34 fiskal geldpolitik brennpunkt 3 schue 2a 2017 low

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Fiskal- und Geldpolitik

Fiskal- und Geldpolitik sind die wichtigsten Elemente einer aktiven Konjunkturpolitik. Während die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit der Geldpolitik das Geldangebot steuert, gestaltet der Staat mit der Fiskalpolitik seine Einnahmen und Ausgaben so, dass die konjunkturelle Entwicklung positiv beeinflusst werden soll.

Theorie 34.1 34.2 34.3 34.4 34.5 34.6

Übungen

Ziele der Fiskalpolitik ......................................................................................... Die Instrumente der Fiskalpolitik ........................................................................ Ziele der Geldpolitik .......................................................................................... Die Schweizerische Nationalbank und das Geld ................................................. Die Instrumente der Geldpolitik ......................................................................... Probleme der Fiskal- und Geldpolitik .................................................................. Das haben Sie gelernt ....................................................................................... Diese Begriffe können Sie erklären .....................................................................

2 2 6 10 14 18 20 21

1 2 3 4 5 6 7 8

Ziele der Fiskalpolitik ........................................................................................... Haushalts- und Steuerpolitik ................................................................................ Expansive und restriktive Fiskalpolitik ................................................................... Ziele der Geldpolitik ............................................................................................. Geldmengen und Geldschöpfung ........................................................................ Aussagen zur Geldpolitik der SNB beurteilen ........................................................ Begriffe zur Geldpolitik der SNB ........................................................................... Probleme der Fiskal- und Geldpolitik ....................................................................

22 22 23 23 24 24 25 25

Aufgaben 1 2 3 4 5

Haushalts- und Steuerpolitik ................................................................................ Die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank ................................................ Expansive Geldpolitik: ein Mittel – viele Ziele ........................................................ Konjunkturpolitik am Beispiel Japans .................................................................... Schuldenbremse ..................................................................................................

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34.1 Ziele der Fiskalpolitik

■ Von Fiskalpolitik sprechen wir dann, wenn der Staat (in diesem Zusammenhang auch «Fiskus» genannt) mit seinen Einnahmen und Ausgaben die Auf- und Abwärtsbewegungen der Wirtschaft (Konjunkturentwicklung) ausgleichen will. Bei der Fiskalpolitik stehen somit konjunkturpolitische Überlegungen im Mittelpunkt. Dabei muss das generelle Ziel eines ausgeglichenen Staatshaushalts jedoch im Auge behalten werden, weil sonst die langfristige soziale und wirtschaftliche Stabilität gefährdet würde. Fiskalpolitische Massnahmen sind auf die Nachfrageseite der Wirtschaft ausgerichtet. Mit ihnen sollen der private Konsum sowie der Konsum und die Investitionen des Staates in die gewünschte Richtung beeinflusst werden. ■ Die Finanzpolitik befasst sich mit allen Massnahmen, welche die Beschaffung, Verwendung und Verwaltung der öffentlichen Mittel betreffen. Während sich die Haushaltspolitik in erster Linie mit der Frage beschäftigt, wie der Staatshaushalt (also staatliche Einnahmen und Ausgaben) im Lot gehalten werden können, wird mit der Steuerpolitik definiert, welche Art von Steuern und nach welchen Grundsätzen der Staat diese erheben kann. ■ Unter Konjunkturpolitik verstehen wir schliesslich die Gesamtheit aller Massnahmen, die darauf hinzielen, Schwankungen in der wirtschaftlichen Entwicklung auszugleichen. ■ Zusammenhang Fiskal- und Finanzpolitik Fiskalpolitik

Finanzpolitik Gleiche Mittel

Haushaltspolitik

Steuerpolitik

Einnahmen und Ausgaben des Staates

Grundsätze der Steuererhebung

Unterschiedliche Ziele Konjunkturpolitische Ziele

2

34.2 Die Instrumente der Fiskalpolitik

Die staatlichen Aktivitäten können sich nicht nur darauf beschränken, der Bevölkerung auf dem Staatsgebiet Ruhe und Ordnung zu garantieren. Durch die Erfüllung seiner weiteren Aufgaben wird der Staat zum wichtigen Teilnehmer im Wirtschaftskreislauf. Er ist der grösste Käufer von Gütern und Dienstleistungen und auch der grösste Arbeitgeber. Bund, Kantone und Gemeinden benötigen entsprechende finanzielle Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben.

Übung 1

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Finanzpolitische Ziele

■ Haushaltspolitik Im Zuge des Wirtschaftswachstums der letzten Jahrzehnte sind auch die Staatsausgaben angestiegen. Die Staatsquote, der Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandprodukt (BIP), erreichte in der Schweiz 2015 einen Wert von 34 %; 1970 betrug der entsprechende Wert noch 26,1 %. Während dieser Zeitspanne hat sich allerdings die Rolle des Staates in der Schweiz – wie in den übrigen Industrieländern – wesentlich verändert. Der Staat hat heute z. B. höhere Infrastrukturleistungen im Verkehrsbereich zu finanzieren. Die soziale Sicherheit, d. h. Sozialversicherungen wie die AHV, haben im Verlauf der letzten Jahrzehnte eine zunehmend grössere Bedeutung erhalten, und auch die gestiegenen Umweltschutzmassnahmen müssen durch den Staat finanziert werden. Mit einer Staatsquote von 33 % befindet sich die Schweiz am unteren Ende der Skala vergleichbarer Länder. Die Vertreter eines «schlanken Staates», die eine Reduktion der Staatsquote fordern, operieren denn auch meistens mit dem Zuwachs der Staatsquote und nicht mit dem absoluten Prozentwert. Während z. B. der Wirtschaftsverband Economiesuisse die Wachstumschancen der Schweizer Wirtschaft durch eine Verminderung der Staatsquote verbessern möchte, argumentieren andere Kreise damit, dass dies mit einer Senkung der Staatsquote gerade nicht erreicht werden könne, weil der Staat in zukunftsträchtigen Bereichen wie Bildung und Forschung nicht sparen dürfe. Die Gesamtausgaben des Bundes betrugen im Jahr 2015 CHF 65,2 Mrd. Der gewichtigste Ausgabenposten ist mit CHF 22 Mrd. die soziale Wohlfahrt; sie macht anteilsmässig 33,7 % der Gesamtausgaben aus. Ein weiterer grosser Ausgabenbereich ist der Verkehr mit Ausgaben für den öffentlichen Verkehr sowie für Strassen. Die Landesverteidigung ist jener Bereich, der in den letzten Jahren anteilsmässig am meisten einbüsste; von 20,3 % im Jahr 1980 auf 6,8 % im Jahr 2015. Die Ausgaben für Landwirtschaft und Ernährung enthalten als grössten Posten Direktzahlungen an Landwirtschaftsbetriebe. In den Bildungsausgaben sind die Ausgaben für die Eidgenössischen Technischen Hochschulen (Zürich und Lausanne) der gewichtigste Posten; Beiträge wurden aber auch an die kantonalen Hochschulen und Fachhochschulen ausgerichtet. Der Hauptanteil des Bereichs Beziehungen zum Ausland sind Entwicklungshilfebeiträge. Unter den grossen Ausgabenposten «Finanzen und Steuern» fallen Zinszahlungen des Staates sowie Rückerstattungen von Steuern (z. B. der Verrechnungssteuer). Der Bund hat in den letzten Jahren immer wieder Überschüsse erzielt, die zur Rückzahlung von Schulden verwendet wurden. Dadurch konnten die Schulden des Bundes vom Rekordstand von CHF 130 Mrd. auf rund CHF 104 Mrd. (2015) reduziert werden. Weil in der gleichen Zeit zudem das Bruttoinlandprodukt anstieg, reduzierte sich die Schuldenquote des Bundes im Verlauf der letzten zehn Jahre von 27 % auf ca. 17 % (2015) des Bruttoinlandproduktes. Zusammen mit den Schulden von Kantonen und Gemeinden ergab sich im Jahr 2015 allerdings eine Schuldenquote von rund 34 % des BIP, d. h., zur Rückzahlung aller Schulden müsste ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung eines Jahres aufgewendet werden.


■ Die ausgabenstärksten Aufgabenbereiche des Bundes 1980–2015 Aufgaben

1980

2015

Mio. CHF

Anteil in %

Mio. CHF

Anteil in %

Soziale Wohlfahrt

3 622

20,3 %

21 987

33,7 %

Verkehr

2 728

15,3 %

8 322

12,8 %

Bildung und Forschung

1 372

7,7 %

7 046

10,8 %

Landesverteidigung

3 620

20,3 %

4 466

6,8 %

Landwirtschaft und Ernährung

1 639

9,2 %

3 667

5,6 %

674

3,8 %

3 717

5,7 %

Finanzen und Steuern

2 481

13,9 %

9 533

14,6 %

Übrige Ausgaben

1 680

9,4 %

6 505

10,0 %

Gesamtausgaben

17 816

100 %

65 243

100 %

Beziehungen zum Ausland

Übrige Ausgaben

Finanzen und Steuern

10 %

14,6 %

Beziehungen zum Ausland

33,7 %

Soziale Wohlfahrt

5,7 %

Landwirtschaft und Ernährung

5,6 %

Landesverteidigung

12,8 %

6,8 %

Bildung und Forschung

Verkehr

10,8 %

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■ Steuerpolitik

■ Die konjunkturpolitische Wirkung der Haushalts- und Steuerpolitik

Steuern (wie auch Zölle) sind Geldleistungen, die der Staat (Bund, Kanton und Gemeinde) zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs einzieht; der primäre Steuerzweck ist die Erzeugung von Einnahmen für den Staat. Steuern müssen grundsätzlich bezahlt werden, ohne dass ein Anspruch auf eine direkte oder persönliche Gegenleistung besteht. Für die Gewährung bestimmter Dienstleistungen (z. B. für die Ausstellung eines Passes) werden Gebühren erhoben. Strassenverkehrsabgaben wie z. B. die Autobahnvignette sind für die Strassenbenutzung zu bezahlen (und im Fall der Vignette vom Staat zweckgebunden für den Strassenbau zu verwenden). Lenkungsabgaben sollen schliesslich das Verhalten der Steuerpflichtigen beeinflussen. Mit der LSVA, der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe, soll z. B. die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene gegenüber der Strasse verbessert werden. Weil all diese Gebühren und Abgaben ihre Ursache (lateinisch «causa») in konkreten staatlichen Leistungen haben, werden sie auch als Kausalabgaben bezeichnet.

