Geplant und gelebt - Gemeinschaftsräume im KraftWerk1

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Urban Territories

geplant & gelebt: gemeinschaftsräume im kraftwerk1 Take0.0: einblicke in ein zßrcher genossenschaftsprojekt


Urban Territories II HafenCity Universität Hamburg Sommer 2012 Betreut von Katja Heinecke & Katrin Klitzke Sanaz Arefi Fard Anna Breymaier Anna Hirsch Stefanie Graze


Inhalt

I

DAS KRAFTWERK1, ZÜRICH

II

KATALOG: GEMEINSCHAFTSRÄUME

0

Gemeinschaftsbegriff und Raumauswahl

1 Außenraum Außenraum KraftWerk1 Stadionbrache 2 Haus A Erdgeschoss: Windfänge, Flur und Aufzüge Veloräume und Tauschraum Konsumdepot Waschküche Pantoffelbar Gästezimme Flure Dachgeschoss: Dachraum Dachterrasse 11er-WG 3 Gewerbehaus

III.

REFLEXION



Prolog

Denkt man an Gemeinschaftsräume in der Architektur, formt sich nicht selten ein Bild kahler Multifunktionsräume, die ohne bestimmte Funktion geplant und umgesetzt wurden. Gemeinschaftsräume können aber auch anders verstanden werden, nämlich als gemeinschaftlich nutzbarer Raum, in dem mit- und nebeneinander gewohnt, gearbeitet oder anderen Tätigkeiten nachgegangen werden kann, kurz: als Raum, in dem man sich begegnet. Dabei können diese Räume im Innen- sowie im Außenraum liegen, als solche geplant oder erst später angeeignet worden sein. Solchen Räumen soll in dieser Arbeit nachgegangen werden, wofür das KraftWerk1 in Zürich untersucht wurde. Ausgehend vom partizipativen Grundgedanken des Genossenschaftsprojektes stellt sich die Frage nach der Relation von geplantem und gelebtem Raum: Wie wurden Gemeinschaftsräume geplant - und wie werden sie heute von ihren BewohnerInnen gelebt? Die geplanten Gemeinschaftsräume wurden vorab identifiziert und vor Ort mittels Beobachtungen, narrativen und Experteninterviews um die gelebten ergänzt. Alle Gemeinschaftsräume wurden auf ihre Beschaffenheit und Nutzung untersucht und in Form eines Kataloges dargestellt. Hierbei spielen die Parameter mobil – statisch, materiell – immateriell und explizit – implizit eine Rolle, wonach die Gemeinschaftsräume analysierend beschrieben wurden. Diese Arbeit erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll vielmehr Einblicke in ein neues Verständnis von Gemeinschaftsraum geben sowie das (Nicht-)Funktionieren vor dem Hintergrund des Geplanten und Gelebten beschreiben.



I.

DAS Kraftwerk 1, Zürich

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«KraftWerk1 ist der Name eines Projekts für das Escher Wyss-Areal im Kreis 5 in Zürich. 700 Menschen sollen dort wohnen, arbeiten und ihre kulturelle Eigenart leben können.“ „Wir betrachten unser grössenwahnsinniges Projekt als Herausforderung an junge und alte Menschen, etwas Spannendes zu tun. Es gibt in unserer verplanten Stadt nur noch wenige Abenteuer – KraftWerk1 könnte eines werden. Wenn wir es wollen, kann im westlichen Kreis 5 ein neuer Stadtteil entstehen, ein «wilder Westen» mit einem bisher für unmöglich gehaltenen, pulsierenden Leben.» (P.M., Andreas Hofer, Martin Blum, 1993)

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kraftwerk1

Der genossenschaftliche Wohnungsbau hat in Zürich eine lange Tradition. Die letzte Krise im Wohnungswesen 1980 war Auslöser dafür, dass sich eine Gruppe von Menschen erneut Gedanken zum zeitgemäßen Wohnen gemacht hat. Keimling für den ganzheitlichen Gedanken über gemeinschaftliches Zusammenleben war die anarchistische Utopie Bolo´Bolo von P.M., verfasst 1983. Rund 600 Menschen sollten demnach in sogenannten bolos, autarken und vernetzten Gemeinschaften leben, die verschiedene Formen annehmen können. Der Architekt Andreas Hofer und der Künstler Martin Blum setzten 1993 hier an und publizierten das Buch «KraftWerk1 – Projekt für das Sulzer-Escher Wyss Areal», in dem der Projektansatz konkret wurde - eine regelrechte Bewegung trat los. Ein Verein mit 500 Interessierten gründete sich, 1994 wurde der „KraftWerk-Sommer“ veranstaltet, an den Konzepten weitergearbeitet. Es folgte eine Ausstellung und ein Prototyp einer „Suite“, einer Wohneinheit für 15 bis 20 BewohnerInnen. 1995 wurde mit 50 Mitgliedern schließlich die Bauund Wohnungsgenosschaft KraftWerk1 gegründet.

Ziel war es, einen neuen Impuls zu schaffen, das öffentliche Leben zu befördern und sich nicht nach Innen abzuschotten. Das KraftWerk1 sollte nachhaltige Strukturen schaffen, welche selbstverwaltete, sichere, ökologische und gemeinschaftliche Wohn-, Arbeits- und Lebensformen ermöglichen. Außerdem wurden innovative Lösungen für ein lebenslanges, behindertengerechtes und interkulturelles Wohnen angestrebt. Eine Charta gibt Orientierung und vermittelt Grundsätze des Zusammenlebens im KraftWerk1. Durch sie wird definiert, worin sich das KraftWerk1 von einer konventionellen Wohngenossenschaft unterscheidet. Wer MitbewohnerIn werden will, soll sich anhand der Charta darüber orientieren können, worin der Minimalkonsens besteht. Sie definiert nicht das ganze Leben im KraftWerk1, soll aber das Gerüst für die Eigeninitiative der BewohnerInnen bieten.

Flexibilität und Subsidiarität: Die internen Regelungen werden auf ein Minimum beschränkt und sind auf flexible Anpassungen ausgerichtet. Alle Teilbereiche geniessen ein maximales Selbstbestimmungsrecht. Es wird so wenig wie möglich nach oben delegiert. Nur das absolut Notwendige wird zum vorneherein oder durch übergeordnete Instanzen festgelegt. Auszug aus Charta

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II.

