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MANAGEMENT & KARRIERE Marktcheck: Buchladen
Lesen braucht heute mehr
haben Zukunft“, ist auch Kernstock überzeugt, aber: „Das Gespür für ein gutes Sortiment ist essenziell.“ Auch Martin Abel, Sortimentsleiter der Buchhandlungskette Frick mit imRaffinierte Ideen und ein maßgeschneidertes merhin elf Filialen in Wien, OberösterSortiment scheinen der Weg zum Erfolg kleiner reich und Salzburg, sieht Online für Buchläden gegen Amazon und E-Books zu sein. stationäre Händler nur als Zubrot. Der Anteil aus dem Online-Handel beträgt bei Frick etwa sieben Prozent. Amazon Pernstich. Für sie die beste Strategie, um zu kopieren sei nicht möglich, so Abel: VON STEFAN TESCH auch in Zukunft trotz Vormarsch des „Das gedruckte Buch wird es trotzdem Online-Handels und des Angebotes von auch in ferner Zukunft geben.“ Denn hier stehe „das haptische Erlebnis beim it „Babette’s“ hat Nathalie Pern- E-Books erfolgreich zu sein. Einkaufen im Vordergrund“, so Abel. stich im wahrsten Sinne des WorKlasse statt Masse tes offensichtlich das richtige Rezept gefunden, um als kleines Buchgeschäft Vor vier Jahren gab es 1.100 Buchhänd- Bücher mit kleiner Marge auch heute noch erfolgreich zu sein. Ihr ler in Österreich, aktuell sind es knapp Bei einem kleinen Laden kann man Sortiment Gastronomie umfasst in etwa 900. Eine negative Entwicklung, aber mit einem Jahresumsatz von ungefähr 2.500 Bücher rund um das Thema Ko- noch kein Massensterben verursacht 80.000 Euro brutto rechnen. Wegen Foto: Peter Schmidt
Fotos: Babette's, Kristina Feuchter
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Nathalie Pernstich kocht ihre Kunden bei Babette’s mit 2.500 Büchern nur zum Thema Kochen und eigenen Gewürzmischungen ein
Im Zum rauhen Stein von Michael Kernstock tauchen Bücherwürmer auf, die sich den Geheimwissenschaften verschrieben haben
chen. Daneben fungiert ihr Geschäft als Imbiss mit frisch gekochten Mittagsmenüs sowie Frühstück und Kaffee und Kuchen tagsüber. „Die Kunden kommen zum Stöbern, weil sie die gute Atmosphäre schätzen, und bleiben dann oft auch zum Essen da“, beschreibt es Pernstich. Zusätzlich bietet sie zweimal wöchentlich Kochkurse an und verkauft selbsthergestellte Gewürzmischungen. Der reine Buchverkauf macht bei Babette’s rund die Hälfte des Umsatzes aus, den Pernstich nicht preisgeben will, Kochkurse und Gewürzverkauf je 20 Prozent. Ein Zehntel kommt aus dem Verkauf von Speisen und Getränken, der für Pernstich primär als Kundenmagnet dient. In ihren mittlerweile zwei Filialen in Wien möchte sie Kunden mit sieben Angestellten ein Einkaufserlebnis aus Beratung, entspannter Atmosphäre und persönlichem Kontakt bieten, so 90
durch Amazon & Co. Viel beunruhigender sind die möglichen Entwicklungen in den nächsten zehn bis 20 Jahren. Bis dahin könnten nämlich EBooks ihren Marktanteil von heute drei auf dann mehr als 30 Prozent steigern, meint Michael Kernstock, Fachverbandsobmann Buch- und Medienwirtschaft in der WKO und selbst Inhaber einer Buchhandlung in Wien. Mit Amazon mitschwimmen zu wollen sei aber kein Weg: „Das Sortiment eines Buchgeschäfts trägt die Handschrift des Buchhändlers“, so Kernstock, dessen „Zum rauhen Stein“ auf Geheimwissenschaften (Alchemisten, Freimaurer, Templer) spezialisiert ist. Sein Rezept: Spezialisierung und aus der Vielzahl an wöchentlich erscheinenden Büchern jene herausfiltern, die zu seiner Klientel passen. „Kleine Buchgeschäfte mit persönlicher Betreuung und Fachberatung
der von den Verlagen vorgegebenen Verkaufspreise für deutschsprachige Bücher (Buchpreisbindung), haben Händler wenig Spielraum. Die Handelsspanne liegt bei rund 30 Prozent. Da ein Mitarbeiter beinahe die Hälfte dieses generierten Umsatzes kosten würde, sind die meisten Buchhändler als EPUs (Ein-Personen-Unternehmen) tätig. Für die Einrichtung muss man etwa 1.000 Euro pro Quadratmeter kalkulieren, das beinhaltet Regale, Ausstellungstische sowie die EDV und Beleuchtung. „Je nach Spezialisierung sollte man rund 1.000 Titel im Sortiment haben“, rät Kernstock. Pro Titel fünf Exemplare auf Lager zu haben, macht knapp 30.000 Euro brutto an Lagerware (entspricht 30 bis 40 Prozent des Umsatzes). Die Miete für ein kleines Geschäft ab 30 Quadratmetern in guter Lage in Wien, kommt auf etwa 12.000 Euro pro Jahr. GEWINN 4/14