dokumentation
Februar 2015
«Der Letzte räumt die Uni auf: Müll im Design» Interdisziplinäres Kurzzeitprojekt | Studium Generale | Universität der Künste Berlin
G
Interdisziplinäres Kurzzeitprojekt im Rahmen der «UdK Campus-Kollision» Fachbereiche Gestaltung, Schauspiel und Tanz Universität der Künste Berlin 05. – 09. Januar 2015 Straße des 17. Juni 118 Raum 207 10623 Berlin
«Der Letzte räumt die Uni auf: Müll im Design» Interdisziplinäres Kurzzeitprojekt im Rahmen der «UdK Campus Kollision» mit der degewo AG Berlin, am Fachbereich Gestaltung: Designforschung von Prof. Gesche Joost & Technologie und Konstruktion von Prof. Holger Neumann, Universität der Künste Berlin. Susanne Hausstein © 2015.
Inhaltsverzeichnis Auftakt
07
Konzeptskizze / Beschreibung Einführung: Design und Müll
07 07
Überblick
09
‚Traurige‘ Fakten zum Müll Transformationen des Müll
09 13
Expertenvorträge
14
Kreislaufwirtschaft im 21. Jahrhundert Innovationsmanagement Abfall und ökologische Produktgestaltung
14 16 17
Designforschung
18
Entwerfen und Wegwerfen
18
Methodologie
20
Müllmethoden
20
Praxistest am ort
22
Ortsbegehung und Problemabriss Mapping Infrastructuring
22 27 27
Konzeptentwicklung
32
Probleme und Lösungen Wege zur Lösung
32 34
Abschlusspräsentation
36
Projektbeteiligte
38
Literatur
38
Abbildungsnachweis
38
7
Auftakt Konzeptskizze / Beschreibung
Nachhaltiges Design wird in den Entwürfen, Konzepten und Prototypen der Designstudierenden an der Universität der Künste Berlin bereits Wirklichkeit. Doch wie steht es eigentlich um das tatsächliche Arbeitsumfeld der Studierenden, in dem diese Ideen entstehen? Wie kann auch der Ort UdK zu einem sinnvollen und zukunftsfähigen Bildungsprototypen werden? Im Fokus des Projekts steht das Abfallmanagement im Universitätsgebäude an der Straße des 17. Juni. Unter Berücksichtigung der technologischen und konstruktiven Bedingungen von Artefakten sowie unter Anwendung spezieller Designmethoden wollen wir dem Thema Abfall an der UdK gestalterisch begegnen.
keine komplizierten Sachverhalte, die man mit Formeln und Zahlen berechnen muss. Nein, es handelt sich um das Alltäglichste, das ein jeder tut, aber kaum jemand beachtet. Müll, Abfall, Kehricht, Mist, Schrott – es gibt mannigfaltige Begriffe für den Zustand von Dingen (Produkten) am Ende ihres vorbestimmten Lebens durch den Designer. Doch inwiefern dieser manifeste Zustand in seiner aktuellen Ausprägung Einfluss nimmt auf das Arbeitsumfeld von Designstudierenden der Universität der Künste, steht innerhalb des Kurzzeitprojekts auf dem Plan.
Einführung: Design und Müll
Die Disziplin Design und ebenso deren Lehre befinden sich in einem ständigen Selbstfindungs- und Wandlungsprozess. Gerade unter dem Druck sich ändernder globaler Bedingungen, wie Klimavarianz, Umweltschäden und Bevölkerungswachstum, rückt der Begriff des Nachhaltigen Designs in den Fokus vieler Designer. Nachhaltiges Design gilt mittlerweile als Schlüsseldisziplin im Rahmenwerk „nachhaltiger Entwicklungsstrategien“ (Fuhs, Brocchi, Maxein & Draser 2013: 9). Dies spiegelt sich ebenfalls, wenn auch nicht durchgängig, in der Designlehre an Deutschlands Hochschulen. Designstudierende werden dazu angehalten den Energie- und Materialbedarf ihrer Produkte zu reduzieren. Außerdem proklamieren viele von ihnen Recycling, entweder als Herstellungs- oder als Entsorgungskriterium. Vieles, was Design leistet, wird durch die Bestimmungen und Regularien der industriellen Massenproduktion beeinflusst und oftmals geschmälert. Die ästhetische Formgebung, als inhärentes Ziel der Aktivität des Designers, ist dabei in den seltensten Fällen das Problem. Vielmehr dominieren zwei Tendenzen den Horizont designerischer Tätigkeit: Zum einen handelt es sich dabei um die Intensivierung der technologischen Beherrschung des Alltags mit (neuen) Technologien als Motor für neue Anwendungen und Produkte. Zum anderen ringen Designer nun vermehrt mit der Erschaffung und Veränderung von Bedürfnissen. Dabei geht es in der westlichen Fortschrittszivilisation schon lange nicht mehr um Grundbedürfnisse, sondern um Komfort und Genuss. Beide Strömungen haben gewissermaßen einen großen Schatten geworfen, der von lehrenden und lernenden Designern kaum beachtet wird. In diesem Schatten stehen
Neben ganz konkreten Problemen zum Umgang mit Abfall im Universitätsgebäude, soll zunächst ein erweiterter Zugang zum Phänomen Müll aufgezeigt werden. Dazu werden Gastbeiträge von Experten vorgestellt, sowie ein individueller Ansatz, Design und Müll im Zusammenhang zu sehen.
Abb. 1: «Wer soll das wegräumen?» Eine entsorgtes Sofa auf der Straße, Berlin Neukölln 2014.
7
8
Der ökologische Fussabdruck von Produkten, Dienstleitungen und Infrastruktur wird zu
011 r2 ua n i J a n B e r l l ln ö uk Ne auf der
Designebene* bestimmt.
Abb. 2: Müllplatz in Berlin Neukölln, Januar 2011.
Abb. 3: Achtzig Prozent der ökologischen Verantwortung liegen beim Designer (EU Commission 2014).
Im Zuge einer Abschlussarbeit an einer Designhochschule geht es meist um einen zusammenfassenden Blick auf das eigene Profil, eine Arbeit, die für alle Erkenntnisse des Studiums stellvertretend Position bezieht. Es kann passieren, dass gewisse Momentaufnahmen des Alltags Sorgen oder Problemstellungen in ein ganz bestimmtes Bild rahmen (Abb. 2). Das Bild eines gewöhnlichen Hinterhofes eines Mehrfamilienhauses in Berlin stellt die Sorgen um die wachsende Zahl weggeworfener Massenprodukte als buntes Chaos sich stapelnder ‚Tütentürme‘ auf Dreck umspielten Containern dar. Es birgt die Frage nach der eigenen Verantwortung als Produktdesigner an den stetig wachsenden Müllbergen aus verfallenen1 Sinneinheiten.
Das Objekt, der „«Müllbarren» (Abb. 4 und 5) ist Teil einer Dienstleistung aus Designerhand, die Müll zum einen kuratiert. Die Zusammenstellung des alltäglichen Abfalls kann eine ästhetisch geführte Aufzeichnung besonderer Lebensereignisse sein. An den Überresten lassen sich Feste, Besuche aus der Ferne, Krankheiten und andere Lebensphasen dokumentieren. Dazu bietet die von Entsorgern und Industrie als «Wertstoffe» bezeichnete Fraktion der Abfälle die besten Voraussetzungen. Denn zum anderen
Ein mittlerweile gern zitierter Fakt zeigt, dass Produktdesigner in der Tat mitverantwortlich sind für das Zustandekommen von Abfall. Die EU-Kommission konstatiert, dass 80 Prozent des «ökologischen Fußabdrucks», damit also auch Schadstoffausstoß und Entsorgungsemissionen, eines Produktes auf der Designebene bestimmt werden (EU Commission 2014). Eine kurzfristige ‹Schuldzuweisung› auf Hersteller, Industrie und Konsument fällt damit für den Designer zunächst aus. Welche konkrete Rolle Designer aber einnehmen ist unklar bzw. unterliegt derzeit keinem spezifischen Berufsethos. Alle Möglichkeiten sind eminent: Designer verhindern Müll, akzeptieren Müll, ignorieren Müll und provozieren Müll. Designwissen zum Lebensende der eigenen Entwürfe liegt aktuell brach. Hier lässt sich das Ergebnis einer einzelnen Positionierung zum Müll vorstellen, die als Repräsentation einer grundsätzlichen Überlegung zu den Zusämmenhängen des Verbrauchs von Dingen steht.
Wertanlage Plastik
Bonbonpapiere Durchbeißer Tüte Milka Crispy Snax Eistee Zitrone Rauch Tütchen Movicol Bodenreiniger W5 Packung Windeln Tüte Salzbrezeln H-Milch 1,5% Schokoladenpapiere Lindt Knusperjoghurt Vanille-Schoko Eis am Stiel Schale Himbeeren Goldfish Snack (USA) Paprika Mix
1 ‹Verfallen› bezieht sich in diesem Kontext auf das auf Verpackungen (meist von Arznei) angegebene Verfalldatum, das die vom Hersteller garantierte Laufzeit der Wirksamkeit und Qualität des Produkts markiert.
Abb. 3 und 4: Plastik – Eine Wertanlage.
8
9
Abb. 5 : Wertstoffmüll, Berlin 2011.
Abb. 6 : «Müllbarren» fügen sich in den Alltag.
Abfallprognose für urbane Gebiete
stellen die Barren eine sichere Wertanlage dar. Kunststoff ist gewissermaßen das Maskottchen der Kreislaufwirtschaft und des Recyclens. Mit der Verwertung (stoffliche Verwertung als Pellets sowie thermische Verwertung durch Verbrennung) von Plastik macht die Branche lukrative Geschäfte. Erkennt man Kunststoffe als wertvoll (Wertstoffe) an, so entsteht ein ästhetischer Widerspruch, der sich im tatsächlichen Erscheinungsbild gesammelter Wertstoffe äußert (Abb. 5). Mit der kulturellen Wertschätzung eines Gegenstands oder eines Materials hat das vorherrschende Bild an Müllplätzen nichts gemein. In Anlehnung an die Kulturtechnik des Goldsammelns sind „Müllbarren“ eine praktische Wertanlage. Die Anzahl der Barren ist nicht nur ein Indikator für Reichtum. Im schechtesten Fall sind sie eine individuelle Energiequelle der Zukunft. Am Ende bleiben die «Müllbarren» ein sogenanntes «Obnoxico» (vgl. Fuller 1981), also ein weitestgehend absurdes Produkt, bei dem Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis stehen. Doch dieses Prinzip wird in heutigen marktwirtschaftlichen Zusammenhängen immer gewöhnlicher (z. B. als Einweg-Artikel) .
