Sudetendeutsche Zeitung 8. Juli 2022 Ausgabe 27

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100 Jahre Paneuropa-Union mit Feiern in Nürnberg, Ronsperg und Straßburg (Seite 3 und 4)

Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung 161. Jahrgang

HEIMATBOTE

Jahrgang 74 | Folge 27 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 8. Juli 2022

VOLKSBOTE

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Empfang für Heimatvertriebene, Geflüchtete und Aussiedler der SPD-Landtagsfraktion im Bayerischen Landtag

Wenzel-Jaksch-Gedächtnispreis für den Brückenbauer František Černý Prof. Dr. Vladimír Balaš, Tschechiens neuer Bildungsminister. F.: Vlada.cz

Prof. Dr. Vladimír Balaš

Neuer Minister für Bildung Vladimír Balaš (Stan) hat am 1. Juli sein neues Amt als Minister für Bildung, Jugend und Sport übernommen, nachdem Vorgänger Petr Gazdík im Zuge eines Korruptionsskandals (Sudetendeutsche Zeitung berichtete) zurückgetreten war und auch sein Amt als stellvertretender Stan-Vorsitzender niedergelegt hatte.

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ei der Amtseinführung wünschte Premierminister Petr Fiala seinem neuen Kabinettsmitglied viel Kraft und Erfolg bei der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen. „Ich freue mich, daß Professor Balaš der neue Bildungsminister ist. Er hat eine lange und erfolgreiche berufliche Laufbahn hinter sich. Er hat viel Erfahrung in der Forschung, aber er war auch lange Zeit in der Hochschulbildung tätig“, sagte Fiala und wies darauf hin, daß der neue Minister eine Reihe schwieriger Aufgaben vor sich habe. „Es wird darum gehen, wichtige Punkte unseres Regierungsprogramms umzusetzen. Bildung ist eine unserer Prioritäten. Wir sind davon überzeugt, daß wir nur dann als Land erfolgreich sein können, wenn wir eine qualitativ hochwertige Bildung haben.“ Balaš ist Absolvent der Juristischen Fakultät der Karls-Universität. Während seiner beruflichen Tätigkeit bekleidete er Führungspositionen in vielen wichtigen wissenschaftlichen Einrichtungen, so war er Direktor des Instituts für Staat und Recht der Akademie der Wissenschaften, Mitglied des wissenschaftlichen Rates des Außenministeriums und Präsident der Tschechischen Gesellschaft für internationales Recht. Der 63-jährige war auch Mitglied des Ständigen Schiedshofs in Den Haag und Vertreter der Tschechischen Republik in UN-Organisationen. Er ist Dozent an tschechischen und ausländischen Universitäten sowie Mitautor mehrerer wichtiger Veröffentlichungen zum internationalen Recht. Von 1994 bis 1998 war Balaš Stadtrat in Pilsen und ist seit 2021 Abgeordneter des tschechischen Parlaments. Balaš: „Ich plane keine Revolution im Bildungswesen, sondern möchte nahtlos an die Arbeit meiner Vorgänger anknüpfen.“

Doppelte Ehrung für einen großen Brückenbauer: Mit dem Wenzel-Jaksch-Gedächtnispreis der Seliger-Gemeinde und der Brückenbauer-Auszeichnung der SPD-Landtagsfraktion in Bayern ist Dr. František Černý, langjähriger Botschafter der Tschechoslowakei sowie der Tschechischen Republik in Berlin, auf dem Empfang für Heimatvertriebene, Geflüchtete und Aussiedler am Sonntag im Münchener Maximilianeum gewürdigt worden.

Christa Naaß, Präsidiumsmitglied des Bundesvorstands der Seliger-Gemeinde.

Tomáš Kafka, Botschafter der Tschechischen Republik in Berlin.

Volkmar Halbleib, vertriebenenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.

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a eine Reise von Berlin nach München für den 91-jährigen zu belastend gewesen wäre, nahm Černý per Videoschalte an dem Festakt teil. Vor Ort im Maximilianeum war dagegen sein Patenkind, der tschechische Botschafter in Berlin, Tomáš Kafka, der feststellte, daß sowohl die Sudetendeutschen als auch die Tschechen ohne Černýs völkerverbindendes Engagement viel schlimmer dran wären. Kafka: „František Černý hat Freude in die deutsch-tschechischen sowie in die sudetendeutsch-tschechischen Beziehungen gebracht, Freude am Beisammensein, am gemeinsamen Schaffen, aber auch am offenen Dialog.“ „František Černý wurde mit der samtenen Revolution zu einer der Schlüssefiguren der deutsch-tschechischen Beziehungen“, sagte Christa Naaß als Vertreterin der Wenzel-JakschGedächtnispreis-Jury. Dieser und alle bisherigen 14 Vertriebenenempfänge hätten, so hatte Gastgeber Volkmar Halbleib, der vertriebenenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in seiner Begrüßung erklärt, immer unter einem großen Motto gestanden: „Es ist das Thema des Brückenbaus, des Lernens aus der Geschichte über Gegensätze und Grenzen hinweg für ein gemeinsames Europa – oder wie es Papst Franziskus gesagt hat: Niemals Mauern, sondern nur Brücken.“ Neben Černý zeichnete die SPD-Fraktion weitere Brückenbauer aus, und zwar Dr. Oxana

Bewegender Moment im Plenarsaal des Bayerischen Landtags: František Černý teilt seine Erinnerungen per Videoschalte aus Berlin mit den Gästen in München. Am Podium lauschen Christa Naaß, Fraktionsvize Ruth Müller, MdL Volkmar Halbleib, Botschafter Tomáš Kafka, die Bundesvorsitzenden der Seliger-Gemeinde, Helena Päßler und Dr. Helmut Eikam, sowie Landtagsvizepräsident Markus Rinderspacher. Fotos: Torsten Fricke

Brückenbauer-Auszeichnung für Dr. Stefan Daubner (Mitte) und das Musicalteam Tisa vom Schyren-Gymnasiums in Pfaffenhofen an der Ilm.

Tomáš Kafka, Olga Procházková und Landesobmann Steffen Hörtler.

dach, die Organisatoren und Teilnehmer des Projekt-Seminars des Deutschhaus-Gymnasiums Würzburg mit der Erstel-

lung eines deutsch-polnischen Kochbuchs sowie Dr. Stefan Daubner vom Schyren-Gymnasium in Pfaffenhofen an der Ilm mit

Matiychuk, Leiterin der ukrainisch-deutschen Kulturgesellschaft Tscherniwizi und Gründerin des Zentrums Gedanken-

dem Team des Deutsch-Tschechischen Jugendmusicalprojekts Tisa. Per Videobotschaft gratulierten auch die Bundestagsabgeordneten Saskia Esken, Bundesvorsitzende der SPD, und Natalie Pawlik, Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, den Preisträgern. MdL Halbleib: „In einer Zeit, in der in Europa ein furchtbarer Krieg tobt, kommt es umso mehr darauf an, aus der tragischen Geschichte des 20. Jahrhunderts zu lernen und Minderheitenschutz, Versöhnung und Dialog wieder mehr in den Mittelpunkt zu stellen.“ Torsten Fricke

Gemeinsame Sitzung des tschechischen Kabinetts mit der EU-Kommission zum Auftakt der EU-Ratspräsidentschaft

„Europa steht vor großen Herausforderungen“ Auftakt der EU-Ratspräsidentschaft auf Schloß Leitmeritz in schwierigen Zeiten: Seine Regierung, so versicherte der tschechische Premierminister Petr Fiala, werde alles tun, um angesichts des russischen Angriffskrieg auf die Ukraine als EU weiterhin geschlossen aufzutreten. Diese Einheit habe sich als stärkste Waffe erwiesen.

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m 1. Juli, dem ersten Tag der EU-Ratspräsidentschaft, stand für die tschechische Regie-

rung eine Arbeitssitzung mit der Europäischen Kommission unter der Leitung ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen auf dem Programm. Zu den Hauptthemen der Beratungen gehörten neben der Hilfe für die Ukraine die aktuelle Situation bei den Energiepreisen und der Verfügbarkeit von Energierohstoffen, die Erhöhung der Energieunabhängigkeit der Europäischen Union von russischen Quellen und die Stärkung der EU-Sicherheit.

Fiala: „Die Energiepreise erdrücken unsere Volkswirtschaften, verursachen Probleme für die privaten Haushalte und sorgen für Unruhe in der Gesellschaft. Europa steht in den kommenden Monaten vor großen Herausforderungen. Energie, Energiepolitik, das sind genau die Bereiche, in denen die Europäische Union gemeinsam und koordiniert handeln sollte, denn nur so haben wir eine Chance, die Krise schnell und erfolgreich zu lösen.“

Tschechiens Premierminister Petr Fiala begrüßt EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyn auf Schloß Leitmeritz. Fotos: Vlada CZ


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AKTUELL · MEINUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 27 | 8. 7. 2022

AUS UNSEREM PRAGER BÜRO

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as Prager Sudetendeutsche Büro unterhält traditionell enge und freundschaftliche Beziehungen zu den Botschaften der skandinavischen Länder. Am intensivsten ist der Kontakt zur diplomatischen Vertretung des Königreichs Norwegen. Dessen Botschafter Robert Kvile hat eine spezielle Beziehung zu Mitteleuropa, denn er hat deren Sprachen studiert, unter anderem auch Tschechisch an der Prager Karls-Universität Anfang der 1990er Jahre. Bevor seine Mission in der Tschechischen Republik

PRAGER SPITZEN

zu Ende geht, traf er sich mit SL-Büroleiter Peter Barton zu einem Abschiedsessen und versprach dabei, sich von seinem neuen Wirkungsort aus zu melden. Der 1958 geborene Diplomat war unter anderem als Vertreter seines Landes bei der OSZE in Wien sowie am Generalkonsulat im russischen Murmansk und als Botschafter in Islamabad (Pakistan) tätig. Bei dem gemeinsamen Treffen informierte ihn Barton auch über die neuesten Aktivitäten im (sudeten)deutsch-tschechischen Verständigungsprozess.

Covid-19 häufigste Todesursache

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ovid-19 war im Jahr 2021 mit 18 Prozent beziehungsweise 25 500 Verstorbenen die häufigste Todesursache in Tschechien. Vor der Pandemie waren Herzerkrankungen die häufigste Todesursache. Insgesamt starben im vergangenen Jahr 139 981 Menschen, so viele wie seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr, so das Tschechische Statistikamt.

„Wir Europäer brauchen gemeinsame Erfolge“

Fotoreporter Egon Lippert (11. August 1938 – 23. Juni 2022).

Mit einem Konzert hat die Tschechische Botschaft in Berlin die Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch die Tschechische Republik begangen.

Nachruf

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Trauer um Egon Lippert Er war ein geschätzter Kollege im Redaktionsteam der Sudetendeutschen Zeitung. Mit seiner Kamera hielt Egon Lippert viele besondere Momente aus dem Leben der Sudetendeutschen Volksgruppe fest. Überraschend ist der engagierte Fotoreporter jetzt im Alter von 83 Jahren am 23. Juni verstorben.

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eim Gedenkgottesdienst am 1. April für Kaiser Karl I. in St. Peter in München war Egon Lippert noch im Einsatz und fotografierte unter anderem für die Sudetendeutsche Zeitung. Auch beim Sudetendeutschen Tag in Hof wollte Lippert dabei sein, erkrankte aber kurz davor an einer Covid-19. In seinem Wahlheimatort Eichenau im Landkreis Fürstenfeldbruck ist Lipperts Arbeit im vergangenen Jahr mit einer großen Fotoausstellung gewürdigt worden. Der am 11. August 1938 geborene Lippert war unter anderem Mitglied in der Vereinigung Europäischer Journalisten und im PresseClub München.

äste waren die französische Botschafterin Anne-Marie Descôtes, da Frankreich den Staffelstab weitergab, die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Katarina Barley, und die Staatsministerin für Europa und Klima im Auswärtigen Amt, Anna Lührmann, die jeweils Grußworte sprachen. Der Hausherr, Botschafter Tomáš Kafka, nahm in seinen Einführungsworten zur Ratspräsidentschaft Bezug auf sein übergroßes und wenig praktisches Botschaftsgebäude: „Die Wahrheit ist, daß wir gerade in Kriegszeiten weniger Monumentalität und große Projektionsflächen, welche unser Berliner Botschaftsgebäude reichlich offeriert, benötigen. Wir brauchen eher Bedachtsamkeit, Flexibilität und Spitzfindigkeit. Wir streben daher eine Ratspräsidentschaft mit Maß an, aber keine Mittelmäßigkeit. Es ist kein Geheimnis, daß die EU große Transformationspläne verabschiedet hat. Daraus folgt, daß man für diese Pläne des ökologischen Umbaus der europäischen Wirtschaft eine demokratische Legitimierung der Entscheidungsprozesse und einen strategischen Kompaß benötigt. Dazu stehen wir auch weiterhin. Die einzige Frage ist, wie man diese Pläne in den Kriegszeiten sinnvoll und clever umset-

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apst Franziskus hat das Pallium des neuen Erzbischofs von Prag, Jan Graubner, vor dessen Amtsantritt gesegnet. Die Messe im Vatikan wurde dabei vom Oberhaupt der katholischen Kirche gemeinsam mit dem neuen Erzbischof zelebriert

Präsident Zeman spricht von Sabotage

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Energievorräte werden aufgestockt

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Jan Graubner neuer Erzbischof von Prag

Konzert in der Tschechischen Botschaft zur Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft

möglichen Sabotageverbrechens im Zusammenhang mit seiner schweren Erkrankung im vergangenen Herbst zu ermitteln. Damals war offen spekuliert worden, Zeman sei nicht mehr im Stande, seinen Arbeitspflichten nachzugehen. Mehrere Politiker hatten daraufhin gefordert, dem Staatsoberhaupt einen Teil seiner Kompetenzen zu entziehen.

räsident Miloš Zeman hat Justizminister Pavel Blažek (ODS) beauftragt, wegen eines

ie tschechische Staatliche Materialverwaltung (SSHR) hat auf Anweisung der Regierung erstmals eine Erdgas-Notreserve für 2,4 Terrawattstunden angelegt, hat SSHR-Chef Pavel Švagr erklärt. Weiter aufgestockt werden nach einem Beschluß der Regierung auch die Erdölvorräte. Erdgas spielt im tschechischen Strommix mit 7,7 Prozent aber nur eine untergeordnete Rolle. 37,4 Prozent des Stroms werden aus Kernenergie gewonnen. Hier ist auch die Uran-Versorgung für die nächsten Jahre gesichert. 35,7 Prozent des Stroms werden mit Braunkohle produziert.

Sudetendeutsche Zeitung

Musik von Miloslav Kabeláč stand bei dem Konzert in der Tschechischen Botschaft im Mittelpunkt. Foto: Miksch zen kann. Um nicht die bestehende Geschlossenheit sowie die öffentliche Unterstützung unserer Ukrainepolitik zu gefährden.“ „Europa als Aufgabe“, das tschechische Motto für die EURatspräsidentschaft, bedeute, so der Botschafter, „sich gegenseitig respektvoll zu behandeln, nach guten Kompromissen Ausschau zu halten und die eigenen Werte nicht zu untergraben“. Auch die Ukraine brauche eine starke EU. „Wir müssen daher mehr Ausdauer und weniger Radikalität an den Tag legen. Und noch etwas brauchen wir ganz dringend: Wir Europäer brauchen die gemeinsamen Erfolge“, so Kafka. Im Zentrum des festlichen Spätnachmittags stand dann aber der tschechische Komponist Miloslav Kabeláč (1908–1979), der fast vergessen war und den die Musikjournalistin Elisabeth

Hahn, die sich in ihrer musikwissenschaftlichen Dissertation eindringlich mit ihm beschäftigte, in einem kleinen biografischen Exkurs vorstellte. Ein illustres Bläsersextett spielte ein Stück Kabeláčs, das kurz nach dessen Kantate „Weichet nicht“ entstanden war, die er nach der deutschen Okkupation der ČSR 1939 komponierte und die zum Widerstand gegen die deutschen Besatzer aufrief. Der Kinderchor der Deutschen Oper in Berlin unter Leitung von Christian Lindhorst sang anschließend ein französisches Lied nach Gedichten des Pragers Rainer Maria Rilke und präsentierte den achtteiligen Zyklus „Natur“ für Kinderchöre, die Kabeláč nach dem kommunistischem Putsch 1948 komponierte und die ein Beispiel seiner Hinwendung zur Musik für Kinder ist. Ulrich Miksch

ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Herbert Ring, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Verlagsassistentin: Birte Rudzki. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2022 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2021 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.

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14. – 17. Juli 2022

Museumsfest des Sudetendeutschen Museums 14.07.

19:00 – 21:00 Uhr

15.07.

20:30 – 24:00 Uhr

16.07.

in der Hochstraße 10, 81669 München

Ausstellungseröffnung „allerley kunststück“ Rap-/Elektrokonzert mit Lasershow 10:00 – 14:00 Uhr

Museumsrallye 11:00 und 14:00 Uhr

Puppentheaterspiel 16:30 – 17:45 Uhr

17.07.

