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Swim Run: neuartiges Teamerlebnis

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Laufwege

Laufwege

Der Trail endet nicht am Wasser

Aus einer Wette entsteht eine neue Sportart.

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Schwimmen und Laufen in einem Wettkampf, und das nicht nur einmal, sondern viele Male abwechselnd hintereinander. Dabei ganz eintauchen in die Natur. Ein Erlebnis für alle Sinne, zu zweit und als Team. Die junge Sportart Swimrun lässt auch für Einsteiger nur wenige Wünsche offen.

TEXT_Roland Romanik//FOTOS_BILDBEARBEITUNG NOLL

Aus einer Wette wird ein Abenteuer. Das ist nicht Ungewöhnlich. Aus einer Wette entsteht eine neue Sportart. Das ist schon viel bemerkenswerter, beinahe kurios. Es müssen an einem Abend im Jahre 2002 bei einer angeregten Plauderei unter Mitarbeitern eines skandinavischen Landgasthauses eine gesunde Portion Adrenalin und vielleicht auch ein paar stimulierende Getränke zu viel im Spiel gewesen sein, anders lässt sich die Entstehung dieser gemeinsamen Idee nicht erklären. In Zweierteams sollte eine 75 km lange Strecke in Schweden möglichst rasch zu Fuß und ohne Hilfsmittel zurückgelegt werden. Die einzige Regel: Drei verschiedene Restaurants auf drei Inseln zwischen Ausgangspunkt und Zielort müssen passiert werden. Der Wetteinsatz: Die Verlierer mussten in einem Lokal am Ziel das trinken und bezahlen, was das Siegerteam vorher für sie bestellt hatte.

Wer sich die Strecke auf Google Maps ansieht, erkennt auf den ersten Blick, dass dieses Abenteuer nicht zum Honiglecken werden kann. Zehn Kilometer der Strecke verlaufen über das Wasser der kalten und rauen Ostsee. 23 Laufeinheiten werden von 22 Schwimmabschnitten unterbrochen, was sich als intensives Inselhopping gestaltet. Ö till Ö, von Insel zu Insel, wie es bei den Schweden heißt. Wie ist die Wette ausgegangen? Die beiden Teams schleppten sich völlig erschöpft ins Ziel und hatten nach 24 Stunden extremer körperlicher und mentaler Belastung nicht einmal Kraft für eine Siegesfeier.

Das war der Anfang. 18 Jahre später steckt die Sportart Swimrun noch immer in den Kinderschuhen, hat sich aber weltweit schon viele Anhänger gesichert. 800 Bewerbe über verschiedene Streckenlängen bis zur Marathondistanz werden mittlerweile ausgetragen. In den skandinavischen Ländern spielt Swimrun schon seit vielen Jahren eine große Rolle. Traditionelle Veranstaltungen wie der ÖTILLÖ werden bereits seit einem Jahrzehnt ausgetragen und können nur über Vorausscheidungen gebucht werden. In Österreich ist die Szene noch überschaubar, die meisten Athleten, die sich an diesem Zweikampf zu Wasser und auf Trails versuchen, kommen aus dem Ausdauersport. Vor allem Triathleten, Trailrunner oder Open Water Schwimmer tauchen ein in das neue Erlebnis, das viele verschiedene Erfahrungen verspricht. Einen besonderen Reiz macht der Umstand aus, dass Swimrun als Teamsport entstanden ist, auch wenn ein Wettkampf solo absolviert werden kann. Zwei Athleten, die gut aufeinander abgestimmt sein müssen, weil sie buchstäblich aneinander hängen und mit einem kurzen elastischen Zugseil von zwei bis drei Metern Länge per Karabiner verbunden sind, absolvieren die gesamte Distanz Seite an Seite. Teamwork ist angesagt, sowohl beim Schwimmen

als auch beim Laufen. Die richtige Partnerwahl ist nicht selten eine Herausforderung, sollten doch die Qualitäten und Stärken der Teammitglieder ähnlich oder nicht zu unterschiedlich sein. Immerhin gibt es beim Swimrun schon jetzt einen Frauenanteil von 40 Prozent, im Schnitt sind die Sportler zwischen 35 und 40 Jahre alt und somit im besten Ausdauersportalter.

