Organisation und Taktiken des
Wasserrettungsdienstes
Beitrag zu einer „Dienstvorschrift 3“ für
Wasserretter (WR-DV 3)
Manuel DöhlaBeitrag zu einer „Dienstvorschrift 3“ für
Wasserretter (WR-DV 3)
Manuel DöhlaBeitrag zu einer „Dienstvorschrift 3“ für Wasserretter (WR-DV 3)
Dr. Manuel DöhlaVerlagsgesellschaft Stumpf + Kossendey mbH, Edewecht 2023
Der Autor und der Verlag haben höchste Sorgfalt hinsichtlich der Angaben von Richtlinien, Verordnungen und Empfehlungen aufgewendet. Für versehentliche falsche Angaben übernehmen sie keine Haftung. Da die gesetzlichen Bestimmungen und wissenschaftlich begründeten Empfehlungen einer ständigen Veränderung unterworfen sind, ist der Benutzer aufgefordert, die aktuell gültigen Richtlinien anhand der Literatur und der Fachinformationen zu überprüfen und sich entsprechend zu verhalten.
Die Angaben von Handelsnamen, Warenbezeichnungen etc. ohne die besondere Kennzeichnung ®/TM/© bedeuten keinesfalls, dass diese im Sinne des Gesetzgebers als frei anzusehen wären und entsprechend benutzt werden könnten.
Der Text und/oder das Literaturverzeichnis enthalten Links zu externen Webseiten Dritter, auf deren Inhalte der Verlag keinen Einfluss hat. Deshalb kann er für diese fremden Inhalte auch keine Gewähr übernehmen. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seite verantwortlich.
Aus Gründen der Lesbarkeit ist in diesem Buch zumeist die männliche Sprachform gewählt worden. Alle personenbezogenen Aussagen gelten jedoch stets für Personen beliebigen Geschlechts gleichermaßen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar.
Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen oder Textteilen, vorbehalten. Einspeicherung in elektronische Systeme, Funksendungen, Vervielfältigung in jeder Form bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors und des Verlags. Auch Wiedergabe in Auszügen nur mit ausdrücklicher Genehmigung.
Organisation und Taktiken des Wasserrettungsdienstes
Manuel Döhla
© Copyright Verlagsgesellschaft
Stumpf + Kossendey mbH, Edewecht 2023
Satz: Bürger Verlag GmbH & Co. KG, Edewecht
Umschlagbild: Carsten Fuhrmann, Oldenburg
Abbildungsnachweis: Alle Abbildungen wurden vom Autor selbst oder nach dessen Vorgaben vom Verlag erstellt.
Druck: Tolek Sp. z o.o., 43190 Mikolów (Polen)
ISBN 9783964610577
Der Begriff „Wasserrettung“ wird in mindestens drei Bedeutungen verwendet. Zu unterscheiden sind: Wasserrettung als Tätigkeit, der Fachdienst Wasserrettung des Katastrophenschutzes und der sich hieraus entwickelte mobile Wasserrettungsdienst als Teil des Rettungsdienstes.
MERKE:
Die Wasserrettungsorganisationen (v. a. Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, DRKWasserwacht und ASB Wasserrettung) haben je nach Satzung weitere Aufgaben, die unter „Wasserrettung“ zusammengefasst sind. Dazu gehören vor allem die Wachdienste in Schwimmbädern, an Flüssen und Seen oder an der Küste. Diese können taktisch als Variante der Absicherung (Kap. 6.3.1) verstanden werden, die durchgeführt werden, bevor es zu einem Einsatz kommt, um diesen ggf. zu verhindern (Prävention) oder schneller und damit erfolgreicher durchzuführen (Bereitstellung).
Weitere Aufgaben der Wasserrettungsorganisationen können Breiten- und Fachausbildung in z. B. Rettungsschwimmen, Erster Hilfe, Tauchen, Bootsführung sein, genauso wie der Natur- und Umweltschutz und die Mitwirkung in Forschung und Entwicklung von Techniken und Taktiken. Diese Aufgaben dienen auch der Wasserrettung, sind jedoch aus taktischer Sicht nachgeordnet.
Wasserrettung bezeichnet in diesem Sinne „das Schützen von Menschen, Tieren, der Umwelt und Sachwerten vor Wasser und Eisgefahren durch technische und/oder medizinische Maßnahmen an, auf und in Gewässern“ (Döhla 2020, S. 135). Diese umfassende Definition beinhaltet im Begriff „Schützen“ drei taktische Grundsätze (Abb. 1):
• in Sicherheit bringen (Das bedrohte Objekt wird entfernt.)
