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Familienrecht

Betrachten wir den Lebenslauf eines Menschen, erkennen wir die unterschied­ lichen Gebiete des Familienrechts: Bei der Geburt ist zwar die Mutterschaft (bio­ logisch) klar definiert. Bereits bei der Vaterschaft gibt es aber mehrere denkbare Fälle, die rechtlich eindeutig geklärt sein müssen. Das Namensrecht ordnet dem Kind eindeutig einen Familiennamen zu. Gibt eine Mutter ihr Kind zur Adoption frei, werden im Recht das Adoptionsverfahren sowie das Verhältnis zu den leibli­ chen Eltern und zu den Adoptiveltern definiert. Ein weiterer wichtiger Lebensbereich bildet das Zusammenleben einer Person mit einem Partner bzw. einer Partnerin. Eherechtliche Fragen beschäftigen sich mit Eheschliessung, mit Vermögens­ und Eigentumsfragen sowohl während als auch bei der Auflösung einer Ehe. Wird eine Ehe geschieden, sind die vielen Verfahrens­ und Rechtsfragen im Scheidungsrecht geregelt.

Schliesslich sind für den Todesfall eines Menschen Vorschriften nötig, was mit sei­ nem Eigentum zu geschehen hat. Solche Fragen sind im Erbrecht festgelegt. Das vorliegende Kapitel vermittelt einen Einblick in die rechtlichen Aspekte des Zusammenlebens von Mann und Frau (Eherecht) sowie von gleichgeschlechtlichen Paaren (Partnerschaftsgesetz) in einem gemeinsamen Haushalt. Nur kurz behandelt wird der komplexe Bereich der Auflösung einer Ehe durch Scheidung. Auch Fragen des Kindsrechts und der Verwandtschaft werden lediglich übersichtsmässig dargestellt. Das Erbrecht ist schliesslich Thema des folgenden Kapitels 22.

Theorie 21.1 21.2 21.3 21.4 21.5 21.6 21.7 21.8

Übungen

Das Konkubinat – Zusammenleben ohne Trauschein .......................................... Eheschliessung – Begründung der Ehe ............................................................... Familienname und Bürgerrecht .......................................................................... Aufgabenverteilung im Alltag ............................................................................ Das Ehegüterrecht ............................................................................................. Auflösung einer Ehe – die Scheidung ................................................................. Kindsverhältnis und Verwandtschaft .................................................................. Die eingetragene Partnerschaft .......................................................................... Das haben Sie gelernt ........................................................................................ Diese Begriffe können Sie erklären .....................................................................

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Aussagen zum Konkubinat beurteilen ................................................................... Verlobung und Eheschliessung ............................................................................. Aussagen zum Familien- und Eheleben ................................................................. Welcher Güterstand gilt? ..................................................................................... Zu welcher Vermögensmasse gehört …? ............................................................. Aussagen zum Güterrecht beurteilen .................................................................... Welche Aussagen zur Scheidung sind richtig? ....................................................... Eingetragene Partnerschaft im Vergleich ............................................................... Verwandtschaft ...................................................................................................

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Brennpunkt Wirtschaft und Gesellschaft 2.. Auflage 2017 / © Verlag SKV AG, Zürich Diese Broschüre ist urheberrechtlich geschützt. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, die Broschüre oder Teile daraus in irgendeiner Form zu reproduzieren. Bestellung über: http://brennpunkt-wug.verlagskv.ch

Szenen aus dem Eheleben .................................................................................... Konkubinat .......................................................................................................... Eheliches Güterrecht ............................................................................................ Güterrechtliche Abrechnung in der Errungenschaftsbeteiligung ............................ Konkubinat – Ehe – Eingetragene Partnerschaft ....................................................

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21.1

Das Konkubinat – Zusammenleben ohne Trauschein

■ «Wilde Ehe» 1945

Noch vor wenigen Generationen war es selbstverständlich, dass zwei Menschen erst «Als Zemp in eine andere Wohnung umzog, dann in eine gemeinsame Wohnung zogen, folgte ihm Elise Saxer mit dem Kinde nach», wenn sie verheiratet waren. Und auch das schreibt das Bundesgericht. «Sie besorgte heutige Familienrecht enthält ausschliesslich Zemp den Haushalt, nächtigte mit ihm in sei­ Regelungen, die in direktem Zusammenhang nem Schlafzimmer und lebte mit ihm in Ge­ mit der Institution Ehe stehen. schlechtsgemeinschaft.» Dafür seien die bei­ Entschliesst sich ein Paar zu heiraten, so den zu Recht zu je einem Monat Gefängnis ergeben sich daraus einige Vorteile rechtlibedingt verurteilt worden, so die höchsten cher Art, indem die Vorschriften des EheSchweizer Richter weiter. Der Grund: «Damit rechts für viele mögliche Konflikte Lösungsverstossen sie gegen die öffentliche Ordnung, ansätze vorgeben. Sind die Eheleute mit den wonach Grundlage für das Gemeinschafts­ «Standard»-Vorgaben des Zivilgesetzbuches leben der Geschlechter die Ehe ist.» einverstanden, so müssen sie grundsätzlich Das war 1945, als es noch in zahlreichen nichts unternehmen. Das Recht bietet in eiKantonen Konkubinatsverbote gab. Heute nem beschränkten Rahmen zudem die Möggilt die wilde Ehe gesellschaftlich als salon­ lichkeit, die «Regeln des Zusammenlebens» fähig. Mehr als 370 000 Menschen leben in den eigenen Bedürfnissen anzupassen. dieser Beziehungsform, das sind elf Prozent aller Paare – dreimal mehr als vor 20 Jahren. Das Zusammenleben von Mann und Frau vor der Ehe (= Konkubinat), d. h. ohne dass Quelle: Beobachter Nr. 16, 31. Juli 2007 die Partner verheiratet sind, wird dagegen im Gesetz nicht geregelt (ist aber heute nicht mehr verboten). Dementsprechend gibt es auch keine «Gründungsvoraussetzungen». Heute leben viele Paare ohne Eheschliessung, oft über eine längere Zeit, im sogenannten Konkubinat zusammen. Manchmal wird das Konkubinat zwar als eine «Probeehe» verstanden, die gegebenenfalls eine relativ einfache, formlose Trennung ermöglicht. Gemäss einer Umfrage der Zeitschrift «Der Beobachter» aus dem Jahr 2007 betrachten allerdings mehr als die Hälfte der befragten Konkubinatspaare aus der Deutschschweiz das Konkubinat als selbstständige Lebensgemeinschaft, ohne in nächster Zeit heiraten zu wollen. Knapp ein Drittel der Befragten gibt als Grund die mögliche Steuerersparnis an, beinahe 20 % möchten sich nicht zu schnell festlegen. Den unbestreitbaren Vorteilen stehen aber auch gewichtige Nachteile gegenüber. Weil das Konkubinat im Familienrecht nicht vorkommt, fehlt ein gesetzlich vorgesehenes soziales und finanzielles Netz bei Problemen zugunsten der Konkubinatspartner. So sieht beispielsweise die AHV keine Witwen- oder Witwerrenten vor, und auch in der zweiten Säule gibt es häufig keine obligatorische Rente an den überlebenden Partner. Bei weiteren Konflikten wird meistens auf die Regelungen zur «einfachen Gesellschaft» im Obligationenrecht (Art. 530 ff. OR) zurückgegriffen. Jene Bestimmungen wurden aber nicht für den Fall des eheähnlichen

Zusammenlebens aufgestellt und sind deshalb für die meisten der daraus entstehenden Probleme eher ungeeignet. Daher empfiehlt es sich, bereits zu Beginn des Konkubinats die wichtigsten möglichen Konfliktbereiche in einem Vertrag zu regeln, der mindestens die folgenden Fragen klären sollte: ■ Hauptpunkte eines Konkubinatsvertrags 1. Vertragspartner und Zweck des Vertrags 2. Wem gehören die Einrichtungsgegenstände (Inventar)? 3. In welcher Form und in welchem Umfang tragen die beiden Partner zum gemeinsamen Lebensunterhalt bei? 4. Wie wird der Mietvertrag ausgestaltet, sodass für keinen der Partner bei der Auflösung ein Nachteil entsteht?

5. Besteht eine gegenseitige Unterstützungspflicht bei der Aufgabe der Erwerbstätigkeit oder bei der Entstehung einer finanziellen Notlage? 6. Wie soll die Lebensgemeinschaft aufgelöst werden (Kündigung)?

Ein Konkubinatsvertrag sollte je nach persönlicher Situation der Partner individuell ausgestaltet werden, sind doch ganz verschiedene Varianten solcher Lebensgemeinschaften vorstellbar: Von der «einfachen», eher auf eine kürzere Frist ausgelegten Situation einer Probeehe von zwei voll berufstätigen Personen bis hin zu Partnerschaften mit eigenen und / oder gemeinsamen Kindern, in denen ein Konkubinatspartner berufstätig und der andere Partner voll für die Kinderbetreuung sowie die Haushaltführung zuständig ist. Bei einem gemeinsamen Kind des Paares gilt z. B. der Mann rechtlich nicht automatisch als Vater; er muss die Vaterschaft formal beim Zivilstandsamt bejahen. Ähnliches gilt beim Sorgerecht, das vorerst von der Mutter alleine ausgeübt wird. Konkubinatspartner sind gut beraten, auch einen weiteren wichtigen Problembereich schriftlich zu regeln: Sie sollten eine Vollmacht erstellen, die sämtliche dem Arztgeheimnis unterworfenen Personen von ihrer Schweigepflicht gegenüber der Lebenspartnerin oder dem Lebenspartner entbindet. Es kann unter Umständen nötig werden, dass Angehörige ihre Zustimmung zu einer ärztlichen Heilbehandlung geben sollten, wenn die zu behandelnde Person dazu nicht mehr selbst in der Lage ist. Ohne eine entsprechende Vollmacht des Konkubinatspartners können Ärzte oder Spitäler Auskünfte verweigern, weil die Konkubinatspartnerin nicht automatisch als angehörige Person anerkannt wird. Zudem empfiehlt es sich, eine langjährige Lebenspartnerin oder einen langjährigen Lebenspartner in einem Testament im Rahmen der erbrechtlichen Möglichkeiten zu begünstigen. Das Erbrecht anerkennt lediglich den überlebenden Ehepartner als gesetzlichen Erben, nicht jedoch einen Konkubinatspartner. Es gibt auch keine Pflichtteile für Lebenspartner, auch wenn ein Paar jahrzehntelang zusammengelebt hatte. Dies kann dazu führen, dass im Todesfall eine langjährige Lebenspartnerin völlig «leer ausgeht», weil sämtliche Vermögensteile auf Aufgabe 2 die gesetzlichen Erben aufgeteilt werden. Übung 1