Katalog: GEMEINSCHAFtsrÄUME

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0 Gemeinschaftsbegriff und Raumauswahl

„Gemeinschaft ist keine Funktion.“ (Andreas Hofer)

In seiner Bedeutung wird der Begriff der „Gemeinschaft“ und des „Gemeinschaftsraums“ aus dem vor Ort geführten Interview mit Andreas Hofer näher bestimmt. Andreas Hofer ist Teil der Planer des genossenschaftlichen Wohnbauprojekts seit Beginn Bewohner des KraftWerk1. Somit hat er die die Dynamik von gelebter zwischenmenschlicher Gemeinschaft und gemeinschaftlicher Nutzung sowie Aneignung von Räumen beobachten können. Seine Erfahrungen mit der Thematik dienen als Hilfsmittel sich der Bedeutung von Gemeinschaft in diesem Wohnprojekt anzunähern. So ist der Begriff der Gemeinschaft beispielsweise veraltet und im Sprachgebrauch, wenn es um das KraftWerk geht, vielmehr durch Synonme, wie commons, Allmende oder Sharing ersetzt. Die Begriffe sind weniger bedeutungsträchtig aufgeladen und sie vermitteln vornehmlich, dass es sich bei einem Objekt oder Gut nicht um Eigentum, sondern um einen geteilte Ressource handelt. Ein Beipiel für eine solche gemeinschaftlich genutzte Fläche ist die Allemendefläche, die mietfrei ist und 150 Quadratmeter, also ca. 3 Prozent der Gesamtfläche beträgt. Bei Erstbezug wurden diese 150 Quadratmeter aufgeteilt auf den großen Dachraum, die Pantoffelbar im Erdgeschoss und das Gästezimmer. Nach einigen Jahren kam das Konsumdepot dazu. Somit wurden Flächen bereitgestellt, die in ihrer Nutzung noch nicht festgelegt waren und erst durch die Artikulation eines Bedürfnisses durch die Bewohner, in eine spezielle Nutzung überführt

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wurden. Gleichzeitig ist diese Nutzung verhandelbar und fehlen ihr die Fürsprecher, ist sie frei für eine neue Nutzung. So werden gemeinschaftliche Räume nicht schon zu Beginn für eine bestimmte Nutzung produziert, sondern sind vielmehr offene und durch Aneignung und Alltagspraxis, oder eben ein bestimmtes Bedürfnis, formbare Räume für gemeinschaftliche Nutzung. Allein durch die Bereitstellung eines Raumes per se, kann keine Gemeinschaft entstehen. In KraftWerk1 wird baulich lediglich eine Fläche bereitgestellt. Gemeinschaft ist keine Funktion, die sich durch die Fläche schaffen lässt, sondern vielmehr durch die Möglichkeit der Aneignung der Fläche in einem Konsens einer größeren Gruppe von Bewohnern. Auf der räumlich-ökonomischen Ebene ist zu beachten, dass der common finanziell getragen werden kann. Je nach Nutzung, kann er sich selbst finanzieren oder muss unter Umständen durch andere commons oder Gelder mit getragen werden. Je nach Lage des Raums im Gebäude ist eine Nutzung auch mehr oder weniger schwer umsetzbar. Derzeit gibt es viele Bedürfnisse, die keinen Platz mehr haben in der Stadt, die heraus gedrängt werden, wie beispielsweise die Kreativindustrie, die mit dem Verlust von Atelierflächen zu kämpfen hat und die dann von Außen Bedürfnisse an das KraftWerk heranträgt. Dann können die Flächen der common preiswert an diese Nutzer vermietet werden. Das wirkt sich positiv auf das Quartier aus und bringt auch der Community etwas. Auf diese Art werden gleichzeitig Arbeitsplätze für kleinere Ökonomien schaffen.


Des weiteren gibt es im KraftWerk1 eine Charta, die Teil des Mietvertrags ist und in der der Gemeinschaftsbegriff für das KraftWerk noch in seiner Ursprungsbedeutung enthalten ist. Diese hat sich zumindest in der Anfangszeit über den gelebten Alltag fortgepflanzt. Mittlerweile gibt es Bewohner, die nur noch im KraftWerk1 wohnen und den Pioniergeist der Gründungszeit nicht mehr weitertragen und sich kaum noch für gemeinschaftliche Projekte engagieren. Aber es gibt auch sehr viele, die Projekte mittragen und ein auftauchendes Bedürfnis lokal lösen. So hat die Charta jetzt vielmehr eine Art branding-Funktion, die gewisse Leute anzieht und andere abschreckt und so ein Filter für neue Bewohner darstellt. „Die Charta ist Teil des Mietvertrags und muss unterschrieben werden. Ab dann ist sie nicht mehr so präsent in den Köpfen. Aber es ist gut, ein solches Dokument zu haben. Hin und wieder wird sich auf sie berufen und daran erinnert, vor allem in Versammlungen und Diskussionen.“ Ausdruck der commons sind auch Veranstaltungen, bei denen die Bewohner sich organisieren und zu Beginn des Projektes gab es eine offene Kommunikation des Bauvorhabens mit vielen partizipativen Prozessen, wie Architekturwettbewerben und Informationsveranstaltungen.

fortwährend. Manchmal wird jedoch die geringe Beteiligung eines großen Teils der Bewohnerschaft festgestellt. „Vielleicht hat die Anfangseuphorie nachgelassen.“ Zu bestimmten Themen gibt es aktive Arbeitsgruppen, die sich regelmäßig treffen. Dazu gehören beispielsweise „Kinderkommission“, „Dachraum“, „Außenraum“, „Konsumdepot“ und „Pantoffelbar“. Des weiteren gibt es Treffen zu Projekten, wie aktuell dem Projekt „Kraftwerk3“. Inhalte der Sitzungen sind je nach Arbeitsgruppe unterschiedlich und können finanzielle Projekte sein oder auch Fragen zu Anträgen umfassen. „Es gibt keine Hausordnung. Das macht es komplizierter, aber menschlicher.“ Auf Basis der vorangegangenen Erkenntnisse zum Gemeinschaftsbegriff und der gemeinschaftlichen Organisation in KraftWerk1 wurden, die auf der Folgeseite genannten Gemeinschaftsräume identifiziert und hinsichtlich der Planung und Aneignung vor Ort näher untersucht.

