SACRE
25./26.10. 2023
![](https://assets.isu.pub/document-structure/230914065537-6ecb135ac58ee4fb1eaa84581807e7b2/v1/edcc7656a0fd48fcce54c99a6c091a2a.jpeg)
19. 30 UHR
STADTCASINO BASEL
PROGRAMM-MAGAZIN NR. 3
SAISON 23/24
Sinfonieorchester Basel
Katia und Marielle Labèque, Klavier
Krzysztof Urbański, Leitung
![](https://assets.isu.pub/document-structure/230914065537-6ecb135ac58ee4fb1eaa84581807e7b2/v1/5847c14313420bafa90efc44bb761821.jpeg)
25./26.10. 2023
19. 30 UHR
STADTCASINO BASEL
PROGRAMM-MAGAZIN NR. 3
SAISON 23/24
Sinfonieorchester Basel
Katia und Marielle Labèque, Klavier
Krzysztof Urbański, Leitung
Unter den Komponist*innen gab es nicht wenige, die neben ihrer Leidenschaft für die Musik passionierte Bergsteiger*innen waren. Von Richard Wagner wissen wir, dass er neben dem Säntis auch die Schweizer Alpen auf gefährlichen Wegen zu Fuss überquerte. Johannes Brahms kletterte noch mit Mitte fünfzig auf den Niesen, während der junge Gustav Mahler in den Dolomiten exzessive Wanderungen und Schwimmübungen in eiskalten Bergseen praktizierte. Eines der bekanntesten Beispiele dafür, wie es klingt, wenn bei einem Komponisten die Leidenschaften Musik und Bergsteigen aufeinandertrefen, ist die Alpensinfonie von Richard Strauss. Sie steht bei uns in der kommenden Saison auf dem Programm. In unserem nächsten Abonnementskonzert möchten wir Ihnen allerdings eine echte Rarität präsentieren. Der Pole Wojciech Kilar (1932–2013) komponierte 1974 eines sei ner besten Werke, das heute jedoch kaum aufgeführt wird: Krzesany, was so viel bedeutet wie ‹Bergsteigen› und eine Art musikalische Klanglandschaft des TatraGebirges darstellt. Kilar machte sich einen internationalen Namen als Filmkomponist, unter anderem für Francis Ford Coppolas Dracula (1992) und für mehrere Filme von Roman Polański, darunter Der Pianist (2002).
In Kilars explosivem Orchesterwerk Krzesany erwartet Sie noch eine besondere Überraschung, die wir an dieser Stelle aber noch nicht verraten. Lassen Sie sich diesen besonderen Abend nicht entgehen, denn auch mit Mozarts Doppelkonzert mit den legendären LabèqueSchwestern und Strawinskys Sacre unter der Leitung von Krzysztof Urbański wird der Musiksaal unter Hochspannung stehen!
Wir freuen uns auf Ihren Konzertbesuch und grüssen Sie herzlich
HansGeorg Hofmann Ivor Bolton Künstlerischer Direktor ChefdirigentÜBERSICHT DER SYMBOLE
Diese Institution verfügt über eine Höranlage
Nummerierte Rollstuhlplätze im Vorverkauf erhältlich
Nicht rollstuhlgängig
Für Familien mit Kindern geeignet
Manuskript in der Paul Sacher Stiftung
Das Sinfonieorchester Basel verwendet geschlechtergerechte Formulierungen und weist Autor*innen bei der Vergabe von Textaufträgen im Vorfeld darauf hin. Es steht den Autor*innen jedoch frei, ihre Texte individuell zu gestalten.
VORVERKAUF
Bider & Tanner – Ihr Kulturhaus in Basel
Aeschenvorstadt 2, 4051 Basel
+41 (0)61 206 99 96
ticket@biderundtanner.ch
Billettkasse Stadtcasino Basel
Steinenberg 14 / Tourist Info
4051 Basel
+41 (0)61 226 36 30
tickets@stadtcasino-basel.ch
Sinfonieorchester Basel
+41 (0)61 272 25 25
ticket@sinfonieorchesterbasel.ch
www.sinfonieorchesterbasel.ch
Das Stadtcasino Basel ist rollstuhlgängig und mit einer Induktionsschleife versehen. Das Mitnehmen von Assistenzhunden ist erlaubt.
PREISE
CHF 105/85/70/55/35
• Junge Menschen in Ausbildung: 50 %
• AHV/IV: CHF 5
• KulturLegi: 50 %
• Mit der Kundenkarte Bider & Tanner: CHF 5
• Begleitpersonen von Menschen, die für den Konzertbesuch eine Begleitung beanspruchen, haben freien Eintritt. Die Anmeldung erfolgt über das Orchesterbüro.
Gehörschutz ist an der Abendkasse sowie am Welcome Desk im Foyer des Stadtcasinos Basel erhältlich.
Mi, 25. Oktober 2023, 19.30 Uhr
Do, 26. Oktober 2023, 19.30 Uhr
Stadtcasino Basel, Musiksaal
Wojciech Kilar (1932–2013): Krzesany (Bergsteigen) (1974)
Wolfgang Amadé Mozart (1756–1791):
Konzert für zwei Klaviere und Orchester EsDur, KV 365 (1779)
I. Allegro
II. Andante
III. Rondo, allegro PAUSE
Igor Strawinsky (1882–1971): Le sacre du printemps (1913)
I. Die Anbetung der Erde
II. Das Opfer
Sinfonieorchester Basel
Katia und Marielle Labèque, Klavier
Krzysztof Urbański, Leitung
Mi & Do, 18.45 Uhr, Hans HuberSaal: Konzerteinführung mit Lea Vaterlaus
ca. 15’
ca. 24’
ca. 33’
Konzertende: ca. 21.45 Uhr
Wojciech Kilars Name ist in seinem Heimatland Polen (er wurde 1932 in der heutigen Ukraine geboren) seit Langem bekannt. Neben
Krzysztof Penderecki und Henryk Górecki gehörte er erst zu den führenden Avantgardisten der späten 1960er und frühen 70er
Jahre, galt dann als Schöpfer volksnaher Musik und war schliesslich erfolgreich als Komponist von Filmmusik für die Filme von Krzysztof
Zanussi, Andrzej Wajda und Krzysztof Kieslowski; für Der Tod und das
Mädchen, Das neunte Tor und Der Pianist von Roman
Polański, für Francis Ford
Coppolas Dracula und Jane
einer Dame. Markenzeichen seiner Volks und Filmmusik sind ein riesiges Orchester, das monumentale Klänge erzeugt, mit knirschenden Celli und Bässen, einem gelegentlich tief romantischen
Thema, wuchtigen Höhepunkten und häufig minimalistischen Akkordfolgen.