■ Der Staat kann einem drohenden wirtschaftlichen Abschwung kurzfristig mit zusätzlichen Staatsausgaben entgegenwirken. Die höheren Staatsausgaben führen direkt zu mehr Aufträgen an Unternehmungen und sichern oder erhöhen damit die Beschäftigung. Drohende Arbeitslosigkeit ist in der Regel auch der auslösende Faktor für staatliche Konjunkturprogramme dieser Art. Die Beschäftigungswirkung hat weitere positive Auswirkungen auf die konjunkturelle Entwicklung, die allerdings erst mit einiger Verzögerung wirken dürften. Weil mit den gesicherten Arbeitsplätzen Unsicherheit in der Bevölkerung vermieden werden kann, wird der private Konsum positive Impulse erhalten. Die Unternehmungen reagieren auf die zusätzlichen Aufträge zudem möglicherweise mit zusätzlichen Investitionen, was die Nachfrage ebenfalls erhöht. Die gestiegene Gesamtnachfrage generiert erneut zusätzliche Beschäftigung und Einkommen, was die Wirkung staatlicher Ausgaben verstärkt. Ein Bündel von haushalts- und steuerpolitischen Massnahmen, die einem drohenden Abschwung entgegenwirken sollen, bezeichnen wir als expansive Fiskalpolitik. ■ Steht die Wirtschaft dagegen vor einer Boomphase, sollte der Staat seine Ausgaben zurückfahren. Einerseits, um damit Überschüsse im Staatshaushalt zu erzielen, die dazu genutzt werden können, um die Schulden aus früheren Konjunkturprogrammen zu tilgen. Andererseits, um die Wirtschaft vor einer Überhitzung zu bewahren. Darunter verstehen wir eine Übernutzung der vorhandenen Ressourcen, sodass die soziale, ökologische oder ökonomische Stabilität gefährdet scheint. Das kann z. B. dann geschehen, wenn die Beschäftigung einen derart hohen Stand erreicht, dass viele Überstunden geleistet werden müssen, die Zuwanderung massiv zunimmt oder die Löhne stark steigen. Wenn in solchen Fällen mit einem Bündel von haushalts- und steuerpolitischen Massnahmen der Boomphase entgegengewirkt wird, sprechen wir von einer restriktiven Fiskalpolitik.

Als Kriterium für die Unterscheidung in direkte und indirekte Steuern wird meistens das Verhältnis vom Steuerobjekt zur Berechnungsgrundlage herangezogen. ■ Bei den direkten Steuern ist das Steuerobjekt (also der Gegenstand der Steuer) zugleich auch die Berechnungsgrundlage. Direkte Steuern sind vor allem die Einkommensund Vermögenssteuern der natürlichen Personen sowie die Gewinn- und Kapitalsteuern der juristischen Personen auf Bundes- und Kantonsebene. Solche Steuern nehmen in der Regel Rücksicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen und sind oft progressiv ausgestaltet. Dies bedeutet am Beispiel von Einkommenssteuern, dass der prozentuale Steuersatz mit zunehmendem Einkommen ansteigt. ■ Bei indirekten Steuern sind Steuerobjekt und Berechnungsgrundlage verschieden. So ist beispielsweise für die Mehrwertsteuer (MWST) der Verkauf eines Smartphones das Steuerobjekt; die Berechnungsgrundlage ist der im Inland erwirtschaftete Umsatz aus Lieferungen und Dienstleistungen. Indirekte Steuern werden unabhängig von der wirtschaftlichen Situation der steuerpflichtigen Person eingefordert. Die wichtigste indirekte Steuer ist die Mehrwertsteuer, die dem Bund etwa einen Drittel seiner Steuereinnahmen einbringt. Der Anteil der indirekten Steuern (Verbrauchssteuern) an den gesamten Steuereinnahmen von Bund, Kanton und Gemeinden liegt knapp unter 30 %. Die Schweiz weist damit im Vergleich zu andern Industriestaaten einen relativ hohen Anteil an direkten Steuern (EinkomÜbung 2 mens- und Vermögenssteuern) auf.

Statt die Nachfrage über steigende oder sinkende Staatsaufträge direkt zu stimulieren, kann der Staat über die Steuerpolitik auch indirekt eingreifen. Durch die Senkung der direkten Steuern kann er dafür sorgen, dass den Konsumentinnen und Konsumenten mehr Einkommen zur freien Verwendung bleibt. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass diese zusätzlichen Mittel mindestens teilweise den Konsum ankurbeln. Der Staat kann auch indirekte Steuern oder Gebühren senken, um damit z. B. bestimmte Wirtschaftsbereiche zu unterstützen. So wird in der Schweiz immer wieder darüber diskutiert, ob für bestimmte Branchen niedrigere Mehrwertsteuersätze gelten sollten, um die dort hergestellten Produkte günstiger anbieten zu können. Das gilt im Moment nur für den Bereich der Hotellerie. Auch damit könnte allenfalls der private Konsum stimuliert werden. Weil dieser aber nur zum Teil vom verfügbaren Einkommen oder von den Güterpreisen abhängt und daneben noch andere, vor allem auch psychologische Einflüsse berücksichtigt werden müssten, bleibt die Wirkung von Steuersenkungen ungewiss.


Setzt der Staat in einer Abschwungphase oder in einer Rezession eine expansive und in einem Boom eine restriktive Fiskalpolitik ein, so handelt er gewissermassen gegen den Konjunkturzyklus, und wir bezeichnen eine solche Politik entsprechend als antizyklische Fiskalpolitik. ■ Auswirkungen einer antizyklischen Fiskalpolitik Wachstum BIPreal

Restriktive Fiskalpolitik im Boom

Boom

Geglättete Konjunkturentwicklung mit antizyklischer Fiskalpolitik

Wachstumspfad der Wirtschaft

Rezession

Zeit

Expansive Fiskalpolitik in der Rezession

Konjunkturentwicklung (ohne «korrigierende» Einflüsse)

Aufgabe 1 Übung 3

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34.3 Ziele der Geldpolitik

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gleichung 1 wissen wir nämlich, dass die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes multipliziert mit der Geldmenge immer der Gütermenge multipliziert mit dem Preisniveau entspricht.

Die Geldpolitik ist Sache der Zentralbanken, in der Schweiz ist dies die Schweizerische Nationalbank (SNB). Die SNB hat als unabhängige Institution den Auftrag, eine Geldpolitik im Gesamtinteresse des Landes zu führen. Sie muss dabei in erster Linie das Ziel der Preisstabilität verfolgen. Dabei darf sie jedoch die konjunkturelle Entwicklung des Landes nicht völlig ausser Acht lassen. Diese kann sie vor allem über ihre Zins- und Währungspolitik beeinflussen. Wechselkurse und Zinsen beeinflussen die Nachfrageseite der Wirtschaft über die Investitionsnachfrage (Zins) und die Exportnachfrage ( Wechselkurs). Daraus ergibt sich der klassische Zielkonflikt, in dem sich jede Zentralbank befindet: Wie muss die Geldpolitik ausgestaltet werden, damit Preisstabilität herrscht und sich Zinsen und Wechselkurse so entwickeln, dass die konjunkturelle Entwicklung positiv beeinflusst wird? ■ Wirkungsbereiche der Konjunkturpolitik Konjunkturpolitik

Fiskalpolitik

Geldpolitik

Haushaltspolitik

Steuerpolitik

Währungspolitik

Zinspolitik

Konsum und Investitionen des Staates

Privater Konsum

Exportnachfrage

Investitionen der Unternehmungen

■ Geldpolitik und Preise (Ziel « Preisstabilität») In einer wachsenden Wirtschaft nehmen sowohl der Geldstrom (= Nachfrage) als auch die Gütermenge (= Angebot) zu. Ist der Zuwachs des Geldstroms jedoch grösser als jener der Gütermenge, steigt das Preisniveau. Wir sprechen dann von Inflation oder Kaufkraftverlust, weil man mit einem gleichbleibenden Einkommen weniger kaufen kann. Ist der Zuwachs des Geldstroms jedoch geringer als jener der Gütermenge, entsteht Deflation. Deflation hat verheerende Folgen für die Wirtschaft, weil der Güterkreislauf weitgehend zum Erliegen kommt und daraus Massenarbeitslosigkeit und Armut entstehen. Die gravierenden Folgen von Inflation und Deflation führen dazu, dass Preisstabilität das wichtigste Ziel jeder Geldpolitik darstellt. Damit sie gewährleistet ist, muss die SNB genaue Prognosen über die Entwicklung des Güterstroms sowie über die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes erstellen. Nur so wird es ihr gelingen, die Geldmenge so zu steuern, dass die Preise stabil bleiben. Aus der Quantitäts-

■ Zusammenhänge der Quantitätsgleichung Güterstrom (Angebot) Gütermenge (= BIP real) × Preisniveau

= =

Geldstrom (Nachfrage) Geldmenge × Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes

■ Geldpolitik und Zinsen (Ziel «Investitionsnachfrage») Weil man den Zins auch als «Preis für Geld» anschauen kann, besteht ein enger Zusammenhang zwischen Geldmenge und Zins. Ist ein Gut in grosser Menge vorhanden, so sinkt der Preis dafür. Angewendet auf die Geldmenge heisst dies, dass bei einer Ausweitung der Geldmenge der Preis bzw. Zinssatz sinkt. Tiefe Zinsen wirken sich positiv auf die Investitionen aus (weil Kredite günstig sind) und führen deshalb zu einer Ankurbelung der Wirtschaft. Bei einer Verknappung der Geldmenge wird Geld hingegen teurer, d. h., der Zinssatz steigt. Hohe Zinsen verursachen einen Rückgang der Kreditnachfrage und der damit finanzierten Investitionen, was zu einem Konjunkturrückgang und steigender Arbeitslosigkeit führt. In den letzten Jahren herrschte eine historisch lange Phase tiefer Zinsen. Die privaten Haushalte spürten das z. B. daran, dass mit klassischen Sparguthaben kaum mehr ein Zinsertrag erzielt werden konnte. Unternehmungen mussten für ihre Kredite ebenfalls weniger Zins bezahlen, als es sonst üblich war. Mit dieser Tiefzinspolitik sollten einerseits der private Konsum und andererseits die Nachfrage nach Investitionsgütern angeregt werden. Beide Ziele wurden allerdings nur teilweise erreicht, weil private Haushalte in Krisenzeiten aus Vorsicht auch dann sparen, wenn sie keinen Zins erhalten, und Unternehmungen trotz günstiger Kredite nur dann investieren, wenn sie überzeugt sind, mit ihren Investitionen auch tatsächlich einen Gewinn erzielen zu können. Tiefe Zinsen haben zudem den Nachteil, dass sie die Zentralbanken der Möglichkeit berauben, durch weitere Zinssenkungen positiv auf die konjunkturelle Entwicklung einzuwirken.

1

Die Quantitätsgleichung sowie Ursachen und Folgen von Inflation und Deflation sind im Band 2, Kapitel 30, « Preisstabilität», behandelt.


