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Sachenrecht
Damit das Zusammenleben in einer Gesellschaft reibungslos funktionieren kann, muss definiert sein, wem welche Sachen gehören und wer über sie verfügen darf. Die Funktion des Sachenrechts besteht deshalb darin, die verschiedenen Sachen eindeutig ihren Besitzern und Eigentümern zuzuordnen. Entsprechend bestimmen die Vorschriften des ZGB, wie Rechte an Sachen, z. B. der Besitz oder das Eigentum an einem Fahrzeug oder einem Grundstück, begründet werden können.
Theorie 9.1 9.2 9.3 9.4
Übungen
Die rechtliche Gliederung von Sachen ................................................................ Das Eigentum und der Besitz .............................................................................. Regeln für den Übergang von Besitz und Eigentum ............................................ Beschränkte Rechte an Sachen ........................................................................... Das haben Sie gelernt ........................................................................................ Diese Begriffe können Sie erklären .....................................................................
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Verschiedene Sachen und Tiere ............................................................................ Eigentum und Besitz ............................................................................................ Übergang von Besitz und Eigentum ...................................................................... Beschränkte Rechte an Sachen .............................................................................
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Aufgaben 1 2 3 4
Etwas gefunden – was nun? ................................................................................. Der Schreibtisch von Herrn Ender .......................................................................... Die Rechtsansprüche an einer antiken Truhe ......................................................... Der gestohlene Spiegel ........................................................................................
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Ausgabe für Lehrpersonen Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft 3.. Auflage 2017 / © Verlag SKV AG, Zürich Diese Broschüre ist urheberrechtlich geschützt. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, die Broschüre oder Teile daraus in irgendeiner Form zu reproduzieren. Bestellung über: http://brennpunkt-wug.verlagskv.ch Sachenrecht
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9.1 Die rechtliche Gliederung von Sachen Der Begriff «Sache» wird in den Art. 641 ff. ZGB nicht speziell definiert. Unter Sachen im Sinne des Sachenrechts verstehen wir solche Gegenstände, die wir anfassen können. Nicht materiell vorhandene Sachen, beispielsweise die Rechte von Komponisten an ihren Musikstücken, werden deshalb nicht im ZGB, sondern in Spezialgesetzen (z. B. dem Urheberrecht) geregelt. Während unter Fahrniseigentum bewegliche körperliche Sachen verstanden werden, wie z. B. Fahrzeuge oder Möbelstücke, umfasst Grundeigentum unbewegliche Sachen (Grundstücke, Liegenschaften oder Stockwerkeigentum). In der rechtlichen Betrachtungsweise zählen Tiere grundsätzlich auch zu den «Sachen». Zwar gibt es einen «Grundsatzartikel Tier» (Art. 641a ZGB), wonach Tiere keine Sachen sind. In einigen Bereichen sind deshalb spezielle Regeln für Tiere vorgesehen. Falls es jedoch für ein bestimmtes Problem im Zusammenhang mit einem Tier keine tierspezifische Regelung gibt, werden nach wie vor die für Sachen geltenden Vorschriften angewandt. Materielle
■ Gliederung der verschiedenen «Sachen»
Sachen Immateriel-
Sachen
le Sachen
Materielle Sachen
Immaterielle Sachen
Sachen, die körperlich vorhanden sind
Sachen, die körperlich nicht vorhanden sind
Unbewegliche Sachen
Bewegliche Sachen
z. B. Liegenschaften, Stockwerkeigentum
z. B. Fahrzeuge, Möbel
Grundeigentum
Fahrniseigentum
werden im ZGB geregelt
Tiere Sind gemäss Art. 641a ZGB keine Sachen; gelten aber dann als Sachen, wenn keine besonderen Regeln bestehen
«Geistige» Sachen z. B. musikalische oder literarische Werke, Patente, Lizenzen
in Spezialgesetzen geregelt, z. B. Urheberrechtsgesetz, Patentgesetz
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Gemäss Art. 641a ZGB gelten Haustiere nicht als Sachen; ihnen kommt eine besondere Stellung zwischen natürlichen Personen und «herkömmlichen Sachen» zu. Mit dem seit 2003 geltenden Gesetz hat man in der Gesetzgebung dem in unserer Gesellschaft gewandelten Empfinden Rechnung getragen, wonach Tiere nicht als Sachen, sondern als empfindsame Lebewesen behandelt werden sollten, deren Würde nicht verletzt werden darf. Der erwähnte «Grundsatzartikel Tiere» hat Auswirkungen auf mehrere Rechtsbereiche, z. B. auf das Erbrecht, das Fundrecht, das Haftpflichtrecht oder das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG). ■ Erbrecht: Zwar sind Tiere nicht rechtsfähig, entsprechend auch nicht erbfähig, und können deshalb nicht als Erben eingesetzt werden. Wird aber trotzdem ein Haustier testamentarisch mit einem Erbteil oder einem Vermächtnis, z. B. einer grösseren Geldsumme, bedacht, so gilt dies neu gemäss Art. 482 Abs. 4 ZGB als eine «Zuwendung an ein Tier». Damit muss die mit der Auflage belastete Person dafür sorgen, dass die dem Haustier vermachte Summe so eingesetzt wird, dass für das betreffende Tier art- und tiergerecht gesorgt wird, d. h., dass das Haustier an einem «guten Plätzchen» untergebracht wird. ■ Fundrecht: Wird ein Haustier gefunden, und es meldet sich kein Eigentümer, so kann die Finderin (oder ein Tierheim) gemäss Art. 722 Abs. 1bis ZGB bereits nach zwei Monazwei Monaten über das Tier verfügen (und nicht erst nach fünf Jahren, wie dies für gefundene Sachen generell gilt). ■ Haftpflichtrecht: Wird z. B. ein Hund durch ein Auto angefahren, so können bei schwerwiegenden Verletzungen hohe Kosten für die tierärztliche Behandlung anfallen. Ein Schadensverursacher muss nun dem Tierhalter die Behandlungs- und Heilungskosten vergüten, auch wenn diese den Wert des Tieres übersteigen (Art. 42 Abs. 3 OR). Das Gericht hat ferner im Falle einer Verletzung oder Tötung eines Haustieres die Möglichkeit, dem Tierhalter eine Genugtuungssumme zuzusprechen für den gefühlsmässigen Wert, den das Tier für ihn hatte (Art. 43 Abs. 1bis OR). ■ Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG): Im Art. 92 Abs. 1 Ziff. 1a SchKG wird schliesslich die Unpfändbarkeit von Haustieren festgelegt. Es ist einleuchtend, dass die (wie bei «Sachen» mögliche) Pfändung, d. h. amtliche Beschlagnahmung, eines wertvollen Haustieres, z. B. einer Rassekatze oder eines Rassehundes, für eine sich in Zahlungsschwierigkeiten befindliche Person einen schwerwiegenden Eingriff darstellt. Diese Rechtsnorm gilt (wie auch alle bisher erwähnten) ausdrücklich nur für Haustiere, d. h. Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- und Erwerbszwecken gehalten Übung 1 werden. Aufgabe 1
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9.2 Das Eigentum und der Besitz Umgangssprachlich genügt vielfach die Aussage, dass ein Gegenstand einer bestimmten Person «gehört», und die beiden Begriffe «Eigentum» und «Besitz» müssen nicht präzis auseinandergehalten werden. Am Beispiel eines geleasten Fahrzeugs wird allerdings klar, dass damit die Eigentumsfrage nicht geklärt ist. Wer ein Fahrzeug geleast hat, kann als Besitzer im Rahmen der Bestimmungen des Leasingvertrages darüber verfügen; das Eigentum am Fahrzeug bleibt aber bei der Leasinggesellschaft. ■ Unterschiedliche Rechte von Eigentümern und Besitzern Das Eigentumsrecht ist das umfassendste Recht. Es verleiht die alleinige Gewalt über eine Sache. Der Eigentümer einer Sache kann diese nach eigenem Gutdünken verwenden, verkaufen oder z. B. auch zerstören. Wer hingegen «nur» Besitzer – und nicht gleichzeitig auch Eigentümer – einer Sache ist, darf die entsprechende Sache nicht verkaufen, verpfänden oder zerstören. Als Mieter ist man nur Besitzer einer Mietwohnung und darf ohne Einwilligung des Vermieters nicht einfach eine Wand zwischen zwei Zimmern herausschlagen. Eine ähnliche Unterscheidung gilt beim Lombardkredit: Wenn eine Kreditnehmerin zur Sicherung eines Bankkredites Wertschriften (z. B. Obligationen) bei der Bank hinterlegt hat, so ist die Bank nur Besitzerin der Wertschriften; sie besitzt lediglich das Pfandrecht an den Papieren. Eigentümerin bleibt nach wie vor die Kreditnehmerin. Deshalb müssen auch die jährlichen Zinsen dem Konto der Kreditnehmerin gutgeschrieben werden. Erst wenn der Kredit nicht zurückgezahlt wird, darf die Bank die Wertschriften verwerten und aus dem Erlös ihre Forderung decken. ■ Schranken des Eigentums
Rund zwei Drittel der Schweizerinnen und
Schweizer sind als Mieter zwar Besitzer, aber nicht Wer Eigentümer einer Sache ist, kann geEigentümer ihrer Wohnungen. mäss Art. 641 ZGB in den Schranken der Rechtsordnung nach seinem Belieben über sie verfügen. Dabei sind jedoch im Bereich des Grundeigentums folgende Einschränkungen zu berücksichtigen: Den Nachbarn dürfen keine übermässigen Immissionen von Lärm, Rauch, Geruch oder Erschütterungen zugemutet werden (Art. 684 ZGB).
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Im Interesse der Öffentlichkeit hat der Staat verschiedene weitere Rechtsvorschriften erlassen: Bauvorschriften (z. B. Vorschriften über die Verwendung von Gebäuden oder den Abstand zu anderen Gebäuden), Umweltschutzvorschriften (z. B. Gewässerschutzgesetz), Vorschriften über die staatliche Enteignung von Grundstücken, welche Privatpersonen gehören (z. B. für den Bau einer neuen Quartierstrasse, wobei die Privateigentümer bei einer Enteignung voll entschädigt werden müssen). Auch bei der Ausübung der Eigentumsrechte an beweglichen Sachen bestehen selbstverständlich überall dort Schranken, wo der Staat Vorschriften zur Regelung des Zusammenlebens erlassen hat. Dies betrifft so unterschiedliche Bereiche wie generelle Vorschriften im Verkehrsbereich (z. B. Strassenverkehrsgesetz), die Beförderung gefährlicher Güter auf Strasse, Schiene und Gewässern (z. B. Heizöl, Chemikalien) oder etwa das Waffenrecht (Vorschriften über den Erwerb, das Tragen und den Handel mit Waffen). Übung 2
9.3 Regeln für den Übergang von Besitz und Eigentum Um zu bestimmen, wer rechtmässiger Eigentümer einer Sache ist, müssen wir die folgenden Regeln berücksichtigen: Regel 1: Eigentümer von beweglichen Sachen wird man durch die Übergabe des Kaufgegenstandes. Egal, ob die Sache direkt bezahlt (Barkauf) oder ob sie auf Rechnung gekauft wird (Kreditkauf): Eigentümer von beweglichen Sachen wird man durch die Übergabe des Kaufgegenstandes (Art. 714 ZGB). Falls der Käufer die Rechnung nicht bezahlen kann, bleibt dem Verkäufer nur noch die Betreibung des Käufers übrig. Da eine Betreibung immer mit Kosten und möglichen Verlusten verbunden ist, verlangen die Verkäufer bei Kreditkäufen manchmal einen schriftlichen Vorbehalt, dass der Kaufgegenstand bis zur vollständigen Bezahlung ihr Eigentum bleibe. Damit ein solcher Eigentumsvorbehalt rechtsgültig wird, muss er beim Betreibungsamt am Wohnort des Käufers registriert Aufgabe 2 werden (Art. 715 f. ZGB). Aufgabe 3
Regel 2: Vom Besitzer einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er auch ihr Eigentümer ist. Diese «Rechtsvermutung» (Art. 930 Abs. 1 ZGB) erleichtert den Geschäftsverkehr, indem die Käufer davon ausgehen dürfen, dass die Verkäufer rechtmässige Eigentümer der Waren sind.
Hinweis fĂźr Lehrperson â–ź PPT-Folie / Tafelbild: Folien 3 / 4 (animiert)
â–ź Vertiefung zum Eigentumsvorbehalt: Auszug aus der Website des Kantons Thurgau:
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1. Wie wird ein Eigentumsvorbehalt an einer beweglichen Sache wirksam? Veräusserte bewegliche Gegenstände gehen nach Art. 714 ZGB mit ihrer Besitzesßbergabe ins Eigentum des Erwerbers ßber. Will der Veräusserer eine Sache dem Erwerber ßbergeben, sich jedoch sein Eigentumsrecht (noch) vorbehalten, so bedarf dies der Eintragung im Eigentumsvorbehaltsregister. Die Eintragung hat am Wohnort des Erwerbers zu erfolgen. Das Register wird durch das Betreibungsamt gefßhrt und ist Üffentlich.