6.069.703 Tonnen/Tag 4,3 Milliarden Menschen
3.532.252 Tonnen/Tag 2,9 Milliarden Menschen
Weltbevölkerung in urbanen Gebieten
aktuelle Daten
Prognose für 2025
Abb. 7 : Daten: The World Bank, 2012.
Die globale Entwicklung zeigt, dass Müll nicht nur überall entsteht, Müll hat sich gleichzeitig weiterentwickelt, gewissermaßen spezialisiert. Seit einiger Zeit ist bekannt, dass Müll nicht mehr unbeweglich an einen Platz gebunden ist, sondern dass er die Fähigkeit besitzt zu reisen. Der «Müllstrudel» in den Weltmeeren beweist dies. Kunststoffmüll gelangt über verschiedene Wege ins Wasser und schwimmt, durch die Reibung des Wassers zerfetzt, in den energiearmen Strömungszentren der Ozeane und Süßgewässer. Kunststoffanteile in Süßgewässern gehen auf Abwässer zurück, die durch Peelings, Zahncreme und FleecePullovern in der Waschmaschine angereichert sind. Für den Müll im Meer sind vor allem die Schifffahrt2, der Fischfang 3 und die Vermüllung von Stränden die Hauptursachen. Die Plastikteilchen sind teilweise so zermahlen, dass man sie
Überblick ‹Traurige› Fakten zum Müll
Tatsächlich gibt es handfeste Gründe, warum Abfall ein komplexes Problem unserer Gesellschaft darstellt. Dies lässt sich am deutlichsten anhand einiger Symptome dieses Problems darstellen: Mit der Aussage «Müll ist überall» liegt man durchaus richtig. Um die Menge an Abfällen weltweit zu erfassen, wird sie pro Tag angegeben. Dabei sind ausschließlich Daten aus urbanen Gebiete erfasst worden. Wegen der fortschreitenden Urbanisierung durch Landflucht und wegen des erhöhten Konsums gehen die Prognosen des weltweiten Abfalls von einer Verdopplung der Menge bis 2025 aus (Abb. 7).
2 Dabei spielen die bisweilen noch gängige Praxis des «Über Bord Entsorgens» von Müll sowie Schiffsunfälle, die zum Verlust der Ladung über Bord führen, eine große Rolle. 3 Im Bereich des Fischfangs sind vor allem die Netze aus Kunststoff, die entweder entsorgt oder verloren werden, problematisch. 9
10
46.000 Teile aus Plastik pro Quadratkilometer*
Abb. 8 : Müll im Wasser. * nach aktuellen Studien der UN, zitiert durch Studioswine 2013. Bild: The Sea Chair Project, 2013.
mit dem bloßen Auge kaum mehr erkennt. Darin liegt auch eine der großen Bedrohungen, die vom Müll in Gewässern ausgeht. Die Kleinstplastikteilchen gehen in die maritime (und damit auch in die menschliche) Nahrungskette über, da sie in Verwechslung mit Plankton von Kleinstlebewesen im Meer gefressen werden, aber weitestgehend unverdaulich sind. Ihre Auswirkung auf die Organismen ist bisher noch nicht erschöpfend erforscht. Man weiß gar nicht genau, welche Folgen dies für die menschliche Entwicklung haben wird. Bekannt sind aber die Bilder von verendeten Seevögeln, die größere Müllteile gefressen hatten, was man am Inhalt ihrer Mägen nachweisen konnte. Das stereotype Bild von Abfall als Mülltonne mit herausquellenden Müllbeuteln entspricht also kaum noch dem eigentlichen ‚Wesen‘ von Müll.
Entsorgungskosten im Ursprungsland zu sparen. Wirklich gebrauchsfähig ist der Schrott häufig nicht, vielmehr werden die Geräte nach Rohstoffen, wie Aluminium, Kupfer und Eisen ausgeschlachtet. Dieser Vorgang wird mithilfe hochtoxischer Feuer und händischer Zerstörung vollzogen. Die dadurch entstehende Schadstoffbelastung in Luft und Boden sowie für den Menschen ist immens. Auch der Binnenhandel der Müll importierenden Länder wird durch die vielen Importe belastet.
Müll ist nicht nur innerhalb natürlicher Verbreitungswege mobil, er wird auch bewusst durch Menschenhand auf Reisen geschickt. Sogenannte Müll-Exporte sind ein weitverbreitetes Instrument wohlhabender Staaten. Müll wird in diesem Sinne verkauft, gekauft, geschmuggelt und transportiert. Dabei kann es sich um Elektro-und Plastikschrott handeln, der beispielsweise nach Afrika verschifft wird, deklariert als gebrauchsfähige Second-Hand-Ware um, teure
Abb. 9 : Müll-Exporte. Arbeitsplatz Müllhalde. EIn Jugendlicher in Accra, Ghana, 2008. Bild: Oliver Asselin 2008.
10
11
Müll ist in seiner Omnipräsenz kaum zu übertreffen. So hat er es, neben einigen wenigen Menschen, bereits bis in das Weltall geschafft. Schon bei der ersten Mondlandung hinterließen die Astronauten Müll auf der Mondoberfläche: Die Moonboots von Aldrige und selbst das Mondmobil ließen die Männer zurück. Betrachtet man die Erde aus dem Weltraum, so liegt sie in einer Wolke aus Schrott. Inaktive, beschädigte und zertrümmerte Satelliten und Sonden ziehen im Orbit ihre Bahnen um die Erde. Mehr als 23.000 Objekte, die größer sind als zehn Zentimeter, umkreise die Erde als Weltraumschrott. Sie sowie die abertausend kleineren Trümmerteile bedrohen die alltäglichen Abläufe menschlichen Lebens. Wird ein aktiver Satellit von einem ein Zentimeter großen Trümmerteile getroffen, so ist ein 100 Millionen Euro Kommunikationssatellit nur noch Schrott und bringt wahrscheinlich weite Teile des Internets in Europa zeitweise zum Erliegen. Daher wird nun von den Behörden unter Hochdruck an einem Konzept für eine Weltraummüllabfuhr gearbeitet.
23.000 Objekte größer als 10 cm im Orbit*
mehr als 300.000 Objekte kleiner als 1 cm im Orbit
Abb. 11 : Weltraumschrott. Daten: ESA, NASA. Stand 25. April 2013.
In Deutschland lautet der vorwiegende Umgang mit Müll: Verbrennung. Dabei geht es primär um eine Volumenreduktion der Abfälle. Das passiert in hochmodernen Anlagen (Abb. 12) unter Nutzung der enthaltenen Energie als elektrischen Strom und/oder Heizwärme (Dampf). Die Emissionen solcher Anlagen stehen unter kritischer Beobachtung von Umweltschützern. Durch die unsortierte Verbennung des Abfalls ist es in solchen Anlagen nicht möglich zu wissen, welche Menge eines Stoffes zu welchem Zeitpunkt verbrannt wird. Dabei stellen wiederum Schadstoffe (PVC, Batterien, Lacke usw.) ein Problem dar, da die Zusammensetzung des Rauchgases sowie der Asche/Schlacke stark variiert. Bei der Verbrennung von Abfällen entstehen neben Kohlendioxid und Wasser auch Kohlenmonoxid, Schwefeloxide, Stickoxide, aber auch Salzsäure und Fluorwasserstoff sowie Quecksilber und schwermetallhaltige Stäube. Die schädlichen Rückstände reichern sich zudem bei der Reinung des Abwassers, des Rauchgases und der Filter der Anlage an.
Abb. 10 : Catadores (Müllsammler) auf einer Mülldeponie in Brasilien. Bild: CEPRO 2012.
Die Deponierung von unbehandelten Abfällen ist in Deutschland seit 2005 gesetzlich verboten. Deponiert werden hierzulande ausschließlich vorbehandelte Abfälle, wie Schlacke und Bauschutt. In anderen Teilen der Welt ist aber die Deponierung von Müll noch Gang und Gebe. Problematisch an dieser Lagerung der Abfälle auf großen Halden ohne Abdichtungsvorkehrungen ist die damit einhergehende Verseuchung des Bodens und Grundwassers durch Sickerung giftiger Stoffe (Kohlenwasserstoffe aus Altöl, Lackreste und Lösemittel) aus dem Müll. Zudem setzen die organischen Bestandteile im Abfall fortwährend organische Prozesse auf der Halde in Gang die Ausgasungen (Deponiegas) nach sich ziehen, die ebenfalls problematisch sind.
Abb. 12 : Funktionsweise des Müllkraftwerks der BSR in BerlinRuhleben, 2014
11
12
Abb. 13 : Im Großraum Casablanca, Marokko 2011.
Abb. 14 : Neapel, Italien 2008.
Verbrennung ist, abseits der technologischen Steuerung des Müllproblems, auch in anderen Teilen der Welt ein probates Mittel, um eine Volumenreduktion zu erreichen. In Marokko, beispielsweise, wird der Abfall im ländlichen Raum meist in der Landschaft entsorgt (Abb. 13). In regelmäßigen Abständen werden solche «Müllteppiche» dann zu einem Haufen zusammengeschoben und angezündet.
