am Fischwasser (Mai 2008)

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JUgend

Angeln & Kinder

– passt das zusammen?

Angeln als Trieb und Instinkt Körperliche Triebe dienen grundsätzlich der Selbsterhaltung. Ein sehr starker Trieb ist der Ernährungstrieb, was wiederum die Grundlage der menschlichen Existenz darstellt. Kurz gesagt: ohne Nahrung kein Leben. Doch Nachrungsbeschaffung bedeutet nicht nur Pflanzen pflücken, sondern auch das Erlegen von Tieren, denn der Mensch ist weder ein reiner „Pflanzenfresser“ noch ein reiner „Fleischfresser“. Laut Konrad Lorenz, einem bekannten Verhaltensforscher, muss der Mensch jagen, weil es unsere Vorfahren schon gemacht haben. Dieser Jagdinstinkt sagt, dass die Jagd und somit auch die Fischerei genuine menschliche Tätigkeiten sind. Genauso die Verwendung von Werkzeugen und Waffen gehört zu dieser Theorie. Zugang zur Fischerei Wie gelingt es, Kinder für die Fischerei zu faszinieren? Oft passiert dies durch das „Mitgehen“ mit fischenden Familienmitgliedern, Bekannten oder Freunden. Wer ans Wasser mitgeht, kann ein Interesse sowohl für das „Handwerk Fischerei“ entwickeln, als auch dafür, ein paar Stunden in der Natur zu verbringen. Wichtig ist, Kinder dazu niemals zu zwingen, denn dies würde wahrscheinlich in die falsche Richtung führen. Nicht selten wird die Begeisterung durch eigene Fangerfolge ausgelöst. Eine ausführliche Analyse zu dieser Frage finden sich im anschließenden Interview (siehe nächste Seite).

Foto: Norbert Novak

Von Stefan Tesch

Der fischende Nachwuchs führt unsere Tradition weiter und trägt zum Umweltschutz auch in Zukunft bei. Doch wie kommen Kinder überhaupt zu diesem Hobby? Welche menschlichen Instinkte und Triebe sind für das Angeln verantwortlich?

Ein Jungfischer wie aus dem Bilderbuch …

Statistisch gesehen gab es in Österreich beim VÖAFV einen leichten Rückgang des Jungfischer-Anteils um 0,5 Prozent. Im Zeitraum zwischen den Jahren 2005 und 2007 sank er von 4,4 auf 3,9 Prozent. In Zahlen ausgedrückt sind dies 119 Jugendliche weniger, wobei auch die Gesamtmitgliedszahl im VÖAFV in diesem Zeitraum um zirka 10 Prozent, also um 1364 Mitglieder gesunken ist. Als Jungfischer gelten alle unter 18 Jahren und Mitglied beim VÖAFV sind. Wissen vermitteln Zur Fischerei gehört auch ein wenig Basiswissen. Keine trockene Theorie, sondern beispielsweise Kenntnisse über diverse Fischereigeräte, Knotenbinden und gesetzliche

Bestimmungen. Aber wie kommt man überhaupt zu diesem Wissen? „Learning by doing“ lautet das Motto, doch ist es sinnvoll, es von erfahrenen Fischern zu lernen, als alleine im Dunkeln zu tappen. Ergänzung dazu bilden die zahlreichen Fischereimagazine und Bücher, die einem ein wenig Hintergrundwissen und Zusatzwissen vermitteln. Der VÖAFV bietet einmal jährlich einen Jugendkurs an, der kostenlos besucht werden kann. An zwei Nachmittagen erfahren die Kinder von Profis alles rund ums Angeln und lernen eine Menge für ihre Praxis dazu. Am dritten Tag wird es dann ernst: das Fischen an einem Vereinsgewässer, welches von erfahrenen Kollegen betreut wird.

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Jugend

Foto: Norbert Novak

haben. Ein Detail am Rande: bei der Berufsfischerei geht es nicht immer so waidgerecht zu, wie bei den privaten Sportfischern. „Damit wir auch morgen noch an guten Gewässern fischen können, müssen wir heute schon etwas unternehmen“, ist das Motto des österreichischen Kuratoriums für Fischerei und Gewässerschutz (ÖKF). Dies gelingt nur, indem unser Nachwuchs einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur lernt und in die waidgerechte Fischerei eingeführt wird. Lernen Kinder, die Natur mit Respekt zu behandeln, lässt sich Tierquälerei schon in jungen Jahren vorbeugen. Eine begeisterte Junganglerin.