Mitmachtänze für Kinder

09:30 – 13:00 Uhr

Böhmischer Frühschoppen u.v.m.

Trägerin des Sudetendeutschen Museums: Sudetendeutsche Stiftung, Hochstraße 8, 81669 München

Das Sudetendeutsche Museum wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.

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Informationen: www.sudetendeutsches-museum.de


AKTUELLES

Sudetendeutsche Zeitung Folge 27 | 8. 7. 2022

Festakt im Nürnberger Rathaus. Erste Reihe von links: PEU-Generalsekretär Pavo Barisic (Kroatien), Internationaler PEU-Präsident Alain Terrenoire (Paris), OB Marcus König, Tschechiens Europaminister Prof. Mikulas Bek, Ministerpräsident Markus Söder, Bernd Posselt, der Bundesvorsitzende der Paneuropa-Jugend, Christian Hoferer, Staatsminister a.D. Ludwig Spaenle mit Ehefrau Miriam, MdEP a.D. Milan Horaceku und Stefanie Finzel. Im Rahmen der 48. Paneuropa-Tage der Paneuropa-Union Deutschland hat diese älteste europäische Einigungsbewegung ihr 100jähriges Bestehen begangen. Dieser viertägige „Kongreß auf Rädern“ fand grenzüberschreitend in Nürnberg, in Ronsperg, dem böhmischen Heimatort von Richard Graf Coudenhove-Kalergi, der 1922 die Paneuropa-Union gründete, sowie in den Gebäuden des Europaparlaments und des Europarats in Straßburg statt.

An der Büste Coudenhove-Kalergis in der Ahnengalerie des Europarates in Straßburg (von links): der Erste Vizepräsident des Europäischen Parlamentes, Dr. Othmar Karas aus Wien, der internationale Präsident der Paneuropa-Union, Alain Terrenoire aus Paris, und der Präsident der Paneuropa-Union Deutschland, Bernd Posselt aus München. Die Fahnen tragen Marlene Wolsky und Louis Kienle von der Paneuropa-Jugend.

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Böhmisches Volksfest vor der Schloßruine von Ronsperg, dem ehemaligen Sitz der Reichsgrafen von Coudenhove-Kalergi. Von rechts nach links: der internationale Paneuropa-Präsident Alain Terrenoire aus Paris, der tschechische Paneuropa-Präsident Marian Švejda, Ronspergs Bürgermeister Martin Kopecký sowie Bernd Posselt und Stephanie Waldburg von der Paneuropa-Union Deutschland. Fotos: Stefan Zwinge

Europas älteste Einigungsbewegung feierte in Nürnberg, Ronsberg und Straßburg ihr 100jähriges Bestehen

Paneuropa will stärkere EU mit offenen Binnengrenzen

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eim Festakt im historischen Rathaussaal von Nürnberg würdigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder die überparteiliche Paneuropa-Union als „erste und stärkste Friedensbewegung, die wir haben“. Das Gedankengut, das sie hervorgebracht habe, sei aktueller denn je: „Europa wird nicht in erster Linie über Geld definiert, sondern baut auf dem Christentum und der Aufklärung auf. Es hat religiöse Wurzeln und verficht die Universalität der Menschenrechte.“ Die Paneuropa-Idee sei, so Söder, somit „ein Angebot an die Welt in Zeiten, wo die Demokratien wackeln.“ Mit Blick auf die anstehende EU-Reform meinte Söder: „Europa muß sich nach innen stabilisieren und nach außen Strahlkraft behalten, und dies vor dem Hintergrund eines nicht provozierten, völkerrechtswidrigen Angriffskrieges, der nicht nur die Ukraine, sondern auch unsere Freiheit treffen soll. Rußland darf diesen Krieg nicht gewinnen – die Ukraine muß ihn gewinnen.“ Bayerns Regierungschef betonte, er unterstütze den Einsatz der Paneuropa-Union für den Westlichen Balkan, der bei den Paneuropa-Tagen mit zahlreichen Delegationen vertreten war: „Diese Region gehört zu uns und muß bald integriert werden. Nordmazedonien und Albanien etwa brauchen eine klare Perspektive; und Serbien muß sich entscheiden, ob es zu uns gehören will oder nicht.“ Viel Lob zollte Söder der grenzüberschreitenden Paneuropa-Arbeit und dem Präsidenten der Paneuropa-Union Deutschland, Bernd Posselt, der für die Ziele der Bewegung „mit Entschlossenheit, Sturheit und Charme“ eintrete: „Ihr seid ein Energy-Drink für die Zukunft!“

Keine Illusionen über Rußland

Auf besondere Aufmerksamkeit stieß die Ansprache des tschechischen Europaministers Mikuláš Bek, weil Böhmen vor 100 Jahren in Gestalt von Richard Coudenhove-Kalergi die Paneuropa-Union hervorgebracht hat und von 1. Juli bis Jahresende die EU-Ratspräsidentschaft ausübt. Bek forderte ebenfalls, die Staaten des Westbalkan in die EU aufzunehmen, und unterstrich die Bedeutsamkeit des EU-Kandidatenstatus der Ukraine: „Wir sind entschieden proukrainisch und Advokaten einer EU-Mitgliedschaft!“ Seine Re-

Der bayerische Paneuropäer und EVP-Chef Manfred Weber wird mit der Sonderstufe der Paneuropa-Verdienstmedaille von PEU-Präsident Bernd Posselt und PEU-Bundesgeschäftsführer Johannes Kijas ausgezeichnet. Links: Der tschechische Europaminister Mikuláš Bek und der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Fotos: Matthias Wilkes/Stefan Zwinge

gierung werde weniger mit Putin telefonieren als „mit den Dissidenten von der schmalen demokratischen Minderheit in Moskau“. Man dürfe bezüglich Rußland keine Illusionen haben. Der Minister umriß in seiner in fließendem Deutsch frei gehaltenen Rede die zentralen Ziele seines Landes beim EU-Vorsitz. Dieser stehe unter dem von Václav Havel geprägten Motto „Europa als Aufgabe“. Prag wolle vor allem fünf Schwerpunkte setzen: Lösung der mit dem Krieg in der Ukraine zusammenhängenden Flüchtlingskrise und hoffentlich Nachkriegsrekonstruktion des Landes; Energieversorgung der EU und Befreiung von Abhängigkeiten; Erhöhung der Verteidigungskapazitäten Europas, militärisch und bezüglich der Cyber-Sicherheit; strategische Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft bei Versorgungsketten; Festigung der de-

mokratischen Institutionen. Da sich Europa in einem seit Jahrzehnten nicht mehr dagewesenen Kampf verteidigen müsse, brauche es eine Stärkung im Bereich der Werte, etwa durch gemeinsame Aufarbeitung der totalitären Geschichte: „Wir müssen überlegen, wie wir das gemeinsame Gedächtnis nutzen können als Schild gegen die Gefahren in der heutigen Welt.“ Der Präsident der PaneuropaUnion Deutschland und Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, unterstrich, die Paneuropa-Union sei nicht nur eine Friedens-, sondern auch eine Freiheitsbewegung und daher nicht auf wehrlose Weise pazifistisch, sondern Verfechterin einer europaweiten wehrhaften Demokratie, die sich gegen Krieg und Totalitarismus verteidigen könne. Die Paneuropa-Idee sei von Anfang an eine geopolitische und eine kulturelle gewesen. Geopolitisch gehe

es darum, alle Völker und Volksgruppen des Kontinents, von den Grenzen Rußlands bis zum Atlantik, in „einer Art großen Schweiz zu einer eigenständigen Kraft zusammenzufassen“. Um dies zu erreichen, sei das gemeinsame kulturelle Fundament unverzichtbar: „Ohne Europäer gibt es kein Europa, keine europäische Gemeinschaft der Völker, der Volksgruppen und der Bürger.“ Christlicher Glaube, römisches Recht und griechische Philosophie hätten die europäische Kultur geformt, die aber nicht in totem Traditionalismus erstarren dürfe: „Wir brauchen ein lebendiges Christentum in Europa und sollen nach biblischem Auftrag Salz der Erde sein.“ Posselt nannte als größte aktuelle Herausforderung für die Paneuropa-Union die Eurasische Bewegung Wladimir Putins und seines Ideologen Alexander Dugin, die ein von Moskau dominiertes Zwangsgebilde von Wladiwostok bis Lissabon errichten wollten, wie sie auch jüngst wieder mehrfach öffentlich bekundet hätten. Man solle dies endlich ernst nehmen: „Wir werden eine vernünftige Nachbarschaft zwischen Europa und Rußland

erst dann haben, wenn Putin und sein Regime gestürzt sind und in Rußland ein grundlegender Systemwandel stattgefunden hat.“

„Rettet die Schengen-Freiheit!“

Neben ihrer 100 Jahre alten geopolitischen und kulturellen Funktion habe die PaneuropaUnion spätestens seit der Gründung der Europäischen Parlamentarier-Union 1947 – ebenfalls durch Coudenhove-Kalergi – auch die Aufgabe, Europa zu demokratisieren und zu parlamentarisieren. Deshalb unterstütze sie das Europaparlament bei seiner Forderung nach einem Konvent zur Reform der Europäischen Verträge und wehre sich gegen jede Form von Renationalisierung: „Wir werden die schleichende Wiedereinführung der Kontrollen an den EU-Binnengrenzen, die etwa in den Zügen aus Österreich und der Tschechischen Republik nach Deutschland ein skandalöses Ausmaß angenommen haben, nicht hinnehmen. Damit wird eine der wichtigsten europäischen Errungenschaften entkernt. Wird dies nicht gestoppt, werden wir eine Europäische Bürgerinitiative

gemäß EU-Vertrag auf den Weg bringen unter dem Motto ‚Rettet die Schengen-Freiheit!‘’’ Der internationale Paneuropa-Präsident Alain Terrenoire aus Paris warnte davor, sich in der Abwehr der russischen Aggression und des chinesischen Dominanzstrebens ausschließlich auf USA und NATO zu verlassen. Schon bei den Wahlen im Herbst könnten die Vereinigten Staaten wieder in Richtung Trump kippen, und zwei Jahre später ein anderer Präsident eine völlig andere Richtung einschlagen. Der Aufbau einer handlungsfähigen Weltmacht Europa müsse Teil eines „globalen geopolitischen Transfers“ sein. Dazu gehöre, die verteidigungspolitische Zersplitterung in 27 getrennte Militärbudgets der EU-Mitgliedstaaten zu überwinden. Die Europäer dürften nicht in der geopolitischen Rivalität zwischen Washington und Peking zerrieben werden, die sich noch dazu durch das jetzige chinesisch-russische Bündnis verschärfe. Terrenoire erinnerte an seinen Vor-Vorgänger, den PaneuropaGründer Richard Graf Coudenhove-Kalergi, der vor 100 Jahren geschrieben habe, daß es an den Europäern selbst liege, ob es ihnen gelinge, sich zu vereinigen, oder nicht. Der Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König begrüßte die Gäste aus 18 Nationen in seinem Rathaussaal aus dem 14. Jahrhundert, in dem 1649 nach dem Dreißigjährigen Krieg das Friedensmahl abgehalten worden sei. Auch die PaneuropaUnion sei ein Friedensprojekt: Die Feindschaft zwischen den Nationalstaaten sollte überwunden und dauerhafter Friede hergestellt werden. König erinnerte auch an den verstorbenen Paneuropa-Präsidenten Otto von Habsburg, der oft in diesem Saal gesprochen habe. „Als Sohn des letzten österreichischen Kaisers stand er wie kein anderer für ein geeintes Europa auf einem festen Wertefundament.“ Die Kontakte dieses herausragenden Europaabgeordneten über den Eisernen Vorhang hinweg seien mit dem legendären Paneuropa-Picknick am Beginn des epochalen Umbruchs von 1989 gestanden. „Otto von Habsburg hatte damals schon die Vision, die Staaten des östlichen Mitteleuropa und Osteuropa als Teil der EU zu sehen.“ In diesem Zusammenhang erschütterten heute in Nürnberg, wo man im Herzen Europas die Vorteile der EU genieße, „die Bilder aus unserer ukrainischen Partnerstandt Charkiv uns tief“. Die sehr aktive und starke Paneuropa-Union Ukraine war anders als bei früheren Kongressen an der Entsendung ihrer Führung durch den Krieg gehindert, meldete sich aber im Rathaussaal dadurch zu Wort, daß die Sängerin Oksana Kalinchuk zuerst die ukrainische Nationalhymne und dann ein Lied aus dem mitteleuropäischen Kleineuropa der Habsburger-Monarchie, zu der die Westukraine bis 1918 gehörte, vortrug. Fortsetzung Seite 4


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AKTUELL · TERMINE

Fortsetzung von Seite 3:

VERANSTALTUNGSKALENDER

100 Jahre Paneuropa-Union

... Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte ein schriftliches Grußwort gesandt, in dem sie die Paneuropa-Union eine „ganz besondere europäische Vereinigung“ nannte, die als erste eine demokratische Föderation aller europäischen Staaten gefordert und damit die Ideen von Europarat und Europaparlament in der EU verankert habe. Diese müsse eine Bastion von Freiheit und Rechtstaatlichkeit sein und wirksam für eine Weltordnung eintreten, in der die Verbindung von Macht und Recht zähle und nicht das Recht des Stärkeren. Die Art der Paneuropa-Union, ihr Jubiläum zu feiern, sage viel aus – „grenzüberschreitend deutsch-tschechisch mit einem Ausklang im Europaparlament in Straßburg.“ Ein weiteres Grußwort übersandte der kroatische Außenminister Gordan Grlić Radman, der auch die Grüße seines Ministerpräsidenten Andrej Plenković überbrachte, der dem Präsidium der Paneuropa-Union Kroatien angehört. Der Außenminister unterstrich sein „persönliches Bekenntnis zu den Grundsätzen der Paneuropa-Union bei der Unterstützung der Ukraine und dem Aufbau eines geeinten Europas“. Der Festakt wurde umrahmt von der Egerländer Familienmusik Hess und moderiert vom Bundesvorsitzenden der Paneuropa-Jugend Deutschland, Christian Hoferer. Dieser rief dazu auf, den Rückblick „auf die Wegmarken des historischen Erbes unserer Paneuropa-Union als geistiges Fundament für die Zukunft zu nutzen.“ Er verwies auf die wegweisenden Gedanken von Paneuropäern wie den Außenministern Gustav Stresemann in Deutschland und Aristide Briand in Frankreich, Intellektuellen wie Albert Einstein und Stefan Zweig oder jungen Politikern der Zwischenkriegszeit wie der französischen Schriftstellerin Louise Weiss und dem damaligen Kölner OB Konrad Adenauer.

Das erfinderischste Schloß der Welt

Anschließend fuhren die Teilnehmer mit einer Reihe von Bussen nach Ronsperg in Böhmen. Der Ronsperger Bürgermeister Martin Kopecký begrüßte den „Paneuropa-Kongreß auf Rädern“ und präsentierte seine Pläne, Ronsperg durch Restaurierung und Wiederbelebung des Coudenhove-Schlosses wie früher zu einem geistigen Mittelpunkt Europas und des Dialoges zwischen den Kulturen zu machen. Dabei fand er Unterstützung bei dem ehemaligen EU-Direktor und EU-Botschafter Gerhard Sabathil, dessen Großvater vor dem Zweiten Weltkrieg als Ronsperger Bürgermeister in engem Kontakt mit der Familie Coudenhove-Kalergi stand. Sabathil übermittelte die Glückwünsche der Europa-Gesellschaft Coudenhove-Kalergi aus Wien. Der Präsident der Tschechischen Paneuropa-Union, Marian Švejda, griff den Vorschlag Kopeckýs auf. Wenn die Familie Coudenhove-Kalergi nicht vertrieben worden wäre, hätte Richard Coudenhove-Kalergi vielleicht die Vorstellungen seines Vaters erfüllt, wie er in einem Brief an seine Schwester schreibe: „Wenn ich genug finanzielle Mittel hätte, würde ich Ronsperg gern in eine Akademie der Künste und Sprachen verwandeln, mit russischen, muslimischen, chinesischen und japanischen Professoren. ... Ronsperg wäre bald ein Ort der Bildung zwischen Nationen und Konfessionen, und es wäre das erfinderischste Schloß der Welt.“ Die japanische Paneuropäe-

Sudetendeutsche Zeitung Folge 27 | 8. 7. 2022

rin Masumi Muraki, Autorin der Biographie von Richard Coudenhoves japanischer Mutter sowie Schöpferin des japanischen Gartens im Schloßpark von Ronsperg, zeigte sich stolz darüber, daß ihre asiatische Heimat in Gestalt des in Tokio geborenen und in der böhmischen Heimat seiner Familie geprägten PaneuropaGründers am Anfang der europäischen Einigung gestanden sei. Der internationale Generalsekretär der Paneuropa-Union und ehemalige Wissenschaftsund Bildungsminister von Kroatien, Prof. Pavo Barišić, faszinierte durch eine Grundsatzrede, in der er die jetzt mit 50 000 Mitwirkenden durchgeführte „Konferenz zur Zukunft Europas“ als „einzigartigen Akt der deliberativen Demokratie“ rühmte. Dieser von der Vizepräsidentin der EU-Kommission und kroatischen Paneuropäerin Dubravka Šuica koordinierte Prozeß müsse jetzt in einem Konvent zur Reform der EU-Verträge fortgesetzt werden. Zum Abschluß eines Festgottesdienstes in der prachtvollen Ronsperger Kirche weihte der Pilsener Bischof Tomaš Holub zwei Paneuropa-Fahnen, die zwei Tage später in Straßburg von zwei Vertretern der Paneuropa-Jugend, Marlene Wolsky und Louis Kienle, feierlich dem Europaparlament und dem Europarat übergeben werden sollten. Der sommerliche Abend klang mit einem zünftigen Dorffest im Zelt vor der Schloßruine aus, mit den schmissigen Melodien und Liedern der Egerländer Familienmusik Hess bei Gulasch, Gegrilltem und Bier, wie es sich in Böhmen gehört.