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2. Welche Verträge kÜnnen im Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen werden? Der Eigentumsvorbehalt beschränkt sich auf Verträge, welche einen Eigentumswechsel zum Ziel haben, also z. B. Kauf, Tausch, Schenkung etc. Dagegen kÜnnen z. B. Leasing- und Mietverträge nicht im Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen werden. Der Zweck dieser Verträge ist nicht der Eigentumswechsel an den betroffenen Gegenständen.
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3. Wie ist ein Eigentumsvorbehalt zu bestellen? Ein Eigentumsvorbehalt ist spätestens bei Ăœbergabe der Sache vom Verkäufer an den Käufer schriftlich zu vereinbaren. Die Anmeldung an das Betreibungsamt am Wohnort des Käufers erfolgt am einfachsten mit dem Formular Nr. 48a fĂźr Verträge, die unter das Bundesgesetz Ăźber den Konsumkredit fallen und Formular Nr. 48al fĂźr die Ăźbrigen Verträge. 4. Wie viel kostet ein Eintrag ins Eigentumsvorbehaltsregister? Die GebĂźhr geht zulasten des Antragstellers und beträgt je nach HĂśhe der Restschuld:
ab
CHF
1.–
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CHF
1 000.–
CHF
25.–
CHF
1 001.–
bis
CHF
5 000.–
CHF
50.–
CHF
5 001.–
bis
CHF 105 000.–
CHF
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10 000.–
6 Promille, jedoch max. CHF 150.–
Quelle: www.konkursamt.tg.ch
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Regel 3: Niemand kann mehr Rechte übertragen, als er selber hat. Nur wer rechtmässiger Eigentümer ist, kann sein Eigentumsrecht rechtsgültig übertragen. Wer gestohlene Sachen kauft, wird somit auch bei vollständiger Bezahlung des Kaufpreises nicht rechtmässiger Eigentümer. Nach Art. 934 Abs. 1 ZGB können gestohlene Sachen innerhalb von fünf Jahren grundsätzlich zurückverlangt werden. Um komplizierte Nachforschungen zu vermeiden, gibt es von diesem Grundsatz folgende wichtige Ausnahme (Art. 934 Abs. 2 ZGB): Wenn der Käufer etwas von jemandem gekauft hat, der mit Waren gleicher Art handelt, so muss er die gekaufte Sache nur gegen Vergütung des bezahlten Kaufpreises zurückgeben. Der Käufer darf allerdings nicht gewusst haben, dass es sich beim Kaufgegenstand um eine gestohlene Sache handelte. Das Gesetz spricht in diesem Zusammenhang von einem «gutgläubigen» Erwerber. (Wir haben den Grundsatz des «guten Glaubens» bei den Einleitungskapiteln zum ZGB kennen gelernt.) Hat der Käufer gewusst, dass es sich um DieAufgabe 4 besgut handelt, spricht das Gesetz von einem «bösgläubigen» Erwerber. Regel 4: Eigentümer von Grundeigentum wird man durch den Grundbucheintrag. Regel 4 betrifft die Eigentumsverhältnisse an Liegenschaften. Unbewegliche Sachen wie Liegenschaften lassen sich nicht transportieren. Eine eigentliche Übergabe wie beim Fahrniseigentum ist deshalb schlecht möglich. Die Funktion der Übergabe erfüllt beim Grundeigentum der Eintrag ins Grundbuch: Erst wenn der Eintrag ins Grundbuch erfolgt, ist man Eigentümer der Liegenschaft. Für den Erwerb von Grundeigentum benötigt man somit zwei Rechtsgeschäfte: zum einen den Kaufvertrag, für den die Formvorschrift der öffentlichen BeÜbung 3 urkundung gilt, und zum andern für die Eigentumsübertragung den Grundbucheintrag. ■ Das Grundbuch Das Grundbuch ist ein von den Kantonen geführtes öffentliches Register, in welchem die Rechte und Pflichten an Grundstücken festgehalten werden. In vielen Kantonen werden die Aufgaben des Grundbuchamtes durch Notariate wahrgenommen, die gleichzeitig auch für die öffentliche Beurkundung von Grundstückskäufen zuständig sind. Die Grundbuchämter nummerieren die Grundstücke auf speziellen Plänen und legen im Grundbuch für jedes Grundstück ein neues Blatt an. Darin sind, neben einer Liegenschaftenbeschreibung, Eigentümer, allfällige Dienstbarkeiten (z. B. Weg- oder Baurechte) und Grundpfandrechte für jedes Grundstück eingetragen. Gemäss Art. 970 Abs. 1 ZGB bekommt jede Person (ohne spezielle Berechtigung) Auskunft darüber, wer als Eigentümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist. Auch die meisten anderen Informationen (z. B. Informationen über Grunddienstbarkeiten etc.) sind heute öffentlich zugänglich.
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9.4 Beschränkte Rechte an Sachen Während im Eigentumsrecht sämtliche denkbaren Rechte an einer Sache eingeschlossen sind, definieren Grunddienstbarkeiten, Grundlasten und Pfandrechte nur ganz bestimmte Rechtsansprüche an Sachen, die ebenfalls gegenüber jedermann Gültigkeit haben. ■ Grunddienstbarkeiten Als Beispiel einer Grunddienstbarkeit kann das Wegrecht angeführt werden. Es wird oft zwischen den Eigentümern von zwei hintereinander liegenden Grundstücken vereinbart. Danach besteht für den Eigentümer des belasteten Grundstücks eine sogenannte Duldungspflicht. Der Eigentümer eines mit einem Wegrecht belasteten Grundstücks (A) muss der Eigentümerin des berechtigten Grundstücks (B) den Zugang zu ihrem Grundstück über sein eigenes Grundstück gestatten. Eine Grunddienstbarkeit wird durch einen schriftlichen Vertrag und die Eintragung im Grundbuch begründet (Art. 731 f. ZGB). ■ Grundlasten Durch eine Grundlast entsteht für den Eigentümer eines belasteten Grundstücks eine Leistungspflicht, z. B. eine Unterhaltspflicht einer auf dem berechtigten Grundstück gelegenen Stützmauer. Grundlasten gibt es eher selten; für ihre Errichtung ist eine öffentliche Beurkundung sowie der Eintrag im Grundbuch notwendig. Nach dreissigjährigem Bestehen einer Grundlast kann der Schuldner seine Verpflichtung mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr ablösen (Art. 788 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB). ■ Pfandrechte Mit einem Pfandrecht wird eine Forderung derart gesichert, dass der Pfandgläubiger das Recht erhält, die verpfändete Sache verwerten zu lassen und sich aus dem Verwertungserlös seine Forderung auszahlen zu lassen. Solche Pfandrechte können sowohl an Fahrnisgegenständen als auch an Grundstücken errichtet werden. ■ Das Faustpfand: Das Pfandrecht an einem Fahrnisgegenstand entsteht durch einen Pfandvertrag und die Übergabe der verpfändeten Sache an den Pfandgläubiger. Man spricht deshalb bei Fahrnispfändern auch von Faustpfändern, weil sich der Pfandgegenstand quasi «in der Faust», d. h. im Besitz des Pfandgläubigers, befindet (Art. 884 Abs. 1 ZGB). Eine typische Anwendung eines Faustpfandes ist die Absicherung eines Bankkredites durch Wertpapiere (Lombardkredit). Übung 4
Hinweis fĂźr Lehrpersonen â–ź PPT-Folie / Tafelbild: Folie 5
â–ź Hinweis fĂźr Lehrpersonen
Zur Vereinfachung wird der Begriff Beschränkte dingliche Rechte hier nicht verwendet, wir sprechen bewusst nur von Beschränkten Rechten.