• Verteidigung (Die Gefahrenquelle kann auf das bedrohte Objekt nicht wirken.)
• Angriff (Die Gefahrenquelle wird ausgeschaltet.) (Schröder 2011, S. 10, 70).
Menschen, Tiere und Sachwerte werden vor Wasser oder Eisgefahren geschützt, indem sie in Sicherheit gebracht werden. Hierbei muss jedoch nicht erst ein (Un)Fall ins Wasser passieren, denn Rettung beginnt bereits mit den präventiven Ansätzen der Absicherung (Kap 6.3.1) oder Evakuierung (Kap. 6.3.4). Als reaktive Taktik werden Menschen und Tiere gerettet, Sachwerte werden geborgen (Kap. 4.3).
Verteidigung ist eine Strategie, die vorrangig zum Schutz der taktischen Umwelt (Döhla 2022b) (Kap. 8.4) bzw. von Menschen, Tieren oder Sachwerten angewandt wird, die aufgrund ihrer Anzahl oder aus anderen Gründen (Verweigerung einer Evakuierung, fehlende Zugangsmöglichkeit) nicht in Sicherheit gebracht werden können. Wasserrettungseinhei
Abb. 1 ▶ Gefährdung entsteht beim Vorhandensein einer Gefahrenquelle (Q), die eine Wirkung (W) auf ein bedrohtes Objekt (O) hat (oben links). Beim Angriff (oben rechts) wird die Gefahrenquelle ausgeschaltet, bei der Verteidigung (unten links) wird die Wirkung der Gefahrenquelle verhindert, beim In-Sicherheit-Bringen (unten rechts) wird das bedrohte Objekt entfernt.
ten können die Verteidigungsmaßnahmen anderer Fachdienste am Wasser unterstützen, indem sie neben der Absicherung anderer Einsatzkräfte (Kap. 6.3.1) die wasserseitige Zuführung von Menschen und Sachwerten (Versorgung, Kap. 6.3.2) durchführen. Die fachliche Führung von Verteidigungseinsätzen liegt zumeist bei den zuständigen (Wasserwirtschafts, Umwelt oder Katastrophenschutz)Behörden, sodass Wasserrettungseinheiten bei der eigentlichen Verteidigung lediglich unterstützend (Kap. 6.3.3) oder im Rahmen der technischen Hilfeleistung (THL, Kap. 5.4.5) eingesetzt werden können.
MERKE:
Deichverteidigung ist eine originäre Aufgabe der Wasserwirtschafts- oder Umweltbehörden. Bei Gefahr des Deichbruches können die Katastrophenschutzbehörden zuständig sein. Wasserrettungseinheiten sind Hochwertkräfte zur Absicherung und wasserseitigen Versorgung von Deichverteidigungskräften sowie für wasserseitige Verteidigungsmaßnahmen und sollten daher nicht zum Füllen oder der (landseitigen) Verlegung von Sandsäcken verbraucht werden.
Angriff ist eine Taktik, die im normalen Wasserrettungseinsatz keine Relevanz hat. Eine Besonderheit stellen jedoch die Einsätze dar, bei denen Dächer von Schnee entlastet werden. Schneelast ist im weitesten Sinne eine Wasser und Eisgefahr (Döhla 2022b), da es sich bei Schnee um einen Zustand von Wasser handelt, und zumindest Kräfte der Strömungsrettung (Kap. 3.4.4) sind konzeptionell und materiell in der Lage, durch einen Angriff die Gefahr zu entfernen.
Taktische Grundaufgaben werden von Trupps ausgeführt. Trupps haben eine taktische Stärke zwischen 1/1/2 bzw. 0/2/2 und 1/5/6 bzw. 0/6/6 Einsatzkräften, je nachdem ob sie selbstständig oder nichtselbstständig sind (Tab. 11). Sie werden stets von einem Truppführer geführt.
