Sudetendeutsche Zeitung 29. Juli 2022 Ausgabe 30

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Mit 160 Landsleuten zum Versöhnungsmarsch nach Brünn (Seite 5)

Sudetendeutsche Zeitung Neudeker Heimatbrief

Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft

Reicenberger Zeitung 161. Jahrgang

HEIMATBOTE

Jahrgang 74 | Folge 30 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 29. Juli 2022

VOLKSBOTE

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Freistaat Bayern fördert Forschungsstelle am Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropa in Regensburgmit 500 000 Euro

Folgen von Flucht und Vertreibung werden wissenschaftlich erforscht

Ex-Premierminister Andrej Babiš. Foto: Wikipedia

EU-Subventionen

Ein emotionsgeschichtlicher Ansatz, eine stärkere Fokussierung auf Frauen, die Bildung von Netzwerken und die nachhaltigen Auswirkungen von Flucht und Integration – diese Blickwinkel will die neue Forschungsstelle „Kultur und Erinnerung. Heimatvertriebene und Aussiedler in Bayern 1945– 2020“ einnehmen.

Babiš wird ie Details dieses ForschungsD projektes wurden bei einer zur Kasse Pressekonferenz im Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropa(IOS) in Regensburg gebeten forschung vorgestellt.

Weiteres Kapitel in der unendlichen Geschichte um Andrej Babiš und die EU-Subventionen. Nach rund drei Jahren Ermittlungsarbeit ist die Europäische Kommission zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Reihe von Subventionen zu Unrecht ausbezahlt wurden. Dem ehemaligen Premierminister drohen jetzt Rückzahlungen in Millionenhöhe.

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m Kern geht es darum, daß mehrere Tochterunternehmen des Agrofert-Konzerns EU-Hilfen erhalten hatten, obwohl Agrofert-Gründer Babiš als Finanzminister und später als Premierminister Staatsämter innehatte. Während die EU hierin einen Interessenskonflikt sieht, hatte Babis stets behauptet, er habe seine Firmenanteile auf Treuhänder übertragen und keinen Einfluß auf den Konzern gehabt. Die EU-Kommission kam zu einem anderen Ergebnis und hat jetzt entschieden, daß unter anderem das Agrofert-Unternehmen Pekárna Zelená louka 100 Millionen Kronen (4 Millionen Euro) zu Unrecht an Fördergeldern erhalten hat. Der zuständige Minister Ivan Bartoš (Piraten) erklärte jetzt, die tschechischen Behörden würden dieses Geld zurückfordern, man richte sich aber auf eine längere juristische Auseinandersetzung ein. Bartoš wies auch darauf hin, daß die derzeitige Regierung systemische Änderungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten durchgesetzt habe. Die EUKommission habe diese Schritte in einem abschließenden Brief gewürdigt, fügte er hinzu. Zu diesen Maßnahmen gehört zum Beispiel eine Änderung des tschechischen Gesetzes über das Register der tatsächlichen Eigentümer von Unternehmen. Erst Mitte des Monats hatte Babiš einen weiteren Prozeß vor dem Landgericht in Prag verloren. Nach einer Anti-Regierungsdemonstration im Jahr 2018 hatte der Politiker in Interviews behauptet, die Demonstranten seien bezahlt worden. Dagegen hatte ein Demonstrant geklagt. Diese Unterstellungen seien „entwürdigend und beleidigend“, entschieden die Richter und verurteilten Babiš dazu, sich zu entschuldigen.

Einige Rahmendaten waren bereits zuvor bekannt: Der Anstoß kam von der Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, MdL Sylvia Stierstorfer. Die bayerischen Regierungsparteien CSU und Freie Wähler haben dafür – für zunächst drei Jahre – 500 000 Euro aus Mitteln der Fraktionsreserven zur Verfügung gestellt. Mit der wissenschaftlichen Leitung wurde Prof. Dr. Katrin Boeckh vom Leibniz-Institut betraut. Nun ging es um die inhaltlichen Aspekte. Diese Forschungsstelle sei für sie „ein Herzensanliegen“, betonte Sylvia Stierstorfer: „Mit dem Krieg in der Ukraine hat das Thema eine neue Bedeutung gewonnen. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, das öffentliche Bewußtsein für die Folgen von Flucht und Vertreibung seit dem Zweiten Weltkrieg zu sensibilisieren. Die Vertreibung und danach die Eingliederung der Heimatvertriebenen hatten eine gewaltige Umwälzung im Herzen Europas zur Folge.“ Dies detailliert wissenschaftlich zu erforschen, sei jetzt – über 75 Jahre nach den Ereignissen – dringend nötig. Sie wünschte zudem, daß das Projekt mittelfristig mit einem entsprechenden Lehrstuhl fortgeführt werden könne. Bereits jetzt könnten Bachelor- und Masterarbeiten sowie Promotionen angestoßen werden. Für wichtig hält Stierstorfer auch die Kooperation mit den Vertriebenenverbänden und die Vernetzung in die Herkunftsländer. Weder Universität beziehungsweise Fakultät noch das Institut hätten gezögert, das Projekt anzunehmen, erläuterte Prof. Dr. Ulf Brunnbauer, Wissenschaftlicher Direktor des

Rund drei Millionen Sudetendeutsche wurden 1945 und 1946 aus ihrer Heimat vertrieben. Foto: Sudetendeutsches Archiv Leibniz-Instituts und Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte Südost- und Osteuropas an der Universität Regensburg. In vielerlei Hinsicht sei die Uni Regensburg in Sachen Ost- und Südosteuropa aktiv. Besonders verwies er auf die Lehrerausbildung und Lehrplangestaltung. Hier könne das Forschungsprojekt „in die Schulen wirken“, so Brunnbauer. „Die Geschichte der Vertreibung ist ohne die Geschichte der Regionen nicht zu verstehen“, konkretisierte er. Ein Ziel des Projekts sei auch, die Brückenfunktion von Vertriebenenorganisationen näher zu beleuchten – auch mit Blick auf die europäische Dimension. Die inhaltlichen Gesichtspunkte der Forschungsstelle präsentierte Prof. Dr. Katrin Boeckh. Meistens werde die Integration der Heimatvertriebenen in Bayern als Erfolgsgeschichte beschrieben, erklärte die wissenschaftliche Leiterin. Doch der Verlust von Eigentum, von Vertrautem und die zunächst noch existente Hoffnung auf schnelle Rückkehr hätten auch Emotionen und Traumata erzeugt, über

die vielfach nicht gesprochen worden sei. „Es fehlte die Übergabe in die nächste Generation, auch Enkel leiden an den Erfahrungen – aber sie reden darüber. Viele sagen, daß sie in der Aufarbeitung nicht abgeholt und mitgenommen wurden“, erklärte Boeckh. Daher will das Forschungsprojekt den Emotionen und Gefühlen der Betroffenen einen größeren Raum bieten. Zudem den Frauen, die in der ersten Phase der Vertreibung oft allein mit ihren Kindern gekommen sind und von Beginn an Selbständigkeit zeigen mußten. „Die Frauen haben oft nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. In Sachen Gleichberechtigung waren sie ihrer Zeit voraus, Emanzipation und Selbständigkeit prägten dann auch die Söhne und Töchter“, vertiefte die Leiterin. Solche Aspekte hätten sicher Auswirkungen auf die Nachkriegsgesellschaft gehabt, konkretisierte Boeckh. Neben diesen Inhalten nannte sie „Netzwerke kultureller und konfessioneller Art“, da beispielsweise als Folge von Ver-

