Faktor 04/15

herausgegeben von der sozialistischen jugend wien

DIE LINKE JUGENDZEITSCHRIFT FÜR WIEN

DER GROSSE RÜCKBLICK DAS JAHR 2015 IN WIEN, ÖSTERREICH UND INTERNATIONAL WANN IST EIN MANN EIN MANN? CONNELLS "THEORIE DER MÄNNLICHKEIT" AB S. 26

www.sj-wien.at heft 04 2015

faktor nr. 4/2015

Inhalt Es blaut so blau

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Frauenpolitischer Kommentar 25. November

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News von Rechts Die Einzelfälle der FPÖ

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Wiens Vizebürgermeister Wotan

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SJ 7 SJ 15

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Bezirke stellen sich vor

DIE WAHLERFOLGE DER FPÖ UND WIE ES VERDAMMT NOCH MAL SO WEIT KOMMEN KONNTE 8

Wien #rotgrün2

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Schwerpunkt: International Syrien Grenzen Türkei Linke in Europa

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Männlichkeiten

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Theorie Portait GRENZEN

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Raewyn Connell

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in Zahlen

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Fremd.Geschämt INTERNATIONALER TAG GEGEN GEWALT AN FRAUEN 12

#ROTGRÜN2

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FAKTOR, Die linke Jugendzeitschrift für Wien 01/15 Medieninhaber: Verein zur Förderung fortschrittlicher Jugendmedienarbeit Herausgeberin: Sozialistische Jugend Wien, Alle: Landstraßer Hauptstraße 96/2, 1030 Wien; office@sj-wien.at; Tel.: 01/7138713 Chefredaktion: Julia Hess (SJ13), Marlis Zederbauer (SJ21) MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Sara Costa (SJ3), Fiona Herzog (SJ3), Philipp Tzaferis (SJ3), Martin Gutlederer (SJ9), Farzin Weysi (SJ10), Ines Erker (SJ10), Roland Plachy (SJ10), Simon Brezina (SJ10), Marlene Mutschmann-Sanchez (SJ13), Alice Seidl (SJ17), Marlis Zederbauer (SJ21), Marina Hanke (SJ21), Thomas Huber (SJ21), Anna Cseri (SJ21), Bettina Rosenberger (SJ23) Lektorat: Marlis Zederbauer, Julia Hess Layout: Lucia Bischof Druck: Fair Drucker Ges.m.b.H 3002 Purkersdorf, Wintergasse 52

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vor

Redaktion Liebe Leserin, lieber Leser,

❞Die FAKTOR Redaktion wünscht euch ein tolles neues Jahr!❝

Das Jahr 2015 geht zu Ende und eines kann zweifelsohne festgestellt werden: es war ein ereignisreiches. Der Krieg in Syrien spitzte sich immer weiter zu (siehe S. 19), tausende Menschen mussten deshalb die Flucht ergreifen. An den Grenzen Europas suchten sie um Schutz an, doch die Reaktionen der Nationalstaaten überstiegen jegliche Befürchtungen.

Grenzkontrollen wurden wieder eingeführt und Zäune aufgestellt, Asylgesetze wurden verschärft und viele Flüchtlinge fanden innerhalb Europas den Tod (siehe S. 22). Zeitgleich kam es europaweit zu einem Erstarken der Rechten (so wie z.B. in der Türkei, siehe S. 24).

Sie schufen ein eiskaltes Klima des Hasses und gewannen damit fast sämtliche Wahlen. So auch in Österreich. Strache und seiner FPÖ gelang eine Mobilisierung, die von besonderer Stärke zeugt. In mehreren Bundesländern konnten sie in die Regierung einziehen und dürfen nun aktiv Politik machen. Wo und wie es genau zu dieser Entwicklung kommen konnte und welche politischen Strategien

dahinter stecken, kann in der ausführlichen Reportage (ab S. 8) nachgelesen werden.

Doch nicht alles im letzten Jahr kann negativ eingeschätzt werden. Ganz im Gegenteil wecken manche Entwicklungen sogar Hoffnung. Die linke PODEMOS in Spanien stellte sich gegen den Sparzwang und Sozialabbau der Rechten und verbuchte damit fast im ganzen Land Erfolge. Und in GB sorgte ein Linker namens Jeremy Corbyn für Überraschungen. Mit seinem Sieg bei der Wahl zum neuen Vorsitzenden der Labour Party schuf er den Grundstein für die Bewegung der Sozialdemokratie, - und zwar nach links. Neben einer Auseinandersetzung mit diesen linken Bewegungen in ganz Europa (S. 25), finden sich in der aktuellen Ausgabe noch viele andere Artikel, die es sich zu lesen lohnt.

Wir wünschen viel Freude dabei!

Julia & Marlis

Gehört yer of the ref ugee Alice: Rise Against - Pra Marlis: Loua ne - Avenir ay Roland: The Kook s – Sw bst Geschichte Tina: Madsen- Du schrei Farzin: Sido – Astronaut y I Feel About You ) Noise Conspiracy - The Wa Philipp: The (International a don't preach Martin: Madonna - Pap wie du bist Sara: Madsen - Du bist Tapfer Marlene: Wizo - Bleib ah Fonga Julia: Krautschädl – Fei Machine – Ship To Wrack Marina: Florence and the topus Fiona: King Kr ule – Oc Storm Linnets - Ca lm After the Thomas: The Common es

Ines: IAM X - Volatile Tim

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faktor nr. 4/2015

wort

Kommentar

DER VORSITZENDEN

Text: Marina Hanke

Solidarität kennt keine Grenzen Festung Europa einreißen!

U

nter diesem Motto fand Ende November die Landeskonferenz der Sozialistischen Jugend Wien statt, und mit diesem Slogan waren wir auch im Dezember auf Wiens Straßen unterwegs.

rechte Parteien und Gruppen jede sich nur bietende Chance nutzen, um ihre rassistische Ideologie zu verbreiten.

Dahinter steckt die Strategie, die Gesellschaft immer mehr zu spalten, und von dem eigentlichen Problem, nämlich einem System, in dem einige Wenige sich auf Kosten vieler anderer bereichern können, abzulenken. Rechte Parteien und Gruppen agieren im Interesse dieses Systems.

Eine Spaltung der Gesellschaft verhindert, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung zusammenschließt, um gegen diese enorme Ungleichheit in unserer Welt zu protestieren.

Seit mehreren Monaten ist das Thema Asyl eines der brennendsten und am meist diskutiertesten politischen Themen.

Tausende Menschen werden, schon seit Jahren, aufgrund von Krieg und Zerstörung in ihren Heimatländern zur Flucht gezwungen. Die meisten davon fliehen in die unmittelbar angrenzenden Länder, viele davon schaffen aber auch den Weg nach Europa, um dort Schutz zu suchen.

Doch der Weg nach und durch Europa ist ein beschwerlicher, und wird in den letzten Monaten, aufgrund der ansteigenden Flüchtlingszahlen, auch immer mehr erschwert. So sterben seit mehreren Jahren hunderte Menschen im Mittelmeer vor den Grenzen Europas, weil keine sicheren und legalen Fluchtrouten bestehen. Und die Politik der letzten Wochen und Monate spitzt sich in zahlreichen EU-Ländern immer mehr zu. So herrschen in Ungarn Zustände, wo flüchtende Menschen unter falschen Vorwänden in Züge gesteckt wurden, um dann anschließend in Lager gebracht zu werden. Polen möchte keine Flüchtlinge mehr aufnehmen, weil sie angeblich nicht zur Kultur des Landes passen. Und auch in Österreich drohen weitere Verschärfungen der Asylpolitik, wie uns die derzeitigen Debatten um Asyl auf Zeit oder „Wertekurse“ für AsylwerberInnen zeigen.

Genau diesen Zustand gilt es aber herzustellen, denn nur so kann auf ein gerechtes System hingearbeitet und verhindert werden, dass die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinanderklafft.

Genau deswegen muss eine weitere Spaltung der Gesellschaft verhindert werden, und genau deswegen gilt es auch, sich in der jetzigen Diskussion rund um das Thema Flucht einzubringen und einen starken Gegenpol gegen die rechte Propaganda zu setzen und möglichst viele Menschen dabei mitzunehmen. Und da gibt es bereits erste Erfolge zu verzeichnen. Anfang des Herbstes gründete sich die Plattform für eine menschliche Asylpolitik, die unter maßgeblicher Mitarbeit der SJ Wien eine der größten Demos der letzten Jahre auf die Beine stellte.

Rund 70.000 Menschen gingen für eine menschliche Asylpolitik auf die Straße – und weitere Aktionen folgten.

Die Situation wird von einem öffentlichen Diskurs begleitet, der von Angstmache und Hetze durchzogen ist, und in dem

Diese Energie gilt es nun weiterzutragen, immer weiter Aktionen zu setzen und nicht locker zu lassen, denn die Rech-

ten werden nicht leiser werden, ganz im Gegenteil. Und unsere politische Arbeit muss sich auch noch auf weitere Themen konzentrieren. Ein Zulauf zu den Rechten, wie wir ihn leider auch bei den Wien Wahlen wieder erleben mussten, liegt vor allem auch daran, dass das Erschaffen vom Feindbild „Flüchtling“ oder „MigrantIn“ aufgrund von Armut, Arbeitslosigkeit und Perspektivenlosigkeit, die für viele Menschen Realität sind, gut funktioniert.

Nur wenn wir auch darauf die richtigen Antworten und Perspektiven bieten, kann der Vormarsch der Rechten gestoppt werden.

Mehr Infos zur Plattform für eine menschliche Asylpolitik findest du hier: http://menschlicheasylpolitik.at/

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außen

Außen Text (v.l.n.r.): Martin Gutlederer 2*, Sara Costa Foto (v.l.n.r): DVIDSHUB (flickr.com), none, maique martens (flickr.com)

MASSENBEWEGUNG ERSCHÜTTERT KABUL

DIE ANSCHLÄGE VON PARIS

NEUE WEGE GEHEN

In den letzten Wochen kam es in Afghanistan zu gewaltigen Massenprotesten. Tausende Menschen versammelten sich in den Straßen von Kabul, um gegen die grausame Enthauptung von sieben Menschen, alle Angehörige der verfolgten Minderheit der Hazara, zu protestieren.

Am Freitag den 13.11. war Paris der Ort eines Massakers, bei dem mindestens 129 Personen kaltblütig erschossen wurden.

Nach einem Monat und 20 Tagen steht der linken Mehrheit im portugiesischen Parlament so gut wie nichts im Weg.

Diese Gräueltaten markieren eine drohende Entwicklung der Expansion von Attacken des sogenannten Islamischen Staates. ISIS sagt, dass die Morde eine Antwort auf Luftanschläge gegen ihre Kämpfer in Syrien sind und drohte mit weiteren Attacken gegen Frankreich.

Die Grausamkeit, der Umfang und die Willkürlichkeit dieser Taten erinnen an Szennen in Bagdad und Beirut.

Es scheint ein selbstbewusster, allmächtiger Feind mit nahezu unbegrenzten Kräften zu sein. Aber die Welle von Terroranschlägen ist keine Demonstration der Stärke, sondern der Schwäche. ISIS ist nicht auf dem Vormarsch, sondern auf dem Rückzug.

Anstatt sich den sozialen Ursachen wie z.B. der gesellschaftlichen Isolation und Unterdrückung großer Teile der französischen Bevölkerung zu widmen, die der Nährboden für Fundamentalismus sind, arbeitet die „sozialistische“ Regierung von Hollande daran, weiter demokratische Grundrechte abzuschaffen - unter dem Vorwand des „Kampfes gegen den Terror“.