Ehrung für Manfred Weber

Bei der festlichen Eröffnung des Kongresses am Vorabend in Nürnberg hatte der deutsche Paneuropa-Präsident Bernd Posselt ein prominentes Paneuropa-Mitglied, den EVP-Fraktionsund Parteivorsitzenden Manfred Weber, mit der Sonderstufe der Paneuropa-Verdienstmedaille ausgezeichnet. Weber nahm den „100. Geburtstag unserer gemeinsamen Bewegung“ zum Anlaß, einen „konkreten Zeitplan“ für die Fortentwicklung des neu beschlossenen Kandidatenstatus der Ukraine und der Republik Moldau hin zu einem Beitrittsprozeß zu fordern: „Wir dürfen uns nicht zurücklehnen und sagen, ihr seid schon willkommen, aber wir machen jetzt weiter Business as usual. Wir müssen unsere Versprechen mit Leben erfüllen!“ Es gehe bei Rußlands Krieg gegen die Ukraine „nicht um die NATO oder um angebliche Sicherheitsinteressen, sondern Putin will unsere Ideen nicht. Sein Feldzug ist gegen die Freiheit in der Ukraine, in Belarus, ja sogar im eigenen Land und in ganz Europa gerichtet. Als die Tochter von Alexej Nawalny bei uns im Europaparlament für ihren inhaftierten Vater den SacharowPreis annahm, sagte sie uns: ‚Es gibt auch in Rußland junge Menschen, die gerne so leben würden wie ihr.’ Es geht um die Grundidee, und deshalb ist das auch unser Konflikt.“ Der EVP-Chef betonte: „Man kann keine vernünftige EU-Erweiterung durchführen, wenn die EU nicht funktioniert. Deshalb müssen wir in der Außenpolitik das Mehrheitsprinzip durchsetzen und auf dem Weg zu einer Europäischen Verteidigungsunion vorankommen, wie sie die Paneuropa-Union schon vor 100 Jahren vorgeschlagen hat.“ 100 Milliarden für die Bundeswehr seinen zwar gut, „aber mit keinem Euro hat Berlin nachgedacht, was man in den europä-

ischen Strukturen machen könnte.“ Dabei sei doch jedem denkenden Menschen klar, daß Cybersicherheit nur auf europäischer Ebene geschaffen werden könne und daß russische Rakteten aus Königsberg innerhalb weniger Minuten jeden Punkt in Skandinavien oder auch Wien treffen könnten: „National macht es doch gar keinen Sinn mehr, ein Verteidigungssystem zu entwickeln.“ Weber kritisierte „das KleinKlein des Brüsseler Gipfels zum Thema Westbalkan“ und forderte zügigere Beitrittsverhandlungen dort. Die EU müsse das Subsidiaritätsprinzip respektieren, was aber auch mehr Gemeinsamkeit bedeute, etwa durch Schaffung einer Europäischen Gesundheitsunion. Vor allem aber gelte es „Europa eine Seele zu gönnen“. Er rief dazu auf, „die Vielfalt des Kontinents zu genießen“ und stolz auf dessen christliche Prägung zu sein, „die Orientierung gibt“. Fast jedes europäische Dorf habe in der Mitte eine christliche Kirche, was die Einzigartigkeit unseres Kontinentes ausmache. Unter großem Beifall faßte Weber zusammen: „Es ist einfach schön, Europäer zu sein“, und dankte „den heutigen Bannerträgern der Paneuropa-Idee für ihr Engagement“.

Böhmen, Mutterland Europas

Der Präsident der mitveranstaltenden Tschechischen Paneuropa-Union, Marian Švejda, früher ein Bürgerrechtler gegen den Kommunismus, erinnerte an den ersten Besuch Otto von Habsburgs an der Karls-Universität kurz nach der Samtenen Revolution, der dort sagte: „Böhmen hat ein Erstgeburtsrecht auf Europa.“ Dieser Idee, die die Studenten zunächst erstaunt habe, spürte Švejda durch die Geschichte nach. Das Gebiet der heutigen Tschechischen Republik sei durch die Geschichte hindurch der Kreuzungspunkt von „Migrationswellen gewesen, die später Europa konstituiert haben“, wie die Kelten und verschiedene germanische und slawische Stämme. Das Königreich Böhmen sei im Mittelalter dabei gewesen, als sich die „Aufteilung der übernationalen Macht in Kaiser- und Papsttum“ herausgebildet habe. Große europäische Herrscherhäuser wie die Přemysliden, aber auch Luxemburger und Habsburger hätten es regiert, Humanisten und Kirchenreformatoren von europäischer Bedeutung dort gewirkt. Am Prager Hof des Königs Georg von Podiebrad habe der Rechtsanalytiker Antonio Marini aus Grenoble den Vertrag zur „Einführung von Frieden unter allen Christen“ entwickelt, der ein Instrumentarium für eine europäische Ordnung mit Stimmengleichheit der Herrscher, einem Parlament mit Gerichtshof, ein Finanzierungssystem und eine gemeinsame Armee vorgeschlagen habe. Wegen der angespannten Position des Königs gegenüber dem Heiligen Stuhl sei dieser Plan nicht zum Tragen gekommen, aber an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert sei die Idee der friedlichen Einigung der europäischen Nationen „in einer verlorenen Domäne am Rande des Böhmerwalds“ im Kopf eines jungen Mannes, Richard Graf Coudenhove-Kalergi, zur Reife gelangt, der vor 100 Jahren die Paneuropa-Union gegründet habe und nach dem Sturz Hitlers endgültig zu einem Bahnbrecher der europäischen Einigung wurde. Kultureller Höhepunkt der festlichen Eröffnung war eine Musikrevue mit paneuropäischen Texten und Schlagern aus

Paneuropa-Revue, präsentiert von Franziskus Posselt, Iris Marie Kotzian und Martin Dechet. Foto: Zwinge den zwanziger und dreißiger Jahren. Die Sopranistin Iris Marie Kotzian präsentierte, begleitet von Martin Dechet auf dem Akkordeon, in verschiedenen europäischen Sprachen einen bunten Strauß von Liedern, unter anderem von Weggefährten Coudenhove-Kalergis wie Franz Lehar und Ralf Benatzky. Die von dem Pädagogen und Kabarettisten Franziskus Posselt ausgewählten und vorgetragenen Texte des Paneuropa-Gründers waren aus heutiger Sicht zum Teil von erschütternder Aktualität. Der Bundesgeschäftsführer der Paneuropa-Union Deutschland, Johannes Kijas, begrüßte zahlreiche Ehrengäste, unter ihnen die ehemaligen Vizepräsidenten des Europäischen Parlamentes Ingo Friedrich von der CSU und Libor Rouček von der tschechischen Sozialdemokratie, den Mitbegründer von Bündnis 90/Die Grünen und Paneuropäer Milan Horáček, MdB und MdEP a.D., den Ehrenvorsitzenden des Aufsichtsrates der Nürnberg-Versicherung und tschechischen Honorarkonsul Hans-Peter Schmidt sowie Delegationen aus 18 europäischen Ländern. Am Sonntagvormittag besuchten die Teilnehmer einen evangelischen Gottesdienst in der für Deutschland und Böhmen historisch gleichermaßen bedeutsamen Sebaldus-Kirche, den Pfarrer Axel Töllner hielt.

Noch bis Donnerstag, 21.

Juli, täglich von 8.00 bis 20.00 Uhr, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen und Verein Omnium (Prag): Ausstellung „Gerettete Denkmäler 2020 – Zeugen der deutschen Kulturgeschichte in der Tschechischen Republik“. Autobahnkirche Waidhaus, Autobahn A6 Nürnberg– Prag (Ausfahrt Waidhaus). Sonntag, 10. Juli, Egerländer Gmoi Nürnberg: 100 Jahre Egerländer Gmoi Nürnberg. 10.00 Uhr: Festgottesdienst; 11.30 Uhr: Festakt; 14.00 Uhr: Kulturnachmittag mit der Egerländer Geigenbauerkapelle Bubenreuth sowie mit Tanz-, Singund Musikgruppen der Gmoin und Trachtenverbänden. Genossenschaftssaalbau, MatthäusHermann-Platz 2, Nürnberg. Donnerstag, 14. bis Sonntag, 17. Juli: Sudetendeutsches Museum: Allerley Feierei – großes Museumsfest in München. Donnerstag, 19.00 Uhr: Eröffnung der Sonderausstellung „allerley kunststück“ (bis Sonntag, 4. Dezember). Freitag, 20.30 Uhr: Konzert mit Rick TheOg und May Rei. Samstag, 10.00 bis 14.00 Uhr: Museumsrallye für Kinder und Familien. 11.00 und 14.00 Uhr: Puppentheaterspiel. 16.30 Uhr: Kinder-Mitmachtanzen mit dem Böhmerwaldbund. Sonntag, 9.30 Uhr: Böhmischer Frühschoppen. 10.30, 11.00, 11.30 und 16.30 Uhr: Sonderführungen durch die Dauerausstellung. Freitag, 15. Juli, SL-Bezirksgruppe Oberfranken: Fahrt zum Sudetendeutschen Museum. Abfahrt Bayreuth Bahnhof 8.30 Uhr, Pegnitz-Wiesweiher 9.00 Uhr, weitere Zustiege auf Anfrage. Anmeldung bei Margaretha Michel, Telefon (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@familiemichel.net oder bei Rita Tischler, Telefon (09 21) 41 75. Samstag, 16. Juli, Egerlän-

der Gmoi Nürnberg: Dudelsacktag der Egerländer Gmoi Nürnberg. 14.00 Uhr: Vortrag „Zur Geschichte des Egerländer Dudelsacks – ein Musikinstrument im Fokus der Volkskunde um 1900“ von Georg Balling. 19.00 Uhr: Dudelsack-Konzert mit Regensburger Bordunmusik, Bojaz, Familienmusik Schmidt und Familienmusik Deistler. Haus der Heimat Nürnberg-Langwasser, Imbuschstraße 1, Nürnberg. Samstag, 16. Juli, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde Erlangen: „Na Uteku – Auf der Flucht“. Der Film dokumentiert das Schicksal der jüdischen Familie Weinstein aus Troppau. Anschließend Gespräch mit dem Troppauer Dieter Aust. Sportgaststätte des FSV Bruck, Tennenloher Straße 68, Erlangen. Montag, 18. bis Sonntag, 24. Juli, Heimatkreis Oberes Adlergebirge: Heimattreffen zur Annafestwoche 2022 in Rokitnitz/Adlergebirge. Auskunft: Ortsbetreuer Günther Wytopil, Telefon (0 61 63) 48 27 oder eMail gwytopil@gmail.com. Sonntag, 21. August, 14.00 Uhr: Tag der offenen Tür. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 21. August bis Freitag, 30. September, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Ausstellung „Niemandsland, Czernowitz-Butscha 2022 – Arbeiten der ukrainischen Künstlerin Olha Tregubova“. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 21. August bis Freitag, 28. Oktober, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Ausstellung „Sammlung neu entdeckt II. Ausgewählte Portraits aus der ,Ostdeutschen Artothek´“. Gerhart-HauptmannHaus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf.

Fahnenübergabe in Straßburg

Anschließend fuhr eine internationale Paneuropa-Delegation nach Straßburg ins Europaparlament und zum Europarat, deren Schaffung vor Jahrzehnten von der Paneuropa-Bewegung initiiert wurde. Der Erste Vizepräsident des Europäischen Parlamentes, Othmar Karas aus Wien, empfing die Teilnehmer im Winston-Churchill-Gebäude des Europäischen Parlamentes und zog mit ihnen ins benachbarte Palais de l‘Europe, wo der Europarat als älteste europäische Institution seinen Sitz hat und mit einer Büste in der Ahnengalerie an Richard Graf Coudenhove-Kalergi erinnert. Dort übergab die Paneuropa-Jugend die in Ronsperg geweihten Fahnen, die eine Brücke zwischen dem böhmischen Ursprung und der Straßburger Weiterentwicklung der Europäischen Idee schlagen. Bei der Feierstunde, der unter anderem diplomatische Vertreter der Niederlande, der Ukraine, des Souveränen Malteserordens, Mexikos und Japans beiwohnten, wurde die visionäre Rede abgespielt, die Coudenhove in Aachen gehalten hatte, wo ihm 1950 als Erstem der Europäische Karlspreis verliehen wurde. Der internationale Paneuropa-Präsident, Alain Terrenoire, und der deutsche PaneuropaPräsident, Bernd Posselt, überreichten Karas als „führendem Vorkämpfer einer europäischen Verfassung, wie sie Coudenhove schon vor 100 Jahren vorschlug“, die Sonderstufe der PaneuropaVerdienstmedaille. Karas dankte den Paneuropäern, daß „Sie nicht müde werden, das Leben Richard Coudenhove-Kalergis, die Geschichte und die Ziele der Paneuropa-Bewegung wach zu halten und uns immer wieder damit zu konfrontieren“.

Bach, Boellmann, Schubert und Co.

Von Orgel zu Orgel Samstag, 9. Juli, 19.00 Uhr: Konzert „Bach, Boellmann, Schubert und Co.“ mit Ilse Maria Reich (Orgel, Klavier, Lesung) und Christoph Reich (Bariton) im AdalbertStifter-Saal des Sudetendeutschen Hauses (Hochstr. 8, München) in Kooperation mit dem Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen. Ilse Maria Reich wird an diesem Abend ihr Publikum mit einem Konzertprogramm aus Orgelwerken von Johann Se-

bastian Bach, Antonin Dvorák und Léon Boellmann erfreuen sowie aus ihren Erinnerungen „Von Orgel zu Orgel“ lesen. Lieder für Bariton und Klavier von Franz Schubert, Robert Schumann und Georg Meyndt werden in der Darbietung von dem in Hermannstadt geborenen Christoph Reich zu hören sein. Anmeldung erforderlich unter Telefon (0 89) 4 49 99 30 oder per eMail an poststelle@ hdo.bayern.de.

Charta der Heimatvertriebenen Dienstag, 19. Juli, 18.00 bis 20.00 Uhr: Online-Seminar: „Die Charta der Heimatvertriebenen“. Gespräch mit Prof. Dr. Matthias Stickler, Institut für Geschichte der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Die Stuttgarter „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ von 1950 stellt ein bemerkenswertes Zeitzeugnis der Frühgeschichte der Bundesrepublik Deutschland dar. Sie war zum einen nach innen gerichtet, also an die westdeutsche Aufnahmegesellschaft, zum andern nach außen, also an die Siegermächte und an die Menschen der Staaten, die nach 1945 Deutsche aus ihrer Heimat vertrieben hatten. Die Charta legt Zeugnis ab vom Integrationswillen der Vertriebenen und von ihrer Bereitschaft zur Aussöhnung mit den östlichen Nachbarn Deutschlands. Der Referent behandelt in seinem Vortrag sowohl die Entstehung der Charta als auch deren Inhalt sowie die kritische Auseinandersetzung damit. Anmeldung unter eMail info@heiligenhof.de Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de


Sudetendeutsche Zeitung Folge 27 | 8. 7. 2022

AKTUELLES · KOLUMNE

5 � Mut tut gut

Helfen mit Herz und Hand D Bei der konstituierenden Sitzung des Stiftungsrates (von links): MdL Volkmar Halbleib, MdL Josef Zellmeier, Elke Pecher, MdL Prof. Dr. Gerhard Waschler, MdL Bernhard Pohl, Dr. Wolfgang Freytag, Steffen Hörtler, Michael Köller, Dr. Harald Nagel, Dr. Bastian Heinl, Christa Naaß, Franz Longin, Prof. Dr. Ulf Broßmann und Dr. Martin Posselt.

� Einstimmige Voten für Dr. Ortfried Kotzian als Vorstandsvorsitzender und Dr. Günter Reichert als Vize

Sudetendeutsche Stiftung stellt die Weichen für die neue Legislatur

Im neu gestalteten und technisch aufgerüsteten Adalbert-Stifter-Saal des Sudetendeutschen Hauses haben sich Stiftungsrat und Vorstand der Sudetendeutschen Stiftung zur 98. Stiftungsratssitzung getroffen und die neue Legislaturperiode von 2022 bis 2027 konstituiert.

