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Der Store von heute hat morgen erst geöffnet
DER STORE VON HEUTE HAT MORGEN ERST GEÖFFNET
Neue Storekonzepte stellen so ziemlich alles auf den Kopf, was man bisher im Modehandel als gesetzt ansah. Mit Alternativen zu klassischen Instrumenten wie Order, Sortiment, Kundenbindung oder selbst Öffnungszeiten beweisen sie jede Menge Mut und Unternehmergeist. Digitale Tools spielen dabei eine ebenso große Rolle wie Exklusivität –nicht der Preise, sondern der Erlebnisse. Statt Rabattaktionen bindet die Einzigartigkeit des Angebots die Community an den Store, der damit zur Plattform wird, die jederzeit neu bespielt werden kann. Denn wenn ein Faktor die neue Generation der Stores eint, dann ist es die Flexibilität.
Text. Isabel Faiss. Fotos: Fotos: Esyvte, Roland Taennler, Wang Minjie, Davide Lovatti
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The Mix Land/Hangzhou Die chemische Reaktion? Ein Urknall
Hangzhou ist eine der 15 Unterprovinzstädte in China mit ungefähr neun Millionen Einwohnern, von der man hier noch nie etwas gehört hat – und die uns in so vielen Disziplinen des urbanen Lifestyles längst überrannt haben. Hangzhou ist auch einer der vielen chinesischen Hidden Champions, wenn es um Lifestyletrends und Mode geht, es weiß halt nur keiner. Bis Anfang Oktober letzten Jahres ausgerechnet in Hangzhou einer der meist besprochenen Streetwearläden eröffnete. The Mix Land ist nicht nur optisch als Labor für ein bislang noch ziemlich einzigartiges Konzept in China gestaltet, sondern eben auch inhaltlich Neuland. Denn die Designer des Stores, das Team von XianXiang aus Hangzhou, lassen hier ungebremst das Who is Who der internationalen Streetwearelite jeglicher Stilrichtung aufeinanderprallen.
Ein Store, ein Statement
Conceptstores erfreuen sich in China einer wachsenden Akzeptanz, sind meistens aber noch in große Mall-Konzepte eingegliedert. The Mix Land verzichtet trotzig auf die Unterstützung eines Handelspartners wie Alibaba und auch auf gängiges Visual Merchandising. Denn von außen erkennt man den Store nur, wenn man danach sucht. Anders als westliche Streetweartempel ist The Mix Land aber viel publikumsfreundlicher. Dieser Store hat eine Haltung und geizt auch nicht mit Anspielungen, die man durchaus politisch verstehen kann. Die Umkleidekabinen ähneln Sicherheitsschleusen, die den Kunden erst einmal neutralisieren und von jeder Art Voreingenommenheit reinigen. Auf einem Arbeitstisch werden Konsumartikel bis auf Molekularebene seziert, um ständig neu zusammengesetzt zu werden – genau wie in der Street-Kultur. Die neuesten Sneakermodelle gibt es im sterilen Brutkasten zu betasten, ein kritisches Augenzwinkern auf den überbordenden Hype mancher Sneakermarke um einzelne Modelle. The Mix Land ist sicherlich ein Experiment, das die öffentliche Zulassung seines Rezeptes in keiner Laborstudie mehr beweisen muss. Eine echte Chance für einen Markt, in dem unabhängige Multilabelkonzepte noch nicht sehr erprobt sind.
The Mix Land. Manshenghou Jie, Building 12, Hangzhou/China, www.gooood.cn Marken: Air Jordan, A-Cold-Wall, Amiri, Champion, Forcerpblk, Heron Preston, Off-White, Palm Angels, Supreme, Undercover, Yeezy u. a.
Eingerichtet wie ein echtes Labor: der Conceptstore The Mix Land in Hangzhou eröffnete im Oktober 2019 und ist für viele noch ein Experiment.