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â–ź Hinweis fĂźr Lehrpersonen
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Die meisten Grundbuchämter haben informative Internetauftritte, die von den Schßlerinnen und Schßlern im Unterricht oder als Hausaufgabe (gegebenenfalls mit einem konkreten Auftrag) erkundet werden kÜnnen.
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Beispiele: ■Kanton TG (mit einer Beschreibung der Dienstleistungen der Grundbuchämter): www.gni.tg.ch ■Kanton LU (mit einem Beispiel eines Grundbuchauszuges als PDF): www.grundbuch.lu.ch ■Kanton ZH (mit einem umfangreichen Glossar): www.notariate.zh.ch
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Die Links kĂśnnen via e-desk direkt aktiviert werden: www.brennpunkt-wug.ch ďƒ Kapitel 9 ďƒ Dateien Lehrmittel ďƒ Zusatzmaterial
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■ Das Retentionsrecht: Beim Retentionsrecht handelt es sich um eine spezielle Art eines Faustpfandes. Dieses «Rückbehaltungsrecht» ist ein Sicherungsmittel des Gläubigers, das ihm ermöglicht, bewegliche Güter eines Schuldners zurückzubehalten und wie ein Faustpfand zu verwerten. Damit ein Gläubiger dieses Recht allerdings geltend machen kann, müssen die Tatbestandsmerkmale (TBM) gemäss Art. 895 Abs. 1 ZGB gegeben sein. Rechtlich bedeutsame Merkmale des Tatbestandes
TBM
1) Bewegliche Sachen (und Wertpapiere) befinden sich mit Willen des Schuldners im Besitz des Gläubigers 2) … wenn Forderung fällig ist 3) und die Forderung mit dem Gegenstand der Retention im Zusammenhang steht
Daraus sich ergebende Rechtsfolgen 1) … kann der Gläubiger (die Sache) bis zur Befriedigung seiner Forderung zurückbehalten
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■ Ausprägungen des Grundpfandrechts Grundpfandverschreibung
Schuldbrief
Damit wird eine beliebige bereits bestehende oder künftig mögliche Forderung pfandrechtlich abgesichert. Das Dokument belegt einzig das Pfandrecht an der Liegenschaft, nicht jedoch die zu sichernde Forderung. Vielfach wird der für den Bau einer Liegenschaft notwendige Baukredit mit einer Grundpfandverschreibung abgesichert.
Mit einem Schuldbrief (Art. 842 ZGB) wird eine bestimmte Forderung (in der Regel ein Hypothekarkredit) verkörpert und mit dem Pfandrecht an der Liegenschaft abgesichert. Häufig wird nach Abschluss der Bauarbeiten der tatsächlich beanspruchte Baukredit in einen Hypothekarkredit umgewandelt (konsolidiert) und mittels Schuldbrief abgesichert. Der Schuldbrief ist ein Wertpapier, das entweder auf den Namen des Gläubigers oder den jeweiligen Inhaber als Gläubiger ausgestellt ist.
Wir merken uns dazu: Die Rechtsfolgen (RF) eines Artikels treten nur dann ein ( ), wenn sämtliche Tatbestandsmerkmale (TBM) erfüllt sind ( ).
■ Absolute Rechtsansprüche an Sachen
Einen möglichen Anwendungsfall gibt es im Mietrecht bei der Miete von Geschäftsräumlichkeiten (Art. 268 OR). Dem Vermieter steht ein Retentionsrecht an beweglichen Sachen zu, die sich in den vermieteten Räumen befinden, wenn sich der Mieter mit der Zahlung des Mietzinses im Rückstand befindet.
Die im Sachenrecht aufgeführten Rechte wirken gegenüber allen Personen und werden deshalb auch als «absolute Rechtsansprüche» bezeichnet. Dies im Gegensatz zu den «relativen Rechten», die einen Anspruch aus einer Obligation (z. B. einem Vertrag) gegenüber einer ganz bestimmten Person verkörpern. Während das Eigentum sämtliche Verfügungsrechte an Sachen innerhalb der Rechtsordnung umfasst, beinhalten Grunddienstbarkeiten, Grundlasten und Pfandrechte nur bestimmte (beschränkte) Ansprüche an Sachen.
■ Das Grundpfandrecht: Beim Grundpfandrecht hat die Gläubigerin als Sicherheit für eine Forderung das Pfandrecht an einem Grundstück des Schuldners. Eine Bank besitzt z. B. zur Absicherung eines Hypothekarkredites ein Pfandrecht an der Liegenschaft des Kreditnehmers. Ein Grundpfandrecht entsteht durch den Abschluss eines öffentlich beurkundeten Pfandvertrages zwischen der Gläubigerin und dem Grundeigentümer und durch den Eintrag im Grundbuch (Art. 799 ZGB). Für die Urkunde, die das Grundbuchamt für das Pfandrecht ausstellt, gibt es zwei mögliche Ausprägungen (siehe Abbildung rechts oben). Auf einem Grundstück können mehrere Pfandrechte erstellt werden. Die Reihenfolge unter den Pfandrechten heisst Pfandstelle. Kommt es wegen Zahlungsschwierigkeiten des Schuldners zu einer Pfandverwertung (Versteigerung des Grundstücks), so wird der Erlös aus der Verwertung in der Reihenfolge der Pfandstellen auf die Pfandgläubiger verteilt (Art. 817 ZGB). Zuerst werden die Forderungen im ersten Rang vollständig befriedigt, und falls noch etwas übrig bleibt, wird die restliche Summe auf die nächste Pfandstelle verteilt.