Innerhalb er Bewohnerschaft finden viermal im Jahr BewohnerInnen-Versammlung statt, die ein ganzes Wochenende gehen. Es gibt ein bis zwei Mal im Jahr eine Generalversammlung. Die Beteiligung bei den Treffen schwankt situativ, ist aber generell

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Übersicht Hardturmstraße

Gewerbehaus

Haus A

Haus B Haus C

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Außenraum

Haus A

Gewerbehaus

» Außenraum KraftWerk1

Erdgeschoss » Flur, Windfänge und Aufzüge » Veloräume und Tauschraum » Konsumdepot » Waschküche » Pantoffelbar » Gästezimmer

mit Büros, Dachterrasse, Küche und Sitzungszimmer.

Als Ergänzung des Außenraums von KraftWerk1 wird ein Gelände untersucht, das sich unweit des eigentlichen Areals befindet, die so gennante: » Stadionbrache

Flure » Die „rues interieures“ » Kleine Hausflure Dachgeschoss » Dachraum » Dachterrasse Eine Besonderheit stellen die sogenannten Suiten dar, da sie nicht für alle BewohnerInnen zugänglich sind, aber dennoch eine besondere Form gemeinschaftlichen Wohnens darstellen: » 11er-Wohngemeinschaft

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1 Aussenraum: Kraftwerk1

Der Außenraum des KraftWerk1 wird größtenteils gemeinschaftlich genutzt und dient besonders in den Sommermonaten als Treffpunkt für die Bewohner. Der zur Hardturmstraße gelegene Eingangsbereich 1 ist vor allem eine Fläche für Verkehr und Parken. Die Besucherparkplätze werden unter anderem von den Gewerbetreibenden oder Besuchern des Restaurants Bernoulli genutzt. Für die Bewohner gibt es eine Tiefgarage. Durch aufgemalte Schrift und Kreise auf dem Asphalt wird auf spielende Kinder in diesem Bereich aufmerksam gemacht. An die Besucherparkplätze schließt sich, einige Stufen tiefer gelegen, der Vorplatz von Haus A an. Hier befinden sich die Eingänge, die zu den Fahr- 2 radabstellräumen, zum Gästezimmer und zur Pantoffelbar führen. Es stehen dort einige Bänke und Tische und große Pflanzenkästen. Der Vorplatz dient auch als Fahrradabstellplatz. Hier begegnen sich viele Bewohner auf ihrem Weg nach draußen oder ins Haus. Vor allem Eltern mit Kindern scheinen sich häufig untereinander zu kennen und grüßen und unterhalten sich kurz. Nördlich von Haus B befinden sich überdachte Veloständer sowie ein Unterstand für Müllcontainer und im hinteren Bereich Kompostbehälter. Hinter Haus B befindet sich eine Grünfläche mit 3 Bäumen, die sich die Bewohner teilweise privatisiert haben. 4 Es stehen dort Tische und Bänke und einige der Ausgänge zu dieser Seite verfügen über kleine Terrassen. Dieser Bereich wird hauptsächlich von den Bewohnern von Haus B genutzt.

Im südlichen Bereich des Außenraums, gegenüber der Zugänge zu Haus B, 5 wurde Schotterrasen angelegt. Auch hier befinden sich zwei Tische mit Bänken. Außerdem gibt es eine Kinderschaukel und überdachte Veloständer. Die Bäume auf dem Gelände sind größtenteils Obstbäume. Hinter Haus A befindet sich ein Spielplatz 6 mit Rutsche, Wasserpumpe und Wasserlauf sowie Sandkasten. Dieser entstand aus einer Kooperation der Genossenschaft mit dem in Haus A befindlichen Kindergarten. Der Spielplatz wurde gemeinschaftlich finanziert und kann nur sowohl vom Kindergarten als auch von den Bewohnern genutzt werden. Westlich vom Spielplatz schließt sich eine Rasenfläche 7 an und ganz im Westen befindet sich ein Ein-/Ausgang des Areals Westlich von Aus A befindet sich im Eingangsbereich ein Tischkicker und davor eine Asphaltfläche mit Basketballkorb. 8 Nördlich schließt sich eine Kiesfläche an. Dort befinden sich unter anderen die Wäscheleinen vor der Waschküche, einige Sitzgelegenheiten und Fahrradständer. 9 Vor dem Gewerbehaus stehen die Tische des Restaurant Bernoulli. Außerdem befinden sich im Durchgang zwischen Haus A und Gewerbehaus die Hinterausgänge der Geschäfte im Erdgeschoss. 10 Frühere Studien aus den Anfangsjahren der Genossenschaft bescheinigten dem Außenraum stets eine geringe Attraktivität und Aufenthaltsqualität. Tatsächlich wurde beim Bau zum einen aufgrund der dichten Bebauung und zum anderen aus Kostengründen auf eine Erstausstattung mit Infrastruktur

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verzichtet. Stattdessen wurde die Dachterrasse als nutzbares Außenraumelement geplant. Die spätere Möglichkeit zur dynamischen Aneignung und Umgestaltung des Außenraums durch die Bewohner war vorgesehen. Inzwischen hat sich vor allem im Bereich der Kinderinfrastruktur einiges getan und es wurde ein Spielplatz gebaut. Einige Bereiche (hinter Haus B) wurden privatisiert. Insgesamt handelt es sich jedoch noch immer um ein sehr offenes Gelände mit robuster, nicht zugewiesener Außenfläche. Insgesamt ist die Gestaltung des Außenraums seit Jahren umstritten. Einige Bewohner würden sich „mehr grün“ wünschen. Auch innerhalb der mit der Gestaltung befassten Arbeitsgruppe gibt es immer wieder Konflikte. Dies führt, trotz Einbindung verschiedener Landschaftsarchitekturbüros, teilweise zu jahrelangen Entscheidungsprozessen. Auch Auflagen der Genossenschaft (ökologisch nachhaltig) und Sicherheitsrichtlinien erschweren die Entscheidungsfindung. Zudem wird eine Bepflanzung durch extreme Grundwasserprobleme erschwert und die Finanzierung aus Genossenschaftsmitteln ist schwierig. Trotzdem hat sich in den letzten Jahren viel verändert und der Außenraum wirkt freundlich und flexibel nutzbar.