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Fiskal- und Geldpolitik

Der Wechselkurs ist definiert als Preis der einheimischen Währung für eine, bei einigen Währungen für hundert, ausländische Währungseinheiten. Dieser Preis bildet sich grundsätzlich aufgrund von Angebot und Nachfrage auf den Devisenmärkten. Allerdings können die Nationalbanken mit geldpolitischen Massnahmen diese Märkte beeinflussen. Die SNB steuert durch den An- und Verkauf von Devisen den Wechselkurs. ■ In einer Rezession kann die SNB beispielsweise versuchen, die inländische Wirtschaft dadurch zu unterstützen, dass sie den Kurs des Schweizer Frankens im Vergleich zu ausländischen Währungen schwächt, den Franken abwertet. Sie kann dies z. B. mit dem Kauf ausländischer Staatsanleihen (lautend auf Euro, Dollar oder andere Währungen) gegen Schweizer Franken tun. Ein sinkender Frankenkurs bedeutet eine «Aufwertung» der ausländischen Währungen. Dadurch bekommen die Ausländer mehr Franken für z. B. einen Dollar, d. h., die Preise für Schweizer Güter im Ausland werden günstiger, wodurch die Nachfrage in der Exportwirtschaft ansteigen wird. Gleichzeitig gehen die Importe zurück, weil ausländische Güter für die Konsumenten im Inland teurer werden. Dies hat einen positiven Einfluss auf die Binnennachfrage (= Nachfrage der privaten Haushalte nach inländischen Gütern). In der Folge dürfte auch die Beschäftigung (zuerst) in den Unternehmungen der Exportbranchen (z. B. Chemie, Uhren, Tourismus) ansteigen. Später werden jene Branchen nachziehen, die ihre Güter hauptsächlich im Inland anbieten. ■ Gerade umgekehrt wirkt sich dagegen eine Aufwertung des Frankens aus. Nun werden die Exporte tendenziell zurückgehen (weil die Ausländer für schweizerische Güter mehr bezahlen müssen), die Auftragslage und die Beschäftigung in den Exportbranchen schwächen sich ab, die Gesamtnachfrage wird gedämpft. Deshalb ist auch die Abwertung einer Währung keine Einbahnstrasse, denn wenn inländische Güter aufgrund eines tiefen Wechselkurses vermehrt aus dem Ausland nachgefragt werden, nimmt automatisch die Nachfrage nach der inländischen Währung zu (die ausländischen Kunden brauchen diese, um inländische Güter kaufen zu können.) Damit bewirken sie aber allmählich eine Aufwertung der inländischen Währung. Seit rund vierzig Jahren werden Wechselkurse nicht mehr von den Zentralbanken festgesetzt, sondern bilden sich frei auf dem Devisenmarkt. Damit sollen Störungen in der Zahlungsbilanz eines Landes vermieden werden. Weil Devisenkurse sich aber nicht ausschliesslich auf der Basis von grenzüberschreitenden Güterströmen bilden, sondern auch anderen Einflüssen unterliegen, kann es dennoch zu Kursänderungen kommen, die ein direktes Eingreifen der Zentralbank erforderlich machen. Eine solche Situation trat 2012 infolge der Eurokrise für die Schweiz ein. Weil viele Anleger befürchteten, ihre Euroanlagen zu verlieren, verkauften sie diese und legten ihr Vermögen – trotz der tiefen Zinsen – stattdessen in der Schweiz an. In der Folge stieg der Wert des Schweizer Frankens im Vergleich zum Euro kurzfristig auf einen Wert von 1 zu 1; wenige Jahre vorher musste für einen Euro noch CHF 1.50 bezahlt werden.

Die SNB fürchtete für die Schweizer Wirtschaft gravierende Konsequenzen, weil Schweizer Exportgüter im europäischen Raum viel zu teuer und europäische Produkte für Schweizer Konsumenten viel zu günstig waren. Die SNB setzte deshalb die Untergrenze von CHF 1.20 pro Euro fest und setzte diese Ankündigung um, indem sie sich bereit erklärte, jede Höherbewertung augenblicklich mit Devisenkäufen in beliebiger Höhe zu bekämpfen. In der Folge lag der Eurokurs über mehrere Monate bei exakt CHF 1.20. Im Dezember 2014 hob die SNB diese Untergrenze überraschend wieder auf. Der Kurs sank in der Folge unter CHF 1.10. ■ Entwicklung des Eurokurses (Franken pro Euro) 2002 – 2016 1,8

1,6

1,4

1,2

Euro/CHF

1

0,8

0,6

0,4

0,2

0

2002-09 2003-01 2003-05 2003-09 2004-01 2004-05 2004-09 2005-01 2005-05 2005-09 2006-01 2006-05 2006-09 2007-01 2007-05 2007-09 2008-01 2008-05 2008-09 2009-01 2009-05 2009-09 2010-01 2010-05 2010-09 2011-01 2011-05 2011-09 2012-01 2012-05 2012-09 2013-01 2013-05 2013-09 2014-01 2014-05 2014-09 2015-01 2015-05 2015-09 2016-01 2016-05 2016-09

■ Geldpolitik und Wechselkurse (Ziel «Auslandnachfrage»)

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Quelle: SNB

■ Wechselwirkungen der Geldpolitik

Preisstabilität

Die SNB beeinflusst mit ihrer Geldpolitik die Preisstabilität, das Zinsniveau und den Wechselkurs. Wenn die SNB z. B. in einer Rezession das Zinsniveau senken möchte, um damit der Wirtschaft zusätzlich Impulse zu verleihen, wird sie dies indirekt tun und die Geldmenge erhöhen. Wir erinnern uns, Zinsniveau Wechselkurs dass bei einer Ausweitung der Geldmenge der Zinsfuss sinkt. Dadurch werden Geldanlagen in der Schweiz weniger attraktiv, die Nachfrage nach Franken sinkt, und damit sinkt auch der Frankenkurs (und entsprechend steigt z. B. der Eurokurs). Ein sinkender Frankenkurs verbessert die Absatzchancen der Exportindustrie, was in einer Rezession durchaus erwünscht ist.


Ziel der SNB: Zinssenkung Massnahme: Erhöhung der Geldmenge Bisheriger Kurs für 1 EUR = CHF 1.00

Abwertung des CHF

Neuer Kurs für 1 EUR = CHF 1.20

= steigender Eurokurs

Mit der Ausdehnung der Geldmenge gefährdet die SNB allerdings das Ziel der Preisstabilität, weil auch die Importe tendenziell abnehmen und die Menschen stattdessen inländische Produkte kaufen. Die erhöhte Binnennachfrage und die gestiegene Nachfrage aus dem Ausland verstärken die Gefahr einer Inflation, sofern das Güterangebot nicht in gleichem Umfang zunimmt. Eine Zunahme der Geldmenge kann somit durchaus einen Aufschwung einleiten, der aber möglicherweise bald durch deutliche Preissteigerungen (Inflation) zunichte gemacht wird. Die Verantwortlichen der SNB müssen deshalb bei ihren geldpolitischen Massnahmen Übung 4 stets die gesamte konjunkturpolitische Situation im Auge behalten.

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34.4 Die Schweizerische Nationalbank und das Geld ■ Was ist überhaupt Geld? Auf allen Märkten werden Waren gegen Geld abgegeben. Geld ist das übliche Tauschmittel für Käufer und Verkäufer. Aber was ist « Geld» überhaupt? Geld ist alles, was als Tauschmittel akzeptiert wird. Waren es ursprünglich spezielle Gegenstände, deren Gebrauchswert allgemein anerkannt wurde, wie z. B. Vieh, Schmuck oder sogar Sklaven, wurden seit dem 7. Jahrhundert vor Christus zunehmend Metallmünzen als Tauschmittel verwendet. Im 11. Jahrhundert nach Christus wurden von der chinesischen Regierung die ersten gedruckten Quittungen als Geld ausgegeben – eine frühe Form unserer Banknoten. Heute wird neben Münzen und Noten immer häufiger sogenanntes Buchgeld verwendet: Der geschuldete Betrag wird nicht mehr bar bezahlt, sondern nur noch vom Konto des Käufers auf das Konto des Verkäufers umgebucht. Das Geld steht also nur noch in den Büchern und ist weder in Münzen- noch in Notenform vorhanden. Handelt es sich bei diesem Buchgeld um Guthaben der Banken bei der Nationalbank, sprechen wir von Giroguthaben. Damit ein Gut – sei dies ein Gut mit einem Stoffwert, wie z. B. eine Goldmünze, oder Buchgeld, das in physischer Form gar nicht vorhanden ist – seine Funktion als Geld erfüllen kann, muss es drei Eigenschaften aufweisen: ■ Es muss als Tausch- oder Zahlungsmittel gebraucht werden können. Geld benötigen wir, um unsere Verpflichtungen aus Kauf-, Miet- oder Arbeitsverträgen erfüllen zu können. ■ Geld als Wertaufbewahrungsmittel: Geld benötigen wir, um zu sparen. Wenn wir beispielsweise einen Teil unseres Lohnes auf ein Konto einzahlen, um uns in Zukunft etwas anschaffen zu können, sollten unsere Ersparnisse nicht an Wert verlieren. ■ Geld wird schliesslich auch als Wertmassstab oder Recheneinheit gebraucht. Güter des täglichen Konsums sind in Geldeinheiten (Franken) angeschrieben, der Wert unserer Erwerbsarbeit wird in Franken ausgedrückt, ebenso der Wert einer Miet- oder Eigentumswohnung.

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■ Geldmengenbegriffe Wenn die SNB die Geldversorgung der Volkswirtschaft steuern soll, so muss sie auch die gesamte Menge an Zahlungsmitteln eines Landes kennen. Die sogenannte Geldmenge M1 umfasst den Bargeldumlauf in Form von Noten und Münzen sowie das Buchgeld, d. h. jenes Geld, das zwar auf Bank- und Postkonten liegt, jedoch den privaten Haushalten in der Schweiz jederzeit für Zahlungen zur Verfügung steht. Insgesamt belief sich die Geldmenge M1 für 2016 auf rund CHF 586 Mrd., wobei das Bargeld nur rund CHF 76 Mrd. ausmachte. Aus diesen Zahlen wird die überragende Bedeutung des Buchgeldes ersichtlich. Immer wenn jemand mit einer Maestro- oder Postcard bezahlt, greift er auf dieses Buchgeld zurück. Mittel- und langfristig verfügen die Haushalte auch noch über jene Mittel, die sie auf Sparkonten und in Anlageformen mit festen Rückzahlungsterminen (sogenannte Terminkonten) angelegt haben. Die SNB ermittelt deshalb auch die Geldmengen M2 (M1 plus Sparkonten) und M3 (M2 plus Terminkonten). ■ Geldmengen der Schweiz 2016 985 Mrd.

Termineinlagen 51 Mrd. Spareinlagen 348 Mrd. Notenumlauf + Sichtguthaben der Banken bei der SNB 509 Mrd.

