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MANAGEMENT & KARRIERE Gekauftes Netz
Edward Snowden gefasst* Fake News, gekaufte Follower und Blogbeiträge – so funktionieren die Mechanismen des gekauften Netzes und der sozialen Medien. VON STEFAN TESCH
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dward Snowden, Staatsfeind der USA, braust im weißen SUV über den Highway Floridas. Mehrere Streifenwagen sind ihm dicht auf den Fersen. Die Zuseher sind per Videostream aus dem Hubschrauber live dabei. Über facebook verbreitet es sich rasend schnell. Nach zweieinhalb Stunden endet das Video abrupt und Snowden
*) Fake News
Foto: Christoph Teufel
Paradebeispiel für Fake News: Echtes Video mit falschen Fakten
„Influencer Marketing“: Gekaufte Blogbeiträge Während die meisten Gäste über die Pisten schwingen, bleibt der Blogger Christoph Teufel im Wellness-Bereich und genießt es, den Whirlpool für sich allein zu haben. Schauplatz ist das Luxushotel Zürserhof am Arlberg, wo Teufel das Wochenende über die Seele baumeln lässt. Später schreibt er auf seinem Blog „teu felsbeitrag.com“ einen wohlwollenden Artikel inklusive Bilder über seinen Aufenthalt im Zürserhof. Für das Wochenende hat er nichts bezahlt, sondern sogar Geld kassiert. Wie das geht? Teufel hat das Bloggen zum Beruf gemacht und ist aufgrund seiner Reichweite ein Influencer. Jemand, der das Potenzial hat, Menschen für etwas zu begeistern. Sein Blog hat 15.000 Aufrufe pro Monat, der dazugehörige Instagram-Account 7.000 Follower. Wie viel er genau für das Wochenende am Zürserhof bekommen
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hat, möchte er nicht verraten. Dass für den Beitrag Geld geflossen ist, hat er allerdings gekennzeichnet. Das ist laut Mediengesetz auch notwendig. Doch nicht alle Influencer halten sich dran. Für Werbetreibende ist Influencer Marketing seit einigen Jahren eine willkommene Abwechslung, potenzielle Kunden zu erreichen, ohne dabei übermäßig tief in die Tasche greifen zu müssen. „Blogger sind eine sehr kostengünstige Variante“, meint Hannes Skardarasy, Inhaber des Zürserhofs. Zudem seien die Menschen mit klassischer Werbung wie Inserate und Werbespots übersättigt, findet der Hotelier. Mit einem Budget von 10.000 bis 20.000 Euro pro Wintersaison lädt er neun Blogger für jeweils ein Wochenende zu sich ins Luxusresort ein, inklusive Skipass. Manche dieser Gäste verlangen nicht nur Reisespesen, sondern zusätzlich ein Honorar von mehreren hundert Euro. Ab-
Hauptberuflicher Blogger Christoph Teufel: „Lediglich von Einladungen auf eine Kreuzfahrt kann keiner leben. Es muss zusätzlich ein angemessenes Honorar fließen.“
hängig von ihrer Prominenz und Reichweite, versteht sich. Der Deal: Ein Beitrag auf ihrem Blog und je nach Vertrag auch ein Instagram-Posting. Ihre Artikel sind oft voller Rechtschreibfehler und teils von bedenklichem Schreibstil. Doch ihren Lesern geht es um Authentizität und nicht um Professionalität. Skardarasy ist mit seiner gekauften Nähe zu Bloggern kein Exot. Längst haben groGEWINN 7/8/17
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ße Unternehmen wie Microsoft, CocaCola, Lipton oder IngDiba das Potenzial erkannt, über das Sprungbrett der Influencer ihre Kunden ohne allzu große Streuverluste zu erreichen. Es müssen nicht immer Blogger sein, auch „YouTuber“ laden sie zu Workshops und Produktvorstellungen ein und überschütten sie mit Testprodukten. Bloggen als Job Influencer existieren für eine breite Palette an Themen. Von Lifestyle und Kosmetik, über Technik, Nachhaltigkeit, bis hin zu Nischen wie Essstörungen und seltenen Krankheiten. Laut Blogverzeichnis blog heim.at existieren hierzulande rund 1.800 Blogger. Namhafte Lifestyleblogger wie etwa „Dariadaria“, „Bikinis & Passports“ oder „Berries & Passion“ verzeichnen pro Monat bis zu 50.000 Unique Clients. facebook-Seiten mit bis zu 45.000 Fans und Instagram-Accounts mit 100.000 Followern. GEWINN 7/8/17