Hardturmstraße

Asphalt Kiesfläche

10

1

Grünfläche 9

Baum, Strauch

2

Hecke Blumenkasten, Blumentopf

Fahrrad

3

überdachter Veloständer 8

Tisch mit Bänken

4

Tisch mit Stühlen

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6

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1


2


3


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5


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7


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1 Aussenraum: Stadionbrache

Die so genannte Stadionbrache ist ein Gelände, nur etwa 100 Meter entfernt vom KraftWerk1, auf dem bis vor wenigen Jahren ein Stadion stand. Dies wurde abgerissen und das Gelände wurde zur Zwischennutzung durch die Anwohner freigegeben. Der Verein Stadionbrache befasst sich mit dem Gelände und es entstand dort ein urbaner Garten, eine Skatbahn, eine Kletterwand. Es gibt zudem eine kleine Laube und einen Holzofen, in dem regelmäßig Brot gebacken wird. Aus Gesprächen wurde deutlich, dass sich viele der BewohnerInnen des KraftWerk1 im Verein Stadionbrache engagieren und dieses Areal als Erweiterung des Außenraums angesehen und auch genutzt wird. Viele verbringen dort in den Sommermonaten einen Großteil ihrer Freizeit. Dies wiederum führt zu einer geringeren Nutzung des Außenraums auf dem Gelände der Genossenschaft.

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2 HAus A

Haus A ist das größte der vier Häuser des KraftWerk1 und liegt im Zentrum des Areals. In diesem Gebäude befinden sich die meisten Gemeinschaftsräume. Im Erdgeschoss befinden sich Flure, Windfänge und Aufzüge, Velo- und Tauschräume, das Konsumdepot, die Waschküche, die Pantoffelbar und das Gästezimmer. Die Hausflure, die so genannten „rues interieures“ zählen ebenfalls zu den Gemeinschaftsräumen. Desweiteren befinden sich im Dachgeschoss der Dachraum und die Dachterrasse.

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2 Haus a erdgeschoss H

A

1

nicht gemeinschaftlich genutzter Raum 1

Bürofläche

2

Kindergarten

3

Ateliers

4

Geschäftsstelle der Genossenschaft

D

4

1 C

1

gemeinschaftlich genutzte Räume G

E

A

Windfänge

B

Flur (

C

Aufzüge

D

Veloräume und Tauschraum

E

Konsumdepot

F

Waschküche

G

Pantoffelbar

H

Gästezimmer

) F B

3 2 C 2

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2 Haus a erdgeschoss: Windfänge, Flur und Aufzüge

Der Flur im Erdgeschoss von Haus A verbindet verschiedene gemeinschaftlich genutzte Räume miteinander. Obwohl dort aus feuerschutztechnischen Gründen eigentlich nichts stehen darf, wird auch dieser Raum für gemeinschaftliche Zwecke genutzt. Beispielsweise gibt es ein Regal, das als eine Art „Shared-Books“-Bibliothek genutzt wird 1 . Bücher können dort abgegeben und herausgenommen oder einfach für die Zeit eines Waschgangs geliehen werden. Zudem ist der Flur ein Ort der Information. Aushänge 2 informieren über alles, was gerade aktuell ist. Im Hausflur ist stets reger Betrieb und man trifft tagsüber zu jeder Zeit Bewohner an, die sich meist freundlich grüßen. An regnerischen Tagen spielen Kinder dort auch einmal Fußball.

Windfänge

Die sich an den Flur anschließenden Windfänge 3 , in denen sich auch die Briefkästen befinden, werden ebenfalls von den Bewohnern mitgenutzt. Im größten Raum auf der westlichen Seite befindet sich ein Tischkicker. Die anderen Windfänge 4 werden als Fahrradabstellräume mitgenutzt.

4

Aufzüge zur Erschließung der oberen Etagen dienen ebenfalls als „schwarze Bretter“ 5 . Aushänge für Termine und Bekanntmachungen finden sich auch hier.

5

Aufzüge

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Erdgeschossflur

2

3

4

1

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2 Haus a erdgeschoss: Veloräume und tauschraum

Neben den Windfängen befinden sich im Erdgeschoss drei Fahrradabstellräume. Einer von ihnen wird auch als „Tauschraum“ genutzt. Es stehen dort zwei Regale, 1 in denen die Bewohner Dinge, die sie selbst nicht mehr brauchen, abgeben können. Andere Bewohner können sich aus diesem Regal bedienen. Insgesamt ist das Tauschen von Gegenständen recht verbreitet in KraftWerk1. Einmal im Jahr gibt es eine große Tauschbörse. Alle Bewohner bringen nicht mehr gebrauchte Gegenstände und Möbel in den Außenraum, wo den ganzen Tag getauscht werden kann. Was Abends übrig bleibt wird als Sperrmüll abgeholt. Die hohe Anzahl an Fahrrädern 2 auf dem Gelände ist sehr auffällig. Obwohl das KraftWerk1 über mehrere Fahrradräume und Fahrradständer im Außenraum verfügt, werden Räder auch in den Windfängen und über das ganze Gelände verteilt abgestellt. Vor einem Fahrradraum ist ein Gerät mit Druckluft zum Aufpumpen der Reifen für alle Bewohner angebracht.