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21.2 Eheschliessung – Begründung der Ehe ■ Die Verlobung Der erste familienrechtliche Tatbestand gemäss Gesetz ist jener des Verlöbnisses. Eine Verlobung gilt als Eheversprechen. Aus einer Verlobung entsteht kein klagbarer Anspruch auf Eingehung der Ehe, die Verlobung ist auch nicht Voraussetzung für die Eheschliessung. Eine Verlobung kann völlig formlos erfolgen. Manchmal geschieht dies durch den Austausch von Verlobungsringen, manchmal im Rahmen einer kleinen Feier mit den engsten Freunden oder Angehörigen. Löst einer der Verlobten diese ohne guten Grund auf, wird er seinem Partner oder der Partnerin für alle im Hinblick auf die Hochzeit getätigten Ausgaben (z. B. Annullierungskosten, Brautkleid) schadenersatzpflichtig. Auch grössere Geschenke können zurückgefordert werden (Art. 90 ZGB). ■ Die Eheschliessung Die Grundzüge des Eheschliessungsverfahrens sind im ZGB, Details in der Zivilstandsverordnung geregelt. Zuständig für das Verfahren ist in der Regel das Zivilstandsamt am Wohnsitz der Braut oder des Bräutigams. Als Erstes reicht das Paar beim Zivilstandsamt ein Gesuch um Durchführung des Vorbereitungsverfahrens ein. Ab diesem Zeitpunkt gilt das Paar als verlobt; das Gesuch muss persönlich eingereicht werden. Schweizerinnen und Schweizer müssen dem Gesuch eine Wohnsitzbescheinigung und einen Personenstandsausweis beifügen, Ausländerinnen und Ausländer einen Ausländerausweis 2015 haben in der Schweiz 41 437 Paare geheiratet. sowie Dokumente, die über Geburt, Namen Das durchschnittliche Heiratsalter der Frauen besowie weitere Merkmale und die Staatstrug 29.6 Jahre, dasjenige der Männer 31.9 Jahre. angehörigkeit Auskunft geben. Das Zivilstandsamt prüft die Ehefähigkeit der Verlobten: Die Ehemündigkeit erreichen die Brautleute mit dem 18. Lebensjahr. Es dürfen auch keine sogenannten Ehehindernisse vorliegen. Als ein solches gilt eine Heirat zwischen Verwandten in gerader Linie sowie zwischen (Halb-) Geschwistern. Ein weiteres Hindernis ist eine bestehende Ehe. Art. 96 ZGB definiert das Bigamieverbot, d. h., die Verlobten müssen auch den Nachweis erbringen, dass eine allfällige frühere Ehe aufgelöst wurde. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, wird den Verlobten mitgeteilt, dass die Trauung (in frühestens zehn Tagen und nach spätestens drei Monaten) stattfinden kann.

Die Ziviltrauung wird durch die Zivilstandsbeamtin in einem amtlichen Trauungslokal und unter Anwesenheit von zwei volljährigen und urteilsfähigen Zeugen vorgenommen. Durch die gegenseitige Zustimmung der Verlobten wird die Ehe als geschlossen erklärt. Danach erhalten die Brautleute einen Eheschein bzw. eine Trauungsurkunde. Erst nach der Ziviltrauung ist es möglich, sich kirchlich trauen zu lassen. In einer gottesdienstlichen Feier, die je nach Konfession etwas anders ausgestaltet wird, legen die Brautleute im Kreis ihrer Angehörigen, Verwandten und Freunde ein Eheversprechen ab und tauschen (evtl. nochmals) die Eheringe. Übung 2

21.3 Familienname und Bürgerrecht Nach dem seit Anfang 2013 geltenden Namensrecht wirkt sich eine Heirat nicht mehr auf den Namen aus. Jeder Ehepartner behält seinen Namen; dies nach dem Grundsatz «Von der Wiege bis zur Bahre trägt jeder seinen Namen». Den Verheirateten steht es allerdings frei, einen gemeinsamen Familiennamen zu wählen. Bei der Heirat von Andrea Zäch mit Roger Bürgi ergeben sich die folgenden Varianten: Name …

… der Frau

… des Mannes

… der Kinder

a) von Gesetzes wegen Beibehaltung des Ledignamens

Andrea Zäch

Roger Bürgi

Entscheid bei der Heirat: Zäch oder Bürgi

b) Entscheid bei der Heirat für einen gemeinsamen Familiennamen

Andrea Zäch

Roger Zäch

Zäch

Andrea Bürgi

Roger Bürgi

Bürgi

Wie bereits früher (nach altem Recht) kann nach wie vor der sogenannte Allianzname verwendet werden. Dabei wird der Ledigname mit einem Bindestrich an den Familiennamen angefügt. Der Allianzname hat keine amtliche Bedeutung; er kann nicht in das Zivilstandsregister eingetragen werden. Allianznamen sind aber in weiten Bevölkerungskreisen beliebt und verbreitet und können immerhin für den Pass oder für die ID verwendet werden. Verwendung des Allianznamens

… der Frau

… des Mannes

Familienname Zäch

Andrea Zäch-Bürgi

Roger Zäch-Bürgi

Familienname Bürgi

Andrea Bürgi-Zäch

Roger Bürgi-Zäch

Auf das Bürgerrecht hat die Heirat seit der Gesetzesrevision ab 2013 keine Auswirkungen mehr. Jeder Ehepartner behält sein Bürgerrecht, die Braut erhält nicht mehr wie früher das Bürgerrecht des Bräutigams. Die gemeinsamen Kinder erhalten das Bürgerrecht desjenigen Elternteils, dessen Namen sie tragen.


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21.4 Aufgabenverteilung im Alltag ■ Wie werden Aufgaben verteilt? Das Eherecht ist geprägt von der Vorstellung einer partnerschaftlichen Gemeinschaft, in der kein Partner eine Vormachtstellung gegenüber dem anderen aufweist. Das Gesetz weist immer wieder auf die gemeinsame Verantwortung der Ehegatten für die eheliche und familiäre Gemeinschaft hin: «Durch die Trauung werden die Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft verbunden. Sie verpflichten sich gegenseitig, das Wohl der Gemeinschaft in einträchtigem Zusammenwirken zu wahren und für die Kinder gemeinsam zu sorgen. Sie schulden einander Treue und Beistand» (Art. 159 ZGB). ■ Die Ehepartner bestimmen gemeinsam eine Wohnung. Falls ein Ehepartner allein Mieter der Familienwohnung ist, kann er sie nur mit der Zustimmung seines Partners kündigen (eine Vorgabe, die sich auch im Mietrecht, Art. 266 m OR, nochmals wiederholt); ist er allein Eigentümer, kann er sie nur mit Zustimmung seines Ehepartners verkaufen. ■ Insbesondere sollen die Ehegatten gemeinsam – und ein jeder nach seinen Kräften – für den Unterhalt der Familie aufkommen (Art. 163 ZGB). Sie müssen sich dabei selbstständig auf den Beitrag einigen, den jeder leisten kann, sei dies durch Berufsausübung und entsprechende Geldleistungen, durch das Besorgen des Haushaltes und die Betreuung der Kinder oder gegebenenfalls durch Mithilfe im Betrieb des Partners oder der Partnerin. ■ Bei der Wahl und Ausübung ihres Berufes sollen die Partner aufeinander Rücksicht nehmen und insbesondere auch das Wohl der ehelichen Gemeinschaft berücksichtigen. ■ Auch die Erziehung der Kinder ist Sache beider Elternteile. Wie sie die dabei anfallenden Aufgaben untereinander aufteilen, wird durch das Gesetz nicht festgelegt. ■ Wer bestimmt und wer bezahlt? ■ Jeder Ehegatte kann selbstständig die für den Lebensunterhalt notwendigen Ausgaben vornehmen. Dies können allgemeine Haushalteinkäufe (Nahrungsmittel, Kleider oder Medikamente), gewöhnliche Anschaffungen (z. B. Haushaltgeräte wie ein Staubsauger oder eine Waschmaschine), der Abschluss einer Versicherung oder die Buchung einer Ferienreise sein. ■ Für solche Ausgaben haften sowohl der Ehegatte persönlich als auch der andere Ehegatte solidarisch, was bedeutet, dass jeder Ehepartner gegebenenfalls für die gesamte Schuld einstehen muss. ■ Für grössere einmalige Ausgaben (z. B. den Kauf eines teuren Möbelstücks, die Anschaffung eines Familienautos oder die teure Zahnbehandlung eines Kindes) ist die Zustim­ mung beider Ehegatten nötig.