Am 4. Oktober hat Portugal gewählt. Die Regierungsparteien mit ihrem Bündnis „Portugal á frente“(PAF) wurden Erste, Zweite wurden die SozialistInnen (PS) gefolgt von dem „Bloco Esquerda“ (BE) und einem Bündnis aus KommunistInnen und Grünen (CDU). PAF verlor über 11% im Vergleich zu den letzten Wahlen (2011) was eine klare Absage für ihre Austeritätspolitik darstellt. Obwohl PS, BE und CDU gemeinsam eine absolute Mehrheit erreichten und ein Programm vorlegten, wurde PAF mit der Regierungsgründung beauftragt. Ihr Programm wurde jedoch vom Parlament abgelehnt. Am 24.November entschloss sich der Präsident Cavaco Silva endgültig dazu, Antonio Costa, Generalsekretär der PS, den Regierungsauftrag zu erteilen. Das linke Bündnis kann also seine Arbeit fortführen – schon jetzt haben sie das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare erkämpft und die Einschränkungen für Schwangerschaftsabbrüche wieder aufgehoben. Jetzt heißt es, dieses linke Projekt weiter zu beobachten.

Menschen unterschiedlichster Nationalitäten und religiöser Bekenntnisse nahmen daran teil. Das zeigt die tief sitzende Unzufriedenheit, sowohl mit der USamerikanischen Besetzung als auch dem religiösen Fundamentalismus. Slogans wie „die Taliban begehen Verbrechen und der Präsidentenpalast unterstützt sie“, spiegeln den Wunsch wider, nicht nur den Tätern von abscheulicher Gewalt, sondern auch der politischen Führung des Landes, die solche Taten zur Sicherung der eigenen Position duldet, ein endgültiges Ende zu setzen.

Auslöser für diese Massenbewegung war ein Akt des Terrors, der die Bevölkerung weiter entlang von nationalen und religiösen Linien zu spalten versuchte.

Die Wirkung war jedoch, die afghanische Bevölkerung gegen Fundamentalismus und religiöses Sektierertum zu vereinen.

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innen

Innen Text (v.l.n.r.): Farzin Weysi, Thomas Huber, Ines Erker Fotos (v.l.n.r.): Paolo Cuttitta (flickr.com), Moyan Brenn (flickr.com), SJ Wien)

BILDUNGSREFORM? NICHT GANZ!

NEWSFLASH: EQUAL PAY DAY

Sind wir noch im 21. Jahrhundert?

Bundesregierung zu sein, dadurch zu erhoffen, das Land Österreich „unattraktiv(er)“ zu machen (Zitat Mikl-Leitner), grenzt an Menschenverachtung.

Mit der strukturellen Elitenbildung brechen, die Gesamtschule für 6- bis 14-Jährige umsetzen, Kindergärten und Schulen umbauen – das wären starke bildungspolitische Ausrufezeichen gewesen. Doch die Bildungsreform wirkt eher halbfertig.

Am 11. Oktober wurde im Rahmen des Equal Pay Day einmal mehr auf die gravierenden Mängel im Bereich Lohngerechtigkeit hingewiesen.

Jene neuen Asylgesetze erlauben dem Staat bei einem negativen Verfahrensausgang eine Abschiebung ohne Vorwarnung. Das bedeutet, dass Flüchtlinge ohne Vorbereitung in Krisengebiete zurück geschickt werden können, wo Gewalt, Verfolgung und Diskriminierung auf sie warten.

Selbst das gefeierte zweite verpflichtende Kindergartenjahr kennt Ausnahmen: für Kinder, bei denen laut dem neuen „Bildungskompass“ kein Förderbedarf besteht. Dieser Kompass beobachtet und beurteilt Kinder vom ersten Kindergarten- bis zum letzten Schultag hinsichtlich ihrer Sprachfähigkeiten und Potenziale.

In der Volksschule sollen die Grundkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen weiter in den Mittelpunkt rücken und schulstufenübergreifende Gruppen erlaubt sein.

Die Lehrer*innen sollen Schwerpunkte setzen können, die vom Lehrplan abweichen. Direktor*innen erhalten Spielräume hinsichtlich Personalauswahl und -entwicklung, sowie Öffnungs- und Unterrichtszeiten. Bundesländer können „Gesamtschulmodellregionen“ initiieren.

Doch dürfen nur maximal 15% der Schulen - und nur für bestimmte Zeit - als solche Modelle dienen.

ASYLVERSCHÄRFUNGEN!

Menschen aus der Balkan-Region haben durch die neuen Gesetze kaum bis gar keine Chancen auf Asyl. Kosovo, Albanien und Montenegro werden seit neuestem als sichere Länder angesehen und dadurch sind die Anträge als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen.

Durch die neuen Verschärfungen wird es zudem erschwert, die eigene Familie nachzuholen.

Dabei wird das Recht auf Familienzusammenführung eigentlich innerhalb der EU durch die Richtlinie 2003/86/EG geregelt. Allgemein ist unter Familienzusammenführung der Zuzug von Familienmitgliedern zu verstehen. Zweck ist die Aufrechthaltung der Familieneinheit.

In Österreich wie auch in den meisten Staaten weltweit lassen sich heutzutage noch erhebliche Einkommensunterschiede zwischen beiden Geschlechtern feststellen. Statistisch gesehen arbeiten weibliche Angestellte derzeit ab Mitte Oktober bis Ende des Jahres gratis. Als Ursache dafür ist bspw. der Mangel an Kinderbetreuungsstätten in ländlicheren Gebieten und die damit einhergehende Teilzeitarbeit vieler Mütter zu nennen. Eine ebenso große Auswirkung hat die sogenannte „Gläserne Decke“, die es Frauen in Politik und Wirtschaft erschwert, Positionen in der Chefetage zu übernehmen. Das Weltwirtschaftsforum reiht Österreich 2015 in seinem jährlich erscheinenden Global Gender Gap Report auf Platz 37 von 145 in der Gesamtwertung, in der Kategorie „Einkommensgerechtigkeit“ steht das Land jedoch an erschütternder 104. Stelle.

Transparenzfördernde Maßnahmen wie die Gehaltsangaben bei Jobinseraten, könnten diesen in der Arbeitswelt omnipräsenten Missstand entschärfen.

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reportage

Es blaut so blau

DIE WAHLERFOLGE DER FPÖ UND WIE ES VERDAMMT NOCHMAL SO WEIT KOMMEN KONNTE Text: Simon Brezina und Julia Hess

2015 hat die FPÖ einige Wahlsiege davongetragen. Daraus resultieren Regierungsbeteiligungen in einem Ausmaß, das noch nicht dagewesen ist. Während das Kopf-an-Kopfrennen zwischen Häupl und Strache in Wien zwar nicht Realität geworden ist, konnte in der Steiermark eine Regierungsbeteiligung der FPÖ nur durch eine erneute Rot-Schwarze Koalition verhindert werden.

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n Burgenland und Oberösterreich war die FPÖ jedoch so erfolgreich, dass sie sich tatsächlich aus der Opposition in die Regierungsämter erheben konnte.

Alles in allem haben die Freiheitlichen im letzten Jahr bei allen Wahlen an Stimmen dazugewonnen. Das bedeutet, dass sich immer mehr Menschen damit einverstanden zeigen, wenn eine Partei das Land oder die Stadt etc. regiert, die nachweislich und auch zugegebener Maßen offenkundige Nazis in ihren Reihen agieren lässt, - viele von ihnen rechtskräftig verurteilt und der Polizei bekannt. Es stellt sich die Frage, wie das – erst wenige Jahrzehnte nach dem Faschismus in Österreich – möglich ist.

Welche Zustände sind notwendig, damit eine Partei wie die FPÖ so stark werden kann? Wessen Fehler müssen hier ausgebadet werden? Und was können wir als Linke für uns davon ableiten? Die vorliegende Reportage versucht auf diese Fragen Antworten zu geben, und beginnt dafür am aktuellsten Punkt: die Wahlen 2015, bzw. der Wahlkampf und der Wahlausgang.

Wenn die Grenzen zwischen Rot und Blau verschwimmen...

Zuallererst schweift unser Blick ins Burgenland. Die Regierungsbildung im Burgenland stand lange Zeit im Rampenlicht, war es doch die SPÖ, als Partei, die sich zum Antifaschismus bekennt, die die FPÖ in die Regierung hob. Überraschend kam diese Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Rechten aber nicht. Denn Landeshauptmann Niessl, der an der Spitze der burgenländischen SP steht, war schon vor der Wahl bekannt dafür, in mancher Hinsicht einen Kurs zu fahren, von dem auch die Freiheitlichen nicht

reportage

abgeneigt sind. Hans Niessl war bereits einige Male dafür kritisiert worden, mit rechten Parolen Stimmen zu werben, indem er zum Beispiel die Errichtung von Asylzentren verhinderte. Das rot-blaue Regierungsübereinkommen war also keine abwegige Entscheidung, sondern nur eine Zurschaustellung der inhaltlichen Ausrichtung des sozialdemokratischen Landeshauptmannes.

Doch was bedeutet nun so eine rotblaue Zusammenarbeit auf Landesebene eigentlich? Ein Blick in das Regierungsprogramm für die kommenden fünf Jahre zeigt, dass die FPÖ gar nicht so viel Einfluss auf die politische Lage hat wie vielleicht erwartet. Schon in der schwarzblauen Bundesregierung 2000-2006 konnte sich die FPÖ mangels kompetenter KandidatInnen kaum als Koalitionspartner hervorheben. Damals war sie einfach nur ein Unterstützerin der Interessen der ÖVP, indem sie Privatisierungen und den Abbau des Sozialstaats mitverabschiedete. Einer ähnlichen Situation stehen wir im Moment auch im Burgenland gegenüber. So finden sich im aktuellen Regierungsprogramm durchwegs sozialdemokratische Forderungen: Das Bekenntnis zu einer flächendeckenden Bildung, Verbesserung der Infrastruktur, bessere Möglichkeiten für Lehrlinge und bessere Wohnungslage. Doch die „blaue“ Handschrift im Programm wird umso schneller sichtbar: Mehr Polizei, Kürzung in der Verwaltung und natürlich das Thema Asyl. Dass sich die burgenländische Landesregierung hier ganz auf der Linie der FPÖ befindet, zeigt sie zum Beispiel in ihren stetigen Bemühungen, Grenzen zu kontrollieren und individuelle Freiheiten von AsylwerberInnen zu beschneiden. Auf

RECHTSKRÄFTIG VERURTEILTE FPÖLERiNNEN Susanne Winter (FPÖ Nationalrätin) wegen Verhetzung ƔƔ John Gudenus (ehem. FPÖ Mandatar) wegen Wiederbetätigung ƔƔ Ernest Windholz (ehem. FPÖ Nationalrat) wegen Körperverletzung ƔƔ Wolfgang Fröhlich (ehem. FPÖ Bezirksrat) wegen Holocaust-Leugnung ƔƔ Wolfgang Haberler (ehem. FPÖ Landtagsabgeordneter) wegen Betrug und falscher Beweisaussage ƔƔ uvm. ƔƔ

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reportage

„ÖSTERREICH ZUERST“ war ein Volksbegehren, das 1992 von der FPÖ unter der Führung von Jörg Haider initiiert wurde. Ziel des Begehrens war die Umsetzung von zwölf Punkten, hier sind drei davon: → Einwanderungsstop bis zur befriedigenden Lösung der illegalen Ausländerfrage → Sofortige Schaffung eines ständigen Grenzschutzes → Kein Ausländerwahlrecht bei allgemeinen Wahlen

dieser Linie wird aber eben nicht erst seit der freiheitlichen Regierungsbeteiligung Politik gemacht, sondern schon länger.

Die bereits davor regierende SPÖ im Burgenland hat maßgeblich daran mitgewirkt, dass rechte Parteien wie die FPÖ in Österreich nun absolut salonfähig sind.

Denn Hans Niessl (SPÖ) hat bereits ohne die FPÖ als Regierungspartnerin fremdenfeindliche und ausgrenzende Politik betrieben, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie heute. So oder so bedeutet der Wahlausgang im Burgenland, dass dieses nun Blau ist. Ob das an der Regierungsbeteiligung der FPÖ liegt oder doch eher an der Politik insgesamt, die dort betrieben wird, bleibt selbst zu entscheiden.