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Der erlebbare Showroom als Clou: Ums Eck des Blue Mountain Stores liegt die New Road Residence, ein historischens Stadthaus, das man als Unterkunft mieten kann. Die Einrichtung steht komplett zum Verkauf und stammt aus dem Sortiment der Blue Mountain School.
Man kann hier alles kaufen, trotzdem ist es kein Store. Dieser Ort proklamiert die Koexistenz von Kunst und Kommerz auf höchstem Niveau.
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Blue Mountain School/London Die Schule des guten Stils
Die Idee mit der Klingel neben der Tür ist nicht neu, aber sie ist ein Statement. Ob elitär anmutende, extraordinär kreative und exklusive Konzepte wie das sechsstöckige Townhouse der Blue Mountain School im Londoner Eastend die Schwellenangst des Normalbürgers nun billigend in Kauf nehmen oder bewusst fördern, kann man vielleicht diskutieren – zumindest scheint Laufkundschaft hier kein Parameter des wirtschaftlichen Erfolgs zu sein. „Unser Store sollte gleichzeitig offen für alle und auch sehr privat sein“, sagen James Brown und Christie Fels. Die beiden Gründer der Avantgardemarke Hostem eröffneten im Mai 2018 ein eingenwilliges Konzept, mit dem sie Antworten auf viele aktuelle Fragen der Konsumgesellschaft und der Kunstbranche geben wollten. Analog zur Aussage von James Brown gegenüber dem Magazin Wallpaper: „Der stationäre Handel in seiner aktuellen Form ist tot.“ Seine Blue Mountain School zitiert das Ideal des legendären Black Mountain College in North Carolina, das schon 1933 die interdisziplinäre Harmonie zwischen einzelnen Kunstrichtungen predigte.
Halb privat, halb öffentlich
Blue Mountain School ist kein klassischer Store, obwohl man hier alles kaufen kann. Es ist auch keine Galerie, obwohl alles darin Kunsthandwerk ist. Wer es durch die Tür schafft, erlebt im Souterrain das Hostem-Archiv mit einzigartigen Einblicken in die Geschichte der Modemarke. Die Stockwerke darüber füllen eine Parfümerie, ein mit Michelin-Stern ausgezeichnetes Restaurant, eine Interieurausstellung und ganz oben ein Listening Room in Kooperation mit einem lokalen Plattenladen. Bis auf das Restaurant, das Monate im Voraus ausgebucht ist, kann man hier allerdings nicht von Fülle reden, denn dem Prinzip des Slow Designs entsprechend ist die Blue Mountain School mehr eine Oase der Ruhe von unserer Konsumgesellschaft. Sie hinterfragt gezielt die Mechanismen des Marktes, indem sie Exklusivität und Qualität als ultimativen Luxus preist.
Blue Mountain School. 9 Chance Street, London/ Großbritannien, www.bluemountain.school Marken: BDDW Furniture, Eva Rothschild Furniture Tapestry and Ceramics, Hostem, Maos Restaurant, Valentin Loellmann Furniture u. a.
„Es geht hier nicht ums Einkaufen, sondern darum, Künstlern eine seriöse Plattform zu bieten, die ihr Handwerk auf das Wesentliche reduzieren und bedeutende, nachhaltige Werke erschaffen.“ Christie Fels (New York Times).
Hinter Not Another Concept Store in Wien steht die Agentur Creative Headz mit Elvyra Geyer (zweite von links) und Zigi Mueller-Matyas (zweite von rechts).
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Inmitten des Wiener Stadtzentrums hat der Store seit Mai 2018 einen fixen Standort bezogen.
