2009-12-topgewinn

Page 1

0912a_049_Bilanz_Layout 1 09.12.09 13:33 Seite 49

GELD & BÖRSE

Anleitung zum Bilanzlesen

Foto: stockmachine – istockphoto.com

ment), schwanken stark, denn es ist ein Aberglaube, dass der Cashflow nicht etwa vor dem Bilanzstichtag manipulierbar ist.“

VON STEFAN TESCH

„S

eien Sie skeptisch, wenn Ihnen jemand eine Kennzahl vorlegt“, mahnt Christoph Fröhlich, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Ernst & Young. Miteinander vergleichbar sind die wenigsten, denn in ihrer Berechnung liegt der Unterschied. Individuelle Darstellung „Fast alle Kennzahlen werden so gerechnet, wie es das Unternehmen haben will“, erklärt Fröhlich, „Unternehmen haben ihre individuellen Standards.“ Wichtig ist aber, dass die Zahlen jedes Jahr gleich berechnet werden, denn nur so wird der Zeitvergleich nicht zerstört. „Es gibt nie eine Zahl, die man überall vergleichen kann“, so Fröhlich. Er rät, zuerst zu überlegen, welche Kennzahlen für ein bestimmtes Unternehmen oder eine bestimmte Branche wichtig sind. Fröhlich: „Man kann ein Hotel nicht mit einer Raffinerie vergleichen. Zudem müssen Zahlen immer im Rahmen der gesamtwirtschaftlichen Bedingungen gesehen werden.“ Fröhlich warnt vor einem weiteren Irrglauben: „Cashflow-orientierte Zahlen, wie etwa CFROI (Cash Flow Return on InvestDezember 2009

IFRS versus UGB Aufgrund einer EU-Verordnung gilt seit 2003 ein neuer Standard für Konzernabschlüsse börsennotierter Unternehmen: IFRS (International Financial Reporting Standards). Die „Gesamtergebnisrechnung“ kommt dazu. Früher gab es Gewinne, die nicht klar in der Gewinn-Verlust-Rechnung dargestellt werden konnten. Die Gesamtergebnisrechnung nach IFRS ist aussagekräftiger als die herkömmliche GV-Rechnung. Ein wesentlicher Unterschied zwischen UGB (Unternehmensgesetzbuch) und IFRS ist die Zielsetzung der Rechnungslegung. „In Österreich zielt UGB vor allem auf die Gläubiger und Eigentümer ab“, erklärt Thomas Smrekar, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei KPMG. Nicht börsennotierte Unternehmen können frei wählen, ob sie nach UGB oder IFRS abschließen wollen. „Man muss sich zuerst fragen, ob ein Geschäftsbericht nach UGB oder IFRS erstellt wurde, erst danach kann man sich auf die Kennzahlen stürzen“, so Smrekar. Er empfiehlt, den ganzen Anhang und Lagebericht eines Geschäftsberichts zu lesen, denn nur so erfährt man auch die Entwicklung des Unternehmens zwischen Bilanzstichtag und Veröffentlichung. Es könnten ja größere Transaktionen in der Zwischenzeit stattgefunden haben. In der Bilanz findet man fünf Anhaltspunkte zur wirtschaftlichen Lage von Unternehmen: 1. Vermögenslage: Beinhaltet alle Vermögenswerte, über die das Unternehmen Verfügungsgewalt hat. 2. Finanzlage: Ist die Finanzierung der Vermögenswerte wie z. B. Eigenkapital oder Fremdkapital. Dabei spielen Fristigkeiten eine wichtige Rolle. 3. Ertragslage: Zeigt die in einer bestimmten Periode erzielten Erträge. TOP

Foto: KPMG Austria GmbH

Kennzahlen scheinen zwar auf den ersten Blick eine klare Sache zu sein. Doch hinter den Zahlenkulissen zeigen sich ihre wahren Tücken und Stärken. Lesen Sie aktuelle Tipps von Experten auf der GEWINN-Messe 2009.

Foto: Studio Ehringer GmbH

Kennzahlengeflüster

Dr. Christoph Fröhlich, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Ernst & Young, und Mag. Thomas Smrekar, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei KPMG, betonen unisono, dass Kennzahlen bei jedem Unternehmen anders zu gewichten sind

4. Zahlungsströme: Geben Auskunft über die Herkunft und Verwendung von Finanzmitteln innerhalb einer Periode.

Die wichtigsten Kennzahlen auf einen Blick Bruttogewinnspanne. Die Differenz zwischen Verkaufspreis und (Produktions-)Kosten, diese signalisiert den Ertragsanteil abzüglich der Kosten. EBIT (Earnings before Interest and Tax). EBIT ist eine Maßzahl für den operativen Erfolg eines Unternehmens. Es entspricht dem Jahresüberschuss vor Zinsen und Steuern. Return On Equity (Eigenkapitalrentabilität), kurz: ROE. Zeigt das Ergebnis einer Investition (Jahresüberschuss eines Unternehmens) im Verhältnis zum investierten Kapital. Daraus lässt sich die Rentabilität einer Investition ablesen. Return On Investment (Kapitalverzinsung/ Kapitalrendite), kurz: ROI. Sie misst die Rendite des gesamten im Unternehmen eingesetzten Kapitals. So zeigt sich das Verhältnis des Gewinns zum investierten Kapital. Return On Sales (Umsatzrentabilität), kurz: ROS. Das Verhältnis zwischen Gewinn und Gesamtumsatz. Wie viel Gewinn hat ein Unternehmen aus dem Umsatz erwirtschaftet. Ein ROS von zehn Prozent bedeutet, dass pro umgesetztem Euro zehn Cent Gewinn entstehen. Eigenkapitalquote. Das Verhältnis des Eigenkapitals zum Gesamtkapital. Eine hohe Eigenkapitalquote macht unabhängig. Der übliche Durchschnitt liegt zwischen 30 und 40 Prozent, bei Banken ist sie deutlich niedriger. Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Der Kurs einer Aktie dividiert durch ihren Gewinn ergibt das KGV. Beispielsweise ist bei einem KGV von zwölf der Kurs der Aktie zwölf Mal so hoch wie der Gewinn pro Aktie. Je niedriger diese Kennzahl, desto preiswerter ist die Aktie.

49


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.