D

ie Aufgabe dieses Stiftungsrates wird es sein, die Möglichkeiten im Kulturgeschehen der Sudetendeutschen Volksgruppe, die mit dem Bau des Sudetendeutschen Museums und der Erweiterung und Modernisierung des Sudetendeutschen Hauses geschaffen wurden, zu nutzen, auszuweiten und in ein stabiles Veranstaltungswesen zu überführen, das den modernen Anforderungen der Zukunft standzuhalten hat. Wie Ministerialrat Dr. Wolfgang Freytag vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales in Vertretung von Staatsministerin Ulrike Scharf ausführte, seien die vergangen fünf Jahre von 2017 bis 2022 vor allem durch die Baumaßnahmen Sudetendeutsches Museum und Sudetendeutsches Haus geprägt gewesen, wofür der Freistaat Bayern der Sudetendeutschen Stiftung, hier insbesondere Stiftungsrat und Vorstand, außerordentlich dankbar sei. Herkulesaufgaben hätten bewältigt werden müssen. Nach den üblichen Regularien konstituierte sich der neue Stiftungsrat, wie es das Gesetz über die Sudetendeutsche Stiftung vorsieht. Der Bayerische Landtag erhält im Stiftungsrat fünf Sitze nach der Mandatsverteilung der Parteien. Für die CSU wurden berufen Prof. Dr. Gerhard Waschler, MdL (Passau) und Josef Zellmeier, MdL (Laberweinting). Die Freien Wähler entsenden Bernhard Pohl, MdL (Kaufbeuren). Für die SPD sind Volkmar Halbleib, MdL (Würzburg) und für Das Bündnis 90/Die Grünen Gülseren Demirel, MdL (München) berufen worden. Die Staatlichen Behörden vertreten Ministerialdirigent Michel Köller (Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Wolfgang Freytag (StMAS), Dr. Harald Nagel (Finanzen) und Leitender Ministerialrat Maximilian Pangerl (Kultus). Das im Bundeskanzleramt angesiedelte Staatsministerium für Kultur und Medien hatte mitgeteilt, seinen Sitz im Stiftungsrat in dieser Legislaturperiode ruhen zu lassen. Die Sudetendeutsche Landsmannschaft hatte zwei altgediente Landsleute in den Stiftungsrat entsandt: Steffen

Dr. Ortfried Kotzian, Vorstandsvorsitzender der Studetendeutschen Stiftung (zweiter von links) mit (von links) Stellvertreter Dr. Günther Reichert, Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, und Ministerialrat Dr. Wolfgang Freytag vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales. Fotos: Mathias Heider Hörtler, den stellvertretenden Bundesvorsitzenden und Landesobmann von Bayern, und den Südmährer Franz Longin. Neu berufen wurden der Bundeskulturreferent Prof. Dr. Ulf Broßmann, die stellvertretende Bundesvorsitzende Heike Maas und die Präsidentin der Bundesversammlung, Christa Naaß. Nach der Konstituierung wählte der Stiftungsrat noch satzungsgemäß drei weitere sudetendeutsche Mitglieder hinzu: Hildrun Barthlme, Elke Pecher und Dr. Martin Posselt. Damit war der Stiftungsrat komplett und handlungsfähig. Die Mitglieder erhielten ihre vom Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder ausgefertigten Ernennungsurkunden. Danach konnte der Stiftungsrat an die Arbeit gehen. Erster und wichtigster Tagesordnungspunkt war die Wahl eines neuen Vorstandes. Als Vorsitzender des Vorstandes kandidierte Dr. Ortfried Kotzian und wurde mit 100 Prozent der abgegebenen Stimmen zum Vorstandsvorsitzenden gewählt. Als stellvertretender Vorsitzender wurde Dr. Günter Reichert vorgeschlagen und ebenfalls mit voller Stimmenzahl im Amt bestätigt. Den Vorstand komplettiert Dr. h.c. Bernd Posselt, der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und Bundesvorsitzende der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Mit diesem Wahlakt und der Überreichung der Urkunden war die Sudetendeutsche Stiftung im rechtlichen und praktischen Sinne wieder handlungsfähig. Im Folgenden lieferte Dr. Ortfried Kotzian den mündlichen Vorstandsbe-

richt ab und analysierte dabei die vier Ziele, die er sich bei seiner ersten Wahl im Jahre 2015 gesteckt hatte. „Als ich am 14. Oktober 2015, also vor etwa sieben Jahren, zum Vorstandsvorsitzenden der Sudetendeutschen Stiftung gewählt wurde, da war mein Leitmotiv für diese schwierige Aufgabe die Frage, ob ich wohl dafür geeignet sei. Und ich gebe zu: Es gab unendlich viel zu lernen und Erfahrungen und Wissen neu zu hinterfragen. Eine der Wesentlichsten dabei war die Tatsache, daß zeitliche Vorgaben in der Regel nicht eingehalten werden konnten, daß Voraussagen, es werde schon nicht so viel Arbeit zu bewältigen sein, sich als – wie man heute sagte – Fake-News erwiesen und daß Zielsetzungen, die zu erfüllen gewesen wären, sich als hartnäckiger darstellten, als es in den Vorstellungen der Agierenden realisiert werden sollte.“ Im Weiteren ging Kotzian auf die gegenwärtigen Motive seines Wirkens für die Sudetendeutsche Stiftung im Zusammenhang mit seinen Vorstandskollegen Günter Reichert und Bernd Posselt ein: „Mit der Errichtung des Sudetendeutschen Museums und den damit verbundenen Erweiterungen, Modernisierungsmaßnahmen und der notwendigen Aktualisierung der Technik hat das Zentrum der Sudetendeutschen an der Hochstraße einen wesentlichen Schritt in eine gedeihliche Zukunft gemacht, der weiter mit Leben erfüllt werden muß, in einer gemeinsamen Vision für die Sudetendeutschen über den Alltag hinaus, in einer Verantwortung vor der internationalen Gesellschaft, für einen huma-

nitären Anspruch in einer Welt voller Kriege und Krisen und einer Welt, die von mehr als 100 Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen bevölkert wird. Auch wenn in einer breit angelegten Medienlandschaft und in den Errungenschaften der digitalen Welt das Nachdenken über die Verantwortung des Einzelnen für die Gesellschaft, über das, was gemeinhin als Erinnerungskultur bezeichnet wird, über Menschenbilder, die aus human-ethisch-religiösen Traditionen hervorgehen; wenn all das aus der Mode gekommen ist, so sollte es Orte geben, wo diese angesprochenen Zielsetzungen geachtet und geschätzt werden. Die Sudetendeutsche Stiftung mit ihren Aufgaben und dem Sudetendeutschen Museum ist so ein Ort. Und weil wir, der Vorstand der Sudetendeutschen Stiftung, diese Verantwortung hoch schätzen, sind wir bereit, uns ihr zu stellen und diese Verantwortung noch weiter zu übernehmen, solange der Stiftungsrat uns bestätigt und Gott uns die notwendige Gesundheit gibt, um im Sinne der Sudetendeutschen Stiftung zu wirken.“ Im Anschluß daran wurde der Jahresabschluß 2021 in Vertretung des erkrankten Verwaltungsleiters Raoul Wirbals vom Verwaltungsleiter des Sudetendeutschen Museums, Jens Bergmann, präsentiert; den Rechnungsprüfungsbericht stellte der Wirtschaftsprüfer Ralf Zwingel vor und es folgte die Entlastung des Vorstandes. Günter Reichert ging in seiner konstruktiven Art auf die wichtigsten Aspekte des Nachtragshaushalts 2022 ein, bevor Dr. Stefan Planker die äu-ßerst erfolgreichen Aktivitäten des Sudetendeutschen Museums und seines Teams von den Sonderausstellungen bis zu den Größenordnungen der Museumsbesuche darstellte. Ein besonderer Schwerpunkt seiner Ausführungen bildete das Museumsfest (siehe unten), das vom 14. bis 17. Juli stattfindet, und die wegen der Corona-Pandemie zu kurz gekommene Eröffnung feierlich ergänzt. In gewohnt spannender Manier stellte der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, auf die Veränderungen in den deutsch-tschechischen Beziehungen vor, schilderte den Sudetendeutschen Tag in Hof mit all seinen positiven Facetten und erwähnte vor allem die EU-Ratspräsidentschaft durch die Tschechische Republik. Im Herbst bei der 99. Stiftungsratssitzung wird sich das Gremium weitgehend mit inhaltlichen Fragen, die Stiftung betreffend, auseinandersetzen müssen. ND

� Freier Eintritt und großes Programm von Donnerstag, 14. bis Sonntag, 17. Juli

Allerley Feierei im Sudetendeutschen Museum Pandemiebedingt konnte das Sudetendeutsche Museum in der Hochstraße in München im Herbst 2020 nicht standesgemäß mit einem Festakt eröffnet werden. Dies wird jetzt mit einem großen Museumsfest von Donnerstag, 14. bis Sonntag, 17. Juli nachgeholt. Der Eintritt ins Museum und zu den Veranstaltungen ist frei.

E

rster Höhepunkt des viertägigen Museumsfestes ist die Eröffnung der neuen Sonderausstellung „Allerley kunststück“ am Donnerstag, 14. Juli, ab 19.00 Uhr. Die Sonderausstellung

läuft bis zum 4. Dezember und zeigt Reliefintarsien aus Eger, also plastische Einlegearbeiten aus Holz. Am Freitagabend, 15. Juli, steht ein einzigartiges Konzert samt Lasershow auf dem Programm. Ab 20.30 Uhr treten unter dem Motto „Rap trifft auf Elektro“ Rick TheOg und May Rei auf. Der Fest-Samstag, 16. Juli, steht vor allem im Zeichen der Familien, insbesondere der Kinder. Von 10.00 bis 14.00 Uhr findet eine Museumsrallye statt. Um 11.00 Uhr und um 14.00 Uhr heißt es Vorhang auf für das Puppentheaterspiel „Heute kocht der Kasperl“ mit Pa-

trik Bothe. Und von 16.30 bis 17.45 Uhr sind Kinder vom Böhmerwaldbund zum Mittanzen eingeladen. Der Fest-Sonntag,17. Juli, beginnt ab 9.30 Uhr mit einem Böhmischen Frühschoppen. Anschließend finden mehrere Sonderführungen durch das Sudetendeutsche Museum (10.30 Uhr, 11.00 Uhr, 11.30 Uhr und 16.30 Uhr) sowie Kuratorenführungen durch die Ausstellung „Allerley kunststück“ (10.45 Uhr und 16.30 Uhr) statt. Den Schluß- und Höhepunkt bildet dann der offizielle Museumsfestakt für geladene Gäste zwischen von 14.00 bis 16.00 Uhr.

Das Sudetendeutsche Museum in der Hochstraße. Foto: Sudetendeutsches Museum

ie Geschichte vom Barmherzigen Samariter, die Jesus im Lukasevangelium erzählt, ist vielen Menschen bekannt. Diesen Sonntag sieht die katholische Leseordnung diese Geschichte wieder für die Gottesdienste vor. Ein Mann fiel auf seinem Weg von Jerusalem nach Jericho unter die Räuber. Er wurde schwer verletzt und war dem Tode nahe. Ein Priester und ein Levit kamen vorüber. Sie sahen den Schwerverletzten, gingen aber weiter, ohne zu helfen. Als Dritter kam ein Samariter an die Stelle. Dieser sah und half sofort. Die Samariter galten im Heiligen Land zur Zeit Jesu als Fremde und Irrgläubige. Daß Jesus gerade einen Angehörigen dieses Volksstammes als Vorbild hinstellte, mußte allein schon Aufmerksamkeit erregen, ebenso wie die Tatsache, daß die beiden Mitglieder der religiösen Elite, der Priester und der Levit, versagten. Ich persönlich kann und will mir nicht vorstellen, daß sie aus reiner Sorglosigkeit nicht geholfen haben. Vielleicht hatten Sie Termine, die sie für wichtig erachteten. Vielleicht warteten unerledigte Aufgaben auf sie. Vielleicht hatten sie sonstigen Streß. Auch wir sind nicht immer den Herausforderungen der konkreten Nächstenliebe gewachsen, weder als Einzelne, noch als Gesellschaft. In aller Ausführlichkeit beschreibt Jesus, wie der Samariter dem unter die Räuber gefallenen Mann geholfen hat. Er leistete nicht bloß Erste Hilfe, sondern kümmerte sich auch um die längerfristige Versorgung, indem er den Schwerverletzten in eine Herberge brachte, selbst dort eine Nacht verbrachte und schließlich Geld für die weitere Pflege zur Verfügung stellte. Das ist alles in allem ein höchst vorbildliches Handeln. Der Samariter sah mit dem Herzen auf den notleidenden Mann. So kam es, daß in ihm Mitleid geweckt wurde. Wir können von daher sagen: Mitleid kommt vom Sehen mit dem Herzen. Einmal mehr fällt mir dazu der bekannte Ausspruch von Antoine de Saint-Exupéry ein: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Alles Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Durch das Sehen mit dem Herzen wurde der Samariter zum solidarischen Handeln motiviert. So brauchte er offensichtlich nicht lange zu überlegen, sondern hat mit großer Selbstverständlichkeit getan, was zu tun war. Er hat menschlich gehandelt. Es gehört zu unser Kultur schlicht und einfach dazu, daß man jenen Menschen hilft, die keine oder kaum eine Möglichkeit zur Selbsthilfe haben. Sonst würden wir in einer ziemlich kalten und dunklen Gesellschaft leben. Die großen Heiligen der Nächstenliebe sind Musterbeispiele dafür, von Martin von Tours bis zu Mutter Teresa von Kalkutta. Ein anderer Heiliger aus diesem Zusammenhang ist Kamillus von Lellis, dessen Gedenktag demnächst, am 14. Juli, gefeiert wird. Von ihm stammt das Wort: „Legt euer Herz in eure Hände.“ Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, denn genau das hat der Barmherzige Samariter getan. Dr. Martin Leitgöb CSsR Seelsorger der Pfarrei Ellwangen-Schönenberg


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FORUM

� Brüssel

Sudetendeutsche Zeitung Folge 27 | 8. 7. 2022

PERSONALIEN

Stabwechsel sich dem Tempo des anderen anpassen und sich absprechen. Kollegialität und Zusammenarbeit werden wir auch für eine erfolgreiche Ratspräsidentschaft brauchen.“ us diesem Anlaß wurde ein Beim Lauf waren auch die Freundschaftslauf im Anden- Olympiasiegerin und Rekordläuken an den tschechischen Athle- ferin Jarmila Kratochvílová soten Emil Zátopek (1922–2000) wie die Olympioniken und Eheveranstaltet. Er fand im Brüsse- leute Štěpán Janáček und Grazyler Drei-Linden-Stadion (Trois na Prokopek-Janáček dabei. Die Tilleuls) statt, wo der legendäre Einnahmen aus den AnmeldegeSportler 1954 seibühren kommen nen Weltrekord im durch die VermittZehnkilometerlauf lung der Hilfsorganisation Člověk aufgestellt hatte. v tísni (Mensch in Beim Rennen Not) der Ukraine starteten symbozugute. lisch die beiden Am Ende der EU-Botschafter Veranstaltung, zu Philippe LégliseCosta für Frank- Beide Flaggen tragen die der ein 400-Meter-Lauf für Kinreich und Edi- Farben Blau, Weiß und Rot. der und ein Speerta Hrdá für die wurfwettbewerb Tschechische Rezu Ehren von Zátopublik. „Allein peks Witwe Dana die Tatsache, daß gehörten, wurde es sich um einen das tschechische Paarlauf handelt, Biopic „Zátopek“ ist interessant“, als Belgienpremiesagte Hrdá. „Die re gezeigt. Partner müssen

F

ür ihren langjährigen, außerordentlichen Einsatz für die Volksgruppe ehrte Steffen Hörtler (rechts), Obmann der SLLandesgruppe Bayern, das Ehepaar Kriemhild und Dietmar Heller (Mitte) jeweils mit der Bronzenen Verdienstmedaille der Landesgruppe. Mit Volksgruppensprecher Bernd Posselt (links) überreichte er beiden im Rahmen des Sudetendeutschen Tages die Medaillen. Die Landsleute engagieren sich seit Jahren sowohl im Landesvorstand als auch für ihre Heimatkreise und pflegen enge Beziehungen zu den heutigen tschechischen Gemeinden. Gerne präsentieren sie die Spezialitäten ihrer Heimat sowohl am Sudetendeutschen Tag als auch im Sudetendeutschen Haus beim Oster- und zum Adventsmarkt.

Am Samstag übergab Frankreich in Brüssel symbolisch den Staffelstab der EU-Ratspräsidentschaft an die Tschechische Republik.

A

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27/2022

Am 28. Juni feierte Helene Hable/Peckl, das Urgestein und die resolute Eminenz der SL-Ortsgruppe Altdorf und der SL-Kreisgruppe Landshut, im niederbayerischen Altdorf ihren 90. Geburtstag.