Buchgeld 510 Mrd. Sichteinlagen bei Banken und Post

934 Mrd.

586 Mrd.

Die drei Funktionen des Geldes Bargeldumlauf 76 Mrd. Noten und Münzen M0 Zahlungsmittel

Wertaufbewahrungsmittel

M1

M2

M3

Wertmassstab Quelle: SNB

… mit Geld zahlen wir

… mit Geld sparen wir

… mit Geld rechnen wir

Die SNB kann diese Geldmengen jedoch nicht direkt beeinflussen, denn sie hängen in erster Linie von den Geschäftsbanken und dem Verhalten der privaten Haushalte ab. Nur die sogenannte Notenbankgeldmenge M0 kann von der SNB direkt beeinflusst werden. Zu ihr zäh-


len der Notenumlauf und die Sichtguthaben der Geschäftsbanken bei der Nationalbank; sie betrug im Jahr 2016 rund CHF 509 Mrd. und war damit rund zehnmal grösser als fünf Jahre zuvor. Ursache für diese massive Zunahme innerhalb kurzer Zeit waren die Interventionen der SNB zur Stabilisierung des Euro-Franken-Kurses. Diese Interventionen waren nur möglich, indem die SNB den Geschäftsbanken Euro abkaufte und den entsprechenden Gegenwert auf den Sichtguthaben der Banken bei der SNB gutschrieb. Zwischen der Notenbankgeldmenge und den übrigen Geldmengen (M1, M2 und M3) besteht kein direkter Zusammenhang, weil auch die Geschäftsbanken Geld entstehen lassen können. Deshalb sind die Interventionen an diesen Grössen nicht erkennbar. ■ Entwicklung der Geldmengen der Schweiz 2002 – 2016 in Mrd. CHF 1200

1000

M3 M2

800

600

M1 M0

400

200

2002-08 2002-12 2003-04 2003-08 2003-12 2004-04 2004-08 2004-12 2005-04 2005-08 2005-12 2006-04 2006-08 2006-12 2007-04 2007-08 2007-12 2008-04 2008-08 2008-12 2009-04 2009-08 2009-12 2010-04 2010-08 2010-12 2011-04 2011-08 2011-12 2012-04 2012-08 2012-12 2013-04 2013-08 2013-12 2014-04 2014-08 2014-12 2015-04 2015-08 2015-12 2016-04 2016-08

0

Quelle: SNB

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Fiskal- und Geldpolitik

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■ Die Geldschöpfung durch Geschäftsbanken

■ Das geldpolitische Konzept der SNB

Die Kredit- oder Buchgeldschöpfung durch das Bankensystem funktioniert wie folgt: Die Kundin A bringt CHF 30 000 zur Geschäftsbank X und legt diese Summe auf einem Sichtkonto an, einem Konto, auf welchem sie jederzeit («auf Sicht») wieder über das Geld verfügen kann. Die Bank wird jedoch nicht den gesamten Betrag dieser Sichteinlage verfügbar halten, sondern mit dem Geld weiterarbeiten. Sie behält beispielsweise eine Reserve von CHF 6 000 (20 %) und leiht CHF 24 000 an den Kunden B weiter. Dieser Kredit B fliesst in den Wirtschaftskreislauf und stellt daher neu geschöpftes Geld dar. Das Sichtguthaben wird davon nicht berührt; es steht A weiterhin jederzeit für Zahlungen zur Verfügung.

Auch wenn die Interventionen der SNB in den letzten Jahren manchmal den Eindruck erweckten, die Nationalbank orientiere sich in der Geldpolitik an einem Wechselkursziel, so bleibt das primäre Ziel der SNB-Geldpolitik die Preisstabilität. Der Mindestkurs von CHF 1.20 pro Euro war vielmehr eine Folge des SNB-Auftrags, bei ihrer Geldpolitik neben der Preisstabilität auch die konjunkturelle Entwicklung der Schweizer Wirtschaft im Auge zu behalten. Das geldpolitische Konzept beschreibt, wie die Nationalbank ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen beabsichtigt. Es besteht aus den folgenden drei Elementen: ■ Inflationsziel: Die SNB gibt alle drei Monate bekannt, wie sie das Ziel der Preisstabilität im aktuellen konjunkturpolitischen Umfeld beurteilt. Im Jahr 2013 erachtete sie dieses Ziel als erreicht, weil der Landesindex der Konsumentenpreise eine Preissteigerung von weniger als 2 % aufwies und eine Deflation vermieden werden konnte. ■ Inflationsprognose: Entscheidend für die Ausgestaltung der Geldpolitik ist jedoch nicht der Ist-Zustand, sondern die künftige konjunkturelle Entwicklung. Die SNB erstellt deshalb ebenfalls vierteljährlich eine umfassende Konjunkturprognose, die auch eine Inflationsprognose für einen Zeitraum von drei Jahren umfasst. Weicht diese Prognose von den Vorstellungen zur Preisstabilität ab, wird die SNB entsprechende geldpolitische Gegenmassnahmen ergreifen. Je nachdem, ob sie eher Inflations- oder Deflationstendenzen sieht, strebt sie tendenziell eine Ausweitung oder eine Einschränkung der Geldmenge an und formuliert diese Zielsetzung in einer Strategie.

Bilanz der Geschäftsbank X Kasse Kredit an B

6 000 24 000

Sichtguthaben von A

30 000 30 000

30 000

Geldmenge nach Kredit an B: Sichtguthaben von A plus Kredit an B = CHF 54 000 000. B verwendet den Betrag für eine Anschaffung, z. B. für ein Fahrzeug. C, der Verkäufer des Fahrzeugs, bringt den Betrag seinerseits zur Bank Y. Wenn diese wiederum 20 % als Reserve zurückbehält, kann sie ihrerseits der Kundin D einen Kredit im Umfang von CHF 19 200 gewähren. A und C verfügen nun weiterhin über ihre Sichtguthaben von gesamthaft CHF 54 000. Zusätzlich hat die Bank Y durch die Kreditvergabe an D dafür gesorgt, dass weitere CHF 19 200 in den Wirtschaftskreislauf fliessen.

■ Inflationsprognose der SNB September 2016 Veränderung des Landesindexes der Konsumentenpreise gegenüber Vorjahr in Prozent 1.5

Bilanz der Geschäftsbank Y Kasse Kredit an D

4 800 19 200 24 000

Sichtguthaben von C

Prozent

1

24 000

0.5 0

24 000

– 0.5 –1

Geldmenge nach Kredit an D: Sichtguthaben von A und C plus Kredit an D 200. = CHF 30 000 + CHF 24 000 + CHF 19 200 = CHF 73 200

– 1.5 2012 Inflation

Die beschriebenen Vorgänge haben die ursprüngliche Geldmenge von CHF 30 000 durch den Kreditschöpfungsprozess auf CHF 73 200 ansteigen lassen. Solche Vorgänge können sich theoretisch so lange wiederholen, bis alle beteiligten Banken zusammen eine Reserve von CHF 30 000 halten. Verwenden alle Banken den gleichen Reservesatz von 20 %, könnte sich in diesem Beispiel die Geldmenge bis auf maximal CHF 150 000 erhöhen.

2013 Prognose Vorquartal

2014

2015

2016

2017

2018

Prognose aktuelles Quartal

Quelle: SNB


■ Zinszielband für den Dreimonats-Libor (in Schweizer Franken): Als wichtigste Grösse zur Umsetzung der formulierten Strategie dient der SNB der sogenannte DreimonatsLibor. Der Libor (= «London Interbank Offered Rate») ist der Zinssatz, zu dem sich grosse Geschäftsbanken in London gegenseitig Schweizer Franken ausleihen – in diesem Fall mit einer Laufzeit von drei Monaten. Obwohl die SNB an diesem Geschäft nicht direkt mitwirken kann (sie ist ja keine Geschäftsbank), publiziert sie ihre Erwartungen in Bezug auf die Entwicklung des Libor in Form eines sogenannten Zielbandes. Dieses Zielband zeigt die obere und untere Grenze jenes Bereichs, in dem sich der Libor in nächster Zeit bewegen soll. Wenn dieser Zielbereich durch die SNB angehoben wird, tut sie damit kund, dass sie beabsichtigt, den Geschäftsbanken künftig weniger Geld zur Verfügung zu stellen. Diese wären zur Kreditfinanzierung deshalb auf andere Geschäftsbanken angewiesen, was den Libor-Zins so weit in die Höhe treibt, bis er sich im Zielband befindet. Hält sie das Zielband nahe bei null, wie im Jahr 2013, signalisiert sie damit die Bereitschaft, den Geschäftsbanken beliebig viel Geld für Kreditvergaben zur Verfügung zu stellen, sodass diese nicht auf Libor-Kredite anderer Geschäftsbanken angewiesen sind. Das erste Aufgabe 2 Szenario bezeichnet man auch als restriktive Geldpolitik, wogegen die Ausweitung der Übung 5 Geldmenge als expansive Geldpolitik bezeichnet wird.

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33 Fiskal- und Geldpolitik

34.5 Die Instrumente der Geldpolitik Die Nationalbank kann den Geldumlauf des Landes nicht nur dadurch regeln, dass sie Noten und Münzen in Umlauf bringt. Sie kann vielmehr auch Geld «schöpfen», indem sie den Geschäftsbanken Kredite gewährt. Dies ermöglicht den Geschäftsbanken, mehr Kredite an Private zu vergeben. Wird das Geld von diesen schliesslich ausgegeben, sei es für Konsum oder für Investitionen, erhöht sich der Geldumlauf. In den letzten Jahren setzte die SNB vor allem das Repo-Geschäft (= «Repurchase Agreement») ein, um dem Wirtschaftskreislauf Geld zuzuführen oder wieder zu entziehen. ■ Das Repo-Geschäft Beim Repo-Geschäft kauft die SNB von einer Geschäftsbank Wertpapiere und gewährt ihr dafür eine Gutschrift auf ihrem Konto. Gleichzeitig wird vereinbart, dass die SNB die Wertpapiere später (üblich sind ein Tag bis wenige Monate) der Geschäftsbank wieder verkauft. Während der Dauer des Repo (Kurzbegriff für Rückkaufvereinbarung) muss die Geschäftsbank der SNB einen Zins, den Repo-Zins, bezahlen. Ein Repo entspricht damit wirtschaftlich weitgehend einem durch Wertpapiere gesicherten Kredit: Die Geschäftsbank erhält Franken und erhöht damit ihre Liquidität, die SNB erhält als Sicherheit Wertpapiere. Der Unterschied zu einem gesicherten Kredit besteht in der Eigentumsübertragung der Wertpapiere und der Koppelung von Kauf und Verkauf der entsprechenden Wertpapiere. Während der Dauer des Repo erhöht sich bei den Geschäftsbanken die Menge an Franken ( Geldmenge M0); nach Ablauf des Geschäftes sinkt sie wieder, falls die Bank den Repo nicht erneuert.

Geschäftsbank Geld

■ SNB-Bills In den letzten Jahren setzte die SNB mehrere weitere Instrumente ein, um die bereits erwähnte massive Aufwertung des Schweizer Frankens zu bekämpfen. Zum einen kaufte sie mehrere hundert Milliarden Euro (vor allem in Form von ausländischen Staatsanleihen) bei Geschäftsbanken. Weil mit diesem Instrument von Devisenkäufen die Liquidität bei Geschäftsbanken massiv zunahm und dadurch die Inflationsgefahr deutlich anstieg, schöpfte sie diese Liquidität durch sogenannte SNB-Bills ab. Damit sind Schuldverschreibungen gemeint, die von der SNB selbst ausgegeben werden dürfen und dazu führen, dass die Geschäftsbanken ihre riesigen Guthaben an Schweizer Franken wieder bei der SNB deponieren. Der Anreiz für die Geschäftsbanken besteht darin, ihr Geld sehr sicher anzulegen. ■ Situation nach dem Kauf der Euro durch die SNB Bilanz der SNB Euro

1 000

Girokonten der Geschäftsbanken (= Schulden)

Bilanz der Geschäftsbank 1 000

Sichtguthaben bei der SNB

1 000

stehen für Kredite zur Verfügung

Unternehmungen Kredite Unternehmung A

■ Situation nach dem Verkauf von SNB-Bills an die Geschäftsbanken

Wertpapiere Bilanz der SNB Unternehmung B

später Wertpapiere Unternehmung C

Geld + Zins

Euro

1 000

Girokonten der Geschäftsbanken SNB-Bills

Bilanz der Geschäftsbank 200

800

Sichtguthaben bei der SNB SNB-Bills

200

800

Einlagen sind gebunden und können für die Kreditvergabe nicht genutzt werden

Beeinflusst M0

Beeinflusst M1, M2 und M3

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Will die Nationalbank folglich die Geldmenge stabil halten oder gar reduzieren, weil sie eine Inflation befürchtet, muss sie den Zinssatz für Repo-Geschäfte anheben. Zu diesem höheren Zinssatz werden die Geschäftsbanken weniger Kredite bei der SNB nachfragen. Die Erwartung wäre nun, dass in der Folge auch die Kreditvergabe der Geschäftsbanken an Unternehmungen und private Haushalte zurückgeht und somit die Geldmenge stagniert oder sogar leicht schrumpft.