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2

1

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2 Haus a erdgeschoss: KOnsumdepot

Das Konsumdepot ist ein kleiner Bio-Laden, der täglich zwei Stunden geöffnet hat (Mo-Fr 18-20 Uhr, Sa-So 9-11 Uhr) und nicht nur den Bewohnern von KraftWerk1 zur Nahversorgung dient. Es handelt sich dabei um ein nicht-kommerzielles Projekt. Rund 30 Mieter verkaufen ehrenamtlich im Laden und es gibt eine bezahlte Stelle für einen Tag in der Woche mit einem Verdienst von ca. 1000 Franken im Monat. Finanziert wird diese aus Genossenschaftsgeldern. Die Miete für den Laden wird auf die Mieter umgelegt. Somit können vor allem Bio-Produkte sehr günstig angeboten werden. Im Konsumdepot bekommt man unter anderem Milchprodukte, 1 Gemüse, 2 Getränke, 3 frische Ware wie Käse und Eier 4 und haltbare Lebensmittel wie Reis, Nudeln oder Öl 5 sowie viele nützliche Dinge für den Haushalt. 6 Im hinteren Teil des Ladens befindet sich ein kleiner Tisch mit Stühlen als Sitzgelegenheit. 7

Auf dynamische Anpassungs- und Transformationsprozesse wird besonders Wert gelegt. Die „Gemeinschaftseinrichtung“ Konsumdepot entstand aus einem Bedürfnis heraus und sollte sich dieses verändern oder durch entsprechende Angebote in der Umgebung sogar verschwinden, so steht der Raum für andere Aktivitäten zur Verfügung. Denn die Gemeinschaft, die durch den Laden entsteht, bleibt nur solange bestehen, wie auch der Laden ein Bedürfnis der Mieter erfüllt. Insgesamt wird das Konsumdepot als eine der wichtigsten gemeinschaftlichen Einrichtungen und besonderer Treffpunkt beschrieben. Dort treffen sich die Bewohner zufällig und es entstehen kurze Gespräche. Besonders die Gelegenheit am Sonntagvormittag frische Brötchen zu bekommen, zieht viele Mieter an und bringt sie ins Gespräch.

Der Laden existiert seit Beginn von KraftWerk1, hat sich jedoch im Laufe der Jahre verändert und wurde an die sich wandelnden Bedürfnisse angepasst. Besonders in der ersten Zeit war die Möglichkeit der Nahversorgung, bedingt durch die Lage von KraftWerk1 im ehemaligen Industrieareal, sehr schlecht. Das Konsumdepot entstand also aus dem Bedürfnis der Mieter nach wohnungsnahen Einkaufsmöglichkeiten. Diese organisierten sich selbst und die Genossenschaft stellte einen entsprechenden Raum zur Verfügung. Später veränderte sich vor allem das Angebot der Waren. Heute gibt es zum Beispiel eine Kooperation mit der Kooperative orto loco, die Gemüse in der Umgebung von Zürich anbaut und an das Konsumdepot liefert.

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1

6

2 7 4

3

zum Flur

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2 Haus a erdgeschoss: Waschküche

Die Waschküche befindet sich im Erdgeschoss von Haus A und bietet Waschmaschinen 1 und Trockner 2 zur Nutzung für alle Bewohner. Waschküchen haben in der Schweiz eine lange Tradition, sowohl in Genossenschaften, als auch in klassischen Hausgemeinschaften. Normalerweise wird die Nutzung über Hausordnungen streng geregelt, die Bewohner müssen sich für einen Termin eintragen und dürfen beispielsweise nicht mehr nach 21 Uhr waschen. Diese Regelungen gibt es in KraftWerk1 nicht. In der Waschküche befinden sich fünf Maschinen, die von allen Bewohnern nach Bedarf genutzt werden können. Im Außenraum befinden sich Wäscheleinen 3 auf denen die Wäsche zum Trocknen aufgehängt werden kann. Diese Art der Einrichtung wird einerseits als sehr vorteilhaft angesehen. Die Maschinen werden in den Wohnungen nicht gehört, so dass auch spät abends gewaschen werden kann. Die Anzahl der Maschinen sorgt dafür, dass meist eine freie vorhanden ist und es keine lange Wartezeit gibt. Trotzdem gibt es immer wieder Konflikte, die die Waschküche zu einem Dauerthema bei Genossenschaftstreffen machen. Zum Beispiel wird Wäsche nicht immer gleich nach Beendigung des Waschgangs vom Besitzer aus der Maschine genommen. Das verzögert den Ablauf, so dass es sich eingebürgert hat, dass die Wäsche des Vorgängers aus der

Maschine genommen und auf ihr abgelegt wird. 4 Ab und zu gehen auch Kleidungsstücke verloren, oder werden entwendet, die anschließend per Aushang in allen Häusern gesucht werden. 5 Zudem ist nicht genau geregelt, wer in der Waschküche waschen darf. Auch der Friseursalon wäscht beispielsweise dort. Und es wird davon ausgegangen, dass manchmal auch Nichtbewohner zum Waschen kommen, die die Möglichkeit einer kostenlosen Waschmaschine entdeckt haben. Insgesamt scheinen diese Probleme jedoch inzwischen überschaubar und die „Kosten verschwinden irgendwo in der Rechnung“. Zur Anfangszeit von KraftWerk1 gab es jedoch massive Probleme mit Obdachlosen, die sich dort bzw. in der Nähe aufhielten und verschiedene Einrichtungen nutzten oder Gegenstände entwendeten. Obwohl die sehr freie Nutzung der Wachküche sehr geschätzt wird, wird von manchem Bewohner in Frage gestellt, inwiefern diese heute noch mit der angestrebten ökologisch-nachhaltigen Art zu Wirtschaften vereinbar ist, da die Geräte bereits vor vielen Jahren erstanden wurden - wenn auch als Prototypen damals nachhaltigster Generation.

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2

1

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zum Außenraum

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2 Haus a erdgeschoss: Pantoffelbar

Die Pantoffelbar ist eine von den Bewohnern selbst verwaltete und organisierte Bar im Erdgeschoss von Haus A, die als Treffpunkt und Ort des gemütlichen Zusammenseins dienen soll. Der Raum ist etwa 25 Quadratmeter groß und kann vom sowohl vom Außenraum als auch vom Flur im Erdgeschoss betreten werden. Tagsüber ist der Raum frei zugänglich, nachts wird die Tür abgeschlossen, doch alle Bewohner haben einen Schlüssel. Der Raum ist eingerichtet mit einem langen Tresen, 1 dahinter eine kurze Küchenzeile 2 und ein großer Kühlschrank. 3 Sitzgelegenheiten bieten Barhocker und Sofas. 4 In der Mitte des Raums steht ein Tisch mit Stühlen. 5 Außerdem gibt es ein kleines Bücherregal mit Musikanlage 6 und einen Metallständer mit ortoloco-Kisten (siehe auch Konsumdepot). 7 An einer Wand hängen in einer bunten Mischung gerahmte alte Fotografien, Zeitungsausschnitte, Kinderbilder, Grafiken und Sprüche. 8 In einem Rahmen befindet sich ein Zitat aus der Charta des KraftWerk1. Der Raum wirkt somit recht wohnlich und persönlich. Trotzdem verlangt die bunte Mischung der Einrichtung den Bewohnern Toleranz ab.

