Sudetendeutsche Zeitung 1. Juli 2022 Ausgabe 26

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Sudetendeutsches Gespräch mit Volker Jobst und Alexander Stegmaier (Seite 3)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung 161. Jahrgang

HEIMATBOTE

Jahrgang 74 | Folge 26 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 1. Juli 2022

VOLKSBOTE

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Freitag, 26. bis Pfingstsonntag, 28. Mai 2023

73. Sudetendeutscher Tag findet in Regensburg statt Der Termin steht, die ersten Vorbereitungen laufen: Der 73. Sudetendeutsche Tag findet von Freitag, 26. bis Pfingstsonntag, 28. Mai 2023 in Regensburg statt.

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Einer der Höhepunkte auf dem 72. Sudetendeutschen Tag war die Festrede von Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe.

Foto: Fricke

ie Lage an der Donau hat durchaus Symbolcharakter. Der 2857 Kilometer lange Fluß verbindet zehn europäische Länder. Nach dem Zusammenfluß der beiden Quellflüsse Brigach und Breg schlängelt sich Europas zweitlängster Strom vom Schwarzwald durch Deutschland, Österreich, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien sowie Bulgarien und fließt dann durch die Republik Moldau und die Ukraine, die neuen EUBeitrittskandidaten, ins Schwarze Meer. Erster Höhepunkt des 73. Su-

detendeutschen Tages wird wieder die festliche Verleihung der Kulturpreise am Freitagabend sein. Hierfür läuft bereits die Sichtung der Kandidaten. Vorschläge können formlos per Post bei der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bundesverband e. V., Hochstraße 8, 81669 München, oder per eMail an info@sudeten.de eingereicht werden. Ebenfalls wieder feste Programmpunkte auf dem Sudetendeutschen Tag sind die Verleihung des Karls-Preises der Sudetendeutschen Landsmannschaft, die Festreden des Sprechers der Sudetendeutschen Volksgruppe sowie des Bayerischen Ministerpräsidenten und Schirmherr der Sudetendeutschen sowie der Volkstumsabend und das Böhmische Dorffest.

Tschechische Regierung steht vor enormen Problemen

Josef Síkela, Minister für Industrie und Handel. Foto: Vlada.cz

Gesetzesänderung

Rekordinflation und Energiekrise überschatten EU-Ratspräsidentschaft Am heutigen 1. Juli übernimmt die Tschechische Republik von Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft – mitten in der schwersten Krise seit der Staatsgründung und mit einem neuen Chef an der Spitze der tschechischen Notenbank.

Energie zum Spartarif als rst vor wenigen Tagen hat sich Premierminister Petr FiaEntlastung E la mit einer Rede an die Nati-

Das tschechische Kabinett hat in der vergangenen Woche eine Energiesparzulage beschlossen, mit der die Bürger angesichts der weiter steigenden Energiepreise entlastet werden sollen. Die Änderung des Energiegesetzes muß noch vom Parlament bestätigt werden.

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uf Vorschlag des Industrieund Handelsministers Jozef Síkela erhält jeder Haushalt einen Zuschuß von bis zu 16 000 Kronen (650 Euro) zu den Energieausgaben. Der Tarif wird voraussichtlich für die kommende Heizperiode gelten. Gleichzeitig hat die Regierung beschlossen, daß die Gebühren für erneuerbare Energien erlassen werden. Insgesamt wird die Regierung für diese Maßnahmen bis zu 66 Milliarden Kronen (2,7 Milliarden Euro) über das sogenannte Kriegspaket bereitstellen. Síkela: „Für Haushalte, die Strom für alles verwenden, also für Beleuchtung, Kochen und Heizen, zahlt der Staat einen einmaligen Rabatt von 13 000 Kronen. Haushalte, die Licht und Wasser mit Strom generieren und mit Gas heizen, erhalten 16 000 Kronen.“ Keinen Zuschuß gibt es dagegen für Stromkosten, die beim Aufladen von Elektrofahrzeugen anfallen, ebenso nicht für Unternehmen sowie für Ferienwohnungen.

on direkt an die Bürger gewandt und erneut vor schweren Zeiten gewarnt. Die Rahmenbedingungen sind in der Tat besorgniserregend: Nicht gelöst ist weiterhin das Problem, wie man ohne Gas, Kohle und Öl aus Rußland die tschechische Wirtschaft am Laufen halten und die Wohnungen mit Energie und Wärme versorgen kann. Dem Kreml warf Fiala deshalb vor, neben dem Krieg mit Waffen gegen die Ukraine noch einen weiteren zu führen: „Dieser zweite Krieg ist moralisch-ökonomisch, und sein Ziel sind die Länder der westlichen Welt, also auch Tschechien. Rußland verschleiert nicht, daß es die demokratischen Länder schwächen, ihnen wirtschaftliche Probleme bereiten und damit den sozialen Frieden zerstören will. So soll das Vertrauen der Menschen in den Staat unterminiert und politische Instabilität hervorgerufen werden. Oder mit anderen Worten: Rußland will uns schwach und damit erpressbar machen.“ Tschechien brauche, so Fiala, eine Übergangszeit von zwei bis fünf Jahren, um unabhängig von Energielieferungen aus Rußland zu werden. Gleichzeitig hat die tschechische Regierung das Energiegesetz geändert (siehe links), um die Bürger zu entlasten. In der öffentlichen Wahrneh-

Der neue Notenbankchef Aleš Michl (oben) und Tschechiens Premierminister Petr Fiala (links) stehen vor schwierigen Aufgaben. Fotos: Vlada CZ, Česká národní mung ist dagegen ein weiterer Krisenherd aus dem Blickfeld geraten – die immer noch schwelende Corona-Pandemie, die im Herbst wieder Fahrt aufnehmen und erneute Lockdowns notwendig machen könnte. Das größte Problem für die Bürger ist aber die massive Geldentwertung. Die Inflation ist im Mai auf 16 Prozent gestiegen –

nach den baltischen Staaten der schlechteste Wert in der EU. Experten rechnen damit, daß die Inflation bis zum Herbst auf mindestens 17 Prozent ansteigt und dann erst langsam abflaut. Seit Mai 2020 hat die tschechische Nationalbank deshalb sieben Mal hintereinander den Leitzins auf jetzt 5,75 Prozent angehoben. Diese auch unter

Volkswirten umstrittene Strategie hatte jetzt personelle Konsequenzen. Jiří Rusnok, einst Finanzminister unter dem damaligen Premierminister Miloš Zeman, wurde vom jetzigen Präsidenten Zeman durch Aleš Michl abgelöst. Michl, der heute sein Amt als Gouverneur der Nationalbank antritt, gilt als Kritiker der Leitzinserhöhungen und hat als Mitglied im Vorstand der Nationalbank auch gegen die aktuelle Erhöhung gestimmt. Die Personalie Michl ist aber auch in Prag nicht unumstritten. So vermutet der Wirtschaftsjournalist Tomáš Lemešani, Michls Kurs des billigen Geldes könne auch mit der Verbindung zu ExPremier Andrej Babiš und dessen Agrofert-Gruppe zu tun haben. „Michl ist der ehemalige Anlage-

stratege jener Bank, die die Aktivitäten von Agrofert maßgeblich finanziert hat“, sagt Lemešani und erklärt, Agrofert habe umgerechnet etwa eine Milliarde Euro Schulden, die bei höheren Zinsen das Unternehmen in Schieflage bringen könnten. In einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Ekonom hat Michl bereits seine strategische Ausrichtung umrissen: „Die tschechische Zentralbank muß die Zinssätze über dem Standardniveau halten, die Regierung bei der Senkung des Haushaltsdefizits unterstützen und auf Lohnzurückhaltung drängen, um zu verhindern, daß die meist angebotsseitige Inflation auf die Nachfrageseite übergreift.“ Außerdem wolle er die Goldreserven von derzeit 11 Tonnen auf über 100 Tonnen verzehnfachen. Wie hart die tschechischen Bürger bereits jetzt von den Preiserhöhungen auch bei Grundnahrungsmitteln getroffen werden, zeigen die Vergleiche zum Vorjahr. Mehl wurde um 64,6 Prozent teurer, Fleisch um 17,3 Prozent, Milch um 42,1 Prozent, Eier um 33,8 Prozent und Butter um 51,9 Prozent. Auch bei den Energieausgaben müssen die Tschechen tiefer in die Tasche greifen. So wurde Erdgas um 49,2 Prozent teurer, feste Brennstoffe um 30,1 Prozent sowie Diesel und Benzin um 44,3 Prozent. Notenbankchef Michl rechnet damit, daß es zwei Jahre braucht, bis das Inflationsziel von zwei Prozent wieder erreicht ist. Grundvoraussetzung dafür ist allerdings, daß der russische Angriffskrieg auf die Ukraine bis dahin beendet ist, womit Militärstrategen derzeit aber nicht rechnen ... Torsten Fricke


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AKTUELL · MEINUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

AUS UNSEREM PRAGER BÜRO

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er Platz vor der beliebten St.Wenzels-Kirche im Prager Arbeiterviertel Smichow wird oft für Ausstellungen unter freiem Himmel genutzt. Den Auftakt macht in diesem Sommer eine Präsentation auf etwa vierzig Panellen unter dem etwas seltsamen Titel „Berühmte tschechische Österreicher“, die von österreichischen und tschechischen Institutionen getragen wird. SL-Büroleiter Peter Barton besuchte diesen Platz und stellte fest, daß hier fünfzig Persönlich-

PRAGER SPITZEN

keiten präsentiert werden, von denen die meisten einen eindeutig sudetendeutschen oder deutschjüdischen Hintergrund haben. Ob Victor Adler, Max Brod, Marie von Ebner-Eschenbach oder Leo Perutz – sie alle wurden auf diesem Gebiet geboren, berühmt wurden sie meistens in Österreich oder wie Friederike Victoria Gessner alias Joy Adams im fernen Afrika. Diese informative Präsentation in deutscher und tschechischer Sprache weckt das Interesse der Fußgänger. Vielleicht wird sie später anderswo zu sehen sein.

Fünf Millionen Touristen erwartet

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aut einer Schätzung der staatlichen Tourismusagentur CzechTourism werden etwa fünf Millionen ausländische Touristen die Tschechische Republik besuchen. Das sind doppelt so viele wie im vergangenen Jahr, aber nur halb so viele wie in Vor-Corona-Jahren. Ein Grund: Vor allem Touristen aus China und Rußland fehlen weiterhin. Zu den meistbesuchten Orten in Tschechien zählten im vergangenen Jahr die Prager Seilbahn auf den Petřín-Hügel.

Serie 70 Jahre Heiligenhof: Dr. Gert Maichel, Vorsitzender des Bundes Alter Gildenschaften

Deutsche Gildenschaft: Seit 1953 Stammgast auf dem Heiligenhof Die Entwicklung des Heiligenhofes und der nach dem Zweiten Weltkrieg wieder gegründeten Deutschen Gildenschaft sind ohne einander nicht zu denken. Von Dr. Gert Maichel

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er Ankauf des Heiligenhofes vor 70 Jahren durch das Sudetendeutsche Sozialwerk war freilich noch ohne Bezug oder Hilfe durch diese Hochschulkorporation mit bündischen Wurzeln zustande gekommen. Aber kurz danach, im Wintersemester 1952/53, wurde der Arbeitskreis Sudetendeutscher Studenten (ASSt) in München durch Günther Drescher und Wolfgang Egerter gegründet. Da Wolfgang Egerter eine Verbindung zum Sudetendeutschen Sozialwerk hatte, konnte die Münchner Gruppe des ASSt im Herbst 1953 eine Hochschulwoche mit etwa 20 Studenten auf dem Heiligenhof durchführen. Dies war der Beginn einer sehr lebendigen und anhaltenden Verbindung zum Heiligenhof, denn darauf folgten viele Jahre mit Hochschulwochen in den Semesterferien jeweils im Frühjahr und im Herbst. Dabei blieb es nicht. Viele Angehörige des ASSt verbrachten Wochen und Monate in Bad Kissingen und halfen an verschiedensten Stellen. Als der Heiligenhof Ferienwochen für Berliner Kinder anbot, waren es auch die Studenten des ASSt, die als Betreuer und Lagerleiter mit eingesetzt wurden. Andere betätigten sich als Referenten bei Seminaren, in denen es um Fragen der Eingliederung der Vertriebenen, der Wiedervereinigung, des Minderheitenrechts, der Europäischen Einigung, des Rechts auf die Heimat, das Selbstbestimmungsrecht und die Wurzeln der Flüchtlinge und Vertriebenen aus ganz Mittel- und Osteuropa ging. Diese Verbindung wurde noch intensiver, als sich der ASSt mit anderen Hochschulgruppen aus ganz Westdeutschland zur Deutschen Gildenschaft zusammenschloß. Der Sudetendeutsche Dr. Hanns Klatz hatte schon seit 1952 einen Kreis ehemaliger Prager und Brünner Gildenschafter um sich herum gesammelt, was

Großes Vertrauen in Präsident Selenskyj

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nter den ausländischen Politikern vertrauen die Tschechen der slowakischen Präsidentin Zuzana Čaputová und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am meisten, so das Ergebnis einer Umfrage des Zentrums für öffentliche Meinungsforschung (CVVM). Großes Mißtrauen herrscht dagegen gegenüber den Machthabern Rußlands und Weißrußlands, Wladimir Putin und Alexander Lukaschenko. Im Vergleich zur letzten Umfrage Ende 2019 hat Selenskyj den Anteil derjenigen, die ihm vertrauen, fast vervierfacht – von zwölf Prozent auf 49 Prozent. Gleichzeitig stieg der Anteil derer, die ihm mißtrauen, leicht um sechs Prozentpunkte auf 32 Prozent.

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Diskussionsrunde beim Bundestag der Deutschen Gildenschaft 2018 auf dem Heiligenhof. im April 1956 zur Gründung der „Altherrenschaft bündischer Studentenverbände e.V.“ (AHStV) führte. Daneben gründete sich auch im Jahr 1956 aus ehemaligen „reichsdeutschen“ Hochschulgilden ein „Bund alter Gildenschafter e.V.“. An dessen erstem Bundestag im Frühjahr 1957 nahm auch der AHStV teil. Dies war der Startschuß für den Zusammenschluß zur Deutschen Gildenschaft, in die dann auch die Hochschulgruppen des ASSt überführt wurden. Der erste Bundesaktivensprecher, der im Jahr 1958 aus dem AHStV, dem ASSt und DAG wieder entstandenen Deutschen Gildenschaft, war Wolfgang Egerter. Diese personelle und organisatorischen Vernetzungen waren sicher Grund dafür, daß der Weg zum Heiligenhof für alle Studenten dieser Hochschulkorporation eine Selbstverständlichkeit war. Dazu kam, daß sich den einzelnen Hochschulgilden auch junge Menschen anschlossen, die in ihrer Schulzeit Mitglied der Deutschen Jugend des Osten (DJO) waren. Da auch die DJO viele ihrer

Lager und Seminare auf dem Heiligenhof durchführte, war ohnehin eine enge Verbindung gegeben. Der Schreiber dieser Zeilen, kann sich erinnern, daß er als 15-jähriger zum ersten Mal an einem Osterseminar der Mecklenburger Jugend auf dem Heiligenhof teilnahm. Seit dieser Zeit ist die Verbindung nie abgerissen. So hat er, als die Heimvolkshochschule Kurse auf dem Heiligenhof anbot, Vorträge gehalten oder sich später ins Kuratorium der von Wolfgang Egerter ins Leben gerufenen Akademie Mitteleuropa eingebracht. So wie er haben sich viele Gildenschafter auf dem Heiligenhof engagiert. Der viel zu früh gestorbene Gildenschafter Dr. Harmut Müller-Kinet konnte noch voller Stolz seinen jüngeren Bundesgeschwistern berichten, daß er am Bau eines Schweinestalls hinter dem Hauptgebäude mitgeholfen hat. Andere haben sich als Lagerhelfer, Kinderbetreuer, Referenten bei verschiedenen Seminaren beteiligt. Gildenschafter haben darüber hinaus auch Verantwortung für den Heiligenhof und das Sude-

Dr. Gert Maichel Geboren am 4. Februar 1949 in Timmendorfer Strand als Kind von Flüchtlingen aus Mecklenburg. Verheiratet, sechs Kinder, elf Enkelkinder In der Schulzeit in Kappeln/Schlei Jungenschaftsgruppenleiter und Mitglied des Landesvorstands Schleswig-Holstein der Deutschen Jugend des Ostens (DJO). Während der Studienzeit (Agrarökonomie und Jura) Bun-

desführer der Mecklenburger Jugend und Referent für das Heimvolkshochschulwerk Gensungen und auf dem Heiligenhof. Wirtschaftsjurist und Manager in Unternehmen der Großindustrie. Zuletzt Vorsitzender des Vorstands der RWE Power AG, Essen. Vorsitzender des Bundes Alter Gildenschaften (BAG) und Mitglied des Kuratoriums der Mitteleuropa Akademie.

Foto: BAG

tendeutsche Sozialwerk übernommen. So hat Günther Reichert bis vor kurzem in der Nachfolge von Wolfgang Egerter als Vorstandsvorsitzender der Stiftung SSBW sowie als Vorstand der Akademie Mitteleuropa gewirkt und Peter Hucker über mehr als 13 Jahre als Schatzmeister des Vereins SSBW gearbeitet. Andere Gildenschafter wie Dr. Horst Kühnel, Dr. Herbert Haischmann, Prof. Dr. Joachim Bahlke, Utta Ott, um nur einige zu nennen, haben über viele Jahre im Stiftungsbeirat des Sudetendeutschen Sozialwerks oder im Vorstand und im Kuratorium der Akademie Mitteleuropa mitgearbeitet und tun es zum Teil heute noch. Und andererseits wurden auch die langjährigen Leiter des Heiligenhofes, Erich und Traudl Kukuk, wegen ihrer Nähe zu unserem Bund als Freunde der Deutschen Gildenschaft in den Bund aufgenommen. Die Deutsche Gildenschaft hat viele Bundestage auf dem Heiligenhof veranstaltet, und auch heute ist es die Regel, daß jeder zweite Bundestag auf dem Heiligenhof stattfindet. In vielen Jahren waren die daneben auf dem Heiligenhof durchgeführten DG-Familienwochenenden, bei denen mit den Kindern gesungen, gespielt, gewandert und gebastelt wurde, Höhepunkte des Gemeinschaftslebens. Das wollen wir auch in Zukunft so halten, denn diese Verbindung soll nicht abreißen. Dem Heiligenhof und seinem ganzen Team sei deshalb von Herzen zum 70-jährigen Jubiläum gratuliert. Als Gildenschaft wünschen wir uns weiter viele Jahre einer möglichst gegenseitig befruchtenden und gedeihlichen Verbindung.

Interesse an der Armee steigt

eit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist das Interesse am Dienst in der tschechischen Armee deutlich gestiegen, hat die Armeeführung anläßlich des Tages des Heeres bestätigt. Demzufolge bewerben sich um ein Vielfaches mehr Menschen als in anderen Jahren für die aktive Reserve. Mehr als 50 000 Menschen besuchten am Samstag zum Tag des Heeres einen ehemaligen Militärstützpunkt in Westböhmen, um sich Kampfausrüstung und Ausbildung der Soldaten anzusehen.

Deutlich weniger Kneipenbesuche

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ur noch die Hälfte aller Erwachsenen geht mindestens einmal alle zwei Wochen auf ein Bier, 2019 waren es noch fast drei

Viertel. Vor der Corona-Pandemie gingen die Stammgäste im Durchschnitt neunmal pro Monat in ihre Gaststätte, jetzt sind es acht Besuche, so eine aktuelle Umfrage der Bierbrauerei Pilsner Urquell. Das Unternehmen hatte in der vergangenen Woche vermeldet, daß wegen der Kneipenschließungen während des Lockdowns der Verkauf an Bierfässern um fast ein Drittel eingebrochen ist. Infolge dessen sank der Gewinn der Brauerei um rund 20 Prozent.

Antipreis für Ex-Umweltminister

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er ökologische Antipreis Ropák 2021 geht an den ehemaligen Umweltminister Richard Brabec (Partei Ano), hat der tschechische Umweltverband „Děti země“ (Kinder der Erde) bekannt gegeben. Brabec erhält die Negativauszeichnung aus einer Reihe von Gründen. So hatte der Minister Ausnahmen bei den Grenzwerten für Luftschadstoffe bei zwei Kraftwerken genehmigt.

Fiala will keine Euro-Einführung

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ie Einführung des Euro ist kein Thema, das derzeit auf dem Tisch liegt, da die Tschechische Republik noch nicht die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt hat, hat Premierminister Petr Fiala bei einem Besuch in Brüssel erklärt, nachdem der EU-Gipfel grünes Licht für die Einführung des Euro in Kroatien gegeben hatte. Die Einführung der gemeinsamen Währung wird seit langem von vielen Wirtschaftsexperten und Exporteuren, die das Wechselkursrisiko fürchten, gefordert. Laut Fiala bereitet die Regierung zumindest eine Möglichkeit für Unternehmen vor, ihre Konten in Euro zu führen.

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Gnade für Schuldner

ie Aktion „Gnadenjahr“ wird im Herbst dieses Jahres wiederholt. Sie gibt den Menschen die Möglichkeit, sich ihrer Schulden bei öffentlichen Einrichtungen und staatlichen oder halbstaatlichen Unternehmen zu entledigen. Die angehäuften Gebühren, Zinsen oder zusätzlichen Strafzahlungen werden dabei erlassen. Die Aktion fand bereits erstmals im vergangenen Jahr statt und wird in diesem Jahr im Herbst wiederholt.

Sudetendeutsche Zeitung

ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Herbert Ring, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Verlagsassistentin: Birte Rudzki. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2022 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2021 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.


Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

SUDETENDEUTSCHE GESPRÄCHE

Passanten und Egerländer verfolgen in Elbogen das offene Tanzen und Singen der Egerland-Jugend. Auf dem Sudetendeutschen Tag wurde dieses Ereignis gleich von mehreren Rednern herausgestellt: Zum ersten Mal hat Mitte Mai ein Bundestreffen der Egerland-Jugend in der Tschechischen Republik stattgefunden. Im Interview mit der Sudetendeutschen Zeitung ziehen Bundesvüarstäiha Volker Jobst und Bundesjugendführer Alexander Stegmaier Bilanz.

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Die Egerland-Jugend in wunderschönen Trachten beim Tanzen in Elbogen.

� Zum ersten Mal fand ein Bundestreffen der Egerland-Jugend im Egerland statt

„Diese Wertschätzung ist eine große Auszeichnung für uns“

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err Jobst, Herr Stegmaier, für das Doppel-Jubiläum 50. Bundestreffen der Egerland-Jugend und 70 Jahre Egerland-Jugend hatten Sie einen besonderen Ort gewählt. Zum ersten Mal fand dieses Treffen im Egerland statt, in Elbogen. Was war es für ein Gefühl, auf dem Marktplatz in Tracht zu tanzen, zu musizieren und zu singen? Volker Jobst: Das war für alle Teilnehmer ein sehr angenehmes Gefühl. Lange strebt die Egerland-Jugend schon darauf zu, bei einem Bundestreffen an einem solch schönen Ort im Egerland auftreten zu können. Alexander Stegmaier: Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs gab es bereits im Zuge von Ausflugsfahren Auftritte der Egerland-Jugend im Egerland. Noch nie allerdings bei einem Bundestreffen, die es seit 1971 gibt. Wie kam es dazu, nach Elbogen zu fahren? Gab es keine Bedenken, daß es von tschechischer Seite Kritik geben könnte? Jobst: Wir hatten einen Ort gesucht, der markant und besonders bekannt ist. Ursprünglich wollten wir bereits 2020 in Eger auftreten, aber da kam Corona dazwischen. Aus Termingründen konnte Eger dann 2022 nicht die Gastgeberrolle übernehmen. Stegmaier: Tanzen und Singen unter dem Egerer Stöckl wä-

Laura und Miriam Domes aus der Kindergruppe Offenbach.

Landesobmann Steffen Hörtler.

oder Projekte, wie die Verständigung zwischen den Bürgern diesund jenseits der Grenze verbessert werden kann? Stegmaier: Eine fremde Sprache zu lernen, ist komplex und benötigt Zeit und Durchhaltevermögen. Mit ihren Lagerfreitzeiten in Gaisthal erreicht die SDJ da sicherlich viel, zumindest wird die Freude an der jeweils anderen Sprache geweckt. Spüren Sie, daß der russische Krieg gegen die Ukraine die Europäer zusammengeschweißt hat? Ist das Verständnis gewachsen, daß Nationalismus immer ins Abseits führt und daß ein Miteinander für alle Beteiligten besser ist als ein Gegeneinander? Jobst: Ja, sehr wohl. Das gilt ja als etwas, womit Präsident Putin offensichtlich nicht gerechnet hat. Ich hoffe nur, daß dieser Zusammenhalt und all diese umfangreichen Maßnahmen auch ein positives und friedenbringendes Ergebnis bringen. Gibt es auch Ideen, daß Tschechen in die Oberpfalz kommen, um dort gemeinsam mit den Egerländern aufzutreten? Stegmaier: Das passiert regelmäßig. So waren vor wenigen Tagen beim „Kulturfest der Oberpfälzer – 43. Bayerischer Nordgautag“ in Schwandorf mehrere tschechische Gruppen mit dabei. Was war das schönste persönliche Erlebnis für Sie in Elbogen?

� Alexander Stegmaier

Bürgermeisterin Christine Eisa und OB Steffen Weigel mit Bundesjungendführer Alexander Stegmaier.

� Volker Jobst n  Geboren am 4. Mai 1967 in Stuttgart. n  Seit 1973 Träger der Egerländer Tracht. n  Von 1999 bis 2010 Bundesführer der Egerland-Jugend. n  Seit 2016 Bundesvüarstäiha des BdEG.

ren natürlich unvergeßlich gewesen. Aber die Silhouette von Elbogen ist ja, wie man sieht, auch toll. Kritik von tschechischer Seite waren wir zu keiner Zeit ausgesetzt. Im Gegenteil: Sowohl in Eger als auch in Elbogen stießen wir auf offene Ohren und Türen. Ihre Veranstaltung in Elbogen hat auch auf dem Sudendeutschen Tag in Hof für positive Resonanz gesorgt. Mehrere Redner sahen in Ihrem Auftritt einen wichtigen Beitrag zur deutschtschechischen Verständigung. Jobst: Wie es die Redner beim Sudetendeutschen Tag empfanden, war genau das, was die junge EJ-Führung um Alexander Stegmaier erreichen wollte. Zusammen mit der Sudetendeutschen Jugend (SDJ) ist und war die Egerland-Jugend gerne grenzüberschreitend unterwegs. Die EJ tat dies auch schon seit 1990 mit der Friedhofspflegeaktion am Klosterfriedhof des Stiftes Tepl bis 2017, übrigens gemein-

Bürgermeister Peter Adamec.

Fotos: Mathias Meinl/Erich Wetzka

Bundesvüarstäiha Volker Jobst mit seiner Frau Elke und den Töchtern Lena und Anja.

Martin Dzingel, der Präsident der Landesversammlung, Günther Wohlrab und Magistrat Jaromir Ungr.

Der Bischof von Pilsen, Tomáš Holub, und Pfarrer Josef Triebenbacher mit Fahnenträgern. sam mit dem Bund der Deutschen–Landschaft Egerland, die damals von Richard Šulko als deren Vorsitzender geführt wurde. Stegmaier: Diese Wertschätzung, die uns von vielen Sudetendeutschen, aber auch von der Politik auf dem Sudetendeutschen Tag entgegengebracht wurde,

ist eine große Auszeichnung für uns. Es ist schön, daß wir wahrgenommen werden. Und wir bedanken uns sehr für die Unterstützung. So ist unser Treffen aus EU-Mitteln des „ZIEL-ETZ Programms Freistaat Bayern/Tschechische Republik 2014+2020“ gefördert worden.

Das schöne Kulturzentrum Dvorana in Elbogen.

Sind künftig weitere Veranstaltungen in der Tschechischen Republik geplant? Jobst: Seitens des Bundes der Eghalanda Gmoin derzeit nicht, wobei immer wieder gerne unsere Landsleute und Mitglieder vor oder nach grenznahen Veranstaltungen die Gelegenheit nut-

zen, um ins Egerland zu fahren. Außerdem fährt der BdEG seit einigen Jahren zu Exkursionen im Rahmen der jährlichen Bundeskulturtagungen zu Zielen ins Egerland. Ein großes Problem im deutschtschechischen Verhältnis ist die Sprachbarriere. Gibt es hier Ideen

n  Geboren am 23. November 1995 in Aalen. n  Seit der Geburt in der Gmoi Wasseralfingen, später auch in der Gmoi Stuttgart aktiv. n  Seit 2010 in der Bundesjugendführung. Erst als Beirat, später als Fähnrich. n  Ab 2017 Vorsitzender der Egerland-Jugend. n  Ab 2021 Beirat in der SdJ.

Jobst: Das offene Tanzen und Singen in Marktplatznähe mit toller Egerländer Blasmusik, unseren Tänzen und Liedern und das Wichtigste: in unseren vielen bunten Egerländer Trachten, getragen von jungen Egerländern. Stegmaier: Das Schlußbild mit allen aktiven Teilnehmern am Ende des Volkstumsabends ist immer ein Gänsehautmoment. Und die fast schon professionellen Auftritte unserer Freunde der Tanzgruppe Marjanek aus Marienbad sind ebenfalls stets ein Augenschmaus. Was motiviert Sie beide als Angehörige der Bekenntnisgeneration, sich für das Egerland und die Egerländer zu engagieren? Stegmaier: Die Egerländer Gmoin sind wie eine große Familie. Wir sind Freunde fürs Leben. Jobst: Der Bund der Eghalanda Gmoin e.V. – Bund der Egerländer ist auch in den übergeordneten Verbänden, wie der Sudetendeutschen Landsmannschaft, dem Bund der Vertriebenen, dem Oberpfälzer Kulturbund und dem Deutschen Trachtenverband, hoch angesehen. Unsere nachhaltige Brauchtumspflege und unsere große Liebe zur Egerländer Tracht gelten vielen als Vorbild. Torsten Fricke


4 Noch bis Donnerstag, 21. Juli, täglich von 8.00 bis 20.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen und Verein Omnium (Prag): Ausstellung „Gerettete Denkmäler 2020 – Zeugen der deutschen Kulturgeschichte in der Tschechischen Republik“. Autobahnkirche Waidhaus, Autobahn A6 Nürnberg– Prag (Ausfahrt Waidhaus). Samstag, 2. Juli, 10.00 bis 17.00 Uhr, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege in Kooperation mit der Sudetendeutschen Heimatpflege: Liederlust im Vierklangrausch. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Teilnahmegebühr 25 Euro. Anmeldung: www. heimat-bayern.de Samstag, 2. bis Sonntag, 3. Juli, Heimatkreis Neudek/ Erzgebirge: 24. Beerbreifest in Trinksaifen/Hochofen. Samstag, 10.30 Uhr: Gottesdienst in Trinksaifen. Danach Heimattreffen und Ausflug nach Gossengrün. Samstag, 2. Juli, 15.00 Uhr, SL-Heimatgruppe Kuhländchen-München: „Der Böhmerwald“. Vortrag von Johann Slawik, Haus des Deutschen Ostens, Raum 113, Lilienberg 5, München. Sonntag, 3. Juli, 9.00 Uhr, Römisch-katholische Pfarrei Haindorf in Böhmen: Haindorfer Wallfahrt Maria Heimsuchung. Hauptzelebrant Prof. Dr. Karlheinz Diez, Weihbischof von Fulda.Wallfahrtskirche Maria Heimsuchung, Haindorf. Freitag, 8. Juli, 14.00 Uhr, BRUNA, Heimatverband der Brünner: Festveranstaltung aus Anlaß des 200. Geburtstages von Gregor Mendel. Vortrag von Prof. Widmar Tanner, Regensburg, zum Thema „Von Erbsenexperimenten bis zu mRNA-Impfstoffen“. Pädagogische Hochschule, Hörsaal 1, 1. Stock, Oberbettringer Straße 200, Schwäbisch Gmünd. Sonntag, 10. Juli, Egerländer Gmoi Nürnberg: 100 Jahre Egerländer Gmoi Nürnberg. 10.00 Uhr Festgottesdienst, 11.30 Uhr Festakt, 14.00 Uhr Kulturnachmittag mit der Egerländer Geigenbauerkapelle Bubenreuth sowie mit Tanz-, Sing- und Musikgruppen der Gmoin und Trachtenverbänden. Genossenschaftssaalbau, Matthäus-Hermann-Platz 2, Nürnberg. Donnerstag, 14. bis Sonntag, 17. Juli: Sudetendeutsches Museum: Allerley Feierei – großes Museumsfest in München. Donnerstag, 19.00 Uhr: Eröffnung der Sonderausstellung „al-

TERMINE VERANSTALTUNGSKALENDER lerley kunststück“ (bis Sonntag, 4. Dezember). Freitag, 20.30 Uhr: Konzert mit Rick TheOg und May Rei. Samstag, 10.00 bis 14.00 Uhr: Museumsrallye für Kinder und Familien. 11.00 und 14.00 Uhr: Puppentheaterspiel. 16.30 Uhr: Kinder-Mitmachtanzen mit dem Böhmerwaldbund. Sonntag, 9.30 Uhr: Böhmischer Frühschoppen. 10.30, 11.00, 11.30 und 16.30 Uhr: Sonderführungen durch die Dauerausstellung. Freitag, 15. Juli, SL-Bezirksgruppe Oberfranken: Fahrt zum Sudetendeutschen Museum. Abfahrt Bayreuth Bahnhof 8.30 Uhr, Pegnitz-Wiesweiher 9.00 Uhr, weitere Zustiege auf Anfrage. Anmeldung bei Margaretha Michel, Telefon (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@familiemichel.net oder bei Rita Tischler, Telefon (09 21) 41 75. Samstag, 16. Juli, Egerländer Gmoi Nürnberg: Dudelsacktag der Egerländer Gmoi Nürnberg. 14.00 Uhr: Vortrag „Zur Geschichte des Egerländer Dudelsacks – ein Musikinstrument im Fokus der Volkskunde um 1900“ von Georg Balling. 19.00 Uhr: Dudelsack-Konzert mit Regensburger Bordunmusik, Bojaz, Familienmusik Schmidt und Familienmusik Deistler. Haus der Heimat Nürnberg-Langwasser, Imbuschstraße 1, Nürnberg. Samstag, 16. Juli, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde Erlangen: „Na Uteku – Auf der Flucht“. Der Film dokumentiert das Schicksal der jüdischen Familie Weinstein aus Troppau. Anschließend Gespräch mit dem Troppauer Dieter Aust. Sportgaststätte des FSV Bruck, Tennenloher Straße 68, Erlangen. Montag, 18. bis Sonntag, 24. Juli, Heimatkreis Oberes Adlergebirge: Heimattreffen zur Annafestwoche 2022 in Rokitnitz/Adlergebirge. Auskunft: Ortsbetreuer Günther Wytopil, Telefon (0 61 63) 48 27 oder eMail gwytopil@gmail.com. Sonntag, 21. August, 14.00 Uhr: Tag der offenen Tür. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 21. August bis Freitag, 30. September, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Ausstellung „Niemandsland, Czernowitz-Butscha 2022 – Arbeiten der ukrainischen Künstlerin Olha Tregubova“. Foyer Eichendorff-Saal, Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf.

Sonntag, 21. August bis

Freitag, 28. Oktober, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Ausstellung „Sammlung neu entdeckt II. Ausgewählte Porträts aus der ,Ostdeutschen Artothek´“. Gerhart-HauptmannHaus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Mittwoch, 31. August, 18.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Rumänien – ein Schnellkurs zu Geschichte und Gegenwart“. Referent: Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 4. September, 12.00 Uhr, BdV, Ackermann-Gemeinde Bamberg, SL-Bezirksgruppe Oberfranken: Vertriebenenwallfahrt nach Gößweinstein. Gottesdienst mit dem Vertriebenenbeauftragten Pfarrer Monsignore Herbert Hautmann. Anmeldung von Gruppen bei Margaretha Michel, Telefon (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@ familie-michel.net Freitag, 9. September, 17.00 Uhr (Nachholtermin): „Alles, was wir nicht erinnern. Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters“. Buchvorstellung mit Christiane Hoffmann. Haus der Geschichte, Museumsmeile, WillyBrandt-Allee 14, Bonn. Montag, 12. September, 18.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „Schwarze Erde. Schwere See – Ein Kaleidoskop der Ukraine“. Autorengespräch mit Jens Mühling. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 17. bis Samstag, 24. September, Ackermann-Gemeinde: Zu Fuß durch Nordböhmen: deutsch-tschechische Pilgerwanderung von Aussig nach Altbunzlau. Anmeldung unter eMail muenchen@ackermanngemeinde.de Dienstag, 20. September, Stiftung Gerhart-HauptmannHaus: „111 Gründe, Polen zu lieben“. Lesung und Gespräch mit Dr. Matthias Kneip. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Donnerstag, 22. September, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Angekommen. Aber wie? – Integration von (Spät-)Aussiedlern am Beispiel der Siebenbürger Sachsen“. Diskussionsabend unter anderem mit Heiko Hendriks (Beauftragter für die Belange von deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussied-

lern) und Rainer Lehni (Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen). GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Dienstag, 27. September, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Babyn Yar – und der Krieg in der Ukraine“. Vortrag von Dr. Anatoly Podolsky, Zentrum für Holocaust-Forschung der Ukraine. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Mittwoch, 28. September, 19.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „… nachdem die Welt meiner eigenen Sprache für mich untergegangen ist … – Stefan Zweig (1882– 1942) im Exil“. Vortrag mit Textbeispielen zum 80. Todestag mit Dr. Katja Schlenker und Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 1. bis Montag, 3. Oktober: Heimatgruppe Sandau und Umgebung: Sandauer Heimattreffen in der Patenstadt Arzberg und in Sandau. Samstag: Besichtigung der Sandauer Heimatstube im neuen Bügerhaus, anschließend Empfang der Stadt Arzberg und Heimatabend im Kath. Vereinshaus. Sonntag, 10.30 Uhr: Festgottesdienst in Arzberg, nach dem Mittagessen Fahrt nach Eger. Montag, 10.00 Uhr: Heimatgottesdienst in Sandau in der St. Michaels-Pfarrkirche. Anschließend Gedenken der Toten auf dem Sandauer Friedhof, danach Mittagessen im Lehnhof. Dienstag, 4. Oktober, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Bunte (Noten-) Blätter. Traditionelles Herbstkonzert im Eichendorff-Saal“. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Freitag, 7. Oktober, 18.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Preußen und sein Osten in der Weimarer Republik“. Buchvorstellung mit Prof. Dr. Manfred Kittel und Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 15. Oktober, 10.30 Uhr, BdV Bayreuth: Tag der Heimat in Fichtelberg-Neubau. Festredner: Christian Knauer, Vorsitzender BdV Bayern. Buszubringer: Pegnitz-Wiesweiher: 9.00 Uhr; Bayreuth Bahnhof: 9.30 Uhr. Anmeldung bei Margaretha Michel, Telefon (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@familiemichel.net oder bei Rita Tischler, Telefon (09 21) 41 75.

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

Buchpräsentation

„Entartete Kunst“ Dienstag, 5. Juli, 20.00 Uhr: Buchpräsentation „,Entartete Kunst´ in Breslau, Stettin und Königsberg“ mit den Autoren Dr. Meike Hoffmann und Dr. Andreas Hüneke im HdO und Online. Auch Breslau, Stettin und Königsberg gehörten 1937 zu den Städten, in denen die Nazis Kunstwerke beschlagnahmten oder zerstörten. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sich diese Städte durch die im Potsdamer Abkommen 1945 geregelte geographische Neuordnung in Gebieten der polnischen beziehungsweise sowjetischen Verwaltungshoheit. Damit waren sie von der juristischen Klärung der Beschlagnahmeaktion und den musealen Regenerationsbestrebungen in Deutschland ausgeschlossen. Dr. Meike Hoffmann studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie, Volkskunde und

Bibliothekswissenschaften in Kiel und Berlin und wurde mit einer Arbeit über die Künstlergruppe „Brücke“ an der Freien Universität Berlin promoviert. Seit 2006 ist Meike Hoffmann wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut der FU Berlin. Dr. Andreas Hüneke ist Kunsthistoriker und Provenienzforscher. Seit April 2003 ist er Mitarbeiter bei der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut der FU Berlin. Andreas Hüneke ist außerdem Gründer und Vorsitzender des Potsdamer Kunstvereins und langjähriger ehrenamtlicher Vizepräsident des Internationalen Kunstkritikerverbands AICA. Anmeldung erforderlich unter Telefon (0 89) 4 49 99 30 oder per eMail an poststelle@hdo. bayern.de.

Charta der Heimatvertriebenen Dienstag, 19. Juli, 18.00 bis 20.00 Uhr: Online-Seminar: „Die Charta der Heimatvertriebenen“. Gespräch mit Prof. Dr. Matthias Stickler, Institut für Geschichte der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Die Stuttgarter „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ von 1950 stellt ein bemerkenswertes Zeitzeugnis der Frühgeschichte der Bundesrepublik Deutschland dar. Sie war zum einen nach innen gerichtet, also an die westdeutsche Aufnahmegesellschaft, zum andern nach außen, also an die Siegermächte und an die Menschen der Staaten, die nach 1945 Deutsche aus ihrer Heimat vertrieben hatten. Die Charta legt Zeugnis ab vom Integrationswillen der Vertriebenen und von ihrer Bereitschaft zur Aussöhnung mit den östlichen Nachbarn Deutschlands. Der Referent behandelt in seinem Vortrag sowohl die Entstehung der Charta als auch deren Inhalt sowie die kritische Auseinandersetzung damit. Anmeldung unter eMail info@heiligenhof.de Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de

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14. – 17. Juli 2022

Museumsfest des Sudetendeutschen Museums in der Hochstraße 10, 81669 München

14.07. 15.07. 16.07. 16.07. 17.07.

Ausstellungseröffnung Rap-/Elektrokonzert mit Lasershow Museumsrallye Puppentheaterspiel Böhmischer Frühschoppen u.v.m.

Informationen: www.sudetendeutsches-museum.de

– Eintritt frei! – Trägerin des Sudetendeutschen Museums: Sudetendeutsche Stiftung, Hochstraße 8, 81669 München Das Sudetendeutsche Museum wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.

Ein Bild vom Versöhnungsmarsch 2021: Über eine kleine Anhöhe geht es weiter Richtung Brünn. Foto: Torsten Fricke

SL-Landesgruppen Bayern und Baden-Württemberg

Busreise zum Brünner Versöhnungsmarsch Zum 16. Mal findet am 23. Juli der Brünner Versöhnungsmarsch statt, und mit dem großen Kulturfestival Meeting Brno erinnert die Stadt Brünn vom 22. bis 31. Juli an den 200. Geburtstag von Gregor Johann Mendel.

D

ie Landesgruppen Bayern und Baden-Württemberg organisieren aus diesem Anlaß eine Reise mit drei Bussen (mit unterschiedlichen Startpunkten). Die Reisedaten: Freitag, 22. Juli bis Montag, 25. Juli, Übernachtungen im Hotel Best Western International in Brünn. Am Samstag steht der Versöh-

nungsmarsch (Teilnahme freiwillig, auch einzelne Etappen möglich) auf dem Programm. Für den Sonntag sind ein tschechischdeutscher Gottesdienst, der Besuch der Anlagen von Austerlitz und ein Kulturabend geplant. Die Teilnahme an der Busreise kostet 100,00 Euro im Doppelzimmer und 130,00 Euro im Einzelzimmer. Inkludiert sind die Busfahrt nach Brünn und zurück, drei Übernachtungen mit Halbpension und alle Eintritte. Anmeldung bei: SL-LG Bayern, Hochstraße 8, 81669 München, Telefax (0 89) 48 00 03 96, eMail Geschaeftsstelle@sudeten-by.de.


Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

AKTUELLES · KOLUMNE

� Festakt in Pilsen

� Mut tut gut

Zwei Länder, ein Ziel: 25 Jahre Tandem Die deutsch-tschechischen Koordinierungszentren Tandem feiern Jubiläum. Im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik fördern die Büros seit 1997 den Jugendaustausch beider Länder. Zahlreiche Gäste aus Politik und Verwaltung, der internationalen Zusammenarbeit und Jugendarbeit, dem Bildungswesen und der Wirtschaft und viele junge Menschen aus beiden Ländern würdigten die positive Bilanz auf einem Festakt in Pilsen

T

andem steht seit 25 Jahren für die deutsch-tschechische Freundschaft, für die Begegnung junger Menschen der Nachbarländer sowie für die Förderung und Unterstützung der am Austausch beteiligten Partner. „Was vor 25 Jahren mit dem Bekenntnis beider Länder für den Jugendaustausch begann, trägt heute Früchte. Der Auftrag bleibt aktuell – und das insbesondere in Zeiten von Krisen wie dem Krieg in Europa, Klimawandel oder der Corona-Pandemie. Themen, die junge Menschen nicht nur in den

Nachbarländern unmittelbar betreffen“, erklärt Kathrin Freier-Maldoner, Leiterin des Tandem-Büros in Deutschland, die Bedeutung der Arbeit der Koordinierungszentren. Ihre tschechische Kollegin Lucie Tarabová, die das TandemBüro in Pilsen leitet, ergänzt: „Das Ziel unserer Arbeit ist, daß sich junge Menschen aus den Nachbarländern kennenlernen, daß sie sich ein eigenes Bild vom Nachbarn machen können, Freundschaften entstehen und daß sich die Jugendlichen gemeinsam auf den Weg in die Zukunft machen.“ Über 200 Gäste waren beim Jubiläums-Festakt im DEPO2015 in Pilsen zusammengekommen, um Tandem zu gratulieren und ihre Wünsche auszusprechen. Bundesjugendministerin Lisa Paus, die bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Ulrike Scharf, und die sächsische Staatsministerin für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt, Petra Köpping, gratulierten per Online-Grußworte und sicherten Tandem auch weiterhin ihre Unterstützung zu.