■ Repo-Geschäft und Kreditvergabe der Geschäftsbanken SNB

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Fiskal- und Geldpolitik

■ Devisenswap Ein weiteres Instrument, das von der SNB eingesetzt wurde, ist der Devisenswap. Dabei verkauft z. B. eine Geschäftsbank der SNB fremde Währungen (= Devisen) und vereinbart gleichzeitig den Rückkauf dieser Devisen zu einem späteren Termin. Wenn die SNB Devisen kauft, bezahlt sie in Schweizer Franken und führt damit dem Kreislauf Geld zu. Im umgekehrten Fall entzieht sie dem Kreislauf wieder Geld. Gleichzeitig beeinflusst sie den Wechselkurs des Schweizer Frankens gegenüber der entsprechenden Währung. Ein Devisenswap entspricht deshalb in etwa einem Repo-Geschäft; allerdings werden statt Wertpapiere Devisen gekauft oder verkauft. Je nach Marktbedingungen muss zusätzlich eine Prämie bezahlt werden.

■ Schematische Darstellung der SNB-Bilanz (2016) Bilanz der SNB (vereinfacht) in Mia. CHF Gold

Devisenanlagen (z.B. in Staatsanleihen in EUR, USD usw.)

43

657

Notenumlauf

Girokonten von inländischen Geschäftsbanken

72

437

Die Gegenmassnahmen der SNB zum immer stärker werdenden Franken führten zu einer massiven Zunahme der Aktiven der Schweizerischen Nationalbank. Von der Bilanzsumme von rund einer halben Billion (770 Milliarden) Schweizer Franken sind rund neun Zehntel in Form fremder Währungen angelegt, der grösste Teil des restlichen Zehntels entfällt auf den Goldbestand. Diesem Vermögen (Aktiven) stehen Verbindlichkeiten (Passiven) im selben Umfang gegenüber, die zum grössten Teil aus Sichtguthaben von Schweizer Geschäftsbanken bei der SNB bestehen. Die riesigen Devisenbestände könnten sich in einigen Jahren sowohl als Fluch als auch als Segen herausstellen: Sollte der Eurokurs künftig wieder steigen, könnten die dann möglichen Devisenverkäufe zu hohen Buchgewinnen der SNB führen. Gleichzeitig müssten alle Aktionen zum Abbau der hohen Devisenbestände wohlüberlegt sein, damit sie nicht unerwünschte Auswirkungen auf Zinsen und Preisstabilität haben. Denn bei jedem Devisenverkauf werden fremde Währungen gegen Schweizer Franken getauscht, d. h., die Geldmenge verkleinert sich und müsste wohl mit anderen Mitteln wieder angehoben werden. Sollte der Schweizer Übung 6 Franken jedoch plötzlich stark an Wert gewinnen, wären die konjunkturpolitischen Folgen Übung 7 ebenfalls unabsehbar.

Rest

11 711

übrige Sichteinlagen

79

Restreserven

34

Rückstellungen und Eigenkapital

89 711

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Fiskal- und Geldpolitik

■ Probleme der Fiskalpolitik – die Schuldenbremse Sowohl die Erhöhung der Staatsausgaben als auch die Senkung von Steuern werden als expansive Fiskalpolitik bezeichnet. Beide führen zumindest kurzfristig zu Defiziten im Staatshaushalt und müssen in der anschliessenden Boomphase durch eine restriktive Finanzpolitik (Senkung der Ausgaben und Erhöhung der Steuern) wieder kompensiert werden. Darin besteht auch eines der Hauptprobleme der Fiskalpolitik: Aus politischen Gründen ist es wesentlich einfacher, eine expansive Fiskalpolitik zu beschliessen, als anschliessend eine restriktive Fiskalpolitik konsequent umzusetzen. Steuererhöhungen und Ausgabensenkungen sind unpopulär und können die Wiederwahl jener Politikerinnen und Politiker gefährden, die sie durchsetzen. Um zu verhindern, dass Politikerinnen und Politiker aus wahltaktischen Gründen auf die konsequente Durchsetzung einer antizyklischen Fiskalpolitik verzichten, hat man in der Schweiz einen entsprechenden Mechanismus, die Schuldenbremse, in der Verfassung verankert. Die Schuldenbremse zwingt die Politikerinnen und Politiker dazu, den Staatshaushalt im Verlauf eines ganzen Konjunkturzyklus wieder auszugleichen. In der Praxis funktioniert das so, dass das Parlament zur Verhinderung einer Rezession zwar Defizite im Staatshaushalt zulassen darf, während der (hoffentlich) darauf folgenden Boomphase jedoch Überschüsse erzielen muss, um diese Defizite wieder auszugleichen. Weil das BIP entlang des langfristigen Wachstumspfades zunimmt und die Schulden so in absoluter Höhe stabil bleiben, resultiert daraus ein kontinuierlicher Rückgang der Verschuldungsquote (Staatsschulden in Prozent des BIP). Um zu verstehen, welche Bedeutung es hat, dass ein solcher Grundsatz in der Verfassung verankert ist, müssen wir uns Folgendes vor Augen führen: Die Bundesverfassung kann ausschliesslich vom Volk verändert werden und stellt zwingendes Recht dar. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier können sich also nicht einfach per Mehrheitsbeschluss über die entsprechende Bestimmung hinwegsetzen. ■ Geringere Probleme bei der Geldpolitik – unabhängige Zentralbanken Bei der Umsetzung einer expansiven resp. restriktiven Geldpolitik bestehen diese Probleme in Ansätzen zwar ebenfalls, weil auch die restriktive Geldpolitik auf grösseren Widerstand in der Bevölkerung stossen dürfte. Da die entsprechenden Entscheidungsträger, das Direktorium der SNB, nicht direkt vom Volk, sondern vom Bundesrat gewählt werden, sind sie unabhängiger von Wahlzyklen und können deshalb freier entscheiden.

■ Schematische Darstellung der Wirkungsweise der Schuldenbremse Einnahmen/Ausgaben des Bundes

Die Ein na hm

34.6 Probleme der Fiskal- und Geldpolitik

18

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Zeit

Konjunkturzyklus

Quelle: Eidgenössisches Finanzdepartement, EFV

■ Unsicherheit der Konjunkturpolitik – Timelags Ein Problem jeder Form von Konjunkturpolitik besteht in der Unsicherheit, ob eine Massnahme tatsächlich rechtzeitig positiv auf die konjunkturelle Entwicklung einwirkt. Unsicher ist dies in mehrfacher Hinsicht: Zum einen ist jede Konjunkturprognose unsicher. Es ist schwierig, den genauen Zeitpunkt und Umfang eines konjunkturellen Abschwungs vorauszusagen. Zum anderen ist aber auch schwer abschätzbar, wie lange es dauert, bis die Instrumente der Geld- und Fiskalpolitik wirken. Während einige Massnahmen möglicherweise sofort wirken, ist bei allen indirekt wirkenden Massnahmen eine zeitliche Voraussage schwierig. Bei den fiskalpolitischen Massnahmen kommt noch die Schwierigkeit hinzu, dass sie nur sehr bedingt von der Regierung sofort beschlossen werden können. In den meisten Fällen müssen sie im Parlament diskutiert und verabschiedet werden, was wiederum einige Zeit dauert. Für die verschiedenen Aspekte der zeitlichen Verzögerung wird üblicherweise der englische Begriff «time lag» verwendet.

Aufgabe 3 Aufgabe 4 Aufgabe 5 Übung 8


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33 Fiskal- und Geldpolitik

 Das haben Sie gelernt Die unterschiedlichen Ziele der Fiskal- und Geldpolitik als Grundlage der Konjunkturpolitik beschreiben Instrumente der Fiskalpolitik aufzählen Grundzüge der Haushaltspolitik beschreiben Den Begriff der Staatsquote definieren Die grössten Ausgabenpositionen des Bundes nennen Grundzüge der Steuerpolitik beschreiben Direkte und indirekte Steuern unterscheiden Die konjunkturpolitische Wirkung der Haushalts- und Steuerpolitik beschreiben Expansive und restriktive Fiskalpolitik unterscheiden Die Auswirkungen einer antizyklischen Fiskalpolitik begründen Unterschiedliche Formen von Geld nennen Die drei Funktionen des Geldes beschreiben Die Auswirkung der Geldpolitik auf die Preise darstellen Die Auswirkung der Geldpolitik auf die Zinsen beschreiben Die Auswirkung der Geldpolitik auf die Wechselkurse begründen Die Auswirkungen von Wechselkursschwankungen auf Exporte und Importe erklären Geldmengenbegriffe M1 und M0 definieren Die Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken beschreiben Die Geldschöpfung der Nationalbank erläutern Das Repo-Geschäft, die SNB-Bills sowie den Devisenswap als Mittel der Schweizerischen Nationalbank zur Steuerung des Geldumlaufs beschreiben Probleme der Geld- und Fiskalpolitik aufzählen Den Mechanismus der Schuldenbremse erklären

Offene Fragen

32 20


 Diese Begriffe können Sie erklären Konjunkturpolitik

Währungspolitik

Fiskalpolitik

Wechselkurs

Antizyklische Fiskalpolitik

Aufwertung der ausländischen Währung

Expansive Fiskalpolitik

Aufwertung des Frankens

Restriktive Fiskalpolitik

Geldpolitisches Konzept der SNB

Schuldenbremse

Dreimonats-Libor

Finanzpolitik

Instrumente der Geldpolitik

Haushaltspolitik

Repo-Geschäft

Staatsquote

SNB-Bills (Schuldverschreibung)

Steuerpolitik

Devisenswap

Steuern

Expansive Geldpolitik

Direkte Steuern

Restriktive Geldpolitik

Indirekte Steuern Kausalabgaben Geldpolitik Geld Münzen und Noten Buchgeld Giroguthaben Funktionen des Geld Geld als Zahlungsmittel (Tauschmittel) Geld als Wertaufbewahrungsmittel Geld als Wertmassstab (Recheneinheit) Geldmenge Notenbankgeldmenge M0 Geldmenge M1 Geldschöpfung Preisstabilität Zinspolitik

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Fiskal- und Geldpolitik

Übung 1 Ziele der Fiskalpolitik Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. a ) Bei der Gestaltung der Finanzpolitik stehen in erster Linie konjunkturpolitische Überlegungen im Mittelpunkt.

b ) Die Haushaltspolitik beschäftigt sich mit der Frage, wie die privaten Haushalte ihre Steuerrechnungen bezahlen können.