Das Outfit beim Swimrun wird während des Wettkampfs nicht gewechselt, anders als bei einem Triathlon gibt es daher auch keine Wechselzonen. Je nach Wassertemperatur kommen Neoprenanzüge in verschiedenen Variationen zum Einsatz, für die Trailstrecke eignen sich leichte Schuhe mit genügend Profil und gutem Grip, die das Wasser nach dem Schwimmen wieder rasch abgeben. Als Hilfsmittel auf den Schwimmstrecken dürfen schaufelartige Paddles an den Händen und ein Poolboy zwischen den Beinen als Antriebshilfe verwendet werden. Wer krault, ist natürlich schneller unterwegs. Schwimmbrille und Schwimmhaube sollten auch nicht fehlen. Wenn kein Neopren zum Einsatz kommt, kann jeder Teilnehmer selber über die Wahl von Shirt und Hose entscheiden.

So viel zum Technischen. Swimrun erhebt keineswegs den Anspruch einer High-tech-Sportart, bei der unmäßig viel Aufwand betrieben werden muss, um möglichst viel Output zu erhalten. Im Gegenteil, Swimrun präsentiert sich auch heute noch weitgehend so, wie es im Sinne der schwedischen Erfinder vor 18 Jahren war: als großes Naturerlebnis und eine extra Portion Action und Abenteuer. Swimrun ist ein Versinken in die naturbelassene Umgebung, der Sport passiert zwischen Steinen und

Felsen, mitten im Wald, am See und im See. Es geht nicht um Zeiten oder Limits, die Wettkämpfe sind bezüglich der Strecken und absolvierten Zeiten auch nicht vergleichbar.

Sein Motto „Das Leben spielt sich draußen ab“ lebt der Sport- und Bewegungswissenschaftler und Trailrunningprofi Gerhard Schiemer auch in der jungen Sportart aus. Für ihn geht es bei Swimrun um die bewegte Auseinandersetzung zwischen Mensch und Umwelt. „Im Vordergrund stehen das Erleben und Wahrnehmen der Natur. Die räumliche und zeitliche Ausdehnung wird spürbar und gibt die unterschiedlichen Wirkrichtungen vor.“ Der 45-Jährige ist Trainer des österreichischen Trailrunning-Nationalteams und hat sich als aktives Mitglied viele sportliche Erfolge erlaufen. Swimrun hat Schiemer erst vor ein paar Jahren für sich entdeckt, dieser attraktiven Ausdauerkombi konnte er bisher viel Positives abgewinnen. „Swimrun erinnert mich an die Anfänge des Trailrunning, als der Wettkampfgedanke noch nicht im Vordergrund und der Freiheitsgedanke über der Leistung stand.“ Was übt eigentlich

Das Leben spielt sich draußen ab.

Ein sportliches Erlebnis, das verbindet.

den Reiz aus? Das Unbekannte, das Überwinden von Schmerzen, Hunger – das sind laut Schiemer Aspekte, die in unserer zivilisierten Welt kaum erlebt würden. „So mancher sehnt sich daher nach ein bisschen Abenteuer abseits der versiegelten Wege und dem Schwimmbad. Swimrun trifft diesen Nerv ganz gut. Jeder kann selbst bestimmen, in welchen Dimensionen er die Natur erleben will und kann.“ Schiemer hat beim Swimrun schon viele schöne Plätze entdeckt, gerade für Mixed-Teams ergibt sich die gute Gelegenheit, sportliche Interessen gemeinsam in einem alle Sinne berauschenden Wettkampf zu teilen. „Das hat zum Teil schon Romantikcharakter“, weiß der Semiprofisportler.