Not Another Concept Store/Wien Der kuratierte Offline-Marketplace
„Wir sind zu schnell für online.“ Das meint Zigi Mueller-Matyas nicht despektierlich oder im übertragenen Sinne, sondern wortwörtlich. Denn das Grundprinzip der Modeplattform Not Another Concept Store im Zentrum der Wiener Innenstadt ist der stetige und schnelle Wechsel. „Anfangs tauschten wir unser Sortiment alle vier Wochen aus, inzwischen alle acht. Damit haben wir wahrscheinlich als einziger Store alle zwei Monate einen kompletten Turn-over, denn wir nehmen ausschließlich Kommissionsware und haben nur ein paar Marken, die sich langfristig im Laden eingemietet haben.“ Hinter dem Store steht die Kreativ- und Eventagentur Creative Headz, deren Inhaberinnen Elvyra Geyer und Zigi Mueller-Matyas unter anderem auch die Vienna Fashion Week veranstalten und organisieren. Die zentrale Mission aller Events und Projekte der Agentur ist immer die Förderung nationaler und internationaler Designer, Newcomer und Künstler, die in der wirtschaftlich geprägten Leistungsdruckgesellschaft des Einzelhandels bisher noch keine Bühne finden konnten oder gezielt an dieser interdisziplinären Plattform teilnehmen möchten. „Wir kuratieren Mode, ein Service, der im kommerziellen Modehandel kaum noch stattfindet. Jeden Monat widmen wir unseren Store einem anderen Überthema, einem Land, einem Stil, einer Zielgruppe. Abgerundet durch regelmäßige Events, Ausstellungen und Kooperationen mit Partnern, die Unterstützung benötigen – von der Modeschule bis hin zum Designer, der nach nachhaltigen Alternativen sucht.
Die Mode-Lobbyisten
Seit Mai 2018 hat Not Another Concept Store seinen festen Platz in den Ringstraßengalerien in Wien gefunden. Sein ungewöhnliches und schnell wechselndes Konzept setzt fast schon konsequent voraus, dass die Kommunikation mit der Community überwiegend online über soziale Medien läuft, denn auf dem neuesten Stand muss ja nicht nur das Sortiment alle acht Wochen sein, sondern auch der Kunde. Mit seinem breit gesteckten Rahmen hat Creative Headz mit diesem Store eine Idee aufgegriffen, die online auch floriert: den konzipierten, kuratierten Marketplace, der sich als (temporäre) Präsentations- und Verkaufsplattform versteht, wirtschaftlich aber kaum ein Risiko am Angebot trägt. Ein Ansatz, der die schmerzhaften Probleme des stationären Handels wie Überangebot, Waren- und Preisdruck, Retouren und Ladenhüter beim Hersteller belässt. Fluch und Segen des Kommissionsmodells. Trotzdem ist es inhaltlich und qualitativ die beste Chance und wirtschaftlich betrachtet die kleinste Schwelle für junge Designer und Newcomer, um ihre Kollektionen sichtbar und erlebbar zu machen.
Not Another Concept Store. Kärntner Ring 5–7, Wien/Österreich, www.notanother.at Marken: Andy knows better, Buffet Clothing, Callista, Emma Sweet, Faulhaber Products, Form of Interest, Hardot Shoes, Marcel Ostertag, Milk, Pitour, Sabine Karner, Verdandy, Zmm Knitted Goods u. a.
„Wir haben alle zwei Monate einen kompletten Wandel im Store.“ Zigi Mueller-Matyas
I N T E R N AT I O N A L FA B R I C TRADE FAI R
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M U N I C H FAB R I CSTART
M U N I C H FA B R I C STA RT. CO M
04 TH -06 TH
FEBRUARY 2020
Microfactory ist eines der heißesten Schlagworte, die man momentan auf Stoffmessen hört. Im Alltag begegnet man der Idee aber noch sehr selten, außer man geht einfach zum kleinen Handwerksbetrieb und sieht dem Meister über die Schulter. Im großen Stil hat sich allerdings die Schweizer Taschenmanufaktur Freitag diesem Thema gewidmet und inmitten des Züricher Stadtzentrums Anfang Juli 2019 den Sweat-Yourself-Shop eröffnet. Der Name ist Programm, denn hier kann man sich selbst seine Tasche zusammenstellen und diese auch gleich selbst fertigen. Ein Marketing-Coup, der einerseits das Bedürfnis der Kunden nach individualisierten Produkten und gleichzeitig auch die beliebteste Form der Kundenansprache darstellt. Durch die großen Glasfronten des Stores kann jeder Passant dabei zusehen, wie eine Freitag-Tasche entsteht. Das fördert nicht nur die Glaubwürdigkeit der Marke, die jedes ihrer Produkte als handgefertigtes Unikat anpreist, sondern steht auch dafür, Manufaktur wieder in die Innenstädte zurückzuholen.