■ Übersicht über die verschiedenen absoluten Rechtsansprüche an Sachen Grundeigentum Art. 655 ff. ZGB
Fahrniseigentum Art. 713 ff. ZGB
Grunddienstbarkeiten Art. 730 ff. ZGB
Grundlasten Art. 782 ff. ZGB
Pfandrechte Art. 793 ff. ZGB
Eigentum (Art. 641 ZGB)
Beschränkte Rechtsansprüche
Wer Eigentümer einer Sache ist, kann in den Schranken der Rechtsordnung über sie nach seinem Belieben verfügen.
Umfassen nur ganz bestimmte Rechte an Sachen
Besitz (Art. 919 ZGB) Wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache hat, ist ihr Besitzer.
Hinweis fĂźr Lehrpersonen â–ź PPT-Folie / Tafelbild: Folie 9
â–ź PPT-Folie / Tafelbild: Folien 11 / 12 (animiert)
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Arten von RechtsansprĂźchen
Absolute RechtsansprĂźche
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Relative RechtsansprĂźche
Wirken gegenĂźber allen Personen
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Wirken gegenĂźber bestimmten Personen
Verkäufer
Arbeitgeber
Vermieter
Eltern
Dieb
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Darlehensgeber
Beispiel: Eigentumsrechte
"X> X > > > 1 > > > > > / X
Beispiel: Vertragliches Recht aus einem Arbeitsvertrag
â–ź PPT-Folie: Folie 10 Beispiel einer Verteilung des VerwertungserlĂśses auf die Pfandstellen I. Rang
CHF 400 000.–
Schuldbrief zugunsten Kantonalbank
II. Rang
CHF 200 000.–
Schuldbrief zugunsten Pensionskasse
III. Rang
CHF 100 000.–
Schuldbrief zugunsten Regionalbank
Die Versteigerung der Liegenschaft bringt einen ErlÜs von CHF 580 000.–. Ohne Berßcksichtigung von Zinsen und Betreibungskosten ergibt sich fßr dieses Beispiel folgende Verteilung auf die Pfandgläubiger: Die Kantonalbank im I. Rang erhält
CHF 400 000.–
Die Pensionskasse im II. Rang erhält
CHF 180 000.–
Verlust CHF 20 000.–
Die Regionalbank im III. Rang erhält
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2 Sachenrecht 10
Das haben Sie gelernt Eine Sache im sachenrechtlichen Sinn definieren Die spezielle Rechtsstellung von Tieren in ausgewählten Bereichen beschreiben Die verschiedenen Rechtsansprüche an Sachen unterscheiden Die Rechte von Eigentümern und Besitzern an einem Beispiel anwenden Einschränkungen des Eigentumsrechts begründen Voraussetzungen für die Eigentumsübertragung von beweglichen Sachen nennen Die Vermutung, dass ein Besitzer einer Sache deren Eigentümer ist, begründen Die Unterscheidung zwischen gutgläubigen und bösgläubigen Erwerbern erklären und die unterschiedlichen Folgen im Zusammenhang mit gestohlenen Sachen beschreiben Die Funktion des Grundbuches für die Eigentumsübertragung von unbeweglichen Sachen erklären Ein Beispiel einer Grunddienstbarkeit beschreiben Das Grundpfandrecht an einem Beispiel erläutern Grundpfandverschreibung und Schuldbrief unterscheiden Die Bedeutung unterschiedlicher Pfandstellen begründen
Offene Fragen
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Diese Begriffe können Sie erklären Sachenrecht Materielle Sachen Unbewegliche Sachen Bewegliche Sachen Tiere Immaterielle Sachen Eigentum Fahrniseigentum Grundeigentum Eigentumsvorbehalt Besitz Grunddienstbarkeiten Grundlasten Pfandrechte Faustpfand Retentionsrecht Grundpfandrecht Grundbuch
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Übung 1 Verschiedene Sachen und Tiere
Übung 2 Eigentum und Besitz
Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen, und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. a) Ein Patent als Recht zur alleinigen Nutzung und Verwertung einer Erfindung ist ein typisches Beispiel eines Fahrnisgutes.
F
Beispiel eines immateriellen Gutes («Recht zur alleinigen Nutzung» stimmt) b) Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Stockwerkeigentum sind im vierten Teil des ZGB, dem Sachenrecht, geregelt.
c) Haustiere gemäss dem «Grundsatzartikel Tiere» gelten als Tiere, die im häuslichen Bereich, aber nicht zu Vermögens- und Erwerbszwecken gehalten werden.
d) Im ZGB wird der Begriff «Sache» im Kapitel Sachenrecht in einem umfassenden Sinn definiert. Er umfasst sowohl materielle als auch immaterielle Sachen.
R R
F
Das ZGB regelt nur Rechtsfragen von materiellen Sachen. e) Ein Schadensverursacher kann gemäss dem «Grundsatzartikel Tiere» zu Ersatzleistungen bis maximal zum Sachwert des Tieres verpflichtet werden.
F
zur Übernahme der Tierarzt- und Behandlungskosten verpflichtet werden (auch wenn diese den «Sachwert» des Tieres übersteigen). f) Ein Musikstück ist keine Sache im Sinne des Sachenrechts. Das Urheberrecht eines Komponisten ist entsprechend im Urheberrechtsgesetz und nicht im ZGB geregelt.
Entscheiden Sie, wer in den folgenden Fällen rechtlich gesehen Besitzer und wer Eigentümer der fett hervorgehobenen Sache ist.
R
Besitzer / Besitzerin
Eigentümer / Eigentümerin
Frau Anderegg fährt mit dem Zug nach Airolo, mietet dort bei den SBB ein Countrybike für eine vergnügliche Fahrt nach Bellinzona.
Frau Anderegg
SBB
Herr Bauer hat vor 4 Wochen ein Portemonnaie mit Banknoten gefunden, das er sofort auf dem Fundbüro abgegeben hat. Es hat sich bisher niemand beim Fundbüro gemeldet.
Fundbüro
Unbekannt
Frau Clerici braucht einen Bankkredit. Als Sicherheit verlangt die Bank ein Pfand. Frau Clerici verpfändet der Bank deshalb Anleihensobligationen im Wert von CHF 120 000.–.
Bank
Frau Clerici
Die Familie Gubser wohnt in einem Einfamilienhaus, das von Karl Moser, der die Liegenschaft vor 10 Jahren erworben hat, vermietet wird.
Familie Gubser
Karl Moser
Das Ehepaar Dähler bewohnt ein eigenes Einfamilienhaus. Für den Kauf des Hauses haben die beiden von der Bank einen Hypothekarkredit von CHF 600 000.– aufgenommen, der zu 2 ¾ % verzinst werden muss.