Wo ist die Linke?

VERLUSTE UND SIEGE BEI DEN WAHLEN 2015 Wien: SPÖ -4,75 % FPÖ +5,02 % ƔƔ

Burgenland: SPÖ -6,4 % FPÖ +6,0 % ƔƔ

Oberösterreich: SPÖ -6,57 % FPÖ +15,07 % ƔƔ

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Auch Oberösterreich ist blau. SchwarzBlau um genau zu sein. In Oberösterreich hat sich gezeigt, wie sich die Kräfteverhältnisse verändern, wenn eine Partei den politischen Kurs dominiert.

Oberösterreich wie im Burgenland hat einen Landeshauptmann (ÖVP), der sich schwer tut, eine Grenze zwischen sich und den Inhalten der FPÖ zu ziehen.

Doch bei Josef Pühringer von der ÖVP greift die Verbundenheit tiefer als geteilte Fremdenfeindlichkeit. Oberösterreich hat schon seit vielen Jahren eine aktive Neonaziszene. Regelmäßig auftretende Schmierereien auf Denkmälern oder im ehemaligen KZ Mauthausen sind der Beweis dafür. Die Regierung scheint nicht viel Interesse dafür aufzubringen. Immer wieder wird die Existenz einer solchen Szene von Pühringer und seinen Bezirkshauptmannschaften geleugnet. Pühringer selbst besucht jährlich einen Ball, der von deutschnationalen und rechtsextremen

Burschenschaften organisiert wird. Diese Burschenschafter stellen in der Regel die inhaltliche Elite der FPÖ – siehe ehemaliger Nationalratspräsident Martin Graf, Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft Olympia. Die Verbindungen sind da und der Wahlausgang ist ein Symptom davon. Von Anfang an war das vorherrschende Thema in Oberösterreich Asyl und Flucht. In Oberösterreich gab es schon vor dem Wahlkampf eine große Bereitschaft der Politik, dieses Thema auf dem Schlachtfeld auszutragen - auf Kosten der Flüchtlinge und AsylwerberInnen. Die Berichterstattung gab dem öffentlichen Diskurs den Rest: Zeitungen wie „die Krone“, mit einer immensen Reichweite gerade auf ländlichen Gebieten, schlugen Kapital aus der Fluchtproblematik. Mit wenigen Unterbrechungen waren „Asylanten“ und deren angebliche Missetaten Schlagzeilen.

Vor allem die FPÖ wusste das zu nutzen.

Der Erdrutschsieg der Freiheitlichen war in Oberösterreich praktisch vorprogrammiert.

Und auch hier wäre das – neben der verfehlten Politik der ÖVP - nicht ohne die SPÖ möglich gewesen. Im Burgenland war Hans Niessl in der Lage, das Asylthema für sich zu besetzen allerdings auf der falschen Seite. Die oberösterreichische Sozialdemokratie schaffte es jedoch in keinster Weise, beim Kampf um die Meinungshoheit bei diesem Thema Stellung zu beziehen. So gab es zwar gute Forderungen, doch diese gingen an der entscheidenden politischen Debatte vorbei. Die Gegenstimme zur FPÖ war nicht laut und die Präsenz einer Linken nicht stark genug. Das Fehlen der richtigen Antworten schadete nicht nur der SPÖ massiv, sondern ebnete damit

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auch den Weg für die FPÖ. Denn diese war die einzige Partei, die tatsächlich Antworten auf die Asylproblematik gab.

Dass diese, menschenverachtend und rassistisch wie sie sind, meistens gar nicht umgesetzt werden können und dauerhaft auch keine Lösung bieten, ist einigen bekannt, - doch sie reichten offensichtlich aus, um tausende Menschen zu überzeugen, in Oberösterreich rechts zu wählen.

In Wien scheint die Situation eine andere zu sein, weil der Sieg der FPÖ nicht so hoch ausging wie erwartet. Doch bei genauerem Hinsehen wird auch hier einiges klarer.

So ist es zwar möglich, wieder eine rotgrüne Regierung ohne die FPÖ zu bilden, doch ein Wahlverlust und ein Erstarken der Rechten konnte nicht verhindert werden. Besonders schmerzlich sind die Ergebnisse in den Außenbezirken.

In Simmering stellt die FPÖ nun den Bezirksvorsteher. Und auch in anderen Außenbezirken wie Floridsdorf oder Favoriten war es ein Kopf-an-KopfRennen. Hier hat der (eigentlich gute und linke) Wahlkampf der SPÖ nicht gewirkt und das ist auch kein Wunder: Es sind die klassischen ArbeiterInnenbezirke, in denen sich die Krise der Sozialdemokratie am deutlichsten zeigt.

Die Stärke der Rechten ist die Schwäche der Linken Eine klare Haltung für Asyl im Wahlkampf und einzelne Leuchtturmprojekte in der Zeit davor - wie beispielsweise der erneute Bau von Gemeindebauten in Wien – reichen

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alleine nicht aus, um rechten Kräften entschieden gegen zu treten. Seit 2006 stellt die SPÖ den Bundeskanzler in Österreich. Man möchte meinen, dass es in dieser Position möglich wäre, sozialdemokratische Politik durchzusetzen und so die Lebenssituation vieler Menschen zu verbessern. Doch stattdessen verfolgt die SPÖ – zusammen mit vielen anderen sozialdemokratischen Parteien Europas - einen politischen Kurs, der sich dem herrschenden Wirtschaftssystem beugt, neoliberale Ideen weitertragt und damit die Linke weltweit immer mehr schwächt. Was verlorengegangen ist, ist ein starkes ideologisches Gegengewicht zu rechten Kräften. Natürlich gibt es immer wieder Abgrenzung von der FPÖ, wird auf rechtsextreme und verhetzende Inhalte aufmerksam gemacht. Eine darüber hinausgehende radikale Kritik an einem kapitalistischen System, für das die FPÖ als Handlangerin der Reichen gezielt arbeitet, und die sie in ihrer Selbstdefinition als “Partei des kleinen Mannes” massiv angreift und unglaubwürdig macht, findet jedoch nicht statt.

man keine WählerInnenstimmen von der FPÖ abzweigen kann, indem man ihre Positionen übernimmt. Vielmehr legitimiert dieses Verhalten die FPÖ nur noch mehr.

Wir brauchen eine starke Linke!

Was es also mehr als dringend braucht, um einen starken Gegenpol zur FPÖ aufzubauen, ist eine SPÖ, die endlich wieder eine Bewegung wird, in der es um mehr geht, als sich von einer Wahl zur anderen zu arbeiten nur um Macht zu erhalten. Es braucht eine Vision, in welcher Welt wir leben wollen und wie wir diese gestalten möchten - und nach dieser Vision muss auch gehandelt werden. Denn nur wer linke Ideen vertritt und politische Alternativen aufzeigt, kann auch den Rechten stark entgegentreten.

Mit diesem stetigen Abstieg der Sozialdemokratie ist auch das Erstarken der Rechten zu sehen - sowohl in Wahlergebnissen, als auch in der Politik, die umgesetzt wurde. Vieles, was die FPÖ in den 90er Jahren in ihrem „Österreich zuerst“ Volksbegehren gefordert hat, ist heute bereits beschlossen. Es ist nicht gelungen, dem rassistischen Diskurs wirksam entgegenzutreten, viel mehr wurde sogar versucht, an ihn anzuschließen. Die Wahlergebnisse zeigen uns aber, dass 11

frauenpolitischer kommentar

Nennen wir es beim Namen Text: Marlene Mutschmann-Sanchez

Alle Jahre wieder jährt sich der 25. November, der „Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen*“. Alle Jahre wieder ist die Statistik der Betroffenen von Gewalt erschreckend. In Österreich ist jede 5. Frau einmal in ihrem Leben von häuslicher Gewalt betroffen.

D

er "Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen" ist am 25.

November und wird oft in den 16 Tagen bis zum 10. Dezember, dem "Internationalen Tag der Menschenrechte", weiter thematisiert. Doch was für eine Hintergrundgeschichte steht dahinter? Am 25. November 1960 wurden drei Schwestern, Patria, Minerva und Maria Teresa Mirabal, nach monatelanger Verfolgung und Folter vom dominikanischen Geheimdienst ermordet. Seitdem wird jährlich an diesem Tag einerseits den betroffenen und ermordeten Frauen* gedacht, andererseits aktiv auf diese weltweite Problematik aufmerksam gemacht. Die Kampagne dauert dann bis zum 10.Dezember und fordert ein, dass Frauen*rechte auch Menschenrechte sind.

Formen von Gewalt Grundsätzlich wird zwischen physischer (Schlagen, Treten, Würgen, …), psychischer (Drohungen, Stalking,…), sexualisierter(Vergewaltigung, sexuelle Nötigung,Po-Grapschen …), und ökonomischer/sozialer (finanzielle Abhängigkeit, Vorhängeschloss vorm Kühlschrank, Isolation von der Außenwelt, …) Gewalt unterschieden.

Diese Formen von Gewalt finden meist im sozialen Nahbereich statt. Eine Tatsache, die insofern zu dem Problem der Tabuisierung und der schwammigen Trennlinie von Täter und Betroffene führt, sobald eine soziale Beziehung 12

zwischen ihnen besteht. Denn durch die familiäre, finanzielle oder rechtliche Abhängigkeit verharren die Betroffenen meist viel zu lang in diesen Gewaltbeziehungen. Für diese Formen von Gewalt gibt es in Österreich Frauen*schutzeinrichtungen wie z.Bsp. die Frauenhäuser. Dort können von häuslicher Gewalt betroffene Frauen Schutz suchen und werden dort psychosozial betreut.

Dennoch findet Gewalt nicht nur in der Familie statt, sondern ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Es gibt nämlich noch die sogenannte systematische/strukturelle Gewalt, die in Gesetzen und gesellschaftlichen Normen verankert ist und deshalb kaum hinterfragt wird, weil es „immer schon so war“. Zum Beispiel war Vergewaltigung in der Ehe bis 1989(!) in Österreich legal. Es gehörte einfach zu den ehelichen Pflichten der Frau ihrem Ehemann sexuell immer zu Verfügung zu stehen, egal ob sie wollte oder nicht.

Nennen wir es beim Namen … Gewalt ist ein Instrument, um Macht zu erhalten. Gewalt ist nicht wie ein Schwammerl aus dem Boden gewachsen und – PLOP – ist sie da und keiner weiß warum Gewalt überhaupt besteht. Nein, Gewalt wird systematisch eingesetzt, um Macht auf eine andere Person/Personengruppen auszuüben, um sie zu kontrollie-

ren und ihren Willen zu brechen.

Nennen wir es beim Namen: Das Private ist politisch. (Häusliche u.a.) Gewalt hilft dem Patriarchat, um zu bestehen und muss daher von uns sichtbar gemacht und aktiv bekämpft werden!

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news von rechts

Wenn Rechte Ideologien zum Mainstream werden DIE „EINZELFÄLLE“ DER FPÖ

Text: Fiona Herzog

Immer wieder liest und hört man von sogenannten „Einzelfällen“ innerhalb der FPÖ, also von Funktionären und Funktionärinnen, die in Skandale verwickelt sind. Dabei reicht die Palette von Steuerhinterziehung, über Verhetzung und sogar Wiederbetätigung. Die Konsequenzen für derartige Verbrechen sind unzureichend, oder gar inexistent.

G

egen Ende des Jahres hat vor allem Susanne Winter für Aufsehen gesorgt, als sie erst einen Link zu einem "spiegel.de"-Artikel auf Facebook teilte, in dem der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán die Finanzindustrie für die Flüchtlinge verantwortlich macht.

Winter kommentierte den Artikel folgendermaßen: "Gratulation an Viktor Orban!