■ Ansonsten sind beide Partner für die Verwaltung ihres Vermögens selber verantwortlich. Der Gesetzgeber geht insbesondere nicht von einem gemeinsamen ehelichen Vermögen aus. ■ Allerdings muss dem Ehegatten auf Verlangen Auskunft über die eigenen finanziellen Verhältnisse gegeben werden. ■ Jeder der Partner trägt das Risiko der eigenen Vermögensverwaltung selbstständig. ■ Derjenige Partner, der den Haushalt besorgt und gegebenenfalls die Kinder betreut, hat Anspruch auf einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung. Dabei handelt es sich allerdings nicht um einen Lohn. Der Betrag soll zur Deckung erweiterter persönlicher Bedürfnisse dienen und dem Partner, der zugunsten der Familie auf ein eigenes Erwerbseinkommen verzichtet, trotzdem eine gewisse wirtschaftliche Unabhängigkeit ermöglichen. ■ Und wenn es Probleme gibt? Treten während der Ehe Probleme auf, können sich die Ehegatten unter anderem an eine Ehe- und Familienberatungsstelle wenden. Das Eherecht schreibt vor, dass jeder Kanton eine solche Institution schaffen muss. Die Ehepartner können solche Beratungen einzeln oder gemeinsam beanspruchen. Sollte die Beratung nicht zu einer Besserung der Situation führen, kann das EheAuf einer Beratungsstelle stehen den Ratsuchenden psychologisch und rechtlich geschulte Personen schutzgericht angerufen werden, das in für Lebens-, Beziehungs- und Erziehungsfragen zur erster Linie eine Versöhnung herbeizufühVerfügung. ren versucht. Allenfalls erlässt es dazu geeignete Massnahmen, insbesondere finanzieller Art (z. B. Festsetzung eines frei verfügbaren Betrags für die Ehegatten). Bei einem Scheitern seiner Bemühungen verfügt das Eheschutzgericht die vorläufige Trennung, die spä- Aufgabe 1 ter zu einer Scheidung führen kann (vgl. Kap. 15.6, Seite 12). Übung 3


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21.5 Das Ehegüterrecht Das eheliche Güterrecht bestimmt, was welchem Ehepartner während der Ehe gehört, wie die Vermögenswerte verwaltet, genutzt und gegebenenfalls veräussert werden können, und es regelt die Aufteilung des Vermögens nach dem Tod eines Ehegatten. Es liefert damit die Basis für eine anschliessende erbrechtliche Auseinandersetzung. Das Gesetz bietet den Ehepartnern die Möglichkeit, güterrechtliche Vereinbarungen in beschränktem Rahmen individuell auszugestalten. Dazu sind im ZGB zwei Grundformen von vertraglichen Güterständen festgelegt: Die Gütergemeinschaft und die Gütertrennung. Von dieser Möglichkeit machen aber nur rund 10 % aller Ehepaare Gebrauch. Die anderen 90 % leben im ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Weil bei Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes durch ein Gericht Gütertrennung angeordnet werden kann oder diese unter gewissen Voraussetzungen von Gesetzes wegen in Kraft tritt, bezeichnen wir die Gütertrennung auch als ausserordentlichen Güterstand. ■ Errungenschaftsbeteiligung Ohne anderslautende Vereinbarung bei der Eheschliessung gilt automatisch der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Dadurch verfügt jeder Partner über zwei getrennte Vermögensmassen: Das Eigengut und die Errungenschaft. Vermögen Ehefrau Eigengut

Vermögen Ehemann

schaft, wie auch allfällige Leistungen (Renten) von Sozialversicherungen. Analog zum Ersatz von Eigengut zählt die Ersatzanschaffung von Errungenschaft ebenfalls wieder zur Errungenschaft. Während der Ehe verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbstständig. Jeder Partner behält die Verfügungsgewalt über sein eigenes Vermögen, d. h., er oder sie kann es selber anlegen und erhält auch die Erträge (z. B. Zinsen). Die Ehegatten tragen die Risiken ihrer Vermögensverwaltung (z. B. Kursverluste von Aktien) selber und haften auch mit ihrem eigenen Vermögen für allfällige Schulden. Über das Vermögen des anderen Ehegatten kann nur mit einer Vollmacht verfügt werden. Wird eine Ehe aufgelöst, sei dies durch Scheidung oder Tod, so findet die güterrechtliche Auseinandersetzung statt. Das Vermögen jedes Ehegatten ist auf Eigengut und Errungenschaft aufzuteilen. Dabei muss jeder Partner selber beweisen, dass ein bestimmter Vermögenswert zum Eigengut gehört. Im Zweifelsfall gilt die gesetzliche Vermutung zugunsten der Errungenschaft. Einen positiven Saldo der Errungenschaft (= Guthaben) bezeichnen wir als Vorschlag, einen negativen Saldo (= Schuld) als Rückschlag. Für die eigentliche Vermögensaufteilung gilt folgende Regel: ■ Jeder Ehegatte hat Anspruch auf sein Eigengut. ■ Vom Vorschlag wird die Hälfte dem jeweils andern Ehepartner zugeteilt, d. h., der Vorschlag wird «halbiert». ■ Einen allfälligen Rückschlag muss der betreffende Ehegatte selber tragen.

Eigengut

■ Beispiel einer güterrechtlichen Vermögensaufteilung Errungenschaft

Errungenschaft

Vermögensgüter

Ehefrau Eigengut

■ Das Eigengut umfasst Vermögensbestandteile, die bereits vor der Ehe vorhanden waren oder in Form von persönlichen Schenkungen oder Erbschaften während der Ehe dazukamen. Ebenfalls zum Eigengut gehören Gegenstände, die zum persönlichen Gebrauch dienen, wie z. B. Kleider, Schmuck oder Sachen, die zur Ausübung eines persönlichen Hobbys benötigt werden (z. B. ein Triathlon-Rennrad). Der Ersatz von Eigengut ist wiederum Eigengut; wenn also z. B. die Ehepartnerin ihr Triathlon-Rennrad ersetzt, ist dieses ebenfalls wieder Eigengut. ■ Die Errungenschaft umfasst alle anderen Vermögensteile, die nicht ausdrücklich zum Eigengut gehören. Insbesondere sind dies Vermögenswerte, die der Ehepartner während der Ehe durch sein Arbeitseinkommen erwirbt. Erträge des Eigenguts, wie beispielsweise Zinsen von Obligationen oder Dividenden von Aktien, fallen ebenfalls in die Errungen-

Eingebrachtes Vermögen Persönliche Gegenstände Erbschaften/Schenkungen Lohnkonto Sparkonto Erträge des Eigengutes – abzüglich Schulden Summen (Total = 490 000)

Ehemann Errungenschaft

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■ Gütergemeinschaft

■ Gütertrennung

Die Gütergemeinschaft entsteht durch einen Ehevertrag. Zu dessen Abschluss müssen beide Ehegatten urteilsfähig und volljährig sein. Ein Ehevertrag muss öffentlich beurkundet, d. h. im Beisein einer Urkundsperson abgefasst werden. Dadurch wird eine gewisse Rechtsberatung sichergestellt, und auch eine allfällig notwendige Eintragung im Grundbuch ist gewährleistet. Charakteristisch für die Gütergemeinschaft ist das gemeinschaftliche Eigentum der Ehepartner an einer bestimmten Vermögensmasse, dem Gesamtgut.

In der Gütertrennung besteht eine klare Trennung des Vermögens zwischen Mann und Frau. Die Eheschliessung hat grundsätzlich keinen Einfluss auf das Vermögen der Ehegatten. ■ Vermögen in der Gütertrennung Vermögen Ehefrau

Vermögen Ehemann

■ Vermögensmassen in der Gütergemeinschaft Gesamtgut

Eigengut Ehefrau

Eigengut Ehemann

Im Unterschied zur Errungenschaftsbeteiligung ist das Eigengut in der Gütergemeinschaft nicht abschliessend gesetzlich definiert. Es umfasst zum einen alle persönlichen Gebrauchsgegenstände (wie in der Errungenschaftsbeteiligung); weitere Vermögensteile, die ebenfalls zum Eigengut zu zählen sind, können im Ehevertrag festgelegt werden. Alle übrigen Vermögensteile fallen ins sogenannte Gesamtgut; individuelle Errungenschaften gibt es nicht. Es gibt verschiedene Arten von Gütergemeinschaften. Sie unterscheiden sich in der Bestimmung des Umfangs und der Aufteilung des Gesamtgutes. Die Verwaltung des Gesamtgutes steht grundsätzlich beiden Ehepartnern zu. Dabei wird noch zwischen einer ordentlichen und einer ausserordentlichen Verwaltung unterschieden; für letztere braucht es die Zustimmung beider Ehegatten. Bei Auflösung des Güterstandes durch den Tod eines Ehegatten wird gemäss gesetzlicher Vorgabe das Gesamtgut hälftig geteilt. Durch ehevertragliche Regelung kann aber eine «Gesamtgutzuweisung» an den überlebenden Ehegatten vereinbart werden. Dadurch erhält der überlebende Partner das komplette Gesamtgut; der erbrechtliche Nachlass besteht nur aus dem Eigengut des verstorbenen Ehegatten. Bei solchen Regelungen sind allerdings allfällige erbrechtliche Pflichtteile der Nachkommen zu beachten. Eine Auflösung durch Scheidung oder Trennung führt zu einer ähnlichen Aufteilung des gesamten Vermögens wie bei einer Errungenschaftsbeteiligung.

Die Gütertrennung muss wie die Gütergemeinschaft durch einen Ehevertrag vereinbart werden; dies kann bei Eheschliessung oder auch zu einem späteren Zeitpunkt geschehen (Gütertrennung als vertraglicher Güterstand). Eine Gütertrennung kann beispielsweise von Vorteil sein, wenn eine zweite Ehe eingegangen wird und die Erbansprüche der gesetzlichen Erben aus der ersten Ehe geschützt werden sollen. Sie ist ausserdem sinnvoll, wenn einer der Ehegatten eine Einzelunternehmung führt. Mit einer Gütertrennung kann das Vermögen des Partners vor dem Zugriff der Gläubiger weitestgehend geschützt werden. Als ausserordentlicher Güterstand tritt die Gütertrennung in einem Privatkonkurs des Ehegatten (der in Gütergemeinschaft lebt) oder bei gerichtlich angeordneter Trennung der Ehe von Gesetzes wegen ein. Das Gericht kann Gütertrennung in verschiedenen Fällen auch auf Begehren eines Ehepartners anordnen (vgl. Art. 185 ZGB), so z. B., wenn der andere Ehegatte überschuldet ist. Während des Güterstandes behält, nutzt und verwaltet jeder Ehepartner sein Vermögen selber und verfügt allein darüber. Jeder haftet für seine eigenen Schulden mit seinem ganzen Vermögen. Bei Auflösung der Gütertrennung – sei dies durch Tod, Trennung oder Scheidung – ist keine eigentliche güterrechtliche Auseinandersetzung notwendig. Die Vermögen bleiben immer getrennt; jeder Ehepartner behält sein Vermögen.