(Abb. 14) hat gezeigt, wie die Mafia, die die Mülldeponien in der Region betreibt, das städtische System zum Erliegen bringt um gezielte Forderungen zu erpressen. Müll zeigt in allen seinen Erscheinungsformen, dass er sich dem menschlichen Maßstab mehr und mehr entzieht. Dabei geht es auch um das Management von Zeiträumen, die das menschliche Leben um viele Genereationen übersteigt. Das beginnt schon bei ‹normalen› Kunststoffabfällen, die in der Natur innerhalb von 400 bis 700 Jahren zersetzen. Ein Apfel benötigt dafür etwa neun Monate. Besonders deutlich zeigt sich die Problematik an radioaktivem Abfall. Er entsteht durch die Erzeugung von Kernenergie. Achtzig Prozent der damit
Die enorme Einnahme von Raum durch Abfälle bezieht sich nicht nur auf physische Räume, auch politische Räume werden durch Müll und dessen Beseitung besetzt. So kann Müll für den, der für dessen Beseitigung zuständig ist, zum Druckmittel werden. Das Beispiel Neapel in Italien
Haushaltsabfälle Zusammensetzung
Abb. 15 : Atommüllfässer in einem Salzstock. Bild: dpa 2013
12
13
Abfall Cloaca Maxima Abb. 16 : Idealbild aus der Steinzeit (Hugo Darnaut 1851–1937). Bild: Steakley 2012
Abb. 17 : Die Cloaca Maxima unterhalb des Forums in Rom, errichtet etwa 85 vor Christus. Bild: Steakley 2007.
einhergehenden Abfälle entstehen beim Uranabbau, der Rest sind vor allem abgebrannte Brennstäbe. Die Radioaktivität vieler Substanzen hat eine Halbwertzeit, die das menschliche Vorstellungsvermögen übertrifft (Plutonium 24 000 Jahre). Für die Lagerung dieser Abfälle gibt es bisher defacto keine Lösung.
hinein wieder vergessen war. Denn zu jener Zeit wurden Abfälle ausschließlich auf die Straße entsorgt, teilweise ohne dabei das Haus zu verlassen, da man Bettpfannen, zum Beispiel, einfach aus dem Fenster schüttete. Die Abfälle, die auf der Straße landeten, ließ man dann lediglich von Schweinen durchwühlen, die organische Bestandteile fraßen. Der Rest bildete eine übel riechende Dreckschicht, deren Kraft sich in Form von allerlei Seuchen und Infektionskrankheiten äußerte. Der Zusammenhang zwischen dem modernden Müll und den kursierenden Krankheiten wurde erst Mitte des 15. Jahrhunderts erkannt. 1493 ist in Hannover die erste Straßenreinigung urkundlich vermerkt, welche, wie anderenorts auch, bis ins 19. Jahrhundert hinein dem Scharfrichter unterstellt war. Ein Gewerbe war entstanden, das darauf beruhte, Geringverdiener für das Wegschaffen des stinkenden Abfalls von Wohlhabenden zu entlohnen.
Transformationen des Mülls
Es bleibt nun die Frage: Wie hat der Müll all das geschafft? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, beginnt die Nachforschung so früh wie möglich: Historisch betrachtet gab es Müll schon in der Steinzeit. Archäologen waren in der Lage Haufen aus Knochen, Scherben, Asche und anderen organischen Materialien zu identifizieren, die etwas abseits der Siedlungen angelegt wurden. Einen nächsten Meilenstein in der Müllgenese stellt die ‹Erfindung› der «Cloaca Maxima» im Antiken Rom dar. Eine erste Form der Kanalisation, die aber bis in das Mittelalter
Die Straßenreinigung ist dem Scharfrichter unterstellt. 13
Abb. 18 : Historische Karikatur der Müllentsorgung in Potsdam im Mittelalter.
14
Gesamtabfallaufkommen und Fraktionen 1999 408.675.000 t 2005 331.889.000 t
2012 380.576.000 t
250.000.000 187.500.000 125.000.000 62.500.000
Ba uun at d Ab er ia Ab l a bru fä ch us lle ab de au fä m l s Be le Pr Si ed od rg lu ba uk u tio ngs n ab un fä d l Ge le w er Be be rg Bau em un a t d Ab er ia Abb fä la lle us ruc au de hab s Pr m fä S od ie ll B uk dl er e tio un gb n gs au un ab f d Ge älle w er Ba be Üb u rig Ab - un e fä d Ab lle Ab fä lle au br s uc (P de ha ro du S m bfä kt ied Be lle io lu rg n un ngs bau d a Se Ge bfä ku we lle nd rb är e) ab fä lle
0
Be
rg e
m
Abb. 19 : Plastikartikel
Eine weitere wichtige Veränderung vollzog sich parallel zur Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Mit der Entdeckung und Verbreitung von Kunststoff sowie der einsetzenden Mechanisierung und Technisierung von Produktionsabläufen potenzierte sich die Anzahl der Waren und Güter und damit einhergehend das Abfallaufkommen in den Städten. Bis zum heutigen Tage ist der generelle Wohlstand und damit der Konsum immer weiter gestiegen, sodass wir in Deutschland das Gesamtabfallaufkommen mit 380.576.000 Tonnen (Statistisches Bundesamt 2014) beziffern müssen. Mit diesen Ziffern wird in Deutschland ‚umgegangen‘. Es gibt verschiedene Strategien und Hierachien, die dabei zur Anwendung kommen:
Abb. 20 : Daten: Statisches Bundesamt Wiesbaden, 2014.
des Abfalls. Die BSR arbeitet auf zwei Abfallgebieten in Berlin. Zum einen betreibt sie die städtische Müllabfuhr und zum anderen sorgt sie für die Straßenreinigung.
Abfallvermeidung Re-Use Upcycling stoffliches Recycling energetisches Recycling Beseitigung
Expertenvorträge Kreislaufwirtschaft im 21. Jahrhundert
Um die tatsächliche Ausübung der Abfallstrategien besser einzuschätzen, erhalten die Studierenden zwei Input-Vorträge aus der Abfallmanagementbranche. Von der Berliner Stadtreinigung erläutert Franziska Voss den operativen Ablauf der Müllentsorgung in Berlin und dessen rechtlichen Rahmen. Sie beschreibt in ihrem Vortrag einen Paradigmenwechsel innerhalb der Branche vom «Müllkutscher» zum Wertstoffmanager. Dabei geht es um die Abwendung vom ‹Wegschaffen› von Abfällen ohne Rücksicht auf Gefahrenstoffe und Ressourcenverbrauch, hin zum Management von Stoffen und Ressourcen, also die Nutzung der ‹Potenziale›
Müllabfuhr
Straßenreinigung
rd. 1.510 Mitarbeiter / rd. 400 Fahrzeuge Einsammeln von Haus- und Geschäftsmüll: rd. 18,1 Mio. Entleerungen pro Jahr bei rd. 341.000 Müllbehälter Einsammeln von Bioabfällen: rd. 3,2 Mio. Entleerungen pro Jahr bei rd. 83.000 Müllbehälter 15 Recyclinghöfe mit 6 Schadstoffsammelstellen Sammlung von rd. 10.850 Mg Sperrmüll Sonstiges, z. B. 350.000 Weihnachtsbäume
rd. 2.124 Mitarbeiter / rd. 820 Fahrzeuge Reinigung von Straßen und Gehwegen: rd. 1,5 Mio. Kilometer rd. 5,7 Mio. Papierkorbentleerungen und rd. 209.000 Gullyreinigungen Sammlung von rd. 102.000 m3 Laub Beseitigung illegaler Ablagerungen Winterdienst: mehr als 18.000 Kreuzungen (mit GPS-Navigation und Datenaufzeichnung)
Frau Voss erläutert den Studierenden die Berliner Abfalltrennung und welche Verwertungs- bzw. Beseitigungswege die verschiedenen Fraktionen durchlaufen. Dazu gewährt sie zudem Einblick in die Berliner Statistiken zum Pro-Kopf-Verbrauch an Abfall im Jahr 2013. 14
15
Abb. 21 : Pro-Kopf-Verbrauch 2013:
19,5 kg
25 kg
50 kg
39,3 kg
238,1 kg
Daten und Darstellung: Franziska Voss, BSR 2015.
Abb. 22 : Seit Juni 2013 wird Biogas aus Biogut erzeugt. Dabei kommt die sogenannte Kaskadennutzung zur Anwendung: erst findet Vergärung statt, dann Kompostierung. Bild: Franziska Voss, BSR 2015.
Abfallmengen an den 15 Recyclinghöfen der BSR in Berlin. Daten: Franziska Voss, BSR 2015 Abfallart
Altreifen Altteppiche Alttextilien Baum- und Strauchschnitt
Abfallmenge [in Tonnen]
437 2.224 2.642 1.361
Elektroschrott Fliesen und Keramik Glas Holz LVP Laubsäcke 15
13.568 2.042 1.467 52.226 1.029 9.774
Papier Restabfall Schadstoffe Schrott Sperrmüll
10.609 2.162 2.769 7.988 26.830
SUMME
137.128
16
BSR mit ein. Die festen Mitarbeiter des Labors stammen aus allen Arbeitsbereichen des Unternehmens und sie teilen ihre Arbeitszeit zwischen Tätigkeiten im «Ideenlabor» und den regulären Abteilungen, sodass die Rückkopplung zum praktischen Alltag der BSR immer gewährleistet ist. Das «Ideenlabor» der BSR kommuniziert mit Mitarbeitern über ein WIKI im Internet, welches Ideenwettbewerbe, deren Ergebnisse und Austausch innerhalb der «Community» ermöglicht. Im Zuge seiner Ausführungen wird deutlich, dass Innovation keine Arbeitsroutine darstellen kann und immer auch mit dem Bruch von Konventionen (auch der des Unternehmens) einhergehen muss. «Wer innovativ sein will, muss heimlich die Regeln seines Unternehmens brechen.» (Gunter Dueck, ehemals IBM Cheftechnologe) Herr Söling betont im Weiteren die Bedeutung der Einbindung von Designern in die Produkt- und Dienstleistungsentwicklung von Unternehmen. Dazu führt er einige Beispiele von erfolgreichen Kooperationen mit Hochschulen, Unternehmen und Stadtquartieren sowie Forschungs- und Pilotprojekte an, die er den Studierenden näher beschreibt.
Abb. 23 : Abfallvermeidungsprogramm der BSR: Der Berliner Reparaturatlas. Bild: Voss 2015
Weiterhin gewährt Frau Voss einen Einblick in den rechtlichen Rahmen der Abfallentsorgung. Dabei wird deutlich, dass sich dieser hierarchisch von Europa- über Bundes- bis Landesebene strukturiert. Die Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle) setzt somit die gesetzlichen Maßstäbe für alle Mitgliedsstaaten der EU und wird auf Bundesebene im Kreislaufwirtschaftsgesetzt (KrWG) und der Verpackungsverordnung gedeutet. Auf Landesebene, wie beispielsweise in Berlin werden dann daraus Abfallkonzepte entwickelt und umgesetzt. Dabei orientiert sich ein solches Konzept am «5-Stufen-Modell» (Abfallhierarchie) des KrWG (§ 6). Die Stufen nach Priorisierung lauten: Vermeidung – Vorbereitung zur Wiederverwendung – Recycling – sonstige Verwertungsverfahren (z. B. energetische Verwertung) – Beseitigung. Abschließend zeigt Frau Voss den Studierenden die Maßnahmen der BSR zur Unterstützung von Abfallvermeidung. Dazu präsentiert sie Beispiele, wie den Tausch- und Verschenkemarkt der BSR, den Berliner Reparaturatlas, die Initiative Trenntstadt Berlin und Projekte, die über dessen Förderfonds der Stiftung Naturschutz.