Übung 2 Haushalts- und Steuerpolitik Die folgenden Auswahlaufgaben enthalten immer zwei Aussagen, die miteinander verknüpft sind. Entscheiden Sie sich jeweils für eine der folgenden Antwortmöglichkeiten: A +weil+

B +/+

C +/–

D –/+

E –/–

Beide Aussagen richtig, Verknüpfung trifft zu

Beide Aussagen richtig, Verknüpfung trifft nicht zu

Erste Aussage richtig, zweite Aussage falsch

Erste Aussage falsch, zweite Aussage richtig

Beide Aussagen falsch

Begründen Sie falsche Verknüpfungen oder die falsche Teilaussage in wenigen Worten. c ) Die Steuerpolitik legt fest, welche Steuern der Staat nach welchen Grundsätzen erheben soll.

d) Bei der Fiskalpolitik geht es um die Beeinflussung der Angebotsseite der Wirtschaft.

e ) Die Fiskalpolitik zielt auf die Nachfragekomponenten «privater Konsum» sowie «Konsum und Investitionen des Staates».

f ) Bei der Gestaltung der Fiskalpolitik müssen die finanzpolitischen Rahmenbedingungen ebenfalls berücksichtigt werden.

g ) Die Mehrwertsteuer ist die wichtigste indirekte Steuer, weil sie dem Bund rund zwei Drittel seiner Steuereinnahmen einbringt.

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a) Direkte Steuern berücksichtigen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Steuerzahler, weil sie progressiv ausgestaltet sind.

b) Gebühren und Abgaben werden auch als Kausalabgaben bezeichnet, weil all diese Zahlungen ihre Ursache in konkreten Dienstleistungen haben.

c) Die Staatsquote der Schweiz ist in den letzten Jahren immer mehr zurückgegangen, weil der Staat auch immer weniger Leistungen zu erbringen hatte.

d) Indirekte Steuern nehmen keine Rücksicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Steuerzahlerin, weil indirekte Steuern nicht auf dem Einkommen oder Vermögen einer Steuerzahlerin basieren.

e) Im Vergleich zu anderen Industriestaaten weist die Schweiz einen hohen Anteil an direkten Steuern auf, weil in der Schweiz nicht nur der Bund, sondern auch die Kantone und Gemeinden Steuern erheben.


weder noch

restriktive Fiskalpolitik

Entscheiden Sie bei jeder Massnahme, ob sie Teil einer expansiven oder einer restriktiven Fiskalpolitik ist.

Übung 4 Ziele der Geldpolitik expansive Fiskalpolitik

Übung 3 Expansive und restriktive Fiskalpolitik

A

B

C

a ) Der Staat baut Strassen früher als geplant, um Arbeitsplätze im Baugewerbe zu sichern.

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. a) Wenn der Wert des Schweizer Frankens sinkt, verbessert dies die Marktchancen der Schweizer Exportindustrie.

b) Wenn der Geldstrom schneller wächst als das reale BIP, führt dies zu Deflation.

c ) Wenn die Schweizer Nationalbank einen Euro-Mindestkurs durchsetzt, will sie in erster Linie die Schweizer Konsumenten vor zu billigen Importen aus dem Ausland schützen.

b ) Der Kanton erhöht seine Steuersätze, weil die Steuereinnahmen durch den Wegzug guter Steuerzahler eingebrochen sind. c ) Der Staat erhöht die Mehrwertsteuer, um die Defizite in der Invalidenversicherung zu finanzieren. d) Hotels zahlen weniger Mehrwertsteuer als andere Unternehmungen, damit sie im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig bleiben.

d) Oberstes Ziel der Schweizer Nationalbank ist gemäss ihrem gesetzlichen Auftrag die Sicherung stabiler Wechselkurse.

e ) Nach einer überstandenen Rezession übt die Regierung bei Lohnerhöhungen der Verwaltungsangestellten Zurückhaltung, um budgetierte Haushaltsüberschüsse nicht zu gefährden.

e) In Krisenzeiten wirken sich tiefe Zinsen kaum positiv auf den privaten Konsum aus, weil die Konsumentinnen aus Vorsicht dennoch sparen.

f) Im Rahmen eines kantonalen Sparprogramms werden die Klassengrössen in der Volksschule erhöht. Damit spart man 120 Lehrerstellen ein. g ) Die Gemeinde schiebt die Sanierung einiger Strassen auf, weil die gute Auftragslage im Baugewerbe zu stark gestiegenen Preisen geführt hat.

f) Die Basis für eine erfolgreiche Geldpolitik sind genaue Voraussagen über die Entwicklung der realen Wirtschaft (BIP, Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes, usw.).

h ) Der Kanton gewährt Familien einen ausserordentlichen Steuerrabatt, um den privaten Konsum anzuregen. g) Bei der Ausgestaltung der Geldpolitik müssen die Wechselwirkungen zwischen Zinsniveau, Wechselkurs und BIP-Wachstum im Auge behalten werden.

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Fiskal- und Geldpolitik

Übung 5 Geldmengen und Geldschöpfung

a ) Kann von der SNB direkt beeinflusst werden b) Umfasst alle Spargelder in der Schweiz c ) Umfasst alle Guthaben, über die mit Zahlkarten (Maestro, Postcard) verfügt werden kann

Übung 6 Aussagen zur Geldpolitik der SNB beurteilen

weder noch

Geldmenge M1

Die folgenden Auswahlaufgaben enthalten immer zwei Aussagen, die miteinander verknüpft sind. Entscheiden Sie sich jeweils für eine der folgenden Antwortmöglichkeiten:

Notenbankgeldmenge

Entscheiden Sie bei jeder Aussage, ob sie auf die Notenbankgeldmenge, die Geldmenge M1 oder auf keine von beiden zutrifft.

A

B

C

A +weil+

B +/+

C +/–

D –/+

E –/–

Beide Aussagen richtig, Verknüpfung trifft zu

Beide Aussagen richtig, Verknüpfung trifft nicht zu

Erste Aussage richtig, zweite Aussage falsch

Erste Aussage falsch, zweite Aussage richtig

Beide Aussagen falsch

Begründen Sie falsche Verknüpfungen oder die falsche Teilaussage in wenigen Worten. a) In den Jahren 2010 bis 2016 herrschte Preisstabilität, weil der Eurowechselkurs nicht unter den Wert von CHF 1.20 / Euro fiel.

d) Umfasst alles im Umlauf befindliche Bargeld e) Wird durch die Geldschöpfung der Geschäftsbanken beeinflusst f) Verändert sich, wenn Aktien vom Schweizer Aktionär A an den Schweizer Aktionär B verkauft werden g) Verändert sich, wenn eine Überweisung von einem Kontokorrentkonto auf ein Sparkonto erfolgt h ) Verändert sich, wenn am Postschalter eine Einzahlung auf ein Bankkontokorrentkonto erfolgt

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b) Die SNB erstellt vierteljährlich eine umfassende Konjunkturprognose, weil für die Ausgestaltung der Geldpolitik die künftige konjunkturelle Entwicklung entscheidend ist.

c) Die SNB erhöht das Zielband für den Dreimonats-Libor, um einer drohenden Inflation vorzubeugen, weil sie damit die Geldschöpfung der Geschäftsbanken erleichtert.

i) Verändert sich, wenn die SNB einen Euromindestkurs zum CHF durchsetzt d) Eine restriktive Geldpolitik der SNB führt zu tieferen Zinsen, weil es für Geschäftsbanken schwieriger wird, die Mittel für ihre Kredite an Private zu beschaffen.

e) Preisstabilität ist das primäre Ziel der SNB-Geldpolitik, weil die SNB auch die konjunkturelle Entwicklung der Schweizer Wirtschaft im Auge behalten muss.


Übung 7 Begriffe zur Geldpolitik der SNB

Übung 8 Probleme der Fiskal- und Geldpolitik Ziffer des zutreffenden Begriffs

Ordnen Sie den Formulierungen a) bis h) den jeweils zutreffenden Fachbegriff aus der unten aufgeführten Liste zu.

Welche Aussagen sind richtig (R), welche falsch (F)? Setzen Sie das zutreffende Symbol in das Kästchen und korrigieren Sie die Fehler auf den leeren Linien. a) Ein wichtiges Problem aller Formen der Konjunkturpolitik besteht darin, dass die Massnahmen zu früh ergriffen werden.

R

b) Die Schuldenbremse zwingt die Politikerinnen und Politiker dazu, während einer Rezession die Steuern anzuheben, um ein Defizit zu verhindern.

a ) Eine Geschäftsbank verkauft der SNB fremde Währungen und vereinbart gleichzeitig den Rückkauf zu einem späteren Zeitpunkt. b) Die Gesamtheit aller Anlagen der SNB in fremden Währungen (z. B. in Form von Staatsanleihen, die auf Euro oder Dollar lauten).

c) Im Unterschied zur Geldpolitik unterliegt die Fiskalpolitik weniger der Einflussnahme von Politikern, die um ihre Wiederwahl fürchten.

c ) Schuldverschreibungen der SNB, mit der sie Liquidität abschöpft, um die Inflationsgefahr einzudämmen. d) Jener Zinssatz, den Banken einander zahlen müssen, wenn sie sich gegenseitig Kredite mit einer Laufzeit von drei Monaten gewähren.

d) Weil die SNB neben der Preisstabilität auch die konjunkturelle Entwicklung im Auge behalten muss, kann sie die Geldpolitik vorübergehend auch an einem bestimmten Wechselkurs oder Zins ausrichten.

e ) Aussage der SNB, ob sie aktuell die Preisstabilität als gewährleistet erachtet oder nicht. f) Die SNB kauft von einer Geschäftsbank Wertpapiere und vereinbart gleichzeitig ein Gegengeschäft in einigen Tagen oder Monaten. Für die Dauer des Geschäfts muss die Geschäftsbank Zins an die SNB bezahlen. g) Voraussage der SNB über die Preisstabilität im Verlauf der nächsten drei Jahre.

e) Die Schuldenbremse kommt nur zur Anwendung, wenn eine Mehrheit des Parlaments sich dafür ausspricht.

h ) Neben dem Notenumlauf zweites Element der Notenbankgeldmenge. f ) Die Anwendung der Schuldenbremse führt nicht zwingend zu einem Rückgang der Staatsverschuldung.

1 2 3 4

Repo-Geschäft SNB-Bill Devisenswap Sichtguthaben von inländischen Geschäftsbanken bei der SNB

5 6 7 8

g) Die Anwendung der Schuldenbremse führt bei wachsendem BIP zwingend zu einem Rückgang der Staatsquote.