All das ist in seinem Werk Krzesany (1974) zu hören, in dem er die Harmonien der Lieder und Tänze der Tatra in Südpolen – der ‹krzesanie› (abgeleitet von ‹Feuerstein schlagen›) – verwendet. Das Stück markiert Kilars erklärten Abschied von der Avantgarde.
«In einem bestimmten Moment», so der Komponist, «wurde mir klar, dass die Suche nach neuen, schockierenden Klangquellen er schöpft war. Ich be
schloss, dass es auch ein Schock sein könnte, auf etwas anzu spielen, das als abgeschlossenes Kapitel galt [d.h. die Volksmusik, die während der AvantgardeÄra tabu war]. So kam ich dazu, Krzesany zu schreiben.»
Eine simplifizierende Erhabenheit im sowjetischen Stil zu erwarten, wäre aber falsch. Der Keim der Komposition besteht aus drei Akkorden, die der Komponist «unter dem Einfluss von Aufenthalten in Zakopane [in der Tatra] notiert hatte ... Sie lagen lange Zeit auf dem Klavier, aber ich wusste nicht, was ich mit ihnen anfangen sollte. Und dann ging ich nach Spanien [...] um die Corrida zu sehen. Vielleicht verdanke ich der Corrida diese für Krzesany charakteristische ‹Blutigkeit›, denn in Spanien habe ich mir die Fortsetzung ausgedacht.»
Krzesany besteht aus einem Satz mit vielen Abschnitten, von denen einige zart melodisch sind, andere schwer fäl lige Märsche, kammermusikalische Traumstimmungen und groteske Aufblähungen des Orchesterklangs, die von einer eindringlichen BeinaheStille unterbrochen werden. Die letzten Takte bilden ein Crescendo aus Motorik, Pochen, Knurren und Sprengen – und einen Höhepunkt aus brüllendem, pfeifendem, slawischem Jubel.
Herbert Glass schrieb bereits Programmtexte für grosse amerikanische Orchester, arbeitete für die New Yorker Philharmoniker und die San Francisco Opera und war sechzehn Jahre lang Kommentator, Heraus geber und Dozent bei den Salzburger Fest spielen.
Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Los Angeles Philharmonic Association
Krzesany (Bergsteigen)
BESETZUNG
4 Flöten, 4 Oboen, 4 Klarinetten, 4 Fagotte, 4 Hörner, 4 Trompeten, 4 Posaunen, Schlagzeug, Orgel, Streicher
ENTSTEHUNG
1974
URAUFFÜHRUNG
1974 beim Warschauer Herbst
DAUER ca. 15 Minuten
Zu den Höhepunkten der Saison 2023/24 von Krzysztof Urbański gehören Debüts mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Orchestre de la Suisse Romande, dem Orchestra Sinfonica Nazionale della Rai und dem Atlanta Symphony Orchestra. Im Herbst 2023 konzertiert er mit der Dresdner Philharmonie (im Kulturpalast und auf einer Europatournee) und mit dem Orchestra della Svizzera italiana. Ausserdem kehrt er zurück zu den Münchner Philharmonikern, dem hrSinfonieorchester, den Wiener Symphonikern, der Philharmonia Zürich, dem Dallas Symphony Orchestra und dem Sinfonie orches ter Basel.
Als Gastdirigent trat Urbański unter anderem mit den Berliner Philharmonikern, der Staatskapelle Dresden, dem Gewandhausorchester Leipzig, dem London Symphony Orchestra, dem Phil harmonia Orchestra London, dem TonhalleOrchester Zürich, dem Orchestre de Paris, dem Hong Kong Philharmonic Orchestra, dem Chicago Symphony, dem New York Philharmonic, dem Los Angeles Philharmonic und dem San Francisco Symphony Orchestra auf.
Krzysztof Urbański war von 2011 bis 2021 Musikdirektor des Indianapolis Symphony Orchestra sowie Chefdirigent und künstlerischer Leiter des Trondheim Symfoniorkester (2010–2017). Im Jahr 2017 wurde er zu dessen Ehrengast
dirigenten ernannt. Er war Erster Gastdirigent des Tokyo Symphony Orchestra (2012–2016) und Erster Gastdirigent des NDR Elbphilharmonie Orchesters (2015–2021). Im November 2022 wurde er zum Ersten Gastdirigenten des Orchestra della Svizzera italiana ernannt. Mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester nahm er Alben mit Werken von Lutosławski, Dvořáks 9. Sinfonie, Strawinskys Le sacre du printemps, Schostakowitschs 5. Sinfonie und Werken von Richard Strauss auf, alle bei Alpha Classics. Zu seiner Diskografie gehören auch Chopins kleine Stücke für Klavier und Orchester mit Jan Lisiecki und dem NDR Elbphilharmonie Orchester bei der Deutschen Grammophon, die mit einem ECHO KLASSIK ausgezeichnet wurden, sowie Martinůs Cellokonzert Nr. 1 mit Sol Gabetta und den Berliner Philharmonikern, aufgenommen für Sony.
Konzert für zwei Klaviere und Orchester EsDur
VON HANS-GEORG HOFMANN
Auf der Suche nach einer festen Anstellung ausserhalb
Salzburgs reiste Mozart
1777 nach Paris und machte in Mannheim Halt. Dort
begegnete er der Familie des Sängers Franz Weber, die aus Zell im Wiesental via Rheinfelden an den kurfürstlichen Mannheimer
Hof gezogen war. Mozart verliebte sich in die zweit
älteste Tochter Aloysia und ihre «schöne, reine Stimme». Unter ihrem
Eindruck komponierte er einige seiner schönsten
Konzertarien. Aloysia spielte auch als Solistin sein Konzert für drei Klaviere (KV 242), das im März
1778 zusammen mit Rose
Cannabich, der Tochter des
Mannheimer Hofkapellmeisters, und Therese
Pierron, der Tochter seines Hauswirts, sowie mit der Mannheimer Hofkapelle aufgeführt wurde.
Mozart wollte Aloysia auf der Stelle heiraten und plante mit Unterstützung seiner neu gewonnenen Mannheimer Freunde wie dem Flötisten Johann Baptist Wendling einen Neuanfang in der fran zösischen Metropole.