Endlich mal ein europäischer Politiker, der das Kind beim Namen nennt.....Orban hat meine volle Unterstützung!!! Weiter so!!!"

Als wäre die Zustimmung eines Politikers, der nach und nach die Demokratie in seinem Land aushöhlt, nicht schon bedenklich genug, lobt sie im selben Facebook-Beitrag auch noch einen offen antisemitischen Kommentar, in dem von“ Zionistischen Geld – Juden Weltweit“ gesprochen wird. Der Antisemitismus in diesem Kommentar zeigt sich einerseits durch die Gleichsetzung von JüdInnen mit der Finanzindustrie; ein altes antisemitisches Bild, mit dem die Ungerechtigkeit

des Kapitalismus auf JüdInnen abgewälzt wird. Damit wird die tatsächliche Ausbeutung in der kapitalistische Produktionsweise verschleiert und JüdInnen werden als Feindbild konstruiert. Zudem weist der Kommentar auch die typische Tendenz zu Verschwörungstheorien im Antisemitismus auf, indem von einem „Weltjudentum“ gesprochen wird, das scheinbar die Macht hat, ganze Teile der Welt ins Verderben zu schicken. Als „Verderben“ werden die Flüchtlinge dargestellt, die aus 13

news von rechts

Rache für die Verfolgung von JüdInnen nach Europa geschickt würden. Auf diesen auf mehreren Ebenen antisemitischen und rassistischen Kommentar reagierte Winter so: ".....schön, dass Sie mir die Worte aus dem Mund nehmen ;-). Vieles darf ich nicht schreiben, daher freue ich mich um so mehr über mutige, unabhängige Menschen!"

Nachdem zahlreiche Menschen und Medien sich darüber empörten, reagierte die Partei tatsächlich und schloss Winter aus der FPÖ aus. Allerdings war ihre Gesinnung schon seit längerem bekannt, so wurde die steirische Nationalratsabgeordnete bereits 2008 wegen Verhetzung rechtskräftig verurteilt.

Solche „Einzelfälle“ häufen sich in der Freiheitlichen Partei mittlerweile, was dazu führt, dass sich in der Gesellschaft eine gewisse Toleranz dafür entwickelt hat. Eine Toleranz, die fatal ist.

Denn dadurch werden rechtsextreme Vorfälle alltäglich. Die fehlenden Konsequenzen führen dazu, dass sich die Vorfälle häufen und immer schlimmer werden.

Gleichzeitig ist keine andere Partei in den Medien so stark vertreten, wie die Freiheitliche und kein Politiker polarisiert so sehr, wie Parteiobmann H.C. Strache.

Dadurch schafft die Partei es auch, gesellschaftliche Diskurse zu prägen, wie keine andere. Dem gilt es eigentlich entschieden entgegenzuwirken.

Doch anstatt aufzuzeigen, für welche Politik die FPÖ abseits ihrer rassistischen Hetze steht, orientieren sich andere Parteien fast ausschließlich an ihren Themen.

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Dabei ist es längst überfällig, die wahren Probleme anzusprechen, für die die FPÖ keine Lösung hat. Und sie hat es auch nicht notwendig, eine Lösung zu finden, denn linke und konservative Parteien haben der rechten Hetze nichts entgegenzusetzen. Dass die FPÖ gerade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit stark dazugewinnt, ist kein Wunder. Wenn man die Perspektivlosigkeit vieler Menschen bedenkt, dann ist klar, dass sie sich eine Veränderung in der Politik wünschen. Doch Schuld an der Arbeitslosigkeit sind nicht „die Ausländer“, oder Flüchtlinge – Es ist das System, in dem wir leben, und dagegen kann nur mit linker Politik gesteuert werden, die in Österreich seit Jahren fehlt. Nun haben wir eine Steuerreform, die hauptsächlich den Mittelstand entlastet, aber die Ärmsten der Bevölkerung bekommen davon nichts zu spüren. Auch die neue Bildungsreform scheint fern jeglicher Realität entstanden zu sein und wird wahrscheinlich keine Verbesserungen für Schüler_innen und/oder Lehrer_innen bringen. Anstatt Flüchtlinge Teil der Gesellschaft werden zu lassen, lässt man Zäune an den Grenzen bauen und erschwert eine Integration durch Verschärfungen der schon vorher unmenschlichen Asylgesetze. Durch dieses verantwortungslose Handeln wird die Gesellschaft noch weiter gespalten, Ängste und Vorurteile verstärkt und so Nährboden für Rassismus geschaffen.

Die Wähler_innen wenden sich verständlicherweise enttäuscht von der derzeitigen Politik ab und hoffen auf eine Veränderung. Doch dass Rechts wählen die Situation nicht besser, sondern nur schlimmer macht, hat sich in der Geschichte wiederholt gezeigt.

Nur gemeinsam können wir gegen diesen Rechtsruck etwas tun. Wir müssen Solidarität leben und nach außen tragen. Mit den Menschen reden und ihnen Zusammenhänge erklären, die nur schwer zu sehen sind und von Medien oft verschleiert werden.

Wir müssen den gesellschaftlichen Diskurs mitprägen und Themen setzen, die echte Veränderungen für die Menschen bringen.

faktor nr. 4/2015

news von rechts

Wiens Vizebürgermeister Wotan Text: Alice Seidl

Am 24. November 2015 wurde Johann Gudenus im Rahmen der konstituierenden Gemeinderatssitzung als Vizebürgermeister bestellt. Dieses Nominierungsrecht steht der FPÖ laut der Stadtverfassung zu, da sie bei der Gemeinderatswahl am 11. Oktober mehr als ein Drittel der Mandate errungen hat.

M

it Gudenus wird allerdings nicht nur ein gewöhnlicher Freiheitlicher der Stellvertreter des Bürgermeisters und Landeshauptmanns, sondern ein deutschnationaler Burschenschafter mit besten internationalen Verbindungen zu rechtsextremen Parteien und Organisationen.

Bereits sein Vater John Gudenus, im Jahr 2006 wegen Holocaustleugnung nach dem Verbotsgesetz verurteilt, war FPÖAbgeordneter im Nationalrat sowie im Bundesrat. Über den Ring der Freiheitlichen Jugend steigt Gudenus in die Politik ein und wird im Alter von 20 Jahren Bezirksrat. Seit 2005 sitzt er im Wiener Gemeinderat, seit 2010 ist er Klubobmann.

Er gilt als Vertrauter von Heinz-Christian Strache und gehört wie er auch der deutschnationalen pennalen Burschenschaft Vandalia an. Dort legt er sich den Namen des germanischen Hauptgottes „Wotan“ als Verbindungsnamen zu.

Strache und Gudenus unterstützen sich immer wieder gegenseitig in politischen Fragen. So verhalf Strache ihm etwa im Jahr 2003 aus einem organisationsinternen Konflikt als Bundesobmann des Rings Freiheitlicher Jugend hervorzugehen.

In der Vergangenheit ist Gudenus immer wieder mit fragwürdigen bis eindeutig rechtsextremen und rassistischen Aussagen aufgefallen. Diese Aussagen sind keine einfachen „Ausrutscher“, in ihrer

Gesamtheit zeichnet sich klar politische Ausrichtung und Weltbild von Johann Gudenus ab.

mit einer Prise Verschwörungstheorie und spricht sich unverblümt gegen eine Gleichstellung aus.

In einem RFJ-Text unter Gudenus’ Obmannschaft ist etwa zu lesen: „Europa ist die Wiege der Weißen. Wir fordern eine europaweit abgestimmte Familien- und Bevölkerungspolitik, mit einem Bekenntnis dazu, dass Europa ‚weiß’ ist“. An anderer Stelle meint er im Jahr 2013: „Alarmglocken müssen schrillen, wenn auch Muslime die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten.“, im selben Jahr sagt er „Ethnomorphose muss um jeden Preis verhindert werden“. In diesen Zitaten spiegelt sich auch die Taktik der FPÖ wider: obwohl oberflächlich „Integration“ von MigrantInnen gefordert und von „guten AusländerInnen“ gesprochen wird, macht Gudenus mit solchen Aussagen klar, dass grundsätzlich kein Interesse an der Teilhabe von MigrantInnen an „unserer“ Gesellschaft besteht. Es wird eine Andersartigkeit konstruiert, die nicht „zu uns passt“.

Fest steht auf jeden Fall, dass Johann Gudenus für das Amt des stellvertretenden Bürgermeisters untragbar ist. Auch wenn es Gudenus außer einem unverschämt hohen Gehalt ohne Arbeitsaufwand keinerlei politische Kompetenzen bringt, hat er immer noch eine nach Außen wahrnehmbare Repräsentativfunktion inne.

Ein blauer Vizebürgermeister im roten Wien wäre lange Zeit undenkbar gewesen und muss in der SPÖ als Warnsignal verstanden werden.

Gudenus wettert jedoch nicht nur gegen MigrantInnen, sein Antiegalitarismus zielt auch auf LGBTIQ-Personen ab.

Vergangenes Jahr sprach er auf einem Kongress in Moskau: „Die mächtige europäische Homosexuellenlobby will eine absolute Gleichstellung von Homosexuellen und Lesben. Es ist schwer vorstellbar, wohin das alles führen wird." Mit dieser Aussage verbindet er Homophobie 15

bezirke

SJ Neubau

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ie Sozialistische Jugend Neubau, kurz SJ 7, ist eine linke Jugendgruppe. Sie ist politisch, antikapitalistisch, antifaschistisch, antirassistisch, antimilitaristisch, antisexistisch, feministisch, queer, inklusiv, revolutionär, antiautoritär, rebellisch, kritisch, solidarisch, open- minded, links, aktiv, laut, nett, cool, herzig, lustig, kreativ, fancy, super-megaawesome!

Wir befinden uns gerade wieder im Aufbau und wachsen schnell – 11 Aktivist*Innen Stand November 2015- worüber wir uns sehr freuen. Wir begrüßen alle herzlich, die noch zu uns kommen wollen.

Unser Gruppenabend findet jeden Dienstag ab 18:30 in der Neustiftgasse 22, 1070 Wien statt. Dort befindet sich unser eigenes tolles Lokal, welches sich gut für inhaltliche Treffen eignet, aber glücklicherweise auch für Partys Verwendung findet. Das Besondere an unserem Lokal ist, dass es echt groß ist. Dazu dürfen wir den Rosa Luxemburg-Keller zählen, der sogar rosa gestrichen ist, und mit dem wir somit viel Platz haben für alle, die zu uns kommen wollen.

GRUPPENABEND Dienstag ab 18:30 Neustiftgasse 22, 1070 Wien

facebook: Sozialistische Jugend Neubau 16

Zurzeit beschäftigten wir uns mit den Themen Antisexismus, Bildungspolitik, Feminismus, Umwelt und vielen mehr.

Das Thema Umweltschutz liegt uns besonders am Herzen. Hier haben wir sogar an einer Resolution mitgeschrieben, die dafür sorgen soll, dass jenes Thema von der gesamten SJ mitgetragen wird.

Unserer Meinung nach sind Kapitalismus und Umweltzerstörung sehr engmaschig miteinander verknüpft, weshalb sich die SJ generell mehr damit beschäftigen sollte.

Wir sind eine buntgemischte Gruppe.

Folglich zeichnen sich unsere spannenden Diskussionen durch viele verschiedene

Meinungen und die unterschiedlichsten Blickpunkte aus.

Die Gruppenabende stehen für Themenvorschläge offen. Diese werden dann angesprochen und diskutiert- denn nur wenn wir die Welt verstehen, wie sie ist, können wir sie auch ändern und besser machen.

Natürlich hat jede*r unserer Aktivist*Innen seine bzw. ihre ganz persönlichen Beweggründe, aktiv zu werden.