Stellten die Forschungsstelle vor (von links): Prof. Dr. Katrin Boeckh, MdL Josef Zellmeier, Prof. Dr. Ulf Brunnbauer, Beauftragte der Staatsregierung, MdL Sylvia Stierstorfer, und Paul Hansel. Foto: Markus Bauer treibung neue Pfarreien und Kirchen entstanden sind – insgesamt durchaus als „nachhaltige Auswirkungen“ zu sehen. Zu berücksichtigen seien ferner der Stand der Wissenschaft in den Herkunftsländern und neue, aktuelle Flüchtlings- und Fluchterfahrungen. Doch Boeckh verwies auf die „limitierten Mittel“. „Wir werden nicht schaffen, alle Vertriebenenorganisationen gleichzeitig und gleichmäßig zu bearbeiten.“ Wichtig sei ungeachtet dessen der Aufbau neuer Netzwerke. Die Bedeutung des Themas betonte auch MdL Josef Zellmeier, Vorsitzender des Haushaltsausschusses und Landesvorsitzender der Landsmannschaft der Karpatendeutschen: „Das Thema wird so stark unterstützt wie schon lange nicht mehr. Das

zeugt auch von einer hohen Übereinstimmung im Landtag und von einem hohen Bekenntnis zu diesem Thema.“ Für den Bund der Vertriebenen nahm Paul Hansel Stellung. Er ist Bezirkschef in Oberbayern, hat schlesische Wurzeln und ist als früherer Gymnasiallehrer, Dozent in der Lehrerfortbildung sowie durch Tätigkeiten in der Staatskanzlei und im Sozialministerium mit der VertriebenenThematik bestens vertraut. Auch er begrüßte, daß mit dem Projekt die kulturelle Identität und Frauenaspekte ins Blickfeld rücken und so Forschungslücken geschlossen werden könnten. Hansel forderte, das Thema Flucht und Vertreibung stärker in den Lehrplänen, Geschichtsbüchern und Lehrerfortbildungen zu verankern. Markus Bauer

Auf dem außerordenlichen Stan-Parteitag wird Vít Rakušan mit 96 Prozent als Parteichef bestätigt

Klares Votum für den Vize-Premierminister Auf einem außerordentlichen Parteitag hat die Regierungspartei Stan ihre Führung neu gewählt und damit die ersten Konsequenzen aus dem Korruptionsskandal gezogen.

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r wolle eine Professionalisierung seiner Partei einleiten

und das Vertrauen der Wähler zurückgewinnen, versprach zum Auftakt Parteichef Vít Rakušan. Mit 292 von 305 Stimmen wurde der Innenminister und Vizepremier in seinem Amt klar bestätigt. Als erster Stellvertreter wurde der Abgeordnete Lukáš Vlček gewählt.

Vít Rakušan

Lukáš Vlček

Seit Mitte Juni erschüttert ein Korruptionsskandal die Partei (Sudetendeutsche Zeitung berichtete). Es geht um Bestechungsvorwürfe rund um die Prager Verkehrsbetriebe. Im Zuge der Ermittlungen kamen Prags stellvertretende Oberbürgermeister Petr Hlubuček (Stan) sowie der

umstrittene Unternehmer und Lobbyist Michal Redl in Untersuchungshaft. Anschließend mußte Bildungsminister Petr Gazdík (Stan) wegen seiner privaten Kontakte zu Redl zurücktreten. Mittlerweile hat die Partei erste umstrittende Parteispenden zurückgegeben.


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AKTUELL · MEINUNG

Sudetendeutsche Zeitung Folge 30 | 29. 7. 2022

AUS UNSEREM PRAGER BÜRO

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arek Ženíšek brauchen wir dem aufmerksamen Leser der Sudetendeutschen Zeitung nicht vorzustellen, da dieser tschechische Politiker bereits einige der Sudetendeutschen Tage besucht hat und sich aktiv mit Fragen der (sudeten-)deutschtschechischen Verständigung beschäftigt. In seiner Pilsener Region setzt sich Ženíšek seit Jahren für gute Zusammenarbeit zwischen den früheren, also sudetendeutschen, und heutigen Bewohnern in diesem Teil Böhmens ein. In der unteren Kammer des tsche-

PRAGER SPITZEN

chischen Parlaments übernahm er nach der Wahl das bedeutende Amt des Vorsitzenden des auswärtigen Ausschusses im Abgeordnetenhaus. Trotz seines sehr vollen Kalenders nahm sich unser Freund aus der von Fürst Karl Schwarzenberg im Jahr 2009 gegründeten Partei TOP 09 Zeit, die sudetendeutsche Botschaft des guten Willens in der Thomasgasse zu besuchen und sich dort mit deren Leiter Peter Barton zu beraten, wie man die Zusammenarbeit weiter vertiefen kann. Ženíšek versprach, daß unsere Leser in Zukunft wieder von ihm hören werden.

Prager Regierung geht in den Urlaub

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b in die Sommerferien: Die tschechische Regierung hat sich für die ersten beiden Augustwochen Kabinettsferien verordnet. In der ersten Woche wird Premierminister Petr Fiala (ODS) von Vizepremierminister Marian Jurečka (KDU-ČSL) vertreten, in der zweiten Woche von Vizepremierminister Vít Rakušan (Stan).

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Gemeinsammer Appell der Vertreter Deutschlands, Frankreichs, Spaniens und Italiens

Vier Botschafter kämpfen für den Erhalt der 2. Fremdsprache

In seiner Zeit als Bildungsminister im Kabinett Petr Nečas hatte der jetzige Premierminister Petr Fiala eine zweite Fremdsprache als verpflichtendes Unterrichtsfach für alle Schüler eingeführt. Jetzt will ausgerechnet sein Bildungsminister diese Regelung kippen, doch es regt sich Widerstand.

