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Passion und Liebe eint uns
Lardini
„Passion und Liebe eint uns“
Aus dem beschaulichen Filottrano stammend, hat die Familie Lardini vorgemacht, was es heißt, in Krisenzeiten ihre Chance zu nützen. Traditionelles Schneiderhandwerk, modern interpretiert und fühlbar wertig – das sind nur die offensichtlichsten Vorzüge der Marke. style in progress hat mit Kreativdirektor Luigi Lardini über die Gründe des Erstarkens des Familienunternehmens gesprochen. Text: Martina Müllner-Seybold. Fotos: Lardini
Ja, man darf Lardini mit traditioneller Schneiderkunst gleichsetzen: Die Marke fußt auf jahrzehntelanger Erfahrung, lokalem Know-how und purer Hingabe an dieses Qualitätsversprechen, das italienische Manufakturarbeit impliziert. Die Kombination dieser Werte hat Lardini weit gebracht und sie gilt heute als eine der wichtigsten Firmen auf dem italienischen und internationalen Markt. Die Fertigungskompetenz, wie sie nur noch wenige haben, wird im Werk in Filottrano gehegt und gepflegt. Eine bezaubernde mittelalterliche Stadt nahe Ancona, die der Marke nicht einfach nur eine pittoreske Heimat ist, sondern ihre Seele nährt, wie Kreativdirektor Luigi Lardini es ausdrückt. Jeden Tag werden dort 2.000 Bekleidungsstücke hergestellt und in alle Welt verschickt –das kontinuierlich wachsende Kundennetzwerk umfasst 550 Kunden in aller Welt – ausgewählte Multibrandstores sowie Flächen in Departmentstores, nicht nur in Europa, sondern auch in Japan, Korea, Russland, China und den USA. 2014 wurde in einem repräsentativen historischen Gebäude in der Via Manzoni, im goldenen Dreieck Mailands, ein Showroom eröffnet, der 2016 um 300 Quadratmeter erweitert wurde. Das war 2016 nicht das einzige Expansionsprojekt: In der Produktion in Filottrano wurde das technische Set-up verbessert und vergrößert, die Fläche wurde verdoppelt – unter strengen Umweltauflagen und ohne das Landschaftsbild zu stören. Ein deutliches Zeichen inmitten wirtschaftlich instabiler Zeiten und internationaler Krise.
Aus dem Nichts Ein Blick in die Firmenhistorie macht deutlich, dass die
Luigi Lardini ist Kreativdirektor der Marke, die er mit seinen drei Geschwistern Andrea, Lorena und Annarita aufgebaut hat.
Lardinis immer schon Chancen ergriffen: Als Luigi Lardini mit nur 18 Jahren seine Männerkollektion startete, hatte er nichts außer seiner Leidenschaft für Stil und Eleganz. Seine Geschwister Andrea, damals 21 und Lorena, damals 19, folgten ihm aus reinem Bauchgefühl. Ihr Vater unterstützte das Trio während der Gründungsphase finanziell. 1978 konnten sie so ihre erste Fabrik eröffnen, die schnell das Interesse einiger Fashiongrößen erregte. Innerhalb weniger Jahre erweiterten die Geschwister ihren Kundenkreis, angesehene internationale Namen waren jetzt darunter. Das Unternehmen florierte und die Lardinis übernahmen verschiedene, sich ergänzende Rollen, um das Wachstum des Unternehmens voranzutreiben. Sein Informatikstudium prädestinierte Andrea für die technologischen Fragen, während Lorena sich um die Verwaltung und Finanzen kümmerte. Ein paar Jahre später folgte auch das vierte Kind der Familie ins Unternehmen, Annarita übernahm die Qualitätskontrolle. Bestärkt durch ihre unternehmerischen Erfolge und getrieben vom Wunsch, neue Expansionsmöglichkeiten zu nützen, beschloss die Familie Lardini ein neues Abenteuer zu starten – eine Marke unter eigenem Namen. 1993 verließ die erste Lardini Männerkollektion die Fabrik. Heute teilt sich die Marke in verschiedene Linien, die sich
In Filottrano nahe Ancona hat Lardini seine Produktionskapazitäten deutlich vergrößert, um der Nachfrage nach der eigenen Kollektion und den in Lizenz hergestellten Linien gerecht zu werden.