In Paris angekommen, komponierte Mozart für Wendling und drei weitere Bläser aus den Reihen der Mannheimer Hofkapelle in kürzester Zeit eine Sinfonia concertante für Bläser. Wendling vermittelte einen Auftrag für eine Auf ührung des Stücks im Rahmen der Pariser ‹Concerts spirituels›. Doch seine Hof nungen auf eine ‹vie Parisienne› mit Aloysia zerplatzten schon bald: Die Auf ührung seiner Concertante wurde aufgrund einer Intrige kurzfristig abgesagt. Wenige Tage
später starb völlig unerwartet Mozarts Mutter. Das Wiedersehen mit Aloysia in München wurde zur grossen Enttäuschung. Sie fand es nicht nur lächerlich, dass Mozart die Goldknöpfe seines Anzugs mit schwarzen Bändern als Zeichen der Trauer umwickelt hatte. Aloysia ofenbarte ihm auch, dass sie bereits dem Schauspieler Joseph Lange ihr JaWort gegeben hatte.
Es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass Mozart diese Achterbahnfahrt der Gefühle in seinem in dieser Zeit entstandenen Konzert für zwei Klaviere (KV 365) verarbeitet hat. Zwischen Verliebtheit und Trauer pendeln alle drei Sätze. Auch wenn EsDur als Tonart des Erhabenen für Pathos und Stabilität steht, so ofenbaren sich in diesem Konzert immer wieder ergreifende Abgründe und melancholische Momente. Bereits im Kopfsatz kann man das hören, wenn nach der Vorstellung der Themen in der Durchführung die Musik immer dramatischere Züge annimmt. Doch genauso schnell wandelt sich der Ausdruck dieser Musik, und die beiden Solist*innen kokettieren wieder miteinander und werfen sich mit Leichtigkeit im Wechselspiel ihre musikalischen Ideen zu, die vom Orchester ebenso sanft übernommen werden. Im Finale wird das Wechselspiel zwischen Glückseligkeit, Erhabenheit, Drama und Melancholie zum musikalischen Prinzip. Spätestens wenn die beiden Pianist*innen allein in einem Kanon in gMoll nachdenklich verweilen, wird deutlich, dass Mozarts Tonsprache eine Pa lette dunkler Farben hinzugewonnen hat.
O fensichtlich erfreute sich das Werk grosser Popularität. Mozart setzte es auch auf das Programm seines ersten öfentlichen Konzerts 1782 in Wien. Im Wiener Augarten trat er gemeinsam mit seiner Schülerin, der talentierten Pianistin Josepha Auernhammer, als Solist auf. Gerne wäre das «dicke frl. Tochter» des Wirtschaftsrats Johann Michael von Auernhammer Mozarts Ehefrau geworden, was auch Vater Leopold gefreut
hätte. Doch Madame Auernhammers Zuneigung stiess nicht auf Gegenliebe: «Die freulle ist ein scheusal! spielt aber zum Entzücken; nur geht ihr der Wahre, feine, singende Geschmack im Cantabile ab; sie verzupft alles», schreibt Mozart seinem Vater am 27. Juni 1781. Zu diesem Zeitpunkt träumte er vermutlich schon von einer Hochzeit in Wien, diesmal mit Constanze Weber, der jüngeren Schwester von Aloysia.
Dieser Text entstand ursprünglich für das Programmheft Nr. 8 der Saison 2013/14.
Konzert für zwei Klaviere und Orchester
Es-Dur
BESETZUNG
2 Klaviere solo, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 2 Hörner, 2 Trompeten, Pauke, Streicher
ENTSTEHUNG
Anfang 1779 in Salzburg
DAUER ca. 24 Minuten
VON BENJAMIN FRANÇOIS
Eines der erfolgreichsten und temperamentvollsten
Klavierduos der Gegenwart ist zu Gast in Basel.
Am 25. und 26. Oktober
spielen Katia und Marielle Labèque Mozarts Konzert für zwei Klaviere und Orches ter EsDur, KV 365 zusammen mit dem Sinfonieorchester Basel unter der Leitung von Krzysztof Urbański. Es erwartet das Publikum ein Konzertgenuss und eine Erbauung zugleich.
BF Die New York Times titelte einmal, dass Sie das Genre des Klavierduos revolutioniert hätten. Sind Sie sich dessen bewusst?
KL Wir sind uns bewusst, dass sich etwas getan hat, was das Repertoire und das Interesse der Komponist*innen, die wir angefragt haben, angeht. Das ist auch gut so, denn das Spielen auf zwei Klavieren ist wunderbar. Und es gibt heute viele Duos mit sehr jungen Pianist*innen. Es ist gut, dass diese DuoFormel fortbesteht.
BF Wie war die Situation in den frühen 70er-Jahren, als Sie beide anfingen, im Duo zu spielen?
KL Es gab sehr wenige Duos. Ich erinnere mich an die grossartigen Aloys und Alfons Kontarsky, die ein sehr spezielles Repertoire hatten, aber auch an MarieJosé Billard und Julien Azaïs. In den USA gab es viel mehr von ihnen ... ML ... wie Arthur Gold and Robert Fizdale, aber diese Duos spielten ausschliesslich zu Hause. Tatsächlich gehörten wir zu den ersten, die international auftraten, vor allem mit den amerikanischen Orchestern.
«Uns war klar, dass wir noch viel Arbeit vor uns hatten.»
KL Als wir in Boston und Cleveland anfingen, sagten uns viele, sie hätten seit Jahrzehnten kein Klavierduo mehr gehört!
ML Uns war klar, dass wir noch viel Arbeit vor uns hatten.
BF Was hat Ihr Duo auf internationaler Ebene so erfolgreich gemacht?
KL Ganz klar unsere Aufnahme von Gershwins Rhapsody in Blue bei Philips Records, die sich über eine Million Mal verkaufte und uns 1980 die erste Goldene Schallplatte einbrachte. Aber wir hatten zehn Jahre zuvor mit einem sehr anspruchsvollen zeitgenössischen Repertoire begonnen, wie dem Konzert für zwei Klaviere und Orchester von Luciano Berio, Structures von Pierre Boulez, Trois pièces für zwei Klaviere von György Ligeti und den Visions de l ’Amen von Olivier Messiaen.
BF Ihre Mutter, die Pianistin Ada Cecchi, hatte Sie gründlich vorbereitet ...
KL Wir hatten tolle, sehr gegensätzliche Eltern: einen aufgeschlossenen und intellektuellen Vater – ein grossartiger Arzt – und eine leidenschaftliche Mutter, die feurige italienische Seite!
ML Die Oper war immer bei uns zu Hause. Wir wohnten in Bayonne an der baskischen Küste und die Musik spielte sich hauptsächlich zu Hause ab. Unsere Mutter unterrichtete junge Schüler*innen im Klavierspiel und es war sehr anregend, ständig Musik um sich herum zu haben. Gleichzeitig bin ich froh, dass ich damals ohne Mobiltelefon und ohne Internet gelebt habe.