Was sagen Körper und Gesundheit zu diesen abwechselnden Belastungen? Von der Sprintstrecke über 8 bis 10 km bis hin zur Marathondistanz finden sich beim Swimrun auch Wettkämpfe. Wer jemals einen Marathon gelaufen ist, weiß, dass die Absolvierung einer solchen Distanz am Stück nicht unbedingt gesund ist. Gerade die Muskulatur ist arg bedient, das Immunsystem geschwächt, die Kraftreserven sind aufgebraucht. Beim Swimrun erholt sich der Körper bzw. die Muskulatur durch den Wechsel der Disziplinen gut. „Die muskuläre Belastung ist im Vergleich zum reinen Laufen wesentlich geringer“, sagt der Sportwissenschaftler. Das Bindegewebe erholt sich dazwischen. Der Körper regeneriert.“ Auch Beweglichkeit und Koordination werden positiv beeinflusst. Kaum zu glauben, wenn wir an die ursprüngliche Wettkampfidee aus Schweden denken. Für Einsteiger hat Schiemer drei Tipps parat: ein Schwimmkurs im Winter; Übung der Wechsel zwischen den Disziplinen im Training, um rasch ein Gefühl dafür zu bekommen; und bei einer Veranstaltung den Wettkampfgedanken ausklammern, um die Natur genießen zu können.

Schiemers erster und einziger Wettkampf bisher war die Teilnahme am „Backwaterman“ am Ottensteiner Stausee in Niederösterreich. Das Gewässer erinnert stark an die Fjorde in Skandinavien und ist längst ein Geheimtipp für sportbegeisterte Outdoorfans. Organisiert wird die diesjährige Ausgabe von 3. bis 5. Juli, die zugleich das 15-jährige Jubiläum darstellt, zum dritten Mal von Andreas Sachs, der sich auch schon als Sportler einen Namen gemacht hat – u.a. durch seine Teilnahme am bekannten Ultraradrennen Race Across America. Der Marketing- und Eventprofi erwartet heuer bis zu 200 Teilnehmer am malerischen Waldviertler Stausee. Ein sportliches Erlebnis, das verbindet – und dies auf den Wegen der mystischen Kraftplätze, wie es der Flyer der Veranstaltung verspricht. „Neben ambitionierten heimischen Sportlern und neugierigen Einsteigern haben wir auch diesmal einige internationale Topathleten am Start“, verrät Sachs. Für diese gilt es wie für alle anderen Swimrunner an diesem Tag, alle Sinne zu öffnen und in die Natur einzutauchen. Denn der Trail endet nicht am Wasser.

www.backwaterman.at www.gerhardschiemer.at

DEIN PROJEKT FÜR DAS ÖSTERREICH VON MORGEN!

Wir rufen sozialunternehmerische Einzelpersonen, Gruppen und Organisationen auf, ihre Projekte beim Get active Social Business Award 2020 einzureichen.

Zusätzlich zu den Themen Umwelt, Gleichstellung von Frauen sowie gesellschaftlicher Inklusion lädt der diesjährige GASBA zur Frage ein, was wir von Pandemien lernen können, und wie wir angesichts der COVID-19 Krise unsere sozialen Systeme resilienter gestalten können. Mehr denn je steht der soziale Sektor vor neuen Herausforderungen, die wir nur miteinander bewältigen können.

Das Siegerprojekt fördern wir mit einem Startkapital von € 91.000,– in Form von Geld- und Sachleistungen.

Mit den Initiativen 5by20 und World without Waste wird der Get active Social Business Award weiterhin einen aktiven Beitrag zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit von Frauen sowie der Plastikreduktion leisten.

Der Get active Social Business Award wurde 2007 von Coca-Cola Österreich, DER STANDARD und dem NPO & SE Kompetenzzentrum der WU Wien initiiert und seit 2019 auch von 4Gamechangers unterstützt.

Jetzt aktiv werden und mitmachen! Alle Infos auf: coca-cola-österreich.at/get-active facebook.com/GetactiveCocaCola

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