BWL 07 - SV

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Bankkredite

Nachdem wir uns im vorangehenden Kapitel mit den Grundsätzen der Unternehmungsfinanzierung befasst haben, geht es im Folgenden um die konkrete Kapitalbeschaffung mithilfe von Bankkrediten. Für kleinere und mittlere Unternehmungen (KMU), und natürlich auch für Privatpersonen, ist eine Finanzierung von Investitionsvorhaben mit Bankkrediten meistens die einzige Möglichkeit, sich fehlende Gelder zu beschaffen. Bankkredite werden – als Ergänzung zum vorhandenen Eigenkapital – für Bauvorhaben, zur Finanzierung des laufenden Betriebs oder anderer Investitionen verwendet.

Theorie 1 2 3 4

Übungen

Finanzierung mithilfe von Bankkrediten ................................................................. Die wichtigsten Kreditarten ................................................................................... Sicherheiten und Kreditformen ............................................................................. Woher stammt das Kapital für die Bankkredite? .................................................... Das haben Sie gelernt ........................................................................................... Diese Begriffe können Sie erklären ........................................................................

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Bankenfinanzierung beginnt mit dem Kreditgesuch ............................................... Welche Kreditart trifft zu? ..................................................................................... Unterschiedliche Kredite und Sicherheiten ............................................................. Mögliche Kreditbeschreibungen ............................................................................ Woher stammt das Kapital? ..................................................................................

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Aufgaben 1 2 3

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Bankkredite

Das Kreditgespräch ............................................................................................... 15 Finanzierung eines Geschäfts- oder Wohnhauses .................................................. 16 Zinsmarge: Differenz zwischen Aktiv- und Passivzins .............................................. 17

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Brennpunkt Betriebswirtschaft

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Bankkredite

1 Finanzierung mithilfe von Bankkrediten Banken sind – als Folge der Finanzkrise von 2008 / 2009 – in der Vergabe von Krediten zurückhaltender geworden und haben ihre Anforderungen an die Schuldner seither deutlich erhöht. Grundlage einer Kreditgewährung ist eine Bonitätsprüfung, die sich normalerweise auf einen Businessplan abstützt. ■ Businessplan als Grundlage für das Kreditgesuch Unternehmungen, die eine Bankfinanzierung durchführen möchten, müssen heute in der Regel einen Businessplan vorlegen. Dieser gibt in knapper Form Auskunft über die Leistungsziele der Unternehmung, enthält eine Chancen- und Gefahrenanalyse in Bezug auf Produkte und Märkte und umreisst die finanzielle Dimension des Unterfangens. Zudem liefert der Businessplan auch Informationen über den persönlichen Hintergrund der entscheidenden Personen. Für grössere Unternehmungen bildet die Erstellung eines solchen Businessplans keine besonderen Schwierigkeiten, weil es sich eigentlich nur um eine Zusammenfassung unterschiedlicher Überlegungen handelt, die im Rahmen der Unternehmungsplanung ohnehin angestellt werden. Für KMU sieht die Situation manchmal etwas anders aus. Bei diesen Unternehmungen hat sich die Tätigkeit häufig aus einer zentralen Geschäftsidee heraus entwickelt, und die Planungsschritte sind nicht systematisch vorgenommen worden. Die Erstellung eines Businessplans wird deshalb oftmals als unnötiger Zusatzaufwand verstanden. Ein Businessplan ist allerdings als Basis für einen Kreditentscheid praktisch unabdingbar. Er dient als Entscheidungsgrundlage für die Kreditbeschaffung sowohl bei Banken als auch bei weiteren möglichen Kreditgebern und / oder Partnern. ■ Bonitätsprüfung und Rating Bei einer Bonitätsprüfung geht es um die Überprüfung der Kreditwürdigkeit bzw. der Kredit­ fähigkeit eines Kreditnehmers. Mit der Bonität bezeichnen wir ganz allgemein die Zahlungsfähigkeit eines Schuldners (einer natürlichen Person, einer Unternehmung oder auch eines Staates), d. h. die Fähigkeit, aufgenommene Schulden zurückzahlen zu können. Bei der Beurteilung eines Kreditgesuchs unterscheiden die Banken zwischen der Kreditwürdigkeit und der Kreditfähigkeit eines Kreditnehmers. Mit der Kreditwürdigkeit wird die persönliche Situation eines Interessenten überprüft. Dabei werden beispielsweise der Charakter oder das Alter eines Interessenten beurteilt. Ist der Kreditnehmer willens und aufgrund seiner fachlichen und beruflichen Qualifikationen auch fähig, den künftigen Verpflichtungen nachkommen zu können? Im Falle einer Unternehmung als Kreditnehmer werden die Fachkompetenzen des Managements, Führungsstrukturen und ähnliche Faktoren überprüft.