Lebensmittel Hoffnung

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Die Tandem-Leiterinnen Kathrin Freier-Maldoner (links) und Lucie Tarabová (rechts) führten durch den Festabend. Foto: Tandem/Jan Růžička

� Bemerkenswerte Veranstaltung in der Tschechischen Botschaft mit vielen Zeitzeugen

Ein Präsident, zwei Botschafter: Erinnerungen an die Charta 77

Es war eine Premiere: Tomáš Kafka, Tschechischer Botschafter in Berlin, und Andreas Künne, Deutscher Botschafter in Prag, haben als Schirmherren die Jubiläumsveranstaltung zu „45 Jahre Charta 77“ unterstützt. Mit AltBundespräsident Joachim Gauck hielt ein politisches Schwergewicht die Festrede in der Tschechischen Botschaft.

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ilan Horáček, der als Bürgerrechtler 1968 nach Deutschland emigrierte, zu den Gründungsmitgliedern der Grünen und anschließend zum Beraterstab von Václav Havel gehörte sowie im Europaparlament saß, hatte sich stark für die Veranstaltung engagiert. So gelang es ihm, zwei der nur insgesamt 1900 Unterzeichner der Charta 77 nach Berlin zu holen: die tschechische Bürgerrechtlerin Anna Šabatová und den ehemaligen tschechischen Außen- und Verteidigungsminister und heutigen EU-Abgeordneten der ODS, Alexandr Vondra. Horáček hatte damals die Charta-77-Initiative von Deutschland aus unterstützt und mit dafür gesorgt, daß gedruckte Exemplare in die Tschechoslowakei geschmuggelt und verteilt wurden. Für den Veranstalter begrüßte Reinfried Vogler als Ehrenvorsitzender der Kulturstiftung der Vertriebenen die Gäste. Vogler, der als langjähriger Präsident der Sudetendeutschen Bundesversammlung hochgeschätzt ist, lobte, daß die Arbeit des Botschafters Kafka und die Arbeit der Kulturstiftung inhaltlich sehr nah beieinander lägen. Wichtig hob der Südmährer Vogler zwei Momente für diese Veranstaltung hervor. Erstens wolle man an die Charta-Akteure erinnern, die persönlichen Mut bewiesen und ihre Existenzen aufs Spiel gesetzt hätten. Aus einer geistigen Bewegung sei damals eine politische geworden, die dann mitentscheidend für die Samtene Revolution war. Und zweitens wolle man die Hintergründe der Charta 77 beleuchten, um zu verstehen, warum sie so gut funktioniert habe. Trotz aller Verschiedenheiten seien doch die Menschenrechte die gemeinsame Basis gewesen, die „im Grunde dafür sorgen, daß es ein friedliches und vernünftiges Zusammenleben auf der Erde gibt.“ Botschafter Kafka erinnerte in einer kurzen Ansprache an das Ungewöhnliche der heutigen Veranstaltung. 30 Jahre nach der Wende könne er im Botschaftsgebäude, das einst für die scheinbar unzertrennliche Freundschaft der DDR und der ČSSR errichtet worden war, ein Zusammentreffen von Persönlichkeiten wie Alt-Bundespräsident Gauck, dem Westflüchtling von 1968 Horáček und den Charta-Unterzeichnern Šabatová und Vondra unter der

Alt-Bundespräsident Joachim Gauck griff in seiner Rede auch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auf. Fotos: Ulrich Miksch

Erinnerten an die Charta 77 (von links): Botschafter Tomáš Kafka, Hartmut Koschyk, AltBundespräsident Joachim Gauck, Anna Šabatová, Milan Horáček und Alexandr Vondra. Obhut einer Stiftung der Vertriebenen einleiten. „Was für ein Szenario!“, fand Kafka und gab anschließend noch einen Denkanstoß für die Veranstaltung: „Es ist mehr als hundert Jahre her, daß der Ire Oscar Wilde gesagt hat, daß man einen Zyniker daran erkennen kann, daß er nur den Preis von allem kennt, aber nicht den Wert. Das war auch so eine wichtige Rolle der Charta 77, die Gesellschaften daran zu erinnern, daß Dinge auch Werte haben und nicht nur so einen Preis. Jetzt, hundert Jahre danach, sind wir in einer Phase unserer Entwicklung angelangt, wo wir permanent von den Werten reden, aber manchmal dabei vergessen, daß sie auch einen Preis haben.“ Er hoffe, daß sich die Gesellschaft in Anlehnung an die Charta 77 öffentlich und redlich darüber austausche, welchen Preis man für was zahlen kann und will. Botschafter Künne, der aus Prag zu-

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geschaltet war, beschrieb die Entwicklung der letzten Jahre als außergewöhnlich: „Es ist ein beispielloser Erfolg, daß die Vertriebenen und gerade die Sudetendeutsche Landsmannschaft zu wichtigen Trägern der Versöhnung in Europa geworden sind, was nicht genügend gewürdigt werden kann.“ Alt-Bundespräsident Gauck ging mit einem dicken Manuskript zum Rednerpult und redete dann doch völlig frei. Und zuerst verlieh er seiner Freude höchsten Ausdruck: „Daß die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen hier eine solche Veranstaltung macht und sich erinnert an ein Geschehen außerhalb des deutschen Bereiches und das mit Hochachtung und Dankbarkeit begleitet (…) ist einfach ein Stück vollkommenen politischen Glücks.“ Aber er konnte natürlich nicht umhin, auch die schwierigen Fragen zu beleuchten, die der Ukraine-Krieg aufgeworfen

habe. Und seine Analyse des Putinschen Rußlands fußte auf seiner DDR-Erfahrung. Er erkenne die totalitären und aus der sowjetischen Zeit bekannten Methoden, jedoch ohne die kommunistische Ideologie. Und er sei betrübt, warum gerade die Mehrheit der Ostdeutschen, dies nicht erkenne und viele so dächten, als ob die Russen uns etwas gebracht hätten. Das hätten sie vielleicht mit ihrem Sieg über Hitler. Dazu zitierte er aber seinen mecklenburgischen Landsmann Uwe Johnson, der über die Sowjetunion als Befreier räsonierte: „Befreier wären sie gewesen, wenn sie gegangen wären. Sie sind aber nicht gegangen. Sie sind dageblieben und haben das getan, was sie für selbstverständlich hielten, nämlich ihre Machtstruktur bei uns durchzusetzen. So wie bei Ihnen in der Tschechoslowakei. Zunächst mit einem kleinen Kaltstart in demokratisch, und alsbald sollte es nur noch demokratisch aussehen und war dann moskowitische Diktatur.“ Er erinnerte an den 17. Juni 1953, als ganz in der Nähe, wo heute die Tschechische Botschaft steht, sowjetische Panzer auch dort Aufstände niederschlugen, die in Hunderten Orten in der DDR aufgeflammt waren, nicht nur wegen der Normerhöhungen, die Lohnkürzungen zur Folge haben sollten. Ohne die Panzer wäre Deutschland 1954 wiedervereint gewesen. In der anschließenden Diskussion, die durch Hartmut Koschyk geleitet wurde, ergriffen nacheinander Anna Šabatová, die die Grundziele der Charta 77 erläuterte und deren organisatorisches Konstrukt beleuchtete, Alexandr Vondra, der wegen seiner Liebe zur Freiheit und zur Demokratie, aber auch wegen Havel und Šabatová in jugendlichem Alter seine Unterschrift unter die Charta setzte, und Milan Horáček, der über seine Bemühungen von außen, die Charta und ihre Protagonisten zu unterstützen berichtete, zu Wort. Zwei Aspekte zogen sich durch die Äußerungen vieler Diskutanten. Einmal der Prager Appell vom März 1985, der von der Charta ausgerufen wurde und den Milan Horáček auf den einfachen Satz brachte: „Wenn man die Teilung Europas überwinden will, muß man die Teilung Deutschlands überwinden.“ Ein frühes Signal für eine deutsche Wiedervereinigung, das viele deutsche Oppositionelle damals sehr weit von sich wiesen. Und die besondere Rolle des Antikommunismus, der aus der mittel- und osteuropäischen Erfahrung kam und ein „Geschwisterkind“ des Antifaschismus war, den aber viele westliche Intellektuelle nicht akzeptieren wollten. Ulrich Miksch

ast jeder hat es in den letzten Wochen und Monaten erlebt. Man bestellte irgendein Produkt. Man wartet und wartet. Man wird ungeduldig, weil das Produkt nicht kommt. Man ruft bei der Firma an. Die Auskunft: „Wir haben Probleme, wir bekommen die Ware nicht, es gibt Schwierigkeiten in den Lieferketten.“ Mitten in dieser Erfahrung, die ich in der vergangenen Zeit häufiger machte, ist mir eine Geschichte begegnet. Es geht um eine Lieferkette ganz anderer Art, eine, die nicht unterbrochen wurde, sondern tadellos funktioniert. Ein Medizinprofessor stirbt, und seine drei Söhne lösen den Haushalt auf. Die Mutter war schon lange vorher gestorben, der Vater lebte allein mit seiner Haushälterin. Im Arbeitszimmer des Vaters finden die Söhne neben vielen wertvollen Dingen in einem Schrank ein steinhartes, vertrocknetes, halbes Brot. Die Haushälterin weiß, was es damit auf sich hat. In den ersten Jahren nach dem Krieg war der Professor schwer krank. Da schickte ihm ein Freund ein halbes Brot. Der Professor dachte an die viel jüngere Tochter eines Nachbarn und ließ dem Mädchen das Brot schicken. Die Nachbarsfamilie aber mochte das wertvolle Brot nicht für sich behalten und gab es an eine arme alte Witwe weiter, die im selben Haus in einer kleinen Dachkammer lebte. Diese Witwe brachte das Brot wiederum ihrer Tochter, die mit zwei kleinen Kindern ein paar Häuser weiter wohnte und nichts für ihre Kinder zu essen hatte. Als die junge Mutter das Brot bekam, dachte sie an den Medizinprofessor, der schwer krank im Bett lag. Der hatte ihrem Jungen einmal das Leben gerettet und kein Geld dafür genommen. Nun hatte sie eine Gelegenheit, ihm zu danken, und ließ das Brot zum Professor bringen. „Wir haben das Brot sofort wiedererkannt“, sagt die Haushälterin, „unter dem Brot klebte immer noch das kleine Papierstückchen.“ Als der Professor sein Brot wieder in der Hand hielt, soll er gesagt haben: „Solange es noch Menschen unter uns gibt, die so gut zueinander sind, braucht uns um unsere Zukunft nicht bange zu sein. Dies Brot hat viele satt gemacht, obwohl keiner davon gegessen hat. Dies Brot ist heilig. Es gehört Gott!“ So legte er es in den Schrank. Er wollte es immer ansehen, wenn er nicht weiter wußte und die Hoffnung verlor. Es war das Brot der Hoffnung. Wir leben gerade in nicht ganz einfachen Zeiten. Nach der Pandemie hat der russische Angriffskrieg auf die Ukraine viele Gewohnheiten durcheinander gebracht. Insbesondere der Lauf der Wirtschaft ist außer Takt geraten. Inflation und Teuerung lassen uns dies beinah täglich spüren, ebenso wie die Lieferkettenprobleme. Ich frage mich: Wie wird es mit alledem vor allem den vielen armen Menschen gehen? Wie lassen sich in dieser Situation Lieferketten der Hoffnung herstellen? Die Geschichte zeigt einen ganz einfachen Weg. Sie handelt von Menschen, die nicht bloß um sich selbst und ihr jeweils eigenes Leid kreisen, sondern offen sind für das Leid und die Sorgen anderer. Es sind Menschen, die mit einem halben Brot ein Zeichen helfender Aufmerksamkeit setzen. So kann‘s wohl gehen, daß die Lieferkette des Lebensmittels Hoffnung nicht unterbrochen wird, oder? Dr. Martin Leitgöb CSsR Seelsorger der Pfarrei Ellwangen-Schönenberg


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FORUM

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

PERSONALIEN � Österreichischer Schauspieler mit Wurzeln in Mähren und SL-Kulturpreisträger 2017

Friedrich von Thun-Hohenstein 80

Hopfenfeld

� Tschechische Republik

Hopfenkennung zum anderen das Herkunftsland nennen. Beides solle damit schnell identifizierbar sein, sagte Kršková. Die Markierung diene zudem als Qualitätsnachweis, heißt es weiter. Die Zuteilung der ies kündigte vergangene Etikette unterliegt dem ÚKZÚZ. Woche die Sprecherin des Dafür wird der Hopfen direkt bei Zentralen Agrar-Forschungs- der Ernte kontrolliert. und -Kontrollinstituts (ÚKZÚZ), Mit den bisherigen nationalen Ivana Kršková, in einer Presse- Herkunftsmarkierungen hatte mitteilung an. Das Kennzeich- das ÚKZÚZ in der Saison 1. Aunungssystem wurde von der In- gust 2020 bis 31. Juli 2021 insgeternationalen Vereinigung der samt 6514 Tonnen Hopfen und Hopfenzüchter genehmigt. Hopfenprodukte gekennDafür stimmten alle 34 zeichnet. Davon wurden Mitgliedsstaaten, die 5729 Tonnen als tschemehr als 98 Prozent der chische Produktion weltweiten Hopfenanausgewiesen. Hierzulande werden derzeit baufläche vertreten. 24 registrierte HopfenDie Kennzeichsorten angebaut, und nung besteht aus zwei dies in den drei Gebiedreistelligen Codes, ten um Trschitz, die zum einen die Aussig und Saaz. Hopfensorte und Erntereife Hopfendolde

Als erstes Land weltweit führt die Tschechische Republik eine internationale Kennzeichnung für Hopfen ein, die Herkunft und Qualität der Ernte nachweist.

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ch verstehe diese Auszeichnung als eine Anerkennung meiner Arbeit als Schauspieler. Unabhängig vom Ort meiner Geburt. Das eine, die Herkunft, ist bekanntlich Schicksal, das andere muß man sich erarbeiten. Ich bin in Mähren geboren. Mein Vater wurde nach dem Ende der Monarchie tschechischer Staatsbürger, studierte in Prag und diente beim tschechischen Militär. Im September 1939 übergaben Angehörige von 33 adeligen Familien dem Präsidenten Emil Hácha eine Deklaration, in der sie gegen den Einmarsch der Deutschen protestierten und sich zum tschechischen Staat bekannten. Mein Vater hat dieses Dekret mit unterschrieben. Das war in der Zeit der Nazi-Besatzung eine mutige Tat, die für viele mit irgendeiner Form der Verfolgung bestraft wurde. Auch mein Vater wurde unter Druck gesetzt und sah sich, aus Angst um seine Familie, gezwungen 1943 die Deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. Das wiederum war für die Tschechen nach dem Krieg Anlaß, die ganze Familie 15 Monate lang in ein Lager zu sperren. Am 18. Juni feierte Peter Kotacka, Vorsitzender des BrunaKreisverbands Stuttgart, 80. Geburtstag. Ebenfalls im Juni beging er 50 Jahre im ehrenamtlichen Einsatz als Vorsitzender der Bruna, der Heimatgemeinschaft der Brünner Deutschen, in Stuttgart.

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Name, Vorname Straße, Hausnummer Postleitzahl, Ort Telefon E-Mail Geburtsjahr, Heimatkreis Datum, Unterschrift Ich/Wir ermächtige/n die Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH (SVG), Hochstraße 8, 81669 München, Gläubiger-Identifikationsnummer DE04SVG00000003583, Zahlungen von meinem/unserem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein/weisen wir unser Kreditinstitut an, die von der SVG auf mein/unser Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Ich kann/Wir können innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Dabei gelten die mit meinem/unserem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen. Wenn sich meine Kontodaten ändern, teile ich dies der SVG unverzüglich mit.

Kontobezeichnung (Kontoinhaber) Kontonr. oder IBAN Bankleitzahl oder BIC Datum, Unterschrift Alle Preise inklusive 7 % Mehrwertsteuer und Versand. Abbestellungen mit einer Frist von einem Monat zum Vierteljahresschluß schriftlich an die SVG. Sie sind berechtigt, die Bestellung des Abonnements ohne Angabe von Gründen innerhalb 14 Tagen nach Absendung dieses Auftrages schriftlich gegenüber der Sudetendeutschen Verlagsgesellschaft, Hochstraße 8, 81669 München (auch per E-Mail an svg@sudeten.de) zu widerrufen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Bitte gescannt oder abfotografiert mailen oder in ausreichend frankiertem Umschlag (80 Cent) einsenden an Sudetendeutsche Zeitung Hochstraße 8, 81669 München E-Mail svg@sudeten.de

Am gestrigen 30. Juni feierte der aus Ostmähren stammende Schauspieler Friedrich von Thun-Hohenstein 80. Geburtstag. Beim Sudetendeutschen Tag 2017 in Augsburg ehrte ihn die SL mit ihrem Kulturpreis für Darstellende und Ausübende Kunst. Sein Leben und Wirken hatten wir davor ausführlich geschildert (Þ SdZ 22/2017). Damals dankte er mit folgenden Worten, die seine Wurzeln verorten.

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war ist es schon lange her, aber ich erinnere mich an die Zeit, in der ich noch mit meiner Mutter regelmäßig an den Stuttgarter Zusammenkünften teilnahm. Damals reichten selbst große Räume diverser Stuttgarter Restaurants nicht aus, so viele Brünner fanden sich regelmäßig zusammen. Bei diesen Treffen konnten viele interessante Gespräche geführt und Erinnerungen ausgetauscht werden. Einer der damaligen älteren Herren erinnerte sich sogar an meinen längst verstorbenen Großvater und seinen Spitznamen aus der gemeinsamen Arbeit in der Brünner Stadtverwaltung in der Zwischenkriegszeit. Am 15. März starb Otto Liebert, ein aus Stecknitz im Saazer Land vertriebener Landsmann und ein unvergessener und unermüdlicher Leserbriefschreiber, im Alter von 95 Jahren im niedersächsischen Hameln.

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er am 13. August 1926 geborene Otto Liebert war ein ehrlicher und sehr zielstrebiger Mensch, der sich vor allem im letzten Jahrzehnt intensiv für die Belange seiner Heimat einsetzte, auch wenn er manchmal unbequem war. Seine Bemühungen galten nach dem Motto ,,Versöhnung durch Wahrheit“ vor allem der Errichtung einer würdigen Gedenkstätte für die Opfer von

Obwohl mein Vater, wie so viele andere auch, ein Opfer dieses schrecklichen Krieges war, wollte er aber nie als „Sudetendeutscher“ eingeordnet werden. Eine Bezeichnung, die meines Wissens erst in einer Zeit entstand, in der aus Jahrhunderte alten Gemeinschaften, Feindschaften wurden. Wir alle haben aus unseren Familiengeschichten dazu bewegende Beispiele in Erinnerung. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Vertreibung, Flucht, Fremdheit, ja, die Erfahrung von Leid, sind Themen, mit denen wir täglich in den Nachrichten konfrontiert werden. Es gibt ein Gedicht von Rainer Maria Rilke, das mit den Zeilen beginnt: „Mich rührt so sehr / böhmischen Volkes Weise.“ Und es endet: „Magst du auch sein / weit über Land gefahren / fällt es dir doch nach Jahren / stets wieder ein.“ Die Erinnerung kann eine Wunde sein, die blutet, aber auch eine Heimat, die bleibt. Auch wenn es die Erinnerung eines kleinen Buben ist. Ich war gerade wieder in meinem Geburtsort. Und obwohl ich ihn schon als Dreijähriger verlassen mußte, berührt mich jeder Besuch aufs neue. Natürlich kommen mir dann auch Gedanken, was wäre gewesen, wenn das alles nicht so passiert wäre? Was wäre aus mir geworden? Welche Möglichkeiten hätte ich als Viertgeborener gehabt? Hätte ich womöglich eine erfolgreiche Karriere als Landwirt hingelegt? Und Zuckerrüben angebaut? Hätte ich vielleicht meine Erfüllung in der Veredelung dieser unscheinbaren Frucht gefunden? Hätte ich vielleicht niemals meinen gelieb-

ten Schauspieler-Beruf kennengelernt? Bittere Ironie des Schicksals ist, daß das, was für meine Eltern, für die ganze Familie, für eine ganze Generation eine Katastrophe war, sich am Ende für mich so glücklich entwickeln konnte. Meine Erinnerungen sind die eines Menschen, der, wie Rilke sagt, „weit über Land gefahren ist“. Ich habe, wie viele andere auch, früh lernen müssen, mich auf das Neue, das Ungewohnte einzustellen. Ich habe durch meinen Beruf viel von der Welt sehen dürfen. Das Kennenlernen fremder Kulturen und Mentalitäten hat mein Denken positiv beeinflußt. Vielleicht war es das, was meine Persönlichkeit letztlich geformt und mich gelehrt hat, mich in andere Schicksale, in andere Menschen, in fremde Rollen, hineinzudenken. Eine Eigenschaft, für die Sie mich auszeichnen. Dafür danke ich herzlich.

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olksgruppensprecher Bernd Posselt würdigt den großen Schauspieler mit folgenden Worten: „Friedrich von Thun war mir schon in sehr jungen Jahren ein Begriff, da ich seine Eltern gut kannte. Sein Vater, Graf Ernst von Thun-Hohenstein, war mein unmittelbarer Vorgänger als engster Mitarbeiter von Otto von Habsburg. Uns beide trennten nicht nur viele Jahrzehnte, sondern auch die Zeitenwende im Haus Habsburg. Ernst Thun wurde dort noch als ‚Leiter der Kaiserlichen Kabinettskanzlei‘ bezeichnet – ich war dann Pres-

� Brünner feiert zwei Jubiläen

Peter Kotacka 80 Obwohl Peter Kotackas Mutter, Margarete Kriso († 2014), während ihrer Flucht aus Brünn Schlimmstes erleben mußte, gingen sie und Peter immer den Weg der Völkerverständigung. Als Geschäftsführerin prägte sie zusammen mit dem seinerzeitigen langjährigen Bundesvorsitzenden Ernst Fuchs den Leitspruch „Bruna in Europa“. Sowohl die beiden Funktionsträger wie auch der zur jüngeren Generation gehörende Sohn Peter Kotacka setzten immer wieder diesen Leitspruch in konkretes Handeln um. Ehrlich gesagt, wunderte ich mich damals schon über diesen jungen Mann, der seine Sonntage und auch sonst sehr viel Zeit diesem Ehrenamt widmete. Peter Kotacka wurde in seinem Ehrenamt vielfach in ge-

meinsame Aktivitäten innerhalb der Städtepartnerschaft Stuttgart-Brünn eingebunden, sei es durch Teilnahme an der festlichen Grundsteinlegung für alle Partnerstädte 1989 an der Königstraße in Stuttgart, sei es durch den Auftrag, Brünns Oberbürgermister Petr Vokřál bei seinem Besuch in Stuttgart 2015 als Ehrenbegleitung durch den besonderen Tag führen zu dürfen. Wir erinnern uns, Oberbürgermeister Vokřál war derjenige, der offen und ehrlich im Namen der Stadt Brünn sein Bedauern über die Vorgänge um den Brünner Todesmarsch aussprach. Der Kreisverband Stuttgart stand unter der Leitung von Peter Kotacka offen und freundlich allen Verbänden der deutschen Minderheit in der Heimatstadt gegenüber. Mehrere Projekte mit dem Schwerpunkt Jugendund Kinderbegegnungen beider Städte wurden vom Kreisverband

� Verdienter Landsmann aus dem Saazer Land

Otto Liebert † Postelberg Ende Mai/Anfang Ju- mat und half mit Rat und Tat, wo ni 1945. Auch Otto Lieberts Vater aus Stecknitz wurde damals ermordet. Otto Liebert setzte sich viele Jahre, trotz seines fortgeschrittenen Alters, mit großem Elan und beharrlichem Engagement für unsere sudetendeutsche Heimat ein. Er besuchte alle Treffen und Veranstaltungen des Heimatkreises Saaz-Postelberg im gesamten Bundesgebiet und in der Hei- Der Dorfplatz von Stecknitz heute.

sesprecher des Europapolitikers, und ein Jahr später zudem Parlamentarischer Assistent des Europaabgeordneten. Graf Thun und seine liebe Frau luden mich bis zu ihrem Tod immer wieder liebevoll und großzügig in ihr kleines Haus in Bayern ein, und ich genoß ihre Gastfreundschaft. Das Thema Böhmen lag ihnen sehr am Herzen, aber sie wußten noch nicht so recht, ob auch ihr Sohn Friedrich sich eines Tages wirklich dafür interessieren würde. Heute ist Friedrich von Thun zu einem ganz großen Charakterdarsteller gereift, der in einer Unzahl von sehr unterschiedlichen Rollen zu Hause ist. Seine Eltern dürften aus dem Jenseits aber nicht nur deshalb sehr stolz auf ihn blicken, sondern auch, weil er ein bedeutender Geschichtserzähler und meisterhafter Vermittler der k. u. k. Tradition geworden ist, und das ohne jede rückwärtsgewandte Starre. Leicht, locker und fundiert führt er in beliebten Fernsehserien durch die Jahrhunderte. Seine mimische Kunst, sein Humor, seine hintergründige Weisheit und sein wunderbarer böhmischmährisch-altösterreichischer Akzent zeichnen ihn aus und machen ihn einzigartig. Wir sind stolz darauf, daß wir ihm unseren Kulturpreis verleihen durften und daß er viel von dem verkörpert, was für uns wichtig und bewahrenswert ist. Zu seinem Geburtstag wünschen wir ihm und seiner Familie von ganzem Herzen viel Glück, Gesundheit, Erfolg und Gottes Segen.“ Stuttgart und dem Begegnungszentrum Brünn mit großem Erfolg durchgeführt. Peter Kotacka und seine Frau Renate wurden mehrfach als Ehrengäste der Stadtverwaltung in Brünn empfangen, nahmen regelmäßig am Versöhnungsmarsch und an weiteren Programmteilen von „Meeting Brno“ teil sowie an zahlreichen Gesprächen mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Auch in Schwäbisch Gmünd, der Patenstadt der vertriebenen Brünner, wurde Peter Kotacka mehrfach als Ehrengast, zuletzt beim festlichen Empfang der Delegation der Brünner Amtsträger bei deren Durchreise zum 30jährigen Städtepartnerschaftsjubiläum nach Stuttgart 2019 begrüßt. Für seinen vielfältigen ehrenamtlichen Einsatz sowohl im Sport, insbesondere aber auch für den für die Bruna in Stuttgart wurde Peter Kotacka 2019 die Ehrennadel des Landes BadenWürttemberg verliehen. Wir gratulieren zu beiden Jubiläen sehr herzlich und wünschen noch viele erfolgreiche Jahre im Ehrenamt! Hanna Zakhari er nur konnte. Dafür gebührt ihm unser allerbester Dank. Er hinterläßt eine unschließbare Lücke in unserer Heimatgemeinschaft. Seinen beiden Söhnen Ralf und Gerald gilt unsere herzliche Anteilnahme. Josef und Petra Weinhold


Zu Liederreise durch das Sudetenland hatte die SL-Heimatpflege gemeinsam mit der Walther-Hensel-Gesellschaft eingeladen. Bei dem Offenen Volksliedsingen im Sudetendeutschen Haus führte Sing­ leiter Herbert Preisenhammer durch ein breites Programm heimatlicher Lieder.

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KULTUR

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

� Offenes Singen in München

Lieder aus allen Regionen

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ur „Liederreise durch das Sudetenland“ begrüßt Andreas Schmalcz in Vertretung von Heimatpflegerin Christina Mei­ nusch. „Meine Chefin ist mit dem diesjährigen SL-Volkstumspreisträger Lorenz Loserth unterwegs im Altvatergebirge“, erklärt Schmalcz. Die SL-Volkstumspreisträgerin von 2021 allerdings sei vor Ort, und zwar Christine („Christl“) Rösch, die am Offenen Singen teilnehmen wolle. Und dann wird gleich gesungen, quer durch alle Regionen des Sudetenlandes. Die Lieder stammen aus West- und Nordböhmen, Mähren und Schlesien, und hier besonders aus dem Schönhengstgau wie etwa „Ich wollt, wenn‘s Kohlen schneit“ in der Fassung von Walther Hensel, dem Gründer der ursprünglichen und später nach ihm benannten Sing-Gesellschaft. Auch aus dem Kuhländchen sollen viele Titel erklingen, wurde doch Preisenhammer selbst 1936 in Witkowitz bei Mährisch Ostrau geboren und ging in Neutitschein zur Schule. So wünscht Kuhländlerin Christl Rösch sich „Feinsliebchen, du sollst mir nicht barfuß gehn“, dem das Lied „Zu Poetschedeff“ (Zu Partschendorf) im Mundart folgt. Das „Hopfenpflückerlied“, in dem man mit einer „Woidzülln“ – Waidzille bedeutet Jagdkahn – über den See fährt, hat einen raffinierten Aufbau, bei dem man am Zeilenschluß nicht zu viel sin-

Herbert Preisenhammer leitet die Sänger. Unten: Der Singleiter begrüßt gemeinsam mit Andreas Schmalcz die SL-Volkstumspreisträgerin Christl Rösch und erklärt die Herkunft der Lieder an einer Karte. Bilder: Susanne Habel

gen darf, was aber gerade die Spannung erhöht. Auch das Egerland („Es flieget ein Tauber“) und der Böhmerwald („Vom Wald bin i füre“) sind bei der Liederreise durch das Sudetenland vertreten. Die musikalische Exkursion führt bis ins Grenzland an der Thaya („Es blaset ein Jäger“) und in die Slowakei um Preßburg mit „Sog, Madarl, mogst an Edlknobn“. Preisenhammer erinnert an die Leistungen von SL-Musikpreisträger Cesar Bresgen (1913– 1988), dessen Werke er oft spiele und den er bei dessen Kulturpreisverleihung 1987 zuletzt getroffen habe. Preisenhammer wurde 2000 mit dem Preis geehrt. „Cesars Weihnachtslied ,O du stille Zeit‘ kennt jeder Henselianer“, so Preisenhammer. Bresgens „Lachend, lachend kommt der Sommer über das Feld“ üben die Sänger auch – selbstverständlich als Kanon – ein. Bei der langen musikalischen Reise wird unterwegs natürlich auch eine Pause nötig. Mit dem Kanon „C-A-F-F-E“ lädt der Singleiter spitzbübisch zur Kaffeepause ein. Annerose Kloos, die Wirtin der benachbarten HDOGaststätte Zum Alten Bezirksamt, hat dafür schon im Ottovon-Habsburg-Foyer ein schönes Kuchenbuffet vorbereitet. Dort können sich alle Sangesfreudigen erfrischen und stärken für den zweiten Teil der Liederreise. Susanne Habel Sonntag, 31. Juli bis Sonntag, 7. August: Sommersingwoche der Walther-Hensel-Gesellschaft unter Leitung von Gerlind und Herbert Preisenhammer. Auf dem Heiligenhof in Bad Kissingen, Alte Euerdorfer Straße 1. Anmeldung unter Telefon (07 11) 2 56 84 93 oder per eMail hebbepreisenhammer@web.de

Das leckere Kuchenbuffet im Foyer findet regen Zuspruch. Annerose Kloos und Tochter Bettina bieten auch Kaffee sowie andere Getränke für die fleißigen Sänger an. Im Sommerprogramm des Hauses des Deutschen Ostens in München (HDO) ist das Buch „Order 7161“ (2021) von Marc Schroeder vorgestellt worden. Marc Schroeder (Luxemburg) und Heinke Fabritius, Kulturreferentin für Siebenbürgen und Mitveranstalterin, waren bei der Buchpräsentation dabei.

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rder 7161 ist ein Foto- und Textbuch, das die Geschichte der Deportation von Deutschen aus Rumänien anhand einer Zusammenführung von Zeugenportraits, Archiv- und Kontextbildern erzählt“, erläuterte HDO-Direktor Andreas Otto Weber einleitend. Die Dokumentation biete eine Auswahl aufgezeichneter Zeugenaussagen von 40 Überlebenden und lasse die Nöte und Traumata der Zwangsinternierung erahnen. 1944 unterzeichnete Stalin den „Befehl 7161ss“ – den geheimen Beschluß des Staatskomitees für Verteidigung – zur „Mobilisierung und Internierung aller arbeitsfähigen Deutschen, Männer im Alter von 17 bis 45 Jahren, Frauen von 18 bis 30 Jahren“ aus Rumänien, Ungarn, Jugoslawien, Bulgarien und der Tschechoslowakei. Deren anschließende Deportation zur Zwangsarbeit diente dem Wiederaufbau der Sowjetunion und galt als Reparationsleistung für die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg. Insgesamt wurden 112 480 Männer und Frauen deportiert. Die Mehrzahl von

� Neues vom Haus des Deutschen Ostens in München

Mehr als 100 000 Deportierte ihnen – 69 332 Personen – waren Deutsche aus Rumänien. Viele Deportierte starben aufgrund extremer Kälte, schwersten Arbeitsbedingungen und mangelhafter Ernährung. Jene, die die ersten Hungerjahre überlebt hatten, kehrten Ende 1949 nach Rumänien zurück.

Der Autor der Dokumentation, Marc Schroeder, war ursprünglich Banker. Er nahm nach siebenjähriger Karriere in New York die globale Banken- und Finanzkrise von 2008 zum Anlaß, seinem Leben eine neue Richtung zu geben und sich ganz der Fotografie zu widmen. Der erste

Schritt führte ihn zurück nach Europa, nach Paris. Bald fand das damals gerade in die EU aufgenommene Rumänien sein Interesse. So entstanden ab 2012 einprägsame Bilder und Gesprächsdokumente von 40 ehemaligen deportierten Rumäniendeutschen. Das Fotoprojekt mit sei-

nen eindrücklichen Zeitzeugenportraits wurde in mehreren Ausstellungen in Rumänien wie auch in Deutschland gezeigt. „Mein Vorhaben, die ehemaligen Deportierten aufzusuchen und zu fotografieren, erwies sich als letzte Chance“, betont Marc Schroeder. Viele der Überleben-

den, die er getroffen habe, hätten 1945 zu den Jüngsten gehört; inzwischen seien die meisten gestorben. „Die Begegnungen mit den Verschleppten ermöglichten mir, nicht nur ihre individuellen Erinnerungen an die Zwangsinternierung in Bildern und Worten festzuhalten, sondern auch einen Einblick in das kollektive Gedächtnis der deutschen Minderheit an dieses Unrecht zu erlangen und das heikle Konzept der ‚Opferrolle‘ aus der Perspektive der Deutschen in Bezug auf die Geschichte des Zweiten Weltkriegs zu erforschen.“

Bei der Buchpräsentation im HDO: Dr. Heinke Fabritius, Kulturreferentin für Siebenbürgen, und HDO-Direktor Professor Dr. Andreas Otto Weber stehen hinter Autor Marc Schroeder, der sein Buch signiert. Rechts: Schroeder zeigt Bilder aus seiner Dokumentation. Bilder: HDO


8 Bischof Rudolf Voderholzer hielt Ende Mai den Vortrag „Die Weihnachtskrippe (Betlém) – völkerverbindenden christliches Brauchtum“ beim Symposium „Setkávání – Encounters – Begegnungen“ in Klattau. Mehr als 100 Teilnehmer wohnten der Tagung bei, die sich dem Thema „Schutzherrin Bayerns und Böhmens: Marienverehrung durch die Jahrhunderte“ widmete. Organisiert wurde die Tagung von der Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg und dem Katakomby-Verband Klattau/ Klatovy in Kooperation mit dem Akademischen Forum Albertus Magnus und der Stadt Klattau. Im Tagungsort, dem ehemaligen Jesuitenkolleg, ist noch bis 30. September die Ausstellung „Weihnachts- und Passionskrippen aus Böhmen und Ostbayern“ zu besichtigen.

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ie Weihnachtskrippe beinhaltet eine Botschaft, die auch in die Tiefe führt. Der Glaube kommt nicht nur vom Hören, sondern auch vom Schauen.“ Mit diesen Sätzen faßte Bischof Voderholzer seinen Vortrag zusammen. Das Krippen-Thema, das dem Bischof sehr am Herzen liegt, paßte gut in das Tagungsprogramm. Einleitend erinnerte der Oberhirte an Otfried Preußlers Roman „Flucht nach Ägypten“, in dem Preußler seine eigene Flucht und Vertreibung verarbeite und dies mit dem biblischen Motiv aus der Geburts- und Kindheitsgeschichte Jesu verknüpfe. Preußler sei zudem, so Bischof Voderholzer, die Krippenfrömmigkeit der deutschen wie auch der tschechischen Böhmen bewußt gewesen. In den slawischen Sprachen heiße die Weihnachtskrippe nach dem Geburtsort Jesu „Betlém“. Und Böhmen sei, so der Oberhirte, „vermutlich die Wie-

KULTUR

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

� Vortrag von Bischof Rudolf Voderholzer über religiöses Brauchtum

Krippen verbinden Menschen ge der Krippe in Europa“, wozu das Jesuitenkolleg Sankt Clemens in Prag wesentlich beigetragen habe. Die ersten Krippen seien für das Jahr 1562 in den Jesuitenkollegien Coimbra in Portugal und in Prag bezeugt, nachdem 1556 die ersten zwölf Jesuiten nach Prag gekommen seien.

Glaubensinhalte anschaulich machen In den folgenden Jahrzehnten, besonders nach der Schlacht am Weißen Berg 1620, habe sich die Krippenfrömmigkeit mit der katholischen Reform und der Tätigkeit der Jesuiten über ganz Böhmen verbreitet. Natürlich ging Bischof Voderholzer auch auf die Hintergründe ein, die zur Entstehung der Krippen und ähnlicher Elemente führten. Das Konzil von Trient 1545 bis 1563 habe die Bilderverehrung und den Einsatz von Bildern für die Glaubensunterweisung empfohlen. Ein zweiter Impuls sei die Spiritualität des Ignatius von Loyola, des Gründers des Jesuiten-Ordens, der die Betrachtung als Methode mit Mysterienspielen und szenischen Darstellungen besonders betont habe. Zur Entstehung der privaten Hauskrippen habe im späten 18. Jahrhundert die restriktive Religionspolitik Kaiser Josephs II. geführt, der das Aufstellen von Weihnachtskrippen in den Kirchen und den Jesuitenorden verboten habe. Erhalten sei lediglich die Jesuitenkrippe in Schurz.

Aus den elf Krippenregionen Böhmens und Mährens stellte der Bischof je vier Beispiele aus dem sudetendeutschen und aus dem tschechischen Bereich näher vor. Aus Eger gebe es Dokumente von 1629 für eine erste krippenartige Darstellung und zwei Jahre später für eine „Comedia von der Geburt Christi“. Daß diese Aktivitäten auch

Bischof Professor Dr. Rudolf Voderholzer bei seinem Vortrag.

ins benachbarte Stiftland ausgestrahlt haben dürften, betonte Bischof Rudolf angesichts der heute in dieser Region aktiven Krippen-Szene. Weithin im Egerland bekannt sei auch die Königsberger Krippe in Königsberg an der Eger. Diese habe „einen kunsthandwerklich hohen Anspruch. Charakteristisch sind ein hoch aufragender Berg, sehr kleine, oft

nur fingernagelgroße, aber präzise ausgeführte Figuren, die naturbelassen, also nicht farblich gefaßt sind“, beschrieb der Referent diesen Krippenstil. Auch die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies durch den Schwertengel sei ein Charakteristikum. In der Region „Böhmische Niederlande“ habe Ende des 19. Jahrhunderts die Hintergrundmalerei einen Aufschwung genommen, vor allem in Form des orientalischen Hintergrunds. Auch Eindrücke aus Reisen ins Heilige Land hätten zur Gestaltung orientalischer Krippen und zum Kontrast zu den bisherigen „Heimatkrippen“ geführt, die das Geschehen der Geburt Christi in den Kontext der eigenen Gegend gestellt hätten. Als Besonderheit aus dem Grulicher Ländchen nannte Bischof Voderholzer die „Grulicher Mannln“ Ende des 18. Jahrhunderts, die in ganz Böhmen und Mähren und weit darüber hinaus sogar bis nach Amerika Verbreitung gefunden hätten und in Kastenkrippen in Szene gesetzt worden seien.

Papierkrippen und mechanische Krippen

Als Dank für sein Engagement – auch für tschechische Krippen – erhält Bischof Rudolf Voderholzer einen kleinen Karton mit Lebkuchen.

Auf tschechischer Seite stellte Bischof Voderholzer die handbemalten Papierkrippen in Trebitsch vor, wobei diese Tradition in ganz Ostböhmen verwurzelt gewesen sei. Aus den Papierkrippen hätten sich bis heute die Krippen in Form gedruck-

ter Ausschneidebögen entwickelt. Dabei könnten auch Aspekte der tschechischen Geschichte oder bekannte Bauwerke oder Persönlichkeiten mit dabei sein. Für Pribram, wo ebenfalls Jesuiten gewirkt hätten, sei eine tragbare Krippe für Missionszwecke überliefert, in einer weiteren Krippe von dort spiele ein ganzes Orchester für das Jesuskind. Auf der EXPO 1967 in Montreal sei die federführend von Josef Probošt geschaffene Krippe ausgestellt worden, die 373 Figuren – 120 davon beweglich – und neben der Geburt auch die Passion Jesu zeige. 1999 sei die in Hohenbruck beheimatete Krippe zum nationalen Kulturdenkmal erklärt worden. Die größte mechanische Krippe der Welt durfte in der Aufzählung nicht fehlen: Im Museum von Neuhaus stehe die vom Strumpfmachermeister Tomáš Krýza in 60 Jahren Arbeit erbaute Krippe mit 1398 Menschen- und Tierfiguren, von denen 133 beweglich seien. Abschließend erinnerte Bischof Rudolf an die tschechischen Krippenfreunde und -forscher Karel Procházka und den viele Jahre in Mies wirkenden Pfarrer Jiří Hájek, der vergangenes Jahr gestorben sei. Als aktuelle positive Beispiele für aktive Krippenkultur nannte er den Krippenweg in Marktredwitz und den ökumenischen Krippenweg in Regensburg, bei dem in öffentlichen Räumen – auch Geschäften – Krippen gezeigt würden. Mit dem Appell, „den reichen Schatz an Gemeinsamkeiten zwischen unseren Völkern, der sich auf diesem Gebiet der Volkskunst und -frömmigkeit zeigt, in den Blick zu nehmen, zu heben und für die Zukunft der Beziehungen unserer Völker fruchtbar zu machen“, schloß Bischof Voderholzer seinen Vortrag. Markus Bauer

Hier erläutert Bischof Rudolf Voderholzer dem Chamer Bürgermeister Martin Stoiber Details. Links im Bild der Pilsener Bischof Tomáš Holub und Václav Chroust, Zweiter Bürgermeister von Klattau. Cham und Klattau haben eine Städtepartnerschaft. Rechts: Am meisten bestaunt wurde die barocke Jesuitenkrippe aus dem Karmeliterkloster Straubing. Bilder: Markus Bauer Das Haus des Deutschen Ostens in München (HDO) lädt ein zur Buchvorstellung: Die Herausgeber Meike Hoffmann und Andreas Hüneke präsentieren ihr Buch „Entartete Kunst“ (2021).

I

m Jahr 1936 erging ein totales Verbot des NS-Regimes von jeglicher Kunst der Moderne. Hunderte Kunstwerke, vor allem aus dem Bereich der Malerei, wurden aus den Museen entfernt und entweder für die Ausstellung „Entartete Kunst“ konfisziert, ins Ausland verkauft oder zerstört. Das Buch „Entartete Kunst“ stellt die Geschehnisse in Breslau, Stettin und Königsberg vor, die auch zu den von der NS-Aktion gegen die angeblich entartete Kunst betroffenen Städten gehörten. Engagierte Museumsdirektoren hatten dort zuvor umfassende Sammlungen moderner Kunst aufgebaut. Mit der Beschlagnahme wurde die jahrelange Museumsarbeit zerstört. Alle drei Städte gehörten schon vor seiner territorialen Ausdehnung ab 1938 zum Deutschen Reich. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sie sich durch die im Potsdamer Abkommen 1945 geregelte geographische Neuordnung in Gebieten der polnischen oder

� Einladung des Hauses des Deutschen Ostens

Diffamierung der Moderne sowjetischen Verwaltungshoheit. Damit waren sie von der juristischen Klärung der Beschlagnahmeaktion und den musealen Regenerationsbestrebungen in Deutschland ausgeschlossen. Die besonderen Umstände gaben den Herausgebern von „Entartete Kunst“ Anlaß, Licht auf die damaligen Geschehnisse zu werfen und nach den Auswirkungen bis heute zu fragen. Die beiden Wissenschaftler sind einschlägig versiert. Meike Hoffmann studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie, Volkskunde und Bibliothekswissenschaften in Kiel und Berlin und wurde mit einer Arbeit über die Künstlergruppe „Brücke“ an der Freien Universität Berlin promoviert. Von 2013 bis 2016 war sie offizielles Mitglied der Internationalen Taskforce „Schwabinger Kunst“ und der Nachfolgeorganisation zur Erforschung der Provenienzen der Kunstwerke aus dem Gurlitt-Bestand.

Seit 2006 ist Meike Hoffmann wissenschaftliche Mitarbeiterin und jetzt Koordinatorin an der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut der FU Berlin. Von ihr liegen weiter vor mit Dieter Scholz „Unbewältigt? Ästhetische Moderne und Nationalsozialismus. Kunst, Kunsthandel, Ausstellungspraxis“ (2021), mit Aya Soika „Flucht in die Bilder? Die Künstler der Brücke im Nationalsozialismus“ (2019) und mit Nikola Kuhn „Hitlers Kunsthändler. Hildebrand Gurlitt 1895–1956. Die Biographie“ (2016). Andreas Hüneke ist Kunsthistoriker und Provenienzforscher und gilt als einer der bedeutendsten Forscher zur NS-Aktion der „Entarteten Kunst“. Seit der Auffindung eines vollständigen Inventars aller 1937 in deutschen Museen beschlagnahmten Werke der „Entarteten“ Kunst – etwa 19 000 Werke – 1997 ist er in diesem Projekt tätig. Seit

April 2003 ist er Mitarbeiter bei der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut der FU Berlin. Andreas Hüneke ist außerdem langjähriger ehrenamtlicher Vizepräsident des Internationalen Kunstkritikerverbands AICA. Von Andreas Hüneke liegen auch vor „Franz Marc. Zitronenpferd und Feuerochse“ (1990), „Farben der Mark. Landschaftsmalerei vom Biedermeier bis zur Neuen Sachlichkeit“ (1993), „Franz Marc. Tierschicksale. Kunst als Heilsgeschichte“ (1994), „Der Blaue Reiter. Eine Geschichte in Dokumenten“ (2011) sowie zahlreiche Veröffentlichungen zur NS-Aktion „Entartete Kunst“. Meike Hoffmann und Andreas Hüneke (Herausgeber): „,Entartete Kunst‘ in Breslau, Stettin und Königsberg“. Schriften der Berliner Forschungsstelle „Entartete Kunst“ Band 3. Brill-Fink-Verlag, Paderborn 2001; 276 Seiten, 14,90 Euro. (­ISBN 978-3-7705-6448-4) Dienstag, 5. Juli, 20.00 Uhr: Buchvorstellung „Entartete Kunst“ in Breslau, Stettin und Königsberg“ in München-Au, Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5. Anmeldung erforderlich per Telefon (0 89) 4 49 99 30 oder eMail poststelle @hdo.bayern.de


� SL-Ortsgruppe Naila

Spende für Ukraine

� AG der Diözese Rottenburg-Stuttgart

Der herausgeputzte Kreuzberg bei Kleinschweinbarth. Bild: Christa Gudrun Spinka-Grech

Post Bellum stellt sich vor

Die oberfränkische SL-Ortsgruppe Naila übergab Bürgermeister Frank Stumpf eine Spende über 350 Euro für die Ukrainehilfe der Stadt.