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21.6 Auflösung einer Ehe – die Scheidung Gut 40 % aller Ehen, die heute geschlossen werden, dauern nicht bis zum Tode eines der Ehegatten, sondern werden früher oder später wieder geschieden (2010 lag dieser Wert sogar bei 54,4 %). Die Ursachen dafür sind sehr vielschichtig. Wegen des geänderten Rollenverständnisses von Mann und Frau hat sich auch die Auffassung der Ehe grundlegend geändert. Zudem wurden die Verfahrensvorschriften für eine Scheidung in den letzten Jahren vereinfacht. ■ Erster Schritt: die Trennung Der Scheidung geht eine Phase der Trennung voraus. Wenn die Eheleute ihre Ehe noch nicht auflösen möchten, können sie mit einer Trennung (= Aufhebung des gemeinsamen Haushalts) eine «Besinnungspause» schaffen, die ihnen evtl. die Möglichkeit öffnet, die Ehe später fortsetzen zu können. Eine Trennung kann aussergerichtlich durch eine gemeinsame Abmachung der Ehegatten erfolgen. Falls sich die Partner nicht einigen können, so kann jeder Ehegatte beim Eheschutzgericht ein Gesuch auf Trennung einreichen. Das Eheschutzgericht versucht, eine Einigung über die Streitpunkte herbeizuführen. Falls dies nicht gelingt, fällt es einen Entscheid, in dem z. B. die Zuteilung der Familienwohnung, Unterhalts- und Kinderfragen geregelt werden. Grundsätzlich spielt hier wie auch im Scheidungsverfahren die Frage, wer für das Scheitern der Ehe verantwortlich sei, keine Rolle. ■ Das Scheidungsverfahren Es gibt zwei unterschiedliche Arten der Ehescheidung: ■ Die meisten Scheidungen sind heute einvernehmliche Scheidungen (sogenannte Konventionalscheidungen). Dabei wird die Scheidung durch ein gemeinsames Begehren der Scheidungswilligen eingeleitet. Die Ehegatten sind sich über die güterrechtliche Auseinandersetzung, nacheheliche Unterhaltszahlungen, das Sorgerecht sowie die Alimente (Unterhaltszahlungen) für die Kinder und die Aufteilung der beruflichen Vorsorge einig. Die Vereinbarung, die sogenannte Scheidungskonvention, kann durch die Ehegatten selbstständig oder mithilfe von Beratungsstellen, Anwälten oder Mediatoren 1 ausgearbeitet werden. Ist das Gericht überzeugt, dass die Vereinbarung vollständig und angemessen ist, wird es diese genehmigen und die Scheidung aussprechen.

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■ Bei einer sogenannten Kampfscheidung erfolgt die Einleitung des Verfahrens auf Klage eines Ehepartners. In diesem Fall kann die Gegenseite, die sich nicht scheiden lassen will, auf einer Trennungszeit von zwei Jahren beharren. Ein solcher Prozess ist kaum ohne Hilfe eines Anwalts zu bewältigen. Und der weitere Verlauf des Verfahrens ist weitgehend davon abhängig, inwieweit die Parteien mit dem Urteil des Gerichts einverstanden sind oder ob durch einen Weiterzug an eine höhere Instanz ein vorteilhafteres Ergebnis angestrebt werden soll. Die Scheidung kann nur dann vor Ablauf der zweijährigen Trennungsfrist eingereicht werden, falls dem klagenden Partner eine solche Frist aus schwerwiegenden Gründen, z. B. wegen einer schweren Straftat, nicht zugemutet werden kann. ■ Stark vereinfachte Übersicht über das Scheidungsverfahren Ehekrise

evtl. Trennung

Scheidungsentschluss

Begehren beider Eheleute (Art. 111 f. ZGB)

Scheidungsklage «nur» eines Ehepartners (Art. 114 f. ZGB) (Kampfscheidung)

Es besteht Einigkeit über alle Nebenfolgen Einvernehmliche Scheidung (Konventionalscheidung)

Es besteht keine Einigkeit über einzelne Nebenfolgen z. B.: Unterhaltsbeiträge oder Sorgerecht für die Kinder

Gerichtliche Anhörung der Parteien

Gerichtsverfahren evtl. Rechtsmittelverfahren (evtl. bis vor Bundesgericht)

Gerichtsurteil, Scheidung innert ca. 3 – 6 Monaten

Gerichtsurteil, Scheidung innert ca. 6 Monaten bis mehrere Jahre

Gerichtsurteil, Scheidung innert mehrerer Jahre


■ Die Scheidungsfolgen Die Geschiedenen behalten grundsätzlich ihren bisherigen Namen. Hat allerdings jemand bei der Heirat seinen Namen geändert, kann er oder sie wieder den Ledignamen annehmen. Die Aufteilung der Vermögen der Ehepartner erfolgt grundsätzlich nach den Regeln des Ehegüterrechtes, ist aber häufig Gegenstand von Verhandlungen. Das elterliche Sorgerecht wird in der Regel einem Elternteil zugesprochen, es kann aber auf Antrag der Eltern bei beiden Elternteilen belassen werden. (Je nach Ergebnis der laufenden Gesetzesrevision sollte das gemeinsame Sorgerecht zur Regel werden.) Das Gesetz legt ausserdem fest, dass die Kinder vor dieser Entscheidung befragt werden müssen. Falls gerechtfertigt, kann das Gericht die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag für die Familienwohnung einem Ehegatten übertragen. Wer nach der Scheidung nicht für seinen eigenen Unterhalt aufkommen kann, z. B. wegen der Betreuung kleiner Kinder, erhält einen Anspruch auf Unterhaltsbeiträge (Alimente). Nach der Scheidung müssen Pensionskassenansprüche hälftig geteilt werden. Diese Beträge dürfen nicht bar ausbezahlt, sondern müssen für die berufliche Vorsorge verwendet werden. Mit einer Scheidung erlöschen auch die gegenseitigen Erbberechtigungen gemäss der gesetzlichen Erbfolge. Möchte jemand einen ehemaligen Ehegatten auch nach der ScheiÜbung 7 dung erblich begünstigen, so muss ein entsprechendes Testament erstellt werden.

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21.7 Kindsverhältnis und Verwandtschaft Das Verhältnis zwischen der leiblichen Mutter und ihrem Kind entsteht durch die Geburt. Zwischen dem Kind und dem Vater entsteht das Kindsverhältnis automatisch, falls die Mutter verheiratet ist. In diesem Fall wird der Ehemann als Vater vermutet. Ist die Mutter nicht verheiratet, so kann der Vater das Kind durch eine entsprechende Erklärung beim Zivilstandsamt anerkennen. Sowohl die Mutter als auch das Kind können schliesslich mit der sogenannten Vaterschaftsklage die Feststellung des Kindsverhältnisses zwischen dem Kind und dem Vater einklagen, falls dieser das Kind nicht anerkennt. Mit einer Adoption entsteht das Kindsverhältnis aufgrund eines Rechtsakts und steht am Ende eines mehrjährigen Verfahrens. Das Kindsverhältnis zum leiblichen Elternteil wird dadurch aufgehoben. Es ist also rechtlich nicht möglich, dass sich die leiblichen Eltern und die Adoptiveltern die Elternschaft teilen. So gehen z. B. alle Erbansprüche gegenüber den leiblichen Eltern unter, ebenso besteht keine Beistandspflicht mehr. Das Verhältnis zwischen Eltern und Kind hat auch rechtliche Folgen: Am auffälligsten wird dies in der Übernahme des Familiennamens durch das Kind. Die Kinder verheirateter Eltern erhalten den gemeinsamen Familiennamen der Eltern. Tragen die verheirateten Eltern verschiedene Namen, so müssen sie sich bei der Heirat entscheiden, ob die gemeinsamen Kinder den Ledignamen der Braut oder des Bräutigams erhalten sollen. Die Kinder nicht verheirateter Paare erhalten grundsätzlich den Ledignamen der Mutter. Wenn sich unverheiratete Paare die elterliche Sorge teilen (oder diese alleine beim Vater liegt), können Kinder allerdings auch den Namen des Vaters tragen. Neben dem Namen erhält ein Kind auch das Bürgerrecht desjenigen Elternteils, dessen Namen es trägt. Beim Schweizer Bürgerrecht ist dies, im Unterschied zu anderen Staaten, zwingend mit der Verleihung eines bestimmten Gemeindebürgerrechts verbunden. Früher war der Bürgerort zur Sozialhilfe für seine Bürger verpflichtet, heute hat das Gemeindebürgerrecht allerdings kaum mehr praktische Bedeutung. Das Kindsverhältnis verpflichtet Eltern und Kinder zum gegenseitigen Beistand. Diese eher pauschale Bestimmung begründet einerseits einen Anspruch auf persönlichen Kontakt, bringt aber andererseits auch die Verpflichtung zu finanziellem Beistand mit sich. Zudem wird dadurch das Recht zur Ausübung der elterlichen Sorge festgelegt. Während verheiratete Eltern die elterliche Sorge gemeinsam ausüben, steht diese bei einer unehelichen Geburt in der Regel der Mutter und im Scheidungsfall, je nach Konvention bzw. Urteil, einem Elternteil allein oder beiden Eltern gemeinsam zu.

