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FORSCHUNG/ ENTWICKLUNG
Neues nachhaltiges Verfahren
Edelmetallfreie Vernetzung von Siliconen
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Silicone haben sich im privaten und im professionellen Bereich bewährt. Damit aus dem flüssigen Vorprodukt das elastische und haltbare Polymer wird, benötigt man jedoch in vielen Fällen teure Edelmetalle als Katalysatoren. Einem Forschungsteam der TU München (TUM) und des Münchener Waacker-Konzerns ist es nun gelungen, einen Vernetzungsprozess zu entwickeln, der ohne Edelmetalle auskommt.
Als Silicone bezeichnet man synthetische Polymere, die aus einem anorganischen und durch organische Reste modifizierten Silicium-Sauerstoff-Grundgerüst bestehen. Vor der Verwendung wird das Silicon durch chemische Vernetzung in einen gummielastischen Zustand überführt. Von den industriell genutzten Verfahren hat vor allem die Additionsvernetzung grosse Bedeutung, da der Vernetzungsprozess keine Spaltprodukte freisetzt und die Herstellung von besonders hochwertigen Silicon-Elastomeren ermöglicht. Das Verfahren hat allerdings einen Nachteil: Die zur Vernetzung benötigten Katalysatoren enthalten Edelmetalle wie etwa Platin, was die Herstellung relativ teuer macht. Zudem verbleiben die Edelmetalle dauerhaft im Silicon.
Gespannte Ringe statt Edelmetall
Einen vielversprechenden Ansatz zur Lösung dieses Problems hat nun ein Forschungsteam unter der Leitung von Professor Bernhard Rieger, Inhaber des Wacker-Lehrstuhls für Makromolekulare Chemie, und Dr. Richard Weidner, zuständig für die Organosilicium-Forschung am Consortium für elektrochemische Industrie, der zentralen Forschungsstätte des Wacker-Konzerns, gefunden. Den Wissenschaftlern gelang es erstmals, Siliconkautschuke ohne edelmetallhaltige Katalysatoren zu vulkanisieren. Statt der sonst üblichen Vernetzer verwendeten sie dazu Siliconbausteine, die Siliran-Einheiten enthalten. Silirane sind gespannte und damit reaktive Dreiringe. Sie bestehen aus einem Silicium- und zwei Kohlenstoff-Atomen, die unter Ringöffnung direkt mit geeigneten
Bilder: TU München Matthias Nobis mit einer neu entwickelten Silicon-Formulierung. Siliran-Einheiten machen die teuren Edelmetall-Katalysatoren überflüssig, die bisher zur Vernetzung der Silicone gebraucht werden.
funktionellen Gruppen ohne Freisetzung von Nebenprodukten reagieren oder durch thermische beziehungsweise photochemische Aktivierung sogenannte Silylene erzeugen können. Diese hochreaktiven Verbindungen können wiederum mit allen funktionellen Gruppen und Synthesebausteinen reagieren, die bei der Herstellung von Siliconkautschuk üblicherweise eingesetzt werden. Je nach Art der Aktivierung und Wahl der Ausgangsverbindungen lassen sich somit Silicone mit siliranhaltigen Vernetzern auf unterschiedlichen Wegen vernetzen.
Hohe Reinheit
Im Labor konnten die Forscher des Wacker-Instituts nun mit ausgewählten Siliconformulierungen zeigen, dass eine Vernetzung des Siliconkautschuks auf diese Weise möglich ist. Die Endeigenschaften werden dabei allein durch die Wahl der Ausgangsprodukte und deren Mischungsverhältnis bestimmt.
Nachhaltiger Prozess
Die auf diese Weise hergestellten Siliconelastomere zeichnen sich durch eine sehr hohe Reinheit aus. Sie enthalten weder flüchtige Substanzen noch Spuren von Edelmetallen. «Das gilt vor allem für Elastomere, die mittels einer Ringöffnung vernetzt wurden. Solche Silicone sind insbesondere für medizinische Einsatzzwecke oder als Vergussmaterialien für die Elektroindustrie geeignet», sagt Bernhard Rieger.
Alternative Konzepte wie die edelmetallfreie Vernetzung von Silicon können zur Schonung von Ressourcen beitragen.
Matthias Nobis im Labor des Wacker-Instituts für Siliciumchemie in der Fakultät für Chemie auf dem Campus Garching. metallfreie Vernetzung von Silicon mit Hilfe von Siliranen einen wichtigen Beitrag zur Schonung unserer Ressourcen leisten.»
Die Forschungsarbeit wurde von der Wacker Chemie AG im Rahmen des WackerInstituts für Siliciumchemie gefördert.
Publikation: Fabian A. D. Herz, Matthias Nobis, Daniel Wendel, Philipp Pahl, Philipp J. Altmann, Jan Tillmann, Richard Weidner, Shigeyoshi Inoue and Bernhard Rieger, Application of multifunctional silylenes and siliranes as universal crosslinkers for metal-free curing of silicones, Green Chem., 2020, 22, 4489-4497 – DOI: 10.1039/D0GC00272K
Kontakt Technische Universität München Lichtenbergstrasse 4 D-85748 Garching +49 89 289 13571 www.makro.ch.tum.de
Die vorliegende Arbeit ist auch deshalb wegweisend, weil sie erstmals zeigt, wie derartig hochreaktive Siliciumverbindungen für eine industrielle Anwendung prinzipiell nutzbar gemacht werden können. Bis zur Praxistauglichkeit und industriellen Nutzung müssen die Forscher jedoch noch einige Hürden nehmen. «Die Vorteile des Verfahrens sind aber schon jetzt klar zu erkennen», sagt Rieger. «Vor dem Hintergrund, dass der Bedarf nach Edelmetallen weltweit steigt, diese aber nur begrenzt zur Verfügung stehen, können alternative Konzepte wie die edel-
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Farbwechsel bei beschädigten Seilen
Hochleistungsfasern, die hohen Temperaturen ausgesetzt waren, verlieren meist unerkannt ihre mechanischen Eigenschaften und können im schlimmsten Fall genau dann reissen, wenn Leben davon abhängen. Zum Beispiel Sicherheitsseile der Feuerwehr oder Tragseile für schwere Lasten auf Baustellen. Empa-Forschende haben nun eine Beschichtung entwickelt, die die Farbe wechselt, wenn sie hohen Temperaturen durch Reibung oder Feuer ausgesetzt war.