Tab. 11: Unterscheidungsmerkmale zwischen taktisch selbstständigen und nicht-selbstständigen Trupps
Selbstständiger Trupp Nicht-selbstständiger Trupp
Truppführer in Führungsstufe A
Truppführer ist administrativ und taktisch personalverantwortlich
Truppführer ist administrativ und taktisch materialverantwortlich
Trupp kann einen taktischen Auftrag mit eigenem Personal und Material ausführen
Trupp kann unter Zustimmung des Truppführers verstärkt oder vermindert werden
Truppführer ohne Führungsstufe, vorgesetzter Staffel- oder Gruppenführer in Führungsstufe A
Truppführer ist taktisch personalverantwortlich, Staffel- oder Gruppenführer ist administrativ personalverantwortlich
Truppführer ist taktisch materialverantwortlich, Staffel- oder Gruppenführer ist administrativ materialverantwortlich
Trupp benötigt zur Durchführung eines taktischen Auftrages regelhaft Personal und Material der Staffel oder Gruppe
Trupp kann ohne Zustimmung des Truppführers verstärkt, vermindert oder aufgelöst werden
Schreibweise der taktischen Stärke 1/x/x+1 Schreibweise der taktischen Stärke 0/x/x
MERKE:
Die taktische Grundeinheit der Wasserrettung ist die Gruppe, die klassisch in Gruppenführung, Tauchtrupp und Bootstrupp untergliedert ist (Abb. 4). Auch eine Gliederung in vier Wasserrettungstrupps ist möglich (Abb. 5). Allen genannten Trupps ist gemeinsam, dass sie nicht-selbstständig sind, das heißt, nur im gemeinsamen Einsatz der Gruppe unter Anweisung des Gruppenführers eingesetzt sind.
Bootstrupps, Tauchtrupps oder Wasserrettertrupps können jedoch als selbstständige Trupps aufgestellt und eingesetzt werden. In diesen Fällen muss der Truppführer sowohl die in diesem Kapitel vorgestellten Aufgaben als auch die Aufgaben eines Gruppenführers (Kap. 5) bedienen, daher ist für den Truppführer eines selbstständigen Trupps zwingend eine Gruppenführerqualifikation notwendig.
Der Truppführer eines nichtselbstständigen Trupps hat zwei Verpflichtungen:
1. durchgehende Gewährleistung der größtmöglichen Sicherheit für die Einsatzkräfte des Trupps
2. erfolgreiche Durchführung des vom Gruppenführer erhaltenen Einsatzauftrages.
Abb. 13 ▶ Gliederung der Einheit für eine Rettung aus mittelstark strömenden Gewässern vom Ufer
Beim Einsatz vom Boot werden der Rettungs sowie Sicherheitstrupp (je nach Bootstyp und größe) mit einem Rudergänger als Bootstrupp tätig, wobei der Truppführer des Bootstrupps zugleich Leinenführer ist. Unterstützungs und Gerätetrupp werden landseitig tätig (Abb. 14).
Die Rettung aus dem Eis erfordert mindestens einen Trupp in Stärke 0/3/3. Bei der Taktik „Go“ setzt der Retter keinerlei Eisrettungsgerät ein. Er bewegt sich lediglich bäuchlings auf dem Eis zu der verunfallten Person. Der Retter wird mit einer Leine gesichert, die von einem Leinenführer geführt wird. Der Truppführer wird als zweiter Leinenführer tätig, um den Retter und die gerettete Person zurückzuziehen.
Die taucherische Rettung in Wasser und Eis erfordert mindestens einen Tauchtrupp. In leicht strömenden Gewässern hat dieser mindestens die Stärke 0/3/3 (0/4/4 von Booten), in mittelstark strömenden Gewässern mindestens die Stärke 0/4/4 (0/5/5 von Booten), im Eiseinsatz mindestens die Stärke 0/4/4. Eine zusätzliche Einsatzkraft als Signalmann entlastet den Taucheinsatzführer und wird daher dringend empfohlen. Taucheinsätze unter Eis sind bereits bei leichter Strömung nicht zulässig (Bundesverband der Unfallkassen 2017, S. 18, 22).
GrFü
Truppführer/
Leinenführer
Rudergänger
Leinenführer
Abb. 14 ▶ Gliederung der Einheit für eine Rettung aus mittelstark strömenden Gewässern vom Boot
Tab. 15: Mindeststärken für Taucheinsätze zur Rettung in Wasser und Eis (Strömung nach Tab. 14)
Keine oder leichte Strömung
Mittelstarke Strömung
Vom Ufer Vom Boot
Taucheinsatzführer/Signalmann Einsatztaucher Sicherheitstaucher
Taucheinsatzführer/2. Signalmann Einsatztaucher
1. Signalmann Sicherheitstaucher
Taucheinsatzführer/Signalmann Einsatztaucher
Sicherheitstaucher
Bootsführer
Taucheinsatzführer/2. Signalmann Einsatztaucher
1. Signalmann Sicherheitstaucher Bootsführer
Eis
Taucheinsatzführer/2. Signalmann Einsatztaucher
1. Signalmann Sicherheitstaucher
Viele Gruppenführer sind außerhalb ihrer taktischen Funktion als technische oder taktische Leiter oder Referenten für den Einsatzdienst oder Katastrophenschutz in ihrer jeweiligen Wasserrettungsorganisation tätig. In dieser Funktion spielen die einsatzvorbereitenden und einsatznachbereitenden Maßnahmen eine Rolle. Daher sollen diese nachfolgend in dem Umfang skizziert werden, in dem sie taktische Aspekte der Einsatzführung beeinflussen bzw. rechtlich relevant sind.