Das macht Schweiß!
Das Selbermachen soll vor allem Spaß machen. „Uns geht es im SweatYourself-Shop in erster Linie um das Transportieren unserer Markenwerte und die direkte Kommunikation mit dem Kunden – in puncto Wirtschaftlichkeit kann er nicht mit dem nahe gelegenen Flagshipstore mithalten. Aber das war auch nicht unser Anspruch“, sagt Pressesprecherin Elisabeth Isenegger. Freitag vermarktet das als Erlebnis, sogar als Event. Konsequenter hätte man die Inszenierung einer Microfactory und aller Werte, die damit verbunden sind kaum umsetzen können.
Sweat-Yourself-Shop. Grüngasse 21, Zürich/Schweiz, www.freitag.ch
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Das individua- lisierte Produkt steht im Freitag Sweat-Your- self-Shop im Mittelpunkt. Kunden kön- nen sich selbst die entspre- chenden Far- ben aussuchen und ihre eigene Freitag-Tasche von Hand anfertigen.
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„Wir verlängern unsere Produktionskette – und zwar bis vor deine Füße.“ Freitag
So sieht professionelles Marketing in Echtzeit aus. Mit dem Sweat-Yourself-Shop transportiert Freitag sämtliche Werte der Marke, die auf Nachhaltigkeit und Handarbeit setzt.
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Alle paar Wochen kommt eine neue Story heraus, gegliedert und aufgebaut wie ein Lifestylemagazin erzählt die Shopfläche eine Topstory. Als Launchevent im April 2019 war Farbe das Coverthema.
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Story at Macy’s/New York Ein Store, eine Story
Ein Store, der wie ein Lifestylemagazin aufgebaut ist, sich einem Coverthema widmet, einzelne Rubriken füllt und alle paar Monate neu erscheint. Als Rachel Shechtman ihre Idee mit Story 2010 in New York umsetzte, war ihr sehr wohl bewusst, dass sie sich mit ihrem Laden in Brooklyn in direkter Nachbarschaft zum US-Kaufhausgiganten Macy’s befand und dass ihr Konzept wie das quirlige Schnellboot neben dem behäbigen Containerschiff wirkte – für Macy’s ein schmerzhafter Tritt in den Hintern. Doch dass aus der örtlichen Nähe bald auch eine geschäftliche werden würde, glaubte Shechtman erst nach der Unterzeichnung der Verträge im April 2018, als Macy’s Story kaufte, und Shechtman gleich mit. Ein Jahr später, am 10. April 2019, eröffnete bei Macy’s am Herald Square in New York die erste Fläche mit dem Namen Story at Macy’s, die gleichzeitig auch als Flagship für das neue Shop-in-Shop-Konzept dient, das am gleichen Tag in 36 Filialen in über 15 US-Bundesstaaten ausgerollt wurde. Boom.
Die erlebbare Instagram-Welt
„Man entdeckt Dinge, die man gar nicht gesucht hat und genießt diese lustige Inspiration – sobald man sie sieht, will man sie haben. Unser Ziel ist es, durch den Launch von Story at Macy’s im ganzen Land, dieses Erlebnis unseres Storekonzepts, das durch ein erlebbares Narrativ getrieben wird, auch in der Breite vorzustellen“, sagt Rachel Shechtman.
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Sie alle sind Feuer und Flamme für ihr neues, innovatives Konzept von Story: das gesamte Team von Brand Ex- perience Of- ficer Rachel Shechtman.