■ Beispiel eines Verwandtschaftssystems (ausgehend von Roger Bürgi) 3. Stamm: Grosseltern Grosseltern

Grosseltern

Cäcilia Bürgi-Kummer 1)

Alfons Bürgi

Konrad Scherrer

Gertruth Scherrer

Onkel Anna Bürgi-Käser

Tante

Gottlieb Bürgi

Sophie Gmür-Scherrer 1)

2. Stamm: Eltern

Herbert Gmür

Eltern

Geschwister

Jacqueline Bürgi

Maria Bürgi-Scherrer 1)

Joseph Bürgi

2)

Andrea Zäch

Fränzi Bürgi

Roger Bürgi

1. Stamm: Nachkommen Claudia Kern 3)

Markus Bürgi

Lea Kern

Sarah Kern

Bedeutung der Symbole:

Frauen

2)

Eliane Bürgi

René Bürgi

Enkelkinder

1) = Allianzname

Werner Mäder

Kinder

Enkelkinder

Sandro Bürgi

Beatrice Bürgi

Männer

2) gewählter Familienname: «Bürgi»

3) gewählter Familienname: «Kern»

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Die rechtliche Klärung von Kindsverhältnissen bildet die Basis zur Darstellung des gesamten Verwandtschaftssystems. Die verschiedenen Ebenen bezeichnen wir als Stämme; deshalb ist umgangssprachlich oft auch von einem Stammbaum die Rede. Dabei beziehen sich die Bezeichnungen immer auf eine klar bezeichnete Person im Zentrum des Stammbaums: ■ Der erste Stamm umfasst alle Nachkommen dieser Person, also deren Kinder, Enkel usw. ■ Der zweite Stamm umfasst die Eltern der Person sowie deren Nachkommen, also Geschwister, Neffen und Nichten, usw. Er wird auch als elterlicher Stamm bezeichnet. ■ Der dritte Stamm umfasst die Grosseltern und deren Nachkommen, also Onkel und Tanten, Cousinen und Cousins. ■ Weitere Verwandtschaftsbegriffe ■ Von Verwandtschaft in gerader Linie sprechen wir, wenn eine Person von der anderen abstammt, beispielsweise das Eltern-Kind-Verhältnis oder die Beziehung zwischen Grosseltern und Enkeln (Art. 20 ZGB). ■ Eine Verwandtschaft in Seitenlinie besteht zwischen Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben Person abstammen. Beispiele dafür sind die Beziehungen zwischen Geschwistern, zwischen Nichten und Neffen oder zwischen Cousinen und Cousins. Eine Nichte ist das Kind eines Geschwisters, beispielsweise die Tochter einer Schwester. Cousinen und Cousins heissen die Kinder von Onkeln und Tanten. ■ Unter der Schwägerschaft verstehen wir das Verhältnis einer Person zu den Ehegatten ihrer Verwandten und zu den Verwandten ihres Ehegatten. So bezeichnen wir beispielsweise die Frau eines Bruders als Schwägerin, den Mann einer Schwester als Schwägerin. Übung 8

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21.8 Die eingetragene Partnerschaft Das seit 2007 geltende Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare, Partnerschaftsgesetz (PartG) ist bewusst ein vom Familienrecht des ZGB getrenntes Gesetz und beschränkt sich auf gleichgeschlechtliche Paare ohne Kinder. Trotzdem orientieren sich viele Regelungen am Eherecht. Auch im übrigen Privatrecht (z. B. bei der Miete, im Arbeitsvertrag oder im Versicherungsvertragsgesetz) und im öffentlichen Recht (z. B. im SchKG oder im Strafrecht) ist die eingetragene Partnerschaft der Ehe gleichgestellt. Dies gilt auch für das Sozialversicherungsrecht mit der Invaliden- und Krankenversicherung, der AHV und der beruflichen Vorsorge. Nach einem Höchststand von gut 2000 Eintragungen bei Inkraftsetzung des Gesetzes im Jahr 2007 hat sich die Zahl deutlich reduziert. 2015 haben sich 701 Paare registrieren lassen (zum Vergleich: 2015 fanden 41 437 Eheschliessungen statt).

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■ Vermögensrecht («Güterrecht der Partner») Das Vermögensrecht im PartG entspricht dem «Güterrecht» im Eherecht. Anders als im ehelichen Güterrecht gibt es aber keine «Güter- oder Vermögensgemeinschaft». Die Vermögensregelung gemäss Art. 18 PartG entspricht inhaltlich einer Gütertrennung: Jede Partnerin und jeder Partner verfügt selber über das eigene Vermögen. In einem Vermögensvertrag können aber die Partner vereinbaren, dass das Vermögen bei Auflösung der Partnerschaft entsprechend den Bestimmungen zur Errungenschaftsbeteiligung geteilt wird. ■ Kinder in einer eingetragenen Partnerschaft

Das Verfahren zur Begründung einer Partnerschaft verläuft ähnlich wie bei der Eheschliessung, es gibt aber kein Verlöbnis. Die Partnerinnen oder Partner müssen gleichen Geschlechts sein, das 18. Altersjahr zurückgelegt haben und urteilsfähig sein. Eintragungshindernisse sind Verwandtschaft in gerader Linie sowie eine bereits bestehende eingetragene Partnerschaft. Die Beurkundung der Partnerschaft ist ein öffentlicher Akt (ohne Zeugen), in welchem die beiden Willenserklärungen der Partnerinnen bzw. der Partner vom Zivilstandsbeamten protokolliert werden. Danach wird die Partnerschaft im Zivilstandsregister eingetragen: Der Zivilstand lautet nun «in eingetragener Partnerschaft».

Den Partnerinnen oder Partnern ist es nicht erlaubt, Kinder zu adoptieren oder fortpflanzungsmedizinische Verfahren zu nutzen. Auch die Adoption von Kindern des Partners oder der Partnerin ist nicht möglich. Es besteht aber eine Unterstützungspflicht für Kinder des Partners. Hat eine Person Kinder, so soll ihre Partnerin oder ihr Partner ihr bei der Unterhaltspflicht und Ausübung der elterlichen Sorge beistehen.

■ Die Wirkungen einer eingetragenen Partnerschaft

■ Die Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft

Die Eintragung der Partnerschaft hat keine Auswirkungen auf Namen oder Bürgerrecht. Nach Art. 12 PartG müssen die beiden Partnerinnen oder Partner einander Beistand leisten und aufeinander Rücksicht nehmen. Die Partner haben gemeinsam für den Unterhalt ihrer Gemeinschaft zu sorgen. Auch in Anlehnung an das Eherecht besteht eine gegenseitige Auskunftspflicht über Einkommen, Vermögen und Schulden beider Partnerinnen. Ebenso vertritt jeder Partner die Gemeinschaft für die laufenden Bedürfnisse gegen aussen. Er verpflichtet sich persönlich und haftet auch persönlich und solidarisch. Die gesetzlichen Vorgaben zur gemeinsamen Wohnung sind analog zu jenen der Familienwohnung im Eherecht; die Wohnung kann nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Partnerin oder des Partners gekündigt werden.

Die beiden Partnerinnen oder Partner können bei Gericht gemeinsam die Auflösung der Partnerschaft beantragen. Analog zum eherechtlichen Scheidungsverfahren prüft das Gericht den Antrag; insgesamt gilt aber ein gegenüber der Ehescheidung erleichtertes Verfahren. Dies ergibt sich unter anderem daraus, dass die Partner nicht für gemeinsame Kinder zu sorgen haben. Grundsätzlich ist nach Auflösung der Partnerschaft jede Partnerin und jeder Partner für den eigenen Unterhalt verantwortlich. Im Weiteren kann jeder Partner oder jede Partnerin die Auflösung der Partnerschaft verlangen, wenn das Paar seit mindestens einem Jahr getrennt lebt. Nach der gerichtlichen Auflösung der Partnerschaft oder nach dem Tod des Partners bzw. Aufgabe 5 Übung 8 der Partnerin lautet der Zivilstand «aufgelöste Partnerschaft».

■ Begründung einer eingetragenen Partnerschaft

Eine Mutter kann zwar mit ihrem leiblichen Kind in einer eingetragenen Partnerschaft leben. Die Partnerin hat aber keine elterlichen Rechte gegenüber dem Kind.


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 Das haben Sie gelernt Das Konkubinat als freie Form des Zusammenlebens charakterisieren Die Vor- und Nachteile des Konkubinats im Vergleich zur Ehe nennen Die wichtigsten Problembereiche des Konkubinats kennen und Lösungsmöglichkeiten beurteilen Die Voraussetzungen und den Weg zur Eheschliessung beschreiben Die Regeln des Namensrechts auf ein Beispiel anwenden Rechtliche Möglichkeiten zur individuellen Gestaltung des Ehe- und Familienlebens nennen Die Unterschiede zwischen dem ordentlichen Güterstand und den vertraglichen Güterständen anhand von Kriterien beschreiben Die finanziellen Auswirkungen von Eheschluss und Eheauflösung in Abhängigkeit vom gewählten Güterstand beschreiben Die unterschiedlichen Entstehungsmöglichkeiten eines Kindsverhältnisses nennen und ihre Bedeutung für das Verwandtschaftssystem beschreiben Die eingetragene Partnerschaft anhand von Kriterien charakterisieren.