Prototypen / Tests Freiwurf- Papierkorb
Biogut-Tonne Komfort
Pfandkiste
Ergonomischer Besen
30
05.01.2015
Zeitungstonne
SpielzeugBaSaR
Söling - Innovationsmanagement BSR
Barrierefreie Abfallsammlung (II) Abb. 24 : Innovationsprototypen und -tests des Ideenlabors der In Kooperation mit der Kunsthochschule Berlin Weißensee ist als Bild: Frieder Söling, BSR 2015.Abfallsammlung entstanden. BSR. Diplomprojekt eine Lösung zur barrierefreien Die Lösung des Arc32 bietet für alle Nutzergruppen mehr Komfort bei nur geringem Mehraufwand für die Müllwerker und ist zusätzlich mit einem Rollstuhl unterfahrbar.
Innovationsmanagement
Frieder Söling aus dem Vorstandsbüro der BSR erläutert im Anschluss die Anstrengungen des Unternehmens im Bereich Innovation. Dafür wurde eigens eine Abteilung innerhalb der BSR geschaffen, die sich «Ideenlabor» nennt und von Herrn Söling geleitet wird. Die Innovationskultur der Abteilung bezieht alle Ebenen der Mitarbeiterschaft der
26
05.01.2015
Söling - Innovationsmanagement BSR
Abb. 25 : «Barrierefreie Abfallentsorgung» – eine Diplomarbeit einer Designstudentin der KH Weißensee, betreut durch die BSR. Bild: Frieder Söling, BSR 2015.
16
17
Abb. 26 : Lebenszyklusphasen von Produkten. Darstellung: Susanne Volz, Ökopol 2015
Abfall und ökologische Produktgestaltung
Susanne Volz von Ökopol gibt zum Abschluss der Inputs noch einen detaillierten Einblick in die Zusammenhänge von Abfall und ökologischer Produktgestaltung. Ökopol als Unternehmen aus Ingenieuren, Umwelt- und Naturwissenschaftlern wirkt maßgeblich an der Umsetzung der EU Ökodesign Richtlinie mit und erstellt Hintergrundgutachten zum deutschen Abfallvermeidungsprogramm. Ökopol betätigt sich in der Umsetzung dieser Rahmenbedingungen durch Instrumente, wie die Gestaltung der Vergabekriterien des Blauen Engels und leistet den Praxistransfer der Erkenntnisse zum einen durch Unternehmensberatung und zum anderen durch Ökodesignkonzepte für die Hochschulausbildung. Der Vortrag von Frau Volz beleuchtet zunächst die Lebenszyklusphasen von Produkten (Abb. 26) und geht dann auf die Herstellung sowie das Recycling einzelner Baustoffe (Stahl, Aluminium, Kunststoff) ein. Frau Volz macht damit deutlich, welcher Energie- und Ressourcenaufwand jeweils in den Verfahren steckt. Dabei wird klar, dass die Begriffe «Recycling» und «Sortierung» kaum die tatsächlichen
Abb. 27 : Leichtmetallrecycling. Quelle: H. Martens, Recyclingtechnik, 2010.
Abb. 28 : Kunststoffrecycling. Quelle: H. Martens, Recyclingtechnik, 2010.
Schritte der Verfahren (Abb. 27 und 28) widerspiegeln können und somit deren leichtfertige Verwendung, auch durch Designer, vorprogrammiert ist. Ihre Schlussfolgerung lautet dementsprechend, der Abfallvermeidung, also dem ökologischen Wirtschaften, in jedem Fall den Vorzug vor den derzeitigen Formen des Kreislaufwirtschaftens zu gewähren. Um diese Botschaft weiter zu bekräften erläutert Frau Volz im Anschluss die ökologische Bewertung von Produkten. Anhand aller «Produktionsschritte» zur Herstellung eines Produkts (Abb. 29) zeigt sie, wie der «ökologische Fußabdruck» Abfälle und Emissionen aller Herstellungsebenen summiert und damit für Gestalter zu einem wichtigen Bewertungsinstrument wird.
Abb. 29 : Hierarchie von Produktherstellung und Entsorgung. Ebenen des ökologischen Fußabdrucks. Darstellung: Susanne Volz, Ökopol 2015.
17
18
Rituale des Erscheinens
Rituale des Verschwindens
Abb. 24 Die Beziehung zwischen Entwerfen und Wegwerfen
Designforschung Entwerfen und Wegwerfen
Abb. 26 : Ahrenshoop 2013.
Es ist deutlich geworden, dass Müll immer schwieriger zu definieren ist. Das Phänomen und auch seine Manifestationen haben sich auf mehreren Ebenen verändert. Wie zuvor anhand der diversen Symptome beschrieben, ist er zum einen gefährlich, mobil und flüchtig geworden. Zum anderen stellt er auch soziale Muster zur Unterscheidung von ‹wertvoll› und ‹wertlos› immer mehr infrage.
Der manifeste Müllhaufen sowie die soziokulturelle Praktik des Entsorgens sind durchaus relevante Faktoren («Rituale des Verschwindens») in der Designlehre. Beide Aspekte beinhalten Informationen, Methoden und Bilder, die den Designprozess bereichern können. Rituale des Verschwindens Da Müll die Fähigkeit besitzt sich zu entwickeln und anzupassen, bleibt es schwierig sein Wesen zu definieren. Anhand äußerer, materialer Eigenschaften der Dinge, wie etwa Alter und Beschädigung, lässt sich Müll schon lange nicht mehr nachweisen. Immer mehr lässt sich erkennen, dass das Phänomen eine soziale Konstruktion ist. Nicht die Gegebenheiten der Objekte bedingen den Müllstatus, sondern individuelle Entscheidungen und Zuweisungen innerhalb bestehender sozialer Muster. Dabei geht es um Ordnung. Diese Ordnung bezieht sich dabei auch auf das Einordnen in die susbstanziellen Lager ‹richtig› und ‹falsch›. Eine solche Einordnung ist für ein soziales Wesen Grundvorraussetzung zum Funktionieren und Manövrieren. Gleichzeitig erscheint eine Selektion im heutigen Objektüberfluss auch physisch notwendig. Diese Zuweisungen werden über Handlungen kommuniziert. Sie und ihr manifestes Ergebnis sind auch von außen beobachtbar. Diese Rituale des Verschwindens hinterlassen meist einen sichtbaren Eingriff in das gebaute Lebensumfeld. Wie auch in der staatlich organisierten Abfallsammlung und -behandlung sind die individuellen Rituale des Verschwindens gezeichnet von einem alles leitenden Pragmatismus. Dennoch führt er nicht selten zu (an)ästhetischen Bilder. Meist entspringen sie der Verbindung aus sozialer Ordnungsstruktur (montags wird der «Gelbe Sack» angeholt) mit natürlichen oder anthropogenen Gegegebenheiten (Abb. 26). So lassen sich immer wieder Umnutzungen und damit kreative Leistungen
Die Beziehung zwischen Design und Müll ist Thema einer Forschungsarbeit. Es ist festzuhalten: Entsorgen ist auf der einen Seite eine soziale Praktik vergleichbar mit einer Gewohnheit oder Sitte. Auf der anderen Seite ist es eine konkrete, beobachtbare, manifeste Handlung des Menschen. Abfall in Form von Artefakten referenziert nicht nur den vorherigen Besitzer sondern auch den Entwerfer. Daher geht es in der Behandlung von Müll in der Designwissenschaft auch um die Entstehung von Artefakten durch Designer («Rituale des Erscheinens»).
Rituale des Verschwindens wertlos?
Abb. 25 : Ist das Müll?
18
19
ABFALL
Beseitigung Verwertung
Wegwerfen Müll Rausbringen
Abb. 29: Abfall als zweistufiges System.
Abb. 27: Mülltonnen mit Schnipsgummi, 2013.
Abb. 28: Sperrmüll von einer Brücke aus gesehen, 2014.
innerhalb der Rituale des Verschwindens beobachten (Abb. 27). Weiterhin sind sehr häufig auch Rituale bzw. die Ergebnisse von Ritualen der Zerstörung zu sehen. Diese Entledigungen stehen auf den ersten Blick konträr zum Ordnung Schaffen, wenn beispielsweise Müll von einer Brücke geworfen wird und am Boden zerschellt (Abb. 28). Dennoch lassen sich auch darin ordnende Strukturen erkennen. Die öffentliche Destruktion der Dinge erleicht die Zuweisung von ‹wert› und ‹unwert› auf der physischen Ebene und macht diese Entscheidung gleichzeitig unwiderrufbar.
Abb. 30: Entledigung im öffentlichen Raum, 2014.
Aufbauend auf den gemachten Boebachtungen kann Müll als zweistufiges System (Abb. 29) dargestellt werden: 1. ENTLEDIGUNG: Die Sachherrschaft über das Ding wird aufgegeben und durch eine Handlung kommuniziert und sichtbar gemacht (Abb. 30). 2. ENTSORGUNG: Weniger sichtbare Strukturen, wie die Müllabfuhr und Beseitigungs- und Verwertungsbetriebe (Abb. 31), nehmen dann die
Abb. 31: Entsorgung in der MVA Berlin Ruhleben, 2013.
19
20
Designprozess
Designprozess & Gebrauchsphasen
SYNTHESE
SYNTHESE
PROJEKTION
AUFNAHME
PROJEKTION
ANEIGNUNG
Das Artefakt
ANALYSE
Das Artefakt
ANALYSE
UMNUTZUNG
Abb. 32: Design und Gebrauch im Modell. Modelle nach Jonas 1996 und Bredies 2014.