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� Multitalent aus dem Böhmerwald

ie Familie Peckl lebte in Hohenfurth bei Kaplitz im Böhmerwald. Doch am Himmelfahrtstag 1946 wurde sie ins niederbayerische Altdorf vertrieben. Dort schloß Helene die Schule ab und arbeitete auf dem Bauernhof, auf dem ihre Familie einquartiert worden war. Mit 18 Jahren nahm sie eine Stelle im Lohnbüro der Kondensatorenfabrik Lorenz in Landshut an. Die Peckls waren am schnellen Aufbau der SL-Ortsgruppe führend beteiligt, Helene insbesondere bei der Gründung und den Aktivitäten der örtlichen SdJ. Hier traf sie Hans Hable, der wie sie aus dem Böhmerwald, nämlich aus der Adalbert-Stifter-Stadt Oberplan stammte. Sie heirateten 1954, ihre Ehe wurde von den Kindern Dieter und Hildegard, sowie drei Enkelkindern gekrönt. In der SL engagierte sich Helene Hable anfänglich im kulturellen Bereich. Ihre Familie war für ihr Schauspieltalent berühmt, Helene war immer mit Herzblut dabei, später auch als Regisseurin, Souffleuse und Generalmanagerin zahlreicher Theateraufführungen. General ist hier wörtlich zu nehmen, denn trotz ihrer grenzenlosen Herzlichkeit sorgte sie stets für Ordnung, falls sich mal wieder der Böhmerwäldler Schlendrian breit gemacht hatte. Sie war Ortsobfrau der SL Altdorf und Mitglied im Kreisvorstand der SL Landshut. Mit ihrem Bruder Josef Peckl belebte sie den Deutschen Böhmerwaldbund (DBB) nach 1976 in Landshut. Ohne sie ist die Arbeit der SLOrtgruppe Altdorf und des DBB Landshut unvorstellbar. Das gilt nicht für die in der SL so wichtigen Ämter. Sie war „nur“ OrtsobAm 19. Juni starb Otto Riedl, langjähriger SL- und BdV-Aktivist aus dem Egerland, mit 85 Jahren im hessischen Löhnberg.

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eboren wurde er am 30. März 1937 in Langlamitz im Kreis Luditz nahe Karlsbad. Im Herbst 1946 wurde er mit seiner Familie aus der angestammten Heimat vertrieben und fand Aufnahme im hessischen Löhnberg. Mit Erfolg besuchte er die Volksschule in Löhnberg und begann eine Lehre als Feinoptiker, die er als Industriemeister abschloß. In Wetzlar und an verschiedenen Orten in der Oberlahnregion war sein Arbeitsplatz. Otto Riedl war ein Mensch, der stets bereit war, sich in die neue Gesellschaft einzubringen. Er übernahm gerne Aufgaben. So wurde er im Alter von zehn Jahren Ministrant in der neuen Pfarrvikarie Sankt Hedwig am neuen Wohnort. Im jugendlichen Alter wurde er Kreisspre-

Helene Hable 90 frau, gab dieses Amt 1989 im jugendlichen Alter von 57 Jahren ab und fungiert seither als Stellvertreterin ihres Nachfolgers Peter Fuhrmann. Sie legt auch keinen Wert auf Ämter und Posten, als Grande Dame ist sie so oder so die höchste Autorität und dies weit über die SL hinaus. Ich bin der Kreis­obmann der Jubilarin, einer ihrer zahlreichen Neffen und Nichten. Sie und ihr Mann sind außerdem meine Taufpaten. Unabhängig von der Verwandtschaft verdient Helene Hable eine echte Liebeserklärung. Denn egal ob blutsverwandt oder nicht, sie bringt stets das Gefühl von Familie in die Altdorfer SL und den Landshuter Böhmerwaldbund. Mit 15 Jahren stellte ich verwundert fest, daß die meisten Menschen bei den ganzen Feierlichkeiten, kulturellen Veranstaltungen und anderen Zusammenkünften gar nicht zur Sippe gehörten. Oder eben doch, denn Helene Hable sorgt einfach immer für eine familiäre Atmosphäre, in der zusammengehalten wird. Ganz im Stile einer böhmischen Mater Familias steht sie für alle ein, immer bemüht, den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. An oberster Stelle steht ihr Gemeinschaftssinn. Unermüdlich kümmert sie sich um die Familie, sowohl um die Blutsverwandten als auch um die Volksgruppe. Hierbei zeigt sich ihre soziale Ader. So sorgte sie dafür, daß die Einnahmen der Theatergruppe einem Kind zu Gute kamen, das an Glasknochenkrankeit und Lichtallergie litt. Ständig auf der „Roas“, kümmert sie sich um Großnichten und -neffen oder besucht Lands-

leute, die in Seniorenresidenzen wohnen. Da es dort selten böhmische Spezialitäten gibt, versorgt sie alle mit eben diesen, die aus der heimischen Küche legendären Status erlangt haben. Ihre Rezepte wurden auch schon im „Powidltascherl“, der SdJ-Zeitung, veröffentlicht. Auch wenn ihr Mann ein gelernter Bäcker und Konditor war, so behielt sie in der heimischen Küche stets das Regiment. Nie wurde eines ihrer Kuchenangebote abgelehnt. Man könnte meinen, daß mit 90 Jahren die Energie für den stetigen Einsatz nachläßt, aber weit gefehlt. Auch mit der Unterstützung ihrer Schwiegertochter, die ohne sudetendeutschen Hintergrund in der Ortsgruppe mitarbeitet, bewältigt sie ihr tägliches Pensum im Dienste der Gemeinschaft. Hin und wieder gönnt sie sich eine Auszeit, immer dann, wenn sie sich mit ihren Schwestern der Reiselust hingibt. Doch auch da ist klar, wer die Zügel in der Hand hat, denn auch in Momenten der Ruhe kann sie nur schwerlich aus ihrer Rolle. Die Bindung zur Heimat hat sie auch immer bewahrt. Kaum war der Eiserne Vorhang gefallen und das Zisterzienserkloster in Hohenfurth, wo ihr Vater bis zur Vertreibung Werkstättenleiter war, wieder von Mönchen bezogen worden, startete sie den ersten Hilfskonvoi. Von Bettwäsche bis zum Mobiliar, vieles, was zum erneuten Bezug des Stifts nötig war, organisierte sie. So schloß sie den Kreis, der durch den Verlust der Heimat so jäh unterbrochen worden war. Oft verbringt sie den Jah-

� Verdienstreicher Egerländer

Otto Riedl † cher der Jungen Aktion in der Ackermann-Gemeinde im Bistum Limburg. In der Kirchengemeinde war er Lektor und Kommunionhelfer und gehörte über viele Jahre dem Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrat an. 1964 heiratete er Walburga Schlegel. Ihnen wurden zwei Töchter und ein Sohn sowie fünf Enkelkinder geschenkt. 1967 trat er in den BdV und die SL ein. Kurz darauf übernahm er den Vorsitz des BdV-Ortsverbandes Löhnberg. Obmann der SL-Kreisgruppe Limburg-Weilburg wurde er 1985. Er war auch Stellvertretender Vorsitzender des BdV-Kreisverbandes Limburg-Weilburg. In der SL-Landesversammlung war er Stellvertreter des Präsidenten.

Für die Kommunalpolitik zeigte Otto Riedl ebenfalls Interesse. 1965 trat er in die CDU ein und war 1971 Mitbegründer des CDU-Gemeindeverbandes Löhnberg. Zum Vorsitzenden wurde er 1997 gewählt. 1997 bis 2006 gehörte er dem Kreistag des Landkreises Limburg-Weilburg an. Außerdem war er im Verwaltungsrat der Kreissparkasse Weilburg und ehrenamtlicher Richter beim Verwaltungsgericht in Wiesbaden. Sportlich betätigte er sich als Leichtathlet, Handball- und Volleyballspieler. Er war Mitbegründer und Leiter der JedermannGruppe des TuS Löhnberg und gehörte ebenso zum Vorstand. Er gehörte zu den Verfechtern der Charta der deutschen Heimatvertriebenen vom 5. August 1950, in der die Vertriebenen feierlich erklärten, trotz des an ih-

reswechsel oder die jährlichen Treffen der Hohenfurther im Kloster, welches direkt neben ihrem alten Elternhaus steht. Diesen Geist hat sie an die gesamte Sippe weitergegeben, schließlich hat sich bereits die vierte Generation der Nachgeborenen Hohenfurth als Zweitheimat zurückgewonnen. Zu ihrer Bescheidenheit gehört wohl auch, daß sie nie darüber nachgedacht hat, wie nachhaltig sie Einfluß auf die Menschen ihrer Umgebung ausgeübt hat. Wenn sie diese Zeilen liest, dann sei sie aufgefordert, dies doch bitte mal zu tun. Denn auch wenn es sich inzwischen schwer „hatscht“, schließlich sind die Gelenke auch schon 90 Jahre alt und das eine oder andere wurde bereits erneuert, so gibt es für sie einfach nur den geraden Weg nach vorne und dient dabei als leuchtendes Beispiel und Vorbild für Familie und Landsleute. Eine Geschichte aus ihrem nicht anekdotenarmen Leben zeigt die Kombination ihrer zwei hervorstechendsten Charaktereigenschaften. Als Sechsjährige war sie Zeugin der „Triumphfahrt“ Adolf Hitlers durch den Böhmerwald nach dem Münchener Abkommen. Die Hausbesitzerin ihres Kindergartens, eine überzeugte Nationalsozialistin, drückte Helene einen Blumenstrauß in die Hand und forderte sie auf, diesen dem „Führer“ ins Cabrio zu werfen. Auch in sehr jungen Jahren war sie pflichtbewußt und respektvoll gegenüber anderen Menschen und führte den Auftrag aus. Allerdings landete das Bouquet im falschen Auto, und der neue Machthaber mußte auf diese Ehre verzichten. Sie ist eine Frau der Tat und tut instinktiv das Richtige. Dazu und zu ihrem Ehrentag gratuliere ich von Herzen. Peter Polierer nen begangenen Unrechts der gewaltsamen Vertreibung auf Rache und Vergeltung zu verzichten und stattdessen durch harte, unermüdliche Arbeit am Wiederaufbau Deutschlands und Europas mitzuwirken. Seine politischen Vorbilder waren Konrad Adenauer, Robert Schumann und Alcide de Gaspari. Seit 1986 organisierte er die Reisen des BdV-Kreisverbandes Limburg-Weilburg in die östlichen Nachbarländer wie Tschechische Republik, Slowakei, Ungarn, Polen, Kroatien und Slowenien. Gerne erledigte er die Aufgaben als Heimatortsbetreuer für seinen Geburtsort Lang­ lamnitz und organisierte mehrere Reisen dorthin. Otto Riedl wurde mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande, dem Ehrenbrief des Landes Hessen und der Rudolf-von Lodgman-Plakette, der höchsten Auszeichnung der SL, geehrt. Für 70 Jahre Ehrenamt im kirchlichen Dienst erhielt er an Silvester 2021 ebenfalls eine Auszeichnung. Josef Plahl


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KULTUR

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Monika Ofner-Reim ist Erste Vorsitzende der Gemeinschaft Wischauer Sprachinsel. In Festagstracht führt sie durch die neue Ausstellung. Beim Exponat „Installation Vetreibungsgepäck“ steht auch Frederick Brütting, der Oberbürgermeister der Patenstadt Aalen. Bilder: Nadira Hurnaus, Izzet Urtimur Beim 25. Wischauer Heimattreffen in Aalen-Fachsenfeld im Ostalbkreis wurde auch die Eröffnung der neuen Ausstellung des Wischauer Informationsund Begegnungszentrum (IBZ) gefeiert. Unter dem Namen „Heimat im Gepäck“ zeigt sie „besondere Erinnerungsstücke mehr als 75 Jahre nach der Vertreibung“.

� Neue Ausstellung der Gemeinschaft Wischauer Sprachinsel

Besondere Erinnerungsstücke

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ie Ausstellung zeigt Kleidungsstücke, Haushaltsgeräte, Gebetbücher, Wallfahrtsbilder, Dokumente, Musikinstrumente und Vertreibungsgepäck. Auch Zeitzeugen werden mit Heimaterinnerungen und Foto auf Rollbildern vorgestellt. sh Bis Dienstag, 31. Januar 2023: „Heimat im Gepäck. Besondere Erinnerungsstücke mehr als 75 Jahre nach der Vertreibung“. In Aalen-Fachsenfeld, Informations- und Begegnungszentrum der Wischauer, Kirchstraße 47, Öffnungszeiten nach Vereinbarung unter Telefon (0 89) 70 09 97 00 oder (0 73 65) 66 43, eMail wischauer.sprachinsel@email.de

Plakat und Exponate wie Wallfahrtsandenken, Original-Klarinetten von Johann Drabek, Gründer der Röttinger Blasmusik, und eine Sammlung von Schürzenbunden.

Der älteste Teller entstand um1870, das Bügeleisen ist mit mehr als vier Kilogramm das schwerste Haushaltsgerät, und die: Paradegläser für die Hochzeit erkennt man am Symbol Turteltauben.

Monika Ofner-Reim stellt textilen Schätze der neuen Ausstellung vor, und ihre Mutter Rosina Reim führt Dr. Lilia Antipow, Presse-und Öffentlichkeitsreferentin des Haus des Deutschen Ostens in München, durch die Ausstellung.


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KULTUR

Am 4. März 2021 starb der tsche­ chische Ordensgeistliche und Menschenrechtler František Líz­ na SJ mit 79 Jahren in Olmütz. Peter Barton, Leiter des Sude­ tendeutschen Büros in Prag, er­ innert sich an Begegnungen mit dem Jesuiten.

Sudetendeutsche Zeitung Folge 27 | 8. 7. 2022

� Der tschechische Jesuit und Menschenrechtler František Lízna

Dem Glauben verpflichtet

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or meiner Flucht nach Deutschland im Frühling 1983 hatte ich mehrere Jahre in der Kirche des Heiligen Ignatius in Prag ministriert. Davor waren dort die jesuitischen Priester aus der geistlichen Verwaltung der Kirche vertrieben worden. Die letzten dort wirkenden Jesuiten waren die zwei Küster František Novák und Pavel Slezák. Bei Bruder Slezáks Geburtstagsfeier, wahrscheinlich 1978 oder 1979, erschien in dessen Wohnung im Haus Caritas, dem Sitz der Tschechoslowakischen Volkspartei am Karlsplatz, ein junger, athletischer Mann in weißem T-Shirt. Damals wußte ich noch nicht, daß das T-Shirt zu seiner Arbeitskleidung im Krankenhaus gehörte. An diese Begegnung erinnere ich mich gut. Ich hatte das Gefühl, daß František Lízna, so hatte er sich vorgestellt, vieles über mich ahnte, das mir selbst noch nicht bewußt war. An der Art, wie er mich klar und direkt anblickte, erkannte ich, daß man diesen Mann nicht belügen oder ihm etwas vortäuschen konnte, selbst wenn man Meister darin wäre.

Begegnungen über Jahrzehnte Zur zweiten Begegnung kam es erst fast ein Jahrzehnt später in München. Ich glaube, es war noch vor dem Fall des Kommunismus, als mich der Münchener Jesuit Pater Richard von Aretin um Hilfe bat. Seit einigen Jahren war er in Briefkontakt mit František Lízna, den er persönlich kannte. Aretin, mütterlicherseits aus dem Adelsgeschlecht der Belcredi, hatte eine enge Beziehung zu den tschechischen Jesuiten. Solange er konnte und ein tschechoslowakisches Einreisevisum bekam, besuchte er seine Mitbrüder in den böhmischen Ländern, vor allem in Prag. Die süddeutsche Provinz der Gesellschaft Jesu beauftragte ihn, den in der Tschechoslowakei verfolgten Jesuiten sowohl materiell, als auch in jeder anderen möglichen Art zu helfen. Eine besonders enge Beziehung hatte Pater von Aretin zu Pater František Šilhan, Die sudetendeutsche Lands­ männin Christa Olbrich ist bei einem internationalen Speeker Slam mit dem Excellence Award ausgezeichnet worden. Mit ins­ gesamt 140 Finalisten, die paral­ lel auf zwei Bühnen standen, und 100 000 Online-Zuhörern war es bisher der größte Red­ ner-Wettbewerb. Die 1945 in Mährisch Schönberg gebore­ ne Christa Olbrich sprach vier Minuten über ihre Lebensge­ schichte. Die Professorin hatte schon letztes Jahr in ihrem Buch „Von der Kuhmagd zur Profes­ sorin“ (Ý SdZ 19/2021) ihren Le­ bensweg beschrieben.