Rechtliche Situation In Österreich benötigt man vor dem Kauf einer Lizenz, die amtliche Fischerkarte für das jeweilige Bundesland in dem man fischen möchte. Fischt man beispielsweise im Urlaub für ein paar Tage in einem anderen Bundesland, so ist der Erwerb von Gastkarten möglich. Die Lizenz, also die eigentliche Fangerlaubnis für ein bestimmtes Gewässer, erfolgt dann über einen Verein. Informationen zu den amtlichen Fischerkarten und den Gastkarten sind in der nebenstehenden Tabelle zu finden. Neben dem oben genannten Prozedere gibt es in Österreich zahlreiche Privatgewässer, bei denen man den jeweiligen Besitzer bezüglich Angeln kontaktieren muss. Problematik Angeln – Tierschutz „Angeln ist Tierquälerei“. Falsch. Dies ist ein verbreiteter Irrglaube. Quälen bedeutet, Tieren mutwillig und sinnlos Schmerzen zuzufügen und das tun Fischer definitiv nicht. Es existiert zwar die Jagdlust, aber nicht die Lust am Töten oder Quälen. Der Jagdtrieb ist nicht mit dem Töten zu befriedigen. Der „Kampf“ mit einem Fisch ist nicht als Todeskampf zu bezeichnen, sondern als Genuss, einen Fisch überlistet zu

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Interview mit der Pädagogin Katharina Binder Zur Person: Katharina Binder, studiert Erziehungswissenschaft an der Universität Wien, mit Schwerpunkt Medienpädagagogik, Sonder- und Heilpädagogik und Psychoanalytische Pädagogik. Im Rahmen ihrer Tätigkeit in der außerschulischen Kinder- und Jugendbetreuung beschäftigt sie sich sehr viel mit Freizeitgewohnheiten und -gestaltung von Kindern und Jugendlichen.

Wie bestimmt sich das Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen? Wenn es darum geht, was man in seiner Freizeit macht, so ist es am stärksten vom Freundeskreis abhängig. Es geht darum, was Personen im eigenen Umfeld machen; davon sind Jugendliche sehr stark beeinflusst. Natürlich spielt das Interesse auch eine wichtige Rolle, genauso wie Trends im Freizeitverhalten, die von Medien populär gemacht werden. Welche Beweggründe und Motive gibt es, dass Kinder und Jugendliche angeln? Fischen ist kein Hobby, das sehr viele Kinder in Österreich haben. Im Kindesalter, also vor der Pubertät (bis ungefähr 10 Jahre) verbringen sie viel Zeit mit ihren Bezugspersonen aus der Familie (Eltern, Großel-

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tern, Onkel, Tanten …). Hier kann es leicht passieren, dass sie einfach zum Angeln „mitgehen“. Kinder sind in dieser Entwicklungsphase vor der Pubertät leicht für dieses Hobby zu motivieren, da man beim Fischen viel Neues dazu lernt und es auch spannend sein kann. Umwelt und Natur kennen und erleben zu lernen ist für Kinder unglaublich spannend. In der Pubertät sieht die Sache schon anders aus. Die Abgrenzung von den elterlichen Bezugspersonen und das Erwachsenwerden beginnen. Mit dem Onkel ans Wasser zu gehen, passt hier kaum mehr ins Konzept des Erwachsenwerdens. Man orientiert sich nicht mehr so viel an den Eltern, sondern eher an Gleichaltrigen. Auf der Suche nach seiner eigenen Identität stellen sich immer wieder die Fragen: was ist cool? Was machen meine Freunde? Somit sind Kinder in der Pubertät auch wenig selbstbestimmt, was die Frage nach der Freizeitgestaltung betrifft. Ebenfalls sind Individualsportarten, wo man also nicht in einer Gruppe ist, in der Pubertät eher weniger beliebt. Hoch im Kurs stehen Mannschaftssportarten, die man mit seinen Freunden ausüben kann. Das klingt jetzt so, als würden kaum Jugendliche angeln. Aber es gibt viele Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren am Wasser. Wie ist das dann zu erklären? Das ist ganz einfach. Wie schon erwähnt befinden sich Pubertierende in einer Phase der Identitätsfindung. Angeln ist unter Jugendlichen kein „alltägliches“ Hobby, weil es nicht sehr verbreitet ist. Zur Identitätsfindung gehört nun auch die Suche nach „ausgefallenen“ und „außergewöhnlichen“ Dingen im Leben, die einen Kontrast zu seinen Mitmenschen bilden. Wie ist der Umgang mit dem Hobby nach der Pubertät? In der Adoleszenz, so nennt man den Abschnitt nach der Pubertät, hat man eine gewisse Eigenständigkeit und Persönlichkeit. Man


Jugend

orientiert sich viel weniger an seiner Umgebung, sondern bestimmt überwiegend selbst, was man tut und tun will. Es geht nicht darum, jemanden zu beeindrucken, sondern seinen persönlichen Interessen nachzugehen. Schließlich hält man es als Erwachsener aus, wenn jemand „Fischen gehen“ nicht cool findet.