Ehepaar Dähler
Ehepaar Dähler
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Übung 4 Beschränkte Rechte an Sachen
Ordnen Sie den Formulierungen a bis j den jeweils zutreffenden Fachbegriff aus der unten aufgeführten Liste zu.
Ziffern 1 – 10
Übung 3 Übergang von Besitz und Eigentum
a) Frau Rohner kauft bei einem Kunsthändler in St. Gallen ein Bild. Sie ahnt nicht, dass es sich dabei um ein gestohlenes Gemälde handelt (eine Tatsache, die sie beim besten Willen nicht wissen konnte).
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b) Verzeichnis der privatrechtlichen Rechtsverhältnisse an den Grundstücken einer Gemeinde.
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c) Herr Oehler kauft aufgrund eines sehr entgegenkommenden Angebotes von einer ihm nicht bekannten Privatperson ein BMW M3 Coupé für CHF 12 500.–. Er schliesst den Kaufvertrag einzig deshalb ab, weil ihm der Preis für das Fahrzeug ausserordentlich günstig erscheint.
1
d) Herr Oehler wird allerdings unter gewissen Umständen gar nicht Eigentümer des BMW M3 Coupés – nämlich dann, wenn sich herausstellen sollte, dass es sich um eine … handelt.
6
e) Falls sich herausstellen würde, dass der BMW vor 2 Monaten jemandem gestohlen worden war, müsste Herr Oehler den Wagen dem rechtmässigen Eigentümer gleichwohl nur gegen … zurückgeben, wenn er das Fahrzeug bei einer offiziellen BMW-Vertretung gekauft hätte.
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g) Gemäss dieser Rechtsnorm darf Marielle Cuche davon ausgehen, dass der Verkäufer rechtmässiger Eigentümer der Ware ist.
2
h) Vermerk auf der Rechnung des Lieferanten des Notebooks: «Bis zur vollständigen Bezahlung bleibt die Ware unser Eigentum.»
3
i) Der … erfüllt beim Erwerb von Grundeigentum die gleiche Funktion wie die Übergabe der Sache beim Erwerb von Fahrniseigentum.
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j) Nur Personen, die ein Interesse nachweisen können, erhalten gegen eine Gebühr …
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Bösgläubiger Erwerb Eigentumsvermutung (Art. 930 ZGB) Eigentumsvorbehalt Eintrag ins Grundbuch Einsicht ins Grundbuch
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a) Der Eigentümerin einer durch eine Grunddienstbarkeit belasteten Liegenschaft entsteht ein beträchtlicher Vorteil, z. B. ein Wegrecht.
F
überhaupt kein Vorteil; sie muss etwas erdulden; ein Wegrecht steht dem Nachbarn zu, er darf es beanspruchen. b) Ein Wegrecht wird durch einen schriftlichen Vertrag sowie einen Eintrag ins Handelsregister begründet.
F
einen Eintrag ins Grundbuch begründet.
f) Marielle Cuche kauft ein neues Notebook. Sie wird mit der Übernahme des Gerätes dessen Besitzerin. Eigentümerin wird sie mit der …, unabhängig davon, ob das Gerät sofort bar oder mit einer Kreditfrist von 20 Tagen bezahlt wird.
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Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen, und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.
Gestohlene Sache Grundbuch Gutgläubiger Erwerb Übergabe des Kaufgegenstandes Vergütung des Kaufpreises
c) Der Abschluss eines Faustpfandvertrages ist formfrei, d. h. auch mündlich möglich.
R
d) Wenn der Arzt Dr. A. Tschumi mit der Zahlung der Mietzinse für seine Praxis im Rückstand liegt, steht der Vermieterin, der Immobilien AG, ein Retentionsrecht an den wertvollen Originalgemälden in der Arztpraxis zu.
R
e) Wenn der Baukredit nach Abschluss der Bauarbeiten in einen Hypothekarkredit umgewandelt wird, wird ein Grundpfandrecht meistens in Form einer Grundpfandverschreibung errichtet.
F
in Form eines Schuldbriefes f) Ein Schuldbrief ist ein Wertpapier, das eine mit einem Pfandrecht an einer Liegenschaft abgesicherte Forderung verkörpert.
R
g) Beschränkte Rechtsansprüche umfassen ganz bestimmte Rechte an Sachen (z. B. das Pfandrecht) und zählen deshalb zu den relativen Rechtsansprüchen.
F
zu den absoluten Rechtsansprüchen. (Relative Rechtsansprüche stammen z. B. aus einem Vertrag.)
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2 Sachenrecht 14
Aufgabe 1 Etwas gefunden – was nun? André Graf findet auf der Strasse eine Brieftasche mit einem Inhalt von CHF 1500.–. Daraus ergeben sich u. a. folgende Fragen: 1. Darf André Graf die Brieftasche behalten? 2. Hat André Graf einen Anspruch auf einen Finderlohn, falls sich der Eigentümer meldet? 3. Was geschieht mit den CHF 1500.–, falls sich der Eigentümer nicht meldet? Solche Fragestellungen lassen sich mithilfe des Sachenrechts beantworten. Öffnen Sie das ZGB, und ergänzen Sie das folgende Inhaltsverzeichnis über das Sachenrecht.
a) Suchen Sie im Gesetz die massgebenden Artikel für die Beantwortung der Eingangsfragen, und notieren Sie Ihre Antworten auf den folgenden Zeilen.
1. Nein, André Graf darf die Brieftasche nicht behalten. Der Fund muss der Polizei gemeldet werden (vgl. Art. 720 Abs. 2 ZGB). 2. Ja, er hat Anspruch auf den Ersatz aller Auslagen sowie einen
Das Sachenrecht (ZGB: Vierter Teil)
angemessenen Finderlohn (Art. 722 Abs. 2 ZGB);
1. Abteilung
Das Eigentum
Artikel
18. Titel
Allgemeine Bestimmungen
641
19. Titel
- Das Grundeigentum
695
20. Titel
Das Fahrniseigentum
713
2. Abteilung
Die beschränkten dinglichen Rechte
21. Titel
Dienstbarkeiten / Grundlasten
730
22. Titel
Das Grundpfand
793
23. Titel
Das Fahrnispfand
884
3. Abteilung
Besitz und Grundbuch
24. Titel
Der Besitz
919
25. Titel
Das Grundbuch
942
als allgemeine Regel für den Finderlohn gilt eine Vergütung von 10 %. 3. Wenn sich der Eigentümer innert fünf Jahren nicht meldet, wird der Finder, d. h. André Graf, Eigentümer der Brieftasche (Art. 722 Abs. 1 ZGB). b) Was würde sich ändern, wenn André Graf die Brieftasche im Schulhaus finden würde?