Doch eine Intention, die wir teilen, ist, dass wir uns mit den Umständen, die zurzeit in unserer Gesellschaft herrschen, nicht zufrieden geben können. Hierbei stört uns ungemein die Bildungspolitik, die Ungleichberechtigung von Mann und Frau (beispielsweise gleiche Arbeit- selber Lohn), der Kapitalismus und die derzeitige Flüchtlingspolitik.

Die alljährlichen wienweiten Schulkalender der SJ-Wien werden von uns jedes Jahr verteilt. Damit auch wirklich jedeR SchülerIn einen Kalender bekommt, decken wir jede Schule in den ersten zwei Wochen damit ab.

Um das alljährliche Highlight- den Fackelzug (der jedes Jahr am 30. April stattfindet)- zu einer besonders gelungenen Veranstaltung zu machen, werben wir den ganzen April lang dafür. Am 1. Mai findet vormittags der Maiaufmarsch statt, bei welchem wir mit kritischen Transparenten mit ziehen.

Weiteres planen wir mit der Hilfe unserer neuen und motivierten AktivistInnen Unmengen an coolen Aktionen, mit denen wir unseren Bekanntheitsgrad an den Schulen in der Umgebung steigern wollen.

bezirke

SJ RudolfsheimFünfhaus WIR WOLLEN GEHÖRT WERDEN!

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ie SJ 15 trifft sich jeden Montag um 18:30 in einem zur Verfügung gestelltem Raum der Bezirksorganisation Rudolfsheim der SPÖ. Unsere gemeinsamen Abende gestalten sich unterschiedlich und reichen von angeheizten Diskussionen bis hin zu gemeinsamen Filmabenden. Die Gesprächsfelder reichen von der jetzt aktuellen Flüchtlingskrise bis hin zur Zentralmatura oder der rechtsextremen Szene in Wien.

Auch werden oft ExpertInnen aus allen Richtungen eingeladen, die uns eine Einführung zum jeweiligen Thema geben. Es ist uns wichtig als eine kritische Jugendgruppe auch stets bestens ausgebildet zu sein.

Zusätzlich gibt es mehrere große bezirksspezifische Themenblöcke, in der von unserer Seite aus politische Forderungen und Lösungen dem Bezirk präsentiert werden.

Ein großes Problem ist leider Armut im Bezirk, welche immer mehr Familien und damit auch Kinder und Jugendliche betrifft. Hier sind wir auch dafür verantwortlich als JungpolitikerInnen die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass sich die Situation für diese Menschen nachhaltig bessert.

kengut darf nie mehr salonfähig werden.

Aus diesen Gründen stehen wir auch schon mal um 6 Uhr früh auf den Straßen und verteilen Kipferl oder Schulkalender, denn uns ist wichtig mit den Menschen zu reden und den Kontakt zu stärken. Wir wollen auch keine Gesellschaft, in der Bildung vom Börserl der Eltern abhängt oder jemand aufgrund von seiner Hautfarbe, Religion oder Herkunft ausgegrenzt wird.

Dagegen kämpfen wir als Jugendorganisation der SPÖ ganz klar, denn für uns steht das Verbindende immer im Vordergrund!

Die SJ 15 setzt sich zusammen aus 19 aktiven Mitgliedern, 9 Mädels und 10 Burschen. Ein tolles kreatives Team, auf das Verlass ist!

Uns sind die Grundwerte wie „Gleichheit“, „Solidarität“, „Gerechtigkeit“ oder „Freiheit“ besonders wichtig und dafür kämpfen wir!

Wenn ihr Lust habt vorbeizuschauen, würden wir uns freuen!

Meldet euch einfach unter: sj15.verenakoch@gmail.com oder stattet uns einen Überraschungsbesuch ab.

GRUPPENABEND Montag um 18:30 Uhr Johnstraße 59, 1150 Wien

Wir als SJ 15 engagieren uns auch sehr stark gegen jegliche Form von Rassismus, Sexismus und Diskriminierung. Leider immer noch eine Notwendigkeit, wie wir tagtäglich aus den Medien und auch im Alltag erfahren müssen. Eines ist für uns ganz klar: Nationalsozialistisches Gedan17

wien

Große Bekenntnisse #ROTGRÜN2

Text: Marlis Zederbauer

Die rot-grüne Regierung geht in die zweite Runde. Personell ändert sich an der Stadtregierung nur wenig: Die SPÖ behält, aufgrund des Wahlverlustes, sieben StadträtInnen. Nur Christian Oxonitsch muss gehen, er wird neuer Klubchef.

Maria Vassilakou bleibt für die Grünen in der Stadtregierung. Das rot-grüne Regierungsabkommen ist über 100 Seiten lang und beinhaltet vor allem eines: große Bekenntnisse.

DAS "NEUE" TEAM ƔƔ

Zwölf StadträtInnen, sieben davon amtsführende StadträtInnen

·Maria Vassilakou (Grüne): Verkehr, Stadtentwicklung, Klimaschutz, Energieplanung, und Bürgerbeteiligung. ƔƔ Renate Brauner (SPÖ): Finanzen und Wirtschaft, Internationales. ƔƔ Sandra Frauenberger (SPÖ): Frauen, Bildung, Integration, Jugend, Personal ƔƔ Michael Ludwig (SPÖ): Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung. ƔƔ Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ): Sport, Kultur, Wissenschaft, Recht ƔƔ Ulli Sima (SPÖ) Umwelt, Wiener Stadtwerke, KonsumentInnenschutz ƔƔ Sonja Wehsely (SPÖ): Gesundheit, Soziales, Generationen ƔƔ

Die FPÖ stellt vier: Vizebürgermeister Johann Gudenus, David Lasar, Anton Mahdalik und Eduard Schock. ƔƔ · Dazu kommt Neo-ÖVP-Chef Gernot Blümel als nichtamtsführender Stadtrat. ƔƔ

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ie soziale Handschrift der Regierung ist leicht erkennbar: Die Stadt Wien bekennt sich zu vielen Dingen, die gut und sinnvoll sind. So möchte Wien etwa bis 2020 die „Regenbogenhauptstadt“ werden. Verschiedene Initiativen sollen dazu führen, dass Wien vor allem für seine Toleranz international bekannt wird. Wien bekennt sich zudem zu Frieden, Frauenförderung, Demokratisierung, Partizipation, uvm. Die Stadt Wien spricht sich außerdem ein weiteres Mal strikt gegen Privatisierungen aus und fordert, dass es Ausnahmen aus dem Stabilitätspakt gibt, um Investitionen tätigen zu können. All diese Bekenntnisse sind lang ausformuliert, doch es folgen nur wenige konkrete Maßnahmen, die in den nächsten fünf Jahren umgesetzt werden sollen. Bei manchen Themen steht die Bundespolitik im Weg: Etwa wenn es um das Wahlrecht geht, das nach den Bekenntnissen der Stadtregierung zumindest auf EU-BürgerInnen, im weiteren auch auf Drittstaatsangehörige ausgeweitet werden soll.

Ebenso die Gesamtschule: Eines der Themen, auf die sich SPÖ und Grüne immer schon gut einigen können. Auch im neuen Regierungsabkommen hat es Platz, doch die Umsetzung ist unter den derzeitigen Umständen nicht möglich.

Es soll daher bei der Bundesregierung angefragt werden, ob man eine „Modellregion Gemeinsame Inklusive Schule Wien“ errichten darf. Ähnliches gilt für das Arbeitsrecht.

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Wien bekennt sich nämlich zu „Guter Arbeit“. Es geht um „die Erschließung von Potentialen für die Gestaltung einer menschengerechten Arbeitswelt, Ökologisierung der Wirtschaft, Arbeitszeitverkürzung und Nachhaltigkeit. Hierzu gehören auch Formen der Solidarischen Ökonomie und der Gemeinwohlorientierung, die sich bewusst einer reinen Profitlogik entziehen.“ Da das aber nicht so einfach umsetzbar ist, macht die Regierung erstmal eine Enquete zu dem Thema.

Ab und zu wird es dann aber doch konkret: Etwa wenn es um den Wohnbau geht. 10.000 neue Wohnungen sollen jährlich gebaut werden, davon mindestens 2000 Gemeindewohnungen. Zwar besagen Prognosen, dass die Stadt wesentlich mehr Wohnungen braucht (laut Schätzungen etwa 15.000 jährlich), doch es ist dennoch positiv, dass leistbare Wohnungen geschaffen werden.

Außerdem soll die Betreuungsquote der 1-3jährigen auf 70% angehoben werden, indem mehr Betreuungsplätze geschaffen werden. Zusätzlich wird festgehalten: Alle Kinder sollen einen Betreuungsplatz erhalten können.

Es sind nur wenige Punkte, die tatsächlich konkret formuliert sind. Es wird sich also erst zeigen, wie die Bekenntnisse der neuen (alten) Stadtregierung umgesetzt werden.

faktor nr. 4/2015

schwerpunkt: international

Syrien

VOM AUFSTAND ZUM BÜRGERiNNENKRIEG Text: Bettina Rosenberger

Foto: Freedom House, flickr.com

In wenigen Monaten jährt sich der Aufstand der syrischen Bevölkerung gegen das Regime von Bashar al-Assad zum fünften Mal. Die Menschen gingen auf die Straße, um demokratische Grundrechte einzufordern. Doch ein halbes Jahrzehnt später versinkt das Land in einem blutigen BürgerInnenkrieg. Die bisherige Bilanz des Terrors lautet: 250.000 Tote.

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schwerpunkt: international

MINDERHEITEN Etwa 12 % der syrischen Bevölkerung gehören der schiitischen Minderheit an.

Außerdem leben in Syrien ChristInnen, DruzInnen und KurdInnen. Viele Angehörige der Minderheiten hatten lange Zeit die Hoffnung, dass solange Assad an der Macht ist, sie vor Übergriffen geschützt werden.

HAMA 1964 organisierten sich die Muslimbrüder ausgehend von Hama in ganz Syrien, um ihren Unmut über die Regierung kundzutun. Die Muslimbrüderschaft stellte zu dem Zeitpunkt die einzige größere Oppositionsgruppe dar und wurde prompt verboten. Sie streikten und riefen zu Massendemonstrationen auf, worauf die Regierung Panzer auffahren ließ und 100 Menschen starben.

Unter der Herrschaft von Hafez alAssad wurde 1980 die Mitgliedschaft bei den Muslimbrüdern unter Todesstrafe gestellt, als Antwort wurde seitens der Muslimbrüder ein Anschlag auf eine alawitische Siedlung geplant, der aber nicht stattfand. Dies nahm die Regierung als Anlass, um in Hama 400 Männer willkürlich festzunehmen und zu töten. Die Gewaltspirale führte zu einem Anschlag in Damaskus, bei dem Attentäter der Muslimbrüder mehrere Autobomben zündeten. Auch hier starben hunderte Menschen. Als die sunnitisch geprägte Vereinigung schließlich Unruhen in Hama erzeugte und Stadtgebiete einnahm, griff die syrische Armee zu Bomben und es kam zu einem Massaker, bei dem rund 20.000 Menschen starben.

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er „arabische Frühling“ im Jahr 2011 weckte auch in Syrien die Hoffnung auf eine demokratische Wende des politischen Systems. Die Menschen gingen auf die Straße, um ein Ende der grassierenden Korruption und die Aufhebung des seit 1963 ausgerufenen Ausnahmezustands einzufordern. Auch die massive Repression durch die Geheimdienste, sollte endlich beendet werden.

Zwar ging Bashar al-Assad nach einigen Wochen auf manche Forderungen ein, dennoch führte dies nicht zu einem Ende des Blutvergießens. Durch die Verhängung des Ausnahmezustands konnten auch willkürliche Verhaftungen legitimiert werden. Die autoritären Züge des Regimes spiegeln sich natürlich auch in der Verfassung wider: so hält der Artikel 8 fest, dass der Baath-Partei der Führungsanspruch zusteht. Auch durch andere Ankündigungen versuchte Assad den Anschein einer Reform zu inszenieren, während weiterhin staatliche Gewalt gegenüber der Bevölkerung angewandt wurde.