GEBRAUCH ABFALL
eigentliche ‹Veränderung› am Objekt vor. Das heißt in dieser Stufe wird das Dinge dann dekonstruiert, sodass sein vorheriger Zweck nicht mehr ablesebar ist. Rituale des Erscheinens Beim Erscheinen der Artefakte in der Welt sind es oftmals Designer, die sie konzipieren und manifestieren. In einem Arbeitsprozess kommen sie schließlich zu dem Konzept eines Produkts, das auf Basis einer Frage- oder Problemstellung entstanden ist. Diesem Designprozess wird in den letzten Jahren durch die Designforschung immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Viele Forscher stufen ihn als probates Medium der Wissensgenerierung ein. Das Prozessmodell von Wolfgang Jonas (1996) und dessen Erweiterung von Katharina Bredies (2014) dienen als Grundlage die Rituale des Erscheinens zu theoretisieren. Die Rituale des Erscheinens der Designer sind neben der dem Beruf inhärenten Praxis, wie Modellbau und Visualisierungen, vor allem als Designmethoden erfahrbar. Die vielfältigen Designmethoden sollen vor allem angehenden Designern in ihrer Ausbildung helfen, die Vektoren einer Designaufgabe und dessen Lösung(en) richtig zu deuten und zu behandeln.
Abb. 33: Entledigung als Phase des Gebrauchs.
Methodologie Müllmethoden
Die theoretische Verschränkung von Design und Gebrauch (Abb. 32) ermöglicht die Frage nach dem Ausscheiden der Artefakte aus diesem System. Während Bredies (2014) also für die Ausdehnung der Synthesephase des Designprozesses plädiert, wird hier die Erweiterung des Gebrauchs vorgeschlagen, um einerseits Entledigung als Ende des Gebrauchs einzubeziehen und um andererseits die Verbindung zwischen Gebrauchsende und Analysephase des Designprozesses (Abb. 34) herzustellen. Über diese theoretische Brücke lässt sich Entledigung, als Nutzer geprägte Phase, als Ausgangspunkt für verschiedene Designwerkzeuge ansehen und nutzen. Als Werkzeug lässt sich alles definieren, dass der Designer bewusst einsetzt um zu Wissen oder Inspiration zu gelangen. Nutzt man die Entledigungsphase, kann man aus tatsächlichen Artefakten Wissen ableiten um ‹neue› Produkte oder 20
21
DESIGN-
GEBRAUCH
ABFALL
Designmethoden Müll-Methoden
PROZESS
Abb. 34 : Die Verschränkung von Design und Gebrauch durch Müllmethoden
Designer
besser neue Konzepte und Systeme zu entwickeln. Diese grundsätzliche Herangehensweise an Aktivitäten während des Gebrauchs ist nicht neu. «Cultural Probes» (Gaver et al. 2004) stellen einen Überbegriff für Methoden dar, in denen der Nutzer durch Aufgaben oder Objekte zur Reflektion seiner Umwelt gezwungen wird. Meist dienen «Cultural Probes» dem Designer um das Empfinden des Nutzers zu verstehen bzw. generell auch die subjektiven Anforderungen aufseiten des Nutzers zu würdigen.
Nutzer
Akteure
Abb. 35: Die Akteure der Müllmethoden
Wegwerfen Abfallsysteme
Im Weiteren soll hier der theoretische Aufbau dieser Müllmethoden beschrieben werden. Zunächst bleibt festzustellen, dass es in dem vorgestellten System zwei Akteure gibt: den Designer und den Nutzer. Zudem können drei Instanzen des Abfalls (Abb. 36) ausgemacht werden, die als Andockpunkt für Designmethoden funktionieren. Da ist der Moment des Wegwerfens, der Entscheidung sich von
Müllartefakte
Abb. 36: Die Ausgangspunkte für Müllmethoden
21
22
Abb. 37: «Tool Kit Müll»
etwas zu trennen und dies meist durch eine Ortszuweisung oder -änderung zu kommunizieren. Daneben gibt es sozialgesellschaftlich organisierte Abfallsysteme. Das sind eminente Konstellationen, wie mit Müll umgegangen wird. Sie äußern sich zum Teil rein formal, also am Aussehen von Behältern, deren Anordnung und wie ‹kulturelle› Regelungen befolgt oder gebrochen werden (z. B. ‹wilder Müll›, übervolle Tonnen, «Gelber Sack» hängt am Baum). Gleichzeitig spielen im Bereich der Abfallsysteme auch infrastrukturelle Abläufe, also welche Wege der Müll geht und durch wen, eine wichtige Rolle. Zuletzt ist es auch der Müll selbst, also die tatsächlichen Artefakte, die als Müll deklariert sind, die einen Zugang für Designer ermöglichen. Die Dinge im Müll bestehen bis zu ihrer Entsorgung weiter. Forschungen zur Materie des Objektes, also Material, Beschaffenheit, Herstellung, Gebrauchsspuren sowie Verwendung und Bedeutung können durchgeführt werden. Auch die insgesamte Zusammensetzung der Müllartefakte hält Erkenntnisse für den Designer bereit. Aus der Verbindung der verschiedenen Instanzen konnte eine Methodenmatrix (Abb. 37) entwickelt werden, die einen Überblick über die bisherigen Müllmethoden erlaubt. Die Matrix versteht sich als Momentaufnahme der entwickelten Methoden, da sie sich bei jeder Anwendung ein wenig verändern oder aber ganz neue Methoden, entwickelt von den Studierenden, hinzukommen.
Abb. 38: Bestandsaufnahme: außerhalb des Gebäudes.
Abb. 39: Bestandsaufnahme: außerhalb des Gebäudes.
Praxistest am Ort
unerlässlich um die Komplexität der Situation zu erfassen. Hier im Universitätsgebäude und auf dem Gelände erforschen die Studierenden nun an welchen Stellen und wie Abfall in Erscheinung tritt. Gleichzeitig bekommen die Studierenden die wichtigsten Daten zum Abfallmangement im Gebäude dargestellt, sodass die Spannbreite der realen Probleme deutlich wird.
Ortsbegehung und Problemabriss
Das Projekt bezieht sich auf einen konkreten Ort, einem Gebäude der Universität der Künste Berlin in der Straße des 17. Juni 118. Im Fokus steht das am Ort praktizierte Abfallsystem und dessen Schwachstellen. Dazu ist eine Ortsbesichtigung 22
23
Bestandsaufnahme: Erdgeschoss
Bestandsaufnahme: 1. Obergeschoss
23
24
Bestandsaufnahme: 2. Obergeschoss
24
25
Bestandsaufnahme: 3. Obergeschoss
Bestandsaufnahme: 4. Obergeschoss
25
26
Abfallentsorgung am Standort: Behälter
Entleerung
2 Tonnen (je 1100 l) Wertstoffe 2 Tonnen (je 1100 l) Papier und Kartonagen 4 Tonnen (2 x 1100 l und 2 x 120 l) Restmüll 1 Tonne (240 l) Weißglas 1 Tonne (240 l) Buntglas 1 Tonne (240 l) Biogut 1 Sperrmüll-Container (7,5 m3)
Berlin Recycling (kostenfrei)
•
•
Hauptanteil am Abfall: • Späne aus der Tischlerei und der CNC Fräse • Projektaufbauten und -modelle • kostenloses Informationsmaterial (Flyer und Broschüren)
Berlin Recycling (kostenfrei) Problematiken • Platz: Der Innenhof soll nach einem größeren Umbau nun der Erholung dienen. Es wurde ein Garten angelegt und Sitzflächen geschaffen. Müll soll hier nicht mehr gelagert werden.Für Müll ist kein ausreichenden Platz. Die Anschaffung einer Müllpresse wurde abgelehnt.
BSR, 2 x wöchentlich im Semeseter Berlin Recycling Berlin Recycling BSR Klebs, etwa 2 x pro Jahr (etwa 1000 €)
Die Abfalltonnen befinden sich derzeit zum überwiegenden Teil außerhalb des Grundstücks der Universität an der Straße. Eine vorhandene Feuerwehrzufahrt zum Innenhof wurde bis vor kurzem als ‹Müllraum› genutzt. Dort wurde nun eine Säge platziert, die für den Zuschnitt von Plattenmaterial angeschafft wurde. Für die Tonnen soll in nächster Zeit ein ‹Käfig› gebaut werden. Gefahrenstoffe werden an der Universität ebenfalls gesammelt, dies aber direkt vom zuständigen Hauswart. Hier handelt es sich um Chemikalien aus der Färberei. Problematisch ist das achtlose Zurücklassen von Gefahrenstoffen durch Studenten (Lackreste, Chemikalien usw.).
2 große Restmüllcontainer rotieren zwischen der Holzwerkstatt/ CNC-Fräse und draußen
Metallabfälle werden nach Bedarf von Schrotthändlern abgeholt
In der Cafeteria trennt der Betreiber Joschi die Abfälle
Auf den Etagen befinden sich nur Papierkörbe (nur für Papier). Aber sie sind mit Mülltüten versehen, sodass dort alles hineingeworfen wird
In den Fluren befinden sich keine Mülleimer (laut Hauswart wegen Brandschutz)
26
•
Studentenleben: Die Studenten verbringen die meiste Zeit des Tages (und auch der Nacht) in der Uni, sie kochen und bauen und arbeiten und feiern hier. Diese diversen Nutzungen am gleichen Ort rufen widersprüchliche Anforderungen hervor.
•
Diplomanden(räume): Am Ende des Studiums werden oftmals Möbelstücke (Sofas, Kühlschränke), die während der Bearbeitungszeit genutzt wurden, und Projektmodelle zurückgelassen. Dies führt zu großem Aufwand, da es sich um sperrige und schwere Gegenstände handelt.
•
Aula: Es werden häufig Präsentationen, Aufbauten und Modelle zurückgelassen. Das Hauspersonal versucht jedoch die Aufbauten manuell zu trennen und in Einzelteile zu zerlegen. Es wurde ein kleines internes Lager für Materialien angelegt, welches aber nur von Studierenden «mit guten Beziehungen» genutzt werden kann.
27 In der Porzellan/GipsWerkstatt befinden sich Siebe vor dem Abfluss. Trotzdem gibt es immer wieder Beschwerden der Berliner Wasserbetriebe wegen Gipsrückständen.
Überall auf den Fluren werden „Objekte“ abgestellt, bei denen man nicht weiß, ob es Müll ist oder nicht. Es gibt einen Pfandautomaten (nicht für gängige Pfandflaschen). In den Arbeitsräumen und Büros stapeln sich Pfandflaschen aller Art.
Es gibt ein Materialarchiv, welches aber nur Proben von Materialien sammelt.