Die vorbereitenden Maßnahmen unterteilen sich in
• Aufstellung,
• Alarmierung,
• Anfahrt und Bereitstellung taktischer Einheiten.
Die nachbereitenden Maßnahmen umfassen
• die Dokumentation und
• die Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit.
Taktische Einheiten können geschlossen oder disloziert aufgestellt werden. Geschlossen bedeutet, dass alle Einsatzmittel an einem Stützpunkt für den Einsatz bereitstehen (Abb. 29). Dies ist bei Trupps der Regelfall, bei Gruppen eine häufige Variante.
Disloziert bedeutet, dass die Einsatzmittel getrennt auf mehreren Stützpunkten für den Einsatz bereitstehen (Abb. 30). Dies ist der Regelfall bei Zügen und eine ebenfalls bei Gruppen vorkommende Variante.
Abb. 29 ▶ Aufstellung geschlossen, Anfahrt geschlossen, Einsatz geschlossen
Im rettungsdienstlichen Einsatz ist die Alarmierung von Trupps oder Gruppen über analoge oder digitale Fernmeldeempfänger der Standardfall. Je nach örtlicher Alarm und Ausrückeordnung und landesrechtlich festgelegter Hilfsfrist (DIN 13050) kann die Anfahrt zum Einsatz binnen 10 bis 30 Minuten nach Alarm beginnen. Hieraus ergibt sich je nach Tageszeit, Wochentag und Jahreszeit eine taktisch relevante Schwankung in der Ausrückstärke; die in Kapitel 3.3 genannten Mindeststärken der Einheiten sollen jedoch nicht unterschritten werden, um überhaupt einen einsatztaktischen Wert zu haben. Eine Lösung stellen Einsatzmittelketten dar, bei der die erstalarmierten Einheiten schnell, aber ggf. unvollständig ausrücken. Parallel dazu werden weitere Einsatzkräfte und Einheiten über Funkmeldeempfänger, SMS, EMail, Telefon oder Social Media alarmiert, die dann – mit deutlich längeren Ausrückzeiten – als Verstärkungskräfte nachfolgen.
Im Katastrophenschutzeinsatz werden konzeptionell Vorlaufzeiten von 24 Stunden oder mehr in der Alarmierungsplanung berücksichtigt. Je nach Bundesland gibt es Alarmierungsstufen wie Vorinformation, Voralarm und Alarm, die meist per Fax, EMail oder Telefon ausgelöst werden. Diese Alarmierungsstufen dienen dazu, die Züge mit Einsatzkräften zu besetzen und alle Einsatzmittel vorzubereiten, damit sie gemäß Konzeption (Kap. 3.1) in den (über)örtlichen Einsatz gesendet werden können. Daran hängt für die aufnehmenden Einsatzbereiche die Planung von Bereitstellungsräumen (Kap. 5.4.2) sowie von Logistik und Taktik der meist länger andauernden Einsatzlagen. Dennoch können auch Züge oder deren Teileinheiten, soweit entsprechend geplant, als AdhocZüge oder SEG WR über Fernmeldeempfänger alarmiert und binnen Minuten in Marsch gesetzt werden – die Einsatzzeiten solcher AdhocEinheiten betragen oft jedoch nur 24 Stunden, danach werden sie im Sinne einer Einsatzmittelkette von regulären Einheiten abgelöst.
Die Anfahrt von alarmierten Einheiten kann getrennt oder geschlossen erfolgen. Bei einer dislozierten Aufstellung oder beim getrennten Einsatz ist die getrennte Anfahrt (Abb. 30)
der Regelfall, in der jedes Fahrzeug nach den Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) –soweit zutreffend mit Sonder (§ 35 StVO) und Wegerechten (§38 StVO) – eigenständig die Einsatzstelle anfährt.
