einer zweiten Fassung nachdenken muss. In der ersten kann man das nicht machen, da versucht man nur, die Form richtig hinzukriegen, arbeitet sie heraus; doch in der zweiten muss man fragen: Sagst du wirklich etwas Sinnvolles oder Schönes, wenn du diese Note dahin setzt? In diesem Sinne denke ich also schon über Stil nach.

Haben Sie also das Gefühl, es gibt einen Oliver-Stil für Opern und eine Pasticcio-Technik für die anderen Sachen?

© M atthias creutziger

Ja, das sind unterschiedliche Dinge, also eindeutig ja. Aber es ist dennoch ein Gegenverkehr; es gibt Pasticcio in den Opern und es gibt teilweise moderne Musik in den Fernsehpartituren. Es hängt davon ab, was der Stil der Produktion ist: Ich habe für „Perikles“ eine Partitur geschrieben, die durchgängig ein modernes Idiom hatte, weil die Produktion nicht auf ein bestimmtes Jahrhundert festgelegt war. Aber wenn die Musik eine unterstützende Rolle haben soll, dann ist es deine Aufgabe, die Musik zu liefern, die notwendig ist. Signora Angiolieri (Sabine Brohm), Mario (Christopher Kaplan)

Übersetzung von Manfred Weiß.


3

La voce di torre

Nº 8

Anzeige

Stephen Oliver

Mario und der Zauberer Oper in einem Akt nach der gleichnamigen Erzählung von Thomas Mann Libretto vom Komponisten – Deutsch von Manfred Weiß

Geschrieben für das Batagnano Festival 1988 – In Dresden kommt die überarbeitete Fassung von 1989 zur Aufführung   Zwischen den Teilen I und II ist die Nummer „The Ba-Ta-Clan“ aus Jacques Offenbachs „Ba-Ta-Clan“ in der Bearbeitung von Stephen Oliver eingefügt

Signora Angiolieri Sabine Brohm Die Mutter Christel Lötzsch

Signor Angiolieri Hans-Joachim Fiedler/ Thoralf Stöckl

Die Tochter Karo Weber/ Nina Bennert

Antonio, Beppe, Franco, Ruggiero, u.a. Frank Däbritz Tim Fischdick Frank Friedrich Gellrich Fritz Herrmann Sebastian Hübel Lukas Seidler Peter Vanselow

Ein Bürger der Stadt Bernd Könnes Der Bürgermeister Gerald Hupach Guiscardo Allen Boxer Cipolla Markus Butter Mario Christopher Kaplan

Musikalische Leitung Ekkehard Klemm Inszenierung Manfred Weiß Bühnenbild & Kostüme Kattrin Michel Licht Jens Klotzsche Dramaturgie Stefan Ulrich Orchester Studierende der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden – Tricktechnische Beratung und Spezialeffekte Karl-Heinz Kaiser

PA R T N E R D E R S E M P E R O P E R

Die Junge Szene wird unterstützt durch

Eine Initiative der Rudolf Wöhrl AG.


4

La voce di torre

Nº 8

„Alles, nur Liebe bekommt er nicht …“

© M atthias creutziger

Gespräch

Mario (Christopher Kaplan), Cipolla (Markus Butter)

Manfred Weiß im Gespräch über „Mario und der Zauberer“ von Stephen Oliver nach der gleichnamigen Novelle von Thomas Mann. Das Gespräch führte Stefan Ulrich

„Mario und der Zauberer“ von Thomas Mann, untertitelt als „Ein tragisches Reiseerlebnis“­, kommt vordergründig als Petitesse rund um einen unglücklichen Strandurlaub mit ungutem Ausgang daher. So klein das Werk aber auch ist, es offenbart ein feinfühliges Gespür, politisch neue Strömungen der Zeit zu benennen – gesellschaftliche Bestandsaufnahme oder Weitblick?

Interessant ist für mich zum einen Thomas Manns feine, in der Novelle niedergeschriebene Beobachtung, wie systematisch Ausgrenzung funktioniert. Eine Familie bekommt im Urlaub im Ausland zu spüren, wie sie zu Fremden gemacht und auch entsprechend behandelt wird. Zum anderen ist die Geschichte um den Zauberer faszinierend, dessen Auftritt eine ganz andere Richtung nimmt, als man sich das als Ital ienurlauber zu den ken ver mochte. Die Attraktion kippt um in die intensive Erfahrung einer Manipulierbarkeit und gnadenlosen Demonstration von Abhängigkeit. Das Werk endet höchst dramatisch, indem der Magier von einem seiner „Opfer“ nach seiner Bloßstellung erschossen wird. Es stellt sich mir die Frage, wieso Thomas Manns Novelle, deren Inhalte zu großen Teilen auf selbst Erlebtes zurückzuführen sind, am Schluss diese hinzugedichtete Wendung nimmt. Mit der Vernichtung des unheilstiftenden Aggressors löst sich die Situation auf tragische Weise. Als Finale einer „kleinen“ Erzählung scheint mir, als ob Thomas Mann damit weit mehr als nur einen drastischen Effekt erzielen wollte. Stephen Oliver nahm Thomas Manns Novelle als Vorlage für seine Oper. Was legt er uns in seinem „Mario und der Zauberer“ musikalisch und strukturell vor?

Man ist heutzutage etwas vorsichtig, wenn man den Begriff „Literaturoper“ hört, in der meist ein kompletter Text vertont wird, was dann häufig etwas schwerfällig und sperrig erscheint.

Für mich war es die Überraschung, wie Stephen Oliver aus der Novelle eine eigene Dramaturgie für sein Stück entwickelt. In seiner Kurzoper kommt zum Schwingen, was Thomas Mann in „Mario und der Zauberer“ an Atmosphären entwickelt. So illustriert der Komponist weniger den Text, als er dem Werk eine zweite Eben verleiht: Wir erleben etwa zu Beginn musikalisch unterschwellig aber immer präsent die Sommerfrische, die aber mit einer Störung belegt ist – Hitze, Gereiztheit, Nervosität kommen als irritierende Elemente in seiner Musik substanziell zum Ausdruck. Hören wir die Zaubervorstellung im zweiten Teil, so verstärkt die Musik die hypnotischen Momente, wodurch man als Zuschauer sinnlich involviert und ein Teil des Ganzen wird. Die zwei Teile der Novelle, die scheinbar nur durch einen äußeren Rahmen der gleichen Örtlichkeit zusammengehalten werden, finden sich auch in der Oper wieder­. Wie geht Oliver in seinem Werk und wie gehen Sie in Ihrer Inszenierung damit um?

Die Teile bauen meines Erachtens aufeinander auf: Die Sehnsucht nach Ordnung profiliert sich im ersten Teil durch die Figur des Bürgers, der ein minimales Ereignis zum Anlass nimmt, nach dem starken Mann zu rufen; das ist in diesem Fall der Bürgermeister. Im zweiten Teil wird die Autorität um ein Vielfaches größer. Der starke Mann ist da, der herrscht und manipuliert und auch den Bürger zur Marionette macht, der vorher noch nach Ordnung rief. Uns war es wichtig, das Publikum einen Perspektivwechsel vornehmen zu lassen. Die Zuschauer, die am Anfang von außen den Aktionen der Oper beiwohnen, werden mit dem Beginn des zweiten Teils zum Teil der Menschenmenge, die dem Zauberer als Publikum

dient – sie werden selbst zum Versuchsobjekt. Das Moment von Verführbarkeit kann somit jeder erleben, unmittelbar und ohne Distanz. Interessant ist es, sich selbst zu prüfen, wo die Grenze verläuft zwischen einer guten Zaubershow, deren Tricks wir nicht durchschauen und von denen wir uns vielleicht sogar gerne täuschen lassen, die Verführung genießen, und dem Moment, in dem Kräfte zu wirken beginnen, die nicht nur mit unserer Wahrnehmung spielen, sondern uns selbst auf eine Art und Weise manipulieren, die unser ganzes Wesen erfassen. Ist das Maximum an Verführung und Manipulation am Ende der Novelle erreicht, wenn der Zauberer Cipolla Mario glauben macht, er sei seine Angebetete?

Zumindest ist hier eine neue Stufe der Machtausübung erreicht, eigentlich eine recht tragische, die die Gebrochenheit des Cipolla offenbart. Er ist Zauberer, der über die Fähigkeit verfügt, Menschen für sich zu vereinnahmen. Er erhält Achtung und Anerkennung von ihnen. Man zollt ihm Respekt. Alles, nur Liebe bekommt er nicht … So ist die letzte Szene im Grunde genommen eine Liebesszene unter falschen Vorzeichen. Hinter der Maske des starken, einflussreichen Magiers Cipolla kommt der Mensch zum Vorschein, der Zuneigung sucht, der sich aber emotional nicht öffnen kann. Einer Verzweiflungstat gleich wirkt er mit seinen ihm vertrauten Mitteln der Macht gnadenlos auf Mario ein, erschleicht sich körperliche und emotionale Nähe, indem er den Kellner glauben macht, er sei seine Geliebte. Tatsächlich stellt er sein Opfer damit vor der Öffentlichkeit bloß – vor allem aber sich selbst.


Nº 8

5

La voce di torre Dossier

Spruch des monats

Manipulation und Willensfreiheit: Können wir anders? von Henrik Walter

S

tellen Sie sich vor, Sie gehen morgens Brötchen holen. Welch herrlicher Tag! Die Sonne strahlt vom Himmel, Sie müssen nicht arbeiten, es ist Urlaubszeit. Keine Arbeit, die liegengeblieben ist, keine Vorhaben, die dringend erledigt werden müssten, keine Verpflichtungen, die Sie eingegangen sind, kein Termin in Ihrem Kalender, keine Schulden auf Ihrem Konto. Die Welt ist schön, die Stimmung bestens. Auf einmal tritt Ihnen ein misanthropisch blickender Mensch in den Weg, der Sie kritisch mustert. Sie registrieren das studentische Outfit, die Ringe unter den Augen, die vom Nikotingenuss fahle Hautfarbe und den in ab­strakte Regionen verweisenden Gesichtsausdruck. Aha, denken Sie, eine Geisteswissenschaftlerin! Sie vermerken eine weitere Bestätigung Ihres Weltbildes in Ihrem Hinterkopf. Doch etwas lässt Sie stutzen. Ein Tonbandgerät und ein Mikrofon? Wie das? Und nun kommt dieser Mensch auf Sie zu, hebt gar das Mikrofon? Sie wird doch nicht etwas fragen wollen? Doch, sie will. Sie komme vom philosophischen Institut der örtlichen Universität. Dort halte man gerade ein Seminar über Willensfreiheit ab. Und nun wolle man wissen, was – Sie mögen den Ausdruck verzeihen – normale Menschen mit gesundem Menschverstand intuitiv darüber denken. Und da man an der Universität durch die philosophische Vorbildung oder solle man lieber sagen: Verbildung? – na ja, egal, also jedenfalls voreingenommen sei, traue man den eigenen Intuitionen nicht mehr so richtig über den Weg, Deshalb habe

man sich überlegt, man solle einfach mal raus auf die Straße, um sozusagen die Philosophie etwas empirischer zu machen, und deswegen sei sie nun hier und habe den erstbesten Menschen, der nicht so abweisend aussehe – sie mache das ja auch zum ersten Mal – tja, ausgeguckt und wolle nunmehr die Umfrage beginnen und was sie eigentlich wissen wolle, sei: Haben Sie einen freien Willen? Verwundert und ein wenig mitleidig, wie man einen so schönen Tag so nutzlos verbringen kann, antworten Sie nachsichtig: Ja natürlich. Alle Menschen hätten einen freien Willen, das sei doch selbstverständlich. Und bevor die übernächtigte Studentin zu ihrer zweiten Frage ansetzen kann, lassen Sie sie mitsamt ihrem Mikrofon stehen und steuern Ihre vertraute Bäckerei an. In die schwierige Wahl zwischen Vollkornbrötchen und Schokocroissant vertieft, haben Sie den Vorfall fast schon wieder vergessen. Schade eigentlich. Dass die meisten Menschen mit „ja“ antworten, wenn sie gefragt werden, ob sie über Willensfreiheit verfügen, ist weder sonderlich aufregend, noch sonderlich interessant. Erst die zweite Frage hätte uns ins Zentrum unseres Themas geführt. Wie sie gelautet hätte? Ganz einfach: Woher wissen Sie, dass Sie einen freien Willen haben?

Die Freiheit existiert, und auch der Wille existiert; aber die Willensfreiheit existiert nicht, denn ein Wille, der sich auf seine Freiheit richtet, stößt ins Leere. Cipolla Thomas Mann, „Mario und der Zauberer “

Henrik Walter, Neurophilosophie der Willensfreiheit. Von der liber­ tanistischen Illusion zum Konzept natürlicher Autonomie, mentis Verlag, Paderborn 1999.

aus aller Welt

Dämonen im Dschungel Bei einem kolumbianischen Schulfest gerät ein Zaubertrick außer Kontrolle

© M atthias creutziger

von Camilo Jiménez

Die Tochter (Karo Weber), Die Mutter (Christel Lötzsch)

Mocoa – Endlich war der berühmteste Zauberer der Stadt da, nun konnten die Schüler den diesjährigen Zirkustag eröffnen. Auftritte von Clowns und Jongleuren sowie eine Hypnose-Show waren Ende verga ngener Woche i m Gymnasium „IECM“ in Mocoa geplant. Das Fest in der südkolumbianischen Stadt war klein – und für Medien und Polizei in dieser von Gewalt erschütterten Region völlig Nebensache. Doch nur Stunden später berichteten Nachrichtensender von einer „ungewöhnlichen Notlage“. Die Feier war zu einer dramatischen Pleite geworden. Am Freitag lagen 36 Mädchen und fünf Jungen in der Notaufnahme von Mocoa. Und der Zauberer, der 31-jährige Miller Zambrano, sitzt nun im Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm gefährliche Körperverletzung vor. Was war passiert? Die Show hatte um kurz nach sieben Uhr morgens begonnen. Schüler, Lehrer und Eltern, insgesamt 159 Menschen, saßen im Publikum und sahen zu, wie der Zauberer acht Freiwillige zu sich rief. Er hob die Stimme, bewegte die Hände und plötzlich befolgten die Jugendlichen seine Befehle. Das Publikum klatschte, aber die Trance war noch nicht vorbei. Augenzeugen berichten, dass in kurzer Zeit Dutzende weitere zu Boden gingen. Mädchen schrien panisch, dass sie den Teufel sähen. Andere zuckten

mit verschlossenen Augen. Während K rankenwagen durch die Straßen der Stadt im Dschungel rasten, verhafteten Polizisten Zambrano. In der Klinik wachten die Kinder dann allmählich auf. Bei einigen dauerte es allerdings so lange, dass die Eltern die Polizei baten, den Zauberer zum Krankenhaus zu bringen. Als dieser kam, traf er nicht nur den Bürgermeister von Mocoa, sondern auch Psychologen, Parapsychologen, einen Pfarrer und einen Schamanen. Der Fall sorgt in Kolumbien für Spekulationen aller Art. In Mocoa ist die Rede von dunkler Magie und Dämonen. Der Schuldirektor ist von einer „kollektiven Hypnose“ überzeugt, während Ärzte von „Bew usstseinsveränder ungen“ sprechen. Auch die kolumbianische Gesellschaft für Hypnose hat sich zu Wort gemeldet. Es habe sich nicht um Hypnose gehandelt, sondern um „kollektive Hysterie“, sagte ein Experte. Kinder neigten dazu, Ideen als real zu betrachten. Die ersten hätten sich in die Vorstellung hineingesteigert, sie seien verzaubert worden. Dass auch Eltern und Lehrer sich offenbar davon anstecken ließen, habe die verhängnisvolle Kettenreaktion aber erst verursacht. Artikel aus: Süddeutsche Zeitung, 5. September 2011


Š M atthias creutziger

6

Cipolla (Markus Butter)

La voce di torre Foto des Monats

NÂş 8


7

La voce di torre

Nº 8

Gespräch

Dem Zauberer auf die Hände geschaut Karl-Heinz Kaiser, fachlicher Berater in zaubertechnischen Belangen bei der Produktion „Mario und der Zauberer“, im Gespräch über Illusion, Magie und billige Tricks.

© M atthias creutziger

Das Gespräch führte Marc-Dirk Harzendorf

Signora Angiolieri (Sabine Brohm), Cipolla (Markus Butter)

Zauberei bedeutet für viele Menschen in erster Linie Faszination. Herr Kaiser, was war es, dass Sie an der Tätigkeit als Zauberer gereizt hat, bzw. wie erlernt man einen solchen Beruf ?

Den Beruf des Zauberers kann man als solchen in Deutschland nicht erlernen. Ich persönlich bin als Amateur zur Zauberkunst gekommen, da meine Großmutter mir zu meinem 10. Lebensjahr einen Zauberkasten schenkte. Daraufhin entwickelte ich eine anhaltende Faszination für die Zauberei, die mich dazu brachte, vorhandene Kunststücke zu verbessern bzw. eigene herzustellen und zu bauen. Berufszauberer als solches bin ich seit 1987. In dem Jahr erhielt ich meinen Berufsausweis – die staatlich anerkannte Genehmigung zur Zauberei in der DDR. Meine Prüfung dazu legte ich am Steintor Varieté in Halle ab. Anschließend hatte ich das große Glück, dem Magier Heinz Wizardo, der mir fördernd und beratend zur Seite stand, zu begegnen und ihn meinen Mentor nennen zu dürfen. Welche Eigenschaften sollte Ihrer Meinung nach ein erfolgreicher Zauberer unbedingt mitbringen?

Unbedingt notwendig sind Zielstrebigkeit und Ausdauer. Denn ohne diese beiden Eigenschaften dürfte es schwer werden, die nötige Disziplin für das ständige Üben und Verbessern von Zaubertricks aufzubringen. Außerdem ist eine der wichtigsten Eigenschaften, sich das Staunen und die Faszination zu bewahren. Man muss innerlich sozusagen immer Kind bleiben.

Apropos Kind bleiben: Haben Kinder denn einen anderen Zugang zur Zauberei als Erwachsene?

Kinder haben definitiv einen anderen Zugang zur Zauberkunst als Erwachsene. Sehr gut kann man das am Erfolg der „Harry Potter“-Bücher und Filme festmachen. Hier wird Magie ganz anders dargestellt, als das bei uns in der Zauberei der Fall ist. Zauberei wird durch optische, akustische oder mentale Beeinf lussung hervorgerufen. All das trifft in den Büchern und Filmen von „Harry Potter“ ja nicht zu. Hier geht es schlichtweg um Fantasie. Da Kinder noch nicht über einen Erfahrungsschatz verfügen, können sie nicht einschätzen, dass ein Mensch nicht schweben kann oder sich Spielkarten einfach verwandeln. Sie nehmen das als gegeben hin und betrachten dies dann als Zauberei. Erwachsene hingegen sind es gewohnt, Dinge bis ins Kleinste zu analysieren. Je höher der Bildungsstand eines Jeden, desto einfacher ist er zu täuschen. Die Menschen vergessen mit zunehmendem Alter und wachsendem Wissen die einfachsten Möglichkeiten. Wo liegt denn eigentlich der Unterschied zwischen Hypnose und „normaler“ Zauberei?

Für die Hypnose bin ich kein Fachmann. Zauberei als solches beruht auf Trick- und Täuschungsprinzipien. Die können nun optischer, akustischer oder mentaler Art sein. Ich glaube es war der alte Dresdner Zauberer Hans Han-

der „Tosari“ der einmal gesagt hat: „Die Leute müssen nicht sehen, was Du machst. Sie müssen glauben, dass sie sehen, was Du machst.“ Und mit diesem Satz hat er wirklich recht. Gute Zauberei beruht auf der Täuschung des Publikums. Bei der Hypnose hingegen geht es darum, das Bewusstsein auszuschalten und über das Unbewusste zu steuern. Dann ist es dem Hypnotiseur möglich, Eingriffe in das Unterbewusstsein vorzunehmen und die Leute zu den unmöglichsten Sachen zu bringen.

bung dahintersteckt. Nichtsdestotrotz musste Markus Butter in mühevoller Fleißarbeit Handlungen und Fingerfertigkeiten bergreifen und erlernen. Wichtig ist aber auch, dass der Laie die Tricks hinterfragt und durchdenkt. Meistens ist der Nichtfachmann dann verblüfft, wenn er erfährt, was für eine Wirkung solche doch recht einfachen Tricks beim Publikum erzielen. Die Kompliziertheit des Kunststückes ist also nicht das Ausschlaggebende, sondern vielmehr der Effekt, der im Kopf des Zuschauers entsteht.

Würden Sie Geschehnisse während der Zaubervorstellung in Thomas Manns „Mario und der Zauberer“ dann als eine Mischung aus Hypnose und Zauberei bezeichnen?

Ich denke, was Thomas Mann da beschreibt, ist in der Tat einerseits Hypnose und zum anderen Zauberei. Die Verkrampfungen im Publikum sind zum Beispiel nicht über Zauberei machbar. Die Kunststücke mit den Zahlen und Karten hingegen sind typische Zaubertricks. Was sind aus Ihrer eigenen Erfahrung und aus der Arbeit mit unserem Zauberer „Cipolla“, der von Markus Butter interpretiert wird, die größten Herausforderungen bei der Arbeit mit Laien?

Die Herausforderung für mich besteht darin, Kunststücke herauszusuchen, die für einen Laien machbar sind. Wir hatten keine zwei Jahre Vorbereitungszeit, um die Tricks einzustudieren. Es gibt aber auch sogenannte „Selbstgänger“, bei denen eine geniale Tricktechnik und eine relativ simple Handha-

Zur Person eines helfenden Magiers Karl-Heinz Kaiser, Jahrgang 1953, gilt als einer der führenden Zauberkünstler und Req uisiteure, nicht nur in Sachsen. Breits im Alter von zehn Jahren begann er seine Zauberkarriere. 1964 folgte dann der erste öffentliche Auftritt. Daraufhin nahm er an zahlreichen nationalen Wettbewerben der DDR teil. Während der Armeezeit entwickelte er zahlreiche Bühnenprogramme. Schließlich erfolgte 1981 die Aufnahme in den „Magischen Zirkel Dresden“. 1987 erreichte er den ersten Platz beim 13. Leistungsvergleich der Zauberkunst der DDR. Im selben Jahr erfolgte die offizielle Berufszulassung als Zauberer. Seit 1988 ist er in beratender Funktion an Theatern zum Thema Spezialeffekte tätig. 2004 entwickelte er das aktuelle Konzept „Schloss Schönfeld – Das Zauberschloss“. KarlHeinz Kaiser entwickelt und fertigt Requisiten, Illusionen und Spezialeffekte für alle Genres der Unterhaltungskunst. Er ist Preisträger zahlreicher nationaler und internationaler Wettbewerbe.


8

La voce di torre

von Manfred Dierks

punkt der Massensuggestion hat die Novelle zwei Schauplätze: Torre di Venere und die populäre Sala im eher plebejischen Vorort von Torre. In Torre selbst erscheint die längst ausgebildete Masse der vom Duce erweckten Nation, und in der Sala erlebt man dann ein „Muster der Massenbildung“ wie in der Retorte. Der Hypnotiseur Cipolla geht dabei vor wie nach dem Lehrbuch für Einzelhypnosen. Er suggeriert verschiedenen Personen bestimmte Vorstellungen – sie hätten eine Kolik oder wollten eine bestimmte Karte ziehen, und die Summe seiner Erfolge macht das Publikum zur Masse.

„Auf diesem psychischen Vorgang beruhen die so viel besprochenen und so missverstandenen hypnotischen Epidemien, die ‚Massensuggestionen‘, die ‚Ansteckung‘ des Hypnotismus.“ Das geschieht, wie in der Einzelhypnose, am wirksamsten über die Nachahmung eines Beispiels. Der Herr aus Rom hat seinen Kampf verloren und wirft die Glieder. Und so führt ihn Cipolla nun auf das Podium, wo er vor aller Augen tanzt. Denn:

„Von grossem Werth ist die Nachahmung, resp. der Eindruck, den die Erfolge des Hypnotiseurs bei einem Fall, den er zeigt, dem zu Hypnotisierenden machen.“ Und so geht es mit dem tanzenden Herrn aus Rom: „Man kann sagen, dass sein ‚Fall‘ Epoche machte. Mit ihm war das Eis gebrochen, Cipollas Triumph auf seiner Höhe“. Auf der kleinen Bühne tanzen jetzt acht oder zehn Personen, „aber auch im Saale selbst gab es allerlei Beweglichkeit“, kommt jetzt „Gelöstheit“ auf, im Mittelgang fängt jemand ganz von sich aus an zu tanzen. Die Masse hat sich hergestellt. Auch der Erzähler und seine Frau sind von ihrer Stimmung ergriffen. Dass sie im-

© M atthias creutziger

Wissenschaft

Hypnose in „Mario und der Zauberer“: Auguste Forels Lehrbuch Wir müssen hier auf die wichtige sociale Seite der Suggestion hinweisen. [...] man überschätzt [...] die Fähigkeit des ‚freien Willens‘, der freien Menschen, sich gegen diese Massensuggestionen zu wehren. Ein genaueres und tieferes Studium der Verhältnisse lässt bald die schreckliche Schwäche der grossen Mehrzahl gegen solche Suggestivmächte erkennen.“ Unter dem Gesichts-

Nº 8

Guiscardo (Allen Boxer), Cipolla (Markus Butter)

mer noch nicht die Kinder fortgeschafft haben, „kann ich mir nur mit einer gewissen Ansteckung durch die allgemeine Fahrlässigkeit erklären“. Das zentrale ethische Thema in der deutschen Diskussion über den Hypnotismus war das der Willensfreiheit. […] Wie fast alle Hypnoseärzte stellt auch August Forel das Vorhandensein eines essentiell freien Willens prinzipiell in Abrede. Es verhalte sich damit wie in der Feststellung Spinozas:

„Die Illusion des freien Willens ist weiter nichts als die Unkenntnis der Motive unserer Entschlüsse“. In der Hypnose werden diese Motive durch Suggestionen eines anderen hergestellt, sie ist insofern das beste Beispiel für die allgemeine Bedingtheit des Willens. Dennoch gibt es einen mehr oder minder intensiven

mitgesprochen: der unterindividuelle, naturmagische Zusammenhang aller Wesen, wie ihn etwa Schopenhauer kennt. Cipolla spürt, dass dieser Zusammenhang hier ungewöhnlich ausgeprägt ist. Der Giovanotto eignet sich deshalb besonders für den Sympathiezauber – in anderer Terminologie: Er ist sehr suggestibel. Deshalb streckt er auch auf Cipollas Kommando dem Publikum die Zunge heraus und bekommt später gehorsam eine Kolik. Das ist die Wirkung der Suggestion, Thomas Mann beschreibt sie genau. Wie funktioniert sie?

„Als Suggestion (Eingebung) bezeichnet man nach der Nancy'schen Schule die Erzeugung einer dynamischen Veränderung im Nervensystem eines Menschen [...] durch einen anderen Menschen mittels Hervorrufung der (bewussten oder unbewussten) Vorstellung, dass jene Verän„Widerstand der eigenen Gehirntätigkeit des Hypnotisier- derung stattfindet, oder bereits stattgefunden hat, oder ten gegenüber den fremden Übergriffen“. stattfinden wird. Verbalsuggestion oder Einrede ist die Wird dieser vom Hypnotiseur nicht Suggestion durch die Lautsprache.“ überwunden, bricht die Suggestibilität der Versuchsperson zusammen, und sie kann wieder „frei“ wollen. Wenn also eine essentielle, ursprüngliche Willensfreiheit auch nicht existiert, so kommt doch eine sozusagen sekundäre Entscheidungsfreiheit im Widerstand gegen die Fremdsuggestionen zum Ausdruck. Die Mario-Novelle spielt verschiedene Formen durch, wie sich dieser Widerstand bei Cipollas Versuchspersonen äußert, und wie er ihn jeweils bricht. Es handelt sich um Zweikämpfe zwischen Ungleichen. […] Der erste Widersacher, der dem Zauberer nicht zu Willen sein will, ist ein junger Mann mit der „Modefrisur des erweckten Vaterlandes“. Cipolla nennt ihn „Giovantto“, was an die "Giovinezza" anklingt, die Hymne der faschistischen Bewegung. Er ist schon mit dem Massenvirus angesteckt, Cipolla hat das gleich erkannt: „Du gefällst mir, Giovanotto. Willst du glauben, dass ich dich längst gesehen habe? Solche Leute wie du haben meine besondere Sympathie, ich kann sie brauchen.“ In Sympathie ist eine zweite Bedeutung

Diese Erklärung beruht auf der damaligen Kenntnis des Nervensystems. Die Suggestion behauptet also, eine Tatsache finde statt – daraufhin erscheint im suggestiblen Gehirn der Versuchsperson die Vorstellung dieser Tatsache und bewirkt die zugehörigen Impulse im Nervensystem. Und daraufhin findet die Tatsache auch wirklich statt. […]

„Es galt vielfach als Axiom, dass wer nicht hypnotisiert werden will, nicht hypnotisiert werden kann [...] Nach meiner Ansicht darf man nicht allzuviel auf diese Behauptung geben, welche mehr oder weniger auf der psychologisch unrichtigen Annahme einer essentiellen menschlichen Willensfreiheit beruht. Es muss zunächst der Mensch nicht wollen können, um wirklich und frei nicht zu wollen.“ Und nicht wollen kann er nicht, soviel weiß auch der Erzähler. Nach seiner Meinung erlag der Herr aus Rom der „Negativität seiner Kampfposition“. Wahrscheinlich kann man vom Nichtwollen seelisch nicht leben; eine Sache nicht tun wollen und überhaupt nicht mehr wollen, also das Geforderte dennoch tun, das liegt vielleicht zu benachbart, als dass nicht die Freiheitsidee dazwischen ins Gedränge geraten müsste [...].

Seine letzte Hypnose bringt Cipolla dem Kellner Mario bei, einem menschlich sehr für sich einnehmenden, in seiner Melancholie und hoffnungslosen Verliebtheit schutzlosen jungen Mann. Der Hypnotiseur hat ihn schon lange erkannt. „Aber ja, ich habe dich längst ins Auge gefaßt und mich deiner vortrefflichen Eigenschaften versichert.“ […] Er unterschiebt Marios Vorstellung von der reizenden Silvestra seinen eigenen Körper – er vertauscht die Geschlechter. „In der Liebe gibt es Missverständnisse, – man kann sagen, dass das Missverständnis nirgends so sehr zu Hause ist wie hier.“ Wie erzeugt Cipolla das gewollte Missverständnis – den Körper- und Geschlechtertausch? Er benutzt den sprachlichen Auf bau der Vorstellungen, um sich in die grammatische erste Person der Silvestra einzuschleichen. Dabei „versetzt [er] sich an ihre Stelle“ und spricht mit seiner Stimme für sie. Das ergibt im Kopfe Marios eine Vorstellung, die – nach den Annahmen des Hypnotismus – allmählich zur inneren Tatsache wird. Mario muss das Sugger ier te sehen und schließlich auch als Realität begreifen. Deshalb weist ihn Cipolla auch darauf hin: „Siehst du – begreifst du, erkennst du!“ […] Thomas Mann hat hier den Vorgang einer sprachlichen Suggestion ziemlich genau nachgebildet: eine Vorstellung wird sukzessive aufgebaut (Silvestra), eine zweite ergänzt sie (Cipolla spricht durch Silvestra), und beides schlägt schließlich in eine vermeintliche äußere Realität um: Cipolla „ist“ Silvestra. So kann er sich Marios Kuss erschleichen. Manfred Dierks, Hypnose in „Mario und der Zauberer: Auguste Forels Lehrbuch“, in: Holger Pils und Christina Ulrich (Hrsg.), Thomas Manns „Mario und der Zauberer“, Buddenbrookhaus, Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrum, Kulturstiftung Hansestadt Lübeck 2010. Der Artikel zitiert: August Forel. Der Hypnotismus. Seine psychophysiologische, medicinische, strafrechtliche Bedeutung und sei­ ne Handhabung. Stuttgart 1889. 3., verbesserte Auflage 1895.


9

La voce di torre

Nº 8

Geschichte

Der historische Hintergrund von Karl Pörnbacher

1919

1922

1924

Politische und soziale Unruhen in Italien. Das Bürgertum fürchtete eine sozialistische und bolschewistische Revolution.

Sommer

6. April

Terror der Faschisten: sozialistische Bürgermeister werden zum Rücktritt gezwungen. In Bologna lagern Zehntausende von Faschisten so lange in den Straßen, bis sie die Abberufung eines ihnen unangenehmen Präfekten erreicht haben.

10. Juni

23. März Benito Mussolini (1883–1945), vor dem Ersten Weltkrieg einer der führenden marxistischen Sozialisten Italiens, dann wegen seiner Forderung des Kriegseintritts an der Seite Englands und Frankreichs deren leidenschaftlicher Gegner, gr ündet den ersten Kampfbund („Fascio di Combattimento“). Zu den Mitgliedern zählen auch viele Studenten und ehemalige Offiziere. Unterstützung kommt von Großgrund- und Fabrikbesitzern, die den Verlust ihres Besitzes durch die Sozialisten fürchteten. Ziel ist der Wiederstand gegen den Kommunismus, vor allem aber die Vernichtung des Sozialismus (Demolierung von sozialistischen Partei- und Redaktionsbüros), dazu der Kampf für die Größe des Vaterlands.

„Man verstand 1921 bald, dass Politisches umging, die Idee der Nation im Spiele war.“ 4. April

Mussolini bezeichnet die Eroberung Roms als unmittelbares Kampfziel: „Rom ist unser Ausgangspunkt und unser Endziel, unser Symbol oder, wenn ihr wollt, unser Mythos! Wir erstreben das römische, das zähe, starke, disziplinierte und imperiale Italien.“

Mai

Die bürgerlichen Parteien erkennen die Gefahr nicht, die ihnen durch die Faschisten droht; anstelle eines gemeinsamen Kampfes gegen die Faschisten kommt es zu gegenseitigen Auseinandersetzungen. Bürgerliche Parteien hoffen, die Faschisten durch eine Beteiligung an der Regierung „zähmen“ zu können.

November

Umbildung des Kampfbundes zur Nationalen Faschistischen Partei (Partio Nazionale Fascista) mit dem erklärten Ziel, die Macht im Staate zu erringen.

Thomas Mann, „Mario und der Zauberer“

24. Oktober Faschistentreffen in Neapel; Begrüßungstelegramm durch den Parlamentspräsidenten in Rom.

28. Oktober Marsch der Faschisten nach Rom. Knapp 40.000 Männer, schlecht bewaffnet, ziehen aus verschiedenen Richtungen nach Rom. Sie bleiben 30 bis 40 km vor der Hauptstadt stehen, ohne Verpflegung, zermürbt vom Dauerregen, und erwarten vergebens den Befehl zum Angriff. Kleine Truppenteile hätten die Faschisten mühelos vertreiben können, doch der König weigert sich, den Befehl dazu zu geben und den Belagerungszustand zu verhängen.

29. Oktober König Viktor Emanuel III. beruft Mussolini zum Ministerpräsidenten.

30. Oktober Die Faschisten ziehen in Rom ein.

31. Oktober Mussolini übernimmt die Macht; er wird Regierungschef, Außen- und Innenminister. Regierungsbildung mit den Nationalisten (Kabinett der „nationalen Konzentration“).

16. November

Neuwahlen ergeben 65% der Sitze für die Faschisten. Ermordung des sozialistischen Abgeordneten Giacomo Matteotti lässt die Opposition gegen den Faschismus anwachsen. Bürgerliche Parteien ziehen sich aus dem Parlament zurück.

1925 3. Januar Mussolini übernimmt die Verantwortung für alle Handlungen der faschistischen Revolution. Verschärfung der Diktatur durch Pressezensur, Verhaftungen und Verbannungen. Verbot des Freimaurertums.

24. Dezember Gesetz über die Befugnisse des Regierungschefs; dieser trägt die persönliche Verantwortung für die Regierung. Parlament kann nur über Vorlagen beraten, die der Regierungschef vorher genehmigt hat.

1926 31. Januar Gesetz über die Befugnisse der Regierung: Sie kann rechtsverbindliche Normen ohne die Zustimmung des Parlaments festsetzen.

Mussolini verkündet vor der italienischen Abgeordnetenkammer das Ende der parlamentarischen Herrschaft in Italien.

3. April

25. November

Juni

Mussolini erhält bis 31. Dezember 1923 diktatorische Vollmachten zur Wiederherstellung der Ordnung und Durchführung eines Reformprogramms. – Die Sturmtruppen werden staatlich finanzierte Parteiarmee; sie sind auf Mussolini vereidigt.

1923 14. November Wahlgesetz zugunsten der Faschisten: Die stärkste Partei mit mindestens einem Viertel aller Stimmen erhält zwei Drittel der Parlamentssitze.

Gesetz für die rechtliche Ordnung des kollektiven Arbeitsvertrags: Verbot von Streik und Aussperrung. Keine Wahlen mehr in den Provinzen der Kommunen. Endgültiges Verbot der Opposition.

1929 Faschismus und Staat werden gleichgesetzt. Karl Pörnbacher (Hg.), Der historische Hintergrund. Thomas Mann, Mario und der Zauberer, Verlag Philipp Reclam jun., Stuttgart 1980.


10

La voce di torre Vermischtes

Straßenszenen einer Stadt Der Bürgermeister von Torre di Venere hat immer­ein offenes Ohr, wenn es um die Belange seiner Einwohner und Gäste geht. Leserbrief

Bleiben oder gehen …

© M atthias creutziger

Wir blieben auch deshalb, weil der Aufenthalt uns merkwürdig geworden war, und weil Merkwürdigkeit ja in sich selbst einen Wert bedeutet, unabhängig von Behagen und Unbe­ hagen. Soll man die Segel streichen und dem Erlebnis ausweichen, sobald es nicht vollkommen danach angetan ist, Heiterkeit und Vertrauen zu erzeugen? Soll man „abreisen“, wenn das Leben sich ein bisschen unheimlich, nicht ganz geheuer oder etwas peinlich und kränkelnd anlässt? Nein doch, man soll bleiben, soll sich das ansehen und sich dem aussetzen, gerade dabei gibt es vielleicht etwas zu lernen.

Ein Bürger der Stadt (Bernd Könnes), Die Mutter (Christel Lötzsch), Der Bürgermeister (Gerald Hupach)

Torre di Venere ist stolz auf seine Jungs

Thomas Mann, „Mario und der Zauberer“

Sieger des nationalen Angelwettbewerbes von Viareggio.

Impressum Herausgeber Sächsische Staatsoper Dresden Intendantin Dr. Ulrike Hessler † Kaufmännischer Geschäftsführer Wolfgang Rothe Spielzeit 2012/13 Premiere 22. November 2012 auf Semper 2 Redaktion Stefan Ulrich Druck Union Druckerei Dresden GmbH Gestaltung Fons Hickmann m23, Björn Wolf, Susann Stefanizen, Melanie Köcheler Bildnachweise Fotos der Klavierhauptprobe am 16. November 2012 © Matthias Creutziger Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden wegen nachträglicher Rechtsabgleichung um Nachricht gebeten.

Aufführungsrechte Mario und der Zauberer Stephen Oliver © Novello & Company Limited, London, UK; S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M.; Deutsch von Manfred Weiß 2003

© M atthias creutziger

BA-TA-CLAN Jacques Offenbach, Fassung von Stephen Oliver © Edition Wilhelm Hansen Hamburg (Sikorski), für Deutschland, Österreich und die Schweiz Originalverlag: Novello & Company Limited, London, UK

untere Reihe v.l.n.r.: Tim Fischdick, Lukas Seidler, Fritz Herrmann – oberer Reihe v.l.n.r.: Sebastian Hübel, Frank Friedrich Gellrich, Frank Däbritz, Peter Vanselow

Nº 8


11

La voce di torre

Nº 8

Persönlichkeiten

Berühmte Künstler aus Torre di Venere stellen sich vor Musikalische Leitung

Licht

Ein Bürger der Stadt

Ekkehard Klemm

Jens Klotzsche

Ekkehard Klemm war von 1968 bis 1977 Mitglied des Dresdner Kreuzchores. 1979 bis 1984 studierte er an der Hochschule für Musik Dresden Dirigieren, Komposition und Klavier. Nach Engagements in Altenburg und Greifswald war er bis 1996 Chefdirigent am Theater Vorpommern, danach Dirigent und ab 1999 Geschäftsführender Stellvertreter des Chefdirigenten am Staatstheater am Gärtnerplatz München. Gastdirigate führten ihn zu vielen namhaften deutschen Orchestern sowie nach Schweden, Griechenland, Italien, Polen, Tschechien, Österreich, in die Schweiz, die USA und Armenien, zu den Bad Hersfelder Festspielen und an die Kammeroper Rheinsberg. Ekkehard Klemm setzt sich mit großem Engagement für die Neue Musik ein. Viel beachtet waren Aufführungen von Dessau, Rautavaara, Bengtson, die mehrfach ausgezeichneten Uraufführungen von Tarnopolskis „Wenn die Zeit über die Ufer tritt“ und Terterians „Das Beben“, ferner Henzes „Englische Katze“, Schnebels „Majakowskis Tod“, Nonos „Intolleranza“ sowie Saariahos „L’amour de loin“. In Dresden erklangen Krätzschmars „Die Schlüsseloper“, Werke von Kantscheli, Herchet und Saunders mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden sowie mit der Singakademie Dresden Uraufführungen von Weiss, Voigtländer und Klemm selbst. Mit Aufführungen wie „Oberon“ von Weber, „Faust-Szenen“ und „Genoveva“ von Schumann ist er auch um das Dresdner Repertoire bemüht. Seit 2003 ist Ekkehard Klemm Professor für Dirigieren und Künstlerischer Leiter des Hochschulsinfonieorchesters, seit 2004 auch Leiter der Singakademie Dresden. 2010 wurde er zum Rektor der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden gewählt. Er ist Vizepräsident des Verbandes deutscher Konzertchöre (VdKC).

Der gebürtige Dresdner ist seit 1984 an der Semperoper tätig, seit 1993 im Bereich Beleuchtung. Er qualifizierte sich zum staatlich geprüften Techniker und Beleuchtungsmeister. Für zahlreiche Ballett- und Opernaufführungen war er seitdem für die lichttechnische Betreuung zuständig, auch in Zusammenarbeit mit internationalen Lichtdesignern. Gastspielreisen führten ihn u.a. nach Wien, Venedig und Palermo.

Bernd Könnes

Inszenierung

Manfred Weiß Manfred Weiß hat als Regisseur, Autor und Schauspieler u.a. in Hannover, Mannheim, Freiburg, Bochum, Basel, Tel Aviv, Gelsenkirchen und Stuttgart gearbeitet. Seine Stücke „Halbes Leben“ und „Deine Chance!“ sind im Suhrkamp Theater Verlag erschienen. Von 2002 bis 2006 war er Künstlerischer Leiter und Geschäftsführer der Jungen Oper der Staatsoper Stuttgart. Er schrieb die Libretti zu den Kinderopern „Erwin, das Naturtalent“, „Der unglaubliche Spotz“ (beide komponiert von Mike Svoboda) sowie „Prinzessin Ulla und die schöne Lau“ (Komposition von Thomas Stiegler), die u.a. in Freiburg, Stuttgart, Saarbrücken, Chemnitz und Düsseldorf gespielt wurden. Lehraufträge führten ihn u.a. an die Universität Mozarteum Salzburg, die Schola Cantorum Basiliensis und an die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Seit 2010/11 ist Manfred Weiß Künstlerischer Leiter der neuen Sparte Junge Szene an der Semperoper und inszenierte hier „Il tutore“, „Dido and Aeneas“, „Simplicius Simplicissimus“ und „Die Prinzessin auf der Erbse“, für „Die Konferenz der Tiere“ erstellte er die Textfassung. In der Spielzeit 2012 /13 bringt er Ernst Křeneks „Das geheime Königreich“ auf die Bühne und Stephen Olivers „Mario und der Zauberer“ und ist für Dramaturgie und Textfassung von „Prinz Bussel“ verantwortlich. Bühnenbild und Kostüme

Kattrin Michel Kattrin Michel wurde 1967 in Leipzig geboren und studierte ab 1989 Bühnen- und Kostümbild an der Kunsthochschule Berlin Weißensee bei Prof. Volker Pfüller. Seit 1993 ist sie als Bühnenund Kostümbildnerin tätig, vorwiegend im französischsprachigen Raum so u.a. am Théâtre de la Ville Paris, Théâtre de l’Odéon Paris, Théâtre Athénée Louis Jouvet Paris, Théâtre National de Chaillot Paris, Festival d’Avignon, an den Theaterhäusern in Rennes, Bordeaux, Nantes, Dijon, am Théâtre National du Luxembourg, Théâtre de Vidy Lausanne, Opéra de Lausanne, Luzerner Theater, aber auch am Hamburger Schauspielhaus, Schauspiel Frankfurt, Bayerisches Staatst heater München, Münchner Kammerspiele, Deutsches Theater Berlin, Schaubühne Berlin, Ruhrfestspiele, Staatstheater Stuttgart, Schauspielhaus Hannover sowie in Italien am Teatro Regio Parma, Teatro Stabile Torino und Teatro Farnese Parma. Eine langjährige künstlerische Partnerschaft verbindet sie mit dem französischen Regisseur Dominique Pitoiset. 2004 / 0 5 war sie Artiste Associée am Théâtre National Bordeaux Aquitaine und 2005/06 Gastdozentin für Bühnen- und Kostümbild an der Kunsthochschule Berlin Weißensee. Seit 2009 hat sie eine Professur für Bühnen- und Kostümbild an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden inne.

Signora Angiolieri

Sabine Brohm Im Anschluss an ihr Studium an der Hochschule Carl Maria von Weber wurde Sabine Brohm in das Opernstudio Dresden übernommen und wechselte von dort in das Ensemble der Sächsischen Staatsoper. Hier verkörperte sie alle wichtigen Partien ihres Fachs, zuletzt Sylva („Csardasfürstin“), Donna Elvira („Don Giovanni“) Gerhilde („Walküre“), Gutrune („Götterdämmerung“), Anna Maurant („Street Scene“) oder Mrs. Patrick de Roucher („Dead Man Walking“), und sang in Uraufführungen wie Ruzickas „Celan“, Ari Benjamin Meyers „Nico Sphinx aus Eis“ und Manfred Trojahns „La Grande Magia“. 2012/13 ist die Sopranistin als Kate Pinkerton („Madama Butterfly“), Signora Angiolieri („Mario und der Zauberer“), Königin („Prinz Bussel“), Frau des Soldaten 2 („We Come to the River / Wir erreichen den Flus“ ) und Gertrud („Hänsel und Gretel“) zu erleben. Sabine Brohm gastierte in Petersburg, Minsk, Salzburg sowie an den Opernhäusern von Berlin, Essen, Karlsruhe, Köln, München, Wiesbaden, Wien und Salvador de Bahia, Brasilien. Sie sang am Gran Teatre del Liceu Barcelona die Gerhilde („Walküre“) und gastierte als Boulotte („Barbe Bleu“) an der Staatsoperette Dresden, wo sie darauffolgend als „Gräfin Mariza“, „La Périchole“ und „Die Großherzogin von Gerolstein“ zu erleben war. 2012/13 wird sie hier wieder als Großherzogin von Gerolstein sowie als Gertrud auf der Bühne stehen. Sabine Brohm ist auch im Bereich Kammermusik und Lied sehr erfolgreich: Sie konzertierte mit dem Dietzsch-Trio sowie den Kammersolisten der Staatskapelle Dresden und gestaltete diverse solistische Liederabende. Zahlreiche CD- und Rundfunkaufnahmen erfolgten unter anderem beim WDR, MDR, Berliner Rundfunk und Deutschlandfunk. Die Mutter

Christel Lötzsch* Christel Lötzsch wurde in Annaberg-Buchholz geboren und absolvierte ihr Abitur am Musikgymnasium Karlsruhe. Sie besuchte zunächst die Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar. Ab Oktober 2010 studierte Christel Lötzsch am Conservatorio di Giuseppe Verdi in Mailand. Wichtige Impulse erhielt sie bei Meisterkursen u.a. bei KS Prof. Brigitte Fassbaender, KS Deborah Polaski, Dame Gwyneth Jones, Prof. Norma Sharp und Hans Sotin. Seit 2010 arbeitet sie mit dem international bekannten Wagner-Tenor Manfred Jung. 2010 erhielt sie ein Stipendium der Jungen Musiker Stiftung Bayreuth. Christel Lötzsch war schon während ihres Studiums eine sehr gefragte, erfolgreiche Sängerin und wurde bereits für Konzerte und Opernproduktionen im In- und Ausland engagiert. Zum Repertoire der Mezzosopranistin gehören sowohl die Strauss-Hosenrollen des Komponisten („Ariadne auf Naxos“), Octavian („Der Rosenkavalier“) als auch die Belcanto-Partien des Romeo in „I Capuleti e i Montecchi“ oder Rossinis Rosina in „Il barbiere di Siviglia“ und Angelina in „La cenerentola“. Die Mozart-Partien des Cherubino („Le nozze di Figaro“), Idamante („Idomeneo“), Sesto, Annio („La clemenza di Tito/ Titus“) sowie die der Dorabella („Così fan tutte“) und der Zerlina („Don Giovanni“) gehören ebenfalls zu ihrem Repertoire. Letztere sang sie im Sommer 2012 in der Arena di Verona. Seit August 2012 ist sie Mitglied des Jungen Ensembles der Semperoper Dresden. In dieser Saison ist auch ein Gastspiel an der San Francisco Opera als Dorabella geplant.

Der Tenor Bernd Könnes studierte Gesang an den Musikhochschulen Detmold und Essen. Er ist Preisträger zahlreicher Wettbewerbe (u.a. VDMK: 1. Preis). 1996 verpflichtete John Dew den Künstler für die europäische Erstaufführung der Oper „Harvey Milk“ nach Dortmund, wo er die Partie des Young Harvey sang. Von 1997 bis 2003 war er am Pfalztheater Kaiserslautern unter Vertrag. Dort debütierte er mit Partien wie David („Die Meistersinger von Nürnberg“), Steuermann („Der fliegende Holländer“) und Bob Boles („Peter Grimes“). Während dieser Zeit gastierte der Künstler am Nationaltheater Mannheim, den Schwetzinger Festspielen, den Heidelberger Schlossfestspielen sowie bei den Eutiner Sommerfestspielen. Von 2003 bis 2010 war Könnes an der Staatsoperette in Dresden engagiert, wo er u.a. als Blaubart (Offenbach) auftrat, den er auch am Theater in Dortmund verkörperte (2011), sowie als Hexe in „Hänsel und Gretel“. Seit der Spielzeit 2010/11 ist der Tenor freischaffend tätig. Neben seiner Bühnentätigkeit erarbeitete sich Bernd Könnes ein umfangreiches Konzertrepertoire, das von Bach bis zur Moderne reicht.

chkov und Nikolaus Harnoncourt sowie mit Klangkörpern wie den Rundfunkorchestern des MDR und WDR, dem Orchestre de Paris und den Münchner und Berliner Philharmonikern zu hören­. Als Opernsänger gastierte er u.a. bei der RUHR.2010, in Mannheim, Köln, Essen, an der Staatsoper Unter den Linden Berlin, dem New National Theatre Tokyo, den Salzburger Festspielen sowie regelmäßig am Theater an der Wien. An der Semperoper, deren Ensemblemitglied er seit 2005 ist, sang er bisher Partien wie Wolfram von Eschenbach („Tannhäuser“), Conte d’Almaviva („Le nozze di Figaro“), Papageno und Sprecher („Die Zauberflöte“), Giorgio Germont („La traviata“), Marcello („La bohème“), Archediakon („Notre Dame“), Valentin („Faust/Margarete“) und Al Kasim („L’Upupa“) von Hans Werner Henze. 2009 wurde ihm der Christel-Goltz-Preis der Stiftung zur Förderung der Semperoper verliehen. 2011/12 gab er an der Semperoper seine Rollendebüts als Melisso („Alcina“), Don Giovanni und Vater/Eule/ Igel in der Uraufführung von Miroslav Srnkas „Jakub Flügelbunt“, 2012/13 debütiert er in zwei Neuproduktionen, und zwar als Zauberer („Mario und der Zauberer“) sowie als Lescaut („Manon Lescaut“). Mario

Christopher Kaplan*

Der Bürgermeister

Gerald Hupach Der gebürtige Thüringer studierte an der Hochschule für Musik in Weimar. Seit 1993 ist der Tenor Ensemblemitglied der Semperoper Dresden. Einladungen zu Festivals und Konzerten führten ihn nach Frankreich, Italien, Österreich, in die Schweiz, nach Liechtenstein und Tschechien. Zu seinen Partien an der Semperoper gehören u.a. Jäger/ Pr iester („Rusa l ka“), Lucano/Console („L’incoronazione di Poppea“), Monostatos und Zweiter Priester („Die Zauberflöte“), Basilio („Le nozze di Figaro“), Abraham Kaplan („Street Scene“), Raoul de St. Brioche („Die lustige Witwe“) und Father Grenville („Dead Man Walking“). Neben seiner Operntätigkeit widmet er sich der Pflege eines vielseitigen, vom Barock bis zur Moderne reichenden Konzertrepertoires. Guiscardo

Allen Boxer* Allen Boxer studierte am Curtis Institute of Music in Philadelphia. Während seines Studiums sang er verschiedene Partien wie Nick Shadow („The Rake’s Progress“), Don Basilio („Il barbiere di Siviglia“), Dulcamara („L’elisir d’amore“), Golaud („Impressions de Pelléas“) und Förster („Das schlaue Füchslein“). Collatinus (Brittens „The rape of Lucretia“) sang er beim Castleton Festival und beim Aldeburghs Britten-Pears-Programm, Masetto („Don Giovanni“) gab er an der Opera North (New Hampshire) und Olin Blitch („Susannah“) am Chautauqua Voice Institute. Weitere Auftritte hatte er an der Aix-en-Provence Académie Européenne de Musique und beim Festival Lyrique-en-mer (Bretagne). Seit der Spielzeit 2011/12 ist er Mitglied des Jungen Ensembles der Semperoper Dresden und singt hier Partien wie Erster Priester und Zweiter Geharnischter („Die Zauberflöte“), Masetto („Don Giovanni“), Cesare Angelotti („Tosca“) und Albert („La juive“). Cipolla

Markus Butter Der aus Österreich stammende Bariton war, bevor er sein Studium an der Musikuniversität in Graz begann, Mitglied und Solist bei den Wiener Sängerknaben. Seit 1994 ist er als Konzertsänger u.a. in Zusammenarbeit mit Dirigenten wie Zubin Mehta, Wolfgang Sawallisch, Bruno Weil, Stefan Soltesz, Paavo Järvi, Daniel Harding, Semyon By-

1988 in Stuttgart geboren, begann Christopher Kaplan früh mit Violin- und Klavierunterricht und sang im Kinderchor der Staatsoper Stuttgart, wo er erste solistische Erfahrungen sammelte. 2007 begann er sein Gesangsstudium bei Prof. Dunja Vejzovic an der Stuttgarter Musikhochschule, wo er 2011 seinen Bachelor erfolgreich abschloss und nun ein Masterstudium bei Prof. Turid Karlsen weiterführt. Christopher Kaplan hat bisher umfassende Konzerterfahrungen im Bereich Oratorium und Liedgesang sammeln können, u.a. bei Liederabenden im Weißen Saal im Neuen Schloss Stuttgart sowie in der Umgebung von Stuttgart. Sein Repertoire umfasst verschiedenen Messen und Oratorien von Monteverdi bis Saint-Saëns. In der Spielzeit 2009/10 erhielt er einen Solo-Gastvertrag an der Staatsoper Stuttgart für das Stück „Judith“ von Vivaldi, eine Koproduktion der Staatsoper Stuttgart und des Schauspiel Stuttgart mit den Salzburger Festspielen. 2010 wurde er Stipendiat der „Freunde der Gesellschaft“. 2011 spielte er in der Opernschulproduktion der Stuttgarter Musikhochschule in Offenbachs „Orphée aux enfers“ die Rollen Mercure und John Styx im Stuttgarter Wilhelma Theater. Im Januar 2012 gab er sein Debüt in Mozarts „Zauberflöte“ als Tamino an der Kroatischen Nationaloper Zagreb. Kurz danach sprang er an der Staatsoper Stuttgart in „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“ als Tempo ein. Bei den Rossini Festspielen in Bad Wildbad war er als Ali in Rossinis Oper „Adina“ zu sehen. Seit der Spielzeit 2012/13 ist Christopher Kaplan Mitglied des Jungen Ensemble der Semperoper.

Torre di Venere dankt Operndirektor Eytan Pessen Studienleitung Johannes Wulff-Woesten Musikalische Einstudierung Markus Henn Musikalische Assistenz Clemens Posselt, Daniela Pellegrino*, Keiko Iwabuchi* Abendspielleitung Heike Maria Jenor Inspizienz Sandra Schmidt, Sabine Bohlig Soufflage Uta Mücksch, Gabriele Auenmüller Ausstattungsassistenz Jee Hyun Kim Künstlerische Produktionsleitung Susanne Hoffmann Technischer Direktor Jan Seeger Technischer Produktionsleiter Arne Walther Leiter der Bühnentechnik Kay Busch Bühnenmeister Mario Bley, Andreas Denk Leiter Licht-Audio-Video Fabio Antoci Beleuchtungsmeister Jens Klotzsche Beleuchtung Steffen Adermann Tonmeister Stefan Folprecht Ton Mike Wappler Video Knut Geng Leiterin Requisite Elisabeth Schröter Requisite Anne Püschel Direktor der Dekorationswerkstätten Sven Schmidtgen Produktionsleiter Dekorationswerkstätten Martin Borrmeister Konstruktion Wolfgang Schröter, Andreas Knoblauch Direktorin Kostüm- und Maskenabteilung Frauke Schernau Kostümassistentin Renate Thümmler Chefmaskenbildner Dietmar Zühlsdorf Maske Cornelia Fitzek, Simone Kroggel, Doreen Papperitz

*Mitglied Junges Ensemble


12

La voce di torre

Nº 8

Rückblicke

Wir erinnern an zwei bedeutende Persönlichkeiten der Nation

© Archiv

Eleonora Duse, Jahrgang 1858, gilt als eine der großen Theaterschauspielerinnen des 20. Jahrhunderts. Geboren in der Lombardei, etablierte sie sich neben Sarah Bernhardt zu einer der führenden Erneuerinnen des Schauspiels. Aufgrund ihres innovativ puristischen Schauspielstils, der durch den Verzicht auf die gängige große Theatralik gekennzeichnet war, gilt sie als Wegweiserin der Moderne im Theater. Zu ihren größten Bewunderern gehörten zahlreiche Intellektuelle ihrer Zeit, wie etwa Rainer Maria Rilke, Lion Feuchtwanger, Hugo von Hofmannsthal, Lou AndreasSalomé oder George Bernard Shaw. Sie pflegte eine Liebesbeziehung zu dem im politischen Verhältnis zu Mussolini nicht unumstrittenen Schriftsteller Gabriele D’Annunzio, der ihr mehrere Stücke widmete. Eleonora Duse ist die Namensgeberin der Pension „Eleonora“

Cesare Gabrielli

© Archiv

Eleonora Duse

von Signoria Angiolieri aus Thomas Manns Erzählung „Mario und der Zauberer“. Duse starb 1924. George Bernard Shaw Die Duse erzeugte die Illusion, in der Mannigfaltigkeit schöner Posen und Bewegungen unerschöpflich zu sein. Jede Idee, jeden Schatten eines Gedankens und einer Stimmung weiß sie zart, aber lebendig auszudrücken. Obwohl die Duse scheinbar über eine Million von Modulationen verfügt, ist es unmöglich, auch nur eine Linie eines stumpfen Winkels oder auch nur die kleinste Anstrengung zu bemerken, die auf die völlige Hingabe aller Glieder an die leiblichste Anmut (wie nach einem natürlichen Gravitationsgesetz geschieht diese Hingabe bei ihr) störend einwirkte. Marc-Dirk Harzendorf The Saturday Review, 1985

Cesare Gabrielli, 1881 geboren, war ein italienischer Hypnotiseur und Zauberkünstler. Im Italien des frühen 20. Jahrhunderts erreichte er überregionale Bekanntheit durch seinen draufgängerischen, energischen und autoritären Zauberstil. Trotz körperlicher Gebrechen, wie einer lädierten Wirbelsäule und einer daraus resultierenden krummen Haltung, gelang es ihm, dank seiner als patriarchalisch und absolutistisch beschriebenen Persönlichkeit, das Publikum für sich einzunehmen und zu führen. Gabrielli diente Thomas Mann in seiner Novelle „Mario und der Zauberer“ als reales Vorbild des Zauberers Cipolla. Cesare Gabrielli verstarb 1943 in Florenz. „Wenn Gabrielli jemanden bei Licht fixierte, zuckten seine Augen phosphoreszierend auf, wie bei Katzen, die Nachttie-

re sind. Und das war sein magnetisches Fludium.“ So berichtet uns der Zeitzeuge Ferdinando Giannessi. „Er rief zum Beispiel einige Zuschauer auf die Bühne, hypnotisierte sie und sagte ihnen dann: ›Seht mich an, ich bin eine schöne Frau und ziehe mich jetzt aus!‹ Daraufhin begann er sich auszuziehen, und die Hypnotisierten schmachteten ihn wie Satyrn mit großen Augen an. Oder er schmiss eine Zigarette auf den Boden und forderte das Publikum auf, sie aufzuheben was jedoch keinem gelang: Sie war wie festgenagelt.“ Marc-Dirk Harzendorf

Ärger, Gereiztheit, Überspannung lagen von Anfang an in der Luft, und zum Schluss kam dann der Choc mit diesem schrecklichen Cipolla, in dessen Person sich das eigentümlich Bösartige der Stimmung auf verhängnishafte und übrigens menschlich sehr eindrucksvolle Weise zu verkörpern und bedrohlich zusammenzudrängen schien. Thomas Mann, „Mario und der Zauberer“

Torre di Venere – monatliches Klima

In diesem Monat sind außerordentlich lange und heiße Tage zu erwarten. Die Temperaturen in Torre di Venere werden deutlich über 30°C steigen. Das schwülwarme Wetter bringt heftige Wärmegewitter mit sich.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.