Inflationsziel der SNB Inflationsprognose der SNB Dreimonats-Libor in CHF Devisenanlagen der SNB

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Fiskal- und Geldpolitik

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Aufgabe 1 Haushalts- und Steuerpolitik ■ Steuerbelastung der natürlichen Personen

60

160

40

140

20

120

0

100

– 20

80

– 40

60

– 60

40

– 80

20

– 100

0 2011

Aufwand-/Ertragsüberschuss

2012

2013 Geldzu-/-abfluss

2014

2015

2016

6000 Belastung in CHF

180

Geldfluss-Investitions-Verhältnis in %

Aufwand-/Ertragsüberschüsse bzw. Geldzu-/-abluss in Mio. CHF

7,26%

7,26%

7.00%

7000

80

2010

Verheiratet, 2 Kinder Bruttoeinkommen CHF 80‘000.–

7,56%

■ Eckwerte Erfolgs- und Geldflussrechnung

2009

8.00%

8000

6 046 5 804

6.00%

5 804 5,58%

5,58%

5,58%

4 466

4 466

4 466

5.00%

5000

4,02%

4000

3000

4,02%

4,14%

4,25%

3 401

3219

3219

3 309

2011

2012

2013

Belastung in %

Das Finanzdepartement des Kantons Luzern informierte am 29. Oktober 2013 über den Aufgaben- und Finanzplan 2014 bis 2017. Dabei wurden – unter anderem – folgende Grafiken verwendet:

4.00%

3.00%

2.00%

2000 2005

2006

2007

Belastung in CHF

2008

2009

2010

2014

Belastung in %

2017

Geldfluss-Investitions-Verhältnis

Quelle: Finanzdepartement Kanton Luzern

c) Welche Aussagen lassen sich aus der Kombination der beiden Abbildungen ableiten? a ) Welche allgemeinen Aussagen lassen sich aus der Abbildung «Eckwerte Erfolgs- und Geldflussrechnung» ableiten?

d) Welche Massnahmen empfehlen Sie der Regierung des Kantons Luzern? b ) Welche allgemeinen Aussagen lassen sich aus der Abbildung «Steuerbelastung der natürlichen Personen» ableiten?


Der Luzerner Regierungsrat kündigte unter anderem an, dass er im Bildungsbereich sparen wolle, indem er Mittel- und Berufsschulen für eine Woche pro Jahr zusätzlich schliesse. Die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) berichtete darüber am 7. November 2013 mit folgendem Text (Ausschnitt):

a) Wie beurteilen Sie die aufgeführten Ideen zu Einsparungen im Bildungsbereich? Nennen Sie Argumente für und gegen diese Massnahmen. Argumente für die vorgeschlagenen Sparmassnahmen im Bildungsbereich.

Konkret soll die aussergewöhnliche Massnahme so umgesetzt werden, dass die Gymnasiasten nach den Herbstferien 2014 und 2015 jeweils eine Woche Zwangsferien verordnet erhalten. Berufsschüler sollen in dieser Zeit nicht unterrichtet werden und stattdessen ihren Lehrbetrieben zur Verfügung stehen. Für den Kanton Luzern ergibt sich dadurch ein Sparpotenzial von 8,16 Millionen Franken, weil die Lehrer in dieser schulfreien Zeit ihre angehäuften Überstunden abbauen.

Die NZZ weist in einem Anhang zum betreffenden Artikel darauf hin, dass Sparmassnahmen im Bildungsbereich in vielen Kantonen erwogen würden: Es gibt verschiedene Wege, um im Bildungsbereich mit kleineren Korrekturen Millionenbeträge einzusparen. Ein beliebter Puffer ist die Grösse der Schulklassen. In Bern, wo übernächste Woche die Sparmassnahmen der Angebots- und Strukturüberprüfung behandelt werden, sorgt die Erhöhung der durchschnittlichen Grösse von 19,2 auf 19,7 Kinder pro Klasse an der Volksschule für Aufregung. Im Kanton Bern könnten so 120 Klassen insgesamt geschlossen und 300 Stellen abgebaut werden. Damit können 4,5 Millionen Franken gespart werden. Die Massnahme ist ein Vorschlag der parlamentarischen Finanzkommission, die auf diese Weise verhindern will, dass bei Behinderten und Alten gespart werden muss. Auch im Kanton Aargau soll im Rahmen des Sparpaketes, das der Regierungsrat Ende August vorlegte, an der Klassengrösse geschraubt werden: Fast zwei Millionen Franken könnten gespart werden, wenn die Mindestgrössen an Primarschulen von 12 auf 15 Kinder angehoben würde. In beiden Kantonen ist die Kritik von Lehrern und Vertretern aus dem Bildungsbereich erheblich. Klassengrössen sind in der Bildungspolitik ein Dauerbrenner: Schon auf kleine Veränderungen reagiert die Öffentlichkeit empfindlich. Die Anhebung der Klassengrössen ist kein Novum: Stets wenn gespart werden muss, geraten die Schulklassen ins Visier. Im Kanton Basel-Landschaft kam es deswegen vor einem Jahr gar zu einer Volksinitiative, auf die die Regierung mit einem Gegenvorschlag reagieren musste. Dabei ist umstritten, wie stark die Qualität der Bildung leidet, wenn ein oder zwei Schüler zusätzlich in die Klasse kommen. Doch der angepeilte Durchschnittswert kann oft nicht sinnvoll flächendeckend umgesetzt werden. In der Folge müssen in ländlichen Gebieten ganze Klassen verlegt oder aufgehoben werden, was zu längeren Schulwegen führt. Oder in den Städten kommt es zu besonders vielen Klassen mit hohen Schülerzahlen.

Argumente gegen die vorgeschlagenen Sparmassnahmen im Bildungsbereich.

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Aufgabe 2 Die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank Die Schweizerische Nationalbank informiert alle drei Monate über die von ihr verantwortete Geldpolitik. Lesen Sie die Medienmitteilung zur geldpolitischen Lagebeurteilung vom 15. September 2016 und beantworten Sie anschliessend die Fragen. Nationalbank behält expansive Geldpolitik unverändert bei Die Schweizerische Nationalbank belässt ihre Geldpolitik unverändert expansiv. Der Zins auf Sichteinlagen bei der Nationalbank beträgt weiterhin − 0,75 % und das Zielband für den Dreimonats-Libor bleibt bei − 1,25 % bis − 0,25 %. Gleichzeitig ist die Nationalbank bei Bedarf weiterhin am Devisenmarkt aktiv. Der Negativzins und die Bereitschaft der Nationalbank, am Devisenmarkt einzugreifen, dienen dazu, Anlagen in Schweizer Franken weniger attraktiv zu machen und so den Aufwertungsdruck auf den Franken zu verringern. Der Franken bleibt deutlich überbewertet. Die expansive Geldpolitik der Nationalbank verfolgt das Ziel, die Preisentwicklung zu stabilisieren und die Wirtschaftsaktivität zu unterstützen. Die neue bedingte Inflationsprognose hat sich gegenüber Juni leicht nach unten verschoben. Bis zum ersten Quartal 2017 bleibt der Verlauf der Inflation nahezu gleich. Danach dämpfen die etwas weniger günstigen Aussichten für die Weltwirtschaft die Teuerung in der Schweiz. Für 2016 bleibt die Inflationsprognose mit − 0,4 % unverändert. Für 2017 erwartet die Nationalbank eine Inflation von 0,2 % gegenüber 0,3 % in der Prognose vom letzten Quartal; für 2018 sinkt die Prognose von 0,9 % auf 0,6 %. Die bedingte Inflationsprognose beruht auf der Annahme, dass der Dreimonats-Libor über den gesamten Prognosezeitraum bei − 0,75 % bleibt. Die allmähliche Erholung der Weltwirtschaft setzte sich im zweiten Quartal fort. In den USA stützte in erster Linie eine rege Konsumnachfrage die Wirtschaftsaktivität. Der Arbeitsmarkt entwickelte sich weiterhin günstig. In den europäischen Ländern fiel die Wirtschaftsleistung unterschiedlich aus. Während sie in Frankreich und Italien stagnierte, wuchs sie in Deutschland, Spanien und Grossbritannien erneut robust. Auch die chinesische Wirtschaft expandierte angesichts der stimulierenden geld- und fiskalpolitischen Massnahmen solide. Insgesamt wurde das Wachstum weltweit vor allem von der Binnennachfrage und vom Dienstleistungssektor getrieben. Die globale Industriekonjunktur und der Welthandel entwickelten sich dagegen weiterhin verhalten. Im zweiten Quartal verzeichnete die Schweizer Wirtschaft ein Wachstum von hochgerechnet 2,5 %. Insgesamt deuten die revidierten Quartalsschätzungen für das Bruttoinlandprodukt auf eine etwas stärkere Wiederbelebung der Schweizer Wirtschaft seit Mitte letzten Jahres hin. Allerdings bleibt die Auslastung der Produktionskapazitäten insgesamt unbefriedigend. Auch hat die Erholung nicht alle Branchen gleich stark erfasst. Entsprechend bleibt die Margenlage in zahlreichen Unternehmen angespannt.

Während sich der Preisanstieg auf dem Immobilienmarkt im zweiten Quartal insgesamt abgeschwächt hat, blieb das Wachstum der Hypothekarkredite im Vergleich zum Vorquartal praktisch unverändert. Gemäss Einschätzung der Nationalbank bleiben die Ungleichgewichte auf dem Hypothekar- und Immobilienmarkt nach wie vor bestehen. Die Nationalbank beobachtet die Entwicklungen auf diesen Märkten weiterhin aufmerksam und prüft regelmässig, ob der antizyklische Kapitalpuffer1 angepasst werden muss. a) Wie beurteilt die SNB die Preisstabilität im September 2016 und in den kommenden Jahren? Was bedeutet eine Inflation von minus 0,4 %?

b) Wie sieht die Situation bei den Zinsen aus, und was bedeutet dies für den Immobilienmarkt?

c) Wie entwickelt sich der Wechselkurs des Frankens zum Euro? Was könnten die Gründe dafür sein?

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Hinweis Autoren zum antizyklischen Kapitalpuffer: Über die ohnehin vorgeschriebenen Reserven hinaus sind Banken ab dem 30. September 2013 verpflichtet, zusätzliche Eigenmittel von 1 Prozent der ausgegebenen Hypothekarkredite zu halten. Diese Massnahme dient dazu, die Hypothekarkredite zu verteuern und damit die Nachfrage nach Immobilien zu senken.


Aufgabe 3 Expansive Geldpolitik: ein Mittel – viele Ziele Alle wichtigen Zentralbanken der Welt haben in den letzten Jahren eine expansive Geldpolitik verfolgt. Allerdings haben sie diese Politik unterschiedlich begründet. Lesen Sie die folgenden Ausschnitte aus Medienmitteilungen und beschreiben Sie in eigenen Worten den Kern der jeweiligen Argumentation. Fed hält an expansiver Geldpolitik fest Die US-Notenbank Fed setzt ihre milliardenschweren Anleihekäufe vorerst unvermindert fort. Vor einer Entscheidung für einen Kurswechsel der ultralockeren Geldpolitik müsse es mehr Beweise geben, dass die Erholung der Konjunktur und des Arbeitsmarktes tatsächlich stabil sei, teilte die Federal Reserve in Washington mit. Als einen Grund für die Ungewissheit wurden die Ausgabenkürzungen im Staatshaushalt genannt. Die Fed erwirbt derzeit monatlich für 85 Milliarden Dollar langfristige Staatsanleihen und Immobilienpapiere, um die Konjunktur mit Niedrigzinsen anzukurbeln.