1. In diesem Fall müsste André Graf die Brieftasche dem Hausdienst (Abwart) abliefern (Art. 720 Abs. 3 ZGB). 2. In diesem Fall wird der «Hausherr», d. h. die Schule, als Finder betrachtet; sie könnte keinen Finderlohn beanspruchen (Art. 722 Abs. 3 ZGB). 3. Gleiche Antwort wie bei Fragestellung a)
1
c) Melanie Graf findet auf dem Vorplatz ihres Wohnhauses ein kleines Kätzchen. Melanie nimmt das junge Tier bei sich auf, gibt ihm Milch zu trinken und besorgt Katzenfutter für Jungtiere. Gerne würde sie die herzige Katze behalten; Melanie Graf hätte sowieso gerne einmal ein Haustier gehabt (vonseiten des Vermieters sind keine Vorbehalte zu erwarten). Untersuchen Sie die Rechtssituation für die Finderin eines herrenlosen Tieres. Es gelten die gleichen Fragen wie bei den Aufgaben a) und b): 1. Darf Melanie Graf das Kätzchen behalten? 2. Hat Melanie Graf Anspruch auf einen Finderlohn, falls sich der Eigentümer meldet? 3. Was geschieht mit dem Kätzchen, falls sich der Eigentümer nicht meldet?
1. Melanie Graf muss den Fund nicht der Polizei, sondern einer vom Kanton bezeichneten Stelle melden (Art. 720a ZGB). Als offizielle Meldestellen gelten je nach Kanton Tierschutzorganisationen oder, wie bei den übrigen Fundgegenständen, die Kantonspolizei. 2. Ja, sie hat Anspruch auf den Ersatz aller Auslagen sowie auf einen angemessenen Finderlohn. Es gibt keinen Unterschied zur Regelung bei «gewöhnlichen» Sachen (Art. 722 Abs. 2 ZGB). 3. Wenn sich der Eigentümer innert zweier Monate nicht meldet, wird Melanie Graf Eigentümerin der Katze (Art. 722 Abs. 1bis ZGB). ▼ Hinweis auf das StGB: Evtl. kann man hier einen Hinweis auf das StGB anbringen: «Nichtanzeigen eines Fundes»: Art. 332 StGB
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Aufgabe 2 Der Schreibtisch von Herrn Ender Der Antiquitätenhändler Alder beschafft sich manchmal einige seiner Stßcke auf eher ungewÜhnliche Weise: Er fährt nämlich der Sperrgutabfuhr voraus und nimmt noch brauchbare Stßcke mit, die er glaubt, verkaufen zu kÜnnen. Letzte Woche hat er sich auf diese Weise einen wunderschÜnen alten Schreibtisch beschafft. Gestern hat sich der frßhere Eigentßmer dieses Schreibtisches, Herr Ender, gemeldet. Er hat das MÜbel im Schaufenster des Antiquitätenhändlers gesehen und fordert es zurßck: Er habe den Schreibtisch fßr einen Transport neben der Tiefgarageneinfahrt – direkt neben dem Sammelplatz fßr Sperrgutabfälle – bereitgestellt. Als er ihn zehn Minuten später habe einladen wollen, sei der Schreibtisch schon weg gewesen. a) Erstellen Sie eine Skizze des Sachverhaltes. Aus der Skizze soll ersichtlich werden, welche Personen beteiligt sind und welche Rechtsansprßche vorgebracht werden.
d) Wenden Sie den unter Frage c) gefundenen Gesetzesartikel mithilfe des vorgegebenen Schemas auf den vorliegenden Sachverhalt an.
718
Art.
Rechtlich bedeutsame Merkmale des Tatbestandes ďƒ TBM
Daraus sich ergebende Rechtsfolgen
ďƒ RF
1) herrenlose Sache:
1) Eigentumserwerb:
nein!
nein!
(= Sache, die keinen
Herr Alder ist nur Besitzer
EigentĂźmer hat)
(und nicht EigentĂźmer),
â–ź PPT-Folie / Tafelbild: Folie 13
weil der Schreibtisch von 2) in Besitz genommen mit
X >X >
ZGB
2 > x > > > X
Herrn Ender nicht herrenlos
dem Willen, ihr EigentĂźmer zu werden
war, sondern fĂźr den ďƒź
Transport bereitstand. Bis der Schreibtisch abgeholt wird, bleibt Herr Ender
X &x
'
EigentĂźmer.
>
b) Bestimmen Sie mithilfe des Inhaltsverzeichnisses des Sachenrechts im ZGB, welche Gesetzesartikel die Erwerbsarten von Fahrniseigentum regeln.
Art. 714–728 ZGB (Erwerbsarten)
Achtung: Die Rechtsfolgen (RF) eines Artikels treten nur dann ein ( ďƒź ), wenn sämtliche Tatbestandsmerkmale (TBM) erfĂźllt sind ( ďƒź ). e) Welche Schlussfolgerung ergibt sich damit fĂźr den Fall?
Herr Alder wurde nicht EigentĂźmer des Schreibtisches, c) Welcher dieser Gesetzesartikel ist im vorliegenden Sachverhalt massgebend?
Art. 718 ZGB – Aneignung herrenloser Sachen
er muss ihn somit zurĂźckgeben.
Aufgabe 3 Die Rechtsansprßche an einer antiken Truhe Herr Forrer hat beim Antiquitätenhändler Alder am 1. Dezember eine antike Truhe gekauft. Als Anzahlung hat er CHF 500.–, die Hälfte des vereinbarten Kaufpreises, geleistet. Als Liefertermin wurde der 15. Dezember vereinbart. Am 5. Dezember kommt Frau Thoma ins Antiquitätengeschäft und ist von derselben antiken Truhe begeistert. Als sie CHF 5000.– bietet, kann Herr Alder nicht widerstehen. Frau Thoma nimmt die Truhe gleich mit und leistet eine Anzahlung von CHF 500.–, die restlichen CHF 4500.– werde sie nächste Woche ßberweisen. Am Telefon teilt der Antiquitätenhändler daraufhin Herrn Forrer mit, er habe die Truhe zu einem hÜheren Preis Frau Thoma, einer leidenschaftlichen Sammlerin, verkauft. Die geleistete Anzahlung werde Herr Forrer selbstverständlich zurßckerhalten. Herr Forrer verlangt jedoch die Lieferung der Truhe – zumal Frau Thoma die Truhe noch nicht bezahlt hat. Herr Forrer fordert deshalb die Truhe direkt von Frau Thoma zurßck.
b) Wer ist am 6. Dezember EigentĂźmer der Truhe? Bestimmen Sie im Inhaltsverzeichnis des ZGB jenen Gesetzesartikel des Sachenrechts, der die Ăœbertragung des Eigentums an beweglichen Sachen (Fahrniseigentum) regelt, und bestimmen Sie Tatbestandsmerkmal und Rechtsfolge.