zwar im Stil unterscheiden, aber alle der gleiche akribische Anspruch an die sartoriale Fertigung kennzeichnet. Da ist die Kollektion Gabriele Pasini, gemacht von dem gleichnamigen Designer, der auf besondere Art und Weise körpernahe Silhouetten mit klassischer britischer Ästhetik und einem rebellischen Charakter vereint. + Lardini ist das Ergebnis fruchtbarer Kooperationen mit international bedeutsamen Modevordenkern, eine wichtige Zusammenarbeit unter dieser Flagge ist jene mit Nick Wooster. RVR Lardini wiederum steht für eine nachhaltig produzierte Outerwear-Kollektion, deren Teile alle beidseitig getragen werden können – die Buchstabenkombination RVR steht für reversible. Last but not least: Die Lardini Damenkollektion, die all die Innovation der männlichen Linien in feminine Damenkonfektion übersetzt und rasch eine feste Größe im Markt werden konnte.
Wie kommt es, dass Lardini wächst, während andere straucheln?
Was uns immer schon unterschieden hat, ist die sorgfältige Entwicklungsarbeit bis in jedes kleinste Detail. Wir experimentieren dauernd mit verschiedenen Stoffen und bringen so in jedem Stück wirkliche Innovation, die aber gründlich ausgereift ist.
Hilft es, dass Ihr Unternehmen in Familienhand ist? Was ist der Vorteil?
Die Stärke eines Familienunternehmens ist die Leidenschaft und die Liebe, die uns zusammenhält. Wir kämpfen jeden Tag für etwas, an das wir glauben. Wir sind dynamisch, sehr flexibel und immer in der Lage, auf den europäischen und internationalen Markt zu reagieren und die Veränderungen mitzumachen. Heute gibt es keine Regeln mehr und wir müssen uns an diese neue Art zu arbeiten gewöhnen.
Finden Sie genügend geeignetes und talentiertes Personal für Ihr Wachstum?
Das Wichtigste ist, dass man an andere glaubt, und man muss ein gutes Portfolio haben. Talent ist mit Glaubwürdigkeit gleichzusetzen.
Eine gute Kollektion zu haben, reicht längst nicht mehr. Welche Verbesserungen haben Sie vor allem für die Bedürfnisse der Exportmärk te gemacht?
Ganz einfach: Service, Qualität und Preis.
Nach den Herren: Kommen jetzt auch die Damen groß heraus?
Wir wollen eine erfolgreiche Kollektion machen, die gleichzeitig sehr menschlich ist und unsere DNA, die uns von anderen unterscheidet, weiterträgt. Die Damenkollektion wird mit ihrem starken „Made in Italy“-Charakter sicher Marktanteile erobern können. Ihre Eleganz steht stets in Kombination mit Qualität, Stil, exquisiten Stoffen und Weiblichkeit. Stilistisch erneuert und reinterpretiert, atmet sie einen ganz neuen Geist. Wir trennen die Distribution gänzlich von jener der Männer, sie wird ihren eigenen Weg finden und ihre eigene Identität haben.
Nach einer langen Zeit des Abwanderns der Produktion kann man jetzt im Luxusseg ment die ersten Heimkehrer beobachten. Was sind die Gründe dafür?
Italien ist ein Gütesiegel, aber auch eine Verheißung, getragen von Glaubwürdigkeit und einem ganz besonderen Lebensstil. Wo auch immer man ist, dieses Land gibt einem jeden Tag etwas anderes.
Unterstützt die italienische oder europäische Politik die Modebranche, wieder stark zu werden?
Italien ist das Bel Paese, das schönste Land der Welt, in dem dir aber niemand hilft, weder die EU noch der italienische Staat. Die Modeindustrie und der Staat hatten noch nie Gemeinsamkeiten, wir gehen unseren Weg alleine.
Was nagt am Made in Italy?
Die Konkurrenz durch Produkte, die irgendwo auf der Welt, wo Arbeit unterbezahlt wird, gefertigt werden. Über die Jahre haben die Menschen die Kultur des gut Anziehens verloren und sie messen dem, was sie sich kaufen, kaum Bedeutung zu. Sie bekleiden sich, statt sich zu kleiden. Das hat auch Italien erreicht. Wir waren immer die Bestangezogenen, aber auch hier grassiert dieser negative Aspekt der Globalisierung.