Offene Fragen

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 Diese Begriffe können Sie erklären Konkubinat («wilde Ehe»)

Trennung

Ehe

Scheidung Verlobung / Verlöbnis

Einvernehmliche Scheidung (Konventionalscheidung)

Ehefähigkeit

Scheidungskonvention

Ehehindernisse

Kampfscheidung

Namensrecht

Kindsverhältnis / Verwandtschaft

Familienname

Adoption

Ledigname

Elterliche Sorge

Bürgerrecht

Stamm

Ehe- und Familienberatungsstelle

Erster Stamm

Eheschutzgericht

Zweiter Stamm

Ehegüterrecht / Güterstand

Dritter Stamm

Ordentlicher Güterstand

Nichte / Neffe

Errungenschaftsbeteiligung

Cousine / Cousin

Eigengut

Schwägerschaft

Errungenschaft

Eingetragene Partnerschaft

Vorschlag / Rückschlag Vertraglicher Güterstand Ehevertrag Gütergemeinschaft Gesamtgut Gütertrennung Ausserordentlicher Güterstand

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Übung 1 Aussagen zum Konkubinat beurteilen

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Übung 2 Verlobung und Eheschliessung

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

a ) Das heutige Familienrecht enthält Vorschriften zum Konkubinat, zur Ehe und zu den sogenannten eingetragenen Partnerschaften.

a) Wer verlobt ist, muss dem Partner treu sein; es gibt allerdings keinen klagbaren Anspruch auf Eingehung der Ehe.

b ) Die gerichtliche Beurteilung bei einer Trennung von Konkubinatspaaren erfolgt im Zweifelsfall aufgrund der Vorschriften zur einfachen Gesellschaft (Art. 530ff. OR).

b) Den Abschluss einer Verlobung bildet die entsprechende Erklärung auf dem Zivilstandsamt und der Austausch der Ringe.

c ) Ein Vorteil des Konkubinats ist die Möglichkeit, die Lebensgemeinschaft relativ einfach und formlos wieder auflösen zu können.

d ) Ein weiterer Vorteil des Konkubinats ergibt sich beim Tod eines Partners. Ohne anderslautende Vereinbarung ist der überlebende Partner durch die Vorgaben des Erbrechts einigermassen geschützt.

e ) Wenn sich ein Konkubinatspaar trennt, muss das gemeinsam erworbene Vermögen hälftig geteilt werden.

f ) Das Konkubinat ist konzipiert für das gemeinsame Zusammenleben von zwei verschiedengeschlechtlichen Personen.

g ) Im Obligationenrecht (OR) finden sich Rechtsnormen, die auf das Konkubinat angewendet werden können.

c) Wer eine Verlobung auflöst, muss dem anderen einen angemessenen Beitrag an bereits getätigte Auslagen leisten.

d) Ein Paar, das ein Gesuch um Durchführung des Vorbereitungsverfahrens stellt, gilt als verlobt.

e) Die Heirat zwischen (Halb-)Geschwistern ist in der Schweiz unter gewissen Bedingungen erlaubt.

f ) Die Grundlagen zum Eheschliessungsverfahren sind im OR geregelt, detaillierte Ausführungsbestimmungen in der Zivilstandsverordnung.

g) Marcel Huber und Linda Buchmüller können sich bei ihrer Eheschliessung nach eigenem Gutdünken sowohl für Huber wie auch für Buchmüller als Familiennamen entscheiden.

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Kreuzen Sie bei den folgenden Aussagen an, für welche Güterstände sie gelten.

a ) Das Eherecht verlangt, dass einer der Partner die Arbeiten zu Hause erledigt und der andere auswärts einer Erwerbsarbeit nachgeht.

b ) Der Name des Ehemannes ist zwar nicht in jedem Fall der Familienname; die gemeinsamen Kinder tragen aber automatisch seinen Namen.

Gütertrennung

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

Gütergemeinschaft

Übung 4 Welcher Güterstand gilt? Errungenschaftsbeteiligung

Übung 3 Aussagen zum Familien­ und Eheleben

A

B

C

a) Jeder Ehegatte trägt die Risiken seiner Vermögensverwaltung selber. c ) Die Erziehung der Kinder obliegt jenem Partner, der den Haushalt betreut.

b) Das Eigengut umfasst nur persönliche Gebrauchsgegenstände und das im Ehevertrag genannte Vermögen. c) Wenn sich ein Ehepaar bei der Eheschliessung nicht speziell für einen Güterstand entscheidet, tritt automatisch dieser Güterstand in Kraft.

d ) Die Ehefrau kann eine berufliche Tätigkeit aufnehmen, selbst wenn der Ehemann damit nicht einverstanden ist.

d) Bei diesem Güterstand gehören gewisse Vermögensbestandteile zum Eigengut. e) Bei einer gerichtlich angeordneten Trennung tritt automatisch dieser Güterstand in Kraft.

e ) Wenn sich ein Ehegatte nicht an die gesetzlichen Bestimmungen hält, versucht das Eheschutzgericht zuerst, eine vorläufige Trennung zu erreichen.

f ) Wenn ein Ehepaar sich für diesen Güterstand entscheidet, muss es einen Ehevertrag abschliessen. g) Die Ehegatten können damit bewirken, dass der grösste Teil des Vermögens nach dem Tod eines Ehegatten beim überlebenden Ehegatten verbleibt.

f ) Jeder Ehepartner muss den anderen auf entsprechende Anfragen hin über sein Einkommen, sein Vermögen und seine Schulden informieren.

h) Diesen Güterstand bezeichnen wir auch als «ordentlichen Güterstand».

g ) Jeder Ehepartner muss im Rahmen seiner Möglichkeiten einen Beitrag an den Unterhalt der Familie leisten.

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Übung 5 Zu welcher Vermögensmasse gehört …?

a ) Sparkapital, das in die Ehe eingebracht wurde. b ) Die Ehefrau hatte während ihrer Ehe von ihren Eltern eine Eigentumswohnung geerbt. c ) Lohn aus Berufstätigkeit der Ehegatten d ) Das Klavier des Ehemannes e ) Der gemeinsam genutzte Familienvan, der aus dem laufenden Arbeitseinkommen gekauft wurde. f ) Der Kleinwagen, den die Ehefrau in die Ehe eingebracht hatte und der nun gemeinsam genutzt wird. g ) Eine IV-Rente von 50 % wegen einer teilweisen Erwerbsunfähigkeit infolge eines Unfalls. h ) Pachtzinsen für ein landwirtschaftliches Grundstück, das der Ehemann von seinen Eltern geerbt hatte. i ) Dividende für eine Lindt & Sprüngli-Aktie, welche die Ehefrau von ihrer Mutter zur Hochzeit geschenkt bekommen hatte. j ) Der Ehemann kauft sich aus seinem Arbeitsverdienst einen neuen Gleitschirm als Ersatz für den bisherigen, fünfjährigen Schirm.

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. Eigengut

Kreuzen Sie bei den folgenden Aussagen an, zu welcher Vermögensmasse die jeweiligen Vermögensbestandteile in einer Errungenschaftsbeteiligung gehören.

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Übung 6 Aussagen zum Güterrecht beurteilen Errungenschaft

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A

B

a) Errungenschaftsbeteiligung und Gütergemeinschaft sind die beiden vertraglichen Güterstände.

b) Der ordentliche Güterstand ist jener, der für die Mehrheit aller Ehepaare als Grundlage für die Regelung ihrer Vermögensverhältnisse dient.

c) In einer Errungenschaftsbeteiligung wird bei Auflösung der Ehe die Errungenschaft der Ehegatten immer hälftig geteilt.

d) In einer Gütergemeinschaft gibt es nur zwei gemeinschaftliche Gütermassen.

e) Die Gütertrennung ist sowohl ein vertraglicher als auch ein ausserordentlicher Güterstand.

f ) Bei der Gütergemeinschaft sprechen wir von den Eigengütern von Mann und Frau sowie vom Gemeinschaftsgut.

g) Bei der Auflösung eines Güterstandes muss im Zweifelsfall ein Ehegatte selber beweisen, dass ein Vermögensstück zum Eigengut gehört.

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Übung 7 Welche Aussagen zur Scheidung sind richtig?

Übung 8 Eingetragene Partnerschaft im Vergleich

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien.

Konkubinat

Ehe

Eingetragene Partnerschaft

Kreuzen Sie bei den folgenden Aussagen an, ob die Aussage für das Konkubinat, die Ehe oder für die eingetragene Partnerschaft zutrifft.

A

B

C

a ) Ein aufwendiges Gerichtsverfahren kann bei einer Scheidung vermieden werden, wenn die beiden Eheleute mindestens zwei Jahre getrennt sind.

b ) Wenn einer der Ehepartner sich dem Scheidungswunsch des anderen widersetzt, dauert es mindestens zwei Jahre, bis eine Scheidung möglich ist. a) Die beiden Partner sind sich zu gegenseitigem Beistand verpflichtet. c ) Eine Trennung gilt nur dann als ordentlich vollzogen, wenn sie vom Eheschutzrichter ausgesprochen wird.

b) Die gemeinsame Wohnung kann nur mit Zustimmung beider Partner gekündigt werden. c) Der eine Partner kann den Namen des anderen tragen. d) Rechtlich verbindlich kann diese Lebensform nur auf dem Zivilstandsamt begründet werden.

d ) Bei einer Scheidung auf gemeinsames Begehren hin wird die Scheidung ohne Mitwirkung eines Gerichts vollzogen (Konventionalscheidung).

e) Kann sowohl von gleichgeschlechtlichen als auch von heterosexuellen Paaren als Lebensform gewählt werden. f ) Ohne spezielle vertragliche Vereinbarung bleiben die Vermögen sowohl während als auch nach Auflösung der Lebensform getrennt.

e ) Eine Scheidung führt zur Teilung der Pensionskassenguthaben.

g) Die leiblichen Kinder des Partners können vom anderen Partner nicht adoptiert werden.

f ) Die Ehegatten müssen bei einer Scheidung die Hälfte ihrer Pensionskassenansprüche an den anderen auszahlen.

h) Es besteht eine Unterstützungspflicht für Kinder des Partners oder der Partnerin im gleichen Haushalt.

g ) Mit der Scheidung erlischt auch die Erbberechtigung des geschiedenen Partners. Soll er trotzdem erbrechtlich begünstigt werden, muss ein Testament erstellt werden.