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Rachel Shechtman schreibt ihre Story alle paar Wochen neu. Das bedeutet konsequenterweise auch, dass das gesamte Sortiment mit wechselt und sich dann ganzheitlich einer neuen Topstory widmet. Da sie vor allem auf kleine, weitgehend noch unbekannte und je Standort auch lokale Marken setzt, ist dieser Ansatz überhaupt machbar. Wer mehr Infos möchte, kann sich an die Storytellers im Shop wenden, die alles über aktuelle und kommende Events ausplaudern, denn dazu sind sie da. Unterstützt werden alle Storys von digitalen Tools und Spielereien wie VR-Aktionen vor Ort, wo Kunden beispielsweise ihren eigenen modischen Stil spielerisch umwandeln können. Eine wirklich gute Vorlage für eine Erfolgsstory im Einzelhandel.
Story at Macy’s. Macy’s Herald Square, 151 West 34th Street, New York/USA, www.macys.com Marken: Calvin Klein, DKNY, Popsugar, Shinola u. a.
„Story at Macy’s fühlt sich an, als würde man eine Real-Life-Version von Instagram durchscrollen.“ Rachel Shechtman
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www.f65punktnull.de
Spruce/Denver Der One-Stop-Shop
Schon der allererste digitale Kontakt mit dem Spruce Store ist ein sehr persönlicher. Becca und Taylor Romero teilen die ganze Story: Wie sie sich kennen gelernt haben, ein Paar wurden, die Idee zu Spruce entstand und letztendlich umgesetzt wurde. Warum ich das erzähle? Weil es sinnbildlich dafür steht, was Spruce seit seiner Eröffnung im Juni 2015 ist, die zentrale Anlaufstelle für Männer, die entweder ein komplettes Make-over ihres bisherigen Stils wünschen oder einfach nur ehrlich und gut von Kopf bis Fuß beraten werden möchten. Denn das ist die Mission der beiden Gründer, Stilberatung. Neben einem Barbershop gibt es daher bei Spruce alles, was sich rund um den Lifestyle moderner, urbaner Männer so abspielt.
Der Sprucebot wird geboren
Während Becca Romero den Store schnell mit Produkten und Kunden füllte, suchte Taylor lange Zeit vergeblich nach einem digitalen Tool, das die Idee von Spruce in ein technisches Servicetool für das eigene Team und die Kunden übersetzt. Vergeblich. So entwickelte er selbst den Sprucebot, eine Art Alexa für den Einzelhandel. „Wir konzentrieren uns auf den einzig wirklich nennenswerten Vorteil, den stationäre Läden gegenüber Online haben: das zwischenmenschliche Erlebnis. Es gibt zwar schon einige Lösungen, die Stores kompetitiv machen, doch wie so oft geht es hier vor allem um das Thema Timing. Wir müssen ein digitales Tool haben, um das Erlebnis im Store in Echtzeit zu unterstützen – und dafür gab es tatsächlich noch nichts“, sagt Taylor. „Der Sprucebot liefert uns und unseren Kunden wichtige Informationen genau dann, wenn wir sie brauchen. Wenn ein Kunde zu uns kommt, zeigt es dem Team bereits vorher an, wer es ist und was er üblicherweise möchte. Wir können diese Wünsche antizipieren und sein Einkaufserlebnis sofort individualisieren. Wenn sich Kunden mit unserem internen WLAN verbinden, erhalten sie außerdem Angebote, die ihnen Anreize liefern, etwas zu kaufen, noch während sie in unserem Laden sind.“ Seit dem Launch des Sprucebot im Oktober 2016 hat sich das System auch in anderen Stores bewährt.
Spruce. 4252 Tennyson Street, Denver/Colorado, USA, www.spruce.me Modemarken: 7Diamonds, Brixton, Levi’s, Original Penguin, Stance u. a.
„Nach langem Suchen fanden wir heraus, dass es einfach keine digitale Lösung dafür gab, das Einkaufserlebnis für unser Team und unsere Kunden zu optimieren. Also hatten wir keine Wahl, wir mussten es selbst entwickeln.“ Taylor Romero (Bild rechts)
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Die Community und der Kunde stehen bei Spruce im Mittelpunkt. Einer der Gründe, warum das Team den Sprucebot entwickelte, ein digitales Tool, das den Service auf ein neues Level bringt – Marke Eigenbau.