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Die Kreditfähigkeit kann als Voraussetzung für die Kreditwürdigkeit angesehen werden. Sie umfasst die «materielle Seite» eines potenziellen Kreditnehmers. Wird er aufgrund der zu erwartenden Vermögens- und Ertragslage in der Lage sein, Zins- und Amortisationszahlungen leisten zu können? Sind z. B. die Annahmen zur künftigen Absatzerwartung realistisch eingeschätzt, und kann eine Unternehmung aufgrund der im Businessplan aufgezeigten Entwicklung finanzielle Überschüsse erwirtschaften? Als Ergebnis der Bonitätsprüfung wird ein Kredit einer bestimmten Risikoklasse zugeteilt (= Rating). Die Skala reicht von sehr geringen Risiken, bei denen die Rückzahlung des Kredits auch bei ungünstigen Entwicklungen gewährleistet bleibt, bis zu sehr hohen Ausfall­ risiken, bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Ausbleiben von Zinszahlungen, ja sogar mit einem Verlust des ausgeliehenen Kapitals zu rechnen ist. Je nach Risikoklasse fällt die Bank ihren Kreditentscheid. Bei hohen Risiken wird der Kunde kaum den gewünschten Kredit bekommen. Eventuell kann der Kunde aber ein hohes Risiko mit entsprechenden ­Sicherheiten auffangen. Das Rating eines Kredits ist auch massgebend für die Festlegung des Zinsfusses, zu dem der Kredit gewährt wird. Der Zinsfuss variiert je nach Risikoklasse, Kreditbetrag, Laufzeit oder Kundenbeziehungen. Ein Kredit mit einem höheren Risiko enthält einen höheren Risiko­ zuschlag und muss damit zu einem höheren Zinsfuss verzinst werden als ein Kredit mit einem tieferen Risiko. Die Credit Suisse kennt beispielsweise 18 Risikoklassen; gestützt darauf werden bei einer Aufgabe 1 Einteilung in die Klassen CR 14 bis CR 18 keine neuen Kredite gewährt. Übung 1 ■ Beispiele der Risikoklassen der Credit Suisse (Auszug) CR 01 CR 02

Geringstes Risiko Der Kreditnehmer verfügt über eine hervorragende Bonität und ist in der Lage, schwerste ungünstige Entwicklungen zu absorbieren.

CR 08 CR 09

Geringes Risiko Der Kreditnehmer verfügt über eine gute Bonität und ist in der Lage, ungünstige Entwicklungen zu absorbieren.

CR 13 CR 14 CR 15

Erhöhtes Risiko Der Kreditnehmer verfügt über eine limitierte Bonität , kommende unerwartete negative Entwicklungen zu absorbieren; kreditgefährdende Änderungen sind zu erwarten.

CR 18

Sehr hohes Risiko Der Kreditnehmer verfügt über eine äusserst limitierte Bonität , kommende unerwartete negative Entwicklungen zu absorbieren; stark anfällig für Zahlungsverzug; Vertragsverletzung, Kreditkündigung, Kapitalverlust, Überschuldung, Betreibungsbegehren bzw. Insolvenzerklärung des Schuldners sind zu erwarten.


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Die wichtigsten Kreditarten

■ Investitionskredit Ein Investitionskredit dient der Finanzierung von Anlagevermögen wie Maschinen, Fahrzeugen oder Mobilien. Weil das Anlagevermögen mehrere Jahre genutzt wird, ist der Investi­ tionskredit ein langfristiger Kredit (= Darlehen).

■ Betriebskredit Kredite für unregelmässige Finanzierungsbedürfnisse des Umlaufvermögens heissen Betriebskredite. Sie können z. B. dazu dienen, Handelsbetrieben den Einkauf eines Grund­sortiments vorzufinanzieren oder auch den schwankenden Bedarf an flüssigen Mitteln zu decken. Wenn die Produkte schliesslich verkauft sind, kann der Kredit aus den Erträgen zurückbezahlt werden. Betriebskredite werden meistens in Form eines Kontokorrentkredits geführt. Dabei führt die Bank für den Kunden eine laufende Rechnung, bei der neben Kreditbezügen auch Einzahlungen möglich sind. Deshalb kann neben einer Schuld auch einmal ein Guthaben gegenüber der Bank bestehen. Die maximale Höhe des Kredits wird durch eine vertraglich vereinbarte Kreditlimite definiert, bis zu welcher die Unternehmung selber entscheiden kann, ob und wie viel Kredit sie in Anspruch nehmen will. Übersteigt der Bedarf an flüssigen Mitteln die Kreditlimite, so ist ein Überziehen nur mit Bewilligung der Bank möglich.