Rainer Klose 1
Der Feuerwehrmann rennt ins brennende Gebäude und durchsucht systematisch Raum für Raum nach Personen, die Rettung bedürfen. An ihm befestigt ist ein Sicherungsseil, an dessen anderem Ende die Kollegen draussen vor dem Haus warten und ihn im Notfall – sollte er aus irgendwelchen Gründen das Bewusstsein verlieren – aus dem Gebäude ziehen oder ihm zur Rettung ins Gebäude folgen können. Ist dieses Seil allerdings bei vorherigen Einsätzen zu grosser Hitze ausgesetzt gewesen, kann es vorkommen, dass es reisst. Das bedeutet Lebensgefahr. Und bislang gab es keine Möglichkeit, dem Seil diese Schäden anzumerken. Ein Forscher-
1 Rainer Klose, Kommunikation, Empa Das beschichtete Polyester-Filament vor und nach dem Hitzetest bei 150 Grad (rechts). Der Farbwechsel von blau nach weiss ist deutlich zu erkennen und signalisiert, dass die Sicherheit des Produktes nicht mehr gewährleistet ist.
team der Empa und der ETH Zürich hat nun eine Beschichtung entwickelt, die aufgrund der physikalischen Reaktion mit Hitze ihre Farbe wechselt und so deutlich anzeigt, ob ein Seil auch zukünftig noch die Sicherheit bietet, die es verspricht. Forschende der ETH Zürich und der Empa entwickelten 2018 im Rahmen einer Mas-
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terarbeit ein Beschichtungssystem, das das Empa-Team nun auf Fasern anwenden konnte. «Das war ein Prozess mit mehreren Schritten», so Dirk Hegemann von der Empa-Abteilung Advances Fibers. Die ersten Beschichtungen funktionierten lediglich auf glatten Oberflächen; die Methode musste also zunächst einmal so angepasst werden, dass sie auch bei gekrümmten Flächen funktioniert. Die Empa verfügt beim Beschichten von Fasern über ein breites Know-How – so haben Hegemann und sein Team in der Vergangenheit bereits elektrisch leitfähige Fasern entwickelt. Das sogenannte Sputtering kam nun auch bei der neusten Beschichtung erfolgreich zum Einsatz.
Hauchdünne Schichten mit grosser Wirkung
Damit die Faser bei Hitze auch tatsächlich ihre Farbe verändert, sind drei Schichten nötig. Auf die Faser selbst, im Falle der Forschungsarbeit PET (also Polyester) und VectranTM, eine Hightech-Faser, bringen die Forschenden Silber auf. Dieses dient als Reflektor – also als metallische Basisschicht. Dann folgt eine Zwischenschicht aus Titan-Stickoxid, die dafür sorgt, dass das Silber stabil bleibt. Und erst dann folgt jene amorphe Schicht, die für die Farbveränderung sorgt: Gerade einmal 20 Nanometer dünnes Germanium-Antimon-Tellurium (GST). Wird diese Schicht erhöhten Temperaturen ausgesetzt, kristallisiert sie; dadurch verändert sich der Farbeindruck, etwa von blau nach weisslich. Der Farbumschlag basiert auf einem physikalischen Phänomen, der so genannten Interferenz. Dabei treffen zwei unterschiedliche Wellen (z.B. Licht) aufeinander und verstärken sich beziehungsweise schwächen sich gegenseitig ab. Abhängig von der chemischen Zusammensetzung der temperatursensitiven Schicht lässt sich diese Farbveränderung auf einen Temperaturbereich zwischen 100 und 400 Grad einstellen und damit an die mechanischen Eigenschaften des Fasertyps anpassen.
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Noch sind die möglichen Anwendungsgebiete der farbverändernden Fasern offen, und Hegemann ist derzeit auf der Suche nach möglichen Projektpartnern. Nebst Sicherheitsausrüstung für Feuerwehrleute oder Bergsteiger lassen sich die Fasern auch für Lastseile in Produktionsstätten, auf Baustellen usw. nutzen. Die ForTT-188_render_1-2 schung am Thema ist jedenfalls noch längst nicht abgeschlossen. So lässt sich die Faser zurzeit noch nicht über längere Zeiträume lagern, ohne ihre Funktionalität zu verlieren. «Leider oxidieren die PhaseChange-Materialien im Verlauf von einigen Monaten. Das bedeutet, dass der entsprechende Phasenwechsel – die Kristallisation – selbst bei Hitze nicht mehr stattfindet und das Seil somit sein «Warnsignal» verliert. Dass das Prinzip funktioniert, ist jedenfalls bewiesen und die Haltbarkeit ein Thema zukünftiger Forschung», so Hegemann. «Sobald erste Partner aus der Industrie ihr Interesse für eigene Produkte anmelden, lassen sich die Fasern entsprechend ihren Bedürfnissen weiter optimieren.»
Kontakt Empa Dr. Dirk Hegemann Überlandstrasse 129 CH-8600 Dübendorf +41 58 765 72 68 dirk.Hegemann@empa.ch www.empa.ch
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