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eine Botschaft an alle heißt: Mit Mut durchs Leben gehen und Abwertungen und Verletzungen als Chance zur Entwicklung sehen“, betonte Christa Olbrich auf der Slam-Bühne in Mastershausen im Rhein-Hunsrück-Kreis. Zuvor hatte die Slammerin das Publikum mit ihrer Lebensgeschichte „Von der Kuhmagd zur Professorin“ begeistert. Zuvor hatten die Teilnehmer ein Auswahl-Programm absolvieren müssen. Bei ihrem Vortrag faßte Christa Olbrich geschickt ihr Leben zusammen. In nur vier Minuten sprach sie über Kindheit als Vertriebenenkind. 1946 hätten ihre Eltern den Bescheid erhalten, sich in drei Tagen mit jeweils 20 Kilogramm Gepäck pro Per-

Peter Barton und Pater František Lízna. Rechts: Lizna und Anika Jagander, die schwedische Botschafterin in Prag. aber er half auch anderen tschechischen Jesuiten. Dann entdeckten die Kommunisten die Absicht von Pater Aretins Reisen in die Tschechoslowakei. Die letzten Jahre vor der Samtenen Revolution verweigerten sie ihm ein Visum in die ČSSR. Um so reger wurde sein Briefwechsel mit diesen Brüdern, hauptsächlich mit den älteren, die 1950 aus ihrer Wirkungsstätte und ihrem Zuhause vertrieben worden waren. Erst später kam zu dieser Korrespondenz auch der damals noch junge Pater Lízna dazu. Leider konnte er kein Deutsch, und so bat mich Aretin, ihm seine Briefe zu übersetzen und umgekehrt. Das war für mich allerdings keine leichte Aufgabe, denn Pater František schrieb sehr umfangreiche Briefe mit unendlich langen Sätzen, die oft auch seine mystischen Geisteszustände ausdrückten. Kurz nach 1989 konnte Pater František zweimal für einen kurzen Aufenthalt nach Deutschland reisen. Er wohnte im Gästehaus der Münchener Gesellschaft Jesu, und ich war als Dolmetscher behilflich. Es ging damals nicht nur um den Kontakt zwischen Aretin und Lízna, denn dieser Kreis wurde durch die österreichische Schwester Bernadette vom Orden der Karmelitin-

nen erweitert. Sie befand sich gerade in einer Glaubenskrise, und Aretin und Lízna halfen ihr, diesen Zustand zu überwinden. So kam auch sie zu Františeks Briefkontakten dazu. Leider war nach dem Tod von Pater von Aretin im Jahr 2006 mein Kontakt zu Pater František nicht mehr so intensiv, wie zuvor. Pater Lízna trat einige Jahre später wieder in mein Leben,

nachdem ich Leiter des Sudetendeutschen Büros in Prag geworden war. Unser Jesuitenpater meldete sich bei mir, denn er wollte sich mit den vertriebenen Sudetendeutschen solidarisch zeigen. Er besuchte einige unserer Veranstaltungen. Vielleicht wurde ihm dabei bewußt, daß es gerade die deutschen Mitbrüder waren, die den tschechischen Jesuiten geholfen hatten.

Lizna und der ungarische Botschaftsrat in Prag, István Buczkó.

Das brachte ihn zu der Überzeugung, sich auf diesem Gebiet engagieren zu müssen. Ein weiteres Zusammentreffen mit Lízna wurde mir bei seinem Einsatz für eine große Persönlichkeit von gesamteuropäischer Bedeutung ermöglicht. Es handelte sich um János Esterházy, den ungarischen Abgeordneten des Slowakischen Parlaments, der während der Judenverfolgung als einziger Abgeordneter die antijüdischen Gesetze des damals unabhängigen slowakischen Staates verurteilt hatte. Trotz dieser klaren, bewundernswerten und heldenhaften Handlung wurde er nach dem Krieg verhaftet und starb im Gefängnis Mürnau/ Mírov. Esterházys Schicksal fesselte Pater František so sehr, daß er begann, mit der Ungarischen Botschaft in Prag zusammezuarbeiten, die Esterházys Fall langfristig unterstützt. Als mich 2013 der ungarischen Präsident János Áder mit dem Verdienstkreuz für die Hilfe und das Bestreben bei der Rehabilitierung von Esterházys Andenken in der Tschechischen Republik und der Slowakei ausgezeichnete, durfte unser Freund Pater Lízna bei dem feierlichen Akt in der Botschaft nicht fehlen. 2012 unternahm der damals gesundheitlich angeschlagene

� Auszeichnung für sudetendeutsche Professorin

Pionierin der Pflegeausbildung son am Bahnhof einzufinden. Die Familie sei über Nürnberg in das mittelfränkische Dorf Haundorf gekommen. „Wir waren wirklich sehr arme Leute.“ Als Volksschulabsolventin machte sie zunächst eine Ausbildung zu Krankenhaushelferin, Krankenschwester und Unterrichtsschwester. Sie machte über das Telekolleg die Mittlere Reife nach, absolvierte das Begabtenabitur und wollte studieren. Nach einiger Wartezeit wegen des Numerus Clausus wurde sie zum Medizinstudium zugelassen und sattelte nach zwei Semestern auf Diplompädagogik um. Den Studiengang Pflegemanagement und Pflegepädagogik schloß sie mit der Promotion ab. Höhepunkt ihrer beruflichen Laufbahn war schließlich eine Professur in Rheinland-Pfalz. Dennoch mußte sie sich gegen viele Schwierigkeiten durchsetzen, da sie immer wieder versuchte, dem Pflegeberuf eine bessere und teilweise akademische Basis zu verschaffen. Wie in allen ihren Lebensphasen hatte sie auch hier oft mit Herausforderungen und Schwierigkeiten zu kämp-

Professor Christa Olbrich beim Slamwettbewerb.

Bild: privat

fen, und errang am Ende doch berufliche Erfolg. Als Professorin und Dekanin an einer Hochschule war Olbrich maßgeblich an der modernen Konzeption von Bachelor- und Masterstudiengängen für Pflegeberufe beteiligt, die bald alle deutschen Bundesländer übernahmen. An mehreren Universitäten hatte die „Pionierin der Pflege“ Lehraufträge inne und war Supervisorin und Dozentin. Ihr Buch „Pflegekompetenz“ wie auch ihr Sammelband „Modelle der Pflegedidaktik“ erschienen inzwischen in mehreren, erweiterten Auflagen. Das Geheimnis ihres Erfolges sei immer das Annehmen des Schicksals gewesen sowie die Fähigkeit, Zurückweisungen als Chance der Entwicklung zu sehen und einfach weiterzumachen, denn „in seiner Seele kann man nicht verletzt werden, so wird alles leicht“, betonte Olbrich, deren Zuhause bereits seit vielen Jahren der Ort Berg-Unterölsbach in Oberfranken ist. In ihrer Autobiographie schildert Olbrich auch ihr Privatleben, etwa, daß sie ein recht traumatisiertes Patenkind betreut habe

Pater František eine Wallfahrt ins schwedische Vadstena zum Grab der großen schwedischen Heiligen Birgitta. Von fast allen seinen Reisen schickte er mir Ansichtskarten, deren Zusendung nach dem Prinzip der Auslosung, also zufällig erfolgte. Offenbar hatte ich oft das Glück, dabei zu gewinnen. Das Ergebnis dieser ungewöhnlichen Wallfahrt wurde ein Buch mit dem Titel: „Wallfahrt zur heiligen Birgitta von Schweden nach Vadstena“, das 2013 vom Verlag Cesta herausgegeben wurde. Nachdem er mir ein Exemplar geschickt hatte, bat ich Annika Jagander, die damalige Botschafterin des Königreichs Schweden, die mich bei meiner Versöhnungsarbeit in der Tschechischen Republik unterstützte, um einen gemeinsamen Termin mit Pater František. Wir wurden von ihr in der Botschaft empfangen, überreichten ihr das Buch und sprachen dabei nicht nur von Vadstena, sondern auch von dem erfreulichen Anstieg des katholischen Glaubens in Schweden, der jedoch hauptsächlich den Zuwanderern aus traditionell katholischen Ländern zu verdanken ist.

Kämpfer für Gerechtigkeit Wie man sehen kann, war Pater František Lízna ein unglaublicher Kämpfer für die Gerechtigkeit, der nicht in einer beschränkten, einseitig nationalen Weise dachte. Wenn er merkte, daß es irgendwo zu Unrecht und dem Mangel an historischer Wertschätzung kam, egal ob es Roma oder Sudetendeutsche betraf, meldete er sich immer zu Wort. Es kümmerte ihn nicht, ob es populär oder unpopulär war. Ich denke, daß er für jeden von uns zum besten Beispiel einer echten Nachfolge Christi werden kann, denn er nahm Gottes Stimme absolut ernst und handelte danach. So habe ich ihn wahrgenommen und möchte ihm in meinem Leben auf diese Weise weiter zuhören. Innerlich demütig zu sein, sich der eigenen Kleinheit bewußt zu werden und nicht immer darüber nachzudenken, ob meine Stimme meiner Karriere oder meinem Privatleben schaden könnte. Anders gesagt: Zu spüren, wenn ein Anderer statt mir spricht, damit ich gerade in diesem Moment und an diesem Ort etwas tue, wodurch ich meinem Glauben verpflichtet bin. bis hin zu dessen Erwachsenwerden. Auch im sozialen Dienst war sie jahrelang aktiv, etwa bei telefonischer Beratung von Verzweifelten oder der Betreuung von Flüchtlingen. Dies führte sogar zu einer zweiten Heirat und einer Scheinehe mit Gregor, einem Asylbewerber aus Georgien. Sie fuhr auch in die mährische Heimat ihrer Eltern und flog als wissenschaftliche Dozentin zu Pflege-Vorlesungen nach Peking. Für diese Details war nicht genug Zeit beim Slam, der zu einem großen Erfolg wurde. Susanne Habel

Christa Olbrich: „Von der Kuhmagd zur Professorin“. novum Verlag, München/Berlin 2019; 288 Seiten, 22,90 Euro. ISBN (9783958409750)


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VERBANDSNACHRICHTEN

Sudetendeutsche Zeitung Folge 27 | 8. 7. 2022

� SL-Ortsgruppe Passau/Niederbayern

Ein Bayer aus Thüringen „Im schönsten Wiesengrunde“ und „Am Brunnen vor dem Tore“ sang man im Gasthof Aschenberger bei der jüngsten Zusammenkunft der niederbayerischen SL-Ortsgruppe Passau.

W Stadtpfarrer und Wallfahrtsleiter Pater Josef Bregula OFMConv., der emeritierte Pilsener Bischof Monsignore František Radkovský und Diakon Friedhelm Bundschuh umgeben von Ministranten. Bilder: Markus Bauer

AG-Vorsitzender Roland Stindl steckt Helmut Hotzy die Ehrennadel an.

� Vertriebenen-Wallfahrt zum Heiligen Blut in Walldürn

Motor und Herz Unter fast normalen Rahmenbedingungen stand heuer am ersten Julisonntag die traditionelle Wallfahrt der Heimatvertriebenen und Aussiedler zum Heiligen Blut im badischen Walldürn. Es galt aber auch ein Jubiläum zu feiern. Seit 35 Jahren hat die Stadt

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Walldürn die Patenschaft über diese Wallfahrt inne. Und Helmut Hotzy, Leiter des Haupt- und Ordnungsamtes der Stadt, kümmert sich seither intensiv und engagiert in Zusammenarbeit mit der Ackermann-Gemeinde im Erzbistum Freiburg um die Vor-

bereitung und Durchführung der Wallfahrt. So erhielt er für seine Verdienste die Goldene Ehrennadel der Ackermann-Gemeinde. Hauptzelebrant beim Wallfahrtsgottesdienst war der emeritierte Pilsener Bischof Monsignore František Radkovský.

s ist uns eine Freude und Eh- ßere Tiefe, in Jesus Christus ein- Augustinerpater Paulus Sladek re, Sie hier in Walldürn will- zutauchen und mit ihm zu leben. die Hauptinitiatoren der Wallkommen zu heißen“, begrüß- Das ist eine große Perspektive – fahrt. te Stadtpfarrer und Wallfahrts- ein ewiges Leben mit Christus“, Stindl erwähnte den früheren leiter Josef Bregula OFM Conv. schloß der Bischof seine Anspra- Walldürner Stadtpfarrer und Ehden früheren Oberhirten des Bis- che. renbürger Pater Wigbert Richtums Pilsen. Der Minoritenpater Die Lesungen und Fürbitten ter, geboren in Böhmisch Leiverwies auf die Partnerschafts- trugen Gabi Stanzel und Irmgard pa, der 1968 bis 1995 die Pfararbeit zwischen der Erzdiözese Michalek von der Freiburger Ac- rei Walldürn geleitet hatte, und Freiburg und der Diözese Pilsen, kermann-Gemeinde vor. Die mu- Augustinerpater Eduard Braundie in erster Linie von der Acker- sikalische Gestaltung oblag – bock, „die sich um die Vertriemann-Gemeinde getragen wer- neben dem Gesang der Gottes- benenwallfahrt große Verdiende. Auch erinnerte er an das dies- dienstbesucher – dem örtlichen ste erwarben“. Stindl erinnerjährige Wallfahrtsthema „Wir Kirchenchor unter der Leitung te an viele tausend Wallfahrer sind gekommen, ihn anzubeten“. von Sven Geier. in den 1950er und 1960er Jahren Dabei stehe nicht nur der Weg Beim Empfang im Pfarrsaal und an namhafte Redner bei den selbst im Fokus, sondern auch stand eine Ehrung im Mittel- Kundgebungen wie Bundespräder Entschluß zum Aufbruch. punkt. Stadtoberverwaltungs- sident Heinrich Lübke, die Mini„Viele mußten vor Jahrzehnten rat Helmut Hotzy, auch Mitglied sterpräsidenten Hans Filbinger einen solchen schwierigen Weg der Ackermann-Gemeinde, ist und Franz-Josef Strauß, den Prägehen“, rief der Seelsorger das seit 1987 – damals übernahm sidenten der Bundesanstalt für Schicksal der Heimatvertriebe- die Stadt Walldürn die Paten- Arbeit und Bundesvorsitzenden nen und Flüchtlinge in Erinne- schaft über die Wallfahrt der Ver- der Ackermann-Gemeinde Josef rung. Stingl oder Otto von HabsDas bei der Wallfahrt im burg. Mittelpunkt stehende Heili„Unvergessen bleibt auch ge Blut nahm der Bischof als die 70. Jubiläumswallfahrt Basis seiner Predigt. Die le2015 mit dem emeritierten bensnotwendige Flüssigkeit Erzbischof Robert Zollitsch habe bereits im Alten Teund der Festansprache des stament eine hohe Bedeuehemaligen Ministerpräsitung, was er an Beispielen denten Erwin Teufel“, blickwie Blut von Stieren bei Verte Stindl auf die jüngste Zeit tragsschließungen zwischen zurück. Damit kam er zum Moses beziehungsweise aktuellen Jubiläum. „Zur dem Volk Israel und Gott Pflege der seit 1946 besteverdeutlichte. Im Neuen Tehenden Vertriebenenwallstament stehe dagegen das fahrt, der Bewahrung des Blut Christi im Zentrum – christlichen Glaubens und als Zeichen für den Opferder Erhaltung des Gedentod Jesu, der damit die Menkens an die Heimat hat die schen von der (Ur)Sünde Stadt Walldürn 1987 die befreien wolle, so der emePatenschaft über die Wallritierte Oberhirte. „Er starb Monsignore František Radkovský trägt sich fahrt der Heimatvertriebefür uns und gab sein Blut da- ins Goldene Buch der Stadt Walldürn sowie nen zum Heiligen Blut überfür“, konkretisierte Radkov- ins Wallfahrtsbuch und Zelebrationsbuch ein. nommen. Unser besonderer ský und verwies auf einen Hinter ihm Bürgermeister Markus Günther. Dank gilt Ihnen, Herr Hotzy. weiteren Aspekt – das nach Sie haben diese Wallfahrt dem Kreuzestod aus der Seite Je- triebenen – mit der Organisati- seit vielen Jahrzehnten von Seisu fließende Blut und Wasser als on vor Ort betraut. Grund genug, ten der Stadt Walldürn und der Symbole für die Sakramente Eu- ihm die Goldene Ehrennadel katholischen Kirchengemeinde charistie und Taufe. zu verleihen. Stellvertretend für stets aktiv und äußerst engagiert Doch auch die Auferstehung den Bundesvorsitzenden Martin betreut und für die reibungslose von den Toten und die Himmel- Kastler übernahm der Freibur- Organisation und Durchführung fahrt Jesu betonte der Bischof ger Diözesanvorsitzende Roland unserer Wallfahrten gesorgt. Sie – als Aussicht auf die Gemein- Stindl die Auszeichnung. haben sich nicht nur um die Beschaft mit Christus in der EwigEr verwies auf die erste Wall- lange der Stadt Walldürn, sonkeit. So seien Jesu Worte „Das ist fahrt der Heimatvertriebenen dern auch in hohem Maße um mein Leib, das ist mein Blut. Wer zum Heiligen Blut am Fest Mariä die Wallfahrt der Heimatvervon meinem Leib ißt und mein Heimsuchung am 2. Juli 1946. „In triebenen, Flüchtlinge und AusBlut trinkt, der wird in Ewigkeit der Basilika in Walldürn hatten siedler verdient gemacht! Unser leben“ ein guter Lebensbegleiter die Heimatvertriebenen schließ- Verhältnis war stets von großem mit der hoffnungsvollen Verhei- lich Zuflucht, Trost und Kraft im Respekt und höchster Anerkenßung auf ewiges Leben. „Im Leib christlichen Glauben gefunden“, nung geprägt. Im Rahmen unChristi ist auch das Blut Christi. erklärte Stindl. Er nannte mit serer langjährigen ZusammenUnd das Blut verbindet uns mit Pfarrer Heinrich Magnani aus arbeit hat uns immer wieder Ihr Christus. Sagen Sie jeden Tag, dem Nachbarort Hettingen, Fritz angenehmer menschlicher Umdaß Sie Jesus Christus lieben und Baier, späterer langjähriger Vor- gang beeindruckt. Im Namen des daß Sie sich freuen, eines Tages sitzender der Freiburger Acker- Bundesvorstandes der Ackermit ihm in der Ewigkeit zu sein. mann-Gemeinde, Bundestags- mann-Gemeinde wollen wir für Die Kommunion ist die Verbin- abgeordneter und Oberbürger- alles Mitdenken und Mittun von dung mit ihm und bringt uns grö- meister von Mosbach, und dem Herzen danken und Ihnen als äu-