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Eine erfolgreiche Liaison: Im Fünf-Sterne-Hotel Palazzo Avino eröffneten die Inhaberinnen Attilia und Mariella Avino im März 2019 die Boutique The Pink Closet, um sich damit einen Traum zu erfüllen.
The Pink Closet/Ravello Die Stilsymbiose
Eine kleine Hotelboutique, in der lokale Produkte, Mitbringsel und die Beauty-Produkte des hausinternen Spas verkauft werden? Gelernt. Aber eine im Haus befindliche, völlig eigenständige Boutique mit einem vollumfänglichen und sehr anspruchsvollen modischen Sortiment als Gesamtkonzept? Genau. Als Mariella und Attilia Avino im Mai 2019 die einmalige Chance nutzten, in einem kleinen grottenähnlichen Raum im historischen Palazzo Sasso aus dem 12. Jahrhundert, in dem sich auch das von ihnen geführte Fünf-Sterne-Hotel Palazzo Avino befindet, ihre eigene Boutique zu eröffnen, schlugen sie sofort zu. Die Lage: direkt an der malerischen Amalfi Küste mit dem Blick übers Meer. Als Teil des Hotels, das aufgrund seines Anstrichs auch The Pink Palace genannt wird, gliedert sich ihr Konzept von The Pink Closet nahtlos in das umfassende Beauty- und Wellbeing-Programm des Hauses ein, funktioniert aber auch als unabhängiges Konzept. Eine Symbiose, von der beide Seiten etwas haben. Als Managing Director des Hotels und Inhaberin der Boutique hat Mariella Avino alle Möglichkeiten, das Angebot ihres Hauses feingliedrig aufeinander abzustimmen. Mit The Pink Closet setzt sie vor allem auf Nischenlabels und noch unbekanntere, kleinere Marken.
Ein Raum, in dem Wunder geschehen
„Ich habe mir einen intimen und femininen Raum mit einer außergewöhnlichen Atmosphäre vorgestellt, einen Raum, in dem Wunder geschehen und in dem man eine erlesene Komposition aus Mode und Accessoires findet. Die Architektin Christina Celestino hat diesen Traum wahr gemacht und ihn mit der entsprechenden Poesie und Eleganz versehen“, sagt Mariella Avino, die vor allem auf internationale Marken und Inspirationen setzt, um die mondäne Kundschaft in ihrer pinken Grotte zu begeistern. Sie selbst gilt als Stilikone und bezeichnet sich als wahre Fashionista, die sich mit dieser Boutique einen lang gehegten Traum erfüllt hat.
The Pink Closet. Via San Giovanni del Toro 27, Ravello/Italien, www.palazzoavino.com Marken: Attico, Bluetiful, Leontine Vintage, Officina del Poggio, Oserèe u. a.
„Ich habe immer davon geträumt, dass meine Vorstellung von diesem Store wahr wird. Dank dieses Projektes ist es so gekommen.“ Mariella Avino.
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SND Boutique/Chongqing Der sakrale Tempel
Alice im Wunderland begegnet hier dem Stein der Weisen. Das chinesische Interieurbüro von Various Associates gestaltete die im April 2019 in Chongqing eröffnete neue SND Boutique als futuristischen Fashiontempel, wo mysteriöse Raumkonstellationen für Spannung sorgen, die puristische Reduktion auf das quasi nicht mehr vorhandene Einzelobjekt und nackte Oberflächen eine in dieser Brutalität einzigartige Atmosphäre für Konsum schaffen. Das Produkt findet man auf den ersten Blick gar nicht – ein Bruch mit der plakativen asiatischen Merchandisingkultur. Die Ladendramaturgie lässt den Kunden erst einmal auf einen gigantischen „Milestone“ als Zentrum des Stores zulaufen, hinter dem sich alles andere verbirgt. Wer sucht, der findet.