Michael Quecke, Adolf Markus, Bürgermeister Frank Stumpf mit der SLSpende, Jürgen Nowakowitz und Andreas Schiller.

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� Heimatlandschaft Südmähren

Höhepunkt folgt Höhepunkt Um den Fronleichnamstag Mitte Juni veranstalteten die Südmährer ein verlängertes Heimat-Wochenende in Niederösterreich und in der Heimat.

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ereits am Fronleichnamstag trafen sich die Untertannowitzer im dortigen Dr.-Karl-Renner-Haus. Am Freitag zelebrierten die Wisternitzer ihr jährliches Treffen in ihrer Heimatgemeinde mit anschließendem Ausklang beim Heurigen in Poysdorf. Zu Mittag empfing Landtagspräsident Karl Wilfing mit Hermann Dikowitsch, Leiter der Abteilung Kunst und Kultur, eine Abordnung der Südmährer im Landtag zu einem freundschaftlichen Gespräch samt Mittagessen. Unter der Führung der Ehrenpräsidenten des Südmährerbundes, Franz Longin und Reinfried Vogler, waren VLÖPräsident Norbert Kapeller, die drei neuen Vorsitzenden des Südmährerbundes Wolfgang Daberger, Adelheid BenderKlein und Franz Schneider sowie Hans-Günter Grech vom Kulturverband der Südmährer in Österreich, gekommen. Longin verabschiedete sich als Betreuer der

Heimatlandschaft und stellte die neue Führung des Südmährerbundes vor. Wilfing und Dikowitsch betonten die gute Zusammenarbeit und versicherten den südmährischen Institutionen weiterhin die Unterstützung des Landes Niederösterreich. Abends wurde am Friedhof Poysdorf der Toten der Vertreibung gedacht. Danach ging es ins Kolpinghaus zur jährlichen Patenschaftsfeier der Stadt Poysdorf mit dem Heimatkreis Nikolsburg. Am Samstag wurde in der Hauptversammlung des Museumsvereins Thayaland in Laa per Neuwahl die Arbeit der bisherigen Obfrau Brigitta Appel gewürdigt. Dem folgte die 40-JahrFeier der Patenschaft zwischen Laa und Höflein/Hevlin. Ein weiterer Höhepunkt war das Fest am Kreuzberg bei Kleinschweinbarth am Sonntag. Der Kreuzberg war herausgeputzt, die Wege freigemacht, die Fahnen gehißt, die Freiwillige Feuerwehr im Einsatz, Rettung und Exekutive verständigt, als Pfarrer George van Horick die Heilige Messe zelebrierte. Nach dem Totengedenken begrüßte

Hans-Günter Grech neben Longin und einer Reihe südmährischer Amtswalter vor allem eine auffallend große Anzahl örtlich aktiver, aber auch bereits im Ruhestand befindlicher Politprominenz. Erfreulich, weil nicht selbstverständlich, waren das Kommen von VLÖ-Präsident Norbert Kapeller, dessen Stellvertreter Gerhard Schiestl von den Donauschwaben sowie Vorstandsmitglied Harald Haschke vom Schönhengstgau. Ein besonderer Gruß ging an Reiner Elsinger, der trotz gesundheitlicher Probleme mit seiner Familie wieder einmal am Kreuzberg vorbeischaute, den er jahrzehntelang betreute, so daß sich dieser heute als ein Juwel unter den Gedenkstätten entlang der Grenze präsentiert. Der Nachmittag war dem geselligen Teil gewidmet. Das Angebot beim Dorfwirt ließ keine Wünsche offen. Und bei hervorragender Musik der „Weinviertler Buam“, die schon die „Deutsche Messe“ von Franz Schubert musikalisch am Vormittag begleitet hatten, wurde trotz herrschender Badetemperatur getanzt. srh

� SL-Kreisgruppe Augsburg-Land/Bayerisch-Schwaben

Gedenken Im Turnus, einmal in Königsbrunn und ein Jahr später in Wehringen, gedenken die Mitglieder des bayerisch-schwäbischen BdV-Kreisverbandes Augsburg Land und die SL-Fusionsortsgruppe Königsbrunn/ Wehringen/Klosterlechfeld an den Mahnmahlen der Volksgruppe der Toten der Vertreibung 1945/46. So in diesem Juni in Wehringen.

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eistlicher Rat Pfarrer Hubert Ratzinger segnete die SLund BdV-Mitglieder sowie die Ehrengäste. Wehringens Bürgermeister Manfred Nerlinger erinnerte an das Schicksal Tausender, die bei Krieg und Vertreibung ihr Leben hätten lassen müssen. Untermeitingens Zweiter Bürgermeister Manfred Salz würdigte die ehrenamtliche Arbeit des SL-Kreis­obmannes Kurt Aue, den er als Motor der Lands-

Polen, sondern auch der Italiener aus Kroatien, der Polen aus der Ukraine und Rußland, der Ungarn aus der Slowakei. Bei systematischen Ausflügen in deutsche Städte seit G-Vorsitzender Karl Som- 2018 habe er zahlreiche zweimer begrüßte die Teilneh- stündige Gespräche geführt. mer und Jan Blažek. Blažek sei Für ein Buch, das bald auch aus Prag gekommen, um über auf Deutsch erscheine, seidie Arbeit seiner Organisati- en fünf nach geographischen on Post Bellum zu berichten. Kriterien exemplarische InImmer wieder habe sich die terviews ausgewählt worden. AG mit der sudetendeutschen Das Online-Projekt „Memory Vergangenheit befaßt, inzwi- of ­Nations“ sei mit 4000 Zeitschen sei die Erinnerungskul- zeugengeschichten die größte tur auch in der Tschechischen öffentlich zugängliche DatenRepublik selbstverständlich. bank dieser Art in Europa. Sie Jan Blažek gab Einblicke fügten sich zu einem Gesamtin die Arbeit seines 2001 von bild einer Periode der europätschechischen Historikern ischen Zeitgeschichte. und Journalisten gegründeAußerdem kläre Post Bellum ten Vereins. Die gemeinnüt- über die tschechische kommuzige Einrichtung arbeite von nistische Vergangenheit seit der Regierung unabhängig 20 Jahren mit einer wöchentund verfolge keine wirtschaft- lichen Rundfunksendung auf. lichen Ziele. Post Bellum stehe Öffentliche Aufmerksamkeit für Menschenrechte und De- erreiche man auch mit Veranmokratie und widme sich der staltungen und Workshops, Sammlung und Dokumenta- via Fernsehen, mit Aussteltion von Zeitlungen, Puzeugenaussablikationen gen aus dem wie Graphic 20. JahrhunNovels, Presdert. seartikeln, Die ZieTheaterstücle seien dokuken von Schümentarischer, lern über Peraufklärensönlichkeiten der, pädagosowie Preisgischer Naverleihuntur. Man wolgen. Gesamle Wissen und melt würden Bewußtsein in digitalisierüber die Geter Form auch schichte des Briefe, Fovergangenen tos und DoJan Blažek. Bild: Horst P. Teppert kumente. Post Jahrhunderts in der TscheBellum sei in chischen Republik und ihren acht tschechischen Städten Nachbarstaaten durch authen- mit Zweigstellen präsent, habe tische Zeugnisse fördern. Hi- 35 Mitarbeiter und besitze eistorische Ereignisse sollten – ne englischsprachige internaerinnert und erzählt von Men- tionale Zweigstelle. Finanziert schen, die sie erlebt hätten werde die Institution mit re– der jüngeren Generatio- gelmäßigen privaten Spenden nen vermittelt werden. Im Fo- und projektbezogenem staatkus stünden die Zeitzeugen- lichen Geld auch aus Deutschberichte über die totalitären land, von Städten und der EU. Regime. Im Fundus befänden Post Bellum habe ein Netzsich Berichte von Holocaust- werk für hilfsbedürftige Alte Überlebenden und Wider- aufgebaut und 14 Millionen standskämpfern, politischen Euro Spenden für die Ukraine Gefangenen und Dissidenten, gesammelt. Es arbeite mit InAngehörigen von ethnischen stitutionen und SchwesterorMinderheiten, Verfolgten und ganisationen zusammen und Vertriebenen. Die Darstellun- strebe weitere Vernetzungen gen der Zeitzeugen würden an: im Inland mit dem Tschemit der Kamera festgehalten. chischen Rundfunk und dem Die Aufnahmen würden Institut für das Studium der nicht geschnitten, um ein Ma- totalitären Regime, mit Antiximum an Authentizität und komplex, tschechischen Hiein Minimum an Manipulati- storikern und professionellen on zu gewährleisten. Die Be- Theatern, im Ausland mit dem richte sollten einem breiten United States Holocaust MePublikum zugänglich sein. Je- morial Museum in Washingder, der sich registriere, habe ton, Gespräche würden auch das Recht, alle Filme in voller mit kubanischen und weißrusLänge anzusehen. Unter www. sischen Dissidenten geführt. pametnaroda.cz/cs gelangte In der Diskussion wurden man direkt zu den Interviews. folgende Fragen aufgeworfen: Die Zeugen würden in ih- Wie zuverlässig könnten Errer jeweiligen Muttersprache innerungen nach langer Zeit befragt und danach ins Eng- sein? Viele Berichte seien notlische übersetzt. Für die Be- wendig, um ein objektives Bild nutzung des nach zeitlichen zu erhalten. Trotz ihrer Subund thematischen Kategori- jektivität sei die authentische en eingeteilten Archivs wür- Zeugenschaft eine unentbehrden keine Gebühren erhoben. liche Quelle. Ukrainische ZeuDie Themen seien Holocaust, gen sollten daher jetzt und in Kommunismus, Nationalso- 20 Jahren interviewt werden. zialismus, kirchliche und reDa sich das Zeitfenster für ligiöse Gemeinschaften, Ve- Zeitzeugenberichte über totateranen, nationale Minder- litäre Regime des 20. Jahrhunheiten, politische Gefangene derts schließt, ist die Arbeit und Geheimdienste. Die Inter- von Post Bellum wichtig und views könnten auch nach Plät- sollte auch auf weniger bezen und Ereignissen gefunden kannten Verfolgungen wie unwerden. ter Titos Regime am Ende des Ein wichtiges Thema sei- Zweiten Weltkriegs im ehemaen, so Blažek, die „Aussied- ligen Jugoslawien ausgedehnt lungen“ nach dem Zweiten werden, wo solche Initiativen Weltkrieg, nicht nur die der weitgehend fehlen. Deutschen aus der ČSR und Stefan P. Teppert Mitte Juni fand die Diözesantagung der Ackermann-Gemeinde (AG) der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Schwäbisch Gmünd statt.

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eim Aufrichten des SL-Maibaumes in Naila stockten die Landsleute während des Weißwurst-Schoppens die Spende der Ortskasse nochmals auf, so daß 350 Euro dazu kamen. Wie der SL-Orts- und -Bezirksvizeobmann Adolf Markus erwähnte, fühle sich die SL den Flüchtlingen des tapferen ukrainischen Volkes besonders verpflichtet. Wladimir Putins brutaler Vernichtungskrieg gegen die ukrainische Bevölkerung erinnere die Sudetendeutschen lebhaft an das furchtbare Kriegsende und seine Folgen vor 77 Jahren. Damals seien die grausamen Angriffe der sowjetischen Rotarmisten unter Josef Stalin und der tschechischen Milizen unter Edvard Beneš auf die ost- und sudetendeutschen Vertriebenen ungestraft geschehen. Zwei Millionen seien umgekommen, zwei Millionen Mädchen und Frauen vergewaltigt worden. Den Vertriebenen sei unverständlich, daß deutsche Gruppierungen einseitig die bolschewistisch-faschistischen Bestrebungen von Stalin bis Putin ignorierten. Markus sprach sich bei allem notwendigen Verteidigungseinsatz für weitere Völkerversöhnung aus. Bernhard Kuhn

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VERBANDSNACHRICHTEN

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

mannschaft bezeichnete. Im Auftrag des Vorstandes des BdVLandesverbandes Bayern verwies Bezirksrätin Anne Probst auch auf das Schicksal der Flüchtlinge aus der Ukraine und darauf, daß die Menschheit keine Lehren aus der Vergangenheit gezogen habe. Aue, Obmann der SL-Kreisgruppe Augsburg-Land und der SL-Ortgruppe Königsbrunn/ Wehringen sowie BdV-Kreisvorsitzender Augsburg Land, erinnerte an die Vertreibung aus dem Sudetenland 1945/46, als 241 000 Deutsche ihr Leben hätten lassen müssen. Aue betonte aber ausdrücklich, daß das Leid der Sudetendeutschen auch eine Folge der Nazi-Herrschaft gewesen sei. Mit den Gebeten, zelebriert von Pfarrer Hubert Ratzinger, und dem Senken der SL-Fahne von Fähnrich Herbert Kinzel endete das Gedenken. te

Pfarrer Hubert Ratzinger, Kurt Aue, Annemarie Probst, Manfred Nerlinger und Manfred Salz beim Mahnmahl der Sudetendeutschen auf dem Friedhof in Wehringen. Bild: Christa Eichler

Gespräch mit Obfrau Waltraud Illner.

Bild: Helmut Heisig

� SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf

Frohe Runde Zu einem gemütlichen Beisammensein in froher Runde traf sich die baden-württembergische SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf Mitte Juni im Haus der Begegnung in Giebel.

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rtsobfrau Waltraud Illner berichtete über den Sudetendeutschen Tag, der in diesem Jahr im oberfränkischen Hof stattgefunden hatte und in dessen Rahmen dem rumänischen Staatspräsidenten Klaus Iohannis der Europäische KarlsPreis 2020 und dem ukrainischen Staatspräsidenten Wolodymyr Selenskyj der Europäische KarlsPreis 2022 verliehen worden war. Für Selenskyj hatte die geflohene Ukrainerin Olga Kovalchuk den Preis entgegengenommen. Neben den vielen positiven Stimmen über den Verlauf des Pfingsttreffens der Sudetendeutschen im Zwei-Länder-Eck Tschechische Republik und Deutschland habe es jedoch auch Kritik an der Wahl des Ver-

anstaltungsortes gegeben, so Illner, denn Hof liege nicht so zentral wie vergangene Sudetendeutsche Tage in Nürnberg oder Augsburg. Deshalb gelte Hof für Tagesbesucher des Sudetendeutschen Tages als unattraktiv. Illner machte auch deutlich, daß sie bei solchen weiten Strecken keine Tagesfahrt zum Sudetendeutschen Tag anbieten werde. Das gelte auch für den im kommenden Jahr anvisierten Veranstaltungsort Regensburg, der nicht nur für Sudetendeutsche aus dem südwestdeutschen Bundesgebiet kaum einladend wirke. Neben Hinweisen auf weitere Veranstaltungen der Sudetendeutschen in Stuttgart bot Ortsobfrau Waltraud Illner der frohen Runde dann noch ein Sudetenland-Quiz an, das für so manche neue Erkenntnis sorgte. Nächstes Treffen der Weilimdorfer Sudetendeutschen wird, nach einer Sommerpause, der Monatsnachmittag im September sein. Helmut Heisig


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AUS DER HEIMAT

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Kuhländler Bodenkundler

Gedenken am Rübezahldenkmal auf der Buchel.

Erforscher von Mondgestein bei Vöcklabruck Gutsverwalter war. Danach wurde er Assistent bei Hermann Kaserer, der 1922 bis 1945 Professor für landwirtschaftlichen Pflanzenalter Kubiena war ein bau an der Hochschule für Boführender Bodenkund- denkultur in Wien war. ler seiner Zeit und erfand die 1929 heiratete er Paula Diemikromorphologische Metho- tershofen, mit der er, den Wiede: Auf einem Quadratmeter ner Adreßbüchern zufolge, im einer Wiese kann man die Flo- selben Haus in der Biederstrara und Fauna der ganzen Wie- ße 1 im XIX. Bezirk, aber in se entdecken. getrennten Wohnungen lebEr war der zweite Sohn des te. 1930 kam Sohn Klaus zur Neutitscheiner Volksschul- Welt, der später Herzchirurg lehrers und Heimatforschers wurde und 2017 starb. Friedrich Kubiena, der Kuh1937 wurde er außerordentländler Tänze sammelte, und licher und 1941 ordentlicher der Kaufmannstochter Anna Professor. Im selben Jahr ging Endlicher. Nach der mittleren sein Mentor Heinrich Beck, Reife absolvierte er die Land- der Wanderfreund seines Vawirtschaftsschule, die damals ters, in Pension. Als sein Nachnoch in Neutitschein war und folger wurde Kubiena bis 1945 im Volksmund „Ackerbau- Präsident der Geologischen schule“ genannt wurde. Gesellschaft Wien. Sehr früh muß Walter KuBis 1944 verbrachte die ganbiena gewußt haben, worauf er ze Familie das Weihnachtshinauswollte. Schließlich be- fest in Neutitschein. Im Haus gleitete er bereits als Bub die des Bruders Friedrich KubieWanderungen seines Vaters na, des Architekten, war für jemit dem Geologen Heinrich des der fünf Geschwister ein Beck durch die Umgebung Zimmer eingerichtet. Bei dievon Neutitsen Gelegenschein. heiten machte Wie seine Walter KubiBrüder Ernst, nea Exkursioder Bildhaunen mit seiner er wurde, und Nichte Oda, Friedrich, der der Tochter als Architekt in seines älteren Neutitschein Bruders. Oda wirkte, war erzählte späauch Walter ter, daß sie im zeichnerisch tiefsten Winbegabt. Eines ter mit ihrem seiner Bücher Onkel Walter illustrierte er in den Wald sogar selbst. Walter Kubiena in Madrid. gegangen sei, Schon in der um den gefroMittelschule von Neutitschein renen Boden zu erforschen. hatte er sieben Wochenstun- Die ausgehackten Proben haden Zeichnen: drei Stunden be der Onkel zu Hause auf geometrisches oder techni- dem Bügelbrett ausgebreitet. sches Zeichnen, vier Stunden Nach dem Zweiten WeltFreihandzeichnen. Zeichen- krieg richtete er mit anderen lehrer war der Neutitschei- die Bundesforschungsstelle ner Sagenforscher Josef Ull- für alpine Landwirtschaft in rich, der als Mitglied des Neu- Admont in der Steiermark ein. titscheiner Heimatkreises eng Ab 1948 leitete er die Abteimit Walters Vater zusammen- lung für Bodenkunde. arbeitete. Nach der Scheidung von Auf der Landwirtschafts- Paula heiratete er 1948 Hilschule wurde er Mitglied der degunde Weidmann (1919– Burschenschaft Ceres, nach 1973). Sie gebar 1950 Christider römischen Göttin des Ak- ne, 1953 Christian und 1959 kerbaus benannt. Sein gan- Maria. Kubiena, der für einen zes späteres Leben blieb er ihr Vater ziemlich alt war, dürfte als „Der alte Herr Eckehard“ kaum Zeit für seine Kinder getreu. Der kuriose Name hing habt haben, denn ihm stand eiwohl auch damit zusammen, ne internationale Karriere bedaß sich die Ceres den Slawi- vor. 1955 wurde er in Reinbek sierungsbestrebungen des öf- bei Hamburg zum Professor fentlichen Lebens in Mähren ernannt, wo er bis 1966 lehrte. widersetzte. Man erwartete von ihm, daß 1915 zog ihn die Armee ein, er ein ähnliches Institut wie und er geriet in russische Ge- in Admont aufbaute. Auch in fangenschaft, aus der er erst Madrid und den USA hatte er 1920 zurückkam. 1922 starb Gastprofessuren. sein Vater an einem SchlagIm Zusammenhang mit all anfall, und er zog in die Hoch- diesen Gastvorträgen und schule für Bodenkultur in Lehraufträgen bereiste Walter Wien. Dort fanden ab 1923 po- Kubiena so gut wie alle Länlitische Auseinandersetzun- der dieser Erde. Überall machgen statt, welche die nach dem te er Bodenentnahmen. Als Zusammenbruch des k. u. k. 1969 die Astronauten GesteiReiches entstandene junge ne vom eben erstmals betreteösterreichische Republik er- nen Mond mitbrachten, wurschütterten. Diese Kämpfe de Kubiena beauftragt, das hielten bis zur Übernahme des Mondgestein zu untersuchen. Institutes durch die Deutschen Eine Berufung an die Univer1938 an. Welche Rolle Walter sität von Tokio folgte. Jedoch Kubiena in ihnen spielte, be- war Kubienas Gesundheit bedürfte weiterer Recherchen. reits schwer angeschlagen. Vielleicht schuf er sich durch Am 28. Dezember 1970 starb betonte Zurückhaltung Frei- er in Klagenfurt, wo er die letzraum, seiner Arbeit unbehel- ten Jahrzehnte seines Lebens ligt nachgehen zu können. gewohnt hatte. 1927 schrieb er seine DokDie Österreichische Bodentorarbeit „Pedologische Glie- kundliche Gesellschaft stiftete derung des oberösterreichi- 1989 den Walter-Kubiëna-Forschen Seenvorlandes“. Daß er schungspreis für hervorragensich dieses Gebiet ausgesucht de Leistungen von Studenten hatte, lag wohl daran, daß sein auf dem Gebiet der BodenOnkel Alfred Endlicher in Zipf kunde. Hans-Karl Fischer

Der eminente Bodenkundler Walter Kubiena kam am 30. Juni vor 125 Jahren in Neutitschein zur Welt.

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Heimatkreis Hohenelbe/Riesengebirge

Heimat im Herzen, Zukunft im Blick Unter dem Motto „Die Heimat im Herzen, der Zukunft entgegensehend“ fand das Bundestreffen des Riesengebirgler Heimatkreises Hohenelbe Anfang Mai in der Patenstadt Marktoberdorf in Bayerisch-Schwaben statt.

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ei der anfänglichen Vorstandssitzung erörterten die Landsleute die Digitalisierung der Exponate im Riesengebirgsmuseum Marktoberdorf und im Arnau-Museum in Bensheim. Weitere Themen waren Kontakten zu und gemeinsame Projekten in der Tschechischen Republik sowie das Konvolut des Heimatkreises bei der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek (SLUB) in Dresden. Trotz aller Widrigkeiten arbeitete Erich Kraus mit Unterstützung vom Zweiten Vorsitzenden Gerhard Baumgartl und den SLUB-Mitarbeiterinnen am Konvolut weiter. Das Rochlitzer Ortsbuch wurde ins Tschechische übersetzt und die Übersetzung ins Konvolut aufgenommen. Für das Engagement bei der Digitalisierung des Riesengebirgs-Schriftgutes will der Vorstand Erich Kraus mit einer Ehrenurkunde auszeichnen. Auch die Verdienste des ehemaligen Kulturreferenten Hans Pichler sowie des Vorstandsmitglieds Otto Weiss für den Heimatkreis werden mit einer Ehrenurkunde gewürdigt.

Beim traditionellen Rathaus- söhnung zwischen Deutschen mals zu heute. Der Ukraineempfang freute sich Heimat- und Tschechen erinnert. Das Krieg reiße alte Wunden auf, kreisbetreuer Christian Eich- Vorstandsmitglied Ingrid Mai- Flucht und Vertreibung seien ermann, daß man sich nach über nert verlas ein Grußwort von Ti- schreckend aktuell und dürften zweijähriger Pause endlich wie- na Stroheker, der Autorin des Bu- niemals in Vergessenheit geradersehen könne. Er hoffe, daß ches „Hana oder Das böhmische ten. So schloß Eichmann mit dem sich der Heimatkreis zukünftig Geschenk“. Stroheker schildert Satz: „Den Menschen mit Zwang verjünge. Aber er bedauere, daß ihre Freundschaft zu Hana Jüpt- von seiner Heimat zu trennen, es in Bezug auf die Nachwuchs- ner und bedankt sich beim Hei- bedeutet, ihn im Geist zu töten.“ gewinnung für den Heimatkreis matkreis Hohenelbe für die UnDer Abend klang mit dem Jueinen Schwachpunkt gebe, ob- terstützung bei der Entstehung gendblasorchester Marktoberschon viele Nachkommen der des Buches. dorf aus. Ein besonderer Movertriebenen Riesengebirgler die Am Festabend wurden die ment war, als der charismatische Heimat besuchten. Jubiläen 65 Jahre Patenstadt Dirigent des Orchesters sichtlich Zweiter Bürgermeister Wolf- Marktoberdorf über Hohenelbe beeindruckt von den Ansprachen gang Hannig betonte die bedeu- sowie 60. Bundestreffen des Hei- außerplanmäßig das Wort ergriff tende Rolle, die die Heimatver- matkreises Hohenelbe besonders und aus dem Stegreif eine kleine triebenen für den Werdegang hervorgehoben. Eichmann über- flammende Rede hielt. Er bezog Marktoberdorfs spielten, sich auf die Ansprachen von und nannte in diesem ZuEichmann und Hell. Man sammenhang imposante spürte: Die junge GeneraZahlen. tion beschäftigt das aktuelAnschließend zog man le Weltgeschehen sehr, vor zur Mitgliederversammallem nach dem zuvor Gelung in das Veranstaltungshörten in Bezug auf Krieg, zentrum Modeon. Die ReiFlucht und Vertreibung. hen waren heuer etwas Zum Schluß sangen alle vollichter. Leider hatte auch ler Inbrunst das RiesengeCorona Lücken im Heimatbirgslied „Blaue Berge, grükreis gerissen. ne Täler“. Nach 25 Jahren als HeiAm Sonntag gedachte matkreisbetreuer stellman der Verstorbenen am te sich Christian Eichmann Dr. Wolfgang Hell, die Urkunde und Christian Gefallenendenkmal und nicht mehr zur Wahl. Mit Eichmann. am Rübezahldenkmal auf Verena Schindler betreut der Buchel, stilvoll begleinun erstmals eine Frau den Hei- reichte Bürgermeister Wolfgang tet von Trompetenklängen. Auch matkreis. Ihr bisheriges Amt als Hell namens der SL eine Ehren- das Riesengebirgsmuseum wurSchriftführerin und Presserefe- urkunde für 65 Jahre gelebte Pa- de besucht. Eine kleine verblierentin übernahm das neue Vor- tenschaft. Hell überraschte wie- bene Runde erfreute sich am standsmitglied Kirsten Langen- derum mit einer Torte mit dem Montag an den Ostallgäuer Nawalder. das Wappen von Hohenelbe. turschönheiten bei einem von Dann wurde an Hana JüptEichmanns und Hells Reden Gerhard Baumgartl organisierner und deren Verdienst zur Ver- schlugen einen Bogen von da- ten Ausflug. nr

Verband der Deutschen in Böhmen – Region Pilsen

Zauberer und Bratwürste Der Verband der Deutschen in Böhmen – Region Pilsen veranstaltete Anfang Juni seinen neunten Deutsch-tschechischen Kindertag.

D

ank der finanziellen Unterstützung vom Bundesministerium des Innern und für die Heimat und der Zusammenarbeit

Eine Jongleuse und eine Zauberin.

mit dem Deutsch-tschechischen Kindergarten Junikorn in Pilsen kamen wieder etwa 40 Kinder, um einen voll mit Programm gefüllten Nachmittag zu erleben. Die Vereinsvorsitzende Terezie Jindřichová und Kindergartendirektorin Jana Konečná begrüßten die Kinder. Diese waren Kinder von Vereinsmitgliedern und Kinder aus dem Kindergarten. „So Kinder, jetzt lernt ihr, wie man einen Teller auf einem Stab rotieren lassen kann“, sagte das Žongléros Ansámbl. Zuvor hatte das Ensemble den Kindern seine Jonglierkünste vorgeführt. Nach den Jongleuren trat der Geschichtszauberer Artin auf. Eine Stunde lang zauberte er mit den Kindern und für die Kinder. Und dann

kam für manche Kinder mit ihren die kein Fleisch essen wollten, Müttern, Vätern, Omas und Opas bekamen einen gegrillten Cader Höhepunkt des Nachmittags: membert. Nach diesem fröhlideutsche Bratwurst. chen Nachmittag bekamen die Auch Måla Richard Šulko, Kinder noch eine Geschenktüte Vorsitzender des Bundes der mit nach Hause. do Deutschen in Böhmen, und seine Frau Irene waren aus Plachtin bei Netschetin nach Pilsen gekommen. Irene Šulko hatte bereits bei allen Vorbereitungen geholfen. Schon bald hörte man vom Grill, den der Måla Richard schon seit Jahren bedient: „Bratwurst vom glücklichen Kalb ist fertig!“ Als die Špekáčky, die Knakker aus dem Schweinfleisch, fertig waren, rief der Grillmeister: „Špekáčky aus dem Prestitzer Schwein sind da!“ Besucher, Grillmeister Måla Richard Šulko.


Am dritten Juni-Wochenende feierten vier Generationen Wischauer in ihrer Patenstadt Aalen in Baden-Württemberg ihr 25. Heimattreffen.

I

n die hitzeflirrende Sommerluft mischt sich zarter Lavendel- und Nelkenduft. Die Sonne läßt das Rot der Trachten noch stärker erröten. Und ein Trompetensolo eröffnet das Totengedenken der Wischauer im Mahnmal auf der Aalener Schillerhöhe. Monika Ofner-Reim, Vorsitzende der Gemeinschaft Wischauer Sprachinsel, gedenkt der Toten. Sie gedenkt derer, die in heimatlicher Erde in Gundrum, Hobitschau, Kutscherau, Lissowitz, Rosternitz, Swonowitz, Thereschau und Tschechen ruhen. Sie gedenkt der Opfer von Krieg und Vertreibung gestern und heute und stellvertretend für alle anderen Wischauer Toten des 2021 verstorbenen Ehrenvorsitzenden Josef Legner. Weil besonders viele Wischauer im Zuge der Vertreibung in und um Aalen strandeten, übernahm die Stadt 1980 die Patenschaft über die Wischauer und stellte ihnen im Alten Rathaus einen Raum für eine Heimatstube zur Verfügung. Als diese aus allen Nähten platzte, erhielten die Wischauer 2011 die zwei ehemaligen Klassenzimmer in der Alten Schule in Aalen-Fachsenfeld. Ehrenvorsitzende Rosina Reim: „Daraus machten wir ein Informations- und Begegnungszentrum (IBZ). Es erinnert an die Kriegsjahre und mahnt die

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AUS DER HEIMAT

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� Wischauer Sprachinsel

Vier Generationen feiern

Fachsenfelder Herz-Jesu-Kir- Herz-Jesu-Kirche den Wischauche. Nur wenige Meter von der ern eine Heimat geben. Kirche entfernt formiert sich der Einer seiner Vorgänger auf Fahnen- und Trachtenzug vor dem Schönenberg, sagt Leitdem IBZ. Die jüngste Trachten- göb in seiner Predigt, sei der beträgerin muß getragen werden, rühmte Pater Josef Gräupel, ein sie kann noch nicht laufen. Wischauer. Gräupel stammte aus An der Spitze des Zuges zie- Hobitschau. Er studierte Theohen Pfarrer Hans-Dieter Retz- logie bei den Redemptoristen in bach von der Seelsorgeeinheit Plan. Während des Zweiten WeltRems-Welland und Redemptori- kriegs zog ihn die Wehrmacht stenpater Martin Leitgöb ein. Pa- ein, er überlebte Stalingrad, ter Martin war 2012 bis 2020 Seel- kam in ein russisches Straflager, sorger der deutschsprachigen um zum Kommunisten umerzoKatholischen gen zu werden. Das gelang weGemeingen seines Glaubens nicht, und de Prag, seit die Russen entließen ihn. LeitHerbst 2020 göb: „Gräupel schloß sich den ist er Pfar- Redemptoristen im oberbayerirer der Wall- schen Gars an und wurde Pfarrer fahrtskirche auf dem Schönenberg.“ Er freue Schönenberg sich sehr, daß dessen mittlerim benachbar- weile 92jährige Schwester Julia ten Ellwan- Schimmele zum Festgottesdienst gen. Auf dem gekommen sei. Schönenberg „Von Wischau nach Fachsenerrichteten feld in der Ostalb: Das ist ein landie Redemp- ger Weg.“ Doch die Wischautoristen vor er hätten ihre Heimat im Herzen 100 Jahren ei- mitgenommen. Erst kürzlich haRosina Reim führt Lilia Antipow vom Haus des Deut­ ne Niederlas- be er ein Kind auf dem Schönenschen Ostens in München, die auch zu den Ehrengästen sung und sind berg getauft, von dem er beim des Jubiläumstreffens zählt, durch die neue Ausstellung. für die Wall- Taufgespräch erfahren habe, daß fahrtsseelsor- es ein Wischauer Nachfahre sei. Jungen. Hier pflegen wir unser ge zuständig. Leitgöb und die Auch er, so Leitgöb, lebe nicht in Brauchtum und unsere Gemein- Wischauer lernten sich aller- seiner Ursprungsheimat. Wenn schaft. Das IBZ wurde zum Mit- dings bereits im Herbst 2019 in man in seiner Heimat verwurzelt telpunkt für alle Wischauer im Prag kennen. sei, sei man offener für andere In- und Ausland und ein Ort der Damals traten die Wischauer Heimaten, aufgeschlossener, euVersöhnung.“ auf Einladung der Deutschspra- ropäisch. Für das 25. Heimattreffen chigen Katholischen Gemeinde Das Bild der Wischauer Halskonzipierten die Wischauer ih- Prag und der Landesversamm- krause auf dem Festabzeichen re neue Ausstellung „Heimat im lung beim Erntedankgottes- gleiche einer Rose. Das erinneGepäck. Besondere Erinre ihn an die Zeilen „Die nerungsstücke mehr als Ros ist ohn warum; sie 75 Jahre nach der Verblühet, weil sie blühet, treibung“. Ofner-Reim sie acht nicht ihrer selbst, bedauerte bei der Erfragt nicht, ob man sie öffnung im IBZ, daß das siehet.“ von dem BarockAusstellungsthema mit dichter Angelus Silesius. dem russischen Überfall Wie die Rose sollten wir auf die Ukraine eine aknicht ichbezogen oder tuelle Bedeutung erhalselbstverliebt sein. ten habe. „Was soll man Schließlich spendet einpacken, wenn man Pater Martin Leitgöb den Haus und Hof verlas- Ute Hajszan, Susanne Kollmann und Frederick Brüt­ Wettersegen mit dem Bilder: Nadira Hurnaus Wetterkreuz. „Der Sesen muß und nicht weiß, ting. wann oder ob man zugen möge auch für das rückkehren wird?“ dienst in der Kirche Sankt Johan- persönliche Wetter gelten und Die Ausstellung zeigt Klei- nes von Nepomuk am Felsen im helfen, gut durch alle Stürme zu dungsstücke, Haushaltsgeräte, Garten der Kirche auf. Seitdem kommen.“ Gebetbücher, Wallfahrtsbilder, sind der Pater und die WischauMonika Ofner-Reim begrüßt Dokumente, Instrumente und er einander von Herzen zugetan. die Fest- und Ehrengäste in der Vertreibungskoffer und -Kisten. An diese Begegnung erinnert wischauerisch geschmückten Das unsichtbare Vertreibungs- auch Monika Ofner-Reim, nach- Fachsenfelder Festhalle. „Heigepäck dokumentieren Zeitzeu- dem sich die Wischauertrachten- mat ist nicht nur ein Land“ sei das genbefragungen auf Rollbildern. träger allen Alters hinter dem Al- Motto des diesjährigen Treffens. Der Festsonntag beginnt mit tar aufgestellt haben. Und sie Ein Meilenstein sei das erste Heieinem Festgottesdienst in der dankt, daß Fachsenfeld und die mattreffen 1951 in Aalen gewe-

Nach der Messe vor der Kirche: Dr. Martin Leitgöb CSsR und Julia Schimmele.

Nachgeborenen hätten Flucht und Vertreibung fast ebenso verinnerlicht wie die Erlebnisgeneration. Dennoch hätten seine Eltern nie ein böses Wort über die Tschechen, aber sehr wohl böse Worte über den Nationalismus gesagt. Sie hätten ihn und seine drei Geschwister zum Überwinden des Nationalismus, zu Verständigung und Versöhnung, zu überzeugten Europäern erzogen. „Als die Wischauer 1949 zum ersten Mal in Aalen zu einem Arbeitstreffen zusammenkamen, waren die Betten in der Heimat noch warm, und viele lebten noch in Lagern.“ Beim ersten Heimattreffen seien die Bundesrepublik und ihr Grundgesetz zwei Jahre, die Erklärung des französischen Außenministers Robert Schuman über die Schaffung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ein Jahr alt gewesen. Als die Montanunion ein Jahr später gegründet worden sei, sei die Triebfeder nicht der wirtschaftliche Aspekt, sondern der europäische Gedanke gewesen. 1990 habe in Jugoslawien wiesen. Sie blickt auch auf die Zeit Rektor dieser Schule, auch unter der ein mitteleuropäischer Krieg begonnen, 1998 der Kosovoseit dem letzten Treffen. „Wir ha- den Festgästen. ben ein neues Koch- und BackVolksgruppensprecher und krieg, 1999 habe die NATO inbuch herausgegeben mit mehr Festredner Bernd Posselt gratu- terveniert. Ebenfalls 1999 habe als 100 Rezepten von dahuam. Im liert ebenfalls zum Jubiläum. Als Wladimir Putin mutwillig den Tschetschenienkrieg ersten Lockdown haben wir jedes Ehrenwischauer habe er sich ge- Zweiten einzelne Rezept probegekocht freut, die Wischauer beim kürzli- vom Zaun gebrochen. Er habe, so Posselt, 1999 seine erste Rede gegen Putin im Europäischen Parlament gehalten. 2015 habe die Russische Föderation ihm und anderen die Einreise verboten. Fürst Karl Schwarzenberg habe das als „höchste Auszeichnung“ gewertet. In seinem Roman „Radetzkymarsch“ habe Joseph Roth geschrieben: „Wenn der Bezirks­ hauptmann ans Fenster trat und sie spielten den Radetzkymarsch, dann war Österreich.“ „Heimat ist auch Seele. Und SeeDas Duo Burgl und Hardl und Monika Ofner-Reim in der Kirche. le ist der Kern des Menschseins. Die Wischauer leisten einen unund probegebacken. So hatten chen Sudetendeutschen Tag ge- glaublichen Dienst am Frieden. wir in diesen schwierigen Zei- sehen zu haben. Dann umreißt er Sie stiften Heimat hier und drüten eine sinnvolle Beschäftigung die Besonderheiten des Pfingst- ben. Danke“, schließt Posselt. Die Wischauer Ehrennadel und gleichzeitig auch viel Kon- treffens mit der Deutsch-Tschetakt untereinander.“ chischen Schülerbegegnung in erhalten Christine Legner, Ute Frederick Brütting, Aalens Pfaffen­hofen und Eger, mit dem Soutschek und Elisabeth Weiss. Unter der Überschrift „Hooneuer Oberbürgermeister und Deutsch-Tschechischen Kommithin der neue Patenonkel der munalkongreß in Franzensbad zet is“ präsentieren die farbenWischauer, gratuliert zum 25. und mit der Wallfahrt nach Ma- frohen Wischauer ein Singspiel über Hochzeitsbräuche aus ihHeimattreffen und konstatiert: ria Kulm. „Da ist Power, da ist Kraft.“ Mit In der Heimat voll und ganz rer Sprachinsel. Es beginnt mit Blick auf den Krieg in der Ukrai- vertreten zu sein, das hätten die gesungenen Hochzeitsgstanzln ne, also mitten in Europa sagt Wischauer längst geschafft. Daß und geht mit dem „Rejdmou“, er: „Frieden muß aus der Ge- heuer auch die Tschechische Na- dem Hochzeitslader, weiter. Rosina Reim liest die sellschaft kommen. Mundarttexte. Ihre Und dazu tragen die Schwester Christine Wischauer bei.“ Legner und ihre TochFachsenfelds Ortster Monika Ofnervorsteherin Sabine Reim lesen die hochKollmann kam schon deutschen Texte. am Vortag zum ToDie vor, während tengedenken und zur und nach der HochAusstellungseröffzeit üblichen häuslinung. Sie erzählt, sie chen und kirchlichen sei seit einer Reise mit Rituale der Wischauden Wischauern in die Heimat ebenfalls Zwei Wischauerinnen eskortieren Volksgruppensprecher er sind beeindruckend. So geht der Mitglied der Sprach- Bernd Posselt zum Rednerpult. Bräutigam mit der älinselgemeinschaft. Und wenn Brütting der Onkel tionalhymne gespielt worden sei, testen Bittdian oder Brautjungsei, sei sie die „Tode“, die Tante. sei aus Respekt vor dem Nach- fer und die Braut mit dem älteUte Hajszan ist die Rektorin barn geschehen. In der Ersten sten Bittknecht zur Trauung in der Reinhard-von-Koenig-Schu- Republik sei sie dreisprachig ge- die Kirche. Die Mutter der Braut le, deren altes Schulgebäude jetzt wesen. Der Gottesdienst habe an darf nach alter Sitte nicht an der die Wischauer beherbergt. Sie zi- diesem Morgen mit Franz Schu- Trauung teilnehmen. „S is bid. Schej gbejst mit ejnk. tiert Martin Buber: „Alles wirk- berts Lied „Wohin soll ich mich liche Leben ist Begegnung.“ Sie wenden“ begonnen, die tsche- Bia dahuam“, sagt Rosina Reim, dankt für die Begegnung vor gut chische Hymne beginne mit den Ehrenvorsitzende der Sprachinselgemeinschaft, und lädt ihre zehn Jahren. Das IBZ sei ein Al­ Worten „Wo ist meine Heimat“. leinstellungsmerkmal der SchuEr, so Posselt, sei zehn Jahre Landsleute in den farbenfrohen le. Und sie sagt: „Wer zu dieser nach der Vertreibung in Baden- Festtrachten sowie ihre zivil geGemeinschaft gehört, der lacht Württemberg zur Welt gekom- wandeten Freunde zum Ratschen immer.“ Übrigens ist Alois Schu- men. In der Schule, also 20 Jahre bei Kaffee und heimatlichen mit bert, 1930 in Mährisch Schön- nach der Vertreibung, habe man Mohn und Topfen gefüllte FlecNadira Hurnaus berg geboren und langjähriger ihm gesagt: „Geh zurück.“ Die ken ein.

Wer ist Trachtenpuppe und wer ist Trach­ tenträger?

Haben Spaß beim Festgottesdienst hinter dem Altar.

Die jüngste Trachten­ trägerin.

Der Mährisch Schönber­ ger Alois Schubert.

Christine Legner, Ute Soutschek und Elisabeth Weiss erhalten die Wischauer Ehrennadel.


Reicenberger Zeitung

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Stadt und Kreis Reichenberg

Kreis Deutsch Gabel

Nordböhmi[e Um[au

Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail rz@sudeten.de

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

Kreis Friedland

Kreis Gablonz

Das immer wieder zerstörte und neu aufgebaute Dominikanerkloster in Deutsch Gabel.