KL Wir konnten uns wirklich auf die Musik konzentrieren, aber gleichzeitig bedauere ich ein wenig, dass wir nur drei Minuten mit Luciano Berio filmisch aufgezeichnet haben.
BF Ist die Tatsache, dass Sie Schwestern sind, ein Garant für die Langlebigkeit Ihres Duos?
KL Es hilft, aber unser Verhältnis ist wie in einer Partnerschaft durch Höhen und Tiefen gekennzeichnet. Am Anfang rieten uns die Leute, wir sollten eine perfekte Einheit sein. Wir sind genau in die entgegengesetzte Richtung gegangen!
ML Das war gut so, denn unsere Stimmen und unsere Körper sind unterschiedlich. Diese Komplementarität ist ein weiterer Grund für unsere Langlebigkeit. Und es ist auch die Musik, die uns so eng zusammengebracht hat.
KL Als wir das Pariser Konservatorium verliessen – ich war 18 und Marielle 16 Jahre alt –, fragten wir uns, was wir tun könnten, denn wir liebten es, das Leben in der Musik zu teilen. Wir haben unser Repertoire gegen den Strich ent
«Komplementarität ist ein Grund für unsere Langlebigkeit.»
wickelt und uns erst an Berio gewagt, bevor wir uns mit Mozart beschäftigten, und das war auch gut so!
BF Sie waren beeindruckt, als Michel Béroff mit 17 Jahren die Vingt regards de l’enfant Jésus spielte. Er schlug Ihnen vor, die Visions de l’Amen zu spielen. Waren Sie überrascht, als Olivier Messiaen kurz darauf an die Tür Ihres Kammermusikkurses klopfte?
ML Es war ein grosses Glück, dass Messiaen vorbeikam, als wir gerade an seinen Visions arbeiteten. Er selbst wollte das Stück mit seiner Frau Yvonne Loriod aufnehmen, aber da er es nicht mehr spielen konnte, machte er uns dieses wunderbare Geschenk des Spielens. Es war grossartig, unsere Laufbahn als Berufspianistinnen so zu beginnen. Dann hörten wir zum ersten Mal die Sinfonia von Luciano Berio, und als er uns Messiaen spielen hörte, hatte er Lust, für unser junges Duo zu komponieren. Es war eine Reihe von schönen Begegnungen, die uns immer weiterbrachte.
Paris, 29. Mai 1913. Es ist
einer der grössten Skan
dale der Musikgeschichte:
die Urau f ührung von Strawinskys Le sacre du printemps in der Choreo
grafie von Vaslav Nijinsky.
Der Ballettabend am Théâtre des Champs
Ely sées endet in grossem Tumult und Chaos.
Die Bretter im Theater beben, das Publikum ist schockiert, als es das Ballett Le sacre du printemps von Igor Strawinsky sieht. Eine Musik mit so expressiver Wucht, mit so vertrackten rhythmischen Strukturen und perkussiver Motorik hatte man zuvor noch nie gehört: «Man lachte, höhnte, pfi f, ahmte Tierstimmen nach», erinnert sich der Schriftsteller Jean Cocteau an jenen denkwürdigen Abend. «Vielleicht wäre man dessen auf die Dauer müde geworden, wenn nicht die Menge der Ästheten und einige Musiker in ihrem übertriebenen Eifer das Logenpublikum beleidigt, ja tätlich angegri fen hätten. Der Tumult artete in ein Handgemenge aus.»
Strawinsky war empört und verletzt. Das hatte er nicht erwartet, zumal die Generalprobe, bei der auch Publikum zugegen war, völlig ruhig verlaufen war. «Maul halten!», hörte Strawinsky noch jemanden aus der Menge rufen, ehe er schnell hinter die Bühne flüchtete. Dort stand sein Choreograf Vaslav Nijinsky auf einem Stuhl. So laut er konnte, schrie er den Tänzer*innen Zahlen zu, damit sie den Takt halten konnten und wussten, wann sie ihre abstrakten Figuren zu tanzen haben. Die Tänzer*innen waren aber vollkommen überfordert von der Musik und von der Choreografie – so hatte noch nie zuvor jemand von ihnen getanzt.
Igor Strawinsky berichtete später von der skurrilen Situation: «Natürlich
konnten die armen Tänzer ihn nicht hören infolge des Tumults im Zuschauerraum und wegen des Lärms, den ihre Füsse beim Tanzen auf den Bühnenbrettern machten. Ich musste den rasenden Nijinsky am Rock festhalten, denn er war jeden Augenblick bereit, sich auf die Bühne zu stürzen, um einen Skandal zu provozieren.» Der Komponist hatte aufgrund des Tumults von dem Premierenabend nur schemenhafte Erinnerungen.
«Sergei Djagilew wollte dem Toben ein Ende bereiten und befahl dem Beleuchter, bald im Zuschauerraum Licht zu machen, bald ihn wieder zu verdunkeln. Das ist alles, was ich von der Premiere behalten habe.»
Vielleicht war es auch die Evokation einer archaischen, vorzivilisatorischen Gesellschaft, die das Publikum an Strawinskys Ballett verunsichert und provoziert hatte: Eine Jungfrau opfert sich für den Frühling, für ein gutes Jahr, eine
gute Ernte und tanzt sich zu Tode. Aus einem ersten zaghaften Aufkeimen der Natur erwachsen in raffinierter Klangdramaturgie die verschiedenen Stadien des Opferrituals. Strawinsky war eigens in sein Heimatland gereist, um Material für den Sacre zu sammeln. In dem Dorf Talaschkino bei Smolensk, einem Zentrum für russische Volkskunst, fand er Hinweise auf altes Brauchtum, notierte ein paar Volkslieder und entwarf damit sein Stück, das er Bilder aus dem heidnischen Russland nannte.
Der zweite Teil des Balletts, in dem das eigentliche Opferritual vollzogen wird, beginnt sehr verhalten. Quasi als Ruhe vor dem Moment, in dem das Mädchen ausgewählt wird, beschreibt die Musik diverse rituelle Handlungen, bevor sich das Opfer schliesslich in wilder Ekstase zu Tode tanzt. Am Schluss von Le sacre du printemps werden die immer gleichen musikalischen Strukturen in
ständiger Steigerung wiederholt. Zwar machte der Skandal um sein Stück den 31jährigen Strawinsky berühmt, doch die Reaktion des Publikums hatte ihn sehr verletzt. Ein paar Tage nach der Urauf ührung bekam er Fieber und musste für sechs Wochen ins Krankenhaus.
Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Bayerischen Rundfunks (BR-Klassik)
Le sacre du printemps
BESETZUNG
5 Flöten, 5 Oboen, 5 Klarinetten, 5 Fagotte, 8 Hörner, 5 Trompeten, 4 Posaunen, 2 Tuben, Pauken, Schlagzeug, Klavier, Streicher
ENTSTEHUNG
1911–1913 in Talaschkino und Paris
URAUFFÜHRUNG
29. Mai 1913 am Théâtre des Champs
Elysées in Paris
DAUER
ca. 33 Minuten
Schon ab
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VON SIGFRIED SCHIBLI
Der Geiger, Dirigent und spätere Musikmäzen
Paul Sacher (1906–1999)
heiratete mit 28 Jahren
Maja Hof mannStehlin.
Sie war die Tochter des Architekten Fritz Stehlin und Witwe des Mehrheitsaktionärs des Pharma
konzerns Hoffmann
La Roche. Dadurch fiel dem aus einfachen Verhält
nissen stammenden Paul
Sacher ein beträchtliches Vermögen zu. Der Kinderwunsch des Ehepaars
blieb allerdings unerfüllt;
Sachers leibliche Kinder, unter ihnen Georg Schmid, der heutige Präsident des Stiftungsrats der Paul
Sacher Stiftung (PSS), stammen aus anderen
Beziehungen. Im übertragenen Sinn wurde die Welt der komponierenden und musizierenden Männer und Frauen des 20. Jahrhunderts zu Sachers ‹Familie›.
Schon kurz nach der Gründung des Basler Kammerorchesters durch Paul Sacher im Jahr 1926 begann er, Kompositionsaufträge zu erteilen. Den Grund dafür umschrieb er in einem Interview 1993 so: «Es gab damals praktisch keine Kammerorchester, heute gibt es sie in grosser Zahl. Der Wunsch, Konzerte in dieser Besetzung zu machen, hing natürlich mit der entsprechenden Literatur zusammen. Erstens konnte man mit ei nem kleiner besetzten Orchester die ganze Musik der Wiener Klassik spielen, und zweitens gab es eine reiche zeitgenössische Literatur für Kammerorchester. Und soweit es sie nicht gab, hatte ich den Eindruck, man könne ja dafür sorgen, dass sie geschrieben wird.»
Damals verfügte Sacher nur über geringe finanzielle Mittel; den Komponisten war es Anreiz genug, ihr Werk von einem hoch motivierten professionellen Orchester aufgeführt zu bekommen. Die
ersten Kompositionsaufträge gingen an lokale Grössen wie Rudolf Moser, dessen Concerto grosso Sacher 1927 urauf ührte. Nachdem er zu Wohlstand gekommen war, konnte er Kompositions aufträge bezahlen. Daraus erwuchs im Lauf der Jahre eine Sammlung von über 200 Kompositionen, die alle von Sacher angeregt, finanziert und zum grössten Teil auch aufgeführt wurden, sei es mit dem Basler Kammerorchester oder dem Collegium Musicum Zürich. Die Liste reicht alphabetisch von Ra f aele d’Alessandro bis Jürg Wyttenbach und chronologisch von Rudolf Mosers Concerto grosso bis zum Violinkonzert Gesungene Zeit von Wolfgang Rihm, das im Juni 1992 mit der Solistin AnneSophie Mutter in Zürich zur Urau f ührung kam.
Hinter dieser mäzenatischen Tätigkeit stand Sachers Überzeugung, dass Reichtum ein «Lehen» sei, also letztlich unverdient, woraus dem Wohlhabenden
die Verpflichtung erwachse, der Allgemeinheit etwas davon zurückzugeben. Und nachdem Sacher begonnen hatte, ganze Nachlässe wie den von Anton Webern und Igor Strawinsky (darunter die autografe PartiturReinschrift des Sacre du printemps ) sowie zahlreiche ‹Vorlässe› noch lebender Komponist*innen zu erwerben, bündelte er diese Materialien in einer Stiftung, die ihren Sitz am Münsterplatz 4 in Basel hat. Von einer ‹Familie› möchte man angesichts der grossen Zahl geförderter Musiker*innen nicht mehr sprechen. Aber es gab durchaus enge persönliche Kontakte Sachers, die zu einer fami lienähnlichen Vertrautheit führten. Zum Beispiel mit dem Tschechen Bohuslav Martinů, der in den Jahren seiner schweren Krankheit auf Sachers Landgut Schönenberg lebte (er starb 1959 in Liestal). Ebenfalls freundschaftlich verbunden war Sacher mit dem deutschen
Komponisten Wolfgang Rihm und dem französischen Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez. Dieser war der einzige Trauerredner, dem an der Trauerfeier für Sacher im Basler Münster 1999 die Tränen kamen.
Zu Sachers persönlichem Umkreis zählten auch Musiker*innen wie die bereits erwähnte AnneSophie Mutter. Sie spielte unter Sachers Leitung 1988 das Concerto en ré von Igor Strawinsky mit dem Philharmonia Orchester London auf CD ein – 41 Jahre nach der Urau f ührung mit dem Basler Kammerorchester.
Wer etwas zu feiern hat, umgibt sich gern mit seinen engsten Angehörigen. Als Sacher siebzig Jahre alt wurde, lud er den russischen Cellisten Mstislaw Rostropowitsch zu einem exklusiven Rezital im Basler Münster ein. Auf dem Programm standen drei der sechs Suiten für Violoncello solo von Johann Sebastian Bach. Zum selben Anlass komponierte Pierre Boulez das Werk Messagesquisse für Cello solo und sechs Violoncelli.
Als Sacher seine Kräfte schwinden sah, setzte er häufig den 33 Jahre jüngeren Heinz Holliger als Dirigenten ein. Er wollte ihn zu seinem Nachfolger in der Leitung des Basler Kammerorchesters machen. Dazu kam es nicht. Holliger gründete mit Rudolf Kelterborn und Jürg Wyttenbach das Basler Musik Forum, das mit seinen Konzerten zumindest einige Jahre lang die ideelle Nachfolge von Sachers Kammerorchester antrat.