Mapping
Als erster Praxistest einer Müllmethode, nachdem die Studierenden den Zugang zum Müll am Ort dessen Entstehung erhalten haben (Garbologie), soll ein Müll-Mapping des Universitätsgebäudes erstellt werden. Etagenweise erfassen und dokumentieren die Studierenden alle Phänomene und Beobachtungen, die im Zusammenhang mit Abfall stehen. Durch den Prozess des Mappings konnten weitere Informationen zum Standort gesammelt werden. Zudem kann eine grundsätzliche Unterscheidung der Bereiche, in denen Müll im Gebäude anfällt getroffen werden: 1. Alltagsmüll der Studierenden (Coffee-to-go-Becher...) 2. Arbeitsmüll der Studierenden (Modellbau, Präsentationen...) 3. Arbeitsmüll der Mitarbeiter (Dokumente)
Verhaltensbeobachtungen Befragungen Alternativen Infrastructuring Abb. 40: Infrastructuring
Infrastructuring
Nachdem alle Studierenden den Ort näher kennengelernt haben, gilt es eine weitere Müllmethode praktisch zu erproben. Das Infrastructuring wird als Eingriff in bestehende Abfallsysteme verstanden (Abb. 40). Der Designer verändert also in irgendeiner Weise die gewöhnlichen Abläufe oder Gegebenheiten und beobachtet oder befragt daraufhin den Nutzer zu diesen Veränderungen. Dabei ist der Nutzer bereits mit einer neuen Situation konfrontiert und kann dem Handeln kaum ausweichen.
Abb. 41: Die Studierenden beraten über die mögliche Manipulation des Status quo.
Mögliche Eingriffe (u. a.): • Mülleimer Verstecken / andere Position • Mülleimer Überwachen (sichtbare Beobachtung beim Wegwerfen)
• • • 27
Mülleimer Präparieren (Geräusche, Licht, Öffnung) Mülleimer Füllen (mit Kuscheltieren...) Putzkolonne Begleiten / Manipulieren
28
Abb. 42: Filmstills aus dem Prozessvideo zu «Mülleimer Weg»
Zeit... Diese Veränderung sollte man einige Zeit beibehalten, um die Reaktionen der Konfrontierten dokumentieren und analysieren zu können. Wie haben die Menschen auf unsere provokante Veränderung reagiert? Wie desinteressiert sind die Menschen wirklich? Kann man die Menschen zu einem gewissenhafteren Umgang mit Müll erziehen? Was wird am häufigsten und wo weggeschmissen? Wie schnell sollte die Universität sich um eine Lösung kümmern?»
Müllst du noch... Oder trennst du schon? Lisa-Mia Kather, Christine Sattler, Sophie Stanitzek & Luisa Wittkamp «Mülleimer weg... Provokation & Intervention: Wir haben alle Mülleimer aus allen Räumen der UdK entwendet, eine Plastikplane stattdessen auf den Boden geklebt und Schilder darüber gehängt, auf denen „Müllst du noch... Oder trennst du schon?“ steht. Die Mülleimer sammelten wir im Foyer und ordneten sie als Installation so an, dass sie unübersehbar waren und die Mülltrennung unmissverständlich gekennzeichnet und propagiert wird. Ärgerlich, ärgerlich... Etwas, das alle täglich benutzen und als selbstverständlichen Gegenstand im Alltag erachten, ist nun weg. Was nun tun mit dem Müll der anfällt? Auf die Plane schmeißen, sichtbar dort liegen lassen und ganz offensichtlich gegen den Text auf dem Schild verstoßen? Ein schlechtes Gewissen haben und sich die Mühe machen, die Mülleimer im Foyer zu nutzen? Sich eine Mülltüte als Ersatz aufhängen?
Die Studierendengruppe hat hier die direkte Konfrontation mit den Nutzern nicht gescheut. Denn die „Entführung“ der Abfalleimer (Papierkörbe) hat zu Reaktionen und Emotionsbekundungen geführt. Dies macht zum einen die Stellung des Wegwerfens, bzw. der Möglichkeit des Wegwerfens deutlich. Zum anderen zeigt das Auslegen einer Plane am Boden, wie ‹barbarisch› das Wegwerfen im Grunde ist und welche Scham besteht, den Müll einfach unsortiert auf den Boden zu werfen. Außerdem kann die Aufstellung aller Mülleimer des Gebäudes im Foyer deutlich machen, dass das 28
29
Abb. 43: Die Installation der ‹entwendeten› Mülleimer im Foyer der Universität.
Abfallmanagement bisher kein gestalteter Prozess ist (trotz der Vielzahl an Gestaltern im Gebäude). Die vielen verschiedenen Mülleimer zeugen vom derzeitigen Chaos und sollen das Gestalterauge provokativ beleidigen und zur Aktion animieren.
29
30
Mülleimeraufsätze Dahm Lee, Aleksandr Abens, David Ciernicki, Moritz Bley & Lucie Waschke «Durch Manipulation der Mülleimer zwingen wir die Studenten den Müll in dafür vorgesehene Behälter zu entsorgen. Wir verschließen die Eimer als Reaktion auf den unsachgemäßen Gebrauch. Nach dem informativen und belehrenden Aspekt können die Studenten in einem spielerischen Akt das richtige Behältnis für ihren Müll suchen. Die Personen im Raum müssen nach Alternativen suchen und werden für das Thema sensibilisiert. Gewohnheiten der Entsorgung sollen hinterfragt werden.»
Aktion 1
Mülleimeraufsätze
Abb. 44: Mülleimeraufsatz «Kriebsch» und Kindersteckspielzeuge Inspiration als Inspiration.
Abb. 45: Der Status-quo ...
Abb. 47: Der Cup-Aufsatz
für verschiedene Abfallfraktionen kommunizieren die Mülleimeraufsätze ein Verbot und eine Erlaubnis gleichermaßen. Sie involvieren den Nutzer in die Handlung und verlangen ihm mehr Zeit ab, was eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema Abfall ermöglicht. Die gewählten Abfallfraktionen ergaben sich aus den Untersuchungen des Inhalts der Mülleimer vor Ort.
Abb. 46: ... und dessen Manipulation.
Das unsortierte Weggwerfen war auch in dieser Arbeit die zu untersuchende Problemlage im Universitätsgebäude. Durch den Einsatz von minimalen Gestaltungselementen, wie einem gestanzten Deckel, erreichen die Studierenden einen wahrnehmbaren Einschnitt im normalen Wegwerfverhalten. Über verschiedene Stanzungen 30
Cu
31
Böser Smiley. Use it or lose it. Dahm Lee, Aleksandr Abens, David Ciernicki, Moritz Bley & Lucie Waschke Die Frage nach ReUse-Möglichkeiten von Materialien innerhalb der Universität wurde von der gleichen Studierendengruppe mit der Problematik herrenloser Projektaufbauten auf den Fluren und in den Räumen kombiniert. Der Status quo vor Ort sieht so aus, dass überall größere und kleinere Objekte herumstehen, bei denen niemand weiß, ob es sich dabei um «Lagern» oder um «Entledigen» handelt. Diese Grauzone attackieren die Studierenden indem sie an alle herrenlosen Modelle und Aufbauten einen «Bösen Smiley» hängen. Diese Plakette informiert den Besitzer, falls er interessiert ist, zu welchem Termin das Objekt in den Besitz des Materialarchives übergeht. Dort, so das Konzept weiter, können wiederum andere Studierende gegen eine Spende dieses gewonnene Material erneut verwenden.
Abb. 48: Ein Flyer beschreibt die Verfahrensweise des «Bösen Smileys». Flyer zum Semesterstart
Das Anbringen einer Plakette hat eine behördliche Konnotation. Die Nutzung und Verteilung der Materialien durch eine studentische Organisation hat etwas Anarchisches. Die Verbindung dieser zwei Grundtendenzen kann eine sinnvolle Infrastruktur des Teilens in der Universität etablieren. Die herrenlosen Objekte machen damit ebenfalls einen Bogen um den Müllstatus und verringern das Sperrmüllaufkommen der Universität.
Abb. 49: Die Besitzer der herumstehenden Objekte werden durch die Smiley-Plakette auf Handlungsbedarf hingewiesen. Andere Studierende können bereits das verfügbare Material anschauen.
31
32
Konzeptentwicklung Nach der Erprobung zweier investigativen Müllmethoden am Ort und deren Erkenntnisgewinn sind die Studierenden gefragt umfassendere Konzepte und Lösungsvorschläge für das Abfallmanagement im Universitätsgebäude zu erarbeiten. Dabei geht es auch um Veränderungen, die das Wegwerfverhalten der Studenten beeinflussen können. Das gesamte, während der Woche generierte Wissen zur Thematik und dem Standort soll zu einer «Kampagne», das bedeutet die praktische Implemenation umfassend, kondensiert werden. Die Möglichkeit einer realistischen und zeitnahnen Umsetzung soll bei der Ausarbeitung ebenfalls berücksichtigt werden.
Abb. 50: Ein großes Problem: Coffee-to-go-Becher
1. Es wird zu viel Müll produziert. Für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen ist eine Reduktion des Verbrauchs unausweichlich. Innerhalb des Designgebäudes wird aufgrund der universitären Aufgaben viel Müll produziert. Wo Produkte gestaltet und kreiert werden, fallen auch Späne, Stoffe oder Keramik-Scherben. Gleichzeitig verbringen die Studierenden durch ihre Arbeit sehr viel Zeit im Gebäude, wodurch auch anderer Müll wie Essensreste, eine Vielzahl von Pappbechern und weiterer «Hausmüll» zustande kommt.