Foto: Peter Kühnberger

Welche Auswirkungen hat dieses Hobby auf die Entwicklung von Kindern? Und was kann man aus dem Hobby für seinen Persönlichkeit mitnehmen? An erster Stelle steht die Auseinandersetzung mit der Natur. Am Wasser nimmt man die Natur mit allem was dazugehört (Pflanzen, Tiere, Insekten, Wind …) sehr intensiv wahr. Kinder lernen zum Beispiel mit dem Element Wasser umzugehen. Wichtig ist auch die damit verbundene Entspannung. Der Stress in unserer High-Speed-Gesellschaft führt zu psychischem Druck und den damit verbundenen Burn-outs. Angeln ist die ideale Therapie, um so etwas zu vermeiden, denn es schafft den nötigen Ausgleich. Nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass Kinder ihre Feinmotorik weiterentwickeln, in dem sie beispielsweise Knoten binden lernen. Beim Angeln beschäftigen sich Kinder intensiv mit einer Sache – ist das nicht eine gute Eigenschaft für das weitere Leben? Ein kleines Detail am Rande: Wieviele Kinder greifen Maden oder Regenwürmer an? Nicht viele, aber die

Amtliche Fischerkarten in Österreich:

Mit ein bisschen Anleitung hat es geklappt: die erste Forelle wurde gefangen.

Jungfischer tun es bestimmt. Somit kann man seinen Ekel vor etwas besiegen. Die allererste Berührung mit einen Fisch oder Maden ist auf jedenfall spannend. Hier gilt es eben für erfahrene Fischer, mit Vorbild voran zugehen und den richtigen Umgang zu zeigen. Schließlich möchte ich noch die Verbindung Beruf und Angeln herstellen: Das Berufsleben ist geprägt von Leistungen und Fehlleistungen, von Perfektionismus und Zeitdruck. Wer einen Fisch fängt, der freut sich darüber, auch wenn es vielleicht momentan im Berufsleben nicht perfekt läuft. Zeitdruck gibt es am Wasser keinen. Es tut gut, die Fähigkeit zu haben, auf Dinge auch mal länger warten zu können – genauso wie auf den Biss. Man braucht das nötige Durchhaltevermögen, um kleine und große Erfolge zu erreichen. „Nicht aufgeben“ ist eine wertvolle Tugend.

Aussteller

Prüfung / Kurs / Unterweisung

Kosten

14

Wr. Fischereiausschuss

€ 11,62 (1 Jahr) € 24,70 (3 Jahre)

10

FischereiRevierVerbände

Kurs + Prüfung

€ 21,40 (1 Jahr)

Bgld.

18

Bezirksverwaltungsbehörde

€ 15,95 (1 Jahr) € 32,70 (3 Jahre)

12

Bezirksverwaltungsbehörde

Unter­ weisung

€ 17 (1 Jahr)

Slbg.

12

Landesfischereiverband

Prüfung

€ 30 (1 Jahr) Erstausstellung: 66,40 €

Tirol

14

FAÜB; Antrag bei Bezirksverwaltungsbehörde

Unter­ weisung

€ 40 (1 Jahr)

K

15

Bezirksverwaltungsbehörde

Unter­ weisung

€ 25 (1 Jahr)

14

Bezirksverwaltungsbehörde

Prüfung

€ 26 (1 Jahr) Jugend: € 13 Erstaus­ stellung: € 60,80

17

Interessensvertreter; Antrag bei Bezirksverwaltungsbehörde

€ 15 (1 Jahr)

Bundesland

Mindestalter

Wien

Stmrk.

Vlbg.

Gastkarten in Österreich: Gastkarten sind zeitlich stark begrenzte Fischerkarten, die einen bis maximal 30 Tage lang gelten. Das erforderliche Mindestalter ist mit dem der amtlichen Fischerkarten ident. Die Preise liegen meist unter € 10,–.

Jugendkurs in Haslau – Zillenfahren, Casting und prakt. Fischen Sonntag, 24. August 2008, 9 Uhr, Treffpunkt beim Vereinshaus Haslauer Traverse. Fischereiausrüstung (leichtes Rutenzeug, Kescher, Hakenlöser und zweckmäßige Kleidung) bitte mitbringen.

Der Verein Haslau-Ma.Ellend lädt alle Kinder und Jugendlichen bis 18 Jahre zu dieser kostenlosen Veranstaltung herzlichst ein. Mittagessen mit einem Getränk ist inbegriffen.

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