Varvara Vasylieva, Violine
Jaume Andreu Angelès I Fité, Viola Daniil Rumiantsev, Flöte Vilém Vicek, Jiayi Liu und Michal Balas, Violoncello-Trio
Philippe Bach, Leitung Sinfonieorchester Basel
Werke von Robert Schumann, William Walton, Vladimir Cybin und Krzysztof Penderecki
19.30 Uhr Stadtcasino Basel Kollekte
VON CRISTINA STEINLE
Vilém Vlček bevorzugt es, im Kopf zu üben, aber er möchte beim Spielen den Kopf ausschalten und das Herz sprechen lassen. Der Absolvent der Hochschule für Musik Basel
FHNW ist einer von sechs Solist*innen im Konzert mit dem Sinfonieorchester Basel am 5. Oktober 2023.
CS Vilém Vlček, im Alter von sechs Jahren hast Du Deinen ersten Cello-Unterricht erhalten. Warum Cello und nicht etwa Geige oder Klavier?
VV Ich komme aus einer grossen Familie und habe zwei ältere Brüder sowie zwei jüngere Schwestern. Meine Eltern lieben die Musik und wollten, dass wir Kinder ein Instrument spielen, auch, um eine gute Arbeitsmoral zu entwickeln. Da meine Brüder bereits Klavier und Geige spielten, gab es für mich das Cello.
CS Bist Du nach wie vor glücklich mit dieser Wahl?
VV Das Cello ist ein fantastisches Instrument, die Ähnlichkeit zur menschlichen Stimme ist unglaublich. Wenn ich nochmals wählen könnte, wäre es jedoch das Klavier, da es einfach ungleich mehr Literatur für Klavier gibt.
CS 2018 kamst Du für das BachelorStudium nach Basel. Wie bist Du dazu gekommen, Deine Heimat Prag im Alter von zwanzig Jahren zu verlassen?
VV Für mich war schon immer klar, dass ich im Ausland studieren möchte.
«Die Ähnlichkeit zur menschlichen Stimme ist unglaublich.»
Viele Jahre bin ich für Wettbewerbe und Meisterkurse durch Europa gereist. 2017 lernte ich Danjulo Ishizaka bei einem Meisterkurs kennen, und da wusste ich sofort, dass ich bei ihm studieren möchte. Als ich nach dieser Begegnung zu Hause die Stücke mit seinen Inputs im Kopf übte, war alles anders als bisher: Die ganze Musik hatte sich verändert! Aber auch auf der persönlichen Ebene fanden wir uns, und das ist für ein Lehrverhältnis genauso wichtig wie die musikalische Ebene.
VV Wer ernsthaft Musik macht, wird konstant mit sich selbst konfrontiert. Dadurch habe ich mich sehr gut selbst kennengelernt, was ich als grosses Privileg erachte. Im Alltag sind Emotionen zwar immer da, doch nimmt man sie oft nicht bewusst wahr. Seine eigenen Emotionen zu erkennen und damit zu arbeiten, ist nicht leicht, aber sehr bereichernd. Es ist schwieriger, mit dem Herzen zu spielen als mit dem Kopf. Es kann auch sehr erschöpfend sein, sich auf der Bühne so ofen und verletzlich zu zeigen. Mit Danjulo arbeite ich aber konstant an dieser Entwicklung, weg von «ich mache Musik» hin zu «ich bin die Musik».
CS Du hast diesen Juni Dein Studium abgeschlossen – mit welchen Gefühlen und Plänen verlässt Du die Hochschule?
VV Ich plane, ein ewiger Student zu werden – ich liebe es zu studieren! Gerne würde ich auch unterrichten. Ansonsten plane ich nicht allzu viel, denn dadurch öf net man sich für Enttäuschungen. Ich freue mich, dass ich immer mehr Konzerte spielen kann, aber eine Karriere auf Knopfdruck strebe ich nicht an. Kontinuität ist mir sehr wichtig, und ich möchte das Leben geniessen! Im Musikbusiness läuft derzeit vieles schief: Junge Musiker*innen sind stark unter Druck, denn je jünger man ist, umso attraktiver ist man für das Publikum. Es gibt Agent*innen, die für einzelne Künstler*innen neunzig Konzerte pro Jahr planen. Darunter leiden nicht nur die Musiker*in nen, sondern auch die Qualität und schliesslich das Publikum. Das ist keine sehr positive Entwicklung.
CS Was treibt Dich an, so viel in die Musik und das Studium zu stecken?
«Wer ernsthaft Musik macht, wird konstant mit sich selbst konfrontiert.»
«Ich empfehle, mit dem Herzen statt mit den Ohren zu hören.»CS Im Konzert ‹Ouverture› mit dem Sinfonieorchester Basel spielst Du zusammen mit zwei Kolleg*- © Tomáš Rasl
innen das Concerto grosso von Penderecki. Warum hast Du Dich für dieses selten gespielte Werk entschieden, und was möchtest Du den Hörer*innen mit auf den Weg geben?
VV Ich schätze es sehr, dass ich von der Hochschule die Möglichkeit erhalten habe, mit einem Orchester wie diesem zu spielen! Dieses Privileg wollte ich mit anderen teilen, also erkundigte ich mich, welche Werke es für mehrere Solisten gibt. Mit Pendereckis Stück treten wir als CelloTrio kammermusikalisch und solistisch zugleich auf. Ich freue mich, die Bühne mit meinen Klassenkolleg*innen Jiayi Liu und Michał Balas zu teilen. Dank dem Unterricht bei Danjulo sprechen wir die gleiche musikalische Sprache und können uns optimal vorbereiten. Das Stück ist tatsächlich nicht leicht zugänglich. Ich stelle mir drei Protagonisten vor, die durch eine fantastische Welt gehen und wundersame Dinge erleben. Ich empfehle, mit dem Herzen statt mit den Ohren zu hören. Oder besser: nicht die Musik zu hören, sondern die Musik zu sein!
CS Du hast gesagt, dass Du das Leben auch geniessen möchtest. Wie machst Du das?
VV Neben dem Üben gehe ich oft spazieren; da übe ich dann im Kopf. Wer tausende Stunden mit dem Instrument verbracht hat, weiss auch ohne Instrument, wie sich was anfühlt. Ich bin ausserdem ein grosser FilmFan, spiele gerne Schach und auch ab und zu Videogames. Und mein Plan ist es, aus Sport mein Hobby Nr. 1 zu machen. Aber noch ist dies nur ein Plan. (lacht)
Hochschule für Musik Basel FHNW
Die Zusammenarbeit zwischen Orchester und Hochschule hat eine lange Tradition. Die Studierenden absolvieren Praktika beim Sinfonieorchester Basel, und die Orchestermusiker*innen erteilen Unterricht an der Hochschule für Musik Basel FHNW. Sie bringen den angehenden Musiker*innen mit ihrer Erfahrung das Berufsfeld Orchester näher. Eine bereichernde Kooperation in der Basler Musikszene – seit Jahrzehnten.