«Das Thema ist Müll. Klingt soweit weder ansprechend noch bedeutungsvoll. Aber wohin gehen all unsere Abfälle? Warum ersticken wir bei all dem Konsum und den Verpackungen, die sich nach nur einer Woche in den Innenhöfen der meisten Wohnkomplexe häufen, nicht längst darin? Die Antwort darauf ist einfach und naiv. Wir schaffen ihn aus unseren Augen. Man nenne es Wertstoff, Restmüll, Recycling oder Kompost – egal, denn selbst die gewissenhaften Umweltliebhaber unter uns wollen nur eins: „Weg mit dem Zeug.“ Und dass „weg mit dem Zeug“ selbst bei Recycling oft Verbrennung bedeutet, welche zwar neue Energie gewinnt, dennoch katastrophale Emissionswerte mit sich bringt, bleibt den meisten unbekannt. Mit Müll will man sich nicht auseinandersetzen. Und selbst die Trennung ist für so manchen schon zu viel der Mühe. Bei all den Problemen, die auch das Recycling mit sich bringt, ist es dennoch Schadensbegrenzung und ein erster Schritt. Denn das Zeug, was wir da loswerden wollen, ist Energie, wird gekauft und kann richtig getrennt, die Schäden, die unsere Gesellschaft künftigen Generationen hinterlässt, begrenzen.» Adrian Lauschke, Billy Schmidt, Denis Gündes, Marleen Mayr & Tim Brandt
2. Der Müll wird nicht getrennt. Müll wird getrennt, damit er nach dem Wegwerfen als Sekundärrohstoff weiter genutzt oder sortengerecht bei den unterschiedlichen Entsorgungsstellen entsorgt werden kann. Unsere Feldforschung ergab jedoch, dass der Müll in den Müllkörben weder getrennt wird noch unterschiedliche Behälter für den jeweiligen Müll existieren. 3. Viel Müll wird weggeworfen, statt weitergenutzt. Innerhalb des Gebäudes stehen viele Materialen rum, die weitergenutzt werden könnten. Zwar fanden wir heraus, dass einige Studierende diesen «Müll» für neue Projekte nutzen, doch bleiben viele Materialien ungenutzt. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass häufig keine Informationen dafür bereitgestellt werden, ob bestimmte Materialien weitergenutzt oder auf den Müll gebracht werden können. Im Zuge dessen hat der Hauswart inzwischen sogar ein eigenes Lager aufgebaut, in welchem solche Gegenstände abgeholt werden können.
«Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass das Müll-Problem nur gelöst werden kann, wenn Müllvermeidung und Mülltrennung für die Studierenden einfach und spaßig gestaltet werden. Dazu müssen praktische Maßnahmen erfasst werden, welche Informationsdefizite beseitigen und zur Ressourcenschonung motivieren. Unsere Lösungsvorschläge liefern dafür erste Ansätze, die nach dem Kurzzeitprojekt aufgegriffen und umgesetzt werden können.»
Lösungsvorschläge: 1. Reduktion des Mülls durch Tassen statt Pappbecher. Die Müllproduktion ist ein wesentlicher Teil des Schaffens der GestalterInnen und lässt sich nur sehr schwer bis überhaupt nicht reduzieren. Daher sind wir zu dem Schluss gekommen, die Müllreduktion auf anderen Ebenen anzugehen. Innerhalb des UdK-Gebäudes ist uns vor allem der Berg an Pappbechern aufgefallen, den man durch bestimmte
Probleme und Lösungen In schriftlichen Ausarbeitungen haben die Studierenden eine Analyse der wichtigsten Problemfelder und deren möglichen Lösungen zusammengetragen: „Durch unsere Feldforschung analysierten wir drei zentrale Problemfelder: 32
33
Vorgehensweisen beseitigen könnte. So könnten in 1.-Semesterworkshops eigene Namenstassen gestaltet werden. Die individuell gestaltete Tasse führt zu einer Identifikation mit dem Gegenstand und hat dadurch für die Studierenden einen bestimmten Wert. Um deren Nutzung noch einfacher und bequemer zu gestalten, könnten außerdem Regale für die Tassen aufgestellt werden. So versicherte uns der Hausmeister und Café-Betreiber Joshi, dass er solch ein Regal zur Verfügung stellen würde. Um diesen Schritt umzusetzen, müssten jedoch gleichzeitig die Pappbecher im Café sowie in den KaffeeAutomaten abgeschafft werden, damit nicht weiter auf diese zugegriffen wird. Wir entschieden uns für diese Lösung, da uns Joshi im Gespräch von einem Pfandsystem abriet, welches er bereits versucht hatte. Das Ergebnis war, dass die Studierenden die Tassen nicht zurückbrachten und er die Wochenenden ständig neue kaufen musste.
Darüber hinaus plädieren wir für eine Aufklärung im Zuge der Erstsemester-Woche. Außerdem könnten bestimmte Sprüche auf den Mülleimern stärker zur Mülltrennung motivieren. In Anlehnung an die Kampagne der BSR könnten solche Sprüche «Gib mir Bio, Baby!», «Reste-Rampe» oder «Give me plastic, it’s fantastic!» sein.
2. Mülltrennung einfach und spaßig gestalten. Bei vielen Studierenden, aber auch allgemein, herrscht ein Informationsdefizit über die Trennung bestimmter Materialien. Symbole von häufig entsorgtem Müll (bspw. Karton, Papier oder Zigaretten) auf den jeweiligen Mülleimern könnten dem Informationsdefizit entgegenwirken. Darüber hinaus könnten, je nach Ebene, Mülleimer für die Materialen bereitgestellt werden, die in den jeweiligen Räumen besonders häufig genutzt werden. Eine weitere Möglichkeit sind Zettel in den Räumen, die in kurzen Sätzen über die Mülltrennung informieren.
Abb. 52: BSR-Kampagne
3. «Re-Use-Ecken» für Studierende und ein Aufkleber-System. Viele Materialien werden weggeworfen oder stehen gelassen, obwohl sie von Studierenden weitergenutzt werden könnten. Grund dafür ist, dass vielen Studierenden nicht klar ist, ob die Materialien weitergenutzt werden dürfen oder noch Teil eines Projektes sind. Um dies zu kennzeichnen, schlagen wir «Re-Use-Ecken» vor, die innerhalb der Flure
Abb. 53: Individualisierte Porzellantassen.
33
34
durch Klebetape gekennzeichnet sind. Um die Möglichkeit der Weiternutzung zu verstärken, könnten außerdem Aufkleber mit den Aufschriften «Wird noch genutzt» und «Kann weiterverwendet werden» produziert und an die Studierenden verteilt werden. Diese würden den Studierenden verdeutlichen, welche Materialien frei zur Verfügung stehen.“ Theresa Ebeling, Lucas Gerrits & Christian Schönfeld
die Arbeitsräume aufzuräumen und den Mülleimer zu leeren Mülltrennung muss ermöglicht werden: Auf jeder Etage mindestens eine Gelegenheit (im Flur/ Treppenhaus) besser zwei um seinen Abfall getrennt entsorgen zu können • Einen Ideenwettbewerb bei den Studierenden veranstalten: Die Studenten kennen das Gebäude, die Probleme und die sich bietenden Chancen - Und sind zusätzlich Produkt und Industriedesigner die eine Ansprechende Lösung dafür designen können • Ein Taggingsystem: Um erkennbar zu machen ob Objekte in den Fluren Müll sind oder nicht, zu wem sie gehören und seit wann sie dort stehen/ wann es abgeholt wird. Alles was nicht getagged ist wird entsorgt. • Keramik-Tassen statt «Coffee-to-go» Becher aus Pappe • Mülltrennung vereinfachen: Die Mülleimer zeigen durch ihre Oberfläche an, welcher Müll in sie geschmissen werfen darf (Der Plastik-Mülleimer ist aus Plastik, usw.)» Adrian Lauschke, Billy Schmidt, Denis Gündes, Marleen Mayr & Tim Brandt •
Eine andere Gruppe hat zusätzlich zu ihren eigenen Vorschlägen, auch alle im Projekte aufgekommenen Ideen dokumentiert: «In diesem Zusammenhang haben sich vier große Ansatzpunkte für Verbesserungen herauskristallisiert: 1. vermeidbarer personenbezogener Müll: Hierbei sind uns vor allem zwei Dinge aufgefallen. Einerseits die vielen «Coffee-to-go» Becher, andererseits die Unmengen an Pfandflaschen. 2. ‹Falsche› Mülltrennung: Zum einen verfügt der Standort über zu wenige Mülleimer, zum anderen besteht nicht die Möglichkeit der Mülltrennung. In den Seminarräumen gibt es einzig Papierkörbe, die allerdings für allen anfallenden Abfall verwendet werden. 3. Platzierung von Modellen im Flur: Die Arbeiten von den Studenten werden überall im Haus gelagert und vergessen. Aufgrund fehlender Kennzeichnung ist nicht ersichtlich wie lange das Objekt dort steht, wann es abgeholt wird oder ob es Abfall ist. Das behindert Entsorgung und Wiederverwendung des Materials durch andere Studenten. 4. Sensibilität der Studenten: Ausgehend von den Gesprächen, die wir mit Designstudenten und Lehrenden geführt haben, ist uns deutlich geworden, dass das vermeintliche Müllproblem von den Studenten nur bedingt wahrgenommen wird. Gleichzeitig wurde deutlich, dass Müll und seine Trennung generell ein lästiges Thema ist.
Wege zur Lösung
«Was nun noch fehlt, ist die Grundlage. Denn selbst, wenn wir Leute in die Verantwortung ziehen, sie belohnen, oder die Trennung vereinfachen, muss noch ein Bewusstsein für die Problematik geschaffen werden. Und genau hier liegt das größte Problem. Wie am Anfang erwähnt, man kann kaum jemanden für Müll begeistern, denn er ist ‹nur› das, was von unserem Leben übrig bleibt. Es gibt auch keine Notwendigkeit, die uns drängen würde das Thema in Angriff zu nehmen, denn wenn wir es mal herunterbrechen: In der Universität sind wir als Studenten ähnlich umsorgt, wie im Hotel Mama. Aber wie kann man eine Thematik wie diese dann an den Studenten bringen? Viele der Erstsemester sind neu in der Stadt. Physisch gerade erst angekommen, wächst das Bedürfnis Kontakte zu knüpfen, Freunde, Partner, usw. zu finden. Und genau dieser Zustand ist auch für das Thema Müll zu nutzen. UdK Parties ziehen viele Leute an und gerade, wenn der eben erwähnte soziale Druck besteht, steigert das noch den Andrang. Der Ansatz ist also eine Party. Eine TrashParty, die das Thema aufgreift, mit Witz, Alkohol und Partyspielen abrundet und so nicht nur für das Thema sensibilisiert, auf dieses aufmerksam macht, sondern dieses auch enttabuisiert.»