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or Monaten hatte der damalige Bildungsminister Petr Gazdík (Stan) verkündet, er wolle die zweite Fremdsprache nicht mehr verpflichtend vorschreiben, sondern nur noch fakultativ anbieten. Nach dessen Rücktritt vor einem Monat wurden die Hoffnungen, sein Nachfolger Vladimír Balaš könne diese Planungen stoppen, schnell zunichte gemacht. Öffentlich verkündete Balaš, auch er wolle die zweite Fremdsprache aus dem Lehrplan streichen. Je nach Schule beginnen derzeit alle tschechischen Schüler in der siebten Klasse mit zwei Wochenstunden oder in der achten Klasse mit drei Wochenstunden mit dem Erlernen einer zweiten Fremdsprache. Mit deutlicher Kritik an der Streichung hat sich auch die Landesversammlung der deutschen Vereine zu Wort gemeldet. Sollte

Als Botschafter Deutschlands, Spaniens, Frankreichs und Italiens, der EU-Länder, deren Sprachen im tschechischen Bildungssystem als zweite Fremdsprachen unterrichtet werden, sind wir besorgt über die vorgeschlagene Reform, die vorsieht, daß der Unterricht einer zweiten Fremdsprache in der Grundschule nicht mehr obligatorisch, sondern fakultativ sein soll.

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ir teilen die Meinung der tschechischen Fremdsprachenlehrerverbände, die negative Auswirkungen auf die Bildung junger Menschen und einen absehbaren Rückschritt befürchten, wenn ein solcher Vorschlag angenommen wird. Wir sind überrascht, wie weit die vorgeschlagenen Lösungen von der tatsächlichen Situation entfernt sind. Wenn tschechischen Schülern Probleme beim Erlernen einer zweiten Fremdsprache nachgesagt werden und sie als leistungsschwach gelten, sollte dann ein solcher Unterricht motivierten Schülern vorbehalten bleiben und für andere aufgegeben werden? Wäre es nicht besser, nach Wegen zu suchen, um die Qualität des Unterrichts zu verbessern: durch eine Erhöhung der Zahl der Unterrichtsstunden, durch die Förderung des frühzeitigen Erlernens von Sprachen und durch eine verstärkte Aus- und Weiterbildung der Sprachlehrer? Dieser Vorschlag würde de facto dazu führen, daß die Zahl der Schüler, die eine zweite Fremd-

Gemeinsame Initiative der Botschafter Andreas Künne (Deutschland, großes Foto), Alexis Dutertre (Frankreich, oben), Ángel Lossada Torres Quevedo (Spanien, Mitte), Mauro Marsili (Italien, unten). Fotos: TF (1)/Archiv die Reform in Kraft treten, könnte das dazu führen, daß an vielen Schulen der Deutschunterricht wegfalle. Für die Kinder der deutschen Minderheit selbst gäbe es dann kein staatliches Bildungsangebot in der Muttersprache, warnte Martin H. Dzingel. Der Präsident der Landesversamm-

lung weiter: „Der Unterricht der deutschen Sprache wurde der deutschen Minderheit nach dem Zweiten Weltkrieg praktisch verwehrt. Deshalb spricht die heutige ältere Generation der Minderheit nur schlecht Hochdeutsch.“ Mit einem gemeinsamen Appell, der in der tschechischen

Der Appell der Botschafter im Wortlaut

„Keim für wachsende soziale Ungleichheiten“ sprache erlernen, sinkt und damit auch die Zahl der Fremdsprachenlehrer und der Studenten, die sich für diesen Bereich entscheiden. Damit wäre die gesamte Kette gefährdet und die jahrelangen Bemühungen um die Ausbildung von qualifizierten Sprachlehrern umsonst gewesen. Gleichzeitig würde die Qualität dieses Unterrichts dauerhaft beeinträchtigt, da der obligatorische Zweitsprachenunterricht erst später, im Alter von 15 Jahren, beginnen würde. Von allen Signalen, die dieser Reformvorschlag an Familien und junge Menschen senden würde, wäre das schädlichste, daß die zweite Fremdsprache zweitrangig ist. In einer globalisierten und wettbewerbsorientierten Welt ist die Kenntnis mehrerer Sprachen ein unbestreitbarer Vorteil. Englischkenntnisse sind sicherlich wichtig, aber sie reichen nicht aus. Der Mehrwert eines jungen Arbeitssuchenden besteht nicht darin, daß er eine Sprache beherrscht, die jeder beherrschen sollte, sondern darin, daß er etwas qualitativ anderes bietet als nur einheitliche Englischkenntnisse. In einem Unternehmen, das für den internationalen Handel offen ist, ist die Beherrschung

einer zweiten oder sogar dritten Sprache oft der Schlüssel zum beruflichen Aufstieg. Die Tschechische Republik ist der Champion des EU-Binnenmarktes, der 70 Prozent des Handels mit Waren und Dienstleistungen ausmacht. Ihre Wirtschaft ist sehr offen, aber auch eng mit anderen europäischen Volkswirtschaften verflochten. Wenn es darum geht, den Absatz im Ausland zu verbessern und neue Märkte zu erobern, kann die Wirtschaft dann auf Fachkräfte, die mehrere Sprachen sprechen, verzichten? Wenn eine zweite Fremdsprache fakultativ ist, wird diese Änderung dazu führen, daß sich die Kluft zwischen Kindern aus Familien, die sich der Bedeutung von Fremdsprachen in der zukünftigen Welt bewußt sind, und Kindern aus Familien, die dies nicht sind, vergrößert. Der Vorschlag trägt den Keim für wachsende soziale Ungleichheiten unter jungen Tschechen in Bezug auf ihre Bildung und ihre Berufsaussichten in sich. Zu einem Zeitpunkt, an dem die Tschechische Republik den Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernommen hat, stünde dieser Vorschlag in direktem Widerspruch zu den Entscheidun-