Vilém Vlček schloss im Juni 2023 seinen SolistenMaster in der Klasse von Danjulo Ishizaka ab. Am 5. Oktober spielt er gemeinsam mit Jiayi Liu und Michał Balas das Concerto grosso für drei Violoncelli und Orchester von Krzysztof Penderecki.
VON BENJAMIN HERZOG
Es geschieht ganz schnell. Man ist ergriffen und taumelt danach benommen aus dem Konzert. Im Rücken schauern der erschütternde Höhepunkt nach, das traumhafte Piano, die atemraubende Generalpause. Und schon passiert es: Verklärung. Da wir unser Auge im Konzert meist auf den Dirigenten richten, wird aus ihm die Figur, die uns da soeben verzaubert hat. Der Magier des Klangs. Oder für alle, die nicht an Magie glauben, der grosse Meister. Ein Maestro.
Die Bezeichnung Maestra wird kaum je angewendet. Ofen bleibt, ob mit zunehmender Anzahl von Dirigentinnen die blind (und wohl auch taub) machende Verklärung künftig abnimmt oder nicht. Meister*innen ihres Fachs, so könnte man schliesslich argumentieren, gibt es auf allen Positionen eines Orchesters. Seltsam ist es also, den Begri f ‹Maestro› immer wieder aus dem Mund von Orchestermusiker*innen zu vernehmen. Oft sogar im direkten Gespräch. Ist das nicht zum Erröten? Vielleicht ist es auch Taktik, denn zum Maestro gesellt sich im Pausengespräch gern sein Gegenteil: der Taktschläger, Pultdiktator, eitle Pinsler, Verkehrspolizist (weibliche Formen immer mitgemeint) oder der Schnösel. Die Wahrheit liegt wohl oft dazwischen.
Zum Beispiel in der Bezeichnung
‹Kapellmeister›. Heute meist abschätzig gemeint. Ausser, die Rede wäre vom Ge
wandhauskapellmeister, wie die offizielle Position in Leipzig immer noch heisst. So ist es um den Kapellmeister ganz anders bestellt, blickt man ein paar Jahrhunderte zurück. Johannes Mattheson, ein Hamburger Musikallrounder aus der Zeit der Frühaufklärung, wusste gar, was ein «Vollkommener Capellmeister» ist. Ausführlich beschrieb er dessen Fähigkeiten in seinem gleichnamigen berühmten Traktat von 1739. Fähigkeiten, die einer brauchte, wollte er einem Orchester «mit Ehren und Nutzen» vorstehen. Ein solcher Kapellmeister komponierte selbstverständlich eigene Musik, bearbeitete Stücke für die Kapelle seines Dienstherrn. Er unterrichtete, leitete die Chöre, stemmte Opernauf ührungen, pflegte das Instrumenten und Notenarchiv und musste überdies eine Vorbildfunktion auch moralischer Art haben für die ihm unterstellten Musiker. In der Hierarchie stand er zwischen den als Dienstboten angestellten Mitgliedern seiner Kapelle und dem bezahlenden Fürsten.
Mit der Vergrösserung der Orchester verschwand das Wort Kapelle zunehmend aus dieser Dienstbezeichnung. Der Meister oder eben Maestro dagegen ist geblieben. Später und mit der Konzentration der Aufgaben hauptsächlich aufs Dirigieren, wurde der heutige Dirigent geboren. Dirigent*innen, die ihren Beruf allein in Proben und Konzerten aus
üben, gibt es jedoch nicht. Aufgaben wie Spielpläne zusammenstellen, Solist*innen wählen, Probespielen beiwohnen und so weiter sind zwar meist unsichtbar, machen aber einen erheblichen Teil ihres Jobs aus. Wenn Dirigent*innen heute noch komponieren, wie der Finne EsaPekka Salonen oder die Griechin Konstantia Gourzi, so ist das eine Besonderheit.
Berühmte Beispiele solcher Dirigent*innenKomponist*innen aus der Vergangenheit gibt es zuhauf: Wolfgang Amadé Mozart, der seine Sinfonien und Opern selbst dirigierte. Als Dirigent und Pianist in Personalunion hörte man ihn mit den Klavierkonzerten. Des Weiteren wären da Hector Berlioz, Felix Mendelssohn, Richard Wagner oder Gustav Mahler als Doppelbegabun gen zu nennen. Namen, die wir heute ausschliesslich zu den Komponisten zählen. Leonard Bernstein, der sowohl als grosser Dirigent wie als erfolgreicher Komponist gilt, ist hier die grosse Ausnahme.
Gerade Mahler wurde von seiner Nachwelt als Komponist lange Zeit ignoriert. Bis zur sogenannten MahlerRenaissance, ausgelöst unter anderem durch Leonard Bernstein. Bis dieser Mahlers Musik ernst nahm, tat man dessen Sinfonien bösartig als Kapellmeistermusik ab. Heute gehören sie zum Kernrepertoire und werden von den Orchestern wie vom Publikum geliebt. Mahler
als Dirigent schien zeitlebens angeeckt zu sein. Strenge und Ungeduld, ein ausgezeichnetes Gedächtnis und eine Neigung zu spontanen Rubati dürften seine Musiker*innen mehr als nervös gemacht haben.
Das Wort ‹Dirigent› wird in unseren Nachbarländern übrigens ganz unter schiedlich übersetzt. Mit einem eher neutralen chef d’orchestre in Frankreich; in Italien mit direttore, was irgendwie nach Teppichetage und Konzern riecht. Auf Englisch hat sich der conductor eingebürgert. Dort kann man also wahlweise einem Orchester vorstehen oder im Zug die Fahrkarten knipsen. Dann ist der Maestro vielleicht doch eine schöne Alternative dazu. Oder die Maestra.
Das nächste Mal: N wie Noten
In the early 20th century, Paris was the world’s epicenter of the arts. Many composers flocked to the City of Lights to immerse themselves in its cultural riches. Crossovers between di ferent disciplines were frequent, perhaps most strikingly in the performances of Les Ballets Russes, Diaghilev’s fabled dance company. When he couldn’t find any of the established composers to help him realize his revolutionary artistic visions, he turned to Igor Stravinsky (1882–1971) who had emerged as a young talent with his composition The Firebird. Thus, one of history’s most fascinating collaborations started.