Baath-Partei Die Baath-Partei entstand nach der Unabhängigkeit im Jahr 1946 und war maßgeblich von ihrem Säkularismus geprägt. Durch einen Staatsstreich kam sie 1963 an die Macht. Im Jahr 1970 putschte sich der damalige Verteidigungsminister Hafez al- Assad an die Spitze der Partei und wurde dadurch auch Präsident. Hafez al-Assad gehörte der religiösen Minderheit der AlawitInnen an. Die Mehrheit der Bevölkerung sind SunnitInnen. In Folge seiner Machtübernahme wurden bedeutende Positionen des Staatsapparates mit alawitschen Vertrauten Assads besetzt.

Noch bevor er im Jahr 2000 starb, führte

er eine Verfassungsänderung durch, um das Mindestalter für die Präsidentschaft herabzusetzen- nur so konnte sein Sohn Bashar al-Assad Präsident werden.

Das politische Agieren, das vor allem auf die Außenpolitik fokussiert war, war maßgeblich durch die feindliche Haltung gegenüber der USA und Israel, sowie das „freundschaftliche“ Verhältnis zur Hisbollah geprägt. Außerdem verfügt Syrien über gute Beziehungen zum Iran.

Zu den innenpolitischen Entwicklungen, die Assad anscheinend aus den Augen verloren hat, zählt vor allem das wirtschaftliche Ungleichgewicht in der Bevölkerung. Nachdem sich die BaathPartei in früheren Jahrzehnten zumindest rhetorischen Floskeln des Sozialismus verschrieben hatte, brach Assad schließlich nun auch damit und wollte eine soziale Marktwirtschaft einführen. Es kam zu Preissteigerungen, während gleichzeitig Subventionen gekürzt wurden. Die durchgeführten Wirtschaftsreformen nützten vor allem der Stadtbevölkerung.

Hingegen gingen die BewohnerInnen am Stadtrand und in den ländlichen Gebieten leer aus. Die Arbeitslosenquote stieg auf rund 30 % an und jede dritte Familie lebte unter der Armutsgrenze. Markant für das politische System Syriens ist auch die Korruption rund um den „AssadClan“: Rami Makhlouf, ein Cousin von Bashar al-Assad, verwaltet die Mobilfunkgesellschaft Syriatel, mehrere Baugesellschaften und Hotels, sowie weitere zahlreiche Unternehmen. Als in Daraa, eine Stadt deren Bevölkerung stark unter den sozioökonomischen Bedingungen litt, 2011 Jugendliche aufgrund kritischer Graffitis festgenommen wurden, löste dies Demonstrationen aus. Wenige Wochen

faktor nr. 4/2015

später wurde erneut ein Schüler verhaftet und anschließend brutal zu Tode gefoltert. Mehr als tausend Menschen sind im ersten Halbjahr der Proteste durch die Gewalt der Polizei bzw. des Militärs umgekommen.

Die Entwicklung zum BürgerInnenkrieg Als Assad die Proteste auch nach mehreren Monaten nicht unter Kontrolle brachte, entließ er hunderte radikale Islamisten aus der Haft, in der wohl implizierten Hoffnung, dass diese die Protestbewegungen schwächen. Zur gleichen Zeit kam es auch zur Gründung der „Freien Syrischen Armee“ (FSA), indem Angehörige von Assads Armee desertierten. Die FSA wurde auch über einen langen Zeitraum von den USA, unter anderem durch Waffenlieferungen, unterstützt. Im Laufe der letzten Jahren kam es zur Gründung von dutzenden bewaffneten Gruppierungen, die zwar immer wieder Bündnisse eingingen, sich aber sowohl gegenseitig, als auch den Daesh und das Regime von Assad bekämpften. So kämpft die FSA etwa gegen den Daesh, gegen das syrische Militär, aber auch gegen islamistische Gruppierungen. Untergruppen der FSA wurden von der Al-Nusra-Front überfallen, diese konnte dabei auch einen Teil der Waffenlieferungen aus den USA erbeuten.

Darüber hinaus haben sich 2013 sieben islamistische Gruppen in der sogenannten „Islamischen Front“ vereint, deren Ziel der Regierungssturz ist. Seit dem gleichen Jahr hat sich auch die Hisbollah aus dem Libanon in den BürgerInnenkrieg eingeklinkt, um Assad zu unterstützen.

Die syrische Armee greift vor allem mit Fassbomben die eigene Bevölkerung an.

schwerpunkt: international

Die Institutionalisierung des Daesh begann im Jahr 2003, als Abu Musab azZarqawi die Gruppe “Jama'at al-Tawhid wal-Jihad“gründete. Später benannte sich diese in „Al-Kaida im Irak“ um. Nachdem Zwarqawi im Jahr 2006 starb, wechselte die Gruppierung abermals ihren Namen und hieß von fortan: „Islamischer Staat im Irak“. Zu diesem Zeitpunkt verübte sie bereits zahlreiche Anschläge im Irak. Seit 2010 wird sie von Abu Bakr al-Baghdadi angeführt. Als die Situation in Syrien eskalierte und der BürgerInnenkrieg ausbrach, sollte ein Al-Kaida Ableger in Syrien gegründet werden- heute bekannt als Al-Nusra-Front. Baghdadi und seine Anhänger konnten in Syrien zwar die Terrororganisation etablieren, als er jedoch im Frühjahr 2013 den ISIS ausrief, kam es zu massiven Disputen zwischen der Al-Nusra-Front und ISIS. Denn im neuen Bündnis, nahm die Al-Nusra-Front lediglich eine untergeordnete Rolle ein, worauf die Zusammenarbeit aufgekündigt wurde.

Dies führte dazu, dass auch der Daesh und die Al-Nusra-Front sich gegenseitig bekämpften, obwohl beide Wurzeln in der Al-Kaida hatten. Die Bündnisse, die in den letzten Jahren eingegangen wurden, sind sehr diffus und durch ihre kurze Dauer gekennzeichnet. Der Traum von mehr Demokratie in Syrien, wurde zum blutigen Alptraum, vor dem gerade 11 Millionen Menschen auf der Flucht sind.

7 MILLIONEN Menschen sind innerhalb Syriens auf der Flucht, 4 Millionen SyrierInnen außerhalb des Landes.

DAESH Das Wort wird aus den ersten Buchstaben des arabischen Namens für den Islamischen Staat (IS) gebildet. Die Selbstbezeichnung als IS impliziert eine vermeintliche Verknüpfung zum Islam und dient der Inszenierung als Staat. Die Bezeichnung als Daesh soll dies diskreditieren.

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schwerpunkt: international

Grenzen öffnen sich, aber nicht immer für Menschen Text: Roland Plachy

Ein wesentlicher Bestandteil der verstärkten europäischen Zusammenarbeit nach dem zweiten Weltkrieg ist die Überwindung von Grenzen - oder so ähnlich. Ein kurzer Überblick über die Up-and-Downs von Grenzen in Europa:

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renzen sind im kapitalistischen Wirtschaftssystem eine Hürde für das Kapital auf dem Weg zu einer möglichst hohen Rendite. Die Überwindung von (räumlichen und zeitlichen) Grenzen ist daher ein wichtiger Teil der kapitalistischen Entwicklung. Eindrücklich zeigt sich das z.B. im technologischen Fortschritt bei Transportmitteln. Die Industrielle Revolution ohne Dampflok ist unvorstellbar und heute können wir dank des Internets im Bruchteil einer Sekunde 22

Daten um die Welt schicken. Doch hat sich der Nationalstaat mit seinen Grenzen als Einheit herausgebildet, welche sehr lange Bestand hatte. Im Zuge der neoliberalen Phase des Kapitalismus sollen auch diese Grenzen überwunden werden. Freihandelsabkommen, wie TTIP oder TTP dienen genau diesem Zweck. Heute werden Rohstoffe von Brasilien nach China geschifft, dort weiterverarbeitet und nach Europa gebracht. Das Kapital wandert rund um den Globus, stets dorthin,wo die höchsten

Profite in Aussicht stehen. Damit wurden die Lohnabhängigen auf der gesamten Welt in Konkurrenz miteinander gebracht, wie Abwanderungen von Firmen, Outsourcing etc zeigen. Sowohl für Kapital als auch für Waren sind die Grenzen längst gefallen - bei Menschen sieht das anders aus.

Eiserner Vorhang und EU Bis 1989 zog sich eine streng bewachte Grenze durch Europa. Im Osten lag

faktor nr. 4/2015

die Sowjetunion, im Westen das kapitalistisch orientierte Europa. 1989 fiel die Berliner Mauer, 1991 löste sich die Sowjetunion auf. 1993 wurde innerhalb der EU die Personenfreizügigkeit festgeschrieben, welche als eine von 4 Grundfreiheiten neben Warenverkehrs-, Dienstleistungsfreiheit und dem freien Kapital-/Zahlungsverkehr existiert. Diese Personenfreizügigkeit änderte jedoch nichts am sogenannten „Wettlauf nach unten“. Die Staaten befinden sich in einem Wettbewerb bei Steuern, Sozialleistungen, Umweltauflagen etc und der Prozess geht zulasten der ArbeiterInnen. Steuervergünstigungen für große Konzerne und Untergrabung von ArbeitnehmerInnenrechten sind ein wichtiger Teil der Zerstörung des Sozialstaates, welcher nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa erkämpft wurde - doch stets auf die einzelnen Nationalstaaten beschränkt blieb. Gleichzeitig bringt die Personenfreizügigkeit der EU viele Vorteile beim Reisen und Studieren und eine kleinen Gruppe meist gut ausgebildeter Personen profitiert davon, in ganz Europa problemlos Arbeit aufnehmen zu können.

Ist Europa frei von Grenzen?

Die Menschen gewöhnten sich recht schnell an Grenzen ohne Pass- und Zollkontrollen, auf die Fahrt in den Urlaub ohne Stau. Dass gleichzeitig an den EUAußengrenzen die Zäune hochgezogen wurden, ging unter. Dazu reicht ein Blick nach Melilla, der Spanischen Enklave auf dem afrikanischen Kontinent, welche von Marokko umschlossen und auch beansprucht wird. Dort steht schon seit vielen Jahren ein bis zu 7 Meter hoher Zaun

schwerpunkt: international

- lange bevor Ungarn einen baute - und an welchem immer wieder Flüchtende sterben. Auch das Mittelmeer, die blaue Grenze, die als Barriere dient, wird von Frontex bewacht und kostete allein 2015 über 3.000 Menschen das Leben.

TTIP geplantes Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA

Grenzen zu für Flüchtende 1956/57 kamen 180.000 Menschen von Ungarn nach Österreich und auch 1991/92, während des Jugoslawienkrieges öffnete Österreich die Grenzen für Flüchtende. Aktuell jedoch ist in ganz Europa die Debatte um Grenzkontrollen und Zäune entbrannt. Während Kapital und Waren weiterhin um den Globus wandern, europäische und nordamerikanische Konzerne Menschen in der ganzen Welt ausbeuten und der Waffenhandel blüht, schließen sich die Tore für all jene Menschen, die vor den Folgen des kapitalistischen Wirtschaftssystems die Flucht ergreifen. Die Landesgrenze zwischen Griechenland und der Türkei wird bewacht, Ungarn hat schnell reagiert und Zäune zu Serbien und Kroatien errichtet, Slowenien denkt ebenfalls an Zäune und in Österreich ist ein 4 Kilometer langes Stück Zaun nahe dem Grenzübergang Spielfeld geplant. Damit zeigt sich in einer unmenschlichen Art und Weise, wie Grenzen in einer globalisierten Welt wirken: sie gelten ausschließlich für jene, welche im aktuellen System bereits die Leidtragendsten sind.