� Die Geschichte der nordböhmischen Stadt Deutsch Gabel – Teil II

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Oberlausitzer fallen in Böhmen ein

abel mit seiner und kräftig halten und gewäh1391 erbten die Dubsky geUmgebung ge- ren unsere volle und rückhaltlo- nannten Söhne Hyneks, Heinhörte schon im se Zustimmung. Wobei wir mit rich der Ältere und Heinrich der 12. und 13. Jahr- unserm guten und aufrichtigen Jüngere, die Herrschaft Gabel. hundert dem Ge- Glauben versprechen, alles obi- Dazu gehörten die Dörfer Böhschlecht der Marquarde, aus dem ge durch unsern obgenannten mischdorf, Markersdorf, Hermsdie Herrengeschlechter der Läm- Vater Geschenkte stets und in dorf, Herrndorf, Petersdorf, berger, der Wartenberger oder Ewigkeit unverletzlich einzuhal- Postrum und Kriesdorf. Heinrich der Waldstein hervorgegangen ten. Zum Zeugnis und zur stärke- Berka der Jüngere bestätigte am sind. Dem Gründer der Stadt Ga- ren Kraft dessen sind unser und 13. Dezember 1399 das Gabler bel, Havel I. – lateinisch Gallus meiner obgenannten Söhne Sie- Rechtsbuch „Ordnung der Bür– aus dem Geschlecht der Mar- gel aus unseren bestimmten Wis- ger“ und das „Bürgerliche Recht quarde, folgten in der Herrschaft sen Gegenwärtigem angehängt der Stadt Jablonae“. Bürgermeiüber Gabel und Lämberg des- worden. Gegeben im Jahre des ster war damals Pasco Pelsick, sen Söhne Havel II., der sich in Herrn 1364 am Tage des glorrei- und Richter war Nikel Tigler. den Urkunden bald „de Lewen- chen Bekenners Egidius.“ DieDas Stadtbuch enthält folgenberch“, bald „de Yabloni“ nennt, se deutlich lesbare lateinische de Bestimmungen: l  Die bürgerliche Gemeinund sein Bruder Jaroslav II. von Urkunde ist gut erhalten gebliede hat das Recht, im Flusse zu fiGabel. Zdislav, der dritte Sohn ben. Havels I. und der seligen ZdislaVier Jahre später, am 13. Mai schen bis Walten und Lämberg. l  Gabel hat wie andere Städte va, nannte sich Zdislav von Lö- 1368, bewilligte Gallus mit seiwenberg, Herr auf Zwirschetitz. nen Söhnen der Stadt die Stadt- „von altersher“ die Gewalt, Wein Für Gabel hatte er deshalb eine tafel Tabula civitatis. Diese Ge- und Salz zu verkaufen, Malz zu Bedeutung, weil er um das Jahr denktafel ist leider mit anderen machen und Bier zu brauen. l  Die Bürger haben die Ge1280 das Patronat über die Pfarr- alten Urkunden und Schriftstückirche in Gabel dem von seinem ken beim Stadtbrand 1788 ver- walt, Zünfte und HandwerkszeAhnen Marquart dem Alten im nichtet worden. Gallus IV. scheint chen zu gründen. l  Auf dem Grunde der GeJahre 1144 gestifteten Zisterzi- um das Jahr 1380 gestorben zu enserkloster Münchengrätz ver- sein. Nach 1380 gelangten die meinde können mit Erlaubnis lieh. Berka von Duba in den Besitz von des Rates Scheunen und Wohnhäuser gebaut werden. Der jährDie Brüder Jaroslav II. von Ga- Gabel. bel und Zdislav von ZwirscheSchon 1343 berichtet der liche Zins fällt der Gemeinde, titz werden bis 1289 noch in den Stadtschreiber von Zittau, daß nicht der Obrigkeit zu. l  Der Rat wählt neun RatsUrkunden genannt. 1317 saßen die auf der Burg Mühlstein geMarquard und Hermann von Ga- legenen Bewaffneten mit 1216 männer. Die Obrigkeit ernennt bel, die Söhne Zdislavs, im Ra- Mann den Kaufleuten auf dem den Bürgermeister und Richte der Krone von Böhmen. Her- Wege über das Gebirge das Ge- ter aus dem Stande der Ratsvermanns Sohn Gallus IV. von Läm- leit geben. Heinrich Berka von wandten. l  Diejenigen Bürger, die keiberg-Zwifetitz erwarb sich um Duba wird seit 1362 „auf Mühldas Aufblühen der Stadt Gabel stein“ genannt. Außer Mühlstein ne Felder haben, können ihre große Verdienste. Nach den da- besaß Heinrich „der Einäugige“ Häuser frei verkaufen und vermaligen Gesetzen fielen alle Gü- die Herrschaften Hühnerwasser, tauschen. l  Der Rat stellt Geburts- und ter der kinderlos verstorbenen Hauska und Habichtstein. Er hatUntertanen an den Grundherrn. te sieben Söhne. Von diesen ver- Sittenzeugnisse aus und verleiht Gallus verzichtete freiwillig auf mählte sich Hynek mit Katha- das Bürgerrecht. l  Untertanen zu entlassen, dieses Recht und erlaubte 1364 rina, der Tochter des Hasko von ist ausschließliches den Gabler Bürgern, Die Berka von Duba waren Recht der Obrigkeit. ihre Güter bis zum l  Die Güter der fünften Verwandtvon 1380 bis 1706 Herren von Gabel Verstorbenen fallen schaftsgrad zu vererben. Es war dies das erste Privi- Lämberg. Warum nicht sie, son- an die nächsten Verwandten, leg der Herrschaft, das sie, „den dern sein Bruder Jarko von Ze- nicht an die Obrigkeit. l  Ein Testament vor zwei oder Wohlstand, das Gedeihen und lesnic (Pecka) Lämberg erbte, ist den Fortschritt unserer Getreuen nicht bekannt. Katharina brach- drei Ratsmännern und dem Richin unserer Stadt Gablona wün- te als Morgengabe 500 Schock ter, von dem bestellten Stadtschend“, gab. „Außerdem wol- mit in die Ehe. Diese versicherte schreiber verfaßt, ist kräftig und len Johannes und Hassko von ihr Hynek auf seinen Gütern in unverletzlich. l  Fremde Personen können Lemberk, genannt von Zwerze- Kunnersdorf, wo Katharina spätycz, Söhne des obengenann- ter als Witwe lebte, in Hermsdorf bewegliche Güter erben, unbeten Herrn Gallus, die Schenkung und mit den Wäldern am Lim- wegliche jedoch nur mit Erlaubnis der Obrigkeit. dieser Freiheit gültig, genehm berg.

l  Die Waisen haben vor ihrer 1435 erwarb Chval Berka von kel der „Geschichte der Stadt Verheiratung die Erlaubnis des Duba und Hühnerwasser von Gabel und des Schlosses LämRates einzuholen. Benesch von Wartenberg ei- berg“ von Pinkava geprägt wurl  Bürger und Einheimische nen Teil der Herrschaft Gabel, de. Das Siegel stellt ein gotikönnen untereinander mit Er- nämlich die Hälfte der Stadt mit sches Tor dar, das als Abschluß laubnis des Rates ihre Güter frei der Feste, ferner die Bauernhö- ein Kreuz hat. Das Tor flankieren verkaufen und vertauschen. Kauf fe in Markersdorf und Kriesdorf. zwei schlanke dreistöckige Türoder Tausch Fremden gegen- Doch schon 1447 verkaufte sein men mit kappenartigen Bedaüber muß der Obrigkeit vorge- Sohn Paul diesen Teil der Herr- chungen. Im Tor steht ein hoher legt werden. schaft Gabel an Heinrich Berka gotischer Kelch, das Sinnbild der l  Bürgermeister, Richter und von Duba. Calixtiner und der Hussiten. Ratsmänner sowie diejenigen, Die Fußverzierungen des KelDieser Heinrich von Berka welche die Pforten auf und zuma- (1429–1469) erbte nach dem To- ches erinnern an die Eichenäste chen, sind von der Steuer befreit de seines Vaters auch die Burg des Berkawappens. Ähnlich sind und besitzen das freie Jagdrecht. und Herrschaft Mühlstein und die Verzierungen des Torbogens. l  Bürger, welche keine Güter 1441 Hoyerswerda in der Lausitz. In die Kuppa des Kelches ist groß besitzen, sind vom Robot frei. 1444 gelangte er in den Besitz und deutlich eine Gabel eingel  Das Halsrecht und das Pa- von Leipa, das den hussitischen zeichnet. Die Umschrift des Sietronatsrecht übt die Herrschaft Wartenbergern gehört hatte. gels in mittelalterlichem Latein aus, doch wird bei lautet: Buriensium der Ernennung des Heinrich Berka von Duba und Leipa war de Gablon – der Pfarrers auch die Bürgerschaft von ein treuer Anhänger König Georgs Stimme des Rates Gabel. Die angedeuund der Gemeinde gehört. Er nannte sich von da an immer teten Schriftzeichen des oberen l  Der Rat und die Gemeinde Heinrich von Duba und Leipa. Teiles der Rundung sind nicht zu können das nötige Holz für öf- Er war mit der Schwester König entziffern. fentliche Bauten aus dem herr- Georgs von Podiebrad und Kun­ Im August 1467 fielen die schaftlichen Wald holen. stadt, der Elisabeth von Kun­stadt Oberlausitzer in Böhmen ein Schon 1402 vereinigte Hein- aus Mähren, vermählt. und verbrannten neun Dörfer rich der Jüngere die ganze HerrHeinrich Berka von Duba und des Wenzel Garda von Petrovic, schaft Gabel in seiner Hand. 1418 Leipa war ein treuer Anhänger Herrn auf Auscha. Um dies zu wurden ein Teil der Stadt und König Georgs, der zugleich einer rächen, zogen Anfang SeptemVorstadt, ein Teil von Markers- der führenden Männer der Utra- ber Heinrich von Duba und sein dorf und das Patronatsrecht über quisten (Calixtiner) war. Diese Sohn Jaroslav mit den hussitiKriesdorf an Benesch von War- wünschten keinen Bruch mit der schen Rittern Czarda, Felix von tenberg verkauft. So war die Weltkirche. Aus dieser Verbin- Skal und Benesch von MichaHerrschaft Gabel wieder geteilt: dung Heinrichs mit der Schwe- lovic in die Gegend von Zittau ein Teil gehörte den Herren von ster des Königs ergaben sich bis gegen Großhennersdorf und Berka auf Mühlstein, der ande- auch einige Vorteile für Gabel. kehrten mit großer Beute über re dem Benesch von Warten- König Georg (1458–1471) be- Schluckenau zurück. stätigte 1466 der Stadt Jablona berg. Da unternahmen die Zittauer Dieser Teil wechselte seine alle Briefe, Gnaden, Befreiun- Ende Oktober einen Zug gegen Besitzer rasch nacheinander, bis gen, Freiheiten und löbliche Ge- Dubsky von Gabel. Am 5. Nodie Herren von Duba und Lei- wohnheiten. vember wurde durch List die den Ferner bewilligte er zu Sankt Wartenbergern gehörige Burg pa den Besitz dauernd vereinigten. Im August 1425 kamen die Johannes am 24. Juni einen Jahr- Roll eingenommen und der Herr Taboriten (Hussiten) nach Ga- markt für die Dauer von acht Ta- und all sein Gesinde erschlabel. Sie zerstörten und beraub- gen und jeden Montag einen gen. Dann eroberten sie Lämten das Dominikanerkloster. Nä- Wochenmarkt. Außerdem gestat- berg, wohin ihnen die Görlitzer here Details über die Einnahme tete er, für alle Waren einen Zoll Sold und Verpflegung schickten. und Zerstörung fehlen. Aus der zu erheben, obwohl die Stadt ih- Die Stadt Gabel und die Dörfer Art ihrer Kriegsführung kann re Privilegien nicht vorweisen wurden am 24. Jänner 1468 geman leicht auf die Schrecken des konnte, weil sie während des plündert und angezündet. Nur in Tages schließen. Aus den Görlit- Krieges verlorengegangen wa- der festen Kirche und dem umzer Ratsrechnungen geht hervor, ren. Gezeichnet ist diese Urkun- mauerten Friedhof hielten sich daß am 4. August Ratsherren aus de von Kanzler Prokop, Freiherrn noch die Bürger von Gabel. Am Görlitz mit 40 Pferden den Zit- von Rabenstein. 28. Mai schloß Dubsky von GaAus jener Zeit dürfte das run- bel mit den Oberlausitzern einen tauern zu Hilfe eilten, als sie vernommen hatten, daß die Hussi- de Gabler Stadtsiegel von sieben Waffenstillstand und am 29. Noten von Gabel aus nach Zittau Zentimeter Durchmesser stam- vember 1468 den Frieden. men, welches auf den Buchdecvorrückten. Fortsetzung folgt


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REICHENBERGER ZEITUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

� Paurisch auf dem Sudetendeutschen Tag

Blick von der Tafelfichte auf Neustadt.

Edelroller in Aktion te. Und da in meiner Schulzeit auch die heimatliche Mundart bedacht wurde, trug ich die Lieder vom „Roabrradl“, „Ga mannr Ziege hoa ich Frejde“ und „Seff bleib dou“ vor. Ich bedaure, daß mit der Verachdem sich die Corona- treibung der Deutschen aus BöhPandemie endlich abge- men deren Mundarten aussterschwächt hatte, war es möglich, ben, aber nicht ganz dort, wo sie wieder an einem auf deutscher Seite Sudetendeutschen der Grenze wie in Tag teilzunehmen. der Oberlausitz der Daß er dieses Mal unsrigen fast ähnin Hof in der Eurelich ist. So trug ich gio Egrensis stattals Beispiel das Gefand, war für mich dicht „Iech bie de besonders günstig, Spraa“ (Ich bin die da mein Reiseweg Spree) vor, wo das von der Lutherstadt „R“ genau so geWittenberg dortrollt wird, wie einst hin wesentlich kürauf der böhmischen zer ist als bis Nürn- Gustav Reinert Seite. Man nannberg oder Augste daher die Leute burg. Meine Teilnahme nutzte beiderseits der Grenze die „Edelich, um dort wieder mit den an- roller“. deren Mundartsprechern mit eiDen Abschluß meines Vornem Beitrag dabei zu sein. trages machte das ebenfalls von In unserem heimatlichen Pau- Heinz Kleinert geschaffene Gerisch des Lausitzer-, Jeschken- dicht „A Sparlich“, in dem ein auf und Isergebirges trug ich Heinz der Dachrinne eines Hauses sitKleinerts Gedicht „Pflaumknetl- zender Sperling einen Tropfen zeit“ vor, obwohl die Pflaumen- aus seiner Blase fallen läßt, der ernte erst im August sein wird. ausgerechnet einem unten auf Ich berichtete dann den Zuhö- einer Bank sitzenden Herrn auf rern, daß ich, so lange meine die Glatze fällt und mit einem zuGroßeltern und Eltern gelebt hät- fällig aus einem Fenster schauenten, mit diesen in Mundart ge- den Herrn zum Streit führt. Mit sprochen und auch viel in Mund- der Anzahl der Zuhörer konnte art Geschriebenes gelesen hät- ich zufrieden sein. Gustav Reinert, Obmann der sachsen-anhaltinischen SLKreisgruppe Wittenberg, berichtet über seine Teilnahme an den Mundartlesungen beim jüngsten Sudetendeutschen Tag.

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� Auswanderung von Neustadt an der Tafelfichte im Kreis Friedland in die USA - Teil I

Auf der Fahrt nach La Grange 2011 gab Klaus-Michael Neumann im Selbstverlag das Buch „Neustadt an der Tafelfichte 1584 bis 1946. Chronik einer deutschen Stadt in Böhmen“ heraus. Das Kapitel „Die Auswanderer der Stadt und des Kreises nach Amerika“ veröffentlichen wir in der Reichenberger Zeitung in mehreren Folgen.

I

m April 1834 trat der am 7. Juni 1798 in Schönwald geborene Gottfried Menzel die Pfarrstelle in Neustadt an. Er war am 24. August 1824 in Leitmeritz zum Priester geweiht worden. In seiner Freizeit betätigte er sich als Naturforscher, wofür er heute noch bekannt ist. Im Rahmen seiner Forschungen verließ er Neustadt am 7. August 1849 und reiste über den Großen Teich nach Amerika, von wo er am 21. Mai 1851 zurückkehren sollte. Unter anderem bereiste er Mexiko und missionierte in Texas im Auftrag von Jean-Marie Odin CM, des ersten Bischofs von Galveston/ Texas. Zurück von der Reise, machte er sich sofort an die Arbeit und schrieb ein Buch über Eindrücke und Fakten seiner Reise, welches 1853 im Verlag von Georg

Reimer in Berlin erschien. Vornehmlich berichtete er über die Auswanderer in den USA. Und sicherlich berichtete er auch in der Heimat über die Möglichkeiten der Zukunftsgestaltung für Auswanderer in den USA. Aber auch die Gefahren und Widrigkeiten eines solchen Vorhabens verschwieg er nicht. Und er wies auch besonders darauf hin, daß man nicht ohne ausreichendes Grundkapital dieses Unternehmen antreten sollte. Die allgemeine „Theuerung“ und eine Mißernte nach der anderen hielten aber viele Bewohner der Herrschaft Friedland nicht von den Warnungen des Pfarrers ab, dieses Wagnis einzugehen. Eine Urkunde aus dem Kirchturmknopf berichtet: „Das Jahr 1851 zeichnete sich durch einen besonders schönen Herbst aus. Selbst zu den Weihnachtsfeiertagen konnten die Leute noch ohne Fußbekleidung in die Kirche gehen, und abermals kam eine große Noth über die Stadt. Von 600 sonst beschäftigten Webstühlen hatten nicht die Hälfte mehr Arbeit. Ganze Scharen von Bettlern zogen aus ... Im Jänner 1852 wurde die Noth geradezu erbarmungswürdig; 182 Familien waren gezwungen, die

Mildthätigkeit anderer in Anspruch zu nehmen.“ Dies mag viele Bewohner der Herrschaft Friedland bewogen haben, die Heimat freiwillig zu verlassen. Und so machten sich die ersten Familien daran, Vorbereitungen zu treffen und Gleichgesinnte zu suchen, die den langen, beschwerlichen und sicherlich auch abenteuerlichen Weg in eine ungewisse Zukunft mit ihnen beschreiten würden, getreu dem Spruch der Bremer Stadtmusikanten „Etwas besseres, als den Tod findet man überall“. Im Frühjahr 1853 packten auch der Weber Franz Appelt (* 10. Februar 1819 in Neustadt, Peter-Paul-Gasse 106), seine Frau Antonia (* 13. Juni 1819, eine Cousine zweiten Grades) und seine drei Söhnen Wilhelm (*5. Januar 1844), Anton (*27. August 1847) und Josef (*27. Juni 1851) sowie seine Schwester Josefa Appelt (*25. März 1833) ihre Sachen und bereiteten sich auf die Auswanderung vor. Als Mitstreiter finden sich auf der in Galveston gefundenen Passagierliste die Familien Franz Schäfer und Vincent Anton Maier (sieben Personen) aus Schönwald und Florian Maier (sechs Personen) aus Rückersdorf, Franz

Hausmann, sowie Joseph Elstner (fünf Personen) und Familie Joseph Hausmann (zwei Personen). Die Familie Vincent Anton Maier, Joseph Elstner und Familie Franz Appelt gehen 1854 gemeinsam nach Hallettsville. Über die Transportart, den Transportweg und den mitgenommenen Hausrat kann nur spekuliert werden. Immerhin sind es gute 800 Kilometer von Neustadt an der Tafelfichte bis zum Hafen in Bremen. Aber über den weiteren Weg ab Bremen liegen Dokumente und Nachrichten vor, über die zu berichten lohnt. Anfang August 1853 erreichten sie Bremerhafen und meldeten sich im „Auswandererhaus“, um eine Passage nach Galveston in Texas zu erhalten. Daß Galveston ihr Ziel war, ist anzunehmen. Schließlich waren schon vor ihnen Mitglieder der Familie Legier über Galveston nach Texas ausgewandert und hatten Nachricht über ihre Existenz in Texas nach Böhmen gesandt. Am 25. Juli 1853 hatten sie sich von Neustadt auf den Weg nach Bremen gemacht. Und am 18. August 1853 bestiegen sie die Bark Friedrich der Große unter Kapitän Sanders und legten ab. Fortsetzung folgt

Seit Oktober stand die Skulptur eines Trabis auf vier Beinen, die ihr Schöpfer David Černý „Quo Vadis“ getauft hatte, vor dem Rathaus in Reichenberg. Vor wenigen Tagen zog sie von Reichenberg nach Dresden um. Ursprünglich sollte das Kunstwerk bis Ende des Jahres vor dem Rathaus stehen. Wegen der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft ließ Černý sie jedoch in eine Galerie in der sächsischen Hauptstadt bringen. Die Bronzeskulptur erinnert an den Herbst 1989. Damals flohen Tausende „DDR“-Bürger in die BRD-Botschaft in Prag, in deren Garten Černýs Werk bis heute ausgestellt ist. Bild: Stanislav Beran

KREIS DEUTSCH GABEL Heimatkreis und Gemeindebetreuer gratulieren allen RZAbonnenten aus dem Kreis Deutsch Gabel, die im Juli Geburtstag, Hochzeitstag, ein Jubiläum oder sonst ein Ereignis begehen, und wünschen alles Gute, Gesundheit, Wohlergehen, Zufriedenheit und Gottes reichen Segen sowie den Kranken unter uns baldige Genesung. Das Auswandererhaus in Bremerhafen.

Die Passagiere gehen an Bord.

n  Heimatkreis

– Geburtstag: Am 30. Gerhard Weiß (Neusorge 5), Ortsbetreuer von Ringelshain, Alfred-Brehm-Straße 2, 99102 Erfurt, 84 Jahre. Wir gratulieren unserem Landsmann herzlich und wünschen alles Gute, vor allem Gesundheit, und danken für die Mitarbeit. Othmar Zinner

n  Deutsch Gabel – Geburtstag: Am 1. Annelies Hölzel/Müller (Lange Gasse 54), Aschheimer Straße 28, 85774 Unterföhring, 89 Jahre. Othmar Zinner/Helga Hecht

n  Hermsdorf – Ge­burtsta­g: Am 26. Margit Bunk/Kahl, Poststraße 7, 04910 Elsterwerda, 87 Jahre. Othmar Zinner n  Kunnersdorf – Geburtstag: Am 22. Walli Schwarz/Knespel (Haus-Nr. 11), Falkenstraße 11, 95111 Rehau, 88 Jahre. Steffi Runge n  Seifersdorf – Geburtstag: Am 12. Elisa­ beth Messer/Macoun, Am Bahnhof 3, 39171 Dodendorf, 100 Jahre. Othmar Zinner

TERMINE

Überleben im Zwischendeck.

Die Bark Friedrich der Große im Jahr 1851.

n  Freitag, 2. bis Sonntag, 4. September, Kriesdorf: 65. Heimattreffen in Jonsdorf im Kurhaus Jonsdorf. Übernachtungen dort bitte selbst reservieren bei Kurhaus Jonsdorf, Auf der Heide 9, 02796 Luftkurort Jonsdorf,

Telefon (03 58 44) 71 10, eMail kurhaus-jonsdorf@t-online.de, Internet www.kurhaus-jonsdorf. de. Auskunft und Unterstützung: Christian Schwarz, Telefon (0 04 36 99) 11 12 59 56, eMail chris@clcs.at


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

Dux

Ladowitz

Klostergrab

Ossegg

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Bilin

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolz­hofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. H ­ eimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den See­ gärten 35a, 63920 Großheubach, Tele­ fon (0 93 71) 9 94 01, eMail ­klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schön­au – Paten­stadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard.spacek@gmx.de Redak­ tionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Lexa Wessel, eMail heimatruf@ sudeten.de

Teplitz-Schönau

Graupen

Niklasberg

� Kreis Dux

Melanie Zischka Melanie Zischka stammte aus dem Kreis Dux im Mittelgebirge, ihr Mann Ernst aus dem Kreis Elbogen im Egerland.

M

Die Duxer Kirche Mariä Verkündigung.

Die Taufkirchen von Melanie und Ernst Zischka in Klostergrab und Neusattl

� Kreis Dux

Pfingstfahrt in die Heimat Horst Zischka berichtet über seine Pfingstfahrt mit Gleichgesinnten in die Heimat seiner Eltern Melanie und Ernst Zischka, beide einst in der Heimatarbeit und beim Heimatruf engagiert. Mutter Melanie Zischka/Rempfer stammte aus dem Kreis Dux, Vater Ernst Zischka aus Neusattl im Kreis Elbogen im Egerland (Þ rechts).

Taufkirche meiner Mutter in Klostergrab ist weiterhin in einem erbarmungswürdigen Zustand mit zerschlagenen und von innen mit Spanplatten verbarrikadierten Fenstern. Die Grundmauern der ersten evangelischen Kirche, vor dem Dreißigjährigen Krieg

Ü

ber Waldsassen fuhren wir am ersten Tag nach Neusattl, der Heimatgemeinde meines Vaters Ernst, und nach Chodau. In Neusattl besuchten wir die Gräber unserer Verstorbenen, die in den letzten Jahrzehnten häufig beziehungsweise regelmäßig an den Treffen anläßlich des Neusattler Festes teilgenommen hatten. Weitere Anlaufpunkte waren die Schule, die Kirche Christi Himmelfahrt, der Tagebau vom ehemaligen Sandhübel aus sowie der Bade- und Fischteich Velke Anna. Mittagessen gab es im Gutshof Bernhard bei Falkenau. Die Pension Harmonie in Chodau wurde am Abend bezogen. Sie ist ein sauberes und ordentlich geführtes Haus. Am zweiten Tag führte unsere Reise nach Ossegg und Klostergrab in die Heimat meiner Mutter Melanie Zischka. Die Stiftskirche des Klosters Os­segg wurde in den letzten Jahren aufwendig restauriert und ist ein Schmuckstück unter den Kirchen in der Tschechischen Republik, was auch tschechische Einwohner bestätigten. Inzwischen wird im Klosterareal wieder Bier gebraut und ausgeschenkt. Das ehemalige Wohnhaus meiner Familie mütterlicherseits sieht weiterhin gepflegt aus. Doch das Gelände des Denkmals für die Toten des Nelson-Grubenunglücks von 1934 verkommt immer mehr. Die evangelische

Marktplatz in Falkenau.

niedergebrannt, wirken gepflegt. Die im Jahr 2006 entdeckte und im Jahr 2009 teilrestaurierte Grabstätte der Großeltern mütterlicherseits, welche in den Folgejahren mehrfach besucht wurde, war wegen Flechtenbewuchses am Grabstein fast nicht

aufzufinden. Unsere Tochter und ich konnten mit Aststücken die Inschrift wieder lesbar machen. Die 200 Kilometer hin und zurück hatten sich gelohnt. Der dritte Tag führte uns mit der Witwe des langjährigen Neusattler Förderers Herbert Möckl

und Sohn Herbert mit Frau Brigitte über Schlaggenwald, eine ehemalige Bergstadt, Petschau mit einer Burg im Tal der Tepl nach Kuttenplan, Plan und Marienbad. Kurkonzert, Oblaten und die Singende Fontäne waren beeindruckende Erlebnisse. Die Fahrt führte zurück durch den Kaiserwald und das Hochmoor am Glatzen auf 920 Meter Höhe. Zu Abend aßen wir unterhalb der Burg in Elbogen. Am vierten Tag begann die Heimreise über Falkenau, wo meine Eltern im Februar 1946 geheiratete hatten, und Maria Kulm. Hier stiegen gerade wieder die Musiker und Wallfahrer des Sudetendeutschen Tages in Hof in ihre Busse ein. Leider waren wir etwas zu spät dran. Auch Maria Kulm ist in einem Zustand des Verfalls. Wo die plakatierte Förderung der EU versickert, wissen wohl nur wenige. Der 12. Juni war der Tag der Jahreshauptversammlung des Heimatkreisvereins Dux. Meine Mutter war langjährige Ortsbetreuerin von Ossegg und Kreisbetreuerin von Dux, deren Vermächtnis ich weiterführe. In der Patenstadt Miltenberg in Unterfranken, die auch eine Städtepartnerschaft mit Dux verbindet, konnten der Fortbestand des Heimatkreisvereins mit seinem Heimathaus – das wird als Pension genutzt – gesichert werden. Die Heimatstuben im Miltenberger Museum mit Kunstwerken aus Porzellan sowie Erinnerungsstücken der Heimatvertriebenen, die in Miltenberg und Umgebung einst Zuflucht fanden, bleiben auch zukünftig Bestandteil des Heimatmuseums.

elanie kam am 15. Mai 1927 in Klostergrab zu Welt. Ihre Eltern waren Bruno und Rosa Rempfer. 1934 zog die Familie nach Ossegg. 1942 begann sie eine Lehre bei ihrem Onkel Fritz Holzer in Falkenau als Verkäuferin in der Bäckerei und im Großhandel. Dort lernte sie den Bäckerlehrling Ernst Zischka kennen. Ernst und Melanie heirateten Anfang 1946 in der evangelischen Kirche in Falkenau. Im August vertrieben die Tschechen das Paar aus ihrem Heim in Neusattl. Sie strandeten im oberpfälzischen Stauf. 1948 wurde Sohn Horst geboren. Ernst arbeitete als Bäcker, und Melanie eröffnete einen Kiosk. 1950 wurde der Kiosk nach Neumarkt verlegt, wo das Paar auf gepachtetem Grund ein Haus baute. Dort führten sie bis 1960 einen Lebensmittelladen. Über Stationen bei Dehn & Söhne und Metzenauer führte der Weg in den Ruhestand. 1955 trat Melanie in die SL-Ortsgruppe Neumarkt ein. 1976 bis 1983 war sie Beisitzerin im Vorstand, 1983 bis 2003 Vize-Ortsobfrau, ab 1986 Frauenreferentin. 2003 starb Ernst, bis dahin Ortsobmann. 2004 wurde sie Ortsobfrau. Im Heimatkreis Dux war ab 1977 Ortsbetreuerin von Ossegg, 1980 bis 1991 Vize-Kreisbetreuerin und 1991 bis 2003 Kreisbetreuerin. Ernst war in dieser Zeit ihr Stellvertreter und Beauftragter für den Heimatruf. Seit 2004 war sie Ehrenkreisbetreuerin. Seit Anfang der achtziger Jahre organisierte sie mit Ernst auch die Heimattreffen von Neusattl im Kreis Elbogen. Nach Ernsts Tod übernahm die Ortsbetreuung von Neusattl, die Organisation der Heimattreffen und die Schriftleitung des „Elbogener Heimatbriefs“ mit Sohn Horst. Der übergab zum 620jährigen Jubiläum der Gemeinde Neusattl 2017 in ihrem Auftrag Originalurkunden aus den Jahren 1766 bis 1896, die sich im Besitz der Familie befanden, Bürgermeisterin Věra Baumanová für die Heimatgemeinde. 2018 besuchte sie ein letztes Mal die Heimat. Am 15. Februar 2019 starb die hoch verehrte und höchst verdiente Landsmännin aus dem Heimatkreis Dux. Über

WIR GRATULIEREN Unseren treuen HeimatrufAbonnenten wünschen wir von Herzen alles Gute und Gottes Segen zum Geburtstag im Juli. n  Bilin. Reeh Otto Peter, Hollerstraße 7a, 80995 München, 26. Juli 1937. n  Wisterschan/Kreis TeplitzSchönau. Miksch Rudolf, 10 Rue du Bout-Sirop, F-95450 Frémainville, 22. Juli 1926.


HEIMATBOTE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

Bischofteinitz

Ronsperg

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

15 Hostau

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

Ronsperg

Strohhäusl-Fest Es war einmal eine kleine Stadt im Böhmerwald mit dem Namen Ronsperg. Die kleine Stadt hatte eine noch kleinerere Vorstadt, und diese Vorstadt feierte jedes Jahr ihr eigenes kleines Fest: das Strohhäusl-Fest am 2. Juli, dem Fest Mariä Heimsuchung, dem Patrozinium der Spitalkirche samt dazugehörigem Spital.

W Der Mesner, Pfarrer Klaus Oehrlein, Abt Filip Zdeněk Lobkowicz, Pfarrer Miroslav Martiš und Marek Badida.

Bilder: Peter Gaag

Heimatmesse in Heiligenkreuz

Ein Abt und drei Pfarrer Kirchengemeinde Weißensulz, die wiederum vom Bischofteinitzer Pfarrer geleitet wird. Den Gottesdienst zelebrierte Filip Zdeněk Lobkowicz, der Abt des Prämonstratenserstifts Tepl. Konzelebranten waren Pfarrer m 17. Juni war es wieder so Klaus Oehrlein aus Würzburg, weit. Am Nachmittag tra- dessen Vorfahren aus der Rosenfen sich ehemalige deutsche Be- mühle stammten, Pfarrer Miroswohner des früheren Kirchen- lav Martiš aus Mies und Kladrau sprengels von Heiligenkreuz und dem Pfarrer Marek Badida und deren Nachkommen mit den aus Bischofteinitz. Der Gottestschechischen Kirchgängern der dienst wurde in tschechischer heutigen Kirchengemeine Wei- und deutscher Sprache gefeiert. ßensulz und anderen BischofteiDa die Kirchenorgel auf nitzern zum gemeinsamen Got- Grund von altersbedingten Schätesdienst in Heiligenkreuz. Heili- den nicht mehr einsatzfähig ist, genkreuz gehört mittlerweile zur begleitete ein Musiker den Gottesdienst auf einer elektronischen Orgel. Am Gottesdienst nahmen etwas mehr als 40 Personen teil. Danach trafen sich die Kirchgänger noch zum gemütlichen Beisammensein. Da es sehr schönes sonniges Wetter war, konnten es sich die Besucher Der Musiker auf der Orgelempore spielt eine elek- mit Kaffee und Kotronische Orgel. latschen recht lanIm Rahmen des 34. Treffens des Heimatkreises Bischofteinitz, das an Fronleichnam in Furth in Wald begann, fand auch der Heimatgottesdienst in Heiligenkreuz statt.

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Heimatkreisbetreuer Peter Pawlik, seine Frau und Kreisrätin Sonja Pawlik sowie Måla Richard Šulko, Vorsitzender des Bundes der Deutschen in Böhmen mit Sitz in Netschetin. ge unter den groß gewachsenen Bäumen der Pfarrhofzufahrt gemütlich machen. Um dies zu ermöglichen ,hatten wir Bänke und Tische aufgestellt. Unser Dank gilt den tschechischen Eigentümern, die den Pfarrhof im vergangenen Jahr gekauft hatten und uns die Benutzung ihres Grundstückes erlaubten. Ebenso gilt der Dank dem heutigen deutschen Eigentümer des ehemaligen Schulhauses, ohne dessen Unterstützung der Transport der Tische und Bänke nicht möglich gewesen wäre. Die

Mitarbeiter der Gemeinde Weißensulz hatten auch das Gras auf dem Friedhof gemäht, so daß die Besucher einen schönen Spaziergang über den Friedhof, an den Gräbern ihrer Vorfahren vorbei, machen konnten. Da das Interesse an diesem Gottesdienst mit anschließendem Beisammensein nach wie vor groß war, denke ich, daß Pfarrer Oehrlein und ich in ein oder zwei Jahren wieder einen Gottesdienst organisieren werden. Peter Gaag Ortsbetreuer

as steckt hinter diesem Strohhäusl-Fest? An der Nordwestecke der Stadtmauer erbaute 1698 Anna Feliciana von Wunschwitz ein Spital mit einem Kirchlein, das Mariä Heimsuchung geweiht war. Das Spital war allerdings nur den Alten und Kranken des herrschaftlichen Gesindes vorbehalten, da es auf zum Schloß gehörendem Grund gebaut war. Es mußte „sieben Arme mit Kleidung, Kost und allen anderen Notwendigkeiten versehen“. Die Bürger hatten nicht das Recht, einen ihrer Leute ins Spital zu tun. 1894 betrug das Vermögen des Spitals an die 5750 Gulden in Wertpapieren und 840 Gulden in bar. Aus den Zinsen erhielt jeder Pfründner jährlich 11,02 Gulden. Und doch entwickelte sich daran eine kleine Vorstadt. Zum Patrozinium gab es einen Gottesdienst; für die Predigt wurde eine Kanzel vor der Kapelle zwischen den Kastanienbäumen aufgestellt. Außerdem wurden – wie an allen Festtagen – Schmierkuchen gebacken. Das waren tellergroße Käsekuchen mit großen Tupfen von Powidl und etwas Mohn obendrauf. Man verteilte sie an Verwandte und Freunde. So auch an Mariä Heimsuchung in der kleinen Vorstadt von Ronsperg. Und dieses Gedenken haben die Ronsperger auch in der Vertreibung noch lange bewahrt. Wie aber kam dieses Fest zu seinem Namen? Vom alten Friedhof zog sich die später sogenannte Mariengasse hin, auf der einen Seite bebaut mit kleinen landwirtschaftlichen Gehöften, dazu meist ein Handwerk, Schuster, Schneider, Kamplmacher (Kammacher), gegenüber erstreckte sich die Häuslwies, nach der Schule ein Eldorado für alle Spitalkapelle Ballsportler.

Die schmalen Wohnhäuser hatten alle Keller und einen Speicher, somit einen hohen Giebel, hohen First und ein steiles Dach. Die Landwirtschaft warf Stroh ab – was lag näher, als mit Strohbüscheln das Dach zu decken. Vom Steildach floß der Regen rasch ab, dazu war das Haus – wie modern – wärmegedämmt. In Ronsperg waren dies wohl die einzigen so gedeckten Häuser: daher die Bezeichnung Strohhäusl für das ganze Viertel und sein eigenes Patroziniumsfest. 1940 wurde die Spitalkapelle zusammen mit dem Spital abgerissen. Das Altarbild des Kirchleins mit der Darstellung von Mariä Heimsuchung nahm Pfarrer Johann Welsch mit, als er Ende 1943 ins Bistum Würzburg wechselte. Am Standort des Spitals wurde ein neues Gemeindehaus errichtet. In Norddeutschland ist das Reetdach noch heute verbreitet. Einst reichte das Strohdach weit in den landwirtschaftlich geprägten süddeutschen Raum. Mein Onkel hatte im Schwäbischen sein großes Bauernhaus mit Stroh gedeckt, bis im Winter 1946/47 ein Blitzschlag das Nachbardach anzündete – und seines mit. War das das Ende der Strohdächer südlich von Augsburg? Nicht ganz: Im Frühjahr 1960 war der Höhepunkt einer Exkursion ins Ries nicht so sehr der Meteoritenkrater als vielmehr ein kleines Dorf am südlichen Albabhang namens Talheim mit einem strohgedeckten kleinen Haus. Doch auch hier gilt: Es war einmal. Elisabeth Bauer

TERMINE Sonntag, 28. August, 11.00 Uhr, Muttersdorf: Gottesdienst zum Patrozinium in der SanktBartholomäus-Kirche mit Monsignore Emil Soukup. Anschließend Gang zum Friedhof und zu

unserem Gedenkstein. Auskunft: Ortsbetreuer Roland Liebl, PaulGerhardt-Straße 14, 71672 Marbach am Neckar, Telefon (0 71 44) 3 91 77, eMail roland.liebl@gmx. net

Ortsbetreuerecke

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Gemütliches Besammensein im Pfarrhof.

erzlich gratulieren wir im Juli Ingrid Hartzmann, ehemalige Ortsbetreuerin von Kschakau, am 6. zum 77. Geburtstag; Franz Metschl, Ortsbetreuer von Schüttwa, am 10. zum 83. Geburtstag und Anna Holzmann, ehemalige Ortsbetreuerin von Schle-

witz, am 24. zum 88. Geburtstag. Wir wünschen alles Gute, Gottes Segen sowie noch viele Jahre in guter Gesundheit und danken für den steten und tatkräftigen Einsatz für unsere Heimat! Peter Pawlik Heimatkreisbetreuer


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

Heimatbote für den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstra­ße 21, 83352 Altenmarkt, Tele­fon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl­ @online.de. In­ter­net www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

TERMINE

1933 in und um Chust: Bäuerinnen verkaufen Gemüse auf dem Stadtmarkt; Alfred Hamperl und sein Freund Franz posieren für die Kamera und besuchen eine Hirtenhütte.

� Der Kreis Tachau und die Ukraine

Galizien und das Egerer 73. Regiment Der immer furchtbarer werdende Krieg Wladimir Putins gegen die Ukraine zeigt die Fratze des Krieges. Jeder Krieg ist Völkermord, führt zu großem Leid wegen der hohen Verluste der Zivilbevölkerung und der Vertreibungen. Dieses Schicksal haben wir Egerländer 1945/1946 am eigenen Leib erlebt, insgesamt mindestens zwölf Millionen Deutsche. Die Berichte in der Presse und die Bilder im Fernsehen erinnern an das Leid der eigenen Familie, aber auch an historische Zusammenhänge.

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u Beginn des Krieges hörte man oft den Namen der Stadt Lemberg, jetzt heißt es Lwiw. Es handelt sich um die ehemalige Hauptstadt Galiziens, das den nordöstlichsten Teil der k. u. k. Monarchie bildete. Auf einer ethnografischen Karte von Österreich-Ungarn vor 1918 ist das slawisch bevölkertes Gebiet. Wir finden die Namen Ruthenen, Kleinrussen und Huzulen eingetragen. Im Süden schloß sich die Bukowina mit der Hauptstadt Tschernowitz an. All diese Gebiete bilden heute einen Teil der Westukraine. Ehe die Auswanderungswelle vom Böhmerwald

die USA erreichte, wanderten Egerländer aus dem Kreis Tachau nach Galizien aus, blieben also innerhalb der Monarchie. So gründete man zum Beispiel das Dorf Machliniec rund 80 Kilometer südlich von Lemberg. In der dortigen Pfarrchronik steht: „Bis zum Jahre 1837 haben die Siedler die Wälder gerodet und Felder angebaut, aber auch mit Not, Hunger und der größten Armut gekämpft.“ Die meist sehr reich verzierten Trachtenketten der Bäuerinnen, auch Gehänge genannt, bestehen auch aus Münzen. Beim Entziffern der Aufschriften hat man anfangs Probleme. Ich fand auf einer solchen Kette eine rund 1,8 Zentimeter im Durchmesser große Silbermünze mit der Ziffer „20“, vielleicht 20 Heller. Die Vorderseite zeigt die Darstellung der sitzenden Madonna, weshalb die Münze wohl auch für die Kette Verwendung fand. Im Rund die Inschrift: „Patrona Hung 1845 S. Maria Mater Dei.“ Deutsch: „Patronin Ungarns 1845 Heilige Maria Mutter Gottes.“ Die Rückseite zeigt das Portrait Ferdinands mit Lorbeerkranz und die ebenfalls lateinische und hier übersetzte Aufschrift: „Ferdinand, Kaiser

Die Orte im Kreis Tachau.

n Sonntag, 10. Juli, Paulusbrunn und Umgebung: 235. Bergfest und 270. Wallfahrt Zum Gegeißelten Heiland in Bärnau. 8.00 Uhr Eucharistische Prozession ab Sankt Nikolaus; 9.00 Uhr Feldmesse bei der Steinbergkirche mit Blaskapelle Grenzlandboum; anschließend Marsch zum Schützenheim, dort Verpflegung; 14.00 Uhr Kreuzwegandacht durch die Steinbergallee; anschließend Kaffee und Kuchen im Schützenheim. n Sonntag, 10. Juli, Hals, Galtenhof, Ringelberg, Thiergarten und Umgebung: Nach der Feldmesse in Bärnau Treffen am Halser und Galtenhofer Gedenkstein; von dort Fahrt zum Gedenken auf dem Friedhof in Hals; ab 13.00 Uhr Mittagessen im Gasthof zur Post in Bärnau. n Samstag, 9. Juli, 10.00 Uhr, Altzedlisch: Heimatgottesdienst, anschließend Treffen in der Schule mit Kaffee und Kuchen. Sonstige Verpflegung bitte selbst mitbringen. Auskunft: Sieglinde Wolf, Wettersteinstraße 51, 90471 Nürnberg, Telefon (09 11) 81 68 68 88, eMail si.wolf@web.de n  Sonntag, 17. Juli, 15.00 Uhr, Haid: Deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle.

WIR GRATULIEREN Wir gratulieren folgenden treuen Abonnenten des Tachauer Heimatboten zum Geburtstag im Juli und wünschen Gesundheit und Gottes überreichen Segen.

von Österreich, König von Ungarn und König von Galizien und Lodomerien.“ Bis 1772 gab es weder den Begriff Galizien noch seine Geschichte. Durch die erste polnische Teilung erhielt die k. u. k. Monarchie dieses Land, nannte es Königreich Galizien und Lodomerien. Österreichische und böhmische Beamte bauten eine bekannt gute Verwal-

Lemberg in der Mitte, im Süden Stry und Machlinic neben den meist von Pfälzer Protestanten besiedelten Orten.

tung auf mit Lemberg als Hauptstadt. In Galizien lebten 47 Prozent Polen, 45 Prozent Ruthenen und sechs Prozent Juden. Bis 1918 gehörte es zur Krone Habsburgs. Auf den erhaltenen Gefallenendenkmalen in unserer Heimat sind die Opfer des Ersten Weltkriegs nach den Ländern, in denen sie den Tod fanden, eingeteilt. So finden wir dort die Überschriften „Galizien“, „Serbien“ und „Italien“. Und darunter die Namen der Gefallenen. Das waren die Hauptkampfgebiete des Egerer 73. Regiments. So fand im Ersten Weltkrieg der Rußlandfeldzug in Galizien statt. Mein Großvater Josef Hamperl mußte dort seinen Dienst leisten und war in Kiew in Kriegsgefangenschaft. Nachdem Rußland kapituliert hatte, kam er nach Hause. Das 73. Regiment wurde aber schnell wieder aufgestellt und an den Isonzo verlegt. Nach den dortigen verlustreichen Schlachten war der Erste Weltkrieg verloren, und die Donaumonarchie zerfiel in viele Staaten. Der Vorgängerstaat des heutigen Europa war zerstört. Im Vertrag von Trianon fiel die Karpato-Ukraine 1920 an die Tschechoslowakei. Dieses Gebiet war der östlichste Teil der ČSR und schloß sich der Slowakei nach Osten an. In diesen östlichsten Teil des tschechoslowakischen Staates wurde mein Vater Alfred Hamperl als eben an der Lehrerbildungsanstalt Mies ausgebildeter Lehrer in den Jahren 1933/1934 zum Militärdienst eingezogen. Sein Standort war

Chust, die größte Stadt dieser Region. Dort lernten die jungen deutschen Männer die tschechische Militärsprache. Erzählt hat er wenig von dieser Zeit, aber in seinem Fotoalbum haben sich einige Fotos aus dieser Region erhalten. Bilder mit Holzhäusern und Strohdächern, Markt- und Dorfszenen. 1938 kam dieses Gebiet an Ungarn, nach dem Zweiten Weltkrieg an die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik (SSR), war also ein Teil der UdSSR. Nach 1990 wurde die Ukraine ein selbständiger Staat. Seit 2014 herrscht dort wieder Krieg, weil Putin den östlichen Teil des Landes mit den russisch besiedelten Regionen Donezk und Luhansk seinem Rußland eingliedern wollte. Da das nicht vollständig gelang, griff er am 24. Februar erneut die Ukraine an, um sie in einem Krieg von allen Seiten zu erobern. Putin hatte sich verschätzt. Der Krieg wird ein langer, verlustreicher Stellungskrieg werden. Wir werden jeden Tag mit den abscheulichen Bildern dieses Krieges konfrontiert und sehen die flüchtenden Frauen mit ihren Kindern. Wo sind in Deutschland die Friedensdemonstranten der früheren Jahrzehnte? Bisher war es Politik, in Krisengebiete keine Waffen zu liefern. Jetzt können nicht genug Waffen in die Ukraine geliefert werden. Sogar Panzer werden zu Defensivwaffen deklariert. Du glückliches Österreich bewahrst Deine Neutralität, wie richtig und gut. Wolf-Dieter Hamperl

n  Tachau. Am 2. Margarete Axmann (Schillerstraße), Wohnheim Sankt Martin, Kapuzinerstraße 11, 86842 Türkheim, 96 Jahre. Gernot Schnabl Stadtbetreuer n  Schossenreith. Am 4. Schwester Gudula Reiss (Oilnbauern), 88 Jahre. Josef Magerl Ortsbetreuer

Ortsbetreuerecke

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erzlich gratulieren wir im Juli Manfred Kasseckert, Ortsbetreuer von Ringelberg, am 2. zum 68. Geburtstag, Franz Josef Schart, Ortsbetreuer von Godrusch, am 4. zum 73. Geburtstag, Gernot Schnabl, Stellvertretender Kreisbetreuer und Stadtbetreuer von Tachau, am 5. zum 85. Geburtstag, Helmut Gleißner, Ortsbetreuer von Paulusbrunn, am 10. zum 75. Geburtstag, Werner Schlosser, Ortsbetreuer von Strachowitz, am 25. zum 82. Geburtstag und Stefan Heller, Ortsbetreuer von Speierling, am 30. zum 57. Geburtstag. Wir wünschen alles erdenklich Gute, Gesundheit sowie Gottes reichen Segen und danken für den Einsatz für unsere Heimat. Sieglinde Wolf


Sudetendeutsches Gespräch mit Volker Jobst und Alexander Stegmaier (Seite 3)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung 161. Jahrgang

HEIMATBOTE

Jahrgang 74 | Folge 26 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 1. Juli 2022

VOLKSBOTE

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Freitag, 26. bis Pfingstsonntag, 28. Mai 2023

73. Sudetendeutscher Tag findet in Regensburg statt Der Termin steht, die ersten Vorbereitungen laufen: Der 73. Sudetendeutsche Tag findet von Freitag, 26. bis Pfingstsonntag, 28. Mai 2023 in Regensburg statt.