Reaktorblock wird gewartet

Zeitung Právo abgedruckt wurde (siehe unten), haben jetzt die Botschafter von Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien, dringend dafür geworben, weiterhin alle Schüler in einer zweiten Fremdsprache zu unterrichten. „Die Kenntnis mehrerer Sprachen sollte keine bloße Option in der Grundbildung junger Menschen in Europa sein. Wir werden uns mit dem Bildungsminister Vladimír Balaš treffen und dieses Thema besprechen“, twitterte der französische Botschafter Alexis Dutertre in einer unter Diplomaten ungewöhnlichen Deutlichkeit. Der deutsche Botschafter Andreas Künne, der mit seinen Kollegen Ángel Lossada Torres Quevedo und Mauro Marsili zu den weiteren Mitunterzeichnern des Appells gehört, ist da zurückhaltender. Er hat den Kommentar des Franzosen zwar gelikt, aber selbst keinen weiteren Kommentar auf seinem Twitterkanal veröffentlicht. Wohl aus gutem Grund, denn in puncto Fremdsprachenausbildung hat gerade Deutschland mit seinem föderalen Bildungssystem Nachholbedarf. Laut Eurostat lernen nur 36 Prozent der deutschen Kinder eine zweite Fremdsprache. TF

gen, die von der Mehrheit der Länder in Europa geteilt und unterstützt werden. So hat die Europäische Kommission die Idee eines „Europäischen Bildungsraums“ vorgestellt, in dem es bis 2025 „für die Menschen üblich sein wird, neben ihrer Muttersprache zwei weitere Sprachen zu sprechen“ (Mitteilung „Stärkung der europäischen Identität durch Bildung und Kultur“, 2017). Wir würden die Aufnahme eines Dialogs mit dem Bildungsminister begrüßen, um den Sprachunterricht in der Tschechischen Republik weiterhin zu unterstützen und zu fördern, was der Mehrsprachigkeit zu Gute kommen wird. Die Mehrsprachigkeit ist einer der Eckpfeiler unserer europäischen Zugehörigkeit: Sie sollte durch obligatorischen Unterricht von einem möglichst jungen Alter an gefördert werden, um unseren jungen Menschen so viele Möglichkeiten wie möglich zu bieten. Der Erfolg und die Demokratisierung des ErasmusProgramms der Europäischen Union sind ein gutes Beispiel dafür. Andreas Künne, Deutscher Botschafter in der Tschechischen Republik Ángel Lossada Torres Quevedo, Botschafter von Spanien in der Tschechischen Republik Alexis Dutertre, Botschafter von Frankreich in der Tschechischen Republik Mauro Marsili, Botschafter von Italien in der Tschechischen Republik

m Atomkraftwerk Temelín ist am Samstag der zweite Reaktorblock abgestellt worden. Es handle sich um eine Routinemaßnahme, um Brennstäbe auszutauschen sowie die Sicherheitssysteme und die Turbine zu kontrollieren, erklärte ein Sprecher. Für Temelín ist es bereits die zweite Abschaltung in diesem Jahr. Von April bis Juni war bereits der erste Reaktorblock für Wartungsarbeiten vom Netz genommen worden. Kraftwerkbetreiber ČEZ plant zudem im Herbst die Wartung des ersten Blocks im Atomkraftwerk Dukovany.

Ausstellung zeigt die Werke alter Meister

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n den sogenannten Kaiserlichen Pferdeställen der Prager Burg werden noch bis 30. Oktober die Bilder alter Meister aus Renaissance, Manierismus und dem Barock gezeigt. Es handelt sich um eine Auswahl an Werken, die zu den Sammlungen der Bildergalerie der Prager Burg gehören, die derzeit wegen einer defekten Klimaanlage geschlossen ist. Zu sehen sind unter anderem Gemälde von Peter Pauls Rubens, Lucas Cranach, Hans Holbein und Tintoretto.

Beste Weine aus Böhmen und Mähren

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er Welschriesling 2021 Beerenauslese des Weinbaubetriebs Entrée aus Nikolsburg ist zum „König der Weine“ in Tschechien gekürt worden. Eine Jury aus Sommeliers, Winzern und weiteren Fachleuten wählte den Tropfen aus insgesamt 1400 Proben von 172 Weinbaubetrieben aus dem ganzen Land aus. Laut Branek Černý, dem Leiter des Wettbewerbs, lag das Niveau der eingereichten Proben in diesem Jahr besonders hoch. Deswegen sei eine Rekordzahl von

63 Goldmedaillen in den 15 bewerteten Kategorien vergeben worden, so Černý, der sogar behauptet, die Winzer aus Böhmen und Mähren würden in puncto Qualität mittlerweile ihre Kollegen aus dem benachbarten Österreich übertrumpfen.

Weniger Flüchtlinge aus der Ukraine

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egen der sinkenden Zahl von Flüchtlingen aus der Ukraine schließt die Stadt Prag die erste der beiden Zeltstädten. Laut Oberbürgermeister Zdeněk Hřib (Piraten) waren die Zeltstädte von Anfang an nur als Notlösung für den großen Ansturm gedacht. Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben mehr als 398 000 Flüchtlinge bereits ein Sondervisum des tschechischen Innenministeriums erhalten. 91 000 von ihnen sind dabei in Prag angesiedelt.

Gedenkstätte für Sinti und Roma

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rster Schritt für den Bau einer Gedenkstätte an den Porajmos, den Völkermord an den Sinti und Roma im Zweiten Weltkrieg durch die Nationalsozialisten. Am Freitag wurde im südböhmischen Lety offiziell mit dem Abriß einer Schweinefarm begonnen, die nach dem Krieg auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers errichtet worden war. Zu dem Festakt kamen auch der tschechische Kulturminister Martin Baxa (ODS) und die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Markéta Pekarová Adamová (Top 09). In dem ehemaligen sogenannten Zigeunerlager in Lety starben zwischen 1940 und 1943 etwa 330 tschechische Roma, über 500 weitere wurden nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet.

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Außenminister Lipavský in Kiew

echechiens Außenminister Jan Lipavský (Piraten) sowie sein österreichischer Amtskollege Alexander Schallenberg sind vergangene Woche nach Kiew gereist und haben dort mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj unter anderem darüber beraten, wie die Europäische Union wirkungsvoll und angemessen auf eine mögliche Annektierung der von Rußland besetzten Gebiete in der Ukraine reagieren kann.

Sudetendeutsche Zeitung

ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Herbert Ring, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Verlagsassistentin: Birte Rudzki. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2022 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2021 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.


AKTUELL

Sudetendeutsche Zeitung Folge 30 | 29. 7. 2022

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50. Todestag des großen Europäers , der vor 100 Jahren die Paneuropa-Union gegründet hat

Schloßfest in Ronsperg: Bernd Posselt würdigt Graf Coudenhove-Kalergi Persönlichkeiten aus den Böhmischen Ländern haben nicht nur den Porsche und die Feinstrumpfhose, den Würfelzukker und die Schiffsschraube erfunden, sondern auch die Idee der europäischen Einigung. Deren Vater, Richard Graf Coudenhove-Kalergi aus Ronsperg am Übergang vom Egerland zum Böhmerwald, ist vor 50 Jahren, am 27. Juli 1972, in Schruns in Vorarlberg verstorben. 1922 gründete er die Paneuropa-Union als älteste europäische Einigungsbewegung, deren 100jähriges Bestehen diesen Sommer und Herbst in vielen europäischen Ländern begangen wird und sich auch im Arbeitsprogramm der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft – etwa durch Ausstellungen in Ronsperg, Brüssel, Prag, Österreich und Deutschland – widerspiegelt.