Die geschlossene Anfahrt (Abb. 29) kann erfolgen, wenn Einheiten geschlossen aufgestellt und geschlossen in den Einsatz alarmiert werden oder nachdem disloziert aufgestellte Einheiten sich in einem Sammelraum (DIN 13050) getroffen haben (RendezvousSystem) (Bräutigam und Cimolino 2010, S. 160 ff.). Zwei Fahrzeuge (auch mit Anhängern) gelten dabei straßenverkehrsrechtlich noch als Einzelfahrzeuge, ab drei Fahrzeugen kann die Anfahrt als Marschkolonne (Verband nach § 27 StVO) erfolgen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. In diesem Fall sollte ein (schriftlicher) Marschbefehl erstellt werden (FwDV 100 1999, S. 56 f.).
MERKE:
Drei (bis 30) Fahrzeuge ergeben einen verkehrsrechtlichen Verband. Dazu müssen alle Fahrzeuge einheitlich gekennzeichnet sein:
• „Corporate Design“ der Wasserrettungsorganisation,
• Abblendlicht, auch am Tag,
• Blaulicht (mind. erstes und letztes Fahrzeug), ohne Frontblitzer und Sirene,
• Beflaggung/Beschilderung: alle Fahrzeuge blau, letztes Fahrzeug grün,
• letztes Fahrzeug mit Warntafel am Heck („Achtung Kolonne bzw. Ende der Kolonne“).
Ein Verband gilt verkehrsrechtlich als ein Fahrzeug. Wenn also das erste Fahrzeug bei Grün über die Ampel fährt, fahren alle Fahrzeuge des Verbandes über die Ampel.
Im Rettungsdiensteinsatz, in dem es mehr auf Geschwindigkeit als auf gleichzeitiges Eintreffen ankommt, wird der Verband auch bei drei oder mehr Fahrzeugen die Ausnahme sein; im Katastrophenschutzeinsatz ist er der Regelfall.
Die Bereitstellung von alarmierten Einheiten kann als primäre oder sekundäre Bereitstellung erfolgen (Bräutigam und Cimolino 2010, S. 171 ff.). Primäre Bereitstellung bedeutet, dass rettungsdienstlich alarmierte Einheiten, vor allem nachrückende Einheiten, nicht direkt die Einsatzstelle anfahren. Sie halten mit einigem Abstand zu dieser (außerhalb der Cold Zone, d. h. mindestens 50 m und so, dass ohne Rangieren auch eine andere Einsatzstelle angefahren werden kann) und nehmen Kontakt zum Einsatzleiter oder der alarmierenden Leitstelle auf, die dann den Einsatzauftrag erteilt oder an einen Bereitstellungsraum verweist.
Sekundäre Bereitstellung ist die Bereitstellung von Einheiten in einem Bereitstellungsraum, der durch die Einsatzleitung festgelegt und je nach Anzahl bereitgestellter Einheiten und Dauer der Bereitstellung eingerichtet und betrieben wird (Mitschke et al. 2002).
Sekundäre Bereitstellung ist der Regelfall im Katastrophenschutzeinsatz, wird aber auch bei größeren rettungsdienstlichen Lagen notwendig.
Da sich Ertrinken für Personen in Wassergefahr immer gleich anfühlt –egal, ob sie in einem Badesee in Bayern oder im Rhein bei Mainz in Not geraten –, sollte auch Wasserrettung überall einheitlich geregelt ablaufen und funktionieren. Im Gegensatz zu den Vorgaben der Feuerwehr für Brandeinsätze über die FwDV 100 gibt es bislang keine allgemeingültige Dienstvorschrift für den Wasserrettungsdienst.
Dazu möchte dieses Buch einen Beitrag leisten, indem es umfangreiche Ansatzpunkte für eine „Dienstvorschrift 3“ zur Organisation und zu Taktiken der Wasserrettung bietet:
Ausgehend vom Ertrinken zieht sich der rote Faden über die Organisation der vorhandenen Einheiten der Wasserrettung in Deutschland, um sich dann den verschiedenen taktischen Ebenen zu widmen – von klein nach groß, von einfach zu komplex. Kapitel zur organisatorischen Vor- und Nachbereitung von Einsätzen sowie zum Gesundheits- und Umweltschutz, immer mit Fokus auf die taktischen Belange der Wasserrettung, runden das Buch ab.
Dabei sind die Beschreibungen der Einheiten und Aufgaben organisationsunabhängig und -übergreifend umgesetzt.