TTP beschlossenes Freihandelsabkommen von Anrainerstaaten des Pazifiks (exkl. China)

FRONTEX eine Agentur der EU, welche den Schutz der EU Außengrenzen über die Rettung von Menschenleben stellt, wie in ihrer Mittelmeermission Triton zu sehen ist.

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schwerpunkt: international

Auf dem Weg zum gescheiterten Staat Text: Anna Cseri aus Istanbul

Von zweifelhaften Wahlergebnissen bis zum Scheitern in der Flüchtlingskrise. Erdoğans Spiel mit Lüge und Gewalt. Ein Rückblick auf das Jahr 2015 in der Türkei.

A

m 7. Juni 2015 wurden rund 56,6 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, ihre Stimme bei der Parlamentswahl in der Türkei abzugeben.

Aus dem Ergebnis resultierte ein deutlicher Stimmenverlust für die seit 2002 kontinuierlich regierende islamisch- konservative AKP, unter dem Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Bei dieser Wahl gelang es auch erstmals seit der Ausrufung der Republik 1923 einer mehrheitlich kurdischen Partei, der HDP, mit 13,1% ins Parlament einzuziehen. Die AKP verfehlte also die Mehrheit ihrer Mandate, wahrscheinlich auch deshalb, weil viele gegen das von Erdoğan geplante Präsidialregime stimmten. Dieses hätte zur Folge, dass seine Partei im Alleingang Verfassungsänderungen vornehmen und somit viel Macht bei sich konzentrieren könnte.

Bis zum 23. August konnte jedoch keine Regierung gebildet werden und es wurden deshalb Neuwahlen für den 1.November angesetzt. Diese verliefen mit deutlich höherem Stimmenanteil als bei der Wahl im Juni zuvor für die AKP, welche von nun an wieder die absolute Mehrheit beansprucht. Gegen RegierungskritikerInnen wurde hart vorgegangen. Ihnen drohten ungerechtfertigte Festnahmen.

Anschläge in der Türkei Sowohl Anfang Juni und Ende Juli kam es zu mehreren Anschlägen in Diyarbakır und Suruç, für die der IS verantwortlich gemacht wurde. Am 10. Oktober sprengten sich bei einer Friedensdemonstration in Ankara zwei Selbstmordattentäter in die Luft. Erdoğan wird vorgeworfen, er 24

Bloody footsteps at the Steps to Gezi Park Istanbul 2013 Hamoon Nasiri flickr.com

unterstütze die Terrormiliz IS, die für das Attentat verantwortlich war. Folgen: Die Chefs des Sicherheits- und Geheimdienstes in Ankara wurden suspendiert, social networks wie Twitter oder Facebook wurden für diesen Tag ohne weitere Begründung lahmgelegt. Immer mehr häufen sich die Spekulationen, Erdoğan würde den IS mit Waffen unterstützen.

Flüchtlinge in der Türkei Mitte Oktober sollen sich angeblich zwei Millionen Flüchtlingen in der Türkei aufgehalten haben, 500.000 haben das Land bereits unter widrigsten Umständen in Richtung Europa verlassen. So ging als Beispiel dafür das Bild des toten Aylan Kurdi um die Welt, der an den Strand der südwestlich gelegenen türkischen Küste Bodrum geschwemmt wurde.

Persönliche Eindrücke live aus Istanbul Sollte es legitim sein, überhaupt noch von einer Privatsphäre in diesem Land zu sprechen, so ist diese rudimentär. Die Kontrolle des öffentlichen Raums ist überall präsent. Während ich hier an der „wertungsfreien Bildungsstätte“ im Hof der Universität sitze, von mit Gewehren bewaffneten Polizisten beäugt, erblicke ich an der Wand neben mir Kritzeleien, entstanden kurz nach dem Bekanntwerden des Anschlags in Ankara. Sie zeigen, was sich niemand zu sagen traut „boykot var“ (Es ist ein Boykott). Diese Worte schüren Hoffnung. Vielleicht werden sie irgendwann stark genug sein. Nicht jetzt und nicht in nächster Zukunft, aber vielleicht irgendwann.

faktor nr. 4/2015

schwerpunkt: international

They say there is only one way for politics.

Text: Philipp Tzaferis

Das Jahr 2015 erscheint als ein Jahr des Aufbruchs für die Linke in Europa und den USA.

Foto: Peter Barwick, flickr.com

„A SPECTRE IS HAUNTING EUROPE — THE SPECTRE OF DEMOCRACY.“ (YANIS VAROUFAKIS) Die ‚Verhandlungen’ rund um ein neues Abkommen zwischen der griechischen Regierung und der Troika erreichten Ende Juni bzw. Anfang Juli ihren Höhepunkt.

Nachdem die Regierung von Alexis Tsipras der Bevölkerung ein take-it-or-leave-itAngebot der Troika - gespickt mit Sparmaßnahmen - vorlegte, stimmte diese, trotz Einschüchterungsversuchen der europäischen Regierungen, Institutionen und griechischer Medien mit 62% gegen das Paket.

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er Wahlsieg von SYRIZA am 25.

Jänner setzte den Startschuss für einen Wandel der Debatte. Das Aufzeigen eines zuvor versperrten Möglichkeitsraumes durch die Regierung unter Führung einer linken Partei von Parteien. Das Durchbrechen der Alternativlosigkeit von Sparzwang, Sozialabbau und Krisenabbau durch die Schwächsten der Gesellschaft durch eine linke Regierung führte zu monatelangen Debatten in den europäischen Gazetten und Hauptabend-Talkshows.

‚First we take Athens, then we take Madrid’.

Der Slogan des Zusammenhalts der griechischen Linken mit PODEMOS und der spanischen Bewegung wurde im Mai zumindest auf lokaler Ebene wahr. Nach den spanischen Kommunal- und Regionalwahlen konnten mit PODEMOS verbundene Listen in Madrid wie Barcelona die Bürgermeister*innen stellen und in ganz Spanien Erfolge verbuchen.

In Großbritannien lag die Labour Party nach der Wahlniederlage und der absoluten Mehrheit für die konservativen Tories von Anfang Mai am Boden. Der Streit um die Vorsitzposition zwischen den beiden New-Labour Lagern, den Brownites und den Blairites, war bereits voll im Gange, als durch einen Mix aus Glück, Unvermögen und Überheblichkeit der Parteirechten Jeremy Corbyn die Voraussetzungen für eine Kandidatur um den Parteivorsitz erreichte.

Seine Botschaften einer Politik, die auf Anstand, Freundlichkeit und Prinzipien basiert, sowie seine klare Haltung gegen die Spar- und Kürzungspolitik der Tories, gegen Krieg und für ein Miteinander von Partei und Bewegungen führte zu einer Begeisterung und Mobilisierung, die zu Corbyns Wahl zum Vorsitzenden im September führte.

Umso größer waren der Schock und die Empörung als Alexis Tsipras eine Woche später ein drittes Memorandum mit beispiellosen Spar- und Privatisierungsvorgaben unterzeichnete. Der Ende Juni zurückgetretene Finanzminister Yanis Varoufakis charakterisiert die Geschehnisse wie folgt: „In 1967 there were the tanks and in 2015 there were the banks. But the result is the same in the sense of having overthrown the Government or having forced it to overthrow itself – as Prime Minister Tsipras unfortunately decided to do […].“ Das Jahr 2015 hat die europäische Linke, die sich als Alternative zum Neoliberalismus und nicht als Erfüllungsgehilfin des „Extremismus der Mitte“ begreift, in das Zentrum der Debatten zurückgebracht. Es hat jedoch auch aufgezeigt wo ihre organisatorischen und inhaltlichen Schwächen liegen. Für das Jahr 2016 gilt es an eben diesen zu arbeiten. Klar ist jedoch: Eine andere Welt ist möglich.

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theorie

Männlichkeiten:

KOMPLIZENHAFT, HEGEMONIAL ODER DOCH MARGINALISIERT? Text: Marina Hanke

Eine Auseinandersetzung mit Raewyn Connells Konzepten zu Masculinities. Für SozialistInnen und FeministInnen ist eine Auseinandersetzung mit Geschlechterverhältnissen und deren Auswirkungen zentral. Die Position von Frauen in unserer Gesellschaft in verschiedensten Bereichen ist und wird durch die Frauenbewegungen eingehend analysiert, und öffentlich problematisiert und thematisiert. Aber was ist eigentlich mit den Männern?

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ine Auseinandersetzung mit Geschlechterverhältnissen braucht auch eine Auseinandersetzung mit der Position von Männern in unserer Gesellschaft. Es gilt einerseits, sich mit Mechanismen zu beschäftigen, die sich auch auf Männer auswirken. Andererseits ist es aber notwendig, Themen wie Macht, Dominanz oder materielle Ungleichheit zu betrachten.

Gesellschaftliche Verhältnisse, und somit auch Geschlechterverhältnisse, befinden sich immer im Wandel und sind das Ergebnis von Aushandlungsprozessen und Kämpfen. Eine reine Gegenüberstellung des „dominanten Manns“ gegenüber der „unterdrückten Frau“ greift also in der Analyse zu kurz, da die Geschlechterverhältnisse komplexer und verstrickter sind.

Im Zuge der Frauenbewegungen und des Kampfes um Gleichberechtigung bildete sich auf der einen Seite sehr viel antifeministischer Widerstand. Auf der anderen Seite bildeten sich aber auch zahlreiche profeministische Männergruppen, die sich mit dem Kampf gegen Sexismus solidarisierten und sich mit der Rolle von Männern in der Gesellschaft auseinandersetzten. Diese Thematik fand auch zunehmend Einzug in die Wissenschaft und bietet auch heute noch Raum für weitere Auseinandersetzung. Ein Theorieansatz, der eine ausdifferenziertere Analyse bietet, wurde von der australischen Soziologin Raewyn Connell mit ihrem Werk „Masculinities“ geliefert.

Dieser Ansatz soll im Folgenden genauer betrachtet werden.

Für Connell stellt Geschlecht keine fixe Kategorie dar, sondern ist ein weitgreifen-

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deres Konstrukt. Um Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern ausreichend darstellen zu können, müssen laut Connell auch weitere Kategorien wie beispielsweise der ökonomische Hintergrund einbezogen und danach differenziert werden. Laut Connell gibt es also nicht „den einen Mann“, sondern verschiedene Formen von Männlichkeiten. Eingebettet in dieses Konzept prägte sie - ausgehend von einer Definition vom „sozialen Geschlecht“ (sex – biologisches Geschlecht: also körperliche Merkmale, etc., gender – soziales Geschlecht: also tradierte Rollenbilder und –zuschreibungen) – die Begriffe „Hegemoniale Männlichkeit“ und „patriarchale Dividende“, denen wir uns nun genauer widmen wollen.

„Hegemoniale Männlichkeit“ Der Begriff „Hegemonie“ stammt aus der Gesellschaftsanalyse von Antonio Gramsci, er meint damit die sozialen Mechanismen, mit denen eine bestimmte Gruppe ihre Vorherrschaft in der Gesellschaft behauptet oder versucht zu erlangen.

Daran wird „Hegemoniale Männlichkeit“ angelehnt: jenes momentan akzeptierte und auch kulturell hervorgehoben Männlichkeitsbild, das eine männliche Vorherrschaft und damit die Unterdrückung von Frauen gewährleisten soll. Es ist also das Bild des „perfekten Mannes“, der jung, dynamisch, sportlich, Weiß, heterosexuell und erfolgreich ist. Dieses momentane Männlichkeitsbild ist jedoch immer im Wandel, kann nicht fest umrissen werden, muss sich ständig neuen Anforderungen anpassen und ist durchwegs ein Kampffeld.