Nonkonformismus als Alleinstellungsmerkmal
SND als Abkürzung für Selection of Nonconformist Design trifft den Nagel auf den Kopf, denn die SND Boutique war bereits 2013 eine der ersten unabhängigen Multilabelkonzepte in Chongqing, die internationale Toplabels wie Off-White, Martin Margiela oder Helmut Lang zu lokalen Konditionen und in einem stimmigen Konzept mit lokalen Labels präsentierte. Dieser Store beansprucht ein Attribut für sein Konzept und sein Sortiment, das es so dominant in China nur selten gibt. Er vertritt eine klare Haltung. Mode ist hier ein Kunst- und kein Konsumgut. Design wird zu etwas Göttlichem erhoben. In Europa würde man damit schon auf den ersten Metern über die selbst errichtete Schwelle stolpern, aber China setzt gerade erst zum großen Sprung an.
SND Boutique. Shinkong Place, Chongqing/China, www.bysnd.com Marken: A Cold Wall, Ambush, Both, Cecilie Bahnsen, Dries van Noten, Ellery, Gray Matters, J Brand, Joseph, Paco Rabanne, Proenza Schouler, Ratio et Motus, Seen, Walk of Shame, We11Done, Yuul Yie u. a.
„Der Store ist wie ein Medium, das es Kunden erlaubt, die Beziehung zwischen Raum und Körper selbst zu erleben.“ Various Associates
Nackte Wände, sakrale Höhen und ein überdimensionaler Purismus zeichnen die neue SND Boutique in Chongqing aus.
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Homme Plissé Issey Miyake/Tokio Premiere am laufenden Band
Im Juli 2019 eröffnete die Marke Homme Plissé Issey Miyake in Tokio ihren ersten Flagshipstore, nachdem die Kollektion im Jänner erstmals dem internationalen Publikum präsentiert worden war. Eine Premiere für alle, auch für Tokio, vor allem, weil das Herzstück des Stores eine der gigantischen Bügelmaschinen mit Presse und Nähmaschine darstellt, mit der die Designer ihre ikonischen Plissee-Faltenoptiken herstellen. Live vor Ort kann man zusehen, wie die aufwändigen dreidimensionalen Strukturen entstehen, die in der Kollektion Issey Miyake so erfolgreich waren, dass es 2013 zum Spin-off kam und die Kollektion zur eigenen Marke wurde. Der ganze Store widmet sich dem „monozukuri no gemba“, dem Spaß- und Überraschungsfaktor, der jeden Produktentstehungsprozess begleitet. Diese Form der Transparenz ist nicht nur für die japanische Designszene völliges Neuland, sondern auch ein Novum im internationalen High-Fashion-Markt.
Technologie zuerst
Issey Miyake galt schon mit der Eröffnung des Reality Lab 2013 in Tokio als Retailvisionär. Auch damals war Architekt Tokujin Yoshioka federführend. Für Homme Plissé ging es ihm darum, die Faszination aus der Fusion von moderner
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Technologie und traditioneller japanischer Handwerkskunst in Szene zu setzen. Der Kunde wird schon durch die großen Glasfronten von außen auf die Produktion im Laden aufmerksam. Ein Türöffner, der die Schwellenangst herabsetzt. Für Issey Miyake markiert das einen Sinneswandel und bringt die Portion Bodenständigkeit, die der japanische Kunde so schätzt.
Homme Plissé Issey Miyake.
3-18-14 Minami Aoyama, Minato, Tokio/Japan, www.isseymiyake.com
„Das Konzept des Stores stellt den Spaß- und Überraschungseffekt des ‚monozukuri no gemba‘ (Arbeitsprozesses) in den Mittelpunkt.“ Tokujin Yoshioka
Issey Miyake gilt in Japan als Retailvisi- onär. Mit dem neuen Homme Plissé Store beweist er einmal mehr, warum. Hier stehen das Produkt und seine Entstehung im Zentrum.
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