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m vergangenen Wochenende feierte Coudenhoves Heimatgemeinde Ronsperg zu Ehren des Paneuropa-Gründers ein großes Schloßfest im herrlichen Park vor dem ziemlich ruinierten Gebäude, das der junge und energische Bürgermeister Martin Kopecký renovieren und zu einer Begegnungsstätte zwischen den Völkern, Kulturen und Religionen ausgestalten will. Redner beim Schloßfest waren der tschechische Kulturminister Martin Baxa, der sich schon als Bürgermeister der Europäischen Kulturhauptstadt Pilsen bewährt hat, Volksgruppensprecher Bernd Posselt als Präsident der Paneuropa-Union Deutschland, sein tschechischer Kollege Marian Švejda, der Hejtman der Region Pilsen, Rudolf Špoták, der bekannte Historiker Petr Pavelec, Direktor des Tschechischen Denkmalamtes in Budweis, sowie als besonderer Ehrengast die in München lebende japanische Schriftstellerin und Filmautorin Masumi Muraki, die eine lesenswerte Biographie über die japanische Mutter Richard Coudenhoves verfaßte und im Schloßpark von Ronsperg einen Zen-Garten errichten ließ. Höhepunkte des Kulturprogramms waren die Eröffnung der von Petr Pavelec gestalteten Dauerausstellung sowie ein Konzert der Pilsener Philharmoniker. (Ausführlicher Bericht von Karl Reitmeier in der nächsten Ausgabe der Sudetendeutschen Zeitung auf der Seite des Heimatkreises Bischofteinitz.) In etlichen der Gedenkartikel für Richard Coudenhove-Kalergi werden seine böhmischen Wurzeln, die prägend für sein Leben und Denken waren, verschwiegen. Dabei bekannte er sich stolz

zu seiner Zugehörigkeit zur Sudetendeutschen Volksgruppe, deren damaliger Sprecher, Bundesminister Hans-Christoph Seebohm, ihm deren Europäischen Karls-Preis verlieh. Geboren wurde der Paneuropa-Gründer am 17. November 1894 in Tokio als Sohn des österreichisch-ungarischen Diplomaten Heinrich Graf Coudenhove-Kalergi und der japanischen Kaufmannstochter Mitsuko Aoyama. 1896 übersiedelte er mit seiner Familie auf deren Besitz in Böhmen. Richards Vater Heinrich machte aus Ronsperg, das zwischen der böhmisch-bayerischen Staatsgrenze und der in Böhmen verlaufenden deutschtschechischen Sprachgrenze lag, eine kosmopolitische Oase, in der sich führende Vertreter von Christen, Juden, Muslimen und Buddhisten sowie Gelehrte aller Kulturen begegneten. Dieser Hintergrund prägte auch den jungen Richard, der sich sein Leben lang dem Kampf gegen Intoleranz und Nationalismus sowie für die Völkerverständigung widmete. Im November 1922 veröffentlichte Richard Coudenhove-Kalergi in den beiden wichtigsten liberalen Zeitungen des deutschen Sprachraums, der Vossische Zeitung in Berlin und der Neue Freien Presse in Wien, einen Aufruf zur Einigung Europas. Die Programmpunkte wirken heute noch brennend aktuell und reichen von der deutsch-französischen Aussöhnung über eine gemeinsame europäische Verteidigung gegen die Bedrohung aus dem Osten und einen europäischen Volksgruppen- und Minderheitenschutz, um Nationalitätenkonflikte zu entschärfen, bis

mährisch-slowakische Wurzeln hat, baute er die bis heute in den meisten europäischen Ländern aktive Paneuropa-Bewegung auf, der sich Persönlichkeiten wie Arturo Toscanini, Albert Einstein, Franz Werfel, Stefan Zweig, Rainer Maria Rilke, Bronislaw Hubermann, Sigmund Freud, Arthur Schnitzler oder zeitweise auch die Gebrüder Thomas und Heinrich Mann anschlossen. Den Vorsitz der PaneuropaUnion in Deutschland übernahm der sozialdemokratische Reichstagspräsident der Weimarer Republik, Paul Löbe. 1926 veranstaltete die Paneuropa-Union mit 2000 Teilnehmern aus ganz Europa ihren ersten großen Kongreß, der zugleich der erste EuropaKongreß der Geschichte überhaupt war. Die Ehrenpräsidentschaft der Paneuropa-Union auf internationaler Ebene übernahm auf Vermittlung des tschechoslowakischen Staatspräsidenten Tomáš G. Masaryk der französische Premier- und Außenminister Aristide Briand. Dieser brachte im September 1929 Coudenhoves Idee eines geeinten Europas in die Vollversammlung des Völkerbundes in Genf ein. Coudenhove und Briand fanden zumindest teilweise Unterstützung beim deutschen Außenminister Gustav Stresemann und zahlreichen kontinentaleuropäischen Staaten, stießen aber auf den klaren Widerstand Großbritanniens sowie der nationalistischen Kräfte in den eigenen Ländern. Von Genf heimgekehrt, starb Stresemann; die Weltwirtschaftskrise brach aus, Briand verlor seine innenpolitische Basis. Gleichzeitig vollzog sich der Aufstieg des Nationalsozialismus, und am Hori-

Volksgruppensprecher Bernd Posselt bei seiner Rede im Schloßpark von Ronsperg über den Sudetendeutschen Richard Graf Coudenhove-Kalergi. hin zur Forderung nach einer Europäischen Verfassung. Sein 1923 veröffentlichtes Buch „Pan-Europa“, in dem er diese Ideen ausformulierte, wurde ein Bestseller und in die meisten europäischen Sprachen übersetzt. Gemeinsam mit seiner Frau, der berühmten jüdischen Schauspielerin Ida Roland, die

zont zeichnete sich der von Coudenhove schon 1922 prophezeite Zweite Weltkrieg ab, dem er sich mit einer Flut von Aktivitäten auf dem ganzen Kontinent entgegenstemmte. 1933 wurde die PaneuropaUnion im nationalsozialistischen Deutschland verboten, ihre Vertreter verfolgt und die Bücher

Coudenhoves verbrannt. Hitler nannte ihn tobend einen „Allerweltsbastard“. Nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Wien 1938 wurde das Generalsekretariat der internationalen PaneuropaUnion in der Hofburg, das die österreichische Bundesregierung zur Verfügung gestellt hatte, aufgelöst. Coudenhove und seine Frau flohen zuerst in die Schweiz