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Einer der Höhepunkte auf dem 72. Sudetendeutschen Tag war die Festrede von Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe.

Foto: Fricke

ie Lage an der Donau hat durchaus Symbolcharakter. Der 2857 Kilometer lange Fluß verbindet zehn europäische Länder. Nach dem Zusammenfluß der beiden Quellflüsse Brigach und Breg schlängelt sich Europas zweitlängster Strom vom Schwarzwald durch Deutschland, Österreich, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien sowie Bulgarien und fließt dann durch die Republik Moldau und die Ukraine, die neuen EUBeitrittskandidaten, ins Schwarze Meer. Erster Höhepunkt des 73. Su-

detendeutschen Tages wird wieder die festliche Verleihung der Kulturpreise am Freitagabend sein. Hierfür läuft bereits die Sichtung der Kandidaten. Vorschläge können formlos per Post bei der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bundesverband e. V., Hochstraße 8, 81669 München, oder per eMail an info@sudeten.de eingereicht werden. Ebenfalls wieder feste Programmpunkte auf dem Sudetendeutschen Tag sind die Verleihung des Karls-Preises der Sudetendeutschen Landsmannschaft, die Festreden des Sprechers der Sudetendeutschen Volksgruppe sowie des Bayerischen Ministerpräsidenten und Schirmherr der Sudetendeutschen sowie der Volkstumsabend und das Böhmische Dorffest.

Tschechische Regierung steht vor enormen Problemen

Josef Síkela, Minister für Industrie und Handel. Foto: Vlada.cz

Gesetzesänderung

Rekordinflation und Energiekrise überschatten EU-Ratspräsidentschaft Am heutigen 1. Juli übernimmt die Tschechische Republik von Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft – mitten in der schwersten Krise seit der Staatsgründung und mit einem neuen Chef an der Spitze der tschechischen Notenbank.

Energie zum Spartarif als rst vor wenigen Tagen hat sich Premierminister Petr FiaEntlastung E la mit einer Rede an die Nati-

Das tschechische Kabinett hat in der vergangenen Woche eine Energiesparzulage beschlossen, mit der die Bürger angesichts der weiter steigenden Energiepreise entlastet werden sollen. Die Änderung des Energiegesetzes muß noch vom Parlament bestätigt werden.

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uf Vorschlag des Industrieund Handelsministers Jozef Síkela erhält jeder Haushalt einen Zuschuß von bis zu 16 000 Kronen (650 Euro) zu den Energieausgaben. Der Tarif wird voraussichtlich für die kommende Heizperiode gelten. Gleichzeitig hat die Regierung beschlossen, daß die Gebühren für erneuerbare Energien erlassen werden. Insgesamt wird die Regierung für diese Maßnahmen bis zu 66 Milliarden Kronen (2,7 Milliarden Euro) über das sogenannte Kriegspaket bereitstellen. Síkela: „Für Haushalte, die Strom für alles verwenden, also für Beleuchtung, Kochen und Heizen, zahlt der Staat einen einmaligen Rabatt von 13 000 Kronen. Haushalte, die Licht und Wasser mit Strom generieren und mit Gas heizen, erhalten 16 000 Kronen.“ Keinen Zuschuß gibt es dagegen für Stromkosten, die beim Aufladen von Elektrofahrzeugen anfallen, ebenso nicht für Unternehmen sowie für Ferienwohnungen.

on direkt an die Bürger gewandt und erneut vor schweren Zeiten gewarnt. Die Rahmenbedingungen sind in der Tat besorgniserregend: Nicht gelöst ist weiterhin das Problem, wie man ohne Gas, Kohle und Öl aus Rußland die tschechische Wirtschaft am Laufen halten und die Wohnungen mit Energie und Wärme versorgen kann. Dem Kreml warf Fiala deshalb vor, neben dem Krieg mit Waffen gegen die Ukraine noch einen weiteren zu führen: „Dieser zweite Krieg ist moralisch-ökonomisch, und sein Ziel sind die Länder der westlichen Welt, also auch Tschechien. Rußland verschleiert nicht, daß es die demokratischen Länder schwächen, ihnen wirtschaftliche Probleme bereiten und damit den sozialen Frieden zerstören will. So soll das Vertrauen der Menschen in den Staat unterminiert und politische Instabilität hervorgerufen werden. Oder mit anderen Worten: Rußland will uns schwach und damit erpressbar machen.“ Tschechien brauche, so Fiala, eine Übergangszeit von zwei bis fünf Jahren, um unabhängig von Energielieferungen aus Rußland zu werden. Gleichzeitig hat die tschechische Regierung das Energiegesetz geändert (siehe links), um die Bürger zu entlasten. In der öffentlichen Wahrneh-

Der neue Notenbankchef Aleš Michl (oben) und Tschechiens Premierminister Petr Fiala (links) stehen vor schwierigen Aufgaben. Fotos: Vlada CZ, Česká národní mung ist dagegen ein weiterer Krisenherd aus dem Blickfeld geraten – die immer noch schwelende Corona-Pandemie, die im Herbst wieder Fahrt aufnehmen und erneute Lockdowns notwendig machen könnte. Das größte Problem für die Bürger ist aber die massive Geldentwertung. Die Inflation ist im Mai auf 16 Prozent gestiegen –

nach den baltischen Staaten der schlechteste Wert in der EU. Experten rechnen damit, daß die Inflation bis zum Herbst auf mindestens 17 Prozent ansteigt und dann erst langsam abflaut. Seit Mai 2020 hat die tschechische Nationalbank deshalb sieben Mal hintereinander den Leitzins auf jetzt 5,75 Prozent angehoben. Diese auch unter

Volkswirten umstrittene Strategie hatte jetzt personelle Konsequenzen. Jiří Rusnok, einst Finanzminister unter dem damaligen Premierminister Miloš Zeman, wurde vom jetzigen Präsidenten Zeman durch Aleš Michl abgelöst. Michl, der heute sein Amt als Gouverneur der Nationalbank antritt, gilt als Kritiker der Leitzinserhöhungen und hat als Mitglied im Vorstand der Nationalbank auch gegen die aktuelle Erhöhung gestimmt. Die Personalie Michl ist aber auch in Prag nicht unumstritten. So vermutet der Wirtschaftsjournalist Tomáš Lemešani, Michls Kurs des billigen Geldes könne auch mit der Verbindung zu ExPremier Andrej Babiš und dessen Agrofert-Gruppe zu tun haben. „Michl ist der ehemalige Anlage-

stratege jener Bank, die die Aktivitäten von Agrofert maßgeblich finanziert hat“, sagt Lemešani und erklärt, Agrofert habe umgerechnet etwa eine Milliarde Euro Schulden, die bei höheren Zinsen das Unternehmen in Schieflage bringen könnten. In einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Ekonom hat Michl bereits seine strategische Ausrichtung umrissen: „Die tschechische Zentralbank muß die Zinssätze über dem Standardniveau halten, die Regierung bei der Senkung des Haushaltsdefizits unterstützen und auf Lohnzurückhaltung drängen, um zu verhindern, daß die meist angebotsseitige Inflation auf die Nachfrageseite übergreift.“ Außerdem wolle er die Goldreserven von derzeit 11 Tonnen auf über 100 Tonnen verzehnfachen. Wie hart die tschechischen Bürger bereits jetzt von den Preiserhöhungen auch bei Grundnahrungsmitteln getroffen werden, zeigen die Vergleiche zum Vorjahr. Mehl wurde um 64,6 Prozent teurer, Fleisch um 17,3 Prozent, Milch um 42,1 Prozent, Eier um 33,8 Prozent und Butter um 51,9 Prozent. Auch bei den Energieausgaben müssen die Tschechen tiefer in die Tasche greifen. So wurde Erdgas um 49,2 Prozent teurer, feste Brennstoffe um 30,1 Prozent sowie Diesel und Benzin um 44,3 Prozent. Notenbankchef Michl rechnet damit, daß es zwei Jahre braucht, bis das Inflationsziel von zwei Prozent wieder erreicht ist. Grundvoraussetzung dafür ist allerdings, daß der russische Angriffskrieg auf die Ukraine bis dahin beendet ist, womit Militärstrategen derzeit aber nicht rechnen ... Torsten Fricke


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AKTUELL · MEINUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

AUS UNSEREM PRAGER BÜRO

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er Platz vor der beliebten St.Wenzels-Kirche im Prager Arbeiterviertel Smichow wird oft für Ausstellungen unter freiem Himmel genutzt. Den Auftakt macht in diesem Sommer eine Präsentation auf etwa vierzig Panellen unter dem etwas seltsamen Titel „Berühmte tschechische Österreicher“, die von österreichischen und tschechischen Institutionen getragen wird. SL-Büroleiter Peter Barton besuchte diesen Platz und stellte fest, daß hier fünfzig Persönlich-

PRAGER SPITZEN

keiten präsentiert werden, von denen die meisten einen eindeutig sudetendeutschen oder deutschjüdischen Hintergrund haben. Ob Victor Adler, Max Brod, Marie von Ebner-Eschenbach oder Leo Perutz – sie alle wurden auf diesem Gebiet geboren, berühmt wurden sie meistens in Österreich oder wie Friederike Victoria Gessner alias Joy Adams im fernen Afrika. Diese informative Präsentation in deutscher und tschechischer Sprache weckt das Interesse der Fußgänger. Vielleicht wird sie später anderswo zu sehen sein.

Fünf Millionen Touristen erwartet

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aut einer Schätzung der staatlichen Tourismusagentur CzechTourism werden etwa fünf Millionen ausländische Touristen die Tschechische Republik besuchen. Das sind doppelt so viele wie im vergangenen Jahr, aber nur halb so viele wie in Vor-Corona-Jahren. Ein Grund: Vor allem Touristen aus China und Rußland fehlen weiterhin. Zu den meistbesuchten Orten in Tschechien zählten im vergangenen Jahr die Prager Seilbahn auf den Petřín-Hügel.

Serie 70 Jahre Heiligenhof: Dr. Gert Maichel, Vorsitzender des Bundes Alter Gildenschaften

Deutsche Gildenschaft: Seit 1953 Stammgast auf dem Heiligenhof Die Entwicklung des Heiligenhofes und der nach dem Zweiten Weltkrieg wieder gegründeten Deutschen Gildenschaft sind ohne einander nicht zu denken. Von Dr. Gert Maichel

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er Ankauf des Heiligenhofes vor 70 Jahren durch das Sudetendeutsche Sozialwerk war freilich noch ohne Bezug oder Hilfe durch diese Hochschulkorporation mit bündischen Wurzeln zustande gekommen. Aber kurz danach, im Wintersemester 1952/53, wurde der Arbeitskreis Sudetendeutscher Studenten (ASSt) in München durch Günther Drescher und Wolfgang Egerter gegründet. Da Wolfgang Egerter eine Verbindung zum Sudetendeutschen Sozialwerk hatte, konnte die Münchner Gruppe des ASSt im Herbst 1953 eine Hochschulwoche mit etwa 20 Studenten auf dem Heiligenhof durchführen. Dies war der Beginn einer sehr lebendigen und anhaltenden Verbindung zum Heiligenhof, denn darauf folgten viele Jahre mit Hochschulwochen in den Semesterferien jeweils im Frühjahr und im Herbst. Dabei blieb es nicht. Viele Angehörige des ASSt verbrachten Wochen und Monate in Bad Kissingen und halfen an verschiedensten Stellen. Als der Heiligenhof Ferienwochen für Berliner Kinder anbot, waren es auch die Studenten des ASSt, die als Betreuer und Lagerleiter mit eingesetzt wurden. Andere betätigten sich als Referenten bei Seminaren, in denen es um Fragen der Eingliederung der Vertriebenen, der Wiedervereinigung, des Minderheitenrechts, der Europäischen Einigung, des Rechts auf die Heimat, das Selbstbestimmungsrecht und die Wurzeln der Flüchtlinge und Vertriebenen aus ganz Mittel- und Osteuropa ging. Diese Verbindung wurde noch intensiver, als sich der ASSt mit anderen Hochschulgruppen aus ganz Westdeutschland zur Deutschen Gildenschaft zusammenschloß. Der Sudetendeutsche Dr. Hanns Klatz hatte schon seit 1952 einen Kreis ehemaliger Prager und Brünner Gildenschafter um sich herum gesammelt, was

Großes Vertrauen in Präsident Selenskyj

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nter den ausländischen Politikern vertrauen die Tschechen der slowakischen Präsidentin Zuzana Čaputová und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am meisten, so das Ergebnis einer Umfrage des Zentrums für öffentliche Meinungsforschung (CVVM). Großes Mißtrauen herrscht dagegen gegenüber den Machthabern Rußlands und Weißrußlands, Wladimir Putin und Alexander Lukaschenko. Im Vergleich zur letzten Umfrage Ende 2019 hat Selenskyj den Anteil derjenigen, die ihm vertrauen, fast vervierfacht – von zwölf Prozent auf 49 Prozent. Gleichzeitig stieg der Anteil derer, die ihm mißtrauen, leicht um sechs Prozentpunkte auf 32 Prozent.

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Diskussionsrunde beim Bundestag der Deutschen Gildenschaft 2018 auf dem Heiligenhof. im April 1956 zur Gründung der „Altherrenschaft bündischer Studentenverbände e.V.“ (AHStV) führte. Daneben gründete sich auch im Jahr 1956 aus ehemaligen „reichsdeutschen“ Hochschulgilden ein „Bund alter Gildenschafter e.V.“. An dessen erstem Bundestag im Frühjahr 1957 nahm auch der AHStV teil. Dies war der Startschuß für den Zusammenschluß zur Deutschen Gildenschaft, in die dann auch die Hochschulgruppen des ASSt überführt wurden. Der erste Bundesaktivensprecher, der im Jahr 1958 aus dem AHStV, dem ASSt und DAG wieder entstandenen Deutschen Gildenschaft, war Wolfgang Egerter. Diese personelle und organisatorischen Vernetzungen waren sicher Grund dafür, daß der Weg zum Heiligenhof für alle Studenten dieser Hochschulkorporation eine Selbstverständlichkeit war. Dazu kam, daß sich den einzelnen Hochschulgilden auch junge Menschen anschlossen, die in ihrer Schulzeit Mitglied der Deutschen Jugend des Osten (DJO) waren. Da auch die DJO viele ihrer

Lager und Seminare auf dem Heiligenhof durchführte, war ohnehin eine enge Verbindung gegeben. Der Schreiber dieser Zeilen, kann sich erinnern, daß er als 15-jähriger zum ersten Mal an einem Osterseminar der Mecklenburger Jugend auf dem Heiligenhof teilnahm. Seit dieser Zeit ist die Verbindung nie abgerissen. So hat er, als die Heimvolkshochschule Kurse auf dem Heiligenhof anbot, Vorträge gehalten oder sich später ins Kuratorium der von Wolfgang Egerter ins Leben gerufenen Akademie Mitteleuropa eingebracht. So wie er haben sich viele Gildenschafter auf dem Heiligenhof engagiert. Der viel zu früh gestorbene Gildenschafter Dr. Harmut Müller-Kinet konnte noch voller Stolz seinen jüngeren Bundesgeschwistern berichten, daß er am Bau eines Schweinestalls hinter dem Hauptgebäude mitgeholfen hat. Andere haben sich als Lagerhelfer, Kinderbetreuer, Referenten bei verschiedenen Seminaren beteiligt. Gildenschafter haben darüber hinaus auch Verantwortung für den Heiligenhof und das Sude-

Dr. Gert Maichel Geboren am 4. Februar 1949 in Timmendorfer Strand als Kind von Flüchtlingen aus Mecklenburg. Verheiratet, sechs Kinder, elf Enkelkinder In der Schulzeit in Kappeln/Schlei Jungenschaftsgruppenleiter und Mitglied des Landesvorstands Schleswig-Holstein der Deutschen Jugend des Ostens (DJO). Während der Studienzeit (Agrarökonomie und Jura) Bun-

desführer der Mecklenburger Jugend und Referent für das Heimvolkshochschulwerk Gensungen und auf dem Heiligenhof. Wirtschaftsjurist und Manager in Unternehmen der Großindustrie. Zuletzt Vorsitzender des Vorstands der RWE Power AG, Essen. Vorsitzender des Bundes Alter Gildenschaften (BAG) und Mitglied des Kuratoriums der Mitteleuropa Akademie.

Foto: BAG

tendeutsche Sozialwerk übernommen. So hat Günther Reichert bis vor kurzem in der Nachfolge von Wolfgang Egerter als Vorstandsvorsitzender der Stiftung SSBW sowie als Vorstand der Akademie Mitteleuropa gewirkt und Peter Hucker über mehr als 13 Jahre als Schatzmeister des Vereins SSBW gearbeitet. Andere Gildenschafter wie Dr. Horst Kühnel, Dr. Herbert Haischmann, Prof. Dr. Joachim Bahlke, Utta Ott, um nur einige zu nennen, haben über viele Jahre im Stiftungsbeirat des Sudetendeutschen Sozialwerks oder im Vorstand und im Kuratorium der Akademie Mitteleuropa mitgearbeitet und tun es zum Teil heute noch. Und andererseits wurden auch die langjährigen Leiter des Heiligenhofes, Erich und Traudl Kukuk, wegen ihrer Nähe zu unserem Bund als Freunde der Deutschen Gildenschaft in den Bund aufgenommen. Die Deutsche Gildenschaft hat viele Bundestage auf dem Heiligenhof veranstaltet, und auch heute ist es die Regel, daß jeder zweite Bundestag auf dem Heiligenhof stattfindet. In vielen Jahren waren die daneben auf dem Heiligenhof durchgeführten DG-Familienwochenenden, bei denen mit den Kindern gesungen, gespielt, gewandert und gebastelt wurde, Höhepunkte des Gemeinschaftslebens. Das wollen wir auch in Zukunft so halten, denn diese Verbindung soll nicht abreißen. Dem Heiligenhof und seinem ganzen Team sei deshalb von Herzen zum 70-jährigen Jubiläum gratuliert. Als Gildenschaft wünschen wir uns weiter viele Jahre einer möglichst gegenseitig befruchtenden und gedeihlichen Verbindung.

Interesse an der Armee steigt

eit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist das Interesse am Dienst in der tschechischen Armee deutlich gestiegen, hat die Armeeführung anläßlich des Tages des Heeres bestätigt. Demzufolge bewerben sich um ein Vielfaches mehr Menschen als in anderen Jahren für die aktive Reserve. Mehr als 50 000 Menschen besuchten am Samstag zum Tag des Heeres einen ehemaligen Militärstützpunkt in Westböhmen, um sich Kampfausrüstung und Ausbildung der Soldaten anzusehen.

Deutlich weniger Kneipenbesuche

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ur noch die Hälfte aller Erwachsenen geht mindestens einmal alle zwei Wochen auf ein Bier, 2019 waren es noch fast drei

Viertel. Vor der Corona-Pandemie gingen die Stammgäste im Durchschnitt neunmal pro Monat in ihre Gaststätte, jetzt sind es acht Besuche, so eine aktuelle Umfrage der Bierbrauerei Pilsner Urquell. Das Unternehmen hatte in der vergangenen Woche vermeldet, daß wegen der Kneipenschließungen während des Lockdowns der Verkauf an Bierfässern um fast ein Drittel eingebrochen ist. Infolge dessen sank der Gewinn der Brauerei um rund 20 Prozent.

Antipreis für Ex-Umweltminister

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er ökologische Antipreis Ropák 2021 geht an den ehemaligen Umweltminister Richard Brabec (Partei Ano), hat der tschechische Umweltverband „Děti země“ (Kinder der Erde) bekannt gegeben. Brabec erhält die Negativauszeichnung aus einer Reihe von Gründen. So hatte der Minister Ausnahmen bei den Grenzwerten für Luftschadstoffe bei zwei Kraftwerken genehmigt.

Fiala will keine Euro-Einführung

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ie Einführung des Euro ist kein Thema, das derzeit auf dem Tisch liegt, da die Tschechische Republik noch nicht die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt hat, hat Premierminister Petr Fiala bei einem Besuch in Brüssel erklärt, nachdem der EU-Gipfel grünes Licht für die Einführung des Euro in Kroatien gegeben hatte. Die Einführung der gemeinsamen Währung wird seit langem von vielen Wirtschaftsexperten und Exporteuren, die das Wechselkursrisiko fürchten, gefordert. Laut Fiala bereitet die Regierung zumindest eine Möglichkeit für Unternehmen vor, ihre Konten in Euro zu führen.

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Gnade für Schuldner

ie Aktion „Gnadenjahr“ wird im Herbst dieses Jahres wiederholt. Sie gibt den Menschen die Möglichkeit, sich ihrer Schulden bei öffentlichen Einrichtungen und staatlichen oder halbstaatlichen Unternehmen zu entledigen. Die angehäuften Gebühren, Zinsen oder zusätzlichen Strafzahlungen werden dabei erlassen. Die Aktion fand bereits erstmals im vergangenen Jahr statt und wird in diesem Jahr im Herbst wiederholt.

Sudetendeutsche Zeitung

ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Herbert Ring, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Verlagsassistentin: Birte Rudzki. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2022 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2021 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.


Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

SUDETENDEUTSCHE GESPRÄCHE

Passanten und Egerländer verfolgen in Elbogen das offene Tanzen und Singen der Egerland-Jugend. Auf dem Sudetendeutschen Tag wurde dieses Ereignis gleich von mehreren Rednern herausgestellt: Zum ersten Mal hat Mitte Mai ein Bundestreffen der Egerland-Jugend in der Tschechischen Republik stattgefunden. Im Interview mit der Sudetendeutschen Zeitung ziehen Bundesvüarstäiha Volker Jobst und Bundesjugendführer Alexander Stegmaier Bilanz.

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Die Egerland-Jugend in wunderschönen Trachten beim Tanzen in Elbogen.

� Zum ersten Mal fand ein Bundestreffen der Egerland-Jugend im Egerland statt

„Diese Wertschätzung ist eine große Auszeichnung für uns“

H

err Jobst, Herr Stegmaier, für das Doppel-Jubiläum 50. Bundestreffen der Egerland-Jugend und 70 Jahre Egerland-Jugend hatten Sie einen besonderen Ort gewählt. Zum ersten Mal fand dieses Treffen im Egerland statt, in Elbogen. Was war es für ein Gefühl, auf dem Marktplatz in Tracht zu tanzen, zu musizieren und zu singen? Volker Jobst: Das war für alle Teilnehmer ein sehr angenehmes Gefühl. Lange strebt die Egerland-Jugend schon darauf zu, bei einem Bundestreffen an einem solch schönen Ort im Egerland auftreten zu können. Alexander Stegmaier: Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs gab es bereits im Zuge von Ausflugsfahren Auftritte der Egerland-Jugend im Egerland. Noch nie allerdings bei einem Bundestreffen, die es seit 1971 gibt. Wie kam es dazu, nach Elbogen zu fahren? Gab es keine Bedenken, daß es von tschechischer Seite Kritik geben könnte? Jobst: Wir hatten einen Ort gesucht, der markant und besonders bekannt ist. Ursprünglich wollten wir bereits 2020 in Eger auftreten, aber da kam Corona dazwischen. Aus Termingründen konnte Eger dann 2022 nicht die Gastgeberrolle übernehmen. Stegmaier: Tanzen und Singen unter dem Egerer Stöckl wä-

Laura und Miriam Domes aus der Kindergruppe Offenbach.

Landesobmann Steffen Hörtler.

oder Projekte, wie die Verständigung zwischen den Bürgern diesund jenseits der Grenze verbessert werden kann? Stegmaier: Eine fremde Sprache zu lernen, ist komplex und benötigt Zeit und Durchhaltevermögen. Mit ihren Lagerfreitzeiten in Gaisthal erreicht die SDJ da sicherlich viel, zumindest wird die Freude an der jeweils anderen Sprache geweckt. Spüren Sie, daß der russische Krieg gegen die Ukraine die Europäer zusammengeschweißt hat? Ist das Verständnis gewachsen, daß Nationalismus immer ins Abseits führt und daß ein Miteinander für alle Beteiligten besser ist als ein Gegeneinander? Jobst: Ja, sehr wohl. Das gilt ja als etwas, womit Präsident Putin offensichtlich nicht gerechnet hat. Ich hoffe nur, daß dieser Zusammenhalt und all diese umfangreichen Maßnahmen auch ein positives und friedenbringendes Ergebnis bringen. Gibt es auch Ideen, daß Tschechen in die Oberpfalz kommen, um dort gemeinsam mit den Egerländern aufzutreten? Stegmaier: Das passiert regelmäßig. So waren vor wenigen Tagen beim „Kulturfest der Oberpfälzer – 43. Bayerischer Nordgautag“ in Schwandorf mehrere tschechische Gruppen mit dabei. Was war das schönste persönliche Erlebnis für Sie in Elbogen?

� Alexander Stegmaier

Bürgermeisterin Christine Eisa und OB Steffen Weigel mit Bundesjungendführer Alexander Stegmaier.

� Volker Jobst n  Geboren am 4. Mai 1967 in Stuttgart. n  Seit 1973 Träger der Egerländer Tracht. n  Von 1999 bis 2010 Bundesführer der Egerland-Jugend. n  Seit 2016 Bundesvüarstäiha des BdEG.

ren natürlich unvergeßlich gewesen. Aber die Silhouette von Elbogen ist ja, wie man sieht, auch toll. Kritik von tschechischer Seite waren wir zu keiner Zeit ausgesetzt. Im Gegenteil: Sowohl in Eger als auch in Elbogen stießen wir auf offene Ohren und Türen. Ihre Veranstaltung in Elbogen hat auch auf dem Sudendeutschen Tag in Hof für positive Resonanz gesorgt. Mehrere Redner sahen in Ihrem Auftritt einen wichtigen Beitrag zur deutschtschechischen Verständigung. Jobst: Wie es die Redner beim Sudetendeutschen Tag empfanden, war genau das, was die junge EJ-Führung um Alexander Stegmaier erreichen wollte. Zusammen mit der Sudetendeutschen Jugend (SDJ) ist und war die Egerland-Jugend gerne grenzüberschreitend unterwegs. Die EJ tat dies auch schon seit 1990 mit der Friedhofspflegeaktion am Klosterfriedhof des Stiftes Tepl bis 2017, übrigens gemein-

Bürgermeister Peter Adamec.

Fotos: Mathias Meinl/Erich Wetzka

Bundesvüarstäiha Volker Jobst mit seiner Frau Elke und den Töchtern Lena und Anja.

Martin Dzingel, der Präsident der Landesversammlung, Günther Wohlrab und Magistrat Jaromir Ungr.

Der Bischof von Pilsen, Tomáš Holub, und Pfarrer Josef Triebenbacher mit Fahnenträgern. sam mit dem Bund der Deutschen–Landschaft Egerland, die damals von Richard Šulko als deren Vorsitzender geführt wurde. Stegmaier: Diese Wertschätzung, die uns von vielen Sudetendeutschen, aber auch von der Politik auf dem Sudetendeutschen Tag entgegengebracht wurde,

ist eine große Auszeichnung für uns. Es ist schön, daß wir wahrgenommen werden. Und wir bedanken uns sehr für die Unterstützung. So ist unser Treffen aus EU-Mitteln des „ZIEL-ETZ Programms Freistaat Bayern/Tschechische Republik 2014+2020“ gefördert worden.

Das schöne Kulturzentrum Dvorana in Elbogen.

Sind künftig weitere Veranstaltungen in der Tschechischen Republik geplant? Jobst: Seitens des Bundes der Eghalanda Gmoin derzeit nicht, wobei immer wieder gerne unsere Landsleute und Mitglieder vor oder nach grenznahen Veranstaltungen die Gelegenheit nut-

zen, um ins Egerland zu fahren. Außerdem fährt der BdEG seit einigen Jahren zu Exkursionen im Rahmen der jährlichen Bundeskulturtagungen zu Zielen ins Egerland. Ein großes Problem im deutschtschechischen Verhältnis ist die Sprachbarriere. Gibt es hier Ideen

n  Geboren am 23. November 1995 in Aalen. n  Seit der Geburt in der Gmoi Wasseralfingen, später auch in der Gmoi Stuttgart aktiv. n  Seit 2010 in der Bundesjugendführung. Erst als Beirat, später als Fähnrich. n  Ab 2017 Vorsitzender der Egerland-Jugend. n  Ab 2021 Beirat in der SdJ.

Jobst: Das offene Tanzen und Singen in Marktplatznähe mit toller Egerländer Blasmusik, unseren Tänzen und Liedern und das Wichtigste: in unseren vielen bunten Egerländer Trachten, getragen von jungen Egerländern. Stegmaier: Das Schlußbild mit allen aktiven Teilnehmern am Ende des Volkstumsabends ist immer ein Gänsehautmoment. Und die fast schon professionellen Auftritte unserer Freunde der Tanzgruppe Marjanek aus Marienbad sind ebenfalls stets ein Augenschmaus. Was motiviert Sie beide als Angehörige der Bekenntnisgeneration, sich für das Egerland und die Egerländer zu engagieren? Stegmaier: Die Egerländer Gmoin sind wie eine große Familie. Wir sind Freunde fürs Leben. Jobst: Der Bund der Eghalanda Gmoin e.V. – Bund der Egerländer ist auch in den übergeordneten Verbänden, wie der Sudetendeutschen Landsmannschaft, dem Bund der Vertriebenen, dem Oberpfälzer Kulturbund und dem Deutschen Trachtenverband, hoch angesehen. Unsere nachhaltige Brauchtumspflege und unsere große Liebe zur Egerländer Tracht gelten vielen als Vorbild. Torsten Fricke


4 Noch bis Donnerstag, 21. Juli, täglich von 8.00 bis 20.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen und Verein Omnium (Prag): Ausstellung „Gerettete Denkmäler 2020 – Zeugen der deutschen Kulturgeschichte in der Tschechischen Republik“. Autobahnkirche Waidhaus, Autobahn A6 Nürnberg– Prag (Ausfahrt Waidhaus). Samstag, 2. Juli, 10.00 bis 17.00 Uhr, Bayerischer Landesverein für Heimatpflege in Kooperation mit der Sudetendeutschen Heimatpflege: Liederlust im Vierklangrausch. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Teilnahmegebühr 25 Euro. Anmeldung: www. heimat-bayern.de Samstag, 2. bis Sonntag, 3. Juli, Heimatkreis Neudek/ Erzgebirge: 24. Beerbreifest in Trinksaifen/Hochofen. Samstag, 10.30 Uhr: Gottesdienst in Trinksaifen. Danach Heimattreffen und Ausflug nach Gossengrün. Samstag, 2. Juli, 15.00 Uhr, SL-Heimatgruppe Kuhländchen-München: „Der Böhmerwald“. Vortrag von Johann Slawik, Haus des Deutschen Ostens, Raum 113, Lilienberg 5, München. Sonntag, 3. Juli, 9.00 Uhr, Römisch-katholische Pfarrei Haindorf in Böhmen: Haindorfer Wallfahrt Maria Heimsuchung. Hauptzelebrant Prof. Dr. Karlheinz Diez, Weihbischof von Fulda.Wallfahrtskirche Maria Heimsuchung, Haindorf. Freitag, 8. Juli, 14.00 Uhr, BRUNA, Heimatverband der Brünner: Festveranstaltung aus Anlaß des 200. Geburtstages von Gregor Mendel. Vortrag von Prof. Widmar Tanner, Regensburg, zum Thema „Von Erbsenexperimenten bis zu mRNA-Impfstoffen“. Pädagogische Hochschule, Hörsaal 1, 1. Stock, Oberbettringer Straße 200, Schwäbisch Gmünd. Sonntag, 10. Juli, Egerländer Gmoi Nürnberg: 100 Jahre Egerländer Gmoi Nürnberg. 10.00 Uhr Festgottesdienst, 11.30 Uhr Festakt, 14.00 Uhr Kulturnachmittag mit der Egerländer Geigenbauerkapelle Bubenreuth sowie mit Tanz-, Sing- und Musikgruppen der Gmoin und Trachtenverbänden. Genossenschaftssaalbau, Matthäus-Hermann-Platz 2, Nürnberg. Donnerstag, 14. bis Sonntag, 17. Juli: Sudetendeutsches Museum: Allerley Feierei – großes Museumsfest in München. Donnerstag, 19.00 Uhr: Eröffnung der Sonderausstellung „al-

TERMINE VERANSTALTUNGSKALENDER lerley kunststück“ (bis Sonntag, 4. Dezember). Freitag, 20.30 Uhr: Konzert mit Rick TheOg und May Rei. Samstag, 10.00 bis 14.00 Uhr: Museumsrallye für Kinder und Familien. 11.00 und 14.00 Uhr: Puppentheaterspiel. 16.30 Uhr: Kinder-Mitmachtanzen mit dem Böhmerwaldbund. Sonntag, 9.30 Uhr: Böhmischer Frühschoppen. 10.30, 11.00, 11.30 und 16.30 Uhr: Sonderführungen durch die Dauerausstellung. Freitag, 15. Juli, SL-Bezirksgruppe Oberfranken: Fahrt zum Sudetendeutschen Museum. Abfahrt Bayreuth Bahnhof 8.30 Uhr, Pegnitz-Wiesweiher 9.00 Uhr, weitere Zustiege auf Anfrage. Anmeldung bei Margaretha Michel, Telefon (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@familiemichel.net oder bei Rita Tischler, Telefon (09 21) 41 75. Samstag, 16. Juli, Egerländer Gmoi Nürnberg: Dudelsacktag der Egerländer Gmoi Nürnberg. 14.00 Uhr: Vortrag „Zur Geschichte des Egerländer Dudelsacks – ein Musikinstrument im Fokus der Volkskunde um 1900“ von Georg Balling. 19.00 Uhr: Dudelsack-Konzert mit Regensburger Bordunmusik, Bojaz, Familienmusik Schmidt und Familienmusik Deistler. Haus der Heimat Nürnberg-Langwasser, Imbuschstraße 1, Nürnberg. Samstag, 16. Juli, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde Erlangen: „Na Uteku – Auf der Flucht“. Der Film dokumentiert das Schicksal der jüdischen Familie Weinstein aus Troppau. Anschließend Gespräch mit dem Troppauer Dieter Aust. Sportgaststätte des FSV Bruck, Tennenloher Straße 68, Erlangen. Montag, 18. bis Sonntag, 24. Juli, Heimatkreis Oberes Adlergebirge: Heimattreffen zur Annafestwoche 2022 in Rokitnitz/Adlergebirge. Auskunft: Ortsbetreuer Günther Wytopil, Telefon (0 61 63) 48 27 oder eMail gwytopil@gmail.com. Sonntag, 21. August, 14.00 Uhr: Tag der offenen Tür. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 21. August bis Freitag, 30. September, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Ausstellung „Niemandsland, Czernowitz-Butscha 2022 – Arbeiten der ukrainischen Künstlerin Olha Tregubova“. Foyer Eichendorff-Saal, Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf.

Sonntag, 21. August bis

Freitag, 28. Oktober, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Ausstellung „Sammlung neu entdeckt II. Ausgewählte Porträts aus der ,Ostdeutschen Artothek´“. Gerhart-HauptmannHaus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Mittwoch, 31. August, 18.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Rumänien – ein Schnellkurs zu Geschichte und Gegenwart“. Referent: Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 4. September, 12.00 Uhr, BdV, Ackermann-Gemeinde Bamberg, SL-Bezirksgruppe Oberfranken: Vertriebenenwallfahrt nach Gößweinstein. Gottesdienst mit dem Vertriebenenbeauftragten Pfarrer Monsignore Herbert Hautmann. Anmeldung von Gruppen bei Margaretha Michel, Telefon (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@ familie-michel.net Freitag, 9. September, 17.00 Uhr (Nachholtermin): „Alles, was wir nicht erinnern. Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters“. Buchvorstellung mit Christiane Hoffmann. Haus der Geschichte, Museumsmeile, WillyBrandt-Allee 14, Bonn. Montag, 12. September, 18.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „Schwarze Erde. Schwere See – Ein Kaleidoskop der Ukraine“. Autorengespräch mit Jens Mühling. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 17. bis Samstag, 24. September, Ackermann-Gemeinde: Zu Fuß durch Nordböhmen: deutsch-tschechische Pilgerwanderung von Aussig nach Altbunzlau. Anmeldung unter eMail muenchen@ackermanngemeinde.de Dienstag, 20. September, Stiftung Gerhart-HauptmannHaus: „111 Gründe, Polen zu lieben“. Lesung und Gespräch mit Dr. Matthias Kneip. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Donnerstag, 22. September, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Angekommen. Aber wie? – Integration von (Spät-)Aussiedlern am Beispiel der Siebenbürger Sachsen“. Diskussionsabend unter anderem mit Heiko Hendriks (Beauftragter für die Belange von deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussied-

lern) und Rainer Lehni (Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen). GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Dienstag, 27. September, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Babyn Yar – und der Krieg in der Ukraine“. Vortrag von Dr. Anatoly Podolsky, Zentrum für Holocaust-Forschung der Ukraine. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Mittwoch, 28. September, 19.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „… nachdem die Welt meiner eigenen Sprache für mich untergegangen ist … – Stefan Zweig (1882– 1942) im Exil“. Vortrag mit Textbeispielen zum 80. Todestag mit Dr. Katja Schlenker und Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 1. bis Montag, 3. Oktober: Heimatgruppe Sandau und Umgebung: Sandauer Heimattreffen in der Patenstadt Arzberg und in Sandau. Samstag: Besichtigung der Sandauer Heimatstube im neuen Bügerhaus, anschließend Empfang der Stadt Arzberg und Heimatabend im Kath. Vereinshaus. Sonntag, 10.30 Uhr: Festgottesdienst in Arzberg, nach dem Mittagessen Fahrt nach Eger. Montag, 10.00 Uhr: Heimatgottesdienst in Sandau in der St. Michaels-Pfarrkirche. Anschließend Gedenken der Toten auf dem Sandauer Friedhof, danach Mittagessen im Lehnhof. Dienstag, 4. Oktober, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Bunte (Noten-) Blätter. Traditionelles Herbstkonzert im Eichendorff-Saal“. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Freitag, 7. Oktober, 18.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Preußen und sein Osten in der Weimarer Republik“. Buchvorstellung mit Prof. Dr. Manfred Kittel und Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 15. Oktober, 10.30 Uhr, BdV Bayreuth: Tag der Heimat in Fichtelberg-Neubau. Festredner: Christian Knauer, Vorsitzender BdV Bayern. Buszubringer: Pegnitz-Wiesweiher: 9.00 Uhr; Bayreuth Bahnhof: 9.30 Uhr. Anmeldung bei Margaretha Michel, Telefon (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@familiemichel.net oder bei Rita Tischler, Telefon (09 21) 41 75.

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

Buchpräsentation

„Entartete Kunst“ Dienstag, 5. Juli, 20.00 Uhr: Buchpräsentation „,Entartete Kunst´ in Breslau, Stettin und Königsberg“ mit den Autoren Dr. Meike Hoffmann und Dr. Andreas Hüneke im HdO und Online. Auch Breslau, Stettin und Königsberg gehörten 1937 zu den Städten, in denen die Nazis Kunstwerke beschlagnahmten oder zerstörten. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sich diese Städte durch die im Potsdamer Abkommen 1945 geregelte geographische Neuordnung in Gebieten der polnischen beziehungsweise sowjetischen Verwaltungshoheit. Damit waren sie von der juristischen Klärung der Beschlagnahmeaktion und den musealen Regenerationsbestrebungen in Deutschland ausgeschlossen. Dr. Meike Hoffmann studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie, Volkskunde und

Bibliothekswissenschaften in Kiel und Berlin und wurde mit einer Arbeit über die Künstlergruppe „Brücke“ an der Freien Universität Berlin promoviert. Seit 2006 ist Meike Hoffmann wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut der FU Berlin. Dr. Andreas Hüneke ist Kunsthistoriker und Provenienzforscher. Seit April 2003 ist er Mitarbeiter bei der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut der FU Berlin. Andreas Hüneke ist außerdem Gründer und Vorsitzender des Potsdamer Kunstvereins und langjähriger ehrenamtlicher Vizepräsident des Internationalen Kunstkritikerverbands AICA. Anmeldung erforderlich unter Telefon (0 89) 4 49 99 30 oder per eMail an poststelle@hdo. bayern.de.

Charta der Heimatvertriebenen Dienstag, 19. Juli, 18.00 bis 20.00 Uhr: Online-Seminar: „Die Charta der Heimatvertriebenen“. Gespräch mit Prof. Dr. Matthias Stickler, Institut für Geschichte der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Die Stuttgarter „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ von 1950 stellt ein bemerkenswertes Zeitzeugnis der Frühgeschichte der Bundesrepublik Deutschland dar. Sie war zum einen nach innen gerichtet, also an die westdeutsche Aufnahmegesellschaft, zum andern nach außen, also an die Siegermächte und an die Menschen der Staaten, die nach 1945 Deutsche aus ihrer Heimat vertrieben hatten. Die Charta legt Zeugnis ab vom Integrationswillen der Vertriebenen und von ihrer Bereitschaft zur Aussöhnung mit den östlichen Nachbarn Deutschlands. Der Referent behandelt in seinem Vortrag sowohl die Entstehung der Charta als auch deren Inhalt sowie die kritische Auseinandersetzung damit. Anmeldung unter eMail info@heiligenhof.de Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de

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14. – 17. Juli 2022

Museumsfest des Sudetendeutschen Museums in der Hochstraße 10, 81669 München

14.07. 15.07. 16.07. 16.07. 17.07.

Ausstellungseröffnung Rap-/Elektrokonzert mit Lasershow Museumsrallye Puppentheaterspiel Böhmischer Frühschoppen u.v.m.

Informationen: www.sudetendeutsches-museum.de

– Eintritt frei! – Trägerin des Sudetendeutschen Museums: Sudetendeutsche Stiftung, Hochstraße 8, 81669 München Das Sudetendeutsche Museum wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.

Ein Bild vom Versöhnungsmarsch 2021: Über eine kleine Anhöhe geht es weiter Richtung Brünn. Foto: Torsten Fricke

SL-Landesgruppen Bayern und Baden-Württemberg

Busreise zum Brünner Versöhnungsmarsch Zum 16. Mal findet am 23. Juli der Brünner Versöhnungsmarsch statt, und mit dem großen Kulturfestival Meeting Brno erinnert die Stadt Brünn vom 22. bis 31. Juli an den 200. Geburtstag von Gregor Johann Mendel.

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ie Landesgruppen Bayern und Baden-Württemberg organisieren aus diesem Anlaß eine Reise mit drei Bussen (mit unterschiedlichen Startpunkten). Die Reisedaten: Freitag, 22. Juli bis Montag, 25. Juli, Übernachtungen im Hotel Best Western International in Brünn. Am Samstag steht der Versöh-

nungsmarsch (Teilnahme freiwillig, auch einzelne Etappen möglich) auf dem Programm. Für den Sonntag sind ein tschechischdeutscher Gottesdienst, der Besuch der Anlagen von Austerlitz und ein Kulturabend geplant. Die Teilnahme an der Busreise kostet 100,00 Euro im Doppelzimmer und 130,00 Euro im Einzelzimmer. Inkludiert sind die Busfahrt nach Brünn und zurück, drei Übernachtungen mit Halbpension und alle Eintritte. Anmeldung bei: SL-LG Bayern, Hochstraße 8, 81669 München, Telefax (0 89) 48 00 03 96, eMail Geschaeftsstelle@sudeten-by.de.


Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

AKTUELLES · KOLUMNE

� Festakt in Pilsen

� Mut tut gut

Zwei Länder, ein Ziel: 25 Jahre Tandem Die deutsch-tschechischen Koordinierungszentren Tandem feiern Jubiläum. Im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik fördern die Büros seit 1997 den Jugendaustausch beider Länder. Zahlreiche Gäste aus Politik und Verwaltung, der internationalen Zusammenarbeit und Jugendarbeit, dem Bildungswesen und der Wirtschaft und viele junge Menschen aus beiden Ländern würdigten die positive Bilanz auf einem Festakt in Pilsen

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andem steht seit 25 Jahren für die deutsch-tschechische Freundschaft, für die Begegnung junger Menschen der Nachbarländer sowie für die Förderung und Unterstützung der am Austausch beteiligten Partner. „Was vor 25 Jahren mit dem Bekenntnis beider Länder für den Jugendaustausch begann, trägt heute Früchte. Der Auftrag bleibt aktuell – und das insbesondere in Zeiten von Krisen wie dem Krieg in Europa, Klimawandel oder der Corona-Pandemie. Themen, die junge Menschen nicht nur in den

Nachbarländern unmittelbar betreffen“, erklärt Kathrin Freier-Maldoner, Leiterin des Tandem-Büros in Deutschland, die Bedeutung der Arbeit der Koordinierungszentren. Ihre tschechische Kollegin Lucie Tarabová, die das TandemBüro in Pilsen leitet, ergänzt: „Das Ziel unserer Arbeit ist, daß sich junge Menschen aus den Nachbarländern kennenlernen, daß sie sich ein eigenes Bild vom Nachbarn machen können, Freundschaften entstehen und daß sich die Jugendlichen gemeinsam auf den Weg in die Zukunft machen.“ Über 200 Gäste waren beim Jubiläums-Festakt im DEPO2015 in Pilsen zusammengekommen, um Tandem zu gratulieren und ihre Wünsche auszusprechen. Bundesjugendministerin Lisa Paus, die bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Ulrike Scharf, und die sächsische Staatsministerin für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt, Petra Köpping, gratulierten per Online-Grußworte und sicherten Tandem auch weiterhin ihre Unterstützung zu.