Neben dieser „Hegemonialen Männlichkeit“ gibt es laut Connell noch weitere Formen von Männlichkeit. Benannt werden sie als „Unterordnung“, „Komplizenhaft“ und „Marginalisiert“. Dabei geht die Wissenschafterin auf verschiedene Mechanismen ein, die Männlichkeit im Neoliberalismus quasi braucht, um in der jetzigen Form bestehen zu können: „Unterordnung“ – beispielsweise das Verhältnis von Homo- und Heterosexuellen Männern, „Komplizenhaft“ – jene, die nicht in das hegemoniale Bild passen, sich aber auch nicht auflehnen, da sie von Geschlechterverhältnissen dennoch profitieren und „Marginalisierte“ – hier fallen all jene hinein, die quasi komplett aus dem System und von der Gesellschaft weitgehend ausgeblendet werden.

Hier handelt es sich um Männer, die von anderen Ausgrenzungsmechanismen in der Gesellschaft betroffen sind, wie beispielsweise Trans*personen. Die unterschiedlichen Männlichkeiten stehen in gewissen Verhältnissen zueinander, und durch das vorherrschende, also hegemoniale Männlichkeitsbild, das auch andere Männlichkeiten unterdrückt, wird männliche Herrschaft in der Gesellschaft abgesichert.

„patriarchale Dividende“ Die „patriarchale Dividende“ beschreibt jenen „Profit“, den Männer auf Kosten von Frauen in einer Gesellschaft haben, egal ob sie untergeordnet, komplizenhaft, marginalisiert oder hegemonial sind. Der Begriff hilft diese Verhältnisse zu benennen und eignet sich als Werkzeug. Connell verwendet ihn beispielsweise wenn sie von sozialstaatlichen Maßnahmen, wie z.B. dem Ausbau von Kinderbetreuungs27

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plätzen, spricht: Setzt eine Regierung auf solche Veränderungen, verringert sich die „patriarchale Dividende“.

All diesen Definitionen liegt ein dreistufiges Modell von Beziehungen zugrunde, mit dem die Struktur des sozialen Geschlechts dargestellt werden soll, mit dem also greifbar gemacht wird, in welchen Bereichen genau Beziehungen stattfinden, sowohl zwischen den Geschlechtern, als auch unter Männern. Als Koordinaten, die allerdings nicht festgefahren und nur vorläufig sind, nennt Connell „Macht“, „Produktion“ und „emotionale Bindungsstruktur“.

Macht Macht wird als die derzeit wichtigste Achse der Geschlechterordnung benannt.

Feministinnen haben sie als „Patriarchat“ bezeichnet. Sie beschreibt eine Struktur, die trotz Ausnahmen Allgemeingültigkeit hat und trotz Widerstandes weiter besteht. Diese Widerstände führen zu Schwierigkeiten für das herrschende System, sie stellen immerhin die Frage nach der Legitimität der Verhältnisse und haben daher für Männlichkeitspolitik eine große Relevanz.

Produktion Hier schneidet Connell die Arbeits- und Produktionsbedingungen an, die verschiedene Sphären der Gesellschaft unterteilen in „Privat“ und „Öffentlich“, die Lohnungleichheiten und Rollenbilder verfestigen und damit das kapitalistische System täglich wieder reproduzieren.

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Emotionale Beziehungsstruktur Hier spricht Connell die Rolle von sexuellem Begehren auf der Basis vom Freudschen Verständnis im Bezug auf Geschlechterverhältnisse an. Hier thematisiert sie vor allem die Zusammenhänge zwischen Heterosexualität und der gesellschaftlichen Dominanz von Männern.

Diese kurze Skizze von Connells Basis zur Analyse der Gesellschaft stellt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie hilft vielleicht aber auch beim Verständnis der HERRschenden Verhältnisse und kann neue Denkanstöße in Bezug auf Kooperationen zwischen Männern und Frauen für Geschlechterdemokratie geben.

Gemeinsam kämpfen – gemeinsam verändern!

Der Kampf um Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft muss gemeinsam geführt werden, wenn er erfolgreich sein soll. Denn wenn ein Ungleichverhältnis wie das derzeit herrschende abgeschafft werden soll, bedeutet das auch, dass diejenigen, die vom derzeitigen System profitieren, auch etwas von ihrer Macht abgeben müssen. Dessen müssen sich auch Männer, die sich im antisexistischen Kampf engagieren wollen, bewusst sein, und das auch so leben. Und sie müssen eine für sie passende Theorie finden, mit der sie arbeiten wollen. Ein solcher Prozess sollte aber, wie auch die konkreten Handlungen, gemeinsam bestritten und diskutiert werden, ein Analysewerkzeug zu finden, mit dem sowohl Frauen als auch Männer arbeiten wollen. Connells Theorie bietet hier einen guten Ansatz,

anhand dessen eine intensive, gemeinsame Auseinandersetzung stattfinden kann.

Und dieser Artikel eine Grundlage und einen Anreiz, um diese gemeinsame Auseinandersetzung auch wirklich zu führen.

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Raewyn Connell Text: Marina Hanke

Raewyn Connell ist eine Soziologin aus Australien, die insbesondere mit ihren Arbeiten zum Thema Männlichkeit Bekanntheit erlangte.

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eboren 1944, absolvierte Connell ihr Studium an der University of Melbourne sowie an der University of Sidney. Sie engagierte sich schon früh in der StudentInnenbewegung und der New Left in den 1960er Jahren. Das Aufkommen sozialer Bewegungen zu dieser Zeit, die sowohl Kapitalismuskritik als auch eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der Rolle von Frauen, mit dem Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper aber auch mit Militarismus brachten, beeinflussten Connell nachhaltig für ihre wissenschaftliche Arbeit. Im Laufe ihres Lebens studierte und unterrichtete sie an unterschiedlichsten Universitäten. Ihr Anspruch war es dabei immer, vor allem neue Forschungsfelder der Soziologie zu eröffnen und zu bearbeiten.

Der Hauptfokus Connells lag lange auf der kritischen Auseinandersetzung mit Kultur, Medien und politischer Herrschaft. Die Soziologin

spezialisierte sich dann aber auch auf Geschlechterforschung und Forschungen im Bereich der Klassentheorie. In ihrem Buch Ruling Class – Ruling Culture liefert sie eine differenzierte Analyse der

australischen Gesellschaft sowie ihrer herrschenden Klasse und deren Herrschaftsdurchsetzung. Sie orientiert sich dabei an dem Hegemoniekonzept Antonio Gramscis sowie an Charles Wright Mills elitenkritischer Machtsoziologie. Gerade im Bereich der Klassentheorie arbeitete sie auch aus einer erziehungswissenschaftlichen Perspektive und schlüsselte beispielsweise auf, wie sich Klassenund Geschlechterhierarchien im Schulalltag bilden und immer wieder reproduzieren. Aber auch in weiteren Praxisfeldern, wie der Frage von Armut und Bildung oder Sexualität und HIV Prävention arbeitete Connell intensiv.

Den wissenschaftlichen Diskurs prägte Connell maßgeblich mit ihrer Theorie zum Thema Männlichkeit.

Sie gilt als eine der Begründerinnen des wissenschaftlichen Feldes der Männlichkeitsforschung.

Sie sieht dabei Geschlecht nicht als eine fixe Kategorie oder als eine reine Frage von persönlicher Identität, sondern

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MEHR INFOS Mehr Infos zu Raewyn Connells Leben und Arbeiten gibt es unter: http://www. raewynconnell.net/

RAEWYN CONNELL Geb. 03.01.1944 Arbeitet als: Soziologin, Erziehungswissenschafterin ƔƔ Forschung über: Klassentheorie, Geschlechterverhältnisse, Kultur, Medien ƔƔ Hauptwerk: Masculinities – Theorie über Männlichkeiten ƔƔ Politisch aktiv: in der Gewerkschaft, feministischen Gruppen ƔƔ ƔƔ

als ein weitreichenderes Konstrukt, zu dessen Analyse, insbesondere wenn es um Macht- und Herrschaftsverhältnisse geht, auch weitere Parameter herangezogen werden müssen. Hier nennt sie zum Beispiel auch den ökonomischen Status.

Ihre Männlichkeitstheorie besagt, dass es nicht nur eine Form von Männlichkeit gibt, also nicht „den Mann“, sondern verschiedene Formen, die sich auch in ihrer Rolle und Funktion im Patriarchat unterscheiden. Ihnen allen gemeinsam sei trotzdem die sogenannte „patriarchale Dividende“, quasi der „Profit“, den Männer in der derzeitigen Gesellschaft aufgrund der herrschenden Machtverhältnisse immer bekommen. Connell analysierte die Rolle von Männlichkeit in der Gesellschaft weitergehend auch in Feldern wie Erziehung, Gesundheit oder dem Kampf gegen Gewalt.

Ein weiterer Schwerpunkt Connells wissenschaftlicher Arbeiten liegt auch auf der kritischen Auseinandersetzung mit dem Vorherrschen westlicher Wissenschaft und der weitgehenden Ausblendung von Theorien und Ansätzen aus anderen Teilen der Welt. So verfolgt Connell mit ihrem Buch Southern Theory das Ziel, die Einseitigkeit in der Wissenschaftsrezeption ein Stück weiter zu durchbrechen.

Connells politische Arbeit beschränkte sich jedoch nicht auf ihre wissenschaftlichen Arbeiten. So war sie aktives Gewerkschaftsmitglied, Mitglied der Australian Labour Party (bis zu deren Hinwendung zum Neoliberalismus) sowie der Friedensbewegung und zahlreichen feministischen Initiativen und Bewegungen.

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Raewyn Connell lebte lange Zeit, bis zum Zeitpunkt ihrer Geschlechtsangleichung, als transsexuelle Frau und publizierte deswegen viele ihrer Werke unter dem neutralen Namen R.W.Connell.

Im Jahr 2014 legte Connell ihre Tätigkeit als Universitätsprofessorin zurück, arbeitet aber weiter in ihren Forschungsbereichen.

Raewyn Connell wurde vor allem durch ihre Theorie zum Thema Männlichkeit bekannt, die in den letzten Jahren in der Männlichkeitsforschung laufend rezipiert wurden und für eine Auseinandersetzung mit Geschlechterverhältnissen eine mittlerweile beinahe unverzichtbare Grundlage darstellen. Aber auch die weiteren Arbeiten von Connell verlangen näherer Auseinandersetzung. Ihre Werke zum Thema Klassentheorie aber auch ihre erziehungswissenschaftlichen Texte tragen zu einem besseren Verständnis von Macht- und Herrschaftsverhältnissen bei.

Abseits von ihren großen Publikationen sind auch Interviews und Artikel von Raewyn Connell eine Leseempfehlung.

Hier widmete sie sich oft auch der Analyse des Neoliberalismus und verknüpfte diese mit ihren Theorien.

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MENSCHENRECHTSVERLETZUNGEN WELTWEIT – EIN RÜCKBLICK Die Organisation „Amnesty International“ untersucht jedes Jahr die weltweite Lage der Menschenrechte und veröffentlicht die Ergebnisse in einem ausführlichen Bericht. In den Jahren 2014/15 wurden Menschenrechtsverstöße in 160 Ländern und Territorien untersucht und dokumentiert. Hier nun eine Auswahl über die erschreckenden Ergebnisse.

Mehr als

3.400

In mindestens

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Ländern wurden Kriegsverbrechen oder andere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht verübt.

Menschen sind bei dem Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, ertrunken.

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Länder verboten Schwangerschaftsabbrüche per Gesetz selbst dann, wenn das Leben der schwangeren Frau in Gefahr war oder die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung.

In

78 Ländern gab es Gesetze, die einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen gleichgeschlechtlichen Erwachsenen unter Strafe stellten.

In

82% der Länder (131) wurden Menschen gefoltert oder anderweitig misshandelt.

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Menschen waren infolge des Konflikts in Syrien auf der Flucht.

95% von ihnen sind in Nachbarstaaten aufgenommen worden.

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Verein zur Fรถrderung fortschrittlicher Jugendmedienarbeit Verlagspostamt 1030 Wien, P.b.b. GZ 02Z033801