2017 Heeressport

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DAS HEERESSPORTZENTRUM

IM VISIER Speerwerferin Victoria Hudson und Leichtathlet Felix Ramprecht starteten dieser Tage ihre Karriere als Heeressportler.

IM NAMEN DES HEERES

Im Heeressportzentrum des Bundesheeres betreiben knapp 400 Athleten Sport als Vollzeitjob. Die Vielfalt ist mit 55 Disziplinen enorm hoch, wovon wir uns bei einem Vor-Ort-Besuch überzeugen konnten. Text: STEFAN TESCH Fotos: SEBASTIAN FREILER

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att schlägt der Speer im Rasen ein und bleibt stecken. Victoria Hudson blickt noch einige Sekunden zufrieden in die Richtung ihres ersten Wurfs auf diesem Sportplatz. Für die 20-jährige Speerwerferin ist es der Beginn einer neuen Ära, heute ist sie ins Heeresleistungssportzentrum MI L I TÄR AKTUE LL

Südstadt in der Nähe von Wien eingerückt. Damit ist sie jetzt eine von 372 Heeressportlern in ganz Österreich. Eine neue Medaillenhoffnung. Ein Aushängeschild der Republik. Sie darf nun ihren Sport als Vollzeitjob ausüben. Doch der Druck ist groß, ihr Vertrag läuft vorerst nur für ein Jahr. „Nur wenn ich gute Leistungen bringe und mich für internationale Events

qualifiziere, wird er verlängert“, so die Leichtathletin, während sie den Speer aus dem nassen Erdreich zieht. Das Heeressportzentrum pickt sich die besten Athleten heraus. Wer hier aufgenommen wird, kann sich vollkommen auf seine sportliche Karriere konzentrieren. Die Sportler genießen als Vertragsbedienstete ein fixes Ein-

kommen zwischen 800 und 1.200 Euro netto pro Monat, der Staat lässt sich dieses Privileg rund 133 Millionen Euro pro Jahr kosten. Damit stellt der Heeressport den größten Brocken der Sportförderung hierzulande. Parallel dazu ist das Heeressportzentrum aber auch für die Sportausbildung in der Truppe zuständig. Auch Hudsons Kollege, Mittelstre-

Der Heeresleistungssport (HLS) stellt die Förderung von Spitzensportlern im Rahmen der staatlichen Sportförderung dar und ist einer von insgesamt drei Bereichen des Heeressportzentrums (kurz HSZ). Die insgesamt 372 Sportler (davon 87 Frauen) gehören den bundesweit zehn Leistungszentren an. 115 Athleten verbleiben nur für die Dauer des Grundwehrdienstes dort, alle anderen haben längere Verträge. Der Heeres-Sportwissenschaftliche Dienst (HSWD), der zweite Bereich, ist für die Sportausbildung im Heer verantwortlich, darunter die Erstellung von Leistungsnormen für die Personalrekrutierung und die Entwicklung neuer Trainingsmethoden für Grundwehrdiener. Dort werden auch Trainer ausgebildet. Die Stabsabteilung ist das HSZManagement und führt die Leistungszentren sowie den sportwissenschaftlichen Dienst. Außerdem ist der Stab für Öffentlichkeitsarbeit, Personal und Materialbeschaffung zuständig. Wer Heeressportler werden möchte, muss bereits auf nationaler Ebene ausgezeichnete Ergebnisse vorweisen können. Gemeinsam mit zivilen Sportfachverbänden entscheidet das HSZ über die Vergabe der Förderplätze. Im Heeressport gibt es insgesamt 55 Disziplinen (u. a. Ski, Karate, Segeln, Langlauf und Reiten). Seit 1999 dienten 6.000 Leistungssportler im Bundesheer und gewannen bei Olympischen Spielen insgesamt 19 Gold-, 24 Silber- und 29 Bronzemedaillen.

ckenläufer Felix Ramprecht, ist heute in der Südstadt eingerückt. Der 24Jährige ist bereits Staatsmeister im Vorarlberg 800-Meter-Lauf, hat aber noch Größeres vor: „Mein Tirol Ziel ist es, mich international zu etablieren. Vor allem bei den Olympischen Spielen 2020“, erzählt Ramprecht nach ein paar Aufwärmrunden am Sportplatz. Auch er

Niederösterreich Oberösterreich

Wien Steiermark

Salzburg

Burgenland

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DREIKÖPFIGES FÜHRUNGSTEAM Die beiden Kommandanten Vizeleutnant Eitel Reins (Mitte) und Vizeleutnant Klaus Bleier (rechts) koordinieren mit Offiziersstellvertreter Norbert Fitzka (links) in der Südstadt rund 100 Bundesheer-Leistungssportler.

schätzt den Vorteil, als Heeressportler finanziell abgesichert zu sein. „Das ist die optimale Voraussetzung, um meine Leistung verbessern zu können“, sagt Ramprecht. Er und Hudson haben soeben eine fünfwö-

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chige militärische Grundausbildung in Gratkorn hinter sich gebracht. Nun tauschen sie Kampfanzug gegen Trainingsanzug, Kasernendrill gegen Sportleralltag. Ihr Ziel: Maximaler sportlicher Erfolg.