Lebensmittel Hoffnung

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Die Tandem-Leiterinnen Kathrin Freier-Maldoner (links) und Lucie Tarabová (rechts) führten durch den Festabend. Foto: Tandem/Jan Růžička

� Bemerkenswerte Veranstaltung in der Tschechischen Botschaft mit vielen Zeitzeugen

Ein Präsident, zwei Botschafter: Erinnerungen an die Charta 77

Es war eine Premiere: Tomáš Kafka, Tschechischer Botschafter in Berlin, und Andreas Künne, Deutscher Botschafter in Prag, haben als Schirmherren die Jubiläumsveranstaltung zu „45 Jahre Charta 77“ unterstützt. Mit AltBundespräsident Joachim Gauck hielt ein politisches Schwergewicht die Festrede in der Tschechischen Botschaft.

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ilan Horáček, der als Bürgerrechtler 1968 nach Deutschland emigrierte, zu den Gründungsmitgliedern der Grünen und anschließend zum Beraterstab von Václav Havel gehörte sowie im Europaparlament saß, hatte sich stark für die Veranstaltung engagiert. So gelang es ihm, zwei der nur insgesamt 1900 Unterzeichner der Charta 77 nach Berlin zu holen: die tschechische Bürgerrechtlerin Anna Šabatová und den ehemaligen tschechischen Außen- und Verteidigungsminister und heutigen EU-Abgeordneten der ODS, Alexandr Vondra. Horáček hatte damals die Charta-77-Initiative von Deutschland aus unterstützt und mit dafür gesorgt, daß gedruckte Exemplare in die Tschechoslowakei geschmuggelt und verteilt wurden. Für den Veranstalter begrüßte Reinfried Vogler als Ehrenvorsitzender der Kulturstiftung der Vertriebenen die Gäste. Vogler, der als langjähriger Präsident der Sudetendeutschen Bundesversammlung hochgeschätzt ist, lobte, daß die Arbeit des Botschafters Kafka und die Arbeit der Kulturstiftung inhaltlich sehr nah beieinander lägen. Wichtig hob der Südmährer Vogler zwei Momente für diese Veranstaltung hervor. Erstens wolle man an die Charta-Akteure erinnern, die persönlichen Mut bewiesen und ihre Existenzen aufs Spiel gesetzt hätten. Aus einer geistigen Bewegung sei damals eine politische geworden, die dann mitentscheidend für die Samtene Revolution war. Und zweitens wolle man die Hintergründe der Charta 77 beleuchten, um zu verstehen, warum sie so gut funktioniert habe. Trotz aller Verschiedenheiten seien doch die Menschenrechte die gemeinsame Basis gewesen, die „im Grunde dafür sorgen, daß es ein friedliches und vernünftiges Zusammenleben auf der Erde gibt.“ Botschafter Kafka erinnerte in einer kurzen Ansprache an das Ungewöhnliche der heutigen Veranstaltung. 30 Jahre nach der Wende könne er im Botschaftsgebäude, das einst für die scheinbar unzertrennliche Freundschaft der DDR und der ČSSR errichtet worden war, ein Zusammentreffen von Persönlichkeiten wie Alt-Bundespräsident Gauck, dem Westflüchtling von 1968 Horáček und den Charta-Unterzeichnern Šabatová und Vondra unter der

Alt-Bundespräsident Joachim Gauck griff in seiner Rede auch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auf. Fotos: Ulrich Miksch

Erinnerten an die Charta 77 (von links): Botschafter Tomáš Kafka, Hartmut Koschyk, AltBundespräsident Joachim Gauck, Anna Šabatová, Milan Horáček und Alexandr Vondra. Obhut einer Stiftung der Vertriebenen einleiten. „Was für ein Szenario!“, fand Kafka und gab anschließend noch einen Denkanstoß für die Veranstaltung: „Es ist mehr als hundert Jahre her, daß der Ire Oscar Wilde gesagt hat, daß man einen Zyniker daran erkennen kann, daß er nur den Preis von allem kennt, aber nicht den Wert. Das war auch so eine wichtige Rolle der Charta 77, die Gesellschaften daran zu erinnern, daß Dinge auch Werte haben und nicht nur so einen Preis. Jetzt, hundert Jahre danach, sind wir in einer Phase unserer Entwicklung angelangt, wo wir permanent von den Werten reden, aber manchmal dabei vergessen, daß sie auch einen Preis haben.“ Er hoffe, daß sich die Gesellschaft in Anlehnung an die Charta 77 öffentlich und redlich darüber austausche, welchen Preis man für was zahlen kann und will. Botschafter Künne, der aus Prag zu-

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geschaltet war, beschrieb die Entwicklung der letzten Jahre als außergewöhnlich: „Es ist ein beispielloser Erfolg, daß die Vertriebenen und gerade die Sudetendeutsche Landsmannschaft zu wichtigen Trägern der Versöhnung in Europa geworden sind, was nicht genügend gewürdigt werden kann.“ Alt-Bundespräsident Gauck ging mit einem dicken Manuskript zum Rednerpult und redete dann doch völlig frei. Und zuerst verlieh er seiner Freude höchsten Ausdruck: „Daß die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen hier eine solche Veranstaltung macht und sich erinnert an ein Geschehen außerhalb des deutschen Bereiches und das mit Hochachtung und Dankbarkeit begleitet (…) ist einfach ein Stück vollkommenen politischen Glücks.“ Aber er konnte natürlich nicht umhin, auch die schwierigen Fragen zu beleuchten, die der Ukraine-Krieg aufgeworfen

habe. Und seine Analyse des Putinschen Rußlands fußte auf seiner DDR-Erfahrung. Er erkenne die totalitären und aus der sowjetischen Zeit bekannten Methoden, jedoch ohne die kommunistische Ideologie. Und er sei betrübt, warum gerade die Mehrheit der Ostdeutschen, dies nicht erkenne und viele so dächten, als ob die Russen uns etwas gebracht hätten. Das hätten sie vielleicht mit ihrem Sieg über Hitler. Dazu zitierte er aber seinen mecklenburgischen Landsmann Uwe Johnson, der über die Sowjetunion als Befreier räsonierte: „Befreier wären sie gewesen, wenn sie gegangen wären. Sie sind aber nicht gegangen. Sie sind dageblieben und haben das getan, was sie für selbstverständlich hielten, nämlich ihre Machtstruktur bei uns durchzusetzen. So wie bei Ihnen in der Tschechoslowakei. Zunächst mit einem kleinen Kaltstart in demokratisch, und alsbald sollte es nur noch demokratisch aussehen und war dann moskowitische Diktatur.“ Er erinnerte an den 17. Juni 1953, als ganz in der Nähe, wo heute die Tschechische Botschaft steht, sowjetische Panzer auch dort Aufstände niederschlugen, die in Hunderten Orten in der DDR aufgeflammt waren, nicht nur wegen der Normerhöhungen, die Lohnkürzungen zur Folge haben sollten. Ohne die Panzer wäre Deutschland 1954 wiedervereint gewesen. In der anschließenden Diskussion, die durch Hartmut Koschyk geleitet wurde, ergriffen nacheinander Anna Šabatová, die die Grundziele der Charta 77 erläuterte und deren organisatorisches Konstrukt beleuchtete, Alexandr Vondra, der wegen seiner Liebe zur Freiheit und zur Demokratie, aber auch wegen Havel und Šabatová in jugendlichem Alter seine Unterschrift unter die Charta setzte, und Milan Horáček, der über seine Bemühungen von außen, die Charta und ihre Protagonisten zu unterstützen berichtete, zu Wort. Zwei Aspekte zogen sich durch die Äußerungen vieler Diskutanten. Einmal der Prager Appell vom März 1985, der von der Charta ausgerufen wurde und den Milan Horáček auf den einfachen Satz brachte: „Wenn man die Teilung Europas überwinden will, muß man die Teilung Deutschlands überwinden.“ Ein frühes Signal für eine deutsche Wiedervereinigung, das viele deutsche Oppositionelle damals sehr weit von sich wiesen. Und die besondere Rolle des Antikommunismus, der aus der mittel- und osteuropäischen Erfahrung kam und ein „Geschwisterkind“ des Antifaschismus war, den aber viele westliche Intellektuelle nicht akzeptieren wollten. Ulrich Miksch

ast jeder hat es in den letzten Wochen und Monaten erlebt. Man bestellte irgendein Produkt. Man wartet und wartet. Man wird ungeduldig, weil das Produkt nicht kommt. Man ruft bei der Firma an. Die Auskunft: „Wir haben Probleme, wir bekommen die Ware nicht, es gibt Schwierigkeiten in den Lieferketten.“ Mitten in dieser Erfahrung, die ich in der vergangenen Zeit häufiger machte, ist mir eine Geschichte begegnet. Es geht um eine Lieferkette ganz anderer Art, eine, die nicht unterbrochen wurde, sondern tadellos funktioniert. Ein Medizinprofessor stirbt, und seine drei Söhne lösen den Haushalt auf. Die Mutter war schon lange vorher gestorben, der Vater lebte allein mit seiner Haushälterin. Im Arbeitszimmer des Vaters finden die Söhne neben vielen wertvollen Dingen in einem Schrank ein steinhartes, vertrocknetes, halbes Brot. Die Haushälterin weiß, was es damit auf sich hat. In den ersten Jahren nach dem Krieg war der Professor schwer krank. Da schickte ihm ein Freund ein halbes Brot. Der Professor dachte an die viel jüngere Tochter eines Nachbarn und ließ dem Mädchen das Brot schicken. Die Nachbarsfamilie aber mochte das wertvolle Brot nicht für sich behalten und gab es an eine arme alte Witwe weiter, die im selben Haus in einer kleinen Dachkammer lebte. Diese Witwe brachte das Brot wiederum ihrer Tochter, die mit zwei kleinen Kindern ein paar Häuser weiter wohnte und nichts für ihre Kinder zu essen hatte. Als die junge Mutter das Brot bekam, dachte sie an den Medizinprofessor, der schwer krank im Bett lag. Der hatte ihrem Jungen einmal das Leben gerettet und kein Geld dafür genommen. Nun hatte sie eine Gelegenheit, ihm zu danken, und ließ das Brot zum Professor bringen. „Wir haben das Brot sofort wiedererkannt“, sagt die Haushälterin, „unter dem Brot klebte immer noch das kleine Papierstückchen.“ Als der Professor sein Brot wieder in der Hand hielt, soll er gesagt haben: „Solange es noch Menschen unter uns gibt, die so gut zueinander sind, braucht uns um unsere Zukunft nicht bange zu sein. Dies Brot hat viele satt gemacht, obwohl keiner davon gegessen hat. Dies Brot ist heilig. Es gehört Gott!“ So legte er es in den Schrank. Er wollte es immer ansehen, wenn er nicht weiter wußte und die Hoffnung verlor. Es war das Brot der Hoffnung. Wir leben gerade in nicht ganz einfachen Zeiten. Nach der Pandemie hat der russische Angriffskrieg auf die Ukraine viele Gewohnheiten durcheinander gebracht. Insbesondere der Lauf der Wirtschaft ist außer Takt geraten. Inflation und Teuerung lassen uns dies beinah täglich spüren, ebenso wie die Lieferkettenprobleme. Ich frage mich: Wie wird es mit alledem vor allem den vielen armen Menschen gehen? Wie lassen sich in dieser Situation Lieferketten der Hoffnung herstellen? Die Geschichte zeigt einen ganz einfachen Weg. Sie handelt von Menschen, die nicht bloß um sich selbst und ihr jeweils eigenes Leid kreisen, sondern offen sind für das Leid und die Sorgen anderer. Es sind Menschen, die mit einem halben Brot ein Zeichen helfender Aufmerksamkeit setzen. So kann‘s wohl gehen, daß die Lieferkette des Lebensmittels Hoffnung nicht unterbrochen wird, oder? Dr. Martin Leitgöb CSsR Seelsorger der Pfarrei Ellwangen-Schönenberg


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FORUM

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

PERSONALIEN � Österreichischer Schauspieler mit Wurzeln in Mähren und SL-Kulturpreisträger 2017

Friedrich von Thun-Hohenstein 80

Hopfenfeld

� Tschechische Republik

Hopfenkennung zum anderen das Herkunftsland nennen. Beides solle damit schnell identifizierbar sein, sagte Kršková. Die Markierung diene zudem als Qualitätsnachweis, heißt es weiter. Die Zuteilung der ies kündigte vergangene Etikette unterliegt dem ÚKZÚZ. Woche die Sprecherin des Dafür wird der Hopfen direkt bei Zentralen Agrar-Forschungs- der Ernte kontrolliert. und -Kontrollinstituts (ÚKZÚZ), Mit den bisherigen nationalen Ivana Kršková, in einer Presse- Herkunftsmarkierungen hatte mitteilung an. Das Kennzeich- das ÚKZÚZ in der Saison 1. Aunungssystem wurde von der In- gust 2020 bis 31. Juli 2021 insgeternationalen Vereinigung der samt 6514 Tonnen Hopfen und Hopfenzüchter genehmigt. Hopfenprodukte gekennDafür stimmten alle 34 zeichnet. Davon wurden Mitgliedsstaaten, die 5729 Tonnen als tschemehr als 98 Prozent der chische Produktion weltweiten Hopfenanausgewiesen. Hierzulande werden derzeit baufläche vertreten. 24 registrierte HopfenDie Kennzeichsorten angebaut, und nung besteht aus zwei dies in den drei Gebiedreistelligen Codes, ten um Trschitz, die zum einen die Aussig und Saaz. Hopfensorte und Erntereife Hopfendolde

Als erstes Land weltweit führt die Tschechische Republik eine internationale Kennzeichnung für Hopfen ein, die Herkunft und Qualität der Ernte nachweist.

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ch verstehe diese Auszeichnung als eine Anerkennung meiner Arbeit als Schauspieler. Unabhängig vom Ort meiner Geburt. Das eine, die Herkunft, ist bekanntlich Schicksal, das andere muß man sich erarbeiten. Ich bin in Mähren geboren. Mein Vater wurde nach dem Ende der Monarchie tschechischer Staatsbürger, studierte in Prag und diente beim tschechischen Militär. Im September 1939 übergaben Angehörige von 33 adeligen Familien dem Präsidenten Emil Hácha eine Deklaration, in der sie gegen den Einmarsch der Deutschen protestierten und sich zum tschechischen Staat bekannten. Mein Vater hat dieses Dekret mit unterschrieben. Das war in der Zeit der Nazi-Besatzung eine mutige Tat, die für viele mit irgendeiner Form der Verfolgung bestraft wurde. Auch mein Vater wurde unter Druck gesetzt und sah sich, aus Angst um seine Familie, gezwungen 1943 die Deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. Das wiederum war für die Tschechen nach dem Krieg Anlaß, die ganze Familie 15 Monate lang in ein Lager zu sperren. Am 18. Juni feierte Peter Kotacka, Vorsitzender des BrunaKreisverbands Stuttgart, 80. Geburtstag. Ebenfalls im Juni beging er 50 Jahre im ehrenamtlichen Einsatz als Vorsitzender der Bruna, der Heimatgemeinschaft der Brünner Deutschen, in Stuttgart.

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Am gestrigen 30. Juni feierte der aus Ostmähren stammende Schauspieler Friedrich von Thun-Hohenstein 80. Geburtstag. Beim Sudetendeutschen Tag 2017 in Augsburg ehrte ihn die SL mit ihrem Kulturpreis für Darstellende und Ausübende Kunst. Sein Leben und Wirken hatten wir davor ausführlich geschildert (Þ SdZ 22/2017). Damals dankte er mit folgenden Worten, die seine Wurzeln verorten.

26/2022

war ist es schon lange her, aber ich erinnere mich an die Zeit, in der ich noch mit meiner Mutter regelmäßig an den Stuttgarter Zusammenkünften teilnahm. Damals reichten selbst große Räume diverser Stuttgarter Restaurants nicht aus, so viele Brünner fanden sich regelmäßig zusammen. Bei diesen Treffen konnten viele interessante Gespräche geführt und Erinnerungen ausgetauscht werden. Einer der damaligen älteren Herren erinnerte sich sogar an meinen längst verstorbenen Großvater und seinen Spitznamen aus der gemeinsamen Arbeit in der Brünner Stadtverwaltung in der Zwischenkriegszeit. Am 15. März starb Otto Liebert, ein aus Stecknitz im Saazer Land vertriebener Landsmann und ein unvergessener und unermüdlicher Leserbriefschreiber, im Alter von 95 Jahren im niedersächsischen Hameln.

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er am 13. August 1926 geborene Otto Liebert war ein ehrlicher und sehr zielstrebiger Mensch, der sich vor allem im letzten Jahrzehnt intensiv für die Belange seiner Heimat einsetzte, auch wenn er manchmal unbequem war. Seine Bemühungen galten nach dem Motto ,,Versöhnung durch Wahrheit“ vor allem der Errichtung einer würdigen Gedenkstätte für die Opfer von

Obwohl mein Vater, wie so viele andere auch, ein Opfer dieses schrecklichen Krieges war, wollte er aber nie als „Sudetendeutscher“ eingeordnet werden. Eine Bezeichnung, die meines Wissens erst in einer Zeit entstand, in der aus Jahrhunderte alten Gemeinschaften, Feindschaften wurden. Wir alle haben aus unseren Familiengeschichten dazu bewegende Beispiele in Erinnerung. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Vertreibung, Flucht, Fremdheit, ja, die Erfahrung von Leid, sind Themen, mit denen wir täglich in den Nachrichten konfrontiert werden. Es gibt ein Gedicht von Rainer Maria Rilke, das mit den Zeilen beginnt: „Mich rührt so sehr / böhmischen Volkes Weise.“ Und es endet: „Magst du auch sein / weit über Land gefahren / fällt es dir doch nach Jahren / stets wieder ein.“ Die Erinnerung kann eine Wunde sein, die blutet, aber auch eine Heimat, die bleibt. Auch wenn es die Erinnerung eines kleinen Buben ist. Ich war gerade wieder in meinem Geburtsort. Und obwohl ich ihn schon als Dreijähriger verlassen mußte, berührt mich jeder Besuch aufs neue. Natürlich kommen mir dann auch Gedanken, was wäre gewesen, wenn das alles nicht so passiert wäre? Was wäre aus mir geworden? Welche Möglichkeiten hätte ich als Viertgeborener gehabt? Hätte ich womöglich eine erfolgreiche Karriere als Landwirt hingelegt? Und Zuckerrüben angebaut? Hätte ich vielleicht meine Erfüllung in der Veredelung dieser unscheinbaren Frucht gefunden? Hätte ich vielleicht niemals meinen gelieb-

ten Schauspieler-Beruf kennengelernt? Bittere Ironie des Schicksals ist, daß das, was für meine Eltern, für die ganze Familie, für eine ganze Generation eine Katastrophe war, sich am Ende für mich so glücklich entwickeln konnte. Meine Erinnerungen sind die eines Menschen, der, wie Rilke sagt, „weit über Land gefahren ist“. Ich habe, wie viele andere auch, früh lernen müssen, mich auf das Neue, das Ungewohnte einzustellen. Ich habe durch meinen Beruf viel von der Welt sehen dürfen. Das Kennenlernen fremder Kulturen und Mentalitäten hat mein Denken positiv beeinflußt. Vielleicht war es das, was meine Persönlichkeit letztlich geformt und mich gelehrt hat, mich in andere Schicksale, in andere Menschen, in fremde Rollen, hineinzudenken. Eine Eigenschaft, für die Sie mich auszeichnen. Dafür danke ich herzlich.

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olksgruppensprecher Bernd Posselt würdigt den großen Schauspieler mit folgenden Worten: „Friedrich von Thun war mir schon in sehr jungen Jahren ein Begriff, da ich seine Eltern gut kannte. Sein Vater, Graf Ernst von Thun-Hohenstein, war mein unmittelbarer Vorgänger als engster Mitarbeiter von Otto von Habsburg. Uns beide trennten nicht nur viele Jahrzehnte, sondern auch die Zeitenwende im Haus Habsburg. Ernst Thun wurde dort noch als ‚Leiter der Kaiserlichen Kabinettskanzlei‘ bezeichnet – ich war dann Pres-

� Brünner feiert zwei Jubiläen

Peter Kotacka 80 Obwohl Peter Kotackas Mutter, Margarete Kriso († 2014), während ihrer Flucht aus Brünn Schlimmstes erleben mußte, gingen sie und Peter immer den Weg der Völkerverständigung. Als Geschäftsführerin prägte sie zusammen mit dem seinerzeitigen langjährigen Bundesvorsitzenden Ernst Fuchs den Leitspruch „Bruna in Europa“. Sowohl die beiden Funktionsträger wie auch der zur jüngeren Generation gehörende Sohn Peter Kotacka setzten immer wieder diesen Leitspruch in konkretes Handeln um. Ehrlich gesagt, wunderte ich mich damals schon über diesen jungen Mann, der seine Sonntage und auch sonst sehr viel Zeit diesem Ehrenamt widmete. Peter Kotacka wurde in seinem Ehrenamt vielfach in ge-

meinsame Aktivitäten innerhalb der Städtepartnerschaft Stuttgart-Brünn eingebunden, sei es durch Teilnahme an der festlichen Grundsteinlegung für alle Partnerstädte 1989 an der Königstraße in Stuttgart, sei es durch den Auftrag, Brünns Oberbürgermister Petr Vokřál bei seinem Besuch in Stuttgart 2015 als Ehrenbegleitung durch den besonderen Tag führen zu dürfen. Wir erinnern uns, Oberbürgermeister Vokřál war derjenige, der offen und ehrlich im Namen der Stadt Brünn sein Bedauern über die Vorgänge um den Brünner Todesmarsch aussprach. Der Kreisverband Stuttgart stand unter der Leitung von Peter Kotacka offen und freundlich allen Verbänden der deutschen Minderheit in der Heimatstadt gegenüber. Mehrere Projekte mit dem Schwerpunkt Jugendund Kinderbegegnungen beider Städte wurden vom Kreisverband

� Verdienter Landsmann aus dem Saazer Land

Otto Liebert † Postelberg Ende Mai/Anfang Ju- mat und half mit Rat und Tat, wo ni 1945. Auch Otto Lieberts Vater aus Stecknitz wurde damals ermordet. Otto Liebert setzte sich viele Jahre, trotz seines fortgeschrittenen Alters, mit großem Elan und beharrlichem Engagement für unsere sudetendeutsche Heimat ein. Er besuchte alle Treffen und Veranstaltungen des Heimatkreises Saaz-Postelberg im gesamten Bundesgebiet und in der Hei- Der Dorfplatz von Stecknitz heute.

sesprecher des Europapolitikers, und ein Jahr später zudem Parlamentarischer Assistent des Europaabgeordneten. Graf Thun und seine liebe Frau luden mich bis zu ihrem Tod immer wieder liebevoll und großzügig in ihr kleines Haus in Bayern ein, und ich genoß ihre Gastfreundschaft. Das Thema Böhmen lag ihnen sehr am Herzen, aber sie wußten noch nicht so recht, ob auch ihr Sohn Friedrich sich eines Tages wirklich dafür interessieren würde. Heute ist Friedrich von Thun zu einem ganz großen Charakterdarsteller gereift, der in einer Unzahl von sehr unterschiedlichen Rollen zu Hause ist. Seine Eltern dürften aus dem Jenseits aber nicht nur deshalb sehr stolz auf ihn blicken, sondern auch, weil er ein bedeutender Geschichtserzähler und meisterhafter Vermittler der k. u. k. Tradition geworden ist, und das ohne jede rückwärtsgewandte Starre. Leicht, locker und fundiert führt er in beliebten Fernsehserien durch die Jahrhunderte. Seine mimische Kunst, sein Humor, seine hintergründige Weisheit und sein wunderbarer böhmischmährisch-altösterreichischer Akzent zeichnen ihn aus und machen ihn einzigartig. Wir sind stolz darauf, daß wir ihm unseren Kulturpreis verleihen durften und daß er viel von dem verkörpert, was für uns wichtig und bewahrenswert ist. Zu seinem Geburtstag wünschen wir ihm und seiner Familie von ganzem Herzen viel Glück, Gesundheit, Erfolg und Gottes Segen.“ Stuttgart und dem Begegnungszentrum Brünn mit großem Erfolg durchgeführt. Peter Kotacka und seine Frau Renate wurden mehrfach als Ehrengäste der Stadtverwaltung in Brünn empfangen, nahmen regelmäßig am Versöhnungsmarsch und an weiteren Programmteilen von „Meeting Brno“ teil sowie an zahlreichen Gesprächen mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Auch in Schwäbisch Gmünd, der Patenstadt der vertriebenen Brünner, wurde Peter Kotacka mehrfach als Ehrengast, zuletzt beim festlichen Empfang der Delegation der Brünner Amtsträger bei deren Durchreise zum 30jährigen Städtepartnerschaftsjubiläum nach Stuttgart 2019 begrüßt. Für seinen vielfältigen ehrenamtlichen Einsatz sowohl im Sport, insbesondere aber auch für den für die Bruna in Stuttgart wurde Peter Kotacka 2019 die Ehrennadel des Landes BadenWürttemberg verliehen. Wir gratulieren zu beiden Jubiläen sehr herzlich und wünschen noch viele erfolgreiche Jahre im Ehrenamt! Hanna Zakhari er nur konnte. Dafür gebührt ihm unser allerbester Dank. Er hinterläßt eine unschließbare Lücke in unserer Heimatgemeinschaft. Seinen beiden Söhnen Ralf und Gerald gilt unsere herzliche Anteilnahme. Josef und Petra Weinhold


Zu Liederreise durch das Sudetenland hatte die SL-Heimatpflege gemeinsam mit der Walther-Hensel-Gesellschaft eingeladen. Bei dem Offenen Volksliedsingen im Sudetendeutschen Haus führte Sing­ leiter Herbert Preisenhammer durch ein breites Programm heimatlicher Lieder.

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KULTUR

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

� Offenes Singen in München

Lieder aus allen Regionen

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ur „Liederreise durch das Sudetenland“ begrüßt Andreas Schmalcz in Vertretung von Heimatpflegerin Christina Mei­ nusch. „Meine Chefin ist mit dem diesjährigen SL-Volkstumspreisträger Lorenz Loserth unterwegs im Altvatergebirge“, erklärt Schmalcz. Die SL-Volkstumspreisträgerin von 2021 allerdings sei vor Ort, und zwar Christine („Christl“) Rösch, die am Offenen Singen teilnehmen wolle. Und dann wird gleich gesungen, quer durch alle Regionen des Sudetenlandes. Die Lieder stammen aus West- und Nordböhmen, Mähren und Schlesien, und hier besonders aus dem Schönhengstgau wie etwa „Ich wollt, wenn‘s Kohlen schneit“ in der Fassung von Walther Hensel, dem Gründer der ursprünglichen und später nach ihm benannten Sing-Gesellschaft. Auch aus dem Kuhländchen sollen viele Titel erklingen, wurde doch Preisenhammer selbst 1936 in Witkowitz bei Mährisch Ostrau geboren und ging in Neutitschein zur Schule. So wünscht Kuhländlerin Christl Rösch sich „Feinsliebchen, du sollst mir nicht barfuß gehn“, dem das Lied „Zu Poetschedeff“ (Zu Partschendorf) im Mundart folgt. Das „Hopfenpflückerlied“, in dem man mit einer „Woidzülln“ – Waidzille bedeutet Jagdkahn – über den See fährt, hat einen raffinierten Aufbau, bei dem man am Zeilenschluß nicht zu viel sin-

Herbert Preisenhammer leitet die Sänger. Unten: Der Singleiter begrüßt (gemeinsam mit Andreas Schmalcz) die SL-Volkstumspreiträgerin Christl Rösche und erklärt die Herkunft der Lieder an einer Karte. Bilder: Susanne Habel

gen darf, was aber gerade die Spannung erhöht. Auch das Egerland („Es flieget ein Tauber“) und der Böhmerwald („Vom Wald bin i füre“) sind bei der Liederreise durch das Sudetenland vertreten. Die musikalische Exkursion führt bis ins Grenzland an der Thaya („Es blaset ein Jäger“) und in die Slowakei um Preßburg mit „Sog, Madarl, mogst an Edlknobn“. Preisenhammer erinnert an die Leistungen von SL-Musikpreisträger Cesar Bresgen (1913– 1988), dessen Werke er oft spiele und den er bei dessen Kulturpreisverleihung 1987 zuletzt getroffen habe. Preisenhammer wurde 2000 mit dem Preis geehrt. „Cesars Weihnachtslied ,O du stille Zeit‘ kennt jeder Henselianer“, so Preisenhammer. Bresgens „Lachend, lachend kommt der Sommer über das Feld“ üben die Sänger auch – selbstverständlich als Kanon – ein. Bei der langen musikalischen Reise wird unterwegs natürlich auch eine Pause nötig. Mit dem Kanon „C-A-F-F-E“ lädt der Singleiter spitzbübisch zur Kaffeepause ein. Annerose Kloos, die Wirtin der benachbarten HDOGaststätte Zum Alten Bezirksamt, hat dafür schon im Ottovon-Habsburg-Foyer ein schönes Kuchenbuffet vorbereitet. Dort können sich alle Sangesfreudigen erfrischen und stärken für den zweiten Teil der Liederreise. Susanne Habel Sonntag, 31. Juli bis Sonntag, 7. August: Sommersingwoche der Walther-Hensel-Gesellschaft unter Leitung von Gerlind und Herbert Preisenhammer. Auf dem Heiligenhof in Bad Kissingen, Alte Euerdorfer Straße 1. Anmeldung unter Telefon (07 11) 2 56 84 93 oder per eMail hebbepreisenhammer@web.de

Das leckere Kuchenbuffet im Foyer findet regen Zuspruch. Annerose Kloos und Tochter Bettina bieten auch Kaffee sowie andere Getränke für die fleißigen Sänger an. Im Sommerprogramm des Hauses des Deutschen Ostens in München (HDO) ist das Buch „Order 7161“ (2021) von Marc Schroeder vorgestellt worden. Marc Schroeder (Luxemburg) und Heinke Fabritius, Kulturreferentin für Siebenbürgen und Mitveranstalterin, waren bei der Buchpräsentation dabei.

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rder 7161 ist ein Foto- und Textbuch, das die Geschichte der Deportation von Deutschen aus Rumänien anhand einer Zusammenführung von Zeugenportraits, Archiv- und Kontextbildern erzählt“, erläuterte HDO-Direktor Andreas Otto Weber einleitend. Die Dokumentation biete eine Auswahl aufgezeichneter Zeugenaussagen von 40 Überlebenden und lasse die Nöte und Traumata der Zwangsinternierung erahnen. 1944 unterzeichnete Stalin den „Befehl 7161ss“ – den geheimen Beschluß des Staatskomitees für Verteidigung – zur „Mobilisierung und Internierung aller arbeitsfähigen Deutschen, Männer im Alter von 17 bis 45 Jahren, Frauen von 18 bis 30 Jahren“ aus Rumänien, Ungarn, Jugoslawien, Bulgarien und der Tschechoslowakei. Deren anschließende Deportation zur Zwangsarbeit diente dem Wiederaufbau der Sowjetunion und galt als Reparationsleistung für die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg. Insgesamt wurden 112 480 Männer und Frauen deportiert. Die Mehrzahl von

� Neues vom Haus des Deutschen Ostens in München

Mehr als 100 000 Deportierte ihnen – 69 332 Personen – waren Deutsche aus Rumänien. Viele Deportierte starben aufgrund extremer Kälte, schwersten Arbeitsbedingungen und mangelhafter Ernährung. Jene, die die ersten Hungerjahre überlebt hatten, kehrten Ende 1949 nach Rumänien zurück.

Der Autor der Dokumentation, Marc Schroeder, war ursprünglich Banker. Er nahm nach siebenjähriger Karriere in New York die globale Banken- und Finanzkrise von 2008 zum Anlaß, seinem Leben eine neue Richtung zu geben und sich ganz der Fotografie zu widmen. Der erste

Schritt führte ihn zurück nach Europa, nach Paris. Bald fand das damals gerade in die EU aufgenommene Rumänien sein Interesse. So entstanden ab 2012 einprägsame Bilder und Gesprächsdokumente von 40 ehemaligen deportierten Rumäniendeutschen. Das Fotoprojekt mit sei-

nen eindrücklichen Zeitzeugenportraits wurde in mehreren Ausstellungen in Rumänien wie auch in Deutschland gezeigt. „Mein Vorhaben, die ehemaligen Deportierten aufzusuchen und zu fotografieren, erwies sich als letzte Chance“, betont Marc Schroeder. Viele der Überleben-

den, die er getroffen habe, hätten 1945 zu den Jüngsten gehört; inzwischen seien die meisten gestorben. „Die Begegnungen mit den Verschleppten ermöglichten mir, nicht nur ihre individuellen Erinnerungen an die Zwangsinternierung in Bildern und Worten festzuhalten, sondern auch einen Einblick in das kollektive Gedächtnis der deutschen Minderheit an dieses Unrecht zu erlangen und das heikle Konzept der ‚Opferrolle‘ aus der Perspektive der Deutschen in Bezug auf die Geschichte des Zweiten Weltkriegs zu erforschen.“

Bei der Buchpräsentation im HDO: Dr. Heinke Fabritius, Kulturreferentin für Siebenbürgen, und HDO-Direktor Professor Dr. Andreas Otto Weber stehen hinter Autor Marc Schroeder, der sein Buch signiert. Rechts: Schroeder zeigt Bilder aus seiner Dokumentation. Bilder: HDO


8 Bischof Rudolf Voderholzer hielt Ende Mai den Vortrag „Die Weihnachtskrippe (Betlém) – völkerverbindenden christliches Brauchtum“ beim Symposium „Setkávání – Encounters – Begegnungen“ in Klattau. Mehr als 100 Teilnehmer wohnten der Tagung bei, die sich dem Thema „Schutzherrin Bayerns und Böhmens: Marienverehrung durch die Jahrhunderte“ widmete. Organisiert wurde die Tagung von der Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg und dem Katakomby-Verband Klattau/ Klatovy in Kooperation mit dem Akademischen Forum Albertus Magnus und der Stadt Klattau. Im Tagungsort, dem ehemaligen Jesuitenkolleg, ist noch bis 30. September die Ausstellung „Weihnachts- und Passionskrippen aus Böhmen und Ostbayern“ zu besichtigen.

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ie Weihnachtskrippe beinhaltet eine Botschaft, die auch in die Tiefe führt. Der Glaube kommt nicht nur vom Hören, sondern auch vom Schauen.“ Mit diesen Sätzen faßte Bischof Voderholzer seinen Vortrag zusammen. Das Krippen-Thema, das dem Bischof sehr am Herzen liegt, paßte gut in das Tagungsprogramm. Einleitend erinnerte der Oberhirte an Otfried Preußlers Roman „Flucht nach Ägypten“, in dem Preußler seine eigene Flucht und Vertreibung verarbeite und dies mit dem biblischen Motiv aus der Geburts- und Kindheitsgeschichte Jesu verknüpfe. Preußler sei zudem, so Bischof Voderholzer, die Krippenfrömmigkeit der deutschen wie auch der tschechischen Böhmen bewußt gewesen. In den slawischen Sprachen heiße die Weihnachtskrippe nach dem Geburtsort Jesu „Betlém“. Und Böhmen sei, so der Oberhirte, „vermutlich die Wie-

KULTUR

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

� Vortrag von Bischof Rudolf Voderholzer über religiöses Brauchtum

Krippen verbinden Menschen ge der Krippe in Europa“, wozu das Jesuitenkolleg Sankt Clemens in Prag wesentlich beigetragen habe. Die ersten Krippen seien für das Jahr 1562 in den Jesuitenkollegien Coimbra in Portugal und in Prag bezeugt, nachdem 1556 die ersten zwölf Jesuiten nach Prag gekommen seien.

Glaubensinhalte anschaulich machen In den folgenden Jahrzehnten, besonders nach der Schlacht am Weißen Berg 1620, habe sich die Krippenfrömmigkeit mit der katholischen Reform und der Tätigkeit der Jesuiten über ganz Böhmen verbreitet. Natürlich ging Bischof Voderholzer auch auf die Hintergründe ein, die zur Entstehung der Krippen und ähnlicher Elemente führten. Das Konzil von Trient 1545 bis 1563 habe die Bilderverehrung und den Einsatz von Bildern für die Glaubensunterweisung empfohlen. Ein zweiter Impuls sei die Spiritualität des Ignatius von Loyola, des Gründers des Jesuiten-Ordens, der die Betrachtung als Methode mit Mysterienspielen und szenischen Darstellungen besonders betont habe. Zur Entstehung der privaten Hauskrippen habe im späten 18. Jahrhundert die restriktive Religionspolitik Kaiser Josephs II. geführt, der das Aufstellen von Weihnachtskrippen in den Kirchen und den Jesuitenorden verboten habe. Erhalten sei lediglich die Jesuitenkrippe in Schurz.

Aus den elf Krippenregionen Böhmens und Mährens stellte der Bischof je vier Beispiele aus dem sudetendeutschen und aus dem tschechischen Bereich näher vor. Aus Eger gebe es Dokumente von 1629 für eine erste krippenartige Darstellung und zwei Jahre später für eine „Comedia von der Geburt Christi“. Daß diese Aktivitäten auch

Bischof Professor Dr. Rudolf Voderholzer bei seinem Vortrag.

ins benachbarte Stiftland ausgestrahlt haben dürften, betonte Bischof Rudolf angesichts der heute in dieser Region aktiven Krippen-Szene. Weithin im Egerland bekannt sei auch die Königsberger Krippe in Königsberg an der Eger. Diese habe „einen kunsthandwerklich hohen Anspruch. Charakteristisch sind ein hoch aufragender Berg, sehr kleine, oft

nur fingernagelgroße, aber präzise ausgeführte Figuren, die naturbelassen, also nicht farblich gefaßt sind“, beschrieb der Referent diesen Krippenstil. Auch die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies durch den Schwertengel sei ein Charakteristikum. In der Region „Böhmische Niederlande“ habe Ende des 19. Jahrhunderts die Hintergrundmalerei einen Aufschwung genommen, vor allem in Form des orientalischen Hintergrunds. Auch Eindrücke aus Reisen ins Heilige Land hätten zur Gestaltung orientalischer Krippen und zum Kontrast zu den bisherigen „Heimatkrippen“ geführt, die das Geschehen der Geburt Christi in den Kontext der eigenen Gegend gestellt hätten. Als Besonderheit aus dem Grulicher Ländchen nannte Bischof Voderholzer die „Grulicher Mannln“ Ende des 18. Jahrhunderts, die in ganz Böhmen und Mähren und weit darüber hinaus sogar bis nach Amerika Verbreitung gefunden hätten und in Kastenkrippen in Szene gesetzt worden seien.

Papierkrippen und mechanische Krippen

Als Dank für sein Engagement – auch für tschechische Krippen – erhält Bischof Rudolf Voderholzer einen kleinen Karton mit Lebkuchen.

Auf tschechischer Seite stellte Bischof Voderholzer die handbemalten Papierkrippen in Trebitsch vor, wobei diese Tradition in ganz Ostböhmen verwurzelt gewesen sei. Aus den Papierkrippen hätten sich bis heute die Krippen in Form gedruck-

ter Ausschneidebögen entwickelt. Dabei könnten auch Aspekte der tschechischen Geschichte oder bekannte Bauwerke oder Persönlichkeiten mit dabei sein. Für Pribram, wo ebenfalls Jesuiten gewirkt hätten, sei eine tragbare Krippe für Missionszwecke überliefert, in einer weiteren Krippe von dort spiele ein ganzes Orchester für das Jesuskind. Auf der EXPO 1967 in Montreal sei die federführend von Josef Probošt geschaffene Krippe ausgestellt worden, die 373 Figuren – 120 davon beweglich – und neben der Geburt auch die Passion Jesu zeige. 1999 sei die in Hohenbruck beheimatete Krippe zum nationalen Kulturdenkmal erklärt worden. Die größte mechanische Krippe der Welt durfte in der Aufzählung nicht fehlen: Im Museum von Neuhaus stehe die vom Strumpfmachermeister Tomáš Krýza in 60 Jahren Arbeit erbaute Krippe mit 1398 Menschen- und Tierfiguren, von denen 133 beweglich seien. Abschließend erinnerte Bischof Rudolf an die tschechischen Krippenfreunde und -forscher Karel Procházka und den viele Jahre in Mies wirkenden Pfarrer Jiří Hájek, der vergangenes Jahr gestorben sei. Als aktuelle positive Beispiele für aktive Krippenkultur nannte er den Krippenweg in Marktredwitz und den ökumenischen Krippenweg in Regensburg, bei dem in öffentlichen Räumen – auch Geschäften – Krippen gezeigt würden. Mit dem Appell, „den reichen Schatz an Gemeinsamkeiten zwischen unseren Völkern, der sich auf diesem Gebiet der Volkskunst und -frömmigkeit zeigt, in den Blick zu nehmen, zu heben und für die Zukunft der Beziehungen unserer Völker fruchtbar zu machen“, schloß Bischof Voderholzer seinen Vortrag. Markus Bauer

Hier erläutert Bischof Rudolf Voderholzer dem Chamer Bürgermeister Martin Stoiber Details. Links im Bild der Pilsener Bischof Tomáš Holub und Václav Chroust, Zweiter Bürgermeister von Klattau. Cham und Klattau haben eine Städtepartnerschaft. Rechts: Am meisten bestaunt wurde die barocke Jesuitenkrippe aus dem Karmeliterkloster Straubing. Bilder: Markus Bauer Das Haus des Deutschen Ostens in München (HDO) lädt ein zur Buchvorstellung: Die Herausgeber Meike Hoffmann und Andreas Hüneke präsentieren ihr Buch „Entartete Kunst“ (2021).

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m Jahr 1936 erging ein totales Verbot des NS-Regimes von jeglicher Kunst der Moderne. Hunderte Kunstwerke, vor allem aus dem Bereich der Malerei, wurden aus den Museen entfernt und entweder für die Ausstellung „Entartete Kunst“ konfisziert, ins Ausland verkauft oder zerstört. Das Buch „Entartete Kunst“ stellt die Geschehnisse in Breslau, Stettin und Königsberg vor, die auch zu den von der NS-Aktion gegen die angeblich entartete Kunst betroffenen Städten gehörten. Engagierte Museumsdirektoren hatten dort zuvor umfassende Sammlungen moderner Kunst aufgebaut. Mit der Beschlagnahme wurde die jahrelange Museumsarbeit zerstört. Alle drei Städte gehörten schon vor seiner territorialen Ausdehnung ab 1938 zum Deutschen Reich. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sie sich durch die im Potsdamer Abkommen 1945 geregelte geographische Neuordnung in Gebieten der polnischen oder

� Einladung des Hauses des Deutschen Ostens

Diffamierung der Moderne sowjetischen Verwaltungshoheit. Damit waren sie von der juristischen Klärung der Beschlagnahmeaktion und den musealen Regenerationsbestrebungen in Deutschland ausgeschlossen. Die besonderen Umstände gaben den Herausgebern von „Entartete Kunst“ Anlaß, Licht auf die damaligen Geschehnisse zu werfen und nach den Auswirkungen bis heute zu fragen. Die beiden Wissenschaftler sind einschlägig versiert. Meike Hoffmann studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie, Volkskunde und Bibliothekswissenschaften in Kiel und Berlin und wurde mit einer Arbeit über die Künstlergruppe „Brücke“ an der Freien Universität Berlin promoviert. Von 2013 bis 2016 war sie offizielles Mitglied der Internationalen Taskforce „Schwabinger Kunst“ und der Nachfolgeorganisation zur Erforschung der Provenienzen der Kunstwerke aus dem Gurlitt-Bestand.

Seit 2006 ist Meike Hoffmann wissenschaftliche Mitarbeiterin und jetzt Koordinatorin an der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut der FU Berlin. Von ihr liegen weiter vor mit Dieter Scholz „Unbewältigt? Ästhetische Moderne und Nationalsozialismus. Kunst, Kunsthandel, Ausstellungspraxis“ (2021), mit Aya Soika „Flucht in die Bilder? Die Künstler der Brücke im Nationalsozialismus“ (2019) und mit Nikola Kuhn „Hitlers Kunsthändler. Hildebrand Gurlitt 1895–1956. Die Biographie“ (2016). Andreas Hüneke ist Kunsthistoriker und Provenienzforscher und gilt als einer der bedeutendsten Forscher zur NS-Aktion der „Entarteten Kunst“. Seit der Auffindung eines vollständigen Inventars aller 1937 in deutschen Museen beschlagnahmten Werke der „Entarteten“ Kunst – etwa 19 000 Werke – 1997 ist er in diesem Projekt tätig. Seit

April 2003 ist er Mitarbeiter bei der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut der FU Berlin. Andreas Hüneke ist außerdem langjähriger ehrenamtlicher Vizepräsident des Internationalen Kunstkritikerverbands AICA. Von Andreas Hüneke liegen auch vor „Franz Marc. Zitronenpferd und Feuerochse“ (1990), „Farben der Mark. Landschaftsmalerei vom Biedermeier bis zur Neuen Sachlichkeit“ (1993), „Franz Marc. Tierschicksale. Kunst als Heilsgeschichte“ (1994), „Der Blaue Reiter. Eine Geschichte in Dokumenten“ (2011) sowie zahlreiche Veröffentlichungen zur NS-Aktion „Entartete Kunst“. Meike Hoffmann und Andreas Hüneke (Herausgeber): „,Entartete Kunst‘ in Breslau, Stettin und Königsberg“. Schriften der Berliner Forschungsstelle „Entartete Kunst“ Band 3. Brill-Fink-Verlag, Paderborn 2001; 276 Seiten, 14,90 Euro. (­ISBN 978-3-7705-6448-4) Dienstag, 5. Juli, 20.00 Uhr: Buchvorstellung „Entartete Kunst“ in Breslau, Stettin und Königsberg“ in München-Au, Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5. Anmeldung erforderlich per Telefon (0 89) 4 49 99 30 oder eMail poststelle @hdo.bayern.de


� SL-Ortsgruppe Naila

Spende für Ukraine

� AG der Diözese Rottenburg-Stuttgart

Der herausgeputzte Kreuzberg bei Kleinschweinbarth. Bild: Christa Gudrun Spinka-Grech

Post Bellum stellt sich vor

Die oberfränkische SL-Ortsgruppe Naila übergab Bürgermeister Frank Stumpf eine Spende über 350 Euro für die Ukrainehilfe der Stadt.