ßeres Zeichen dieses Dankes die Goldene Ehrennadel der Ackermann-Gemeinde überreichen.“ Nach dieser Rede übergab Stindl Nadel und Urkunde an Hotzy. Das Jubiläum und die Ehrung sprach auch Stadtpfarrer Pater Josef Bregula in seinem Grußwort an. Es sei „immer eine gute Zusammenarbeit gewesen“. Darüber hinaus erwähnte er Hotzys Engagement auch in der Pfarrei. „Vielen Dank für die vielfältige Arbeit und Unterstützung“, faßte der Pater zusammen. Als „Motor und Herz der Ackermann-Gemeinde in Walldürn“ bezeichnete Bürgermeister Markus Günther den Geehrten, weshalb diese Auszeichnung verdient sei. Die Stellvertretende Vorsitzende des Pfarrgemeinderates, Sabrina Miko, stellte in ihrem Grußwort den aktuellen Bezug her. „Krieg, Flucht und Vertreibung sind nun wieder präsente Themen, die Folgen sind zum Teil noch nicht absehbar“, stellte sie fest. Daher seien Verbände wie die Ackermann-Gemeinde wichtig, um die Erinnerung an Krieg und Vertreibung wachzuhalten, die Geschichte nicht zu vergessen und Verständnis für die Flüchtlinge von heute zu gewinnen. „Herzlichen Dank für die Überraschung und die anerkennenden Worte. Ich wußte wirklich gar nichts“, nahm der Geehrte Stellung. Er beschrieb kurz die Rahmenbedingungen im Jahr 1987, als zwischen dem damaligen Walldürner Bürgermeister Robert Hollerbach und dem damaligen Diözesanvorsitzenden der Freiburger Ackermann-Gemeinde Erich Pohl die Patenschaft bezüglich der Wallfahrt der Heimatvertriebenen besiegelt wurde. „Es war lange Zeit die meistbesuchte Wallfahrt mit bis zu 20 000 Pilgern“, blickte Hotzy zurück. Neben den Sudetendeutschen hätten damals die vertriebenen Deutschen aus Ungarn einen großen Anteil gestellt. „Ich bleibe natürlich hier der Ansprechpartner für die Ackermann-Gemeinde“, versicherte Hotzy und wünschte eine weiterhin gute Kooperation mit den beteiligten Partnern. Für Hotzy und die weiteren Ehrengäste hatte Roland Stindl Exemplare der neuen, in deutscher und tschechischer Sprache verfaßten Broschüre „Von Böhmen nach Baden. Mit dem heiligen Johannes von Nepomuk über Brücken gehen“ dabei. Markus Bauer

enige Männer, doch relativ viele Frauen waren zum gemeinschaftlichen Singen gekommen, das der Musiker Bringfried Dietzel auf dem Akkordeon begleitete. Dietzel kommt aus Pocking. Eigentlich sei er Franke, also Bayer „mit Migrationshintergrund“, wie er die Versammlung aufklärte. Dann spielte er „Es war im Böhmerwald, wo meine Wiege stand“, was aber auf ihn wieder nicht zutraf, wenngleich auf den einen oder anderen Landsmann oder dessen Vorfahren. Die Wiege der Vorfahren des Akkordeonspielers Dietzel stand jedenfalls in Thüringen, dem Grünen Herzen des Landes, aus dessen Arbeiterund Bauernparadies der Bub Bringfried Dietzel schon in den fünfziger Jahren mit seiner Mutter in den Goldenen Westen geflohen war, wo er sich erneut fremd fühlte, als „Flüchtling“ unter den anderen Kindern, und ausgegrenzt. Viele Umzüge hätten sein Leben geprägt, berichtete er. Die Sprache hier in Niederbayern sei eine andere. Sprachlosigkeit, Unverständnis, Sehnsucht nach Heimat, Heimatlosigkeit, das Gefühl des Fremdseins unter den Eingeborenen hätten ihn blockiert. Als es ihn nach der Wende einmal wieder in den Thüringer Wald, in seine Heimat gezogen habe, habe er sich abgelehnt gefühlt und sei als Wessi verhöhnt worden. Dann habe ihm sein Akkordeon Trost und Heimat geschenkt und sei ihm unentbehrlich geworden. Er spielte „Hoch auf dem gelben Wagen“, „Der Kuckuck und der Esel“, „Horch, was kommt von draußen rein“, „Jetzt kommen die lustigen Tage“ und „In einem kühlen Grunde“. Neulich habe er junge Leute aus dem Erzgebirge getroffen. Die hätten ihn sehr betrübt, so Dietzel, denn die hätten noch nicht mal mehr den „Vogelbeerbaum“ gekannt. Gerne spielt er als „Senioren-Belästigung“, wie er das treuherzig nannte, zum Beispiel neulich in Frankreich in einem Maison de retraite, einem Altersheim, wo er versucht habe, pazifistische und völkerzusammenführende Arbeit zu leisten. Es sei nicht schwer gewesen, die Senioren zum Singen zu bringen, denn „Lili Marleen“ kenne man in jeder Sprache. So auch im

Gasthof Aschenberger. Obfrau Helga Heller hatte den sympathischen Akkordeonspieler Dietzel mit dem friedens­ ambitionierten Vornamen in der Passauer Fußgängerzone angesprochen, wo er oft als Straßenmusikant auftritt. Die Landsleute fanden ebenfalls, daß er gut zu ihnen, ihren Intentionen mit seinem Leben, seinem Verständnis von Heimat, der verlorenen und der erträumten, der, die es nicht (mehr) gibt, und der, die mancher sich schaffen kann, passe. Helga Heller, die mittlerweile 94 Jahre alt ist, stellte der Versammlung nun ihre neue Betreuungskraft vor. Die liebenswürdige und zurückhaltende Frau komme aus Magdeburg und heiße Doris Gerrehs. Ihre Mutter sei 1945 im sechsten Monat schwanger gewesen und habe im Isergebirge die sogenannte wilde Vertreibung über sich ergehen lassen müssen. Dann berichtete Heller vom Sudetendeutschen Tag in Hof wie stets anschaulich, engagiert und mit viel Temperament. Sie berichtete vom Gottesdienst, vom Offenen Singen und gutem Essen wie Zwetschgenknödeln im Freien. Mit großem Ernst erzählte sie von der Verleihung des Karls-Preises 2022 an Wolodymyr Selenskyj, den Präsidenten der Ukraine, dem eine junge Geflüchtete bei ihrer Rückkehr den Karls-Preis zu übergeben versprochen habe. Sie erzählte vom ebenfalls heuer in Hof überreichten Karls-Preis 2020 an den persönlich anwesenden rumänischen Staatspräsidenten Klaus Iohannis, einen Angehörigen der Volksgruppe der Siebenbürger Sachsen, einer deutschen Minderheit in Rumänien. Mit Dankbarkeit und Hochachtung, daß sie solches von einem Tschechen erfahren dürfe, erzählte Heller dann von Tomáš Cidlina. Der charismatische Kunsthistoriker des Museums in Böhmisch Leipa hatte vor einiger Zeit vor der SL-Ortsgruppe referiert (Ý SdZ 34/2021). Nun habe die Bundes-SL ihn gleichfalls nach Hof zum Pfingsttreffen eingeladen. Und Heller berichtete, daß Cidlina, als sie den Wunsch geäußert habe, nochmals im Leben ins heimatliche Böhmisch Leipa reisen zu wollen, ihr versprochen habe, im September mit ihr dorthin zu fahren und sie auch wieder nach Passau zurückzubringen. Ein besonderes Jubiläum gab es ebenfalls zu feiern: Maria und Egbert Schraml wurden zu ihrem 60. Hochzeitstag beglückwünscht. Marita Pletter

Bringfried Dietzel, Helga Heller, Katharina Dietz, Maria Schraml, Anna Hofreiter, Egbert Schraml, NN, Doris Gerrehs und Marianne Rieger.


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 27 | 8. 7. 2022

Dux

Ladowitz

Klostergrab

Ossegg

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Bilin

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. Heimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den Seegärten 35a, 63920 Großheubach, Telefon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard.spacek@gmx.de Redaktionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Lexa Wessel, eMail heimatruf@ sudeten.de

Teplitz-Schönau

Graupen

Niklasberg

Teplitz-Schönau

U 15-Kicker beim Rimini-Cup Am letzten Maiwochenende nahm die Fußball-Jugendmannschaft des TFK Teplice U 15 auf Einladung des TSV gg 1900 Hausen am Rimini-Cup teil.

Die Begegnung beginnt mit einem Kennenlernen und „Teambuilding“ auf der grünen Wiese in Bad Kissingen.

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Im Freilichtmuseum Saubernitz steht noch die alte Schule aus deutscher Zeit. Hier lernen die Schüler auch alte Bestrafungs-Methoden kennen.

Teplitz-Schönau und Bad Kissingen

Jugendbegegnung 2022 Ende Juni fand die Jugendbegegnung 2022 von deutschen Schülern des Jack-SteinbergerGymnasiums im unterfränkischen Bad Kissingen und tschechischen Schülern des Gymnasiums im nordböhmischen Teplitz-Schönau statt. Martin Rak berichtet

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ach zwei Jahren, in denen die Jugendbegegnung nur im Netz stattfinden konnte, durften sich die deutschen und die tschechischen Schüler endlich wieder treffen. Nach dem Unterricht machten sich die Schüler des Jack-Steinberger-Gymnasiums auf den Weg zur Bildungsund Begegnungsstätte Heiligenhof. Dort wurden sie bereits von den tschechischen Schülern und mir, der tschechischen Lehrkraft, erwartet. Die Jugendbegegnung startete zunächst mit einem Kennenlernen und dem persönlichen sowie sprachlichen „Teambuilding“, welches zwei Pfadfinder der tschechischen Gruppe organisiert hatten. Ein gemeinsamer Grillabend bei schönem Wetter rundete den Tag ab. Um einen Blick in den deutschen Schulunterricht zu werfen, besuchten die tschechischen Schüler das Jack-SteinbergerGymnasium. In Gruppen konnten sie beim Unterricht verschiedener Fächer hospitieren. Nach Schulschluß und einer Mittagspause machte sich die komplette Gruppe auf den Weg in die Stadt, wo sie in Kleingruppen eine Rallye unternahm. Dabei wurden den Besuchern einige Sehenswürdigkeiten Bad Kissingens gezeigt. Zum Nachmittagskaffee wanderten alle zurück zum Heiligenhof, wo der Tag mit einem Onlinevortrag über „Grenzen in Europa“ endete. Während die deutschen Schüler am Vormittag noch im Unter-

richt schwitzten, besuchten die Tschechen das Bismarck-Museum und bekamen eine Führung über die europäische Geschichte. Mittags startete der Ausflug in die mittelalterliche Stadt Bamberg in Oberfranken. Zuerst bekamen alle Schüler eine Führung von Johann Hofmann. Unter anderem konnte dabei ein Blick auf den Dom sowie das Alte Rathaus geworfen werden, welches sich im linken Regnitzarm zwischen der Berg- und der Inselstadt befindet, und somit eines der bedeutendsten Bauwerke Bambergs darstellt. Danach hatten die Jugendlichen Zeit, um gemeinsam die Stadt zu erkunden. Nach der Rückfahrt und dem Abendessen verabschiedeten sich die Schüler vorerst voneinander, denn am nächsten Tag fuhr für alle der Bus Richtung Tschechische Republik. Felicitas Ganzleben sowie die Englischassistentin Amalie Coleman begleiteten sie auf der Reise. Nach der Ankunft im nordböhmischen Teplitz-Schönau wurden zunächst die Hotels be-

zogen. Von dort aus begann bei schönem Wetter meine Stadtführung, bei der ich sowohl über die Gebäuden der schönen Stadt als auch über die Geschichte von Teplitz-Schönau einiges zu erzählen hatte. Nach dem gemeinsamen Abendessen hatten auch hier die Jugendlichen in den Abendstunden Zeit, in kleineren Gruppen die Stadt kennenzulernen. Der Freitag begann mit einer Busfahrt in das einzige Freilichtmuseum Nordböhmens in Saubernitz, tschechisch Zubrnice. Hier konnten die Jugendlichen sehen, wie im ehemaligen Sudetenland gelebt worden war und auch einen Eindruck vom früheren Schulunterricht gewinnen. Während der Führung, die auf Tschechisch stattfand, dolmetschte ich für die deutschen Teilnehmer. Anschließend ging die Fahrt im Bus weiter in das Erzgebirge. Entlang der Landesgrenze konnte man immer wieder ein Blick in den nicht weit entfernten Freistaat Sachsen werfen. Auch hier konnte ich –

Gruppenbild auf dem Heiligenhof mit Martin Rak ganz links.

ich hatte vor meiner Lehrtätigkeit als Reiseführer gearbeitet – viele eindrucksvolle Informationen über die frühere und die heutige Situation und über das Leben im Grenzgebiet vermitteln. Weiter ging es zum Aussichtspunkt Mückentürmchen auf dem Mückenberg. Er ist einer der höchsten Berge des Osterzgebirges. Da ein Gewitter angekündigt war, endete der Ausflug vorerst, und wir fuhren zum Mittagessen in die Stadt Leitmeritz. Nach der Rückfahrt nach TeplitzSchönau konnten sich die Jugendlichen ausruhen, während die Lehrer eine Führung durch das dortige Gymnasium bekamen. Das älteste Gebäude dieser beeindruckenden Schule wurde 1864 gebaut. Auf ihrem Gelände befinden sich ein botanischer und ein zoologischer Garten, die in den Ferien auch für Besucher geöffnet sind. Mit kräftigen Regenschauern begann der letzte Tag der Jugendbegegnung. Nachdem alle Sachen gepackt waren, startete der Bus zurück nach Bad Kissin-

gen. Allerdings nicht, ohne vorher einen Halt in Prag, der Hauptstadt und bevölkerungsreichsten Stadt der Tschechischen Republik, zu machen. Vom Bus aus konnte zunächst die Prager Burg besichtigt werden. Trotz des Regens ließen sich die Schüler meine Stadtführung nicht entgehen. Ein gemeinsames Mittagessen bildete den Abschluß dieser Jugendbegegnung, und es war an der Zeit, sich zu verabschieden. Die tschechischen Schüler fuhren zurück in ihre Heimatstadt Teplitz-Schönau, während sich die Deutschen auf den Weg nach Bad Kissingen machten. Diese Jugendbegegnung, die endlich auch einen Gegenbesuch in der Tschechischen Republik einschließen konnte, war für die Schüler nach der langen Reisepause wegen Corona ein abwechslungsreiches Erlebnis. Daß diese Reise möglich war, ist dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, dem Heiligenhof und dem Städtepartnerschaftskomitee durch die finanzielle Förderung zu verdanken.