Während des Forschungsaufenthalts konnte nicht beobachtet werden, dass sich Bewohner in der Bar aufhielten, was wahrscheinlich mit der großen Hitze zusammenhing. Direkt vor der Bar im Außenraum befindet sich ein Tisch mit Bänken, die häufig genutzt wurden. Besonders häufige Nutzer der Bar sind nach Aussagen von Bewohnern vor allem Singles, die sich dort nach Feierabend auf ein Bier treffen. Auch zur Überbrückung von Wartezeiten für den Waschraum wird die Bar genutzt. Außerdem wurde berichtet, dass viele den gefüllten Kühlschrank als eine Art Kiosk nutzen, sich z. B. ein Bier holen, es aber nicht dort konsumieren, sondern mit in die Wohnung nehmen. Interessant ist auch eine langfristige Entwicklung bezüglich des Rauchens in der Pantoffelbar. Während diese zunächst als „Raucherhöhle“ bekannt war, so wurde später immer wieder mit unterschiedlichem Ergebnis über ein Rauchverbot abgestimmt, bis die Nichtraucher schließlich die Mehrheit bildeten. Heute darf in der Pantoffelbar nicht mehr geraucht werden.

Auf dem Tresen steht eine Kaffeemaschine zur Selbstbedienung. 9 Der Kühlschrank ist mit einem Schloss verriegelt, das jedoch jeder Bewohner mit seinem Hausschlüssel öffnen kann. An der Wand hängt eine stabile Kasse, 10 nachdem eine mobile Version mehrmals verschwand, in der jeder das Geld für Kaffee oder Getränke aus dem Kühlschrank hinterlegt. Das Gemüse ist das nichverkaufte aus dem Konsumdepot und kann kostenlos mitgenommen werden. Für Nachschub im Kühlschrank sorgt eine Arbeitsgruppe des KraftWerk1, die Bar wird aus Spiritgeldern mitfinanziert.

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5

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1

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zum Außenraum

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2 Haus a erdgeschoss: Gästezimmer

Das Gästezimmer ist ein Raum in Haus A, das von den Genossenschaftsmitgliedern/Bewohnern genutzt werden kann, um Gäste für einige Tage zu beherbergen. Es ist ausgestattet mit vier Betten, 1 einer Kommode 2 und einem kleinen Tisch, 3 so dass mit drei bis vier Personen für einige Tage dort gewohnt werden kann. In einem sich anschließenden Raum befindet sich ein zugehöriges Bad. Das Zimmer ist über das ganze Jahr sehr gut ausgelastet. Möchte man das Zimmer für einen bestimmten Zeitraum reservieren läuft dies meist über ausgehängte Listen. Versuche, die Reservierung ins Internet zu verlagern, haben sich bis jetzt nicht durchgesetzt.

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1

3

2

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Flur im Erdgeschoss


Windfang


Velo- und Tauschraum


Konsumdepot


WaschkĂźche


Pantoffelbar


2 Haus a: Rues Interieures

Im dritten und sechsten Stockwerk von Haus A befinden sich die so genannten „rues interieures“. Es handelt sich dabei um lange Hausflure von denen die einzelnen Wohnungen abgehen. Es sind die einzigen Flure, die sich über die gesamte Hauslänge erstrecken und demnach viele Wohnungen anschließen. Diese Wohnungen gehen teilweise über zwei Stockwerke, so dass sie im darüber liegenden Stockwerk über dem Flur liegen. In diesen Stockwerken gibt es deshalb keine langen Flure, sondern pro Treppenhaus nur kurze Flure von denen die Wohnungen abgehen.

Der Effekt der rues interieures auf die Hausgemeinschaft wird als sehr positiv eingeschätzt. Es herrscht eine freundliche, offene Atmosphäre und die Bewohner grüßen und duzen sich, was vor allem am längeren Verweilen im Flur liegt, beispielsweise beim Schuheanziehen. Als Event wurden in einer rue interieure bereits einmal schmale Tische für ein gemeinsames Essen aufgestellt. Ein Bewohner montierte außerdem am Ende des Flures ein Sitzpodest.

Die Nutzung der Flure ist aufgrund von Brandschutzauflagen sehr eingeschränkt. Viele Bewohner haben fest angebrachte Schuhschränke aus Metall 1 , sie sind die einzigen Modelle, die trotz Brandschutzverordnung angebracht werden dürfen. Im Laufe kürzester Zeit nach dieser Erkenntnis haben fast sämtliche Haushalte dieses Modell vor der Haustür. Auch vor den Türen werden häufig Schuhe und Kinderspielzeug 2 abgestellt. In den Treppenhäusern werden auch Pflanzen und Skulpturen aufgestellt und Bilder aufgehängt. Eine Besonderheit sind die so genannten Verweilnischen, in die Wand eingelassene Sitzmöglichkeiten 3 , im Flur. Diese werden jedoch wenig genutzt. Ebenfalls auffällig sind schmale längliche Fenster 4 , die in allen Haustüren zu finden sind. Auch einige Wohnungswände weisen schmale Fenster zum Flur auf. Diese Fenster hatten den Zweck, die Trennung zwischen Wohnung und gemeinschaftlich genutztem Raum abzumildern. In der Praxis werden jedoch viele der Fenster mit einem Sichtschutz versehen. Einige Fenster sind auch phantasievoll dekoriert, beispielsweise wie ein Aquarium.