Vorkämpfer für ein geeintes Europa: Richard Graf Coudenhove-Kalergi. und schließlich in die Vereinigten Staaten, wo sie weiter für die europäische Einigung warben, so mit dem 5. Paneuropa-Kongreß 1943 in New York. Nicht nur Hitler haßte Coudenhove, sondern auch Stalin, der seine Kontakte in die USA nutzte, um die Rückkehr von Richard und Ida nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1946 hinauszuzögern. Der damals bedeutendste Staatsmann Europas, Winston Churchill, unterstützte allerdings wie schon in den dreißiger Jahren die Paneuropa-Idee und hielt am 19. September 1946 seine berühmte Züricher Rede, in der er auf den unermüdlichen Einsatz Coudenhoves in der Zwischenkriegszeit hinwies und „so etwas wie die Vereinigten Staaten von Europa“ forderte. Die europaweite Begeisterung über Churchills Rede nutzte Coudenhove, der durch seine Arbeit in den zwanziger und dreißiger Jahren ebenfalls auf dem ganzen Kontinent bekannt war, um 4256 Abgeordnete aus 13 europäischen Staaten schriftlich zu fragen, ob sie für eine Europäische Föderation im Rahmen der Vereinten Nationen seien. Sie antworteten zu 97,2 Prozent positiv, worauf der Paneuropa-Präsident Anfang September 1947, also vor 75 Jahren, im schweizerischen Gstaad die Europäische Parlamentarier-Union (EPU) ins Leben rief, der er als einziger Nicht-Parlamentarier angehörte. Diese gab den Anstoß zur Gründung des Europarates in Straßburg und schlug schon damals

Fotos: Paneuropa-Union

die Direktwahl eines Europä- kratischen Bundeskanzler Bruno ischen Parlamentes vor. Kreisky, einen Mährer, der sich Ein Jahr nach dem Treffen von schon 1926 als Jugendlicher der Gstaad, das die internationale Bewegung angeschlossen hatPresse als das „erste Europapar- te, mit dem Paneuropa-Vizeprälament“ würdigte, verabschie- sidenten, dem österreichischen dete die EPU den von Couden- Kaisersohn Otto von Habsburg, hove verfaßten Interlaken-Plan, zusammen, der Coudenhoves den ersten modernen Entwurf ei- Wunschnachfolger war. Der ner Europäischen Bundesverfas- symbolische Händedruck zwisung. schen Kreisky und dem ehemaliAufgrund seiner engen gen Thronfolger versöhnte nicht Freundschaft mit Konrad Ade- nur die Republik mit dem einstinauer, der schon 1926 der Pan- gen Kaiserhaus, sondern machte europa-Union beigetreten war, deutlich, daß es Otto von Habsund General Charles de Gaulle burg nicht um Restauration, sontrieb Coudenhove außerdem die dern um ein geeintes Europa deutsch-franging. zösische AusAls Cousöhnung vordenhove wean, die 1962 nige Wochen mit der von nach dem Fest der Paneuroin Wien im pa-Union invorarlbergeriitiierten feierschen Schruns, lichen „Hochseinem Urzeit“ beider laubsort, starb, Völker in der übernahm der Coudenhoves Nachfolger Otto von Habsburger Kathedrale von Reims ge- Habsburg mit Bernd Posselt. provisorisch krönt wurde. die Leitung Coudenhove nahm auf persönli- der Organisation und wurde ein che Einladung beider Staatsmän- Jahr später auf Vorschlag des ner als eine Art „Trauzeuge“ teil. französischen Staatspräsidenten Wichtigstes Anliegen des Pan- Georges Pompidou, der lange europa-Gründers war in den Zeit Paneuropa-Schatzmeister sechziger Jahren die Schaffung war, als Coudenhoves Nachfoleiner gemeinschaftlichen Au- ger an die Spitze der ältesten eußen- und Sicherheitspolitik für ropäischen Einigungsbewegung den von ihm propagierten Euro- gewählt. Richard Coudenhopäischen Bundesstaat. ve-Kalergi wurde fern der böh1972 brachte er bei der 50-Jahr- mischen Heimat neben seinen Feier der Paneuropa-Union in beiden verstorbenen Ehefrauen der Wiener Hofburg den Fest- im Garten seines Wohnsitzes in redner, Österreichs sozialdemo- Gstaad beigesetzt.

„Unterschiedliche Auffassungen über die zukünftige Ausrichtung des Verbandes“ und „teilweise turbulente Szenen“ beim Landesverbandstag

BdV Baden-Württemberg: Sechs Vorstände treten zurück Tiefpunkt eines innerverbandlichen Zerwürfnisses: Am Freitag hat Iris Ripsam ihren Rücktritt vom Amt als Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen in Baden-Württemberg erklärt. Mit ihr legten weitere fünf Mitglieder des 16köpfigen Landesvorstandes ihre Ämter nieder.

Warf das Handtuch: Iris Ripsam.

M

it dem Amtsantritt der ehemaligen Bundestagsabgeordneten und Stuttgarter Stadt-

rätin hatte der BdV-Landesverband 2017 einen Reformprozeß gestartet, der jetzt ohne Ripsam weitergeführt werden soll. Mit Ripsam legten auch die beiden Stellvertreter Andrea Krueger und Klaus Hoffmann, sowie die Schriftführerin Waltraud Illner, Kassenwart Reinhold Frank und Beisitzerin Sabine Mezger ihre Ämter mit sofortiger Wirkung nieder. Über die Gründe heißt es in ei-

ner Pressemitteilung vielsagend: „Unterschiedliche Auffassungen über die zukünftige Ausrichtung des Verbandes hätten (sic!) zu diesem Schritt geführt. Diese unterschiedlichen Auffassungen wurden beim letzten (sic!) Landesverbandstag Anfang Juli deutlich, als es zu teilweise turbulenten Szenen im Haus der Heimat kam.“ „Wir bedanken uns für das Vertrauen der Mitglieder in den

vergangenen Jahren und die gemeinsam zurückgelegte Wegstrecke, um den BdV in die Zukunft zu führen“, verabschiedete sich Ripsam und sagte weiter: „Mit unserem Rücktritt wollen wir dem Verband eine Zerreißprobe ersparen. Ich wünsche, auch im Namen der anderen zurücktretenden Vorstandsmitglieder, dem BdV für die Zukunft alles Gute“ Erst vor kurzem ist mit Peter

Benz ein neuer vollzeitbeschäftigter Landesgeschäftsführer gewählt worden, der die zukünftige Wegstrecke mitbegleiten soll. Über die Nachfolger von Iris Ripsam und den weiteren zurückgetretenen Vorstandsmitgliedern muß jetzt eine außerplanmäßigen Landesversammlung entscheiden. Als Vize-Vorsitzende weiter im Amt sind Franz Longin, MdL Raimund Haser und Hartmut Liebscher.