„Zubehörladen“ für den Instagram-Account: Mit wenigen Klicks lassen sich Tausende Follower um wenig Geld zukaufen
Politische Fake News Nächster Kandidat im Reigen der Fake News ist die britische Rechtspartei „Britain First“. Sie teilte via facebook im April dieses Jahres ein Video, in dem angeblich eine Frau in einer österreichischen U-Bahn-Station von Migranten vergewaltigt worden sei. Das Video ist echt, doch die Fakten sind falsch. Zwar fand die auf dem Video zu sehende Handgreiflichkeit tatsächlich statt, jedoch bei einem Raub- und Drogendelikt 2016 in Prag. Reichweite:
Wer als Unternehmen in diesen Communities vertreten sein will, muss zahlen. Offizielle Preislisten gibt es nicht, doch ein Blogbeitrag kosten zwischen 600 und 2.500 Euro, ein Instagram-Posting 100 bis 500 Euro. Für die meisten Influencer sind die Einnahmen kein zusätzliches Taschengeld, sondern ihr Brotberuf. Längst treten die Erfolgreichen unter ihnen als Unternehmer auf und bloggen hauptberuflich, so wie Christoph Teufel. „Lediglich von Einladungen auf eine Kreuzfahrt kann keiner leben. Es muss zusätzlich ein angemessenes Honorar fließen“, betont er. Als alter Hase in der Szene hat er die Plattform „Streambase.co“ gegründet, um Unternehmen die passenden Influencer zu vermitteln. Dass Influencer Marketing auch nach hinten losgehen kann, zeigt das unlängst über die Bühne gegangene Fyre-Festival auf den Bahamas. 400 Influencer, vorwiegend Models, vermittelten mit bezahlten Postings im Netz den Anschein eines Luxus-
100.000 Aufrufe, über 2.000 Likes und 400 Kommentare. Den Zweck, nämlich Hetze und rechte Meinungsmache, hat es allemal erfüllt. „Hybrid-Fakes“ nennt sie Andre Wolf, Autor des Buchs „Die Fake-Jäger“ und Pressesprecher von Mimikama, einem Verein zur Aufklärung über Internet-Missbrauch. „Dabei wird echtes Video- oder Fotomaterial mit falschem Begleittext in einen neuen Zusammenhang gesetzt“, erklärt Wolf. Die Urheber solcher Falschmeldungen sind ver-
Festivals. In Wirklichkeit handelte es sich aber um einen Flop mit Mobilklos und Notfallzelten, statt schicken Yachten und Glamour. Aber es ist bekanntlich nicht alles Gold, was glänzt. Auch nicht im Netz.
Foto: Hotel Zürserhof/Larswieser.com
wird nicht in Handschellen abgeführt. Warum? Weil wir es mit einem Glanzstück aus der Kategorie Fake News zu tun haben. Das Videomaterial stammte von einer längst vergangenen Verfolgungsjagd eines Autodiebes. Aber die Plattform usanewsfeed.info verkauft es dem Zuseher als „live“, geschmückt mit einem Snowden-Porträt und dem Titel „LIVE: Police chase of Edward Snowden on Miami Streets“. Fertig ist das FakeNews-Paket wie aus dem Lehrbuch. Usanewsfeed klingt zwar wie eine Nachrichtenseite, ist aber keine. Sondern eine anonyme Seite ohne Impressum und gut gefüllt mit Werbebannern. Und sie verfolgt nur ein Ziel, nämlich so viele Klicks wie möglich zu generieren, um von der Werbeindustrie abzucashen. Dank facebook funktioniert das auch wunderbar. So hat sich die Fake-Verfolgung viral explosionsartig verbreitet. 60.000 Aufrufe, 2.000 Kommentare, 600-mal geteilt und ebenso häufig gelikt. Wie viel diese Aktion in die Kassen spülte, lässt sich nicht ermitteln. Allerdings macht eine Seite à la usanewsfeed über ihr gesamtes Angebot an Fake News zirka 200 bis 5.000 Euro Umsatz pro Tag.