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1

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3 4

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Rue interieure


Kleiner Hausflur


2 Haus a Dachgeschoss

2 Haus a DACHgeschoss: Dachraum

gemeinschaftlich genutzt nicht gemeinschaftlich genutzt 1

Der Dachraum im Dachgeschoss von Haus A kann für verschiedene Funktionen gemeinschaftlich genutzt werden. Verwaltet wird er von einer Gruppe von Mietern, die sich einige Jahre auch um die Reinigung kümmerten. Inzwischen wird der Raum professionell gereinigt und die Kosten hierfür auf eine geringe Raumnutzungsgebühr umgelegt, wenn man ihn für private Feste mieten möchte. Jedoch muss der Zugang zur anschließenden Dachterrasse stets für alle anderen Mieter gewährleistet sein.

2 Dachraum Dachterrasse

Der Dachraum stellt einen Raum dar, dessen Nutzungen sich flexibel aus den Bedürfnissen der Mieter generieren. Die Einrichtung wird jeweils entsprechend angepasst und genutzt. An den Raum angrenzend finden sich noch eine Küche 1 und ein behindertengerechtes WC. 2 Außerdem ist der Raum ausgetattet mit einer großen Anzahl Stühlen sowie einem Medienschrank 3 mit Beamer, Stereoanlage und einer Leinwand. 4 Verschiedene Aktivitäten finden regelmäßig im Dachraum statt, z. B. der Kochclub Circolo. Hier treffen sich interessierte Mieter regelmäßig einmal in der Woche zum Essen, wobei reihum jeweils eine Gruppe für das Kochen zuständig ist. Auch ein Tai-Chi sowie ein Arabisch-Kurs finden regelmäßig statt.

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2 Haus a DACHgeschoss: Dachterrasse

Die Dachterrasse steht allen MieterInnen des KraftWerk1 zur Nutzung zur Verfügung. Sie ist vom Gang aus über den Dachraum zugänglich. Zusätzlich haben einige Wohnungen im obersten Geschoss ihre eigenen Ausgänge auf die Terrasse. Ein Teil der Bepflanzung ist über Spiritgelder finanziert, aber auch viele Mieter beteiligen sich an der Gestaltung der Dachterrasse. 1 Besonders im Sommer bildet die Dachterrasse einen beliebten Treffpunkt, besonders für Bewohner Innen aus Haus A. Aber auch die Mieter aus den anderen Häusern nutzen gelegentlich die Dachterrasse. Aus der 11er-WG wurde berichtet, dass das gemeinsame Abendessen an schönen Tagen oft dort stattfinden. 2 Interessant ist eine informelle Regelung zur Platzierung privater Gegenstände (z. B. Planschbecken). 3 Etwa in der Mitte der Terrasse verläuft eine Regenrinne 4 . Östlich davon, auf der Seite der privaten Ausgänge, dürfen private Gegenstände abgestellt werden, westlich davon ist dies nicht gerne gesehen. Somit bildet sich eine Teilung aus, die die Terrasse für alle nutzbar macht.

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Dachraum

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Dachterrasse

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2 Haus a: 11er-WG

Die Wohngemeinschaften stellen eine Besonderheit in der Reihe der Gemeinschaftsräume dar. Sie sind nicht öffentlich zugänglich, jedoch bilden die BewohnerInnen der WGs wiederum kleinere Gemeinschaften, die in einem eigenen Verhältnis zu Genossenschaft und Hausgemeinschaft stehen. Im Haus gibt es eine 11er- und eine 13er-WG. Das Wohnen in Wohngemeinschaften ist in der Schweiz und besonders in Zürich weit verbreitet. Man schätzt, dass dort etwa 25.000 Menschen, also 5% der Bevölkerung in WGs wohnen. Grundsätzlich hatte man für das Projekt KraftWerk1 mehr größere Einheiten mit bis zu 25 Personen vorgesehen, die so genannten Suiten. Dies konnte jedoch nicht durchgesetzt werden und stellte sich auch als architektonisch schwierig heraus. Die beiden großen Wohngemeinschaften blieben jedoch erhalten. Beide sind über eine Vereinsstruktur organisiert, um reibungslose Mieterwechsel zu ermöglichen. Dies bedeutet der Verein ist Mieter der Wohnung und die Vereinsmitglieder wechseln bei Aus- und Einzügen. Alle Bewohner der WGs sind dennoch auch selbst Mitglied in der Genossenschaft. In beiden Wohngemeinschaften leben Personen unterschiedlichen Alters, kleine Kinder, Studenten, Berufstätige. Die 11er-WG (siehe Abb. rechts) erstreckt sich über drei bzw. zwei Stockwerke. Innerhalb der Wohnung sind diese über Split-Levels 1 verbunden, die als Gemeinschaftsräume, etwa als Esszimmer oder Küche genutzt werden. Die Wohnung ist auf drei Stockwerken über insgesamt fünf Eingänge zugänglich, wodurch lange Wege durch die Wohnung bei Bedarf vermieden werden können. 2

In den letzten 10 Jahren haben etwa 30-40 Personen in dieser Wohnung gewohnt. Im untersten Geschoss der dreistöckigen Seite wohnt ein Paar mit einem Baby. Sie haben dort ihren eigenen Bereich 3 innerhalb der Wohnung, also drei Zimmer, ein Bad und eine Küche. Der Flur, in der die Küche platziert ist, dient der Erschließung über das angrenzende Splitlevel und ist für alle anderen BewohnerInnen zugänglich. Im obersten Geschoss befindet sich zudem ein kleiner Büroraum, der von drei der WGBewohner genutzt wird. 4 Im unteren Geschoss des zweistöckigen Teils gibt es eine kleine Küche, die vor allem für Frühstück genutzt wird. Die Hauptküche befindet sich im dritten Stock. Gemeinsame Lebensmittel befinden sich dort im Schrank und werden gemeinschaftlich abgerechnet. Eine Person hat das „Ämtli“ inne, abzurechnen und einzukaufen. Jeden Tag ist ein Bewohner für das Kochen in der WG zuständig. In der Küche hängt eine Liste, in der die Bewohner angeben, ob sie mitessen wollen oder nicht. Bei schönem Wetter findet das gemeinsame Abendessen oft auf der Dachterrasse statt. Zentrale WG-Aktionen sind außerdem der jährliche Großputztag und ein Ausflug aller Bewohner. Die Besonderheit dieser Form von Wohngemeinschaft liegt in der Vielzahl von Küchen und Bädern, die sozusagen das Prinzip der „WG in der WG“ ermöglicht. Ein Bad wird von maximal drei BewohnerInnen geteilt - oder eben von einer Familie. So kommt man sich nicht in die Quere, und lebt dennoch mit zehn weiteren Bewohnern gemeinsam. Insgesamt beteiligen sich die Bewohner der WGs weniger an allgemeinen Gemeinschaftsaktionen. Die Pantoffelbar z. B. wird vornehmlich als Kiosk genutzt. Sie unterstützen jedoch die Idee der Genossenschaft und nehmen auch an Genossenschaftstreffen teil.