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Übung 8 Verwandtschaft Die folgenden Auswahlaufgaben enthalten immer zwei Teilaussagen zum abgebildeten Verwandtschaftssystem, die miteinander verknüpft sind. Entscheiden Sie sich jeweils für eine der folgenden Antwortmöglichkeiten: 3. Stamm: Grosseltern Grosseltern Alfons Bürgi

Grosseltern

Cäcilia Bürgi-Kummer

Konrad Scherrer

Onkel Anna Bürgi-Käser

Gertruth Scherrer

Sophie Gmür-Scherrer

2. Stamm: Eltern

Jacqueline Bürgi

C +/–

D –/+

E –/–

Beide Aussagen richtig, Verknüpfung trifft zu

Beide Aussagen richtig, Verknüpfung trifft nicht zu

Erste Aussage richtig, zweite Aussage falsch

Erste Aussage falsch, zweite Aussage richtig

Beide Aussagen falsch

a) Gertruth Scherrer und Joseph Bürgi sind verschwägert, weil Joseph mit Gertruth Scherrers Tochter verheiratet ist. Herbert Gmür

Eltern

Geschwister

B +/+

Begründen Sie falsche Verknüpfungen oder die falsche Teilaussage in wenigen Worten.

Tante

Gottlieb Bürgi

A +weil+

b) Andrea Zäch und Roger Bürgi sind nicht miteinander verwandt, weil sie miteinander verheiratet sind.

Maria Bürgi-Scherrer

Joseph Bürgi

c) Lea Kern und Jacqueline Bürgi sind nicht miteinander verwandt, weil sie nicht gleich heissen. Fränzi Bürgi

Roger Bürgi

Andrea Zäch 1. Stamm: Nachkommen

Claudia Kern

Werner Mäder

Kinder

Markus Bürgi

Enkelkinder

Lea Kern

Sarah Kern

Bedeutung der Symbole:

Frauen

e) Der grosselterliche Stamm von Lea Kern umfasst derzeit sechs Personen, weil René Stammträger des elterlichen Stamms ist.

Eliane Bürgi

René Bürgi

Enkelkinder

Sandro Bürgi Männer

d) Caroline, Tochter von Werner Mäder aus einer ausserehelichen Beziehung, ist verwandt mit Sarah Kern, weil diese eine Schwester von Sandro Bürgi ist.

Beatrice Bürgi

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Aufgabe 1 Szenen aus dem Eheleben Hans Müller und Karin Huber haben geheiratet. Zu Beginn sieht alles recht gut aus; dann tauchen allmählich Meinungsverschiedenheiten (1.– 5.) auf.

b) Prüfen Sie anschliessend mithilfe des Gesetzes, ob sich Ihre Meinung mit jener des Gesetzgebers deckt.

a ) Klären Sie im Gespräch mit einer Kollegin oder einem Kollegen Ihren persönlichen Standpunkt zu den einzelnen Problembereichen.

1.

1. Weil Kinder bisher ausgeblieben sind, arbeiten sowohl Karin Huber als auch Hans Müller weiter in ihren Jobs. Hans Müller empfindet es zunehmend als Belastung, dass beide am Wochenende und am Abend den Haushalt machen müssen. Er verlangt daher von seiner Partnerin, dass sie mit der Erwerbsarbeit aufhört und dafür die Hausarbeiten erledigt. Karin Huber ist damit nicht einverstanden.

2.

2. Nach einem Jahr kommen Zwillinge zur Welt. Karin Huber arbeitet nicht mehr in ihrem Betrieb und widmet sich stattdessen dem Haushalt. In letzter Zeit hat sie ihren Partner nach dem Feierabend einige Male darum gebeten, die Zwillinge zu wickeln und mit ihnen zu spielen. Hans Müller hat sich jeweils geweigert und dies mit seiner Müdigkeit begründet. Er ist der Meinung, dass Karin die Erziehung der Kinder obliege.

3.

3. Die Zwillinge brauchen schnell mehr Platz, sodass die bisherige 3-Zimmer-Wohnung allmählich zu eng wird. Karin Huber mietet daher eine 5-Zimmer-Wohnung in der Umgebung und schreibt eine Kündigung an ihren bisherigen Vermieter. Sie geht davon aus, dass ihr Ehemann damit einverstanden sei, und schickt beide Schriftstücke (Kündigung sowie neuen Mietvertrag) noch am selben Tag ab, obwohl Hans Müller für einige Wochen im Ausland weilt.

4.

4. Hans Müller beklagt sich immer öfter über die zu hohen Haushaltsausgaben. Weil er den Metzger des Ortes von der Feuerwehr her sehr gut kennt, bittet er diesen, in Zukunft zu verhindern, dass seine Ehefrau mehr als CHF 400.– pro Monat für Fleisch ausgibt. Falls sie diese Limite übersteige, sei der Kauf von seiner Zustimmung abhängig zu machen.

5.

5. Karin Huber hat ein aufwendiges Hobby: Sie liebt Oldtimerautos über alles. Gerade hat sie sich wieder ein besonders schönes Exemplar gekauft und zur Finanzierung das bisherige Familienauto sowie das Familienporzellan verkauft. Hans Müller ist damit nicht einverstanden.

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Aufgabe 2 Konkubinat Lesen Sie den folgenden Artikel aufmerksam durch und beantworten Sie die anschliessenden Fragen.

Wer sicher sein will, sollte heiraten Cornelia Döbeli Konkubinatspaare, die sich gleich gut wie Verheiratete absichern wollen, müssen das mit Zusatzversicherungen teuer erkaufen. Im Vergleich dazu ist selbst eine Scheidung günstig. Heiraten ist wieder im Trend. Letztes Jahr gaben sich in der Schweiz 41 500 Paare das Jawort, drei Prozent mehr als im Vorjahr. Dennoch sagen sich viele nach wie vor: bes­ ser gar nicht heiraten, als sich später schei­ den zu lassen – und verzichten trotz Kin­ dern auf den Trauschein. Die Folgen sieht zum Beispiel der Badener Familienmedia­ tor Vinzenz Rösli, wenn er Konkubi­ natspaare beraten muss, die sich trennen wollen: «Sie streiten um die genau gleichen Punkte wie Verheiratete bei der Scheidung» – Alimente oder Vermögen, das während der Partnerschaft angespart wurde. Scheidung unter 3000 Franken Röslis Rat: Besser vorsorgen, als sich hin­ terher grün und blau ärgern. Oder heira­ ten! Schliesslich sei eine Scheidung gar nicht so teuer. Bei ihm koste sie «rund 2500 Franken plus 200 Schreibgebühr». Das ist weniger als die Versicherungsprä­ mien, die Konkubinatspaare jährlich zah­ len müssen, um sich gleich abzusichern wie Ehepartner. Das zeigt auch das Beispiel von Jürg Huber und Tanja Müller (Namen geän­ dert): Er, 45, geschieden, verdient 90 000 Franken im Jahr. Sie, 38, gab ihren Job auf, als das erste gemeinsame Kind geboren

wurde. Seither kümmert sie sich auch um sein Kind aus erster Ehe und führt den Haushalt. Beide wollen nicht heiraten, aber sicher­ stellen, dass Tanja so gut geschützt ist, als wären sie verheiratet. Deshalb suchen sie den Wettinger Finanzplanungsexperten Patrick Liebi auf. Seine Berechnungen zei­ gen, dass Tanjas Absicherung ein teures Unterfangen voller Fallstricke werden könnte. Alter / AHV Als Hausfrau muss Tanja Müller den Bei­ trag für Nichterwerbstätige an die AHV entrichten. Sonst entstehen Beitrags­ lücken, die später Rentenkürzungen zur Folge haben. Um das zu verhindern, muss sie mindestens 460 Franken pro Jahr in die AHV einzahlen. Der genaue Betrag wird aufgrund der persönlichen Vermögens­ und Einkommenssituation festgelegt. Zahlt sie den Minimalbeitrag, könnte sich der Verlust bei einer Trennung im AHV­ Alter auf maximal 13 680 Franken jährlich belaufen. Möchte sie dieses Risiko ab­ decken, müsste sie einen Betrag von jähr­ lich 7640 Franken (verzinst zu zwei Pro­ zent) ansparen. Weil ihr Kind noch nicht 16 ist, hat Tanja Müller immerhin Anspruch auf Er­ ziehungsgutschriften, die ihr angerechnet werden. Üben wie in ihrem Fall beide Elternteile das Sorgerecht gemeinsam aus, müssen sie der zuständigen AHV­Zweig­ stelle schriftlich mitteilen, dass die Erzie­ hungsgutschriften nur ihr gutgeschrieben werden sollen.

Todesfall / AHV-Witwenrente Im Fall von Jürg Hubers Tod erhält Tanja Müller keine Witwenrente. Das AHV­Ge­ setz sieht das nämlich für Konkubi­ natspartner nicht vor. Das kann drastische Folgen für Tanja Müller haben: Ihr entge­ hen zwischen 10 944 und 21 888 Franken Rente pro Jahr, die sie als Verheiratete erhalten würde. Will sie ihr maximales Risiko über eine Todesfallrisikoversiche­ rung abdecken, kostet sie das rund 2000 Franken Prämie im Jahr. Pensionskasse Ob Tanja Müller von Jürg Hubers Pensions­ kasse eine «Witwenrente» erhalten würde, hängt von deren Reglement ab. Pensions­ kassen dürfen freiwillig Todesfallleistun­ gen an die Konkubinatspartnerin und den ­partner ausrichten, wenn die Lebensge­ meinschaft mindestens fünf Jahre gedauert hat oder wenn die überlebende Partnerin oder der überlebende Partner für ein ge­ meinsames Kind sorgen muss. Ob eine «Witwenrente» bezahlt wird, muss Jürg Huber direkt bei seiner Pensionskasse ab­ klären; unter Umständen muss er dort für seine Partnerin eine Begünstigtenerklä­ rung hinterlegen. Das lohnt sich. Denn die Witwenrenten aus sehr gut ausgebauten Pensionskassen können sich auf 43 200 Franken jährlich belaufen. Wollte Tanja Müller diesen Be­ trag privat versichern, müsste sie rund 5300 Franken Prämie pro Jahr zahlen. Private Vorsorge Nachteile hat Tanja Müller auch bei der pri­ vaten Vorsorge. Als Ehefrau hätte sie An­ recht auf das gesamte Guthaben aus Jürg Hubers 3a­Konto. Als Konkubinatspartne­