Anleiheprogramm der EZB: Draghi greift zum letzten Mittel EZB-Chef Draghi wagt eine riskante Wende in der Geldpolitik der Notenbank: Mit unbegrenzten Anleihekäufen will er eine Eskalation der Euro-Krise verhindern. Der Schritt markiert einen fundamentalen Kurswechsel im Kampf um die gemeinsame Währung. In unbegrenztem Umfang soll die EZB Staatsanleihen europäischer Krisenländer am Markt aufkaufen. Da sie Geld schöpfen kann, so viel sie will, hat sie quasi unendliche Mittel für diese Ankäufe. Das Stichwort lautet: Notenpresse. So soll die Zinslast für die betreffenden Staaten gedrückt werden. Quelle: «Spiegel-online», 06.09.2012

c) Ziele der Europäischen Zentralbank

Quelle: «Handelszeitung», 18.09.2013

a ) Ziele der US-Zentralbank (Fed)

Japans risikoreiche Geldschwemme Mit einem beispiellosen Gewaltakt will sich Japan aus dem Würgegriff der Deflation befreien. Musste sich die Notenbank des Landes jahrelang den Vorwurf anhören, nicht genug zur Überwindung des Preisverfalls zu tun, der der rezessionsgeplagten Wirtschaft wie ein Klotz am Bein hängt, so hat sie jetzt im Schwitzkasten der neuen Regierung von Ministerpräsident Shinzo Abe einen beachtlichen Schritt nach vorn unternommen. Ungeachtet der gigantischen Staatsverschuldung öffnet sie nach amerikanischem Vorbild ihre geldpolitischen Schleusen nicht nur noch weiter, sondern auf unbegrenzte Zeit – bis der schleichende Preisverfall sich umkehrt und – so angestrebt – einer wachsenden Wirtschaft gewichen ist.

Die Schweizer Geldpolitik: Die SNB ohne Zugzwang Die Schweiz erholt sich allmählich vom Frankenschock, die Konsumentenpreise beginnen sich zu stabilisieren, und der Frankenkurs ist jüngst von heftigen Ausschlägen verschont geblieben. Für die Schweizerische Nationalbank (SNB) liefert diese Grosswetterlage zwar noch keinen Grund für eine Entwarnung. Unmittelbarer Handlungsdruck für eine weitere Lockerung der ohnehin schon extrem expansiven Geldpolitik ist aber ebenfalls keiner auszumachen. [..] Wenngleich sich die Stimmung etwas entspannter präsentiert als auch schon: Der Euro, der am Freitag bei rund Fr. 1.095 gehandelt wurde, ist aus Sicht der Währungshüter noch immer «deutlich überbewertet». Die SNB zeigt sich daher weiterhin bereit, am Devisenmarkt einzugreifen, um Frankenanlagen weniger attraktiv zu machen und den Aufwertungsdruck auf den Franken zu verringern. Nach welchen Kriterien solche Interventionen erfolgen, bleibt offen. Die Ökonomen der UBS vermuten, dass die Komfortzone über Fr. 1.07 liegt, während die Schmerzgrenze bei Fr. 1.05 gesehen wird. Quelle: «NZZ-online», 15.09.2016

Quelle: «Tages-Anzeiger», 22.01.2013

d) Ziele der Schweizerischen Nationalbank

b) Ziele der Japanischen Zentralbank

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Aufgabe 4 Konjunkturpolitik am Beispiel Japans Der Kampf um Japans Zukunft […] Mit einer Mixtur aus extrem lockerer Geldpolitik, milliardenschweren Konjunkturprogrammen und strukturellen Reformen will Premierminister Shinzo Abe das jahrzehntelange Treten an Ort hinter sich lassen. Vieles deutet darauf hin, dass seine Wirtschaftspolitik, landläufig «Abenomics» genannt, zu greifen beginnt. Japans Wirtschaft wächst mit fast vier Prozent und damit schneller als diejenige der übrigen G-8-Staaten. Der Nikkei 225, der Aktienindex der grössten japanischen Unternehmen, liegt um gut 60 Prozent höher als vor einem Jahr. Die Luxusgüterbranche vermeldet gute Umsätze, der Immobilienmarkt ist wieder in Bewegung. Sodann hat der Yen gegenüber dem Dollar rund 16 Prozent an Wert verloren und soll sich noch weiter abschwächen. Speiseöl, ein klassisches Importprodukt, hat sich im Tokioter Detailhandel bereits deutlich verteuert. Japan ist daran, sich aus langjähriger Deflation zu befreien. Das Image als Hochpreisland hat man bereits teilweise abstreifen können. In Tokio sieht man wieder viele Touristen, es werden Rekordumsätze gemeldet. […] Am stärksten von «Abenomics» profitiert mittelfristig die Exportwirtschaft Japans. Dank dem schwächeren Yen werden ihre Produkte auf den Weltmärkten billiger. Die Firmen forcieren die Exporte, um den Heimmarkt zu kompensieren, der aus demografischen Gründen stagniert. Importe dagegen werden teurer. Westliche Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass Exporte von Gütern und Dienstleistungen nach Japan zunächst weniger attraktiv sein werden. Die Gewinne werden schrumpfen. Preiserhöhungen von geschätzt 30 Prozent sind nicht auf einen Schlag umzusetzen. Wenn es der japanischen Wirtschaft gut geht, werden mittelfristig aber viele profitieren. Eine boomende Exportwirtschaft könnte das Wirtschaftswachstum nachhaltig ankurbeln – und auch eine verstärkte Nachfrage auslösen, zum Beispiel nach westlichen Produkten. Es ist zu erwarten, dass die sich belebende Konjunktur Preisnachlässe mehr als kompensieren wird. Und wenn es Abe tatsächlich gelingt, auch die Deregulierungen durchzusetzen, dann werden sich etwa im Gesundheitswesen und in der Landwirtschaft neue Geschäftsgelegenheiten ergeben. Ob der bisherige Erfolg nachhaltig sein wird, ist noch offen. Abe geht grosse Risiken ein. Die Staatsverschuldung Japans wächst weiter, die privaten Haushaltsausgaben steigen wegen der teureren Rohstoff- und Energieimporte. Mit der Umsetzung einer umfassenden Strukturreform, wie sie Abe verspricht, hapert es noch. Bei der Revision des starren Arbeitsrechts ist mit Widerstand der Gewerkschaften zu rechnen. Landwirtschaftskreise opponieren gegen die geplante Abschaffung von Zöllen innerhalb des Freihandelsabkommens der TransPacific Partnership. Quelle: «NZZ-online», 03.12.2013

Lesen Sie den nebenstehenden Ausschnitt aus einem Kommentar von Jürg Wolle zur Japanischen Konjunkturpolitik. Beantworten Sie anschliessend folgende Fragen: a ) Mit welchen Mitteln versucht die japanische Regierung die Wirtschaft anzukurbeln?

b ) Welche Erfolge wurden erreicht?

c) Warum würde auch das Ausland von einem Boom in Japan profitieren?

d) Welche Probleme sind mit der neuen Wirtschaftspolitik verbunden?


Aufgabe 5 Schuldenbremse Lesen Sie die folgenden Ausschnitte aus einer Medienmitteilung des Bundesrates vom 29. November 2013 und beantworten Sie anschliessend die Fragen dazu. Bundesrat zieht positive Bilanz nach 10 Jahren Schuldenbremse […] Der Bundeshaushalt hat sich unter der Schuldenbremse positiv entwickelt. Nach der erstmaligen Anwendung auf das Budget 2003 gelang es Bundesrat und Parlament rasch, den Haushalt in ein strukturelles Gleichgewicht zu bringen. In der Folge ermöglichte die überraschend gute konjunkturelle Entwicklung und die finanzpolitische Disziplin unter der Schuldenbremse, die Schulden von 130 Milliarden im Jahr 2005 auf 112 Milliarden im Jahr 2012 abzubauen. Mit 19 Prozent liegt die Schuldenquote des Bundes heute in etwa auf dem Niveau von 1994. Die Einsparungen bei der Zinslast haben im Haushalt wertvollen Spielraum für prioritäre Aufgaben geschaffen. Dank der Schuldenbremse ist die Finanzpolitik auch stetiger und konjunkturgerechter geworden, weil konjunkturbedingte Schwankungen der Einnahmen nicht auf die Ausgaben durchschlagen. Die Schuldenbremse lässt in der Rezession ein Defizit zu und fordert in der Hochkonjunktur einen Überschuss. Die Hauptgründe für den Schuldenabbau sind positive Überraschungen bei der Konjunkturentwicklung, Schätzfehler bei den Einnahmen sowie ausgabenseitige Budgetunterschreitungen. Die Schätzfehler bei den Einnahmen konnten dank methodischen Verbesserungen deutlich reduziert werden. Die Prognosefehler bei Konjunktur und Einnahmen dürften sich deshalb in Zukunft ausgleichen. Die ausgabenseitigen Budgetunterschreitungen hingegen sind systembedingt. Die vom Parlament genehmigten Budgetkredite dürfen nicht überschritten werden, weshalb die Verwaltung insgesamt eher vorsichtig budgetiert. Dies führt dazu, dass die Ausgaben im Budget systematisch leicht überschätzt werden. Die damit verbundenen Kreditreste betragen durchschnittlich rund eine Milliarde. Aufgrund der Ausgestaltung der Schuldenbremse dürften sie auch weiterhin in der Tendenz zu einem nominellen Schuldenabbau führen. Ein solcher ist durchaus erwünscht, weil er die Krisenresistenz der Schweiz erhöht und die Zinsausgaben senkt, was wiederum den finanzpolitischen Handlungsspielraum vergrössert. […] Die Schuldenbremse hat sich als eine effiziente Fiskalregel zur Steuerung des Haushalts erwiesen. Sie hat sich bewährt und ist entsprechend breit akzeptiert. Langfristige strukturelle Probleme wie die demografische Alterung und ihre Auswirkungen auf die Sozialversicherungen kann sie allerdings nicht lösen. Solche Herausforderungen müssen durch Reformen in den einzelnen Politikbereichen angegangen werden. Hingegen kann für die kommenden Generationen mit einer weiteren Senkung der Schuldenquote des Bundes eine möglichst gute Ausgangslage zur Bewältigung zukünftiger Lasten geschaffen werden.

a) Was versteht man unter einer Schuldenbremse?

b) Welche Folgen hatte die Anwendung der Schuldenbremse in den letzten zehn Jahren auf den Bundeshaushalt?

c) Welches sind die Hauptgründe, dass die Schulden nicht einfach stabil blieben, sondern sogar abgebaut werden konnten?

d) Welche finanzpolitische Herausforderung der Zukunft kann mit der Schuldenbremse nicht gelöst werden? Warum ist das so?

Quelle: www.news.admin.ch

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