Michael Quecke, Adolf Markus, Bürgermeister Frank Stumpf mit der SLSpende, Jürgen Nowakowitz und Andreas Schiller.

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� Heimatlandschaft Südmähren

Höhepunkt folgt Höhepunkt Um den Fronleichnamstag Mitte Juni veranstalteten die Südmährer ein verlängertes Heimat-Wochenende in Niederösterreich und in der Heimat.

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ereits am Fronleichnamstag trafen sich die Untertannowitzer im dortigen Dr.-Karl-Renner-Haus. Am Freitag zelebrierten die Wisternitzer ihr jährliches Treffen in ihrer Heimatgemeinde mit anschließendem Ausklang beim Heurigen in Poysdorf. Zu Mittag empfing Landtagspräsident Karl Wilfing mit Hermann Dikowitsch, Leiter der Abteilung Kunst und Kultur, eine Abordnung der Südmährer im Landtag zu einem freundschaftlichen Gespräch samt Mittagessen. Unter der Führung der Ehrenpräsidenten des Südmährerbundes, Franz Longin und Reinfried Vogler, waren VLÖPräsident Norbert Kapeller, die drei neuen Vorsitzenden des Südmährerbundes Wolfgang Daberger, Adelheid BenderKlein und Franz Schneider sowie Hans-Günter Grech vom Kulturverband der Südmährer in Österreich, gekommen. Longin verabschiedete sich als Betreuer der

Heimatlandschaft und stellte die neue Führung des Südmährerbundes vor. Wilfing und Dikowitsch betonten die gute Zusammenarbeit und versicherten den südmährischen Institutionen weiterhin die Unterstützung des Landes Niederösterreich. Abends wurde am Friedhof Poysdorf der Toten der Vertreibung gedacht. Danach ging es ins Kolpinghaus zur jährlichen Patenschaftsfeier der Stadt Poysdorf mit dem Heimatkreis Nikolsburg. Am Samstag wurde in der Hauptversammlung des Museumsvereins Thayaland in Laa per Neuwahl die Arbeit der bisherigen Obfrau Brigitta Appel gewürdigt. Dem folgte die 40-JahrFeier der Patenschaft zwischen Laa und Höflein/Hevlin. Ein weiterer Höhepunkt war das Fest am Kreuzberg bei Kleinschweinbarth am Sonntag. Der Kreuzberg war herausgeputzt, die Wege freigemacht, die Fahnen gehißt, die Freiwillige Feuerwehr im Einsatz, Rettung und Exekutive verständigt, als Pfarrer George van Horick die Heilige Messe zelebrierte. Nach dem Totengedenken begrüßte

Hans-Günter Grech neben Longin und einer Reihe südmährischer Amtswalter vor allem eine auffallend große Anzahl örtlich aktiver, aber auch bereits im Ruhestand befindlicher Politprominenz. Erfreulich, weil nicht selbstverständlich, waren das Kommen von VLÖ-Präsident Norbert Kapeller, dessen Stellvertreter Gerhard Schiestl von den Donauschwaben sowie Vorstandsmitglied Harald Haschke vom Schönhengstgau. Ein besonderer Gruß ging an Reiner Elsinger, der trotz gesundheitlicher Probleme mit seiner Familie wieder einmal am Kreuzberg vorbeischaute, den er jahrzehntelang betreute, so daß sich dieser heute als ein Juwel unter den Gedenkstätten entlang der Grenze präsentiert. Der Nachmittag war dem geselligen Teil gewidmet. Das Angebot beim Dorfwirt ließ keine Wünsche offen. Und bei hervorragender Musik der „Weinviertler Buam“, die schon die „Deutsche Messe“ von Franz Schubert musikalisch am Vormittag begleitet hatten, wurde trotz herrschender Badetemperatur getanzt. srh

� SL-Kreisgruppe Augsburg-Land/Bayerisch-Schwaben

Gedenken Im Turnus, einmal in Königsbrunn und ein Jahr später in Wehringen, gedenken die Mitglieder des bayerisch-schwäbischen BdV-Kreisverbandes Augsburg Land und die SL-Fusionsortsgruppe Königsbrunn/ Wehringen/Klosterlechfeld an den Mahnmahlen der Volksgruppe der Toten der Vertreibung 1945/46. So in diesem Juni in Wehringen.

G

eistlicher Rat Pfarrer Hubert Ratzinger segnete die SLund BdV-Mitglieder sowie die Ehrengäste. Wehringens Bürgermeister Manfred Nerlinger erinnerte an das Schicksal Tausender, die bei Krieg und Vertreibung ihr Leben hätten lassen müssen. Untermeitingens Zweiter Bürgermeister Manfred Salz würdigte die ehrenamtliche Arbeit des SL-Kreis­obmannes Kurt Aue, den er als Motor der Lands-

Polen, sondern auch der Italiener aus Kroatien, der Polen aus der Ukraine und Rußland, der Ungarn aus der Slowakei. Bei systematischen Ausflügen in deutsche Städte seit G-Vorsitzender Karl Som- 2018 habe er zahlreiche zweimer begrüßte die Teilneh- stündige Gespräche geführt. mer und Jan Blažek. Blažek sei Für ein Buch, das bald auch aus Prag gekommen, um über auf Deutsch erscheine, seidie Arbeit seiner Organisati- en fünf nach geographischen on Post Bellum zu berichten. Kriterien exemplarische InImmer wieder habe sich die terviews ausgewählt worden. AG mit der sudetendeutschen Das Online-Projekt „Memory Vergangenheit befaßt, inzwi- of ­Nations“ sei mit 4000 Zeitschen sei die Erinnerungskul- zeugengeschichten die größte tur auch in der Tschechischen öffentlich zugängliche DatenRepublik selbstverständlich. bank dieser Art in Europa. Sie Jan Blažek gab Einblicke fügten sich zu einem Gesamtin die Arbeit seines 2001 von bild einer Periode der europätschechischen Historikern ischen Zeitgeschichte. und Journalisten gegründeAußerdem kläre Post Bellum ten Vereins. Die gemeinnüt- über die tschechische kommuzige Einrichtung arbeite von nistische Vergangenheit seit der Regierung unabhängig 20 Jahren mit einer wöchentund verfolge keine wirtschaft- lichen Rundfunksendung auf. lichen Ziele. Post Bellum stehe Öffentliche Aufmerksamkeit für Menschenrechte und De- erreiche man auch mit Veranmokratie und widme sich der staltungen und Workshops, Sammlung und Dokumenta- via Fernsehen, mit Aussteltion von Zeitlungen, Puzeugenaussablikationen gen aus dem wie Graphic 20. JahrhunNovels, Presdert. seartikeln, Die ZieTheaterstücle seien dokuken von Schümentarischer, lern über Peraufklärensönlichkeiten der, pädagosowie Preisgischer Naverleihuntur. Man wolgen. Gesamle Wissen und melt würden Bewußtsein in digitalisierüber die Geter Form auch schichte des Briefe, Fovergangenen tos und DoJan Blažek. Bild: Horst P. Teppert kumente. Post Jahrhunderts in der TscheBellum sei in chischen Republik und ihren acht tschechischen Städten Nachbarstaaten durch authen- mit Zweigstellen präsent, habe tische Zeugnisse fördern. Hi- 35 Mitarbeiter und besitze eistorische Ereignisse sollten – ne englischsprachige internaerinnert und erzählt von Men- tionale Zweigstelle. Finanziert schen, die sie erlebt hätten werde die Institution mit re– der jüngeren Generatio- gelmäßigen privaten Spenden nen vermittelt werden. Im Fo- und projektbezogenem staatkus stünden die Zeitzeugen- lichen Geld auch aus Deutschberichte über die totalitären land, von Städten und der EU. Regime. Im Fundus befänden Post Bellum habe ein Netzsich Berichte von Holocaust- werk für hilfsbedürftige Alte Überlebenden und Wider- aufgebaut und 14 Millionen standskämpfern, politischen Euro Spenden für die Ukraine Gefangenen und Dissidenten, gesammelt. Es arbeite mit InAngehörigen von ethnischen stitutionen und SchwesterorMinderheiten, Verfolgten und ganisationen zusammen und Vertriebenen. Die Darstellun- strebe weitere Vernetzungen gen der Zeitzeugen würden an: im Inland mit dem Tschemit der Kamera festgehalten. chischen Rundfunk und dem Die Aufnahmen würden Institut für das Studium der nicht geschnitten, um ein Ma- totalitären Regime, mit Antiximum an Authentizität und komplex, tschechischen Hiein Minimum an Manipulati- storikern und professionellen on zu gewährleisten. Die Be- Theatern, im Ausland mit dem richte sollten einem breiten United States Holocaust MePublikum zugänglich sein. Je- morial Museum in Washingder, der sich registriere, habe ton, Gespräche würden auch das Recht, alle Filme in voller mit kubanischen und weißrusLänge anzusehen. Unter www. sischen Dissidenten geführt. pametnaroda.cz/cs gelangte In der Diskussion wurden man direkt zu den Interviews. folgende Fragen aufgeworfen: Die Zeugen würden in ih- Wie zuverlässig könnten Errer jeweiligen Muttersprache innerungen nach langer Zeit befragt und danach ins Eng- sein? Viele Berichte seien notlische übersetzt. Für die Be- wendig, um ein objektives Bild nutzung des nach zeitlichen zu erhalten. Trotz ihrer Subund thematischen Kategori- jektivität sei die authentische en eingeteilten Archivs wür- Zeugenschaft eine unentbehrden keine Gebühren erhoben. liche Quelle. Ukrainische ZeuDie Themen seien Holocaust, gen sollten daher jetzt und in Kommunismus, Nationalso- 20 Jahren interviewt werden. zialismus, kirchliche und reDa sich das Zeitfenster für ligiöse Gemeinschaften, Ve- Zeitzeugenberichte über totateranen, nationale Minder- litäre Regime des 20. Jahrhunheiten, politische Gefangene derts schließt, ist die Arbeit und Geheimdienste. Die Inter- von Post Bellum wichtig und views könnten auch nach Plät- sollte auch auf weniger bezen und Ereignissen gefunden kannten Verfolgungen wie unwerden. ter Titos Regime am Ende des Ein wichtiges Thema sei- Zweiten Weltkriegs im ehemaen, so Blažek, die „Aussied- ligen Jugoslawien ausgedehnt lungen“ nach dem Zweiten werden, wo solche Initiativen Weltkrieg, nicht nur die der weitgehend fehlen. Deutschen aus der ČSR und Stefan P. Teppert Mitte Juni fand die Diözesantagung der Ackermann-Gemeinde (AG) der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Schwäbisch Gmünd statt.

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eim Aufrichten des SL-Maibaumes in Naila stockten die Landsleute während des Weißwurst-Schoppens die Spende der Ortskasse nochmals auf, so daß 350 Euro dazu kamen. Wie der SL-Orts- und -Bezirksvizeobmann Adolf Markus erwähnte, fühle sich die SL den Flüchtlingen des tapferen ukrainischen Volkes besonders verpflichtet. Wladimir Putins brutaler Vernichtungskrieg gegen die ukrainische Bevölkerung erinnere die Sudetendeutschen lebhaft an das furchtbare Kriegsende und seine Folgen vor 77 Jahren. Damals seien die grausamen Angriffe der sowjetischen Rotarmisten unter Josef Stalin und der tschechischen Milizen unter Edvard Beneš auf die ost- und sudetendeutschen Vertriebenen ungestraft geschehen. Zwei Millionen seien umgekommen, zwei Millionen Mädchen und Frauen vergewaltigt worden. Den Vertriebenen sei unverständlich, daß deutsche Gruppierungen einseitig die bolschewistisch-faschistischen Bestrebungen von Stalin bis Putin ignorierten. Markus sprach sich bei allem notwendigen Verteidigungseinsatz für weitere Völkerversöhnung aus. Bernhard Kuhn

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VERBANDSNACHRICHTEN

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

mannschaft bezeichnete. Im Auftrag des Vorstandes des BdVLandesverbandes Bayern verwies Bezirksrätin Anne Probst auch auf das Schicksal der Flüchtlinge aus der Ukraine und darauf, daß die Menschheit keine Lehren aus der Vergangenheit gezogen habe. Aue, Obmann der SL-Kreisgruppe Augsburg-Land und der SL-Ortgruppe Königsbrunn/ Wehringen sowie BdV-Kreisvorsitzender Augsburg Land, erinnerte an die Vertreibung aus dem Sudetenland 1945/46, als 241 000 Deutsche ihr Leben hätten lassen müssen. Aue betonte aber ausdrücklich, daß das Leid der Sudetendeutschen auch eine Folge der Nazi-Herrschaft gewesen sei. Mit den Gebeten, zelebriert von Pfarrer Hubert Ratzinger, und dem Senken der SL-Fahne von Fähnrich Herbert Kinzel endete das Gedenken. te

Pfarrer Hubert Ratzinger, Kurt Aue, Annemarie Probst, Manfred Nerlinger und Manfred Salz beim Mahnmahl der Sudetendeutschen auf dem Friedhof in Wehringen. Bild: Christa Eichler

Gespräch mit Obfrau Waltraud Illner.

Bild: Helmut Heisig

� SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf

Frohe Runde Zu einem gemütlichen Beisammensein in froher Runde traf sich die baden-württembergische SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf Mitte Juni im Haus der Begegnung in Giebel.

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rtsobfrau Waltraud Illner berichtete über den Sudetendeutschen Tag, der in diesem Jahr im oberfränkischen Hof stattgefunden hatte und in dessen Rahmen dem rumänischen Staatspräsidenten Klaus Iohannis der Europäische KarlsPreis 2020 und dem ukrainischen Staatspräsidenten Wolodymyr Selenskyj der Europäische KarlsPreis 2022 verliehen worden war. Für Selenskyj hatte die geflohene Ukrainerin Olga Kovalchuk den Preis entgegengenommen. Neben den vielen positiven Stimmen über den Verlauf des Pfingsttreffens der Sudetendeutschen im Zwei-Länder-Eck Tschechische Republik und Deutschland habe es jedoch auch Kritik an der Wahl des Ver-

anstaltungsortes gegeben, so Illner, denn Hof liege nicht so zentral wie vergangene Sudetendeutsche Tage in Nürnberg oder Augsburg. Deshalb gelte Hof für Tagesbesucher des Sudetendeutschen Tages als unattraktiv. Illner machte auch deutlich, daß sie bei solchen weiten Strecken keine Tagesfahrt zum Sudetendeutschen Tag anbieten werde. Das gelte auch für den im kommenden Jahr anvisierten Veranstaltungsort Regensburg, der nicht nur für Sudetendeutsche aus dem südwestdeutschen Bundesgebiet kaum einladend wirke. Neben Hinweisen auf weitere Veranstaltungen der Sudetendeutschen in Stuttgart bot Ortsobfrau Waltraud Illner der frohen Runde dann noch ein Sudetenland-Quiz an, das für so manche neue Erkenntnis sorgte. Nächstes Treffen der Weilimdorfer Sudetendeutschen wird, nach einer Sommerpause, der Monatsnachmittag im September sein. Helmut Heisig


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AUS DER HEIMAT

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

Kuhländler Bodenkundler

Gedenken am Rübezahldenkmal auf der Buchel.

Erforscher von Mondgestein bei Vöcklabruck Gutsverwalter war. Danach wurde er Assistent bei Hermann Kaserer, der 1922 bis 1945 Professor für landwirtschaftlichen Pflanzenalter Kubiena war ein bau an der Hochschule für Boführender Bodenkund- denkultur in Wien war. ler seiner Zeit und erfand die 1929 heiratete er Paula Diemikromorphologische Metho- tershofen, mit der er, den Wiede: Auf einem Quadratmeter ner Adreßbüchern zufolge, im einer Wiese kann man die Flo- selben Haus in der Biederstrara und Fauna der ganzen Wie- ße 1 im XIX. Bezirk, aber in se entdecken. getrennten Wohnungen lebEr war der zweite Sohn des te. 1930 kam Sohn Klaus zur Neutitscheiner Volksschul- Welt, der später Herzchirurg lehrers und Heimatforschers wurde und 2017 starb. Friedrich Kubiena, der Kuh1937 wurde er außerordentländler Tänze sammelte, und licher und 1941 ordentlicher der Kaufmannstochter Anna Professor. Im selben Jahr ging Endlicher. Nach der mittleren sein Mentor Heinrich Beck, Reife absolvierte er die Land- der Wanderfreund seines Vawirtschaftsschule, die damals ters, in Pension. Als sein Nachnoch in Neutitschein war und folger wurde Kubiena bis 1945 im Volksmund „Ackerbau- Präsident der Geologischen schule“ genannt wurde. Gesellschaft Wien. Sehr früh muß Walter KuBis 1944 verbrachte die ganbiena gewußt haben, worauf er ze Familie das Weihnachtshinauswollte. Schließlich be- fest in Neutitschein. Im Haus gleitete er bereits als Bub die des Bruders Friedrich KubieWanderungen seines Vaters na, des Architekten, war für jemit dem Geologen Heinrich des der fünf Geschwister ein Beck durch die Umgebung Zimmer eingerichtet. Bei dievon Neutitsen Gelegenschein. heiten machte Wie seine Walter KubiBrüder Ernst, nea Exkursioder Bildhaunen mit seiner er wurde, und Nichte Oda, Friedrich, der der Tochter als Architekt in seines älteren Neutitschein Bruders. Oda wirkte, war erzählte späauch Walter ter, daß sie im zeichnerisch tiefsten Winbegabt. Eines ter mit ihrem seiner Bücher Onkel Walter illustrierte er in den Wald sogar selbst. Walter Kubiena in Madrid. gegangen sei, Schon in der um den gefroMittelschule von Neutitschein renen Boden zu erforschen. hatte er sieben Wochenstun- Die ausgehackten Proben haden Zeichnen: drei Stunden be der Onkel zu Hause auf geometrisches oder techni- dem Bügelbrett ausgebreitet. sches Zeichnen, vier Stunden Nach dem Zweiten WeltFreihandzeichnen. Zeichen- krieg richtete er mit anderen lehrer war der Neutitschei- die Bundesforschungsstelle ner Sagenforscher Josef Ull- für alpine Landwirtschaft in rich, der als Mitglied des Neu- Admont in der Steiermark ein. titscheiner Heimatkreises eng Ab 1948 leitete er die Abteimit Walters Vater zusammen- lung für Bodenkunde. arbeitete. Nach der Scheidung von Auf der Landwirtschafts- Paula heiratete er 1948 Hilschule wurde er Mitglied der degunde Weidmann (1919– Burschenschaft Ceres, nach 1973). Sie gebar 1950 Christider römischen Göttin des Ak- ne, 1953 Christian und 1959 kerbaus benannt. Sein gan- Maria. Kubiena, der für einen zes späteres Leben blieb er ihr Vater ziemlich alt war, dürfte als „Der alte Herr Eckehard“ kaum Zeit für seine Kinder getreu. Der kuriose Name hing habt haben, denn ihm stand eiwohl auch damit zusammen, ne internationale Karriere bedaß sich die Ceres den Slawi- vor. 1955 wurde er in Reinbek sierungsbestrebungen des öf- bei Hamburg zum Professor fentlichen Lebens in Mähren ernannt, wo er bis 1966 lehrte. widersetzte. Man erwartete von ihm, daß 1915 zog ihn die Armee ein, er ein ähnliches Institut wie und er geriet in russische Ge- in Admont aufbaute. Auch in fangenschaft, aus der er erst Madrid und den USA hatte er 1920 zurückkam. 1922 starb Gastprofessuren. sein Vater an einem SchlagIm Zusammenhang mit all anfall, und er zog in die Hoch- diesen Gastvorträgen und schule für Bodenkultur in Lehraufträgen bereiste Walter Wien. Dort fanden ab 1923 po- Kubiena so gut wie alle Länlitische Auseinandersetzun- der dieser Erde. Überall machgen statt, welche die nach dem te er Bodenentnahmen. Als Zusammenbruch des k. u. k. 1969 die Astronauten GesteiReiches entstandene junge ne vom eben erstmals betreteösterreichische Republik er- nen Mond mitbrachten, wurschütterten. Diese Kämpfe de Kubiena beauftragt, das hielten bis zur Übernahme des Mondgestein zu untersuchen. Institutes durch die Deutschen Eine Berufung an die Univer1938 an. Welche Rolle Walter sität von Tokio folgte. Jedoch Kubiena in ihnen spielte, be- war Kubienas Gesundheit bedürfte weiterer Recherchen. reits schwer angeschlagen. Vielleicht schuf er sich durch Am 28. Dezember 1970 starb betonte Zurückhaltung Frei- er in Klagenfurt, wo er die letzraum, seiner Arbeit unbehel- ten Jahrzehnte seines Lebens ligt nachgehen zu können. gewohnt hatte. 1927 schrieb er seine DokDie Österreichische Bodentorarbeit „Pedologische Glie- kundliche Gesellschaft stiftete derung des oberösterreichi- 1989 den Walter-Kubiëna-Forschen Seenvorlandes“. Daß er schungspreis für hervorragensich dieses Gebiet ausgesucht de Leistungen von Studenten hatte, lag wohl daran, daß sein auf dem Gebiet der BodenOnkel Alfred Endlicher in Zipf kunde. Hans-Karl Fischer

Der eminente Bodenkundler Walter Kubiena kam am 30. Juni vor 125 Jahren in Neutitschein zur Welt.

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Heimatkreis Hohenelbe/Riesengebirge

Heimat im Herzen, Zukunft im Blick Unter dem Motto „Die Heimat im Herzen, der Zukunft entgegensehend“ fand das Bundestreffen des Riesengebirgler Heimatkreises Hohenelbe Anfang Mai in der Patenstadt Marktoberdorf in Bayerisch-Schwaben statt.

B

ei der anfänglichen Vorstandssitzung erörterten die Landsleute die Digitalisierung der Exponate im Riesengebirgsmuseum Marktoberdorf und im Arnau-Museum in Bensheim. Weitere Themen waren Kontakten zu und gemeinsame Projekten in der Tschechischen Republik sowie das Konvolut des Heimatkreises bei der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek (SLUB) in Dresden. Trotz aller Widrigkeiten arbeitete Erich Kraus mit Unterstützung vom Zweiten Vorsitzenden Gerhard Baumgartl und den SLUB-Mitarbeiterinnen am Konvolut weiter. Das Rochlitzer Ortsbuch wurde ins Tschechische übersetzt und die Übersetzung ins Konvolut aufgenommen. Für das Engagement bei der Digitalisierung des Riesengebirgs-Schriftgutes will der Vorstand Erich Kraus mit einer Ehrenurkunde auszeichnen. Auch die Verdienste des ehemaligen Kulturreferenten Hans Pichler sowie des Vorstandsmitglieds Otto Weiss für den Heimatkreis werden mit einer Ehrenurkunde gewürdigt.

Beim traditionellen Rathaus- söhnung zwischen Deutschen mals zu heute. Der Ukraineempfang freute sich Heimat- und Tschechen erinnert. Das Krieg reiße alte Wunden auf, kreisbetreuer Christian Eich- Vorstandsmitglied Ingrid Mai- Flucht und Vertreibung seien ermann, daß man sich nach über nert verlas ein Grußwort von Ti- schreckend aktuell und dürften zweijähriger Pause endlich wie- na Stroheker, der Autorin des Bu- niemals in Vergessenheit geradersehen könne. Er hoffe, daß ches „Hana oder Das böhmische ten. So schloß Eichmann mit dem sich der Heimatkreis zukünftig Geschenk“. Stroheker schildert Satz: „Den Menschen mit Zwang verjünge. Aber er bedauere, daß ihre Freundschaft zu Hana Jüpt- von seiner Heimat zu trennen, es in Bezug auf die Nachwuchs- ner und bedankt sich beim Hei- bedeutet, ihn im Geist zu töten.“ gewinnung für den Heimatkreis matkreis Hohenelbe für die UnDer Abend klang mit dem Jueinen Schwachpunkt gebe, ob- terstützung bei der Entstehung gendblasorchester Marktoberschon viele Nachkommen der des Buches. dorf aus. Ein besonderer Movertriebenen Riesengebirgler die Am Festabend wurden die ment war, als der charismatische Heimat besuchten. Jubiläen 65 Jahre Patenstadt Dirigent des Orchesters sichtlich Zweiter Bürgermeister Wolf- Marktoberdorf über Hohenelbe beeindruckt von den Ansprachen gang Hannig betonte die bedeu- sowie 60. Bundestreffen des Hei- außerplanmäßig das Wort ergriff tende Rolle, die die Heimatver- matkreises Hohenelbe besonders und aus dem Stegreif eine kleine triebenen für den Werdegang hervorgehoben. Eichmann über- flammende Rede hielt. Er bezog Marktoberdorfs spielten, sich auf die Ansprachen von und nannte in diesem ZuEichmann und Hell. Man sammenhang imposante spürte: Die junge GeneraZahlen. tion beschäftigt das aktuelAnschließend zog man le Weltgeschehen sehr, vor zur Mitgliederversammallem nach dem zuvor Gelung in das Veranstaltungshörten in Bezug auf Krieg, zentrum Modeon. Die ReiFlucht und Vertreibung. hen waren heuer etwas Zum Schluß sangen alle vollichter. Leider hatte auch ler Inbrunst das RiesengeCorona Lücken im Heimatbirgslied „Blaue Berge, grükreis gerissen. ne Täler“. Nach 25 Jahren als HeiAm Sonntag gedachte matkreisbetreuer stellman der Verstorbenen am te sich Christian Eichmann Dr. Wolfgang Hell, die Urkunde und Christian Gefallenendenkmal und nicht mehr zur Wahl. Mit Eichmann. am Rübezahldenkmal auf Verena Schindler betreut der Buchel, stilvoll begleinun erstmals eine Frau den Hei- reichte Bürgermeister Wolfgang tet von Trompetenklängen. Auch matkreis. Ihr bisheriges Amt als Hell namens der SL eine Ehren- das Riesengebirgsmuseum wurSchriftführerin und Presserefe- urkunde für 65 Jahre gelebte Pa- de besucht. Eine kleine verblierentin übernahm das neue Vor- tenschaft. Hell überraschte wie- bene Runde erfreute sich am standsmitglied Kirsten Langen- derum mit einer Torte mit dem Montag an den Ostallgäuer Nawalder. das Wappen von Hohenelbe. turschönheiten bei einem von Dann wurde an Hana JüptEichmanns und Hells Reden Gerhard Baumgartl organisierner und deren Verdienst zur Ver- schlugen einen Bogen von da- ten Ausflug. nr

Verband der Deutschen in Böhmen – Region Pilsen

Zauberer und Bratwürste Der Verband der Deutschen in Böhmen – Region Pilsen veranstaltete Anfang Juni seinen neunten Deutsch-tschechischen Kindertag.

D

ank der finanziellen Unterstützung vom Bundesministerium des Innern und für die Heimat und der Zusammenarbeit

Eine Jongleuse und eine Zauberin.

mit dem Deutsch-tschechischen Kindergarten Junikorn in Pilsen kamen wieder etwa 40 Kinder, um einen voll mit Programm gefüllten Nachmittag zu erleben. Die Vereinsvorsitzende Terezie Jindřichová und Kindergartendirektorin Jana Konečná begrüßten die Kinder. Diese waren Kinder von Vereinsmitgliedern und Kinder aus dem Kindergarten. „So Kinder, jetzt lernt ihr, wie man einen Teller auf einem Stab rotieren lassen kann“, sagte das Žongléros Ansámbl. Zuvor hatte das Ensemble den Kindern seine Jonglierkünste vorgeführt. Nach den Jongleuren trat der Geschichtszauberer Artin auf. Eine Stunde lang zauberte er mit den Kindern und für die Kinder. Und dann

kam für manche Kinder mit ihren die kein Fleisch essen wollten, Müttern, Vätern, Omas und Opas bekamen einen gegrillten Cader Höhepunkt des Nachmittags: membert. Nach diesem fröhlideutsche Bratwurst. chen Nachmittag bekamen die Auch Måla Richard Šulko, Kinder noch eine Geschenktüte Vorsitzender des Bundes der mit nach Hause. do Deutschen in Böhmen, und seine Frau Irene waren aus Plachtin bei Netschetin nach Pilsen gekommen. Irene Šulko hatte bereits bei allen Vorbereitungen geholfen. Schon bald hörte man vom Grill, den der Måla Richard schon seit Jahren bedient: „Bratwurst vom glücklichen Kalb ist fertig!“ Als die Špekáčky, die Knakker aus dem Schweinfleisch, fertig waren, rief der Grillmeister: „Špekáčky aus dem Prestitzer Schwein sind da!“ Besucher, Grillmeister Måla Richard Šulko.


Am dritten Juni-Wochenende feierten vier Generationen Wischauer in ihrer Patenstadt Aalen in Baden-Württemberg ihr 25. Heimattreffen.

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n die hitzeflirrende Sommerluft mischt sich zarter Lavendel- und Nelkenduft. Die Sonne läßt das Rot der Trachten noch stärker erröten. Und ein Trompetensolo eröffnet das Totengedenken der Wischauer im Mahnmal auf der Aalener Schillerhöhe. Monika Ofner-Reim, Vorsitzende der Gemeinschaft Wischauer Sprachinsel, gedenkt der Toten. Sie gedenkt derer, die in heimatlicher Erde in Gundrum, Hobitschau, Kutscherau, Lissowitz, Rosternitz, Swonowitz, Thereschau und Tschechen ruhen. Sie gedenkt der Opfer von Krieg und Vertreibung gestern und heute und stellvertretend für alle anderen Wischauer Toten des 2021 verstorbenen Ehrenvorsitzenden Josef Legner. Weil besonders viele Wischauer im Zuge der Vertreibung in und um Aalen strandeten, übernahm die Stadt 1980 die Patenschaft über die Wischauer und stellte ihnen im Alten Rathaus einen Raum für eine Heimatstube zur Verfügung. Als diese aus allen Nähten platzte, erhielten die Wischauer 2011 die zwei ehemaligen Klassenzimmer in der Alten Schule in Aalen-Fachsenfeld. Ehrenvorsitzende Rosina Reim: „Daraus machten wir ein Informations- und Begegnungszentrum (IBZ). Es erinnert an die Kriegsjahre und mahnt die

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AUS DER HEIMAT

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

� Wischauer Sprachinsel

Vier Generationen feiern

Fachsenfelder Herz-Jesu-Kir- Herz-Jesu-Kirche den Wischauche. Nur wenige Meter von der ern eine Heimat geben. Kirche entfernt formiert sich der Einer seiner Vorgänger auf Fahnen- und Trachtenzug vor dem Schönenberg, sagt Leitdem IBZ. Die jüngste Trachten- göb in seiner Predigt, sei der beträgerin muß getragen werden, rühmte Pater Josef Gräupel, ein sie kann noch nicht laufen. Wischauer. Gräupel stammte aus An der Spitze des Zuges zie- Hobitschau. Er studierte Theohen Pfarrer Hans-Dieter Retz- logie bei den Redemptoristen in bach von der Seelsorgeeinheit Plan. Während des Zweiten WeltRems-Welland und Redemptori- kriegs zog ihn die Wehrmacht stenpater Martin Leitgöb ein. Pa- ein, er überlebte Stalingrad, ter Martin war 2012 bis 2020 Seel- kam in ein russisches Straflager, sorger der deutschsprachigen um zum Kommunisten umerzoKatholischen gen zu werden. Das gelang weGemeingen seines Glaubens nicht, und de Prag, seit die Russen entließen ihn. LeitHerbst 2020 göb: „Gräupel schloß sich den ist er Pfar- Redemptoristen im oberbayerirer der Wall- schen Gars an und wurde Pfarrer fahrtskirche auf dem Schönenberg.“ Er freue Schönenberg sich sehr, daß dessen mittlerim benachbar- weile 92jährige Schwester Julia ten Ellwan- Schimmele zum Festgottesdienst gen. Auf dem gekommen sei. Schönenberg „Von Wischau nach Fachsenerrichteten feld in der Ostalb: Das ist ein landie Redemp- ger Weg.“ Doch die Wischautoristen vor er hätten ihre Heimat im Herzen 100 Jahren ei- mitgenommen. Erst kürzlich haRosina Reim führt Lilia Antipow vom Haus des Deut­ ne Niederlas- be er ein Kind auf dem Schönenschen Ostens in München, die auch zu den Ehrengästen sung und sind berg getauft, von dem er beim des Jubiläumstreffens zählt, durch die neue Ausstellung. für die Wall- Taufgespräch erfahren habe, daß fahrtsseelsor- es ein Wischauer Nachfahre sei. Jungen. Hier pflegen wir unser ge zuständig. Leitgöb und die Auch er, so Leitgöb, lebe nicht in Brauchtum und unsere Gemein- Wischauer lernten sich aller- seiner Ursprungsheimat. Wenn schaft. Das IBZ wurde zum Mit- dings bereits im Herbst 2019 in man in seiner Heimat verwurzelt telpunkt für alle Wischauer im Prag kennen. sei, sei man offener für andere In- und Ausland und ein Ort der Damals traten die Wischauer Heimaten, aufgeschlossener, euVersöhnung.“ auf Einladung der Deutschspra- ropäisch. Für das 25. Heimattreffen chigen Katholischen Gemeinde Das Bild der Wischauer Halskonzipierten die Wischauer ih- Prag und der Landesversamm- krause auf dem Festabzeichen re neue Ausstellung „Heimat im lung beim Erntedankgottes- gleiche einer Rose. Das erinneGepäck. Besondere Erinre ihn an die Zeilen „Die nerungsstücke mehr als Ros ist ohn warum; sie 75 Jahre nach der Verblühet, weil sie blühet, treibung“. Ofner-Reim sie acht nicht ihrer selbst, bedauerte bei der Erfragt nicht, ob man sie öffnung im IBZ, daß das siehet.“ von dem BarockAusstellungsthema mit dichter Angelus Silesius. dem russischen Überfall Wie die Rose sollten wir auf die Ukraine eine aknicht ichbezogen oder tuelle Bedeutung erhalselbstverliebt sein. ten habe. „Was soll man Schließlich spendet einpacken, wenn man Pater Martin Leitgöb den Haus und Hof verlas- Ute Hajszan, Susanne Kollmann und Frederick Brüt­ Wettersegen mit dem Bilder: Nadira Hurnaus Wetterkreuz. „Der Sesen muß und nicht weiß, ting. wann oder ob man zugen möge auch für das rückkehren wird?“ dienst in der Kirche Sankt Johan- persönliche Wetter gelten und Die Ausstellung zeigt Klei- nes von Nepomuk am Felsen im helfen, gut durch alle Stürme zu dungsstücke, Haushaltsgeräte, Garten der Kirche auf. Seitdem kommen.“ Gebetbücher, Wallfahrtsbilder, sind der Pater und die WischauMonika Ofner-Reim begrüßt Dokumente, Instrumente und er einander von Herzen zugetan. die Fest- und Ehrengäste in der Vertreibungskoffer und -Kisten. An diese Begegnung erinnert wischauerisch geschmückten Das unsichtbare Vertreibungs- auch Monika Ofner-Reim, nach- Fachsenfelder Festhalle. „Heigepäck dokumentieren Zeitzeu- dem sich die Wischauertrachten- mat ist nicht nur ein Land“ sei das genbefragungen auf Rollbildern. träger allen Alters hinter dem Al- Motto des diesjährigen Treffens. Der Festsonntag beginnt mit tar aufgestellt haben. Und sie Ein Meilenstein sei das erste Heieinem Festgottesdienst in der dankt, daß Fachsenfeld und die mattreffen 1951 in Aalen gewe-

Nach der Messe vor der Kirche: Dr. Martin Leitgöb CSsR und Julia Schimmele.

Nachgeborenen hätten Flucht und Vertreibung fast ebenso verinnerlicht wie die Erlebnisgeneration. Dennoch hätten seine Eltern nie ein böses Wort über die Tschechen, aber sehr wohl böse Worte über den Nationalismus gesagt. Sie hätten ihn und seine drei Geschwister zum Überwinden des Nationalismus, zu Verständigung und Versöhnung, zu überzeugten Europäern erzogen. „Als die Wischauer 1949 zum ersten Mal in Aalen zu einem Arbeitstreffen zusammenkamen, waren die Betten in der Heimat noch warm, und viele lebten noch in Lagern.“ Beim ersten Heimattreffen seien die Bundesrepublik und ihr Grundgesetz zwei Jahre, die Erklärung des französischen Außenministers Robert Schuman über die Schaffung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ein Jahr alt gewesen. Als die Montanunion ein Jahr später gegründet worden sei, sei die Triebfeder nicht der wirtschaftliche Aspekt, sondern der europäische Gedanke gewesen. 1990 habe in Jugoslawien wiesen. Sie blickt auch auf die Zeit Rektor dieser Schule, auch unter der ein mitteleuropäischer Krieg begonnen, 1998 der Kosovoseit dem letzten Treffen. „Wir ha- den Festgästen. ben ein neues Koch- und BackVolksgruppensprecher und krieg, 1999 habe die NATO inbuch herausgegeben mit mehr Festredner Bernd Posselt gratu- terveniert. Ebenfalls 1999 habe als 100 Rezepten von dahuam. Im liert ebenfalls zum Jubiläum. Als Wladimir Putin mutwillig den Tschetschenienkrieg ersten Lockdown haben wir jedes Ehrenwischauer habe er sich ge- Zweiten einzelne Rezept probegekocht freut, die Wischauer beim kürzli- vom Zaun gebrochen. Er habe, so Posselt, 1999 seine erste Rede gegen Putin im Europäischen Parlament gehalten. 2015 habe die Russische Föderation ihm und anderen die Einreise verboten. Fürst Karl Schwarzenberg habe das als „höchste Auszeichnung“ gewertet. In seinem Roman „Radetzkymarsch“ habe Joseph Roth geschrieben: „Wenn der Bezirks­ hauptmann ans Fenster trat und sie spielten den Radetzkymarsch, dann war Österreich.“ „Heimat ist auch Seele. Und SeeDas Duo Burgl und Hardl und Monika Ofner-Reim in der Kirche. le ist der Kern des Menschseins. Die Wischauer leisten einen unund probegebacken. So hatten chen Sudetendeutschen Tag ge- glaublichen Dienst am Frieden. wir in diesen schwierigen Zei- sehen zu haben. Dann umreißt er Sie stiften Heimat hier und drüten eine sinnvolle Beschäftigung die Besonderheiten des Pfingst- ben. Danke“, schließt Posselt. Die Wischauer Ehrennadel und gleichzeitig auch viel Kon- treffens mit der Deutsch-Tschetakt untereinander.“ chischen Schülerbegegnung in erhalten Christine Legner, Ute Frederick Brütting, Aalens Pfaffen­hofen und Eger, mit dem Soutschek und Elisabeth Weiss. Unter der Überschrift „Hooneuer Oberbürgermeister und Deutsch-Tschechischen Kommithin der neue Patenonkel der munalkongreß in Franzensbad zet is“ präsentieren die farbenWischauer, gratuliert zum 25. und mit der Wallfahrt nach Ma- frohen Wischauer ein Singspiel über Hochzeitsbräuche aus ihHeimattreffen und konstatiert: ria Kulm. „Da ist Power, da ist Kraft.“ Mit In der Heimat voll und ganz rer Sprachinsel. Es beginnt mit Blick auf den Krieg in der Ukrai- vertreten zu sein, das hätten die gesungenen Hochzeitsgstanzln ne, also mitten in Europa sagt Wischauer längst geschafft. Daß und geht mit dem „Rejdmou“, er: „Frieden muß aus der Ge- heuer auch die Tschechische Na- dem Hochzeitslader, weiter. Rosina Reim liest die sellschaft kommen. Mundarttexte. Ihre Und dazu tragen die Schwester Christine Wischauer bei.“ Legner und ihre TochFachsenfelds Ortster Monika Ofnervorsteherin Sabine Reim lesen die hochKollmann kam schon deutschen Texte. am Vortag zum ToDie vor, während tengedenken und zur und nach der HochAusstellungseröffzeit üblichen häuslinung. Sie erzählt, sie chen und kirchlichen sei seit einer Reise mit Rituale der Wischauden Wischauern in die Heimat ebenfalls Zwei Wischauerinnen eskortieren Volksgruppensprecher er sind beeindruckend. So geht der Mitglied der Sprach- Bernd Posselt zum Rednerpult. Bräutigam mit der älinselgemeinschaft. Und wenn Brütting der Onkel tionalhymne gespielt worden sei, testen Bittdian oder Brautjungsei, sei sie die „Tode“, die Tante. sei aus Respekt vor dem Nach- fer und die Braut mit dem älteUte Hajszan ist die Rektorin barn geschehen. In der Ersten sten Bittknecht zur Trauung in der Reinhard-von-Koenig-Schu- Republik sei sie dreisprachig ge- die Kirche. Die Mutter der Braut le, deren altes Schulgebäude jetzt wesen. Der Gottesdienst habe an darf nach alter Sitte nicht an der die Wischauer beherbergt. Sie zi- diesem Morgen mit Franz Schu- Trauung teilnehmen. „S is bid. Schej gbejst mit ejnk. tiert Martin Buber: „Alles wirk- berts Lied „Wohin soll ich mich liche Leben ist Begegnung.“ Sie wenden“ begonnen, die tsche- Bia dahuam“, sagt Rosina Reim, dankt für die Begegnung vor gut chische Hymne beginne mit den Ehrenvorsitzende der Sprachinselgemeinschaft, und lädt ihre zehn Jahren. Das IBZ sei ein Al­ Worten „Wo ist meine Heimat“. leinstellungsmerkmal der SchuEr, so Posselt, sei zehn Jahre Landsleute in den farbenfrohen le. Und sie sagt: „Wer zu dieser nach der Vertreibung in Baden- Festtrachten sowie ihre zivil geGemeinschaft gehört, der lacht Württemberg zur Welt gekom- wandeten Freunde zum Ratschen immer.“ Übrigens ist Alois Schu- men. In der Schule, also 20 Jahre bei Kaffee und heimatlichen mit bert, 1930 in Mährisch Schön- nach der Vertreibung, habe man Mohn und Topfen gefüllte FlecNadira Hurnaus berg geboren und langjähriger ihm gesagt: „Geh zurück.“ Die ken ein.

Wer ist Trachtenpuppe und wer ist Trach­ tenträger?

Haben Spaß beim Festgottesdienst hinter dem Altar.

Die jüngste Trachten­ trägerin.

Der Mährisch Schönber­ ger Alois Schubert.

Christine Legner, Ute Soutschek und Elisabeth Weiss erhalten die Wischauer Ehrennadel.


Reicenberger Zeitung

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Stadt und Kreis Reichenberg

Kreis Deutsch Gabel

Nordböhmi[e Um[au

Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail rz@sudeten.de

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

Kreis Friedland

Kreis Gablonz

Das immer wieder zerstörte und neu aufgebaute Dominikanerkloster in Deutsch Gabel.