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1

2 1 2

1

3

2 1 2

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Split-Level für gemeinschaftliche Nutzung

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Split-Level mit Küche

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3 Gewerbehaus

Im Gewerbehaus befinden sich im Erdgeschoss das Restaurant Bernoulli, ein Blumenladen und ein Friseur-Salon. Die oberen Ebenen werden als (Gemeinschafts-)Büros genutzt. Auf der obersten Ebene befinden sich neben einem großen Büroraum 1 eine kleine Küche 2 , ein Sitzungszimmer 3 , das von flexibel reserviert werden kann und eine Dachterrasse 4 , die als Aufenthaltsraum für die Mittagspause dient. Die Überschneidung von Wohnen und Arbeiten ist gering. Es gibt etwa zehn Personen, die in KraftWerk1 sowohl ihre Wohnung als auch ihren Arbeitsplatz haben. Die Arbeitenden haben deshalb nur wenig Kontakt zu den Bewohnern und umgekehrt. Die Hauptmieter im Gewerbehaus müssen Mitglieder der Genossenschaft sein. Für Untermieter ist dies keine Pflicht.

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1

2

3

4

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Dachterrasse Gewerbehaus

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III. Reflexion

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Reflexion

Im KraftWerk1 ist eine Fülle von Gemeinschaftsräumen zu finden - manche wurden geplant, manche haben sich entwickelt, manche werden von den BewohnerInnen gar nicht als solche wahrgenommen. Bei nahezu allen Gemeinschaftsräumen wird die materielle Ebene durch eine Immaterielle ergänzt zu baulichen Gegebenheiten und anderen Gegenständen bürgern sich Regeln oder allgemeingültige Verhaltensweisen ein, ungeschriebene Gesetze entstehen aus dem Prozess heraus, meist um aufgekommene Probleme oder Unklarheiten zu beseitigen. Doch nicht nur auf der immateriellen, auch auf der materiellen Ebene gestalten die BewohnerInnen des KraftWerk1 ihre Gemeinschaftsräume mit: Durch das Hinzufügen eines einfachen Regals wird ein Veloraum zum Tauschraum. Ein Kunstwerk im Flur gibt dem Raum einen neuen Charakter. Dies wiederrum beeinflusst den basisdemokratischen Prozess: darf man das? Wollen die andern das? Im Kraftwerk1 leben rund 300 Menschen in unterschiedlichsten Wohnformen zusammen. Dabei gibt es alteingesessene Bewohner und neue. Bei den neu hinzukommenden verblasst, im Gegensatz zu den länger dort wohnenden, die Gründungsintention und die Umsetzung einer Utopie. Sie waren weniger an der Planung beteiligt oder haben zu dem Thema der Wohnungsnot, die in den 80er Jahren die Utopie vorantrieb, eine zeitliche Distanz. Die Charta wird obligatorisch unterschrieben, ist aber nicht mehr so sehr Bestandteil des alltäglichen Lebens, wie zu Beginn im KraftWerk1. Nichts desto trotz organisieren sich die Bewohner in Teams und Projektgruppen, sodass man sagen kann, das vielleicht eine Transformation von der ursprünglichen

Charta zu den aktuellen Bedürfnissen stattgefunden hat. So ist eine Entwicklung im KraftWerk wahrzunehmen, die nicht konservierend sondern vielmehr dynamisch ist und bei der die Bewohner selbst einen Handlungsrahmen bestimmen. Letztlich beschrieben sie als Grundlage für das gemeinsame Zusammenleben auch den Aushandlungsprozess und Kommunikation. Niemand muss sich starr an Regeln halten, solange das eigene Handeln der Gemeinschaft nicht schadet. Vielmehr ist es wichtig Ideen oder Bedürfnisse zu kommunizieren, ob auf Sitzungen oder als Aushang - letztlich werden so neue Wege des gemeinschaftlichen Zusammenlebens gefunden und können als neue Handlungsempfehlung implementiert werden. Interessant ist die Frage, inwiefern die Größe einer Bewohnerschaft basisdemokratisch-genossenschaftliche Entscheidungsfindungen beeinflusst. Von rund 300 Menschen engagieren sich durchschnittlich 40 aktiv, wobei eine Sitzung mit weniger als 300 Menschen wegen der vereinfachten Entscheidungsfindung begrüßt wird. Wie in anderen Organisationen auch kann beim KraftWerk1 also eine Reduktion der Ausgangszahl festgestellt werden. Nicht jeder bringt sich gleich stark ein bzw. kann sich gleich stark einbringen, dennoch ist eine positive aktive Mitgestaltung des Zusammenlebens und eine gewisse Interessensgleichheit der Bewohner vorhanden. Es schließt sich die Frage an, ob das KraftWerk1 auch mit 20 Genossenschaftsmitgliedern funktionieren würde, oder mit 600. So lässt sich sagen, dass sich die Planung von Gemeinschaft kaum umsetzen lässt, dass aber nach einer ausgehandelten Grundrichtung gemein-

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schaftlichen Zusammenlebens und dem Angebot offener Räume sowie vorhandenem Engagement der Bewohnerschaft gelebte Gemeinschaft entsteht, die niemals gleich bleibt, sondern sich nach den Bedürfnissen der Bewohner ändert und mit ihnen auch Räume gestaltet werden, die im Rahmen der architektonischen Möglichkeiten in immer neue Nutzungen überführt werden.




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