Im Fitnessraum nebenan schwitzen gerade die Heeres-Hockeyspieler am Laufband. Dass sie heute in der Südstadt anzutreffen sind, stellt eine Ausnahme dar. Die meiste Zeit trainieren sie beim Hockeyverband. Nur fürs Grundlagentraining kommen sie in ihr militärisches Zuhause. Diese Aufteilung ist typisch für alle Heeressportler: Sie sind zwar beim Heer angestellt, absolvieren ihr Training aber großteils bei zivilen Organisationen. Dies erklärt auch, warum in den Gängen der Südstadt gähnende Leere herrscht, obwohl rund 100 Sportler dort stationiert sind. Bundesweit gibt es zehn solcher Sportzentren, die das Bundesheer mitbenützt. Zivile Trainingsanlagen mit gemischtem Publikum: Schüler, Freizeitsportler und Leistungssportler. Den Überblick, welcher Athlet an welchem Tag wo trainiert beziehungsweise auf einem Wettkampf ist, behalten die zwei Kommandanten,

„Parasportler beim Heer – das ist Gleichberechtigung!“

HEERESSPORTLER ANDREAS ONEA ist Para-Schwimmer und Bronze-Medaillen-Gewinner bei den Paralympics 2016 in Rio.

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Herr Onea, warum sind Sie Heeressportler geworden?

mit zwei Armen funktioniert. (lacht)

Das Bundesheer gibt mir die Möglichkeit, den Sport als Profi auszuüben. Hier bin ich finanziell abgesichert und kann mich die nächsten vier Jahre auf die nächsten Paralympics in Tokio vorbereiten. Ich finde es super, dass wir Parasportler ab jetzt auch zum Heer gehören. Das baut Barrieren ab und ist ein großer Schritt in Richtung Gleichberechtigung.

Wie sieht Ihr Trainingsalltag aus? Der Tag beginnt früh mit einer Einheit in der Schwimmhalle, dann folgt eine kurze Erholungspause zu Mittag. Nachmittags betreibe ich Grundlagentraining und abends geht es noch mal ins Wasser. Pro Woche macht das bis zu zwölf Einheiten Schwimmtraining mit insgesamt 60 Kilometern, drei Mal Kraft- sowie drei Mal Ausdauertraining.

Sie haben diesen Sommer mit einer Zeit von 1:44,44 eine Bronzemedaille in 100 Meter Brust bei den Paralympics in Rio geholt. Wie schwimmt man so schnell mit nur einem Arm? Viel Training, viel an der Lage im Wasser arbeiten und die Rückenmuskulatur auf jener Seite stärken, wo kein Arm ist. Mein Vorteil liegt darin, dass ich erst nach meinem Unfall im Alter von sechs Jahren schwimmen gelernt habe. Somit weiß ich nicht, wie es

Sie sind zwar erst 24 Jahre alt, aber haben Sie schon Pläne für die Zeit nach Ihrer Karriere als Leistungssportler? Da ich sehr gerne rede, möchte ich etwas mit Kommunikation oder Marketing machen. Schon jetzt moderiere ich beim ORF das Behindertensportmagazin „Ohne Grenzen“. Ich bin offen für vieles, aber bis dahin habe ich noch ein paar Jahre im Becken vor mir.