Hotelier Hannes Skardarasy investiert jährlich bis zu 20.000 Euro in Influencer Marketing
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lockt Unternehmen und „Influencer“ an, dort aktiv zu werden. Doch viele genieren sich für eine anfangs kleine Fangemeinde auf Instagram, während ihre facebook-Seiten schon etabliert sind. Da hilft ein Ausflug in den „Zubehörladen“. Im „Social MeParagraphen gegen Fake News? dia Market“ (siehe Linkbox rechts) Gibt es hierzulande nicht. Auch sonst gibt’s 10.000 Instagram-Follower um ist per Gesetz den „alternativen Fakten“ 45 Euro. Der Anbieter verspricht, die wenig entgegenzuhalten. „Der Urheber gekauften Accounts seien alle mit Proeiner Falschmeldung macht sich nur filbild, um möglichst echt zu wirken. strafbar, wenn er sie absichtlich mit Lieferzeit zwei bis sieben Tage. Aber dem Ziel der Verhetzung verbreitet“, was wären die Follower ohne Likes? erklärt Rechtsanwalt Roland Marko Her mit dem 10.000er-Paket um 36 von der Kanzlei Wolf Theiss am Bei- Euro. Welche Posts gelikt werden sollen, spiel von falschen Gerüchten über von gibt man gleich bei der Bestellung an. Flüchtlingen begangene Straftaten. Und damit der Auftritt so richtig Fahrt Ähnlich verhält es sich beim bloßen Weitergeben solcher Nachrichten, also Social-Mediaetwa beim Teilen via facebook: „Dies Strategin Alice Katter: ist nur dann eine Straftat, wenn der „Follower zu Verbreiter weiß, dass es sich um eine kaufen, ist unFalschmeldung handelt“, so Marko. ter Influencern populär. Und dies ist in der Praxis oft schwer Man erkennt nachzuweisen. es an verhält-
blüffenderweise nur in Ausnahmefällen politische Parteien selbst. Wolf: „Häufig nehmen Fake News ihren Ursprung bei Privatpersonen, die es als Ventil für ihre persönlichen Ängste verbreiten.“
Fake-News-Seiten • usanewsfeed.info • newpoliticstoday.com • blog.halle-leaks.de
Follower & Engagements kaufen
Foto: Victoria Koller
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Falsche Freunde Gekaufte Fans und Follower in sozialen Netzwerken sind eigentlich ein alter Hut. Was früher facebook-Seiten zu scheinbar mehr Ruhm verholfen hat, erlebt derzeit auf Instagram eine Renaissance. Kein Wunder, denn das bilderlastige Social-Network ist derzeit stark im Wachsen. Innerhalb der letzten zwölf Monate ist es von 500 auf 700 Millionen Nutzer gewachsen. Und das
nismäßig wenig Likes und Kommentaren auf ihren Accounts.“
Auch für andere soziale Netzwerke gibt’s ein Tuning. 10.000 facebook-Fans um 100 Euro. Ähnlich bei YouTube: 1.000 Abonnenten kosten 80 Euro und 10.000 Klicks auf Videos 38 Euro. Für Twitter kosten 1.000 Follower zwölf Euro, 1.000 Retweets acht Euro.
Und wer macht das?
aufnimmt, kommt noch eine Prise Kommentare dazu. Hier wird’s schon exklusiver. Für 35 Euro bekommt man nur 200. Die Inhalte der Kommentare kann man dafür selbst texten, ansonsten bekommt man standardmäßig „Great“, „Awesome“ oder „Nice Picture“.
„Doping” für den Auftritt in sozialen Netzwerken. Die gekauften Follower sind internationaler Herkunft, damit es glaubwürdiger wirkt. Das verspricht zumindest der Anbieter
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social-media-market.de followerskaufen.net follower24.de socialmediadaily.de Selfie-Freunde aus Japan: family-romance.com/service/ realappeal.html
Natürlich gibt es kaum jemand zu, aber „Follower zu kaufen ist unter Influencern sehr verbreitet, da eine hohe Zahl noch immer als Aushängeschild gesehen wird“, so die selbständige Social-Media-Strategin Alice Katter. Noch immer werden Follower von ihren Kunden als harte Währung betrachtet, obwohl Likes und Kommentare („Engagements“) viel wichtiger sind. Aber je mehr Follower, desto mehr können Influencer für ihre Arbeit kassieren. Aber die Sache mit dem Zukauf von Followern hat einen Haken und bleibt für das geschulte Auge nicht unentdeckt. „Man merkt es bei Profilen, die viele Follower haben, aber verhältnismäßig wenige Likes und Kommentare“, gibt Katter zu bedenken. Aus Kostengründen verzichten nämlich viele darauf, solche Engagements zu kaufen. Pro Woche, so die Faustregel, sollte die Engagement-Rate grob geschätzt zwischen fünf und 20 Prozent der Followerzahl ausmachen. Bei einer Seite von 10.000 Followern sind das also 500 bis 2.000 Aktivitäten. GEWINN 7/8/17