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AKTUELL · TERMINE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 30 | 29. 7. 2022

Sachsens Landeshauptstadt präsentiert während Tschechiens EU-Ratspräsidentschaft eine vierteilige Kunstausstellung

„Alle Macht der Imagination – Tschechische Saison in Dresden“

Während der tschechischen EURatspräsidentschaft präsentierten die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds bis Ende Dezember unter dem Titel „Alle Macht der Imagination – Tschechische Saison in Dresden“ eine vierteilige Kunstausstellung.

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„Quo vadis?“ ist ein Werk des tschechischen Künstlers David Cerný. Der überdimensionale Trabi auf Füßen erinnert an die Flucht vieler DDR-Bürger 1989 über Prag in den Westen. Foto: SKD/Klemens Renner

en ersten der vier Programmschwerpunkte bildet das Thema „Relocated – Skulpturale Installationen im öffentlichen Raum“. Dabei werden elf Werke von sieben tschechischen Künstlern gezeigt. Eines davon ist „Quo vadis?“, ein Trabi auf Beinen. Künstler David Cerný spielt damit auf die vielen Trabis an, die kurz vor dem Mauerfall im Herbst 1989 bei der Flucht in den Westen von DDR-Bürgern nahe der Deutschen Botschaft in Prag zurückgelassen wurden. Teil 2 startet am 4. August unter dem Motto „Sommer der Künste – Theater, Installationen, Film und Musik“.

Samstag, 30. Juli, 11.00 bis 17.00 Uhr, Bund der Egerländer Gmoin: Viertes Brunnenfest. Egerländer Blasmusik und Egerländer Spezialitäten am Egerlandbrunnen vor dem EgerlandKulturhaus. Fikentscherstraße 24, Marktredwitz. Samstag, 30. Juli, 11.00 Uhr: SL Baden-Württemberg: Jubiläum 70 Jahre SL BadenWürttemberg. Rathaus, Großer Sitzungssaal, Marktplatz 1, Stuttgart Anmeldung erforderlich unter illner@sudeten-bw.de Sonntag, 31. Juli, 15.00 Uhr, Heimatgruppe Aussig: Gedenken an das Massaker in Aussig von 1945 auf der Elbbrücke. Bitte bringen Sie Blumen mit. Anschließend Kaffee und Kuchen im Gemeindehaus in Aussig. 18.00 Uhr: Andacht in der Pfarrkirche Aussig. Anmeldung: Brigitta Gottmann, Telefon (0 23 51) 5 11 53, eMail brigitta. gottmann@t-online.de Montag, 1. August, 18.00 Uhr, Sudetendeutsche Heimatpflege: „Musik aus dem Böhmerwald und darüber hinaus.“ Sommerkonzert mit Elisabeth und Stefanie Januschko (Trägerinnen des Sudetendeutschen Förderpreises für darstellende Kunst 2019). Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Freitag, 5. August, 17.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Stuttgart: Feier zur Charta der deutschen Heimatvertriebenen. Begrüßung: UdVF-Landesvorsitzende MdB a. D. Iris Ripsam. Festrede: MdB und Staatssekretär a.D. Stephan Mayer. Musikalische Umrahmung: Bläserquartett Feuerbach. Vorhof des Neuen Schlosses, Schloßplatz, Stuttgart. Anmeldung: Waltraud Illner, Telefon (07 11) 86 32 58, eMail illner@sudeten-bw.de Mittwoch, 11. August, 17.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Stuttgart: Tagesausflug nach BadenBaden und zum Merkur. Anmeldung: Waltraud Illner, Telefon (07 11) 86 32 58, eMail illner@sudeten-bw.de Sonntag, 21. August, 14.00 Uhr: Tag der offenen Tür. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 21. August bis Freitag, 30. September, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Ausstellung „Niemandsland, Czernowitz-Butscha 2022 – Arbeiten der ukrainischen Künstlerin Olha Tregubova“. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 21. August bis

tag: Besichtigung der Sandauer Heimatstube im neuen Bügerhaus, anschließend Empfang der Stadt Arzberg und Heimatabend im Katholisches. Vereinshaus. Sonntag, 10.30 Uhr: Festgottesdienst in Arzberg, nach dem Mittagessen Fahrt nach Eger. Montag, 10.00 Uhr: Heimatgottesdienst in Sandau in der St.Michaels-Pfarrkirche. Anschließend Gedenken der Toten auf dem Sandauer Friedhof, danach Mittagessen im Lehnhof. Dienstag, 4. Oktober, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Bunte (Noten-) Blätter. Traditionelles Herbstkonzert im Eichendorff-Saal“. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Freitag, 7. Oktober, 18.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Preußen und sein Osten in der Weimarer Republik“. Buchvorstellung mit Prof. Dr. Manfred Kittel und Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 15. Oktober, 10.30 Uhr, BdV Bayreuth: Tag der Heimat in Fichtelberg-Neubau. Festredner: Christian Knauer, Vorsitzender BdV Bayern. Buszubringer: Pegnitz-Wiesweiher: 9.00 Uhr; Bayreuth Bahnhof: 9.30 Uhr. Anmeldung bei Margaretha Michel, Telefon (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@familiemichel.net oder bei Rita Tischler, Telefon (09 21) 41 75. Samstag, 29. Oktober, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: Monatsnachmittag. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart. Anmeldung: Waltraud Illner, Telefon (07 11) 86 32 58, eMail illner@sudeten-bw.de Samstag, 26. November, 14.30 Uhr, SL-Kreisgruppe Stuttgart und Böhmerwald Heimatgruppe Stuttgart: Jahresabschluß- und Weihnachtsfeier mit Ehrungen verdienter Mitglieder. Musikalische Umrahmung: Geschwister Januschko vom Deutschen Böhmerwaldbund. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart. Anmeldung: Waltraud Illner, Telefon (07 11) 86 32 58, eMail illner@sudeten-bw.de Samstag, 3. Dezember, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: Advent und Weihnachtsfeier. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart. Anmeldung: Waltraud Illner, Telefon (07 11) 86 32 58, eMail illner@sudeten-bw.de

