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REPORT
Müll – Wer hätte das gedacht?! [ent]SORGEN – Müll als Forschungswerkzeug im Designprozess | Susanne Hausstein | 08.2013
Als es galt das Studium zur Produktdesignerin mit einer Abschlussarbeit zu beenden, wusste ich schon, dass ich mich zum Thema ‚Müll‘ positionieren will. Bereits im Frühjahr 2011, in Vorbereitung meiner Diplomarbeit, lauteten die ersten Sätze, die ich überhaupt niederschrieb: „Im Hinterhof meines Wohnhauses stehen sechs schwarze Mülltonnen, zwei blaue Papiertonnen, zwei Altglastonnen und eine Bio-Tonne. Mir fällt die große Menge an Müll auf, denn er liegt auf der Tonne, neben der Tonne, vor der Tonne – einfach überall.“ Der katastrophale Zustand unseres „Müllplatzes“ und der Umgang der meisten Bewohner mit ihrem dort platzierten Müll rahmten die Sorgen und Gedanken, die ich damals zum Thema Müll hatte, in ein Bild (siehe Abbildung 1). Seitdem beschäftigt mich das Thema: was wir mit ihm anstellen und was er mit uns anstellt. Die faktische Situation in meinem Hinterhof hat sich nur marginal geändert: Es stehen nunmehr drei statt der zwei blauen Papiertonnen. Doch der Kontext des Ortes hat sich über die letzten zwei Jahre sehr geändert. Es wohnen nun weit weniger Menschen mit Migrationshintergrund in unserem Wohnhaus.
Der Stadtbezirk ist gerade sehr im Trend, sodass viele junge Leute hier herziehen und mit erheblichem finanziellen Aufwand die maroden Altbauwohnungen in Eigenleistung sanieren. Das alles hat Auswirkungen auf unseren Müllplatz. Vor kurzem ist unser Hinterhof „renoviert“ worden. Die Mülltonnen erhielten ihre eigenen vier Wände – eine hölzerne Einfassung, die dem wilden Mülltreiben eine manifestierte Reglementierung entgegenstellt (siehe Abbildung 2). Um die Mülltonnen herum ist alles planiert worden, sogar ein Baum wurde gefällt. Alles ist nun ordentlich. Die Mülltonnen sind gut sichtbar versteckt hinter Holzpalisaden. Diese Art der „Ordnung des Chaos“ steht beispielhaft für das aktuelle Entwicklung der Mülldebatte in Deutschland. Es hat sich nicht nur in meinem Hinterhof etwas getan – auch anderen Orts ist von Verbesserungen und Erneuerungen in der Abfallwirtschaft zu hören. Aufgrund der vielfältigen aktuellen Ausprägungen des Müllgeschehens halte ich es für sinnvoll, einen Bericht über jenes Spektrum abzugeben.
1 Abb. 1: Das auslösende Moment – der „Müllplatz“ 2011.
2 Abb. 2: Der „renovierte Müllplatz“ 2013.