Art.
714
ZGB
Rechtlich bedeutsame Merkmale des Tatbestandes ďƒ TBM
Daraus sich ergebende Rechtsfolgen
Ăœbergang des Besitzes an
Ăœbertragung des ďƒź
den Erwerber
ďƒ RF
ďƒź
Fahrniseigentums
a) Erstellen Sie eine Skizze des Sachverhaltes. Aus der Skizze soll ersichtlich werden, welche Personen beteiligt sind und welche Rechtsansprßche vorgebracht werden. ▟ PPT-Folie / Tafelbild: Folie 14 c) Wer ist demnach rechtmässiger Eigentßmer der Truhe?
Frau Thoma, sie ist durch die Ăœbergabe der Truhe Besitzerin
% & -
" #$ $
% & -
und damit auch EigentĂźmerin. Im vorliegenden Fall stehen im Streitfall um die Truhe die folgenden zwei RechtsansprĂźche einander gegenĂźber:
'*+- $
Eigentumsrechte an der Truhe
Anspruch aus Kaufvertrag
Art. 641 ZGB Wer EigentĂźmer einer Sache ist, kann in den Schranken der Rechtsordnung Ăźber sie nach Belieben verfĂźgen.
Art. 184 OR Durch den Kaufvertrag verpflichtet sich der Verkäufer, dem Käufer den Kaufgegenstand zu ßbergeben und ihm das Eigentum daran zu verschaffen, und der Käufer, dem Verkäufer den Kaufpreis zu bezahlen.
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d) Welcher Rechtsanspruch ist Ihrer Meinung nach stärker? Begründen Sie Ihre Antwort.
Herr Alder darf als Eigentümer der Sache trotz des gültigen Kaufvertrages mit Herrn Forrer über die Truhe frei verfügen. Herr Forrer hat einen Anspruch aus dem Kaufvertrag: Er kann die Anzahlung zurückfordern und Schadenersatz wegen Vertragsverletzung verlangen; er hat aber kein Rückforderungsrecht gegenüber Frau Thoma. Frau Thoma ist durch den zweiten Kaufvertrag und die Übergabe der Truhe am 5. 12. Eigentümerin geworden; die Truhe bleibt in ihrem Eigentum.
▼ Erklärung durch die Lehrperson ■ Das Eigentumsrecht ist ein dingliches, absolutes Recht, das gegenüber allen Personen wirkt; es ist das umfassendste Recht. ■ Der Anspruch aus dem Kaufvertrag ist ein relatives, obligatorisches (aus einer Obligation stammendes) Recht, das «nur» zwischen bestimmten Personen (zwischen den Vertragsparteien) gilt.
1
Aufgabe 4 Der gestohlene Spiegel Der Antiquitätenhändler Alder verkauft einen wertvollen Spiegel, den er vor etwa einem Jahr fßr CHF 4500.– gekauft hat, fßr CHF 6000.– an Herrn Beerli. Frau Obrist, der dieser Spiegel bei einem Wohnungseinbruch gestohlen wurde, erkennt das wertvolle Stßck zufälligerweise bei Herrn Beerli wieder. Sie fordert den Spiegel zurßck mit der Begrßndung, sie sei immer noch die rechtmässige Eigentßmerin dieses Spiegels. Herr Beerli will jedoch den Spiegel nicht zurßckgeben, schliesslich habe er den Spiegel rechtmässig gegen Bezahlung erworben. Wer hat Recht? a) Erstellen Sie zum besseren Verständnis des Sachverhaltes eine Skizze mit den beteiligten Personen und den Rechtsansprßchen. ▟ PPT-Folie / Tafelbild: Folie 15
c) Bestimmen Sie die Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen. Art. 934 Abs. 1 ZGB Rechtlich bedeutsame Merkmale des Tatbestandes ďƒ TBM
Daraus sich ergebende Rechtsfolgen
bewegliche Sache gestohlen Â…
Der Besitzer Â… kann sie
Â… verloren gegangen oder sonst
während fßnf Jahren jedem
wider den Willen des Besitzes
Empfänger abfordern ďƒź
abhanden gekommen Â…
ďƒ RF
ďƒź
(zurĂźckverlangen)
Art. 934 Abs. 2 ZGB #$ $ 0 36 0
9 & > -
9 & < -
#$ $
0 36 0
/
36 0
'*+- $
0 36 0
Rechtlich bedeutsame Merkmale des Tatbestandes ď&#x192; TBM
Daraus sich ergebende Rechtsfolgen
1) Sache Ăśffentlich versteigert
1) Sache kann dem ersten und
oder auf dem Markt oder
jedem späteren Â&#x2026; Empfänger
durch einen Kaufmann Ăźber-
abgefordert werden ď&#x192;ź
tragen worden Â&#x2026; ?$ 0
2) gutgläubiger Empfänger Â&#x2026;
b) MĂśgliche Gesetzesartikel zur Beurteilung der RechtsansprĂźche finden Sie schnell mithilfe des Inhaltsverzeichnisses des ZGB. Die massgebenden Gesetzesartikel fĂźr den vorliegenden Sachverhalt finden sich im Sachenrecht unter dem Titel ÂŤDer BesitzÂť. Welche Artikel sind Ihrer Meinung nach massgebend?
ď&#x192; RF
ď&#x192;ź
ď&#x192;ź
2) nur gegen VergĂźtung des von ihm bezahlten Preises
ď&#x192;ź
d) Kann Frau Obrist den Spiegel von Herrn Beerli zurßckverlangen? Begrßnden Sie Ihre Antwort, indem Sie ßberprßfen, ob die Tatbestandsmerkmale aus Art. 934 ZGB auf diesen Sachverhalt zutreffen.
Frau Obrist besitzt den Anspruch, dass Herr Beerli ihr den Spiegel
Art. 930 ZGB (Vermutung des Eigentums) und
gegen VergĂźtung des Kaufpreises von CHF 6000.Â&#x2013; zurĂźckgeben muss.
Art. 934 ZGB (VerfĂźgungs- und RĂźckforderungsrecht
Gegen Herrn Alder hat sie keinen Rechtsanspruch. Sie wird den
bei abhanden gekommenen Sachen)
Diebstahl des Spiegels wohl ihrer Mobiliarversicherung anmelden. Sachenrecht 19
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