Apparently, it was a dream of a young girl dancing herself to death from which Le sacre du printemps, or The Rite of Spring, germinated. Diaghilev spoke of a new sensation that would lead to heated debate. Stravinsky called the final composition “a sacred horror in the midday sun”. The indignation and outrage at the premiere in 1913 are legendary, but in reality, outcries of disapproval were ingrained in the customs of the Parisian cultural elite. Once or twice a year, the highheeled and welldressed denizens of the Parisian theatres found a reason to riot. The truth of the matter was that Le sacre was quickly accepted.
Le sacre’s musical depiction is fictional – human sacrifices weren’t part of any ancient Russian or Eastern European ritual. The music however is derived from real Slavic folk melodies, for example Lithuanian wedding songs, and Ukrainian peasant songs. In his search for musical material, Stravinsky preferred those areas where paganism had held its ground longest. But Le sacre is
not just folk music in avantgarde disguise, it also shows the influence of other composers and musical styles. The parts Introduction and The Ritual Action of the Ancestors reveal, for example, the influence of Debussy’s Nocturnes, and the Sacrificial Dance quotes Ravel’s Rapsodie espagnole.
Stravinsky’s greatest innovation with Le sacre was the incorporation of layered and exhilarating asymmetrical rhythms into classical music. Whether Stravinsky was aware of the complexity of African rhythms remains a question, but in its sophistication Le sacre needs not bow to those. Most likely though, Stravinsky’s inspiration was limited to the Slavic world in which the traditional music is full of intricate rhythmical patterns.
In a di ferent manner, Mozart’s 10th Piano Concerto (for two pianos) was also influenced by Paris. After two successful visits to the French capital in the 1760s, 22yearold Wolfgang went back in the summer of 1778 with his mother in tow. However, the musical benefactors, perhaps less enchanted by a highly talented young adult than a child prodigy, were not very forthcoming. To make matters worse, his mother died while there. The general view is that the sobering experiences in France contributed to the ripening of Mozart’s astronomical talent. His 10th Piano Concerto, composed in 1779, is where this personal growth unfolds, although the death of his mother isn’t directly identifiable.
As a compliment to Stravinsky’s Le sacre, Wojciech Kilar’s Krzesany marks his decision to leave avantgardism behind him and focus once again on folk music.
Der Freundeskreis ist eine engagierte Gemeinschaft, die Freude an klassischer Musik sowie eine hohe Wertschätzung gegenüber dem Sinfonieorchester Basel verbindet.
Wir unterstützen die Arbeit der Musiker*innen des Sinfonieorchesters Basel auf vielfältige Weise. Wir tragen dazu bei, in der Stadt und der Region Basel eine positive Atmosphäre und Grundgestimmtheit für das Orchester und das Musikleben zu schaffen. Unser Verein stellt für seine Mitglieder ein reichhaltiges Programm an exklusiven Anlässen mit dem Sinfonieorchester Basel zusammen. Dabei bietet sich die besondere Möglichkeit des direkten Kontakts zu den Musiker*innen. In der letzten Spielzeit konnten wir erstmals zu einer fünfteiligen Kammermusikreihe einladen. Für diese Saison planen wir eine ganze Reihe an vergleichbaren Angeboten –eine aktuelle Vorschau finden Sie auf unserer Website. Als Mitglied erhalten Sie jeweils per Mail Informationen zu den bevorstehenden Anlässen und Angeboten.
Wir heissen Sie sehr herzlich will kommen! Nehmen Sie direkt Kontakt mit uns auf: freundeskreis@sinfonieorchesterbasel.ch oder besuchen Sie unsere Website www.sinfonieorchesterbasel.ch/freundeskreis
Wie schön, wenn die ganze Familie zum Abendessen zusammenkommt. Da wird geschmaust, gelacht und wild durcheinandergeplappert. Es gibt viele Geschichten zu erzählen – der Tag war schliesslich lang und voller Ereignisse. Taucht mit uns ein in die chaotischen und doch so liebenswerten Familienabende. Begleitet von mitreissender Musik, die gespielt wird auf Klavier, Horn, Violine und Perkussion.
In dieser Saison erkunden wir gemeinsam mit der mini.musikCrew verschiedene Familienbande, schauen hinter die Bühne und begeben uns musikalisch in die Sommerferien. mini.musik findet auch in dieser Spielzeit im Scala Basel an der Freien Strasse statt. Die Konzerte dauern maximal eine Stunde. Mit Mitgliedern des Sinfonieorchesters Basel sowie Madeline Engelsman und Jeroen Engelsman.
Erwachsene: CHF 20
Kinder ab 4 Jahren: CHF 10
Familien (2 Kinder + 2 Erwachsene): CHF 50
Ermässigung: mit Familienpass CHF 10 auf ein Familienticket
MINI.MUSIK
FAMILIENBANDE
Sa, 4.11.2023, 16 Uhr
Scala Basel
Mitglieder des Sinfonieorchesters Basel
KAMMERMUSIK AM PICASSOPLATZ
Sa, 11.11.2023, 17 Uhr
Probezentrum Picassoplatz
David Seghezzo, Rossana Rossignoli, Benedikt Schobel
So, 12.11.2023, 11 Uhr
Gare du Nord
Belcea Quartet
ARC EN CIEL IN BIRSFELDEN
So, 12.11.2023, 11.15 Uhr
Birsfelder Museum
David Seghezzo, Rossana Rossignoli, Benedikt Schobel
Mi, 22.11.2023 & Do, 23.11.2023, 19.30 Uhr
Stadtcasino Basel
Sinfonieorchester Basel, Daniel Hope, Ivor Bolton
VORVERKAUF
(falls nicht anders angegeben)
Bider & Tanner – Ihr Kulturhaus in Basel
Aeschenvorstadt 2, 4051 Basel
+41 (0)61 206 99 96 ticket@biderundtanner.ch www.biderundtanner.ch
Billettkasse Stadtcasino Basel
Steinenberg 14 / Tourist Info 4051 Basel
+41 (0)61 226 36 30 info@stadtcasino-basel.ch
Detaillierte Informationen und Online-Verkauf: www.sinfonieorchesterbasel.ch
IMPRESSUM
Sinfonieorchester Basel
Picassoplatz 2
4052 Basel
+41 (0)61 226 36 30
info@sinfonieorchesterbasel.ch www.sinfonieorchesterbasel.ch
Orchesterdirektor: Franziskus Theurillat
Künstlerischer Direktor: HansGeorg Hofmann
Redaktion ProgrammMagazin: Lea Vaterlaus
Korrektorat: Ulrich Hechtfischer
Gestaltung: Atelier Nord, Basel
Illustrationen: Janine Wiget, Paula Troxler (S. 36)
Druck: Druckerei Lutz AG
Auflage: 1500 Exemplare