VERANSTALTUNGSKALENDER Freitag, 28. Oktober, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Ausstellung „Sammlung neu entdeckt II. Ausgewählte Portraits aus der ,Ostdeutschen Artothek´“. Gerhart-HauptmannHaus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Mittwoch, 31. August, 18.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Rumänien – ein Schnellkurs zu Geschichte und Gegenwart“. Referent: Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 4. September, 12.00 Uhr, BdV, Ackermann-Gemeinde Bamberg, SL-Bezirksgruppe Oberfranken: Vertriebenenwallfahrt nach Gößweinstein. Gottesdienst mit dem Vertriebenenbeauftragten Pfarrer Monsignore Herbert Hautmann. Anmeldung von Gruppen bei Margaretha Michel, Telefon (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@ familie-michel.net Freitag, 9. September, 17.00 Uhr (Nachholtermin): „Alles, was wir nicht erinnern. Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters“. Buchvorstellung mit Christiane Hoffmann. Haus der Geschichte, Museumsmeile, WillyBrandt-Allee 14, Bonn. Samstag, 10. September, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: Monatsnachmittag. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart. Anmeldung: Waltraud Illner, Telefon (07 11) 86 32 58, eMail illner@sudeten-bw.de Montag, 12. September, 18.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „Schwarze Erde. Schwere See – Ein Kaleidoskop der Ukraine“. Autorengespräch mit Jens Mühling. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 17. September, ab Wien 7.30 bis 19.00 Uhr, Verband der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften (VLÖ) und Nationalratsabgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Exkursion zu Oskar Schindlers Fabrik in Brünnlitz. Weitere Programmpunkte: Laa/Thaya (Südmährisches Heimatmuseum Thayaland), Brünn sowie Pohrlitz (Kranzniederlegung). Anmeldung bis zum 1. September unter office@ gudrunkugler.at Samstag, 17. bis Samstag, 24. September, Ackermann-Gemeinde: Zu Fuß durch Nord-

böhmen: deutsch-tschechische Pilgerwanderung von Aussig nach Altbunzlau. Anmeldung und weitere Informationen unter eMail muenchen@ackermanngemeinde.de Sonntag, 18. September, 11.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Stuttgart: „Vertreibungen und Deportation ächten – Völkerverständigung fördern“. 11.00 Uhr: Gedenkveranstaltung am Mahnmal im Kurpark Bad Cannstatt, Königsplatz, Stuttgart. 14.00 Uhr: Volkstumsnachmittag in der Liederhalle Beethovensaal, Berliner Platz 1, Stuttgart. Anmeldung: Waltraud Illner, Telefon (07 11) 86 32 58, eMail illner@sudeten-bw.de Dienstag, 20. September, Stiftung Gerhart-HauptmannHaus: „111 Gründe, Polen zu lieben“. Lesung und Gespräch mit Dr. Matthias Kneip. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Donnerstag, 22. September, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Angekommen. Aber wie? – Integration von (Spät-)Aussiedlern am Beispiel der Siebenbürger Sachsen“. Diskussionsabend unter anderem mit Heiko Hendriks (Beauftragter der Landesregierung für die Belange von deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern) und Rainer Lehni (Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen). GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Dienstag, 27. September, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Babyn Yar – und der Krieg in der Ukraine“. Vortrag von Dr. Anatoly Podolsky, Zentrum für Holocaust-Forschung der Ukraine. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Mittwoch, 28. September, 19.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „… nachdem die Welt meiner eigenen Sprache für mich untergegangen war … – Stefan Zweig (1882– 1942) im Exil“. Vortrag mit Textbeispielen zum 80. Todestag mit Dr. Katja Schlenker und Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 1. bis Montag, 3. Oktober: Heimatgruppe Sandau und Umgebung: Sandauer Heimattreffen in der Patenstadt Arzberg und in Sandau. Sams-

Europaweite Solidarität: Auch hier am Münchner Hauptbahnhof werden Ukraine-Flüchtlinge nach ihrer Ankunft erstversorgt . Foto: TF

Krisen in Europa – Europa in der Krise Montag, 22. bis Freitag, 28. August: „Krisen in Europa – Europa in der Krise.“ Veranstaltung für historisch-politisch Interessierte aus Deutschland und Polen. Als dieses Seminar und dessen Titel Ende 2021 entworfen wurden, beherrschten noch die Coronapandemie und deren Auswirkungen die politische Agenda in Europa und dem Rest der Welt. Zudem wurde in der Europäischen Union um Einigkeit gerungen, da es insbesondere in Polen und Ungarn Rechtsstaatsprobleme gab, so daß Zwangsmaßnahmen, etwa die Einbehaltung von Geldern aus dem Corona-Wiederaufbaufonds, diskutiert beziehungsweise in die Wege geleitet wurden. Mit dem 24. Februar 2022, dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, hat sich die Lage substanziell geändert. Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten stehen vor bisher nicht gekannten Problemen. Mittlerweile wurden Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen, viele davon in Polen und den anderen mitteleuropäischen Staaten. Zusätzlich wurden gegen Rußland Wirtschaftssanktionen beschlossen und Militärhilfen für die Ukraine gestartet. Besonders engagiert hierbei war Polen, vielfach gebremst hat Ungarn. Wichtige Beschlüsse können im Europäischen Rat, dem durch Staatsund Regierungschefs repräsentierten Entscheidungsgremium, nur einstimmig getroffen werden. Bisher war bei den Ukraine-Maßnahmen diese Einstimmigkeit gegeben, aber die Gefahr ist groß, daß diese Geschlossenheit aufbricht, wenn die fehlenden Gas- und Erdöllieferungen aus Rußland in der EU ab diesem Herbst zu massiven Versorgungsproblemen führen. Die Diskussion über mögliche Folgen für Europa und dessen Bürger ist Teil dieses Seminars. Anmeldung unter eMail info@heiligenhof.de Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de

Filmvorführung und Podiumsgespräch

„Nemez“: Ein Abend mit Stanislav Güntner Dienstag, 26. Juli, 19.00 Uhr: Das Haus des Deutschen Ostens zeigt in Anwesenheit des Filmemachers Stanislav Güntner (Foto) den Film „Nemez“. Das anschließende Podiumsgespräch moderiert Lilia Antipow. Die Geschichte des Films: Ein ehemaliger Kunstdieb sucht nach einer neuen Heimat, einer neuen Bestimmung, und hofft diese in Berlin zu finden. In Rußland wird er als Deutscher angesehen und in Deutschland als Russe. Was er ist, was ihn ausmacht, ist so leicht nicht zu sagen, in jedem Falle kämpft er darum, sein altes kriminelles Leben hinter sich zu lassen und neu zu beginnen. Auch seinen Namen „Nemez“ trägt er wie einen Seelenspiegel mit sich, übersetzt aus dem Russischen bedeutet dieser Name „Deutscher“, aber sein eigentlicher Name ist Dima. Stanislav Güntner (geboren 1977 in Tscheljabinsk/Sowjetunion) ist Filmregisseur und Drehbuchautor. 1994–1998 Studium der Musik am Hein-

rich-Schütz-Konservatorium (Dresden), 1999–2006 Studium der Regie für Film und Fernsehspiel an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) München. Als Regisseur und Drehbuchautor war Güntner an zