ChemieXtra 11/2020

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Bild: Shutterstock

BIOWISSENSCHAFTEN

Ribosomen sind die Proteinsynthese-Maschinen der Zellen. Sie lesen die genetischen Informationen von der Boten-RNA (roter Faden) ab und stellen darauf basierend Peptide (violette Fäden) her, die sich dann zu Proteinen falten.

«Deep Sequencing»

Wo die Ribosomen andocken ETH-Forschende können für viele Milliarden verschiedene Abfolgen von RNA-Bausteinen vorhersagen, wie gut die zelluläre Proteinsynthese-Maschinerie an sie andockt. Dieses Andocken hat einen wesentlichen Einfluss darauf, wie viel von einem Protein hergestellt wird. Zur Entwicklung des Vorhersagemodells nutzen die Wissenschaftler eine Kombination von Experimenten der synthetischen Biologie und Algorithmen des maschinellen Lernens.

Fabio Bergamin ¹ Das Erbgut von Bakterien, Pflanzen bis hin zum Menschen lässt sich heute sehr einfach entziffern, und dennoch birgt es viele offene Fragen. Da sind zum Beispiel die RNA-Abschriften der Gene und die Stellen darauf, an welche die zelluläre Proteinsynthese-Maschinerie (die Ribosomen) andocken, um die genetische Information abzulesen. Ein umfassendes Verständnis zu diesen Andockstellen fehlte bisher. Ein interdisziplinäres Team von Forschenden des Departements Biosysteme (DBSSE) der ETH Zürich in Basel hat nun einen Ansatz entwickelt, mit dem es erstmals möglich ist, detaillierte Informationen

¹ ETH Zürich

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zu einer unglaublich grossen Zahl solcher Andockungsstellen in Bakterien zu gewinnen. Der Ansatz kombiniert experimentelle Methoden der synthetischen Biologie mit maschinellem Lernen.

Feinsteuerung der Proteinherstellung Bei den Andockungsstellen handelt es sich um kurze Abfolgen von RNA-Bausteinen vor jedem Gen. In der Vergangenheit haben Biotechnologen auch künstliche Andockstellen entwickelt. An einige davon heften sich die Ribosomen äusserst gut, an andere weniger. Je besser Ribosomen an eine bestimmte Variante andocken können, desto eher lesen sie die Information des Gens ab und desto mehr des entsprechenden Proteins stellen sie her.

Wenn Biotechnologen Bakterien verwenden, um beispielsweise Medikamente herzustellen, können sie mit der Wahl der Ribosomen-Andockungsstellen die hergestellte Menge beeinflussen. «Besonders interessant und wichtig ist eine solche Steuerung, wenn man komplexe GenNetzwerke in Zellen bringt, die mehrere Proteine gleichzeitig herstellen sollen. Dann gilt es, ihre Menge optimal aufeinander abzustimmen», erklärt Markus Jeschek. Er ist Senior Scientist und Gruppenleiter am D-BSSE.

Ein Experiment mit 300 000 Sequenzen Zusammen mit den ETH-Professoren Yaakov Benenson und Karsten Borgwardt sowie Mitgliedern der jeweiligen Gruppen 11/2020


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