� Die Geschichte der nordböhmischen Stadt Deutsch Gabel – Teil II

G

Oberlausitzer fallen in Böhmen ein

abel mit seiner und kräftig halten und gewäh1391 erbten die Dubsky geUmgebung ge- ren unsere volle und rückhaltlo- nannten Söhne Hyneks, Heinhörte schon im se Zustimmung. Wobei wir mit rich der Ältere und Heinrich der 12. und 13. Jahr- unserm guten und aufrichtigen Jüngere, die Herrschaft Gabel. hundert dem Ge- Glauben versprechen, alles obi- Dazu gehörten die Dörfer Böhschlecht der Marquarde, aus dem ge durch unsern obgenannten mischdorf, Markersdorf, Hermsdie Herrengeschlechter der Läm- Vater Geschenkte stets und in dorf, Herrndorf, Petersdorf, berger, der Wartenberger oder Ewigkeit unverletzlich einzuhal- Postrum und Kriesdorf. Heinrich der Waldstein hervorgegangen ten. Zum Zeugnis und zur stärke- Berka der Jüngere bestätigte am sind. Dem Gründer der Stadt Ga- ren Kraft dessen sind unser und 13. Dezember 1399 das Gabler bel, Havel I. – lateinisch Gallus meiner obgenannten Söhne Sie- Rechtsbuch „Ordnung der Bür– aus dem Geschlecht der Mar- gel aus unseren bestimmten Wis- ger“ und das „Bürgerliche Recht quarde, folgten in der Herrschaft sen Gegenwärtigem angehängt der Stadt Jablonae“. Bürgermeiüber Gabel und Lämberg des- worden. Gegeben im Jahre des ster war damals Pasco Pelsick, sen Söhne Havel II., der sich in Herrn 1364 am Tage des glorrei- und Richter war Nikel Tigler. den Urkunden bald „de Lewen- chen Bekenners Egidius.“ DieDas Stadtbuch enthält folgenberch“, bald „de Yabloni“ nennt, se deutlich lesbare lateinische de Bestimmungen: l  Die bürgerliche Gemeinund sein Bruder Jaroslav II. von Urkunde ist gut erhalten gebliede hat das Recht, im Flusse zu fiGabel. Zdislav, der dritte Sohn ben. Havels I. und der seligen ZdislaVier Jahre später, am 13. Mai schen bis Walten und Lämberg. l  Gabel hat wie andere Städte va, nannte sich Zdislav von Lö- 1368, bewilligte Gallus mit seiwenberg, Herr auf Zwirschetitz. nen Söhnen der Stadt die Stadt- „von altersher“ die Gewalt, Wein Für Gabel hatte er deshalb eine tafel Tabula civitatis. Diese Ge- und Salz zu verkaufen, Malz zu Bedeutung, weil er um das Jahr denktafel ist leider mit anderen machen und Bier zu brauen. l  Die Bürger haben die Ge1280 das Patronat über die Pfarr- alten Urkunden und Schriftstückirche in Gabel dem von seinem ken beim Stadtbrand 1788 ver- walt, Zünfte und HandwerkszeAhnen Marquart dem Alten im nichtet worden. Gallus IV. scheint chen zu gründen. l  Auf dem Grunde der GeJahre 1144 gestifteten Zisterzi- um das Jahr 1380 gestorben zu enserkloster Münchengrätz ver- sein. Nach 1380 gelangten die meinde können mit Erlaubnis lieh. Berka von Duba in den Besitz von des Rates Scheunen und Wohnhäuser gebaut werden. Der jährDie Brüder Jaroslav II. von Ga- Gabel. bel und Zdislav von ZwirscheSchon 1343 berichtet der liche Zins fällt der Gemeinde, titz werden bis 1289 noch in den Stadtschreiber von Zittau, daß nicht der Obrigkeit zu. l  Der Rat wählt neun RatsUrkunden genannt. 1317 saßen die auf der Burg Mühlstein geMarquard und Hermann von Ga- legenen Bewaffneten mit 1216 männer. Die Obrigkeit ernennt bel, die Söhne Zdislavs, im Ra- Mann den Kaufleuten auf dem den Bürgermeister und Richte der Krone von Böhmen. Her- Wege über das Gebirge das Ge- ter aus dem Stande der Ratsvermanns Sohn Gallus IV. von Läm- leit geben. Heinrich Berka von wandten. l  Diejenigen Bürger, die keiberg-Zwifetitz erwarb sich um Duba wird seit 1362 „auf Mühldas Aufblühen der Stadt Gabel stein“ genannt. Außer Mühlstein ne Felder haben, können ihre große Verdienste. Nach den da- besaß Heinrich „der Einäugige“ Häuser frei verkaufen und vermaligen Gesetzen fielen alle Gü- die Herrschaften Hühnerwasser, tauschen. l  Der Rat stellt Geburts- und ter der kinderlos verstorbenen Hauska und Habichtstein. Er hatUntertanen an den Grundherrn. te sieben Söhne. Von diesen ver- Sittenzeugnisse aus und verleiht Gallus verzichtete freiwillig auf mählte sich Hynek mit Katha- das Bürgerrecht. l  Untertanen zu entlassen, dieses Recht und erlaubte 1364 rina, der Tochter des Hasko von ist ausschließliches den Gabler Bürgern, Die Berka von Duba waren Recht der Obrigkeit. ihre Güter bis zum l  Die Güter der fünften Verwandtvon 1380 bis 1706 Herren von Gabel Verstorbenen fallen schaftsgrad zu vererben. Es war dies das erste Privi- Lämberg. Warum nicht sie, son- an die nächsten Verwandten, leg der Herrschaft, das sie, „den dern sein Bruder Jarko von Ze- nicht an die Obrigkeit. l  Ein Testament vor zwei oder Wohlstand, das Gedeihen und lesnic (Pecka) Lämberg erbte, ist den Fortschritt unserer Getreuen nicht bekannt. Katharina brach- drei Ratsmännern und dem Richin unserer Stadt Gablona wün- te als Morgengabe 500 Schock ter, von dem bestellten Stadtschend“, gab. „Außerdem wol- mit in die Ehe. Diese versicherte schreiber verfaßt, ist kräftig und len Johannes und Hassko von ihr Hynek auf seinen Gütern in unverletzlich. l  Fremde Personen können Lemberk, genannt von Zwerze- Kunnersdorf, wo Katharina spätycz, Söhne des obengenann- ter als Witwe lebte, in Hermsdorf bewegliche Güter erben, unbeten Herrn Gallus, die Schenkung und mit den Wäldern am Lim- wegliche jedoch nur mit Erlaubnis der Obrigkeit. dieser Freiheit gültig, genehm berg.

l  Die Waisen haben vor ihrer 1435 erwarb Chval Berka von kel der „Geschichte der Stadt Verheiratung die Erlaubnis des Duba und Hühnerwasser von Gabel und des Schlosses LämRates einzuholen. Benesch von Wartenberg ei- berg“ von Pinkava geprägt wurl  Bürger und Einheimische nen Teil der Herrschaft Gabel, de. Das Siegel stellt ein gotikönnen untereinander mit Er- nämlich die Hälfte der Stadt mit sches Tor dar, das als Abschluß laubnis des Rates ihre Güter frei der Feste, ferner die Bauernhö- ein Kreuz hat. Das Tor flankieren verkaufen und vertauschen. Kauf fe in Markersdorf und Kriesdorf. zwei schlanke dreistöckige Türoder Tausch Fremden gegen- Doch schon 1447 verkaufte sein men mit kappenartigen Bedaüber muß der Obrigkeit vorge- Sohn Paul diesen Teil der Herr- chungen. Im Tor steht ein hoher legt werden. schaft Gabel an Heinrich Berka gotischer Kelch, das Sinnbild der l  Bürgermeister, Richter und von Duba. Calixtiner und der Hussiten. Ratsmänner sowie diejenigen, Die Fußverzierungen des KelDieser Heinrich von Berka welche die Pforten auf und zuma- (1429–1469) erbte nach dem To- ches erinnern an die Eichenäste chen, sind von der Steuer befreit de seines Vaters auch die Burg des Berkawappens. Ähnlich sind und besitzen das freie Jagdrecht. und Herrschaft Mühlstein und die Verzierungen des Torbogens. l  Bürger, welche keine Güter 1441 Hoyerswerda in der Lausitz. In die Kuppa des Kelches ist groß besitzen, sind vom Robot frei. 1444 gelangte er in den Besitz und deutlich eine Gabel eingel  Das Halsrecht und das Pa- von Leipa, das den hussitischen zeichnet. Die Umschrift des Sietronatsrecht übt die Herrschaft Wartenbergern gehört hatte. gels in mittelalterlichem Latein aus, doch wird bei lautet: Buriensium der Ernennung des Heinrich Berka von Duba und Leipa war de Gablon – der Pfarrers auch die Bürgerschaft von ein treuer Anhänger König Georgs Stimme des Rates Gabel. Die angedeuund der Gemeinde gehört. Er nannte sich von da an immer teten Schriftzeichen des oberen l  Der Rat und die Gemeinde Heinrich von Duba und Leipa. Teiles der Rundung sind nicht zu können das nötige Holz für öf- Er war mit der Schwester König entziffern. fentliche Bauten aus dem herr- Georgs von Podiebrad und Kun­ Im August 1467 fielen die schaftlichen Wald holen. stadt, der Elisabeth von Kun­stadt Oberlausitzer in Böhmen ein Schon 1402 vereinigte Hein- aus Mähren, vermählt. und verbrannten neun Dörfer rich der Jüngere die ganze HerrHeinrich Berka von Duba und des Wenzel Garda von Petrovic, schaft Gabel in seiner Hand. 1418 Leipa war ein treuer Anhänger Herrn auf Auscha. Um dies zu wurden ein Teil der Stadt und König Georgs, der zugleich einer rächen, zogen Anfang SeptemVorstadt, ein Teil von Markers- der führenden Männer der Utra- ber Heinrich von Duba und sein dorf und das Patronatsrecht über quisten (Calixtiner) war. Diese Sohn Jaroslav mit den hussitiKriesdorf an Benesch von War- wünschten keinen Bruch mit der schen Rittern Czarda, Felix von tenberg verkauft. So war die Weltkirche. Aus dieser Verbin- Skal und Benesch von MichaHerrschaft Gabel wieder geteilt: dung Heinrichs mit der Schwe- lovic in die Gegend von Zittau ein Teil gehörte den Herren von ster des Königs ergaben sich bis gegen Großhennersdorf und Berka auf Mühlstein, der ande- auch einige Vorteile für Gabel. kehrten mit großer Beute über re dem Benesch von Warten- König Georg (1458–1471) be- Schluckenau zurück. stätigte 1466 der Stadt Jablona berg. Da unternahmen die Zittauer Dieser Teil wechselte seine alle Briefe, Gnaden, Befreiun- Ende Oktober einen Zug gegen Besitzer rasch nacheinander, bis gen, Freiheiten und löbliche Ge- Dubsky von Gabel. Am 5. Nodie Herren von Duba und Lei- wohnheiten. vember wurde durch List die den Ferner bewilligte er zu Sankt Wartenbergern gehörige Burg pa den Besitz dauernd vereinigten. Im August 1425 kamen die Johannes am 24. Juni einen Jahr- Roll eingenommen und der Herr Taboriten (Hussiten) nach Ga- markt für die Dauer von acht Ta- und all sein Gesinde erschlabel. Sie zerstörten und beraub- gen und jeden Montag einen gen. Dann eroberten sie Lämten das Dominikanerkloster. Nä- Wochenmarkt. Außerdem gestat- berg, wohin ihnen die Görlitzer here Details über die Einnahme tete er, für alle Waren einen Zoll Sold und Verpflegung schickten. und Zerstörung fehlen. Aus der zu erheben, obwohl die Stadt ih- Die Stadt Gabel und die Dörfer Art ihrer Kriegsführung kann re Privilegien nicht vorweisen wurden am 24. Jänner 1468 geman leicht auf die Schrecken des konnte, weil sie während des plündert und angezündet. Nur in Tages schließen. Aus den Görlit- Krieges verlorengegangen wa- der festen Kirche und dem umzer Ratsrechnungen geht hervor, ren. Gezeichnet ist diese Urkun- mauerten Friedhof hielten sich daß am 4. August Ratsherren aus de von Kanzler Prokop, Freiherrn noch die Bürger von Gabel. Am Görlitz mit 40 Pferden den Zit- von Rabenstein. 28. Mai schloß Dubsky von GaAus jener Zeit dürfte das run- bel mit den Oberlausitzern einen tauern zu Hilfe eilten, als sie vernommen hatten, daß die Hussi- de Gabler Stadtsiegel von sieben Waffenstillstand und am 29. Noten von Gabel aus nach Zittau Zentimeter Durchmesser stam- vember 1468 den Frieden. men, welches auf den Buchdecvorrückten. Fortsetzung folgt


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REICHENBERGER ZEITUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

� Paurisch auf dem Sudetendeutschen Tag

Blick von der Tafelfichte auf Neustadt.

Edelroller in Aktion te. Und da in meiner Schulzeit auch die heimatliche Mundart bedacht wurde, trug ich die Lieder vom „Roabrradl“, „Ga mannr Ziege hoa ich Frejde“ und „Seff bleib dou“ vor. Ich bedaure, daß mit der Verachdem sich die Corona- treibung der Deutschen aus BöhPandemie endlich abge- men deren Mundarten aussterschwächt hatte, war es möglich, ben, aber nicht ganz dort, wo sie wieder an einem auf deutscher Seite Sudetendeutschen der Grenze wie in Tag teilzunehmen. der Oberlausitz der Daß er dieses Mal unsrigen fast ähnin Hof in der Eurelich ist. So trug ich gio Egrensis stattals Beispiel das Gefand, war für mich dicht „Iech bie de besonders günstig, Spraa“ (Ich bin die da mein Reiseweg Spree) vor, wo das von der Lutherstadt „R“ genau so geWittenberg dortrollt wird, wie einst hin wesentlich kürauf der böhmischen zer ist als bis Nürn- Gustav Reinert Seite. Man nannberg oder Augste daher die Leute burg. Meine Teilnahme nutzte beiderseits der Grenze die „Edelich, um dort wieder mit den an- roller“. deren Mundartsprechern mit eiDen Abschluß meines Vornem Beitrag dabei zu sein. trages machte das ebenfalls von In unserem heimatlichen Pau- Heinz Kleinert geschaffene Gerisch des Lausitzer-, Jeschken- dicht „A Sparlich“, in dem ein auf und Isergebirges trug ich Heinz der Dachrinne eines Hauses sitKleinerts Gedicht „Pflaumknetl- zender Sperling einen Tropfen zeit“ vor, obwohl die Pflaumen- aus seiner Blase fallen läßt, der ernte erst im August sein wird. ausgerechnet einem unten auf Ich berichtete dann den Zuhö- einer Bank sitzenden Herrn auf rern, daß ich, so lange meine die Glatze fällt und mit einem zuGroßeltern und Eltern gelebt hät- fällig aus einem Fenster schauenten, mit diesen in Mundart ge- den Herrn zum Streit führt. Mit sprochen und auch viel in Mund- der Anzahl der Zuhörer konnte art Geschriebenes gelesen hät- ich zufrieden sein. Gustav Reinert, Obmann der sachsen-anhaltinischen SLKreisgruppe Wittenberg, berichtet über seine Teilnahme an den Mundartlesungen beim jüngsten Sudetendeutschen Tag.

N

� Auswanderung von Neustadt an der Tafelfichte im Kreis Friedland in die USA - Teil I

Auf der Fahrt nach La Grange 2011 gab Klaus-Michael Neumann im Selbstverlag das Buch „Neustadt an der Tafelfichte 1584 bis 1946. Chronik einer deutschen Stadt in Böhmen“ heraus. Das Kapitel „Die Auswanderer der Stadt und des Kreises nach Amerika“ veröffentlichen wir in der Reichenberger Zeitung in mehreren Folgen.

I

m April 1834 trat der am 7. Juni 1798 in Schönwald geborene Gottfried Menzel die Pfarrstelle in Neustadt an. Er war am 24. August 1824 in Leitmeritz zum Priester geweiht worden. In seiner Freizeit betätigte er sich als Naturforscher, wofür er heute noch bekannt ist. Im Rahmen seiner Forschungen verließ er Neustadt am 7. August 1849 und reiste über den Großen Teich nach Amerika, von wo er am 21. Mai 1851 zurückkehren sollte. Unter anderem bereiste er Mexiko und missionierte in Texas im Auftrag von Jean-Marie Odin CM, des ersten Bischofs von Galveston/ Texas. Zurück von der Reise, machte er sich sofort an die Arbeit und schrieb ein Buch über Eindrücke und Fakten seiner Reise, welches 1853 im Verlag von Georg

Reimer in Berlin erschien. Vornehmlich berichtete er über die Auswanderer in den USA. Und sicherlich berichtete er auch in der Heimat über die Möglichkeiten der Zukunftsgestaltung für Auswanderer in den USA. Aber auch die Gefahren und Widrigkeiten eines solchen Vorhabens verschwieg er nicht. Und er wies auch besonders darauf hin, daß man nicht ohne ausreichendes Grundkapital dieses Unternehmen antreten sollte. Die allgemeine „Theuerung“ und eine Mißernte nach der anderen hielten aber viele Bewohner der Herrschaft Friedland nicht von den Warnungen des Pfarrers ab, dieses Wagnis einzugehen. Eine Urkunde aus dem Kirchturmknopf berichtet: „Das Jahr 1851 zeichnete sich durch einen besonders schönen Herbst aus. Selbst zu den Weihnachtsfeiertagen konnten die Leute noch ohne Fußbekleidung in die Kirche gehen, und abermals kam eine große Noth über die Stadt. Von 600 sonst beschäftigten Webstühlen hatten nicht die Hälfte mehr Arbeit. Ganze Scharen von Bettlern zogen aus ... Im Jänner 1852 wurde die Noth geradezu erbarmungswürdig; 182 Familien waren gezwungen, die

Mildthätigkeit anderer in Anspruch zu nehmen.“ Dies mag viele Bewohner der Herrschaft Friedland bewogen haben, die Heimat freiwillig zu verlassen. Und so machten sich die ersten Familien daran, Vorbereitungen zu treffen und Gleichgesinnte zu suchen, die den langen, beschwerlichen und sicherlich auch abenteuerlichen Weg in eine ungewisse Zukunft mit ihnen beschreiten würden, getreu dem Spruch der Bremer Stadtmusikanten „Etwas besseres, als den Tod findet man überall“. Im Frühjahr 1853 packten auch der Weber Franz Appelt (* 10. Februar 1819 in Neustadt, Peter-Paul-Gasse 106), seine Frau Antonia (* 13. Juni 1819, eine Cousine zweiten Grades) und seine drei Söhnen Wilhelm (*5. Januar 1844), Anton (*27. August 1847) und Josef (*27. Juni 1851) sowie seine Schwester Josefa Appelt (*25. März 1833) ihre Sachen und bereiteten sich auf die Auswanderung vor. Als Mitstreiter finden sich auf der in Galveston gefundenen Passagierliste die Familien Franz Schäfer und Vincent Anton Maier (sieben Personen) aus Schönwald und Florian Maier (sechs Personen) aus Rückersdorf, Franz

Hausmann, sowie Joseph Elstner (fünf Personen) und Familie Joseph Hausmann (zwei Personen). Die Familie Vincent Anton Maier, Joseph Elstner und Familie Franz Appelt gehen 1854 gemeinsam nach Hallettsville. Über die Transportart, den Transportweg und den mitgenommenen Hausrat kann nur spekuliert werden. Immerhin sind es gute 800 Kilometer von Neustadt an der Tafelfichte bis zum Hafen in Bremen. Aber über den weiteren Weg ab Bremen liegen Dokumente und Nachrichten vor, über die zu berichten lohnt. Anfang August 1853 erreichten sie Bremerhafen und meldeten sich im „Auswandererhaus“, um eine Passage nach Galveston in Texas zu erhalten. Daß Galveston ihr Ziel war, ist anzunehmen. Schließlich waren schon vor ihnen Mitglieder der Familie Legier über Galveston nach Texas ausgewandert und hatten Nachricht über ihre Existenz in Texas nach Böhmen gesandt. Am 25. Juli 1853 hatten sie sich von Neustadt auf den Weg nach Bremen gemacht. Und am 18. August 1853 bestiegen sie die Bark Friedrich der Große unter Kapitän Sanders und legten ab. Fortsetzung folgt

Seit Oktober stand die Skulptur eines Trabis auf vier Beinen, die ihr Schöpfer David Černý „Quo Vadis“ getauft hatte, vor dem Rathaus in Reichenberg. Vor wenigen Tagen zog sie von Reichenberg nach Dresden um. Ursprünglich sollte das Kunstwerk bis Ende des Jahres vor dem Rathaus stehen. Wegen der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft ließ Černý sie jedoch in eine Galerie in der sächsischen Hauptstadt bringen. Die Bronzeskulptur erinnert an den Herbst 1989. Damals flohen Tausende „DDR“-Bürger in die BRD-Botschaft in Prag, in deren Garten Černýs Werk bis heute ausgestellt ist. Bild: Stanislav Beran

KREIS DEUTSCH GABEL Heimatkreis und Gemeindebetreuer gratulieren allen RZAbonnenten aus dem Kreis Deutsch Gabel, die im Juli Geburtstag, Hochzeitstag, ein Jubiläum oder sonst ein Ereignis begehen, und wünschen alles Gute, Gesundheit, Wohlergehen, Zufriedenheit und Gottes reichen Segen sowie den Kranken unter uns baldige Genesung. Das Auswandererhaus in Bremerhafen.

Die Passagiere gehen an Bord.

n  Heimatkreis

– Geburtstag: Am 30. Gerhard Weiß (Neusorge 5), Ortsbetreuer von Ringelshain, Alfred-Brehm-Straße 2, 99102 Erfurt, 84 Jahre. Wir gratulieren unserem Landsmann herzlich und wünschen alles Gute, vor allem Gesundheit, und danken für die Mitarbeit. Othmar Zinner

n  Deutsch Gabel – Geburtstag: Am 1. Annelies Hölzel/Müller (Lange Gasse 54), Aschheimer Straße 28, 85774 Unterföhring, 89 Jahre. Othmar Zinner/Helga Hecht

n  Hermsdorf – Ge­burtsta­g: Am 26. Margit Bunk/Kahl, Poststraße 7, 04910 Elsterwerda, 87 Jahre. Othmar Zinner n  Kunnersdorf – Geburtstag: Am 22. Walli Schwarz/Knespel (Haus-Nr. 11), Falkenstraße 11, 95111 Rehau, 88 Jahre. Steffi Runge n  Seifersdorf – Geburtstag: Am 12. Elisa­ beth Messer/Macoun, Am Bahnhof 3, 39171 Dodendorf, 100 Jahre. Othmar Zinner

TERMINE

Überleben im Zwischendeck.

Die Bark Friedrich der Große im Jahr 1851.

n  Freitag, 2. bis Sonntag, 4. September, Kriesdorf: 65. Heimattreffen in Jonsdorf im Kurhaus Jonsdorf. Übernachtungen dort bitte selbst reservieren bei Kurhaus Jonsdorf, Auf der Heide 9, 02796 Luftkurort Jonsdorf,

Telefon (03 58 44) 71 10, eMail kurhaus-jonsdorf@t-online.de, Internet www.kurhaus-jonsdorf. de. Auskunft und Unterstützung: Christian Schwarz, Telefon (0 04 36 99) 11 12 59 56, eMail chris@clcs.at


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

Dux

Ladowitz

Klostergrab

Ossegg

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Bilin

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolz­hofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. H ­ eimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den See­ gärten 35a, 63920 Großheubach, Tele­ fon (0 93 71) 9 94 01, eMail ­klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schön­au – Paten­stadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard.spacek@gmx.de Redak­ tionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Lexa Wessel, eMail heimatruf@ sudeten.de

Teplitz-Schönau

Graupen

Niklasberg

� Kreis Dux

Melanie Zischka Melanie Zischka stammte aus dem Kreis Dux im Mittelgebirge, ihr Mann Ernst aus dem Kreis Elbogen im Egerland.

M

Die Duxer Kirche Mariä Verkündigung.

Die Taufkirchen von Melanie und Ernst Zischka in Klostergrab und Neusattl

� Kreis Dux

Pfingstfahrt in die Heimat Horst Zischka berichtet über seine Pfingstfahrt mit Gleichgesinnten in die Heimat seiner Eltern Melanie und Ernst Zischka, beide einst in der Heimatarbeit und beim Heimatruf engagiert. Mutter Melanie Zischka/Rempfer stammte aus dem Kreis Dux, Vater Ernst Zischka aus Neusattl im Kreis Elbogen im Egerland (Þ rechts).

Taufkirche meiner Mutter in Klostergrab ist weiterhin in einem erbarmungswürdigen Zustand mit zerschlagenen und von innen mit Spanplatten verbarrikadierten Fenstern. Die Grundmauern der ersten evangelischen Kirche, vor dem Dreißigjährigen Krieg

Ü

ber Waldsassen fuhren wir am ersten Tag nach Neusattl, der Heimatgemeinde meines Vaters Ernst, und nach Chodau. In Neusattl besuchten wir die Gräber unserer Verstorbenen, die in den letzten Jahrzehnten häufig beziehungsweise regelmäßig an den Treffen anläßlich des Neusattler Festes teilgenommen hatten. Weitere Anlaufpunkte waren die Schule, die Kirche Christi Himmelfahrt, der Tagebau vom ehemaligen Sandhübel aus sowie der Bade- und Fischteich Velke Anna. Mittagessen gab es im Gutshof Bernhard bei Falkenau. Die Pension Harmonie in Chodau wurde am Abend bezogen. Sie ist ein sauberes und ordentlich geführtes Haus. Am zweiten Tag führte unsere Reise nach Ossegg und Klostergrab in die Heimat meiner Mutter Melanie Zischka. Die Stiftskirche des Klosters Os­segg wurde in den letzten Jahren aufwendig restauriert und ist ein Schmuckstück unter den Kirchen in der Tschechischen Republik, was auch tschechische Einwohner bestätigten. Inzwischen wird im Klosterareal wieder Bier gebraut und ausgeschenkt. Das ehemalige Wohnhaus meiner Familie mütterlicherseits sieht weiterhin gepflegt aus. Doch das Gelände des Denkmals für die Toten des Nelson-Grubenunglücks von 1934 verkommt immer mehr. Die evangelische

Marktplatz in Falkenau.

niedergebrannt, wirken gepflegt. Die im Jahr 2006 entdeckte und im Jahr 2009 teilrestaurierte Grabstätte der Großeltern mütterlicherseits, welche in den Folgejahren mehrfach besucht wurde, war wegen Flechtenbewuchses am Grabstein fast nicht

aufzufinden. Unsere Tochter und ich konnten mit Aststücken die Inschrift wieder lesbar machen. Die 200 Kilometer hin und zurück hatten sich gelohnt. Der dritte Tag führte uns mit der Witwe des langjährigen Neusattler Förderers Herbert Möckl

und Sohn Herbert mit Frau Brigitte über Schlaggenwald, eine ehemalige Bergstadt, Petschau mit einer Burg im Tal der Tepl nach Kuttenplan, Plan und Marienbad. Kurkonzert, Oblaten und die Singende Fontäne waren beeindruckende Erlebnisse. Die Fahrt führte zurück durch den Kaiserwald und das Hochmoor am Glatzen auf 920 Meter Höhe. Zu Abend aßen wir unterhalb der Burg in Elbogen. Am vierten Tag begann die Heimreise über Falkenau, wo meine Eltern im Februar 1946 geheiratete hatten, und Maria Kulm. Hier stiegen gerade wieder die Musiker und Wallfahrer des Sudetendeutschen Tages in Hof in ihre Busse ein. Leider waren wir etwas zu spät dran. Auch Maria Kulm ist in einem Zustand des Verfalls. Wo die plakatierte Förderung der EU versickert, wissen wohl nur wenige. Der 12. Juni war der Tag der Jahreshauptversammlung des Heimatkreisvereins Dux. Meine Mutter war langjährige Ortsbetreuerin von Ossegg und Kreisbetreuerin von Dux, deren Vermächtnis ich weiterführe. In der Patenstadt Miltenberg in Unterfranken, die auch eine Städtepartnerschaft mit Dux verbindet, konnten der Fortbestand des Heimatkreisvereins mit seinem Heimathaus – das wird als Pension genutzt – gesichert werden. Die Heimatstuben im Miltenberger Museum mit Kunstwerken aus Porzellan sowie Erinnerungsstücken der Heimatvertriebenen, die in Miltenberg und Umgebung einst Zuflucht fanden, bleiben auch zukünftig Bestandteil des Heimatmuseums.

elanie kam am 15. Mai 1927 in Klostergrab zu Welt. Ihre Eltern waren Bruno und Rosa Rempfer. 1934 zog die Familie nach Ossegg. 1942 begann sie eine Lehre bei ihrem Onkel Fritz Holzer in Falkenau als Verkäuferin in der Bäckerei und im Großhandel. Dort lernte sie den Bäckerlehrling Ernst Zischka kennen. Ernst und Melanie heirateten Anfang 1946 in der evangelischen Kirche in Falkenau. Im August vertrieben die Tschechen das Paar aus ihrem Heim in Neusattl. Sie strandeten im oberpfälzischen Stauf. 1948 wurde Sohn Horst geboren. Ernst arbeitete als Bäcker, und Melanie eröffnete einen Kiosk. 1950 wurde der Kiosk nach Neumarkt verlegt, wo das Paar auf gepachtetem Grund ein Haus baute. Dort führten sie bis 1960 einen Lebensmittelladen. Über Stationen bei Dehn & Söhne und Metzenauer führte der Weg in den Ruhestand. 1955 trat Melanie in die SL-Ortsgruppe Neumarkt ein. 1976 bis 1983 war sie Beisitzerin im Vorstand, 1983 bis 2003 Vize-Ortsobfrau, ab 1986 Frauenreferentin. 2003 starb Ernst, bis dahin Ortsobmann. 2004 wurde sie Ortsobfrau. Im Heimatkreis Dux war ab 1977 Ortsbetreuerin von Ossegg, 1980 bis 1991 Vize-Kreisbetreuerin und 1991 bis 2003 Kreisbetreuerin. Ernst war in dieser Zeit ihr Stellvertreter und Beauftragter für den Heimatruf. Seit 2004 war sie Ehrenkreisbetreuerin. Seit Anfang der achtziger Jahre organisierte sie mit Ernst auch die Heimattreffen von Neusattl im Kreis Elbogen. Nach Ernsts Tod übernahm die Ortsbetreuung von Neusattl, die Organisation der Heimattreffen und die Schriftleitung des „Elbogener Heimatbriefs“ mit Sohn Horst. Der übergab zum 620jährigen Jubiläum der Gemeinde Neusattl 2017 in ihrem Auftrag Originalurkunden aus den Jahren 1766 bis 1896, die sich im Besitz der Familie befanden, Bürgermeisterin Věra Baumanová für die Heimatgemeinde. 2018 besuchte sie ein letztes Mal die Heimat. Am 15. Februar 2019 starb die hoch verehrte und höchst verdiente Landsmännin aus dem Heimatkreis Dux. Über

WIR GRATULIEREN Unseren treuen HeimatrufAbonnenten wünschen wir von Herzen alles Gute und Gottes Segen zum Geburtstag im Juli. n  Bilin. Reeh Otto Peter, Hollerstraße 7a, 80995 München, 26. Juli 1937. n  Wisterschan/Kreis TeplitzSchönau. Miksch Rudolf, 10 Rue du Bout-Sirop, F-95450 Frémainville, 22. Juli 1926.


HEIMATBOTE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

Bischofteinitz

Ronsperg

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

15 Hostau

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

Ronsperg

Strohhäusl-Fest Es war einmal eine kleine Stadt im Böhmerwald mit dem Namen Ronsperg. Die kleine Stadt hatte eine noch kleinerere Vorstadt, und diese Vorstadt feierte jedes Jahr ihr eigenes kleines Fest: das Strohhäusl-Fest am 2. Juli, dem Fest Mariä Heimsuchung, dem Patrozinium der Spitalkirche samt dazugehörigem Spital.

W Der Mesner, Pfarrer Klaus Oehrlein, Abt Filip Zdeněk Lobkowicz, Pfarrer Miroslav Martiš und Marek Badida.

Bilder: Peter Gaag

Heimatmesse in Heiligenkreuz

Ein Abt und drei Pfarrer Kirchengemeinde Weißensulz, die wiederum vom Bischofteinitzer Pfarrer geleitet wird. Den Gottesdienst zelebrierte Filip Zdeněk Lobkowicz, der Abt des Prämonstratenserstifts Tepl. Konzelebranten waren Pfarrer m 17. Juni war es wieder so Klaus Oehrlein aus Würzburg, weit. Am Nachmittag tra- dessen Vorfahren aus der Rosenfen sich ehemalige deutsche Be- mühle stammten, Pfarrer Miroswohner des früheren Kirchen- lav Martiš aus Mies und Kladrau sprengels von Heiligenkreuz und dem Pfarrer Marek Badida und deren Nachkommen mit den aus Bischofteinitz. Der Gottestschechischen Kirchgängern der dienst wurde in tschechischer heutigen Kirchengemeine Wei- und deutscher Sprache gefeiert. ßensulz und anderen BischofteiDa die Kirchenorgel auf nitzern zum gemeinsamen Got- Grund von altersbedingten Schätesdienst in Heiligenkreuz. Heili- den nicht mehr einsatzfähig ist, genkreuz gehört mittlerweile zur begleitete ein Musiker den Gottesdienst auf einer elektronischen Orgel. Am Gottesdienst nahmen etwas mehr als 40 Personen teil. Danach trafen sich die Kirchgänger noch zum gemütlichen Beisammensein. Da es sehr schönes sonniges Wetter war, konnten es sich die Besucher Der Musiker auf der Orgelempore spielt eine elek- mit Kaffee und Kotronische Orgel. latschen recht lanIm Rahmen des 34. Treffens des Heimatkreises Bischofteinitz, das an Fronleichnam in Furth in Wald begann, fand auch der Heimatgottesdienst in Heiligenkreuz statt.

A

Heimatkreisbetreuer Peter Pawlik, seine Frau und Kreisrätin Sonja Pawlik sowie Måla Richard Šulko, Vorsitzender des Bundes der Deutschen in Böhmen mit Sitz in Netschetin. ge unter den groß gewachsenen Bäumen der Pfarrhofzufahrt gemütlich machen. Um dies zu ermöglichen ,hatten wir Bänke und Tische aufgestellt. Unser Dank gilt den tschechischen Eigentümern, die den Pfarrhof im vergangenen Jahr gekauft hatten und uns die Benutzung ihres Grundstückes erlaubten. Ebenso gilt der Dank dem heutigen deutschen Eigentümer des ehemaligen Schulhauses, ohne dessen Unterstützung der Transport der Tische und Bänke nicht möglich gewesen wäre. Die

Mitarbeiter der Gemeinde Weißensulz hatten auch das Gras auf dem Friedhof gemäht, so daß die Besucher einen schönen Spaziergang über den Friedhof, an den Gräbern ihrer Vorfahren vorbei, machen konnten. Da das Interesse an diesem Gottesdienst mit anschließendem Beisammensein nach wie vor groß war, denke ich, daß Pfarrer Oehrlein und ich in ein oder zwei Jahren wieder einen Gottesdienst organisieren werden. Peter Gaag Ortsbetreuer

as steckt hinter diesem Strohhäusl-Fest? An der Nordwestecke der Stadtmauer erbaute 1698 Anna Feliciana von Wunschwitz ein Spital mit einem Kirchlein, das Mariä Heimsuchung geweiht war. Das Spital war allerdings nur den Alten und Kranken des herrschaftlichen Gesindes vorbehalten, da es auf zum Schloß gehörendem Grund gebaut war. Es mußte „sieben Arme mit Kleidung, Kost und allen anderen Notwendigkeiten versehen“. Die Bürger hatten nicht das Recht, einen ihrer Leute ins Spital zu tun. 1894 betrug das Vermögen des Spitals an die 5750 Gulden in Wertpapieren und 840 Gulden in bar. Aus den Zinsen erhielt jeder Pfründner jährlich 11,02 Gulden. Und doch entwickelte sich daran eine kleine Vorstadt. Zum Patrozinium gab es einen Gottesdienst; für die Predigt wurde eine Kanzel vor der Kapelle zwischen den Kastanienbäumen aufgestellt. Außerdem wurden – wie an allen Festtagen – Schmierkuchen gebacken. Das waren tellergroße Käsekuchen mit großen Tupfen von Powidl und etwas Mohn obendrauf. Man verteilte sie an Verwandte und Freunde. So auch an Mariä Heimsuchung in der kleinen Vorstadt von Ronsperg. Und dieses Gedenken haben die Ronsperger auch in der Vertreibung noch lange bewahrt. Wie aber kam dieses Fest zu seinem Namen? Vom alten Friedhof zog sich die später sogenannte Mariengasse hin, auf der einen Seite bebaut mit kleinen landwirtschaftlichen Gehöften, dazu meist ein Handwerk, Schuster, Schneider, Kamplmacher (Kammacher), gegenüber erstreckte sich die Häuslwies, nach der Schule ein Eldorado für alle Spitalkapelle Ballsportler.

Die schmalen Wohnhäuser hatten alle Keller und einen Speicher, somit einen hohen Giebel, hohen First und ein steiles Dach. Die Landwirtschaft warf Stroh ab – was lag näher, als mit Strohbüscheln das Dach zu decken. Vom Steildach floß der Regen rasch ab, dazu war das Haus – wie modern – wärmegedämmt. In Ronsperg waren dies wohl die einzigen so gedeckten Häuser: daher die Bezeichnung Strohhäusl für das ganze Viertel und sein eigenes Patroziniumsfest. 1940 wurde die Spitalkapelle zusammen mit dem Spital abgerissen. Das Altarbild des Kirchleins mit der Darstellung von Mariä Heimsuchung nahm Pfarrer Johann Welsch mit, als er Ende 1943 ins Bistum Würzburg wechselte. Am Standort des Spitals wurde ein neues Gemeindehaus errichtet. In Norddeutschland ist das Reetdach noch heute verbreitet. Einst reichte das Strohdach weit in den landwirtschaftlich geprägten süddeutschen Raum. Mein Onkel hatte im Schwäbischen sein großes Bauernhaus mit Stroh gedeckt, bis im Winter 1946/47 ein Blitzschlag das Nachbardach anzündete – und seines mit. War das das Ende der Strohdächer südlich von Augsburg? Nicht ganz: Im Frühjahr 1960 war der Höhepunkt einer Exkursion ins Ries nicht so sehr der Meteoritenkrater als vielmehr ein kleines Dorf am südlichen Albabhang namens Talheim mit einem strohgedeckten kleinen Haus. Doch auch hier gilt: Es war einmal. Elisabeth Bauer

TERMINE Sonntag, 28. August, 11.00 Uhr, Muttersdorf: Gottesdienst zum Patrozinium in der SanktBartholomäus-Kirche mit Monsignore Emil Soukup. Anschließend Gang zum Friedhof und zu

unserem Gedenkstein. Auskunft: Ortsbetreuer Roland Liebl, PaulGerhardt-Straße 14, 71672 Marbach am Neckar, Telefon (0 71 44) 3 91 77, eMail roland.liebl@gmx. net

Ortsbetreuerecke

H

Gemütliches Besammensein im Pfarrhof.

erzlich gratulieren wir im Juli Ingrid Hartzmann, ehemalige Ortsbetreuerin von Kschakau, am 6. zum 77. Geburtstag; Franz Metschl, Ortsbetreuer von Schüttwa, am 10. zum 83. Geburtstag und Anna Holzmann, ehemalige Ortsbetreuerin von Schle-

witz, am 24. zum 88. Geburtstag. Wir wünschen alles Gute, Gottes Segen sowie noch viele Jahre in guter Gesundheit und danken für den steten und tatkräftigen Einsatz für unsere Heimat! Peter Pawlik Heimatkreisbetreuer


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 26 | 1. 7. 2022

Heimatbote für den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstra­ße 21, 83352 Altenmarkt, Tele­fon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl­ @online.de. In­ter­net www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

TERMINE

1933 in und um Chust: Bäuerinnen verkaufen Gemüse auf dem Stadtmarkt; Alfred Hamperl und sein Freund Franz posieren für die Kamera und besuchen eine Hirtenhütte.

� Der Kreis Tachau und die Ukraine

Galizien und das Egerer 73. Regiment Der immer furchtbarer werdende Krieg Wladimir Putins gegen die Ukraine zeigt die Fratze des Krieges. Jeder Krieg ist Völkermord, führt zu großem Leid wegen der hohen Verluste der Zivilbevölkerung und der Vertreibungen. Dieses Schicksal haben wir Egerländer 1945/1946 am eigenen Leib erlebt, insgesamt mindestens zwölf Millionen Deutsche. Die Berichte in der Presse und die Bilder im Fernsehen erinnern an das Leid der eigenen Familie, aber auch an historische Zusammenhänge.

Z

u Beginn des Krieges hörte man oft den Namen der Stadt Lemberg, jetzt heißt es Lwiw. Es handelt sich um die ehemalige Hauptstadt Galiziens, das den nordöstlichsten Teil der k. u. k. Monarchie bildete. Auf einer ethnografischen Karte von Österreich-Ungarn vor 1918 ist das slawisch bevölkertes Gebiet. Wir finden die Namen Ruthenen, Kleinrussen und Huzulen eingetragen. Im Süden schloß sich die Bukowina mit der Hauptstadt Tschernowitz an. All diese Gebiete bilden heute einen Teil der Westukraine. Ehe die Auswanderungswelle vom Böhmerwald

die USA erreichte, wanderten Egerländer aus dem Kreis Tachau nach Galizien aus, blieben also innerhalb der Monarchie. So gründete man zum Beispiel das Dorf Machliniec rund 80 Kilometer südlich von Lemberg. In der dortigen Pfarrchronik steht: „Bis zum Jahre 1837 haben die Siedler die Wälder gerodet und Felder angebaut, aber auch mit Not, Hunger und der größten Armut gekämpft.“ Die meist sehr reich verzierten Trachtenketten der Bäuerinnen, auch Gehänge genannt, bestehen auch aus Münzen. Beim Entziffern der Aufschriften hat man anfangs Probleme. Ich fand auf einer solchen Kette eine rund 1,8 Zentimeter im Durchmesser große Silbermünze mit der Ziffer „20“, vielleicht 20 Heller. Die Vorderseite zeigt die Darstellung der sitzenden Madonna, weshalb die Münze wohl auch für die Kette Verwendung fand. Im Rund die Inschrift: „Patrona Hung 1845 S. Maria Mater Dei.“ Deutsch: „Patronin Ungarns 1845 Heilige Maria Mutter Gottes.“ Die Rückseite zeigt das Portrait Ferdinands mit Lorbeerkranz und die ebenfalls lateinische und hier übersetzte Aufschrift: „Ferdinand, Kaiser

Die Orte im Kreis Tachau.

n Sonntag, 10. Juli, Paulusbrunn und Umgebung: 235. Bergfest und 270. Wallfahrt Zum Gegeißelten Heiland in Bärnau. 8.00 Uhr Eucharistische Prozession ab Sankt Nikolaus; 9.00 Uhr Feldmesse bei der Steinbergkirche mit Blaskapelle Grenzlandboum; anschließend Marsch zum Schützenheim, dort Verpflegung; 14.00 Uhr Kreuzwegandacht durch die Steinbergallee; anschließend Kaffee und Kuchen im Schützenheim. n Sonntag, 10. Juli, Hals, Galtenhof, Ringelberg, Thiergarten und Umgebung: Nach der Feldmesse in Bärnau Treffen am Halser und Galtenhofer Gedenkstein; von dort Fahrt zum Gedenken auf dem Friedhof in Hals; ab 13.00 Uhr Mittagessen im Gasthof zur Post in Bärnau. n Samstag, 9. Juli, 10.00 Uhr, Altzedlisch: Heimatgottesdienst, anschließend Treffen in der Schule mit Kaffee und Kuchen. Sonstige Verpflegung bitte selbst mitbringen. Auskunft: Sieglinde Wolf, Wettersteinstraße 51, 90471 Nürnberg, Telefon (09 11) 81 68 68 88, eMail si.wolf@web.de n  Sonntag, 17. Juli, 15.00 Uhr, Haid: Deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle.

WIR GRATULIEREN Wir gratulieren folgenden treuen Abonnenten des Tachauer Heimatboten zum Geburtstag im Juli und wünschen Gesundheit und Gottes überreichen Segen.

von Österreich, König von Ungarn und König von Galizien und Lodomerien.“ Bis 1772 gab es weder den Begriff Galizien noch seine Geschichte. Durch die erste polnische Teilung erhielt die k. u. k. Monarchie dieses Land, nannte es Königreich Galizien und Lodomerien. Österreichische und böhmische Beamte bauten eine bekannt gute Verwal-

Lemberg in der Mitte, im Süden Stry und Machlinic neben den meist von Pfälzer Protestanten besiedelten Orten.

tung auf mit Lemberg als Hauptstadt. In Galizien lebten 47 Prozent Polen, 45 Prozent Ruthenen und sechs Prozent Juden. Bis 1918 gehörte es zur Krone Habsburgs. Auf den erhaltenen Gefallenendenkmalen in unserer Heimat sind die Opfer des Ersten Weltkriegs nach den Ländern, in denen sie den Tod fanden, eingeteilt. So finden wir dort die Überschriften „Galizien“, „Serbien“ und „Italien“. Und darunter die Namen der Gefallenen. Das waren die Hauptkampfgebiete des Egerer 73. Regiments. So fand im Ersten Weltkrieg der Rußlandfeldzug in Galizien statt. Mein Großvater Josef Hamperl mußte dort seinen Dienst leisten und war in Kiew in Kriegsgefangenschaft. Nachdem Rußland kapituliert hatte, kam er nach Hause. Das 73. Regiment wurde aber schnell wieder aufgestellt und an den Isonzo verlegt. Nach den dortigen verlustreichen Schlachten war der Erste Weltkrieg verloren, und die Donaumonarchie zerfiel in viele Staaten. Der Vorgängerstaat des heutigen Europa war zerstört. Im Vertrag von Trianon fiel die Karpato-Ukraine 1920 an die Tschechoslowakei. Dieses Gebiet war der östlichste Teil der ČSR und schloß sich der Slowakei nach Osten an. In diesen östlichsten Teil des tschechoslowakischen Staates wurde mein Vater Alfred Hamperl als eben an der Lehrerbildungsanstalt Mies ausgebildeter Lehrer in den Jahren 1933/1934 zum Militärdienst eingezogen. Sein Standort war

Chust, die größte Stadt dieser Region. Dort lernten die jungen deutschen Männer die tschechische Militärsprache. Erzählt hat er wenig von dieser Zeit, aber in seinem Fotoalbum haben sich einige Fotos aus dieser Region erhalten. Bilder mit Holzhäusern und Strohdächern, Markt- und Dorfszenen. 1938 kam dieses Gebiet an Ungarn, nach dem Zweiten Weltkrieg an die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik (SSR), war also ein Teil der UdSSR. Nach 1990 wurde die Ukraine ein selbständiger Staat. Seit 2014 herrscht dort wieder Krieg, weil Putin den östlichen Teil des Landes mit den russisch besiedelten Regionen Donezk und Luhansk seinem Rußland eingliedern wollte. Da das nicht vollständig gelang, griff er am 24. Februar erneut die Ukraine an, um sie in einem Krieg von allen Seiten zu erobern. Putin hatte sich verschätzt. Der Krieg wird ein langer, verlustreicher Stellungskrieg werden. Wir werden jeden Tag mit den abscheulichen Bildern dieses Krieges konfrontiert und sehen die flüchtenden Frauen mit ihren Kindern. Wo sind in Deutschland die Friedensdemonstranten der früheren Jahrzehnte? Bisher war es Politik, in Krisengebiete keine Waffen zu liefern. Jetzt können nicht genug Waffen in die Ukraine geliefert werden. Sogar Panzer werden zu Defensivwaffen deklariert. Du glückliches Österreich bewahrst Deine Neutralität, wie richtig und gut. Wolf-Dieter Hamperl

n  Tachau. Am 2. Margarete Axmann (Schillerstraße), Wohnheim Sankt Martin, Kapuzinerstraße 11, 86842 Türkheim, 96 Jahre. Gernot Schnabl Stadtbetreuer n  Schossenreith. Am 4. Schwester Gudula Reiss (Oilnbauern), 88 Jahre. Josef Magerl Ortsbetreuer

Ortsbetreuerecke

H

erzlich gratulieren wir im Juli Manfred Kasseckert, Ortsbetreuer von Ringelberg, am 2. zum 68. Geburtstag, Franz Josef Schart, Ortsbetreuer von Godrusch, am 4. zum 73. Geburtstag, Gernot Schnabl, Stellvertretender Kreisbetreuer und Stadtbetreuer von Tachau, am 5. zum 85. Geburtstag, Helmut Gleißner, Ortsbetreuer von Paulusbrunn, am 10. zum 75. Geburtstag, Werner Schlosser, Ortsbetreuer von Strachowitz, am 25. zum 82. Geburtstag und Stefan Heller, Ortsbetreuer von Speierling, am 30. zum 57. Geburtstag. Wir wünschen alles erdenklich Gute, Gesundheit sowie Gottes reichen Segen und danken für den Einsatz für unsere Heimat. Sieglinde Wolf


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