Vizeleutnant Klaus Bleier und Vizeleutnant Eitel Reins (in der Südstadt befinden sich nämlich zwei Zentren unter einem Dach). In ihrem Büro laufen alle Fäden zusammen: Sie sind die Anlaufstelle für ihre Sportler, wenn es um Urlaub und Krankenstand geht. Ihnen müssen auch die Trainingspläne der zivilen Organisationen vorgelegt werden. „Durch unangekündigte Dienstaufsicht überprüfen wir vor Ort den ordnungsgemäßen Ablauf des Trainings, den Zustand der Sportstätten und die Anwesenheit unserer Sportler“, erklärt Reins. Sein Gegenüber Bleier ergänzt: „Unser Job besteht aus drei Vierteln Büroarbeit und einem Viertel Außendienst.“ Bei Athleten in 25 verschiedenen Sportarten ein abwechslungsreicher Job, den die beiden Unteroffiziere mit gutem Gespür für junge Menschen und einer Portion Humor bestreiten. Im 50-Meter-Becken der Schwimmhalle zieht gerade Andreas Onea sei-

INTENSIVES GRUNDLAGENTRAINING Am Eis trainieren diese Hockey-Spieler bei zivilen Organisationen, aber die Fitness holen sie sich in ihrer militärischen Heimat, dem Heeresleistungssportzentrum in der Südstadt.

ne Bahnen. Der 24-jährige Schwimmer ist kein Unbekannter, hat er doch bei den heurigen Paralympics in Rio de Janeiro eine Bronzemedaille gewonnen. Geschickt schwingt er sich trotz fehlenden linken Armes für

ein Interview (siehe Kasten) aus dem Wasser. Erst seit Oktober dieses Jahres fördert das Heer auch Behindertensportler, die übrigens die Bezeichnung „Parasportler“ lieber hören. Dass Parasportler bis vor Kurzem


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BEWEGUNGSKÜNSTLER Schwimmer Andreas Onea ist seit Oktober einer der ersten Parasportler beim Bundesheer. Sein Training absolviert er im 50-Meter-Becken der Südstadt.

Eckelsberger, sieht es pragmatisch: „In der Praxis sehe ich keinen Zusammenhang zwischen Wehrfähigkeit und sportlichen Leistungen. Wir sind sehr froh, dass die ersten Parasportler nun bei uns sind.“

nicht in den Genuss des Heeressports kommen durften, lag an der Voraussetzung, „wehrfähig“ sein zu müssen. Eine politische Entscheidung später gehören nun fünf Parasportler zum Heer. Der Kommandant des Heeressportzentrums, Oberst Gerhard

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Der ehemalige Jagdkommando-Soldat ist Sportler durch und durch: Fallschirmspringer, Heeresbergführer, Skilehrer und militärischer Fünfkämpfer. Wenn es um den Sport im Bundesheer geht, sieht er Verbesserungspotenzial. Häufig komme der Sport bei der Truppe zu kurz und wird auf Kosten anderer Ausbildungsinhalte gekürzt, lautet seine

Kritik. „Sowohl für Grundwehrdiener als auch für Berufssoldaten ist körperliche Leistungsfähigkeit ein wesentliches Qualitätsmerkmal“, mahnt Eckelsberger. Aus seiner Sicht darf Sport nicht zum Selbstzweck dienen, sondern soll die Leistungsbereitschaft erhöhen und gleichzeitig in der Gruppe Spaß machen. „Nicht nur stur Runden laufen und Liegestütz pumpen, sondern der Wettkampfgedanke ist der Schlüssel zur Leistungssteigerung“, so Eckelsbergers Credo. Schließlich sei Sport gerade unter Grundwehrdienern stark gemeinschaftsfördernd. Für die Weiterentwicklung des Sports im Bundesheer sorgt die Abteilung Heeres-Sportwissenschaftlicher Dienst. Ein Beispiel für neue Trainingsmethoden ist „Military Light

Contact Boxing“, ein Boxkampf mit geringem Verletzungsrisiko. Dabei trainieren die Soldaten nicht nur Fähigkeiten im Nahkampf, sondern auch Kraft, Koordination und Ausdauer. Ganz nebenbei berücksichtigt es den Wettkampfgedanken. Ebenso feilen die Sportwissenschaftler an den Anforderungsprofilen für extrem schwierige Jobs im Heer, darunter etwa Piloten, Spezialkräfte, Gebirgssoldaten und Kampfmittelbeseitiger. Studienergebnisse fließen auch in den Leistungssport ein. Und damit in den Alltag der 20 neu eingerückten Leistungssportler, für die der erste Tag im Trainingszentrum Südstadt bereits mit viel Schweiß verbunden war. Aber nur mit hartem Training werden sie Erfolge feiern und ihre rot-schwarzen Trainingsanzüge nicht nur heute in der Trainingshalle, sondern bald mit Stolz bei Wettkämpfen in aller Welt tragen können.

„Sowohl für Grundwehrdiener als auch für Berufssoldaten ist körperliche Leistungsfähigkeit ein wesentliches Qualitätsmerkmal!“ Oberst Gerhard Eckelsberger, Kommandant des Heeressportzentrums


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