ie erste urkundliche Erwähnung der Gemarkung Hausen datiert auf den 16. November 1150, als Papst Eugen III. dem Kloster Aura einige Besitzungen in Hausen bestätigte. Die erste Erwähnung Hausens als Dorf fällt in das Jahr 1380; zum ersten Mal als Gemeinde ist Hausen für das Jahr 1556 bezeugt. Und seit der Gemeindegebietsreform 1972 ist Hausen ein Teil der unterfränkischen Stadt Bad Kissingen. Seit 1990 gibt es den RiminiCup in Hausen. Er ist das größte C-Junioren Turnier Europas für Sportler von 13 bis unter 15 Jahren (U 15). Und was hat dieses internationale Fußball-Turnier für U 15-Mannschaft schon für Schlagzeilen produziert und Talente an die Saale gebracht, die längst gestandene Profis – mitunter sogar Nationalspieler – sind. Der erste Turniersieger war die Unterfranken-Auswahl, schon ein Jahr später jubelte mit dem FC Genua der erste Auslandsverein. Die Münchener Bayern streckten den Siegerpokal ebenso in die Höhe wie River Plate aus Buenos Aires oder die U 15-Nationalmannschaft von Mexiko. Nun spielten auch die jungen Jungens von TeplitzSchönau mit. Die ältesten Spieler der U 15 fuhren mit ihren Trainern David Köstler und Patrik Gedoen bereits am Donnerstag mit dem Bus nach Bad Kissingen los. Noch am selben Tag bestritt die Mannschaft ein Freundschaftsspiel gegen die Auswahl Nordbayern, das mit einem 1 : 1 endete. Der Freitag war ein fußballfreier Tag. Deshalb empfing Oberbürgermeister Dirk Vogel die Mannschaft im Rathaus. Danach besichtigten die Sportler Bad Kissingen. Die weltberühmte Kur- und Badestadt wurde 2021 mit Franzensbad, Karlsbad und Marienbad in die UNESCOWeltkulturerbeliste eingetragen. Am Abend wurde bei einem Festakt ausgelost, wer gegen wen spielt. Anschließend feierten die Teams miteinander. Am Samstag spielte die Auswahl des TFK Teplice gegen die Würzburger Kickers, die Bayernauswahl und gegen den polnischen Klub Miedź Legnica. Leider wurden die Spiele knapp verloren. Am Sonntag spielten die Teplitzer gegen den FC Ruch Lwiw aus der Ukraine. Sie gewannen 1 : 0 und kamen damit auf den fünften von acht Plätzen. Das Fußball-Turnier wurde hervorragend organisiert und das Team des TFK Teplice fantastisch betreut. Wir danken den Organisatoren des Rimini-Cup und für die Einladung für das Jahr 2023. nh


HEIMATBOTE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 27 | 8. 7. 2022

Bischofteinitz

Ronsperg

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

11 Hostau

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

Bischofteinitz und Umgebung

Glocken und ihre Sagen die Erde und versank in der Tiefe. Der gläubige Glöckner und all die anderen andächtigen Beter des englischen Grußes waren sehr erstaunt, als so plötzlich der Ton der Glocke verstummBischofteinitz te. s war während einer schweAls man später an der Stelren Kriegszeit. Viele Kano- le, an der der Schwengel auf den nen, Geschosse und Bleikugeln Erdboden gefallen war, ein Loch hatte der mörderigrub, um ihn zu sche Krieg schon finden, entdeckverschlungen. Um te man eine starke neues GeschützQuelle. Aus dieser material erzeugen Quelle sprudelzu können, forte klares, frisches derte der KriegsWasser. Man erherr auch Glokrichtete nun hier ken von der Stadt einen gemeinen Bischofeinitz. Als Brunnen. Dieser Ersatz dieser einBrunnen besteht geschmolzenen noch heute, förGlocken sollte dert gutes Trinkwenigstens eine wasser und wird Glocke des nahe der Dorfbrungelegenen Kirch- Martinskirche in Blisowa. nen genannt. Der dorfes Blisowa dieGlockenschwennen und deshalb nach Bischoftei- gel ist aber nie mehr gefunden nitz gebracht werden. worden. Er blieb für immer verMan nahm auch tatsächlich schollen. in Blisowa die größte Glocke vom Turm und wollte sie nach Hirschstein Bischofteinitz schaffen. Mehrem Nordhang des Hirschre rüstige Männer luden sie auf steins liegt an der Grenze einen Bretterwagen, in den man zwei kräftige Pferde spannte. zwischen Wald- und WiesengeDoch diese waren nicht imstan- lände der Glockenbrunnen, das Mutterhaus des Stockaude, den Wagen samt der er Baches Piwanka. Glocke von der StelSein nie versickernle zu bewegen. Da des Wasser ist klar spannte man noch und sehr kalt. In weitere zwei Pferden tiefsten Tiede vor, die als fen dieses etwa die stärksten und anderthalb Meter zugkräftigsten im im Durchmesser Ort galten. Und zählenden Rundin der Tat zogen albeckens liegt die le vier Zugpferde den Wagen mit Der englische Gruß ist die Be- Turmglocke der der Glocke mit zeichnung für die Grußworte Burg Hirschstein großer Mühe und des Erzengels Gabriel bei der versunken. Zur Zeit der Plage bis zum so- Verkündigung, daß Maria den genannten Hlaser Sohn Gottes gebären werde. Aushebung des Wäldchen. Hier Englisch ist von dem Wort En- Raubritternestes Hirschstein hat ging es aber trotz gel abgeleitet. sich der damalialler Anstrengungen – manch ein zischender ge Inhaber, der gefürchtete und Peitschenhieb sauste auf die ge- weit und breit berüchtigte Raubduldigen Pferde nieder – nicht ritter Kopidlansky, um den Hänmehr weiter. Man deutete dies den seiner Verfolger und dem als ein übles Zeichen und schaff- Feuertod der in Brand geschoste die Glocke wieder nach Bliso- senen Burg zu entkommen, in wa zurück. Dort hängt sie noch den Glockenturm der Burg geflüchtet und dort heutigentags im versteckt. Aber Turm und läßt zu auch den Glokden bestimmten kenturm erreichZeiten ihren Klang ten die Flammen, ertönen. und Kopidlansky fand den Tod. Als Blisowa das fast zur Gänor vielen Jahze verbrannte Geren trug es bälk niederbrach, sich zu, daß der stürzte die Glocke Mesner im Kirchherab. Sie kollerdorf Blisowa gete über die steilen rade zum Mittag- Die renovierte Burgruine Gehänge abwärts gebet die große auf dem Hirschstein. und abwärts. Dann Turmglocke läuversank sie in dem tete. Dabei geschah es, daß der Bergquell, dem heute so benannschwere Schwengel der gera- ten Glockenbrunnen. de geläuteten Glocke sich aus Zu sehen ist von der Glocke dem Ring löste und aus dem nichts. Traumselig-schüchterne Turmfenster flog. Mit gewalti- Gemüter wollen sie jedoch zu geger Wucht fiel der Schwengel auf wissen Zeiten läuten hören.

Folgende Glockensagen spielen in Bischofteinitz und seiner Umgebung.

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Bischof Tomáš Holub gibt den beiden neuen, aber auch den alten Glocken den kirchlichen Segen.

Klentsch

Neue Glocken für alte Kirche Kürzlich war ein Freudentag für die Pfarrei von Klentsch. Der Pilsener Bischof Tomáš Holub segnete in einem feierlichen Akt zwei neue Glocken vor der Sankt-Martins-Kirche.

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er Bischof weihte aber nicht nur die zwei neuen Glocken, sondern auch die anderen fünf Glocken, die mit einem Kran eigens aus dem Turm geholt worden waren und dann festlich geschmückt auf dem Platz vor der Kirche standen. Nach der Segnung wurden alle Glocken in den Kirchturm gehievt, von dem nun wieder, so wie bereits vor mehr als 100 Jahren, sieben Glocken erklingen und zu den heiligen Messen einladen. Der Ort wurde 1325 erstmals urkundlich erwähnt, die Pfarrkirche 1384. Viele Bürger waren in chodischer Tracht zur Weihe gekommen, und auch traditionelle chodische Fahnenabordnungen aus Possigkau und Trasenau hatten sich eingefunden. Aus dem bayerischen Grenzraum waren ebenfalls Besucher gekommen. Die Idee für die zwei neuen Glok-

Der Bischof testet den Klang. ken war von dem in Klentsch geborenen Karel Hůla ausgegangen. Hůla war in der kommunistischen Ära nach Amerika

ausgewandert, um von dort das Regime zu bekämpfen. Leider ist er im vergangenen Jahr im Alter von 96 Jahren verstorben.

Hůla hatte einige Zeit vor seinem Tod bei Pfarrer Ivan Pavlíček vorgesprochen und angekündigt, eine öffentliche Sammlung zur Anschaffung von zwei neuen Glocken und die Reparatur der fünf alten Glocken durchzuführen. Die Gläubigen hatten letztlich umgerechnet 40 000 Euro gespendet. Bischof Tomáš Holub segnete nun die Glocken im Rahmen einer feierlichen Andacht. Holub standen neben dem Ortspfarrer Ivan Pavliček auch Geistliche aus der Umgebung zur Seite, angeführt von Dekan Miroslaw Gierga aus Taus. Nach dem Festakt überreichte Ortspfarrer Ivan Pavliček dem Bischof ein Präsent. Der südböhmische Glockenhersteller Michal Votruba hatte im Verlauf der Festlichkeit die Glocken vorgestellt, unter anderem auf deren Größe und Gewicht hingewiesen, und wem sie geweiht seien. Ein Grußwort sprach auch Bürgermeister Jan Bozděch. Das Folklore-Ensemble aus Possigkau begleitete die Segnung der Glocken musikalisch. Karl Reitmeier

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TERMINE

Das Folklore-Ensemble aus Possigkau.

Bilder: Karl Reitmeier

Sonntag, 28. August, 11.00 Uhr, Muttersdorf: Gottesdienst zum Patrozinium in der SanktBartholomäus-Kirche mit Monsignore Emil Soukup. Anschließend Gang zum Friedhof und zu

unserem Gedenkstein. Auskunft: Ortsbetreuer Roland Liebl, PaulGerhardt-Straße 14, 71672 Marbach am Neckar, Telefon (0 71 44) 3 91 77, eMail roland.liebl@gmx. net


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 27 | 8. 7. 2022

Heimatbote für den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstra­ße 21, 83352 Altenmarkt, Tele­fon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl­ @online.de. In­ter­net www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

� Bruck am Hammer

Links außen Toni Dutz, Bürgermeister von Wiesau, und der Bad Neualbenreuther Bürgermeister Klaus Meyer, in der Mitte Jiří Černý, Vize-Bürgermeister von Eger, und der Tirschenreuther Landrat Roland Grillmeier, rechts daneben Elke Pecher, Marketa Masková, Professor Dr. Alfred Neudörfer und Dr. Wolf-Dieter Hamperl.

Restaurierte Heiligenfiguren Wenn Ende Juli das Jakobifest in der Kirche in Bruck am Hammer gefeiert wird (Þ Termine), wird der Altar in neuem Glanz erscheinen.

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� Stiftung Egerer Stadtwald

Sechs Zuschüsse bewilligt Ende Juni 2022 tagten der Verwaltungsrat und der Aufsichtsrat der Stiftung Egerer Stadtwald im Rathaus in Eger unter dem Vorsitz von Vizebürgermeister Jiří Černý.

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ür den verstorbenen Franz Pany hatte die Sudetendeutsche Stiftung Elke Pecher entsandt, für die SL gehören Wolf-Dieter Hamperl und für den Egerer Landtag Professor Alfred Neu-

dörfer dem Gremium an. Volker Jobst war entschuldigt. Nach den üblichen Formalitäten wurden die folgenden Projekte diskutiert und deren Förderung bewilligt: l  Förderung der Sprachausbildung von Schülern der 6. Grundschulklasse in Eger/ Cheb (zweisprachig). l  Unterstützung einer neuen Publikation über Maria Loreto in Altkinsberg.

l  Förderung für eine grenzübergreifende und künstlerische Vermittlung zum Thema „Wald“ in Form eines Ateliers und einer Kunstausstellung. l  Förderung für die Erstellung des „Eghaland Bladls“ des Bundes der Deutschen Landschaft Egerland. l  Zuschuß für den Aufwand bei der Bewerbung und Präsentation Tracht des Jahres 2022 des Bundes der Eghalanda Gmoin.

l  Zuschuß zum Erhalt der Archivbestände des Egerer Landtags. Der Antrag auf eine weitere Unterstützung der Renovierung der Sankt-Anna-Kirche in Palitz/Palič (seit 1840, vorher Kapelle seit 1756) wurde zurückgestellt und wird bei der Herbsttagung entschieden werden. Die Tagung verlief in einer angenehmen und entspannten Atmosphäre. frl

lle werden erstaunt sein, denn die Heiligenfiguren und die riesigen Engel am Hochaltar sind aus ihrem „Sanatorium“ zurück. Das heißt, sie sind auf das Herrlichste renoviert und strahlen nun jedem Besucher vom Hochaltar entgegen. Etwas ganz Besonderes wird auch die Gottesdienstgestaltung werden. Der gemischte Chor „Fontana“ aus Marienbad, dessen Mitglied die ehemalige Bürgermeisterin von Bruck, Anna Janovcová, ist, wird mit der „Missa Brevis“ von Zdeněk Lukáš den Gottesdienst musikalisch gestalten. Das wird bestimmt im Gottesdienst auch ein zusätzlicher Ohrenschmaus werden.

Liebe Landsleute, kommt nach Bruck am Hammer und bringt Eure Kinder und Kindeskinder mit. Auch sie sollen unsere Heimat und die dort lebenden Menschen kennenlernen. Ingrid Leser

� Ausstellung in Waidhaus/Oberpfalz

Zeugen der deutschen Kulturgeschichte Zur Eröffnung der Ausstellung „Gerettete Denkmäler 2020, Zeugen der deutschen Kulturgeschichte in der Tschechischen Republik“ waren Ende Juni rund 20 Interessierte in die Waidhauser ökumenische Autobahnkirche in der Oberpfalz gekommen.

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nter den Gästen befand sich sowohl sudetendeutsche, als auch sonstige Prominenz wie Heimatkreisbetreuer WolfDieter Hamperl, Pfarrer Georg Hartl von Sankt Emmeram in

Waidhaus, Prädikantin Gunhild Stempel, Vertreterin der evangelischen Kirche, Emma Weber, Ortsbetreuerin von Neuhäusl, Gerhard Reichl, Ortsbetreuer von Neudorf, Anton Hofmeister mit Sohn, Mitbetreuer des Friedhofs von Neudorf, Sigrid UllwerPaul vom Vorstand der SL-Landesgruppe Bayern mit Ehemann Josef, Karl-Heinz Zintl vom Heimatkundlichen Arbeitskreis Waidhaus sowie Kameraden der „Brigade Hartl“. Die Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Mei-

nusch, eröffnete die Ausstellung entsprechend einem Vorwort ihrer Vorgängerin Zuzana Finger. Das gibt auf die Frage „Warum tun Sie das?“ an die Leute des tschechischen Vereins Omnium die Antwort: „Aus Liebe zu Menschen und zur Heimat.“ Und auf die Frage: „Wer macht das alles?“ gibt wiederum die Begleitbroschüre Antwort: „Der kleine Verein Omnium mit seinen Führungsleuten Barbora Vetrov­ská und Jakub Děd ist schon seit 2015 tätig. Und seit

2018 organisieren diese jungen Tschechen Arbeitseinsätze mit Helfern aus Deutschland, Österreich und Polen, ja sogar eriträische Flüchtlinge, integriert in die Brigade Hartl, halfen mit, Kirchen zu säubern, deren Umfeld zu roden sowie Friedhöfe vom Wildwuchs zu befreien und umgefallene Grabsteine wieder aufzurichten.“ Die Ausstellung besteht aus 21 Rollbildern mit zweisprachigen Texten. Die ebenfalls zweisprachige, Begleitbroschüre ist kostenlos. Siegfried Zeug

Der Altar mit den restaurierten Figuren, oben ohne Figuren.

TERMINE

Oben Dr. Sigrid Ullwer-Paul, Stellvertretende Obfrau der SL-Landesgruppe Bayern, links Pfarrer Georg Hartl und Heimatkreisbetreuer Dr. Wolf-Dieter Hamperl, rechts Christina Meinusch, Heimatpflegerin der Sudetendeutschen. Bilder: Siegfried Zeug

n Samstag, 9. Juli, 10.00 Uhr, Altzedlisch: Gottesdienst in der Heimat, anschließend Treffen in der Schule mit Kaffee und Kuchen. Sonstige Verpflegung bitte selbst mitbringen. Auskunft: Sieglinde Wolf, Wettersteinstraße 51, 90471 Nürnberg, Telefon (09 11) 81 68 68 88, eMail si.wolf@ web.de n  Sonntag, 17. Juli, 15.00 Uhr, Haid: Deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle. n Freitag, 29. Juli, 14.30 Uhr, Jakobifest in Bruck am Hammer: 32. Gottesdienst in der Heimatkirche mit dem Chor „Fontana“ aus Marienbad und der „Missa Brevis“ von Zdeněk Lukáš; anschließend Totengedenken auf dem Friedhof und Wirtshausbesuch. n  Sonntag, 21. August, 15.00

Uhr, Haid: Deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle. n  Freitag, 9. bis Sonntag, 11. September, Loreto-Wallfahrt in Haid: Freitag, 17.30 Uhr, tschechischer Gottesdienst in Sankt Nikolaus. Samstag, 19.00 Uhr, deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle mit Pfarrer Georg Hartl und den Waidhauser Fußpilgern, anschließend Lichterprozession zum Schloß. Sonntag, 9.30 Uhr, tschechischdeutsch-lateinisch-sprachiger Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle mit Pater Václav Sládek; anschließend Empfang und Imbiß in der Loreto-Anlage. n  Sonntag, 16. Oktober, 15.00 Uhr, Haid: Deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle.


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