Saldo des Kontokorrents CHF

Bei Guthaben Zinsgutschrift

20 000 10 000 0

Zeit in Tagen

– 10 000

Kreditbetrag CHF

0

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4

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8

9

10

Zeit in Jahren

– 100 000 – 200 000 – 300 000 – 400 000 – 500 000 Gewährter Kredit

Rückzahlung in Raten (oder in einem Betrag)

Solche Kredite werden von Anfang an voll beansprucht, und die Rückzahlung (Amortisation) wird zu Beginn der Laufzeit festgelegt. Die Banken bezeichnen solche Kredite (je nach Institut) als Darlehen (ratenweise Rückzahlung) oder Festvorschuss (Rückzahlung in einem Betrag). Auch hier variieren die Zinssätze je nach Bonität bzw. Rating des Schuldners; sie liegen im Bereich von 5 % bis 10 %. Der Zinsfuss fällt umso geringer aus, je besser der Kredit durch entsprechende Sicherheiten gedeckt ist. ■ Immobilienfinanzierung

– 20 000 – 30 000 Kreditlimite: CHF 40 000.–

– 40 000 – 50 000 Gewährter Kredit

Überziehen nur mit Bewilligung

Der Zinsfuss, den die Bank für die Kreditvergabe verlangt (Aktivzinsen), ist dabei höher als derjenige, den sie im Fall eines Guthabens (Passivzinsen) vergütet. Je nach Sicherheit und Rating liegt der Zinsfuss für Aktivzinsen zwischen 3 % und 12 %; die Passivzinsen, die bei einem Guthaben gewährt werden, betragen 0 % und höchstens 0,2 % (Stand Juli 2022).

Für die Finanzierung eines laufenden Bauvorhabens (Neu- oder Umbau) wird ein Baukredit gewährt. Während des Baus darf der Kunde den Baukredit nur zweckgebunden verwenden; d. h., es dürfen damit nur Baukosten bezahlt werden. Konkret werden über den Baukredit laufende Handwerkerrechnungen bezahlt. Je weiter das Bauvorhaben voranschreitet, desto höher wird demnach der tatsächlich beanspruchte Kredit. Baukredite werden deshalb in Form eines Kontokorrents geführt. Ist das Gebäude fertiggestellt, wird die tatsächliche Kreditsumme des Baukredits in einen Hypothekarkredit umgewandelt (= Konsolidierung des Baukredits). Auch zur Finanzierung von Grundstücken oder bereits bestehender Liegenschaften kommt der Hypothekarkredit infrage. Dabei handelt es sich um ausgesprochen langfristige Kredite, die als Darlehen geführt und häufig nicht einmal auf einen bestimmten Termin hin zurückbezahlt werden müssen, solange die Verzinsung ordnungsgemäss erfolgt. Die Zinsfüsse für Bau- und Hypothekarkredite liegen im Bereich von 1,5 % bis 3 % (Stand Juli 2022).


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Bankkredite

 Das haben Sie gelernt Notwendige Unterlagen für ein Kreditgesuch beschreiben Bonitätsprüfung und Rating erklären Den Verwendungszweck unterschiedlicher Kredite erklären Kontokorrentkredite und Darlehen anhand zentraler Merkmale unterscheiden Die Merkmale eines Privat- oder Konsumkredits beschreiben Verschiedene Arten von Sicherheiten zur Absicherung von Krediten nennen Grundaufgaben der Banken erklären Die wichtigsten Aktiv- und Passivgeschäfte einer Bank unterscheiden

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Offene Fragen


 Diese Begriffe können Sie erklären Bankgeschäfte

Businessplan

Zinsdifferenzgeschäft (Kreditvermittlung)

Bonität

Aktivgeschäft

Kreditwürdigkeit

Passivgeschäft

Kreditfähigkeit

Konkursprivileg

Rating

Kommissionsgeschäft

Bankkredit

Effektengeschäft

Betriebskredit

Zahlungsvermittlung

Kontokorrentkredit Investitionskredit Darlehen Festvorschuss Immobilienfinanzierung Baukredit Hypothekarkredit Privatkredit (Konsumkredit / Kleinkredit) Sicherheiten Faustpfand Lombardkredit Grundpfand Grundpfandverschreibung Schuldbrief Hypothek Zession Factoring Bürgschaft Solidarbürgschaft Blankokredit

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Übung 4 Mögliche Kreditbeschreibungen Kreuzen Sie die richtigen Kombinationen «Kreditart – Sicherheit – Kreditbetrag» an. Begründen Sie bei falschen Kombinationen in wenigen Worten, warum diese nicht möglich sind.