Wir sind nach einiger Überlegung zu dem Schluss gekommen, dass primär die nicht vorhandene Möglichkeit der Mülltrennung und das momentane Verhalten der beteiligten Akteure einer effizienten, nachhaltigen und ästhetisch ansprechenden Entsorgungskultur im Weg stehen. Um diesem Sachverhalt zu begegnen haben wir durch ein Brainstorming folgende Lösungsansätze erarbeitet: • Das Pfandflaschen-Chaos könnte mit Hilfe einer Pfandstation in Kooperation mit der Bahnofsmission am Zoo oder Online Pfandsammlern gelöst werden • Durch das Einführen von Mülldiensten bei den Studenten, soll den Studenten ein Sinn für Eigenverantwortung ausgelöst werden. Im Rotationsverfahren werden Studenten beauftragt
Die Trash Party Adrian Lauschke, Billy Schmidt, Denis Gündes, Marleen Mayr & Tim Brandt «Hört ihr die Pfandflaschen in den bierdurchnässten Jutebeuteln klirren? Es ist so weit. Ihr habt es gehört. Der Müll ist gefallen, meistens 34
35
leider in die falsche Tonne. Aus diesem Grund öffnet die Universität der Künste ihre Pforten, um den eigens produzierten Müll raus an die Öffentlichkeit zu tragen und artgerechte Verwertung zu vermitteln. Trash wird auf eine ganz neue, hinreißende Art kommuniziert. Begib dich auf eine Reise auf drei Ebenen: Lerne Papier-, Sperrsowie Restmüll besser kennen. Auf drei verschiedenen Floors werden vergessene Kunstwerke, Workshops über Mülltrennung sowie das Recycling als solches präsentiert. Zur späteren Stunde formiert sich der nun getrennte Abfall zum Müllgenre gerechten Trash-Techno.
Abb. 54: Flyer für die „Trash Party“
SPERRMÜLLfloor Flaniere vorbei an die vergessenen Kunstwerke, die fleißige Studenten gefertigt, jedoch nie mehr abgeholt haben. PAPIERMÜLLfloor Bin Pong Challenge - ein Spiel, indem den Studierenden die Mülltrennung näher gebracht wird. RESTMÜLLfloor Die Crème de la Trash. x Rodhad, x COMA, x Len Faki, x Ame»
Mit ein bisschen Glück wirst du vielleicht an diesem Abend sogar zu Mr. & Mrs. Trash gekürt. Der ganze Spaß kostet dich etwa 5 Euro, aber lass bloß nicht deine Pfandflaschen zuhause. Bring sie als Spende für die weiteren Müllprojekt der Universität mit. Also trau dich und lass dich mal so richtig zumüllen.
Abb. 55: Veranstaltungsseite der «Trash Party» in sozialen Netzwerken, hier facebook.
35
36
Abschlusspräsentation In einer abschließenden Veranstaltung mit vielen weiteren Kurzzeitprojekten und vielen Gästen sollen die Ergebnisse der interdisziplnären Woche vorgestellt werden. Die Studierenden entschieden sich, nicht einzelne Ideen und Lösungsvorschläge zu präsentieren, sondern alle Studierenden mit einer gemeinsamen Botschaft anzusprechen. Dabei wollten die Botschafter aber in keinem Fall ‹belehrend› oder ‹langweilig› sein. Daher lag der Fokus darauf, Aufmerksamkeit zu erzeugen. Hier konnten dann bereits erprobte Interventionen als Grundlage dienen.
Am Ort der abschließenden gemeinsamen Präsentation wurde, im Kontrast zu anderen Projektflächen mit beispielsweise feinster weißer Keramik, eine «Müllzone» errichtet. Hier wurden wieder sämtliche Abfallgefäße des Geländes eingesammelt und in einem Cluster angeordnet. Dabei konnte zum einen auf die Thematik der Mülltrennung und zum anderen auf die Sichtbarmachung von Müll eingegangen werden. «Intervention der Müllentsorgung. Sämtliche Mülleimer in diesem Gebäude befinden sich nun an einem einzigen Ort. Der potenzielle Müllentsorger begibt sich auf die Suche und findet den zentralen Müllentsorgungsort. Regelmäßige Interventionen bewirken einen regelmäßigen Suchimpuls, gipfelnd in der Herausforderung trennen zu wollen.»
Abb. 56: Vorbereitung der Installation zur Präsentation
Abb. 57: Mülltrennung soll eine Rolle spielen.
36
37
Abb. 58: Verschiedene Abfallfraktionen sollen in verschiedene Abfalleimer entsorgt werden.
37
38
Projektbeteiligte
Fuller, Richard Buckminster 1981. Critical Path. St. Martin‘s Press, New York. Gaver, W., Boucher, A., Pennington, S. & Walker, B. 2004. «Cultural probes and the value of uncertainty», Interactions, 11(5), Seite 5356. URL: http://research.gold.ac.uk/4720/ [Stand 26.07.2014]
Professoren Prof. Dr. Gesche Joost, Designforschung und Methoden Prof. Holger Neumann, Konstruktion und Technologie
Jonas, Wolfgang 1996. «Design als systemische Intervention für ein neues (altes) ‹postheroisches› Designverständnis», Vortrag zum 17. Designwissenschaftlichen Kolloquium «Objekt und Prozeß», 28.-30.11.1996, Halle / Saale.
Leitung Dipl.-Des. Susanne Hausstein, Designmethoden
Statistisches Bundesamt (Hg.) (2014): Umwelt. Abfallbilanz 2012. Erschienen Juli 2014, Wiesbaden.
Experten Susanne Volz, Ökopol Institut für Ökologie und Politik Franziska Voss, Berliner Stadtreinigung, Abfallvermeidung Frieder Söling, Berliner Stadtreinigung, Vorstandsbüro Abteilung Energie, Umwelt und Innovation
Studioswine (2013): Sea Chair Info. URL: http://www.studioswine.com/ sea-chair-info. Stand 30.08.2013. Hoornweg , Daniel and Bhada-Tata, Perinaz für The World Bank (Hg.) (2012): What a Waste: A Global Review of Solid Waste Management. Urban Development Series, März 2012, No. 15. Abrufbar im Internet. URL: http:// www-wds.worldbank.org/external/default/WDSContentServer/WDSP/IB /2012/07/25/000333037_20120725004131/Rendered/PDF/681350WP 0REVIS0at0a0Waste20120Final.pdf. Stand 01. März 2014
Studierende Aleksandr Abends, Produktdesign Moritz Bley, Architektur Tim Brandt, GWK David Ciernicki, Produktdesign Theresa Ebeling, GWK Lucas Gerrits, GWK Joshua Guiness, Architektur Denis Gündes, GWK Ferdinand Hagemann, Architektur Lisa-Mia Kather, Modedesign Adrian Lauschke, GWK Dahm Lee, Produktdesign Marleen Mayr, GWK Christine Sattler, Modedesign Billy Schmidt, Produktdesign Christian Schönfeld, GWK Sophie Stanitzek, Produktdesign Lucie Waschke, Architektur Luisa Wittkamp, Produktdesign
Abbildungsnachweis Abb. 8: Foto © The Sea Chair Project 2013. Micro Plastic. URL: http://seachair.files.wordpress.com/2012/04/nurdles-on-beach4.jpg. [Stand 29.08.2013] Abb. 9: Foto © Olivier Asselin 2008. Ein Jugendlicher in Accra, Ghana. URL: http://www.tagesspiegel.de/politik/international/elektroschrott-inafrika-vergiftete-flammen/1353100.html [Stand 19.12.2014] Abb. 10: Foto © CEPRO – Um Projeto de Cidadania, Educação e Cultura em Rio das Ostras 2012. Catadores do lixão de Gramacho. URL: http:// cepro-rj.blogspot.de/2012/06/catadores-do-lixao-de-gramacho-fechado. html [Stand: 19.12.2014] Abb. 11: Visualisierung mit Google earth: Data SIO, NOAA, U.S. Navy, NGA, GEBCO. Image Landsat, Image IBCAO, Image U.S. Geological Survey. Captured 29.08.2013 Abb. 15: Foto © dpa 2013. URL: http://www.sueddeutsche.de/politik/ atommuell-kompromiss-bei-endlagersuche-1.1695607 [Stand: 19.12.2014] Abb. 16: James Steakley 2012. Ideal picture from the Stone Age - cave dwellers. Hugo Darnaut (1851–1937) URL: http://upload.wikimedia.org/ wikipedia/commons/thumb/1/13/Idealbild_aus_der_Steinzeit_-_ Höhlenbewohner_%28Darnaut%29.jpg/800px-Idealbild_aus_der_Steinzeit_-_Höhlenbewohner_%28Darnaut%29.jpg [Stand: 19.12.2014] Abb. 17: Foto © James Steakley 2007. Domitian-era section of the Cloaca under the Forum URL: http://www.thehistoryblog.com/archives/21511 [Stand: 19.12.2014] Abb 12: Bild © swp-potsdam. URL: http://www.swp-potsdam.de/swp/ media/04-entsorgung_1/images_entsorgung/historie/hist_Karikatur_ MODULBILD_2.png [Stand 04.01.2015]| Abb. 21-23: Franziska Voss, BSR 2015. Abb. 24-25: Frieder Söling, BSR 2015. Abb. 26-29: Susanne Volz, Ökopol. Unter Verwendung von Hans Martens 2010. Recyclingtechnik: Fachbuch für Lehre und Praxis. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag Alle Abb. auf Seite 21-23: Die Studierenden des Kurzzeitprojektes 2015. Abb. 42, 44, 47-55: Fotos © Studierende des Kurzzeitprojektes 2015.
Literatur Bredies, Katharina 2014. Gebrauch als Design: Über eine unterschätzte Form der Gestaltung. Bielefeld: transcript Verlag. Fuhs, Karin-Simone, Brocchi, Davide, Maxein, Michael & Draser, Bernd 2013. «Einführung: Perspektiven aus Forschung und Lehre.» In: Fuhs, Karin-Simone (Hrsg.), Die Geschichte des Nachhaltigen Designs, Bad Homburg: VAS – Verlag für Akademische Schriften, Seite 8-14.
Alle anderen Abbildungen sind © der Autorin.
EU Commission 2014. Energy Efficiency. Eco-design of Energy-related products [online]. European Union. URL: http://ec.europa.eu/energy/ efficiency/ecodesign/eco_design_en.htm [Stand 25.07.2014]
38
«Der Letzte räumt die Uni auf!» | Kollisionen Kurzprojekt | Dipl.-Des. Susanne Hausstein