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1309_084_Check_GEWINN 28.08.13 15:14 Seite 84

MANAGEMENT & KARRIERE Marktcheck: Friseur

Ein Job zum Haare raufen Akuter Personalmangel und Diskontpreise bringen Friseure ins Schwitzen. Wer leben will, braucht eine gute Lage und muss sich spezialisieren. Sind die Österreicher Friseurmuffel? Nur jeder Zweite geht zumindest einmal jährlich Haare schneiden

beitern ergibt das einen ungefähren Jahresumsatz von mindestens 120.000 Euro brutto. In der Praxis sind das bei einem durchschnittlichen Frisurenpreis von 50 Euro rund fünf Kunden täglich, die ein Friseur bedienen muss. 40 Prozent Stehzeit pro Mitarbeiter sind üblich. Aber: Rund 1.200 offene Stellen in Friseurbetrieben (inkl. Lehrstellen) sind ein Indiz für akuten Personalmangel. „Die Lehre wird gesellschaftlich abgewertet“, klagt Dopplinger über rückläufige Lehrlingszahlen. Auch gibt es wegen der Arbeitszeiten (Spät- und Samstagdienste) zahlreiche Aussteiger. Trostpflaster: „Manche holen die Lehre im zweiten Bildungsweg nach.“

Neue Wege sind gefragt

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Fotos: Foto Weinwurm, ratru/123RF Stock Foto

Inklusive Materialraum und Mitarbeiterraum sollte ein typischer ur rund die Hälfte Salon ungefähr 50 der österreichiQuadratmeter groß sein. schen Bevölkerung geht Für die Grundausstattung muss man mit zwizumindest einmal jährschen 20.000 und 30.000 lich zum Friseur. „Der Euro rechnen. Dazu geRest schneidet die Haare daheim“, weiß Karin hören Friseurstühle (à Dopplinger, Landesin300 bis 1.000 Euro), mo„Ein Mitarbeiter nungsmeisterin der Fribile Waschbecken (300 muss zirka 5.000 seure in Wien und seit 18 Euro), Wellness-WaschEuro Bruttoumsatz sessel (800 Euro) sowie Jahren Inhaberin eines pro Monat bringen.“ Wärme- und TrockengeFrisiersalons. Umso räte à 1.200 Euro. Ein schwieriger ist es, auf KARIN DOPPLINGER dem ohnehin recht volausreichender Vorrat len Markt mit aktuell 7.500 Friseurbe- von 80 Farbnuancen fürs Färben sowie trieben dem Konkurrenzkampf stand- an Pflege- und Styling-Produkten bezuhalten. läuft sich auf mehrere tausend Euro. In einem Salon mit zwei AngestellNur was für Meister ten können maximal sechs Kunden Wer einen Frisiersalon eröffnen möch- gleichzeitig bedient werden – pro Frite, muss die Meisterprüfung zum „Fri- seur also zwei Kunden gleichzeitig, seur und Perückenmacher“ absolviert wenn der Chef selbst mitarbeitet. Die haben (Kosten inklusive Kurs: etwa Löhne liegen zwischen 1.200 und 1.500 5.000 bis 6.000 Euro, Dauer: zirka ein Euro brutto. Jahr). Oder einen Meister als gewer„Ein Mitarbeiter muss zirka 5.000 berechtlichen Geschäftsführer für Euro Bruttoumsatz pro Monat bringen“, mindestens 20 Stunden pro Woche an- rechnet Dopplinger als Faustregel vor. Bei einem Frisiersalon mit zwei Mitarstellen. VON STEFAN TESCH

Zusätzlich macht „Hauptsache günstig“ den Friseuren das Leben schwer. „Wer sein Geschäftslokal etwa mit einem Nagelstudio, Fußpflege oder Kosmetik erweitert, kann sich auch in schlechten Zeiten gut über Wasser halten“, rät daher Dopplinger: „Jeder Friseur erhält während seiner Lehre ohnehin eine Make-up-Ausbildung. Das ist eine gute Basis, um etwa zusätzlich als Visagist zu arbeiten.“ „Großen Salons mit viel Personal geht es nicht gut“, so Dopplinger. Grund dafür sind die enorm hohen Lohnnebenkosten. Kleine Betriebe leben in diesem Fall besser. Ein-Mann-Betrieben – das sind häufig fahrende Friseure – kommt die Kleinunternehmerregelung zugute. Sie müssen keine Umsatzsteuer abführen. Neben der eigenen Mobilität oder einem gut frequentierten Standort hilft auch eine klare Ausrichtung auf eine bestimmte Zielgruppe: nobles Ambiente, ausschließlich Naturprodukte, junges Publikum oder Diskontfriseur. Zudem empfiehlt es sich, Öffnungszeiten nach hinten zu verschieben – etwa von zehn bis 21 Uhr, denn „die Kunden wollen keine Termine mehr fixieren. Sie kommen, wenn sie Zeit haben“, so Dopplinger. GEWINN 9/13


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