Bsp.

Verwendungszweck

Sicherheit

Hypothekarkredit

Zessionskredit

Veränderlichkeit des Kreditbetrags Darlehen

Hypothek ist gesichert durch ein Grundpfand. 1

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Betriebskredit

Baukredit

Investitionskredit

Privatkredit

Investitionskredit

Faustpfandkredit

Grundpfandkredit

Lombardkredit

Bürgschaftskredit

Bürgschaftskredit

Kontokorrentkredit

Kontokorrent

Kontokorrentkredit

Kontokorrentkredit

Festvorschuss

Übung 5 Woher stammt das Kapital? Die Passivseite der Bilanz zeigt, woher das Kapital einer Bank stammt. Ordnen Sie die untenstehenden Aussagen den wichtigsten Passivgeschäften einer Bank (1 bis 5) zu. Aktiven

Bilanz

Passiven

Flüssige Mittel Forderungen aus Geldmarktpapieren Forderungen gegenüber Banken

Verpflichtungen gegenüber Banken

Ausleihungen an Kunden: ■ Forderungen gegenüber Kunden ■ Hypothekarforderungen

Kundengelder: 1 Verpflichtungen gegenüber Kunden in Sparund Anlageform 2 Übrige Verpflichtungen gegenüber Kunden 3 Kassenobligationen 4 Anleihen 5 Pfandbriefdarlehen

Handelsbestände in Wertschriften und Edelmetallen Finanzanlagen Beteiligungen Sachanlagen Sonstige Aktiven

Sonstige Passiven Eigene Mittel

a)

Diese Gelder nimmt die Bank laufend entgegen. Die Wertpapiere weisen eine Laufzeit zwischen 2 und 8 Jahren auf.

b)

Diese Gelder geniessen im Falle eines Konkurses der Bank eine bevorzugte Stellung für die ersten CHF 100 000.– (Anlegerschutz).

c)

Diese Gelder stehen der Bank aus rechtlicher Sicht kurzfristig, in der Praxis jedoch meist mittel- bis langfristig zur Verfügung.

d)

Diese Gelder werden nicht direkt beim Sparer, sondern indirekt über zwei Institutionen aufgenommen.

e)

Diese Gelder weisen eine Laufzeit zwischen 4 und 15 Jahren auf.

f)

Bei diesen Geldern kommen Aktivzinsen zum Tragen.


Aufgabe 3 Zinsmarge: Differenz zwischen Aktiv- und Passivzins a ) Besorgen Sie sich eine Konditionen-Übersicht einer Bank in Ihrer Region und ergänzen Sie das Kredit- und Anlagesortiment mit aktuellen Werten.

b) Ergänzen Sie das untenstehende Schema «Kreditnehmer – Sparer» mit den fehlenden Begriffen Aktivzins, Einlagen, Kredite, Passivzins und Zinsmarge.

Kreditsortiment (Stand Juli 2022)

Aktiven

Betriebs- und Investitionskredite:

Flüssige Mittel Forderungen aus Geldmarktpapieren Forderungen gegenüber Banken

Verpflichtungen gegenüber Banken

Ausleihungen an Kunden: ■ Forderungen gegenüber Kunden ■ Hypothekarforderungen

Kundengelder: ■ Verpflichtungen gegenüber Kunden in Spar- und Anlageform ■ Übrige Verpflichtungen gegenüber Kunden ■ Kassenobligationen ■ Anleihen und Pfandbriefdarlehen

Baukredite: Hypotheken (Wohnbauten) 1. Hypothek variabel: 2. Hypothek variabel:

Handelsbestände in Wert­ schriften und Edelmetallen Finanzanlagen Beteiligungen Sachanlagen Sonstige Aktiven

Hypotheken (Betriebsgebäude) 1. Hypothek variabel: 2. Hypothek variabel:

Sonstige Passiven

Bank

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Bankkredite

Passiven

Anlagesortiment (Stand Juli 2022)

Jugendkonto: Privatkonto:

Eigene Mittel

Kreditnehmer

Brennpunkt Betriebswirtschaft

Bilanz

Anlage-Sparkonto: Kassenobligationen Laufzeit 6 Jahre Laufzeit 8 Jahre Anleihen: Pfandbrief:

Sparer

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