rin kann Huber sie zwar als Begünstigte einsetzen, da sie von ihm erheblich unter­ stützt wurde. Das gilt auch, wenn sie für den Unterhalt eines gemeinsamen Kindes aufkommen muss oder die Lebensgemein­ schaft mindestens fünf Jahre Bestand hatte. Allerdings darf Huber das Pflichtteils­ recht seiner Kinder nicht verletzen; es be­ trägt 75 Prozent seines Nachlasses. Die Kin­ der könnten zwar nicht verhindern, dass das ganze 3a­Guthaben direkt an Tanja Müller geht. Im Streitfall können sie aber gegen Müller klagen und sich ihr Recht erstreiten. Den Pflichtteil seiner Kinder umgehen kann Jürg Huber nur bei einer reinen Todesfallversicherung. Dort fliesst die ver­ einbarte Summe direkt an die begünstigte Person; sie zählt nicht zum Nachlass. Testament Schlecht fährt Tanja Müller auch, wenn es ums Erben geht: Sie würde nach Gesetz gar nichts erhalten. Deshalb müssen unverhei­ ratete Paare, die sich gegenseitig begünsti­ gen wollen, ein Testament machen oder aber einen Erbvertrag abschliessen. Aller­ dings müssen sie sich an das Pflichtteils­ recht gewisser Erben (Nachkommen, Eltern und Ehegatten) halten. Der Pflicht­ teil von Jürg Hubers Kindern beträgt wie gesagt 75 Prozent. Hinterlässt er 400 000 Franken, erbt Müller als Konkubinatspartnerin also nur 100 000. Als Ehefrau stünden ihr dagegen 325 000 Franken zu: 200 000 aus Güter­ recht und 125 000 aus Erbrecht, wenn das ganze Vermögen während der Ehe ange­ spart wurde. Um diese Lücke mit einer Todesfallversicherung zu schliessen, müss­ ten die beiden mindestens 2000 Franken Prämie im Jahr zahlen.

Hinzu kommt der Steuernachteil. Ehe­ gatten bezahlen in den meisten Kantonen keine Erbschaftssteuern. Ganz anders Kon­ kubinatspartner: Sie gelten als Drittpersonen und zahlen deshalb meist sehr hohe Steuern, im Schnitt 30 Prozent der geerbten Summe. Unterhaltsbeiträge bei einer Trennung Tanja Müller muss auch für den Fall einer Trennung vorsorgen. Will sie sicher sein, dass sie von Jürg Huber in einem solchen Fall Unterhaltsbeiträge und die Hälfte des gemeinsam angesparten Vermögens erhält, müssen sie einen Konkubinatsvertrag ab­ schliessen. Das Problem dabei: Seine Zah­ lungen werden unter Umständen vom Steueramt als Schenkung taxiert. Dann müsste Tanja Müller Schenkungssteuern zahlen. Die obige Aufzählung zeigt Probleme und Kosten, über die sich die wenigsten unver­ heirateten Paare im Klaren sind. Als Trost bleibt Tanja Müller und Jürg Huber, dass sie als Konkubinatspaar weniger Steuern bezahlen. Allerdings womöglich nicht mehr lange. Denn immer mehr Kantone gehen zum System des Steuersplittings bei Ehepaaren über. Dabei werden die beiden Einkommen zwar zusammengerechnet, aber zu einem tieferen Tarif besteuert. Nachdem Tanja Müller und Jürg Huber vom Finanzplanungsexperten beraten wurden, sind sie plötzlich unsicher gewor­ den. Wenn eine Heirat so vorteilhaft ist, fragen sie sich, ob sie sich nicht doch das Jawort geben sollen. «Warum nicht?», sagt Tanja Müller. «Wir wollen ja nicht die Ver­ sicherungen durchfüttern; damit ich gleich geschützt bin wie nach einer Heirat.» Quelle: Beobachter Nr. 26 vom 24. 12. 2009

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a ) Weshalb bevorzugen Paare Ihrer Meinung nach das Zusammenleben im Konkubinat? Beantworten Sie diese Frage unabh채ngig und frei vom vorliegenden Artikel.

b ) Der Artikel zeigt Aspekte auf, die f체r eine Heirat sprechen. Notieren Sie stichwortartig die Nachteile des Zusammenlebens im Konkubinat gem채ss diesen Ausf체hrungen.

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Aufgabe 3 Eheliches Güterrecht Die folgende Tabelle enthält einen nach Kriterien geordneten Überblick über die ehelichen Güterstände. Füllen Sie die leeren Felder mithilfe des Gesetzes aus. Nennen Sie auch die entsprechenden Artikel aus dem ZGB. Errungenschaftsbeteiligung Entstehung

Gütergemeinschaft

Gütertrennung

Durch Ehevertrag

Vermögensteile

Eigengut beider Ehegatten Errungenschaft beider Ehegatten

Zwei unabhängige persönliche Vermögen

Verwaltung Nutzung Verfügung

Jeder Ehegatte seine Vermögensteile selber

Jeder sein Vermögen selber

Haftung

Für gemeinsame Schulden haftet das Gesamt- und das Eigengut. Für Eigenschulden haftet primär das Eigengut; bei Überschuldung wird der Güterstand aufgelöst.

Aufteilung des Vermögens bei Auflösung des Güterstandes

Jeder Partner sein Eigengut plus die Hälfte des Vorschlages (Guthaben) oder jeder Partner sein Eigengut minus seinen gesamten Rückschlag (Schuld) plus die Hälfte des Vorschlags des anderen Ehegatten

Bei Tod oder Vereinbarung eines andern Güterstandes: Eigengut plus Anteil am Gesamtgut gemäss Ehevertrag (in der Regel 100 %). In den übrigen Fällen: wie Errungenschaftsbeteiligung.

Eignung

Normalfall

Begünstigung des überlebenden Ehepartners bei Erbteilung

Jeder haftet für seine Schulden mit seinem Vermögen.

Schutz des Partnervermögens bei risikoreichen Unternehmungen Finanzielle Unabhängigkeit

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Aufgabe 4 Güterrechtliche Abrechnung in der Errungenschaftsbeteiligung Güterrechtliche Vermögensaufteilung

Als Silvano und Elsbeth heirateten, hatte Silvano aus seinem Arbeitsverdienst CHF 10 000.– auf einem Anlagesparkonto angelegt. Elsbeth hatte gerade ihre Ausbildung abgeschlossen und besass zu jenem Zeitpunkt keine Ersparnisse. Im Laufe der Jahre brachte Silvano weitere CHF 10 000.– auf die Seite. Elsbeth konnte durch ihren Arbeitserwerb bis zur Geburt des ersten Kindes CHF 6000.– ansparen. Silvano arbeitete nach der Geburt des Kindes temporär zu etwa 20 %; er besorgte den Haushalt und war auch später für die Betreuung der insgesamt drei Kinder zuständig. Elsbeth sicherte durch ihre Tätigkeit in einer Werbeagentur den finanziellen Unterhalt der Familie. Als später die Eltern von Silvano starben, erbte er deren Reiheneinfamilienhaus, in das die Familie einzog. Elsbeth konnte beim Tod ihrer Eltern CHF 70 000.– erben, die sie umgehend in Wertschriften anlegte. Silvano stirbt bei einen Sportunfall in den Bergen. Durch die Auflösung der Ehe kommt es nun zur güterrechtlichen Aufteilung des Vermögens. Die Liegenschaft hat einen Wert von CHF 600 000.–, sie ist mit einer Hypothek von CHF 350 000.– belastet. Das Lohnkonto von Silvano enthält CHF 14 000.–, dasjenige von Elsbeth CHF 40 000.–; die Wertschriften von Elsbeth sind nach wie vor CHF 70 000.– wert. Das gemeinsam angeschaffte Auto besitzt einen Wert von CHF 24 000.–. Die güterrechtliche Abrechnung erfolgt nach den gesetzlichen Bestimmungen der Errungenschaftsbeteiligung; ausser der Hypothek gibt es keine Schulden.

Elsbeth Eigengut

Silvano Errungen­ schaft

Errungen­ schaft

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Erstellen Sie die Güteraufteilung und bestimmen Sie den Vermögensanteil von Elsbeth sowie den Nachlass von Silvano. Vermögensübersicht (Zusammenstellung)

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Aufgabe 5 Konkubinat – Ehe – Eingetragene Partnerschaft Lösen Sie die folgende Übersicht zu den drei Formen des Zusammenlebens, indem Sie die einzelnen Felder ausfüllen. Konsultieren Sie dazu den Theorieteil des Lehrmittels. Arbeiten Sie aber, wo immer möglich, mit dem entsprechenden Gesetz. Falls Ihr Gesetzbuch die EinKonkubinat

getragene Partnerschaft nicht enthält, suchen Sie das Gesetz (in PDF-Format) mithilfe einer Internet-Suchmaschine; Sie können gegebenenfalls die ersten acht Seiten des Gesetzes (doppelseitig) ausdrucken.

Ehe

Eingetragene Partnerschaft (EgP)

vgl. Art. 102 Abs. 2 und 3 ZGB

vgl. Art. 7 PartG

vgl. Art. 169 ZGB

vgl. Art. 14 PartG

vgl. Art. 160 ZGB

vgl. Art. 12a PartG

vgl. Art. 181 ZGB

vgl. Art. 18 PartG

vgl. Art. 298a Abs. 1 ZGB

vgl. Art. 297 Abs. 1 ZGB

vgl. Art. 27 PartG

vgl. Art. 264a ZGB

vgl. Art. 264a ZGB

vgl. Art. 28 PartG

vgl. Art. 111 ff. ZGB

vgl. Art. 29 ff. PartG

vgl. Art. 111 ff. ZGB

vgl. Art. 111 ff. ZGB

Gesetzliche Grundlage Geeignet / möglich für …

Verfahren zum «Abschluss» der «Gemeinschaft» Wohnung

Name

Vermögensrecht (Güterstand) Kinder

Elterliche Sorge

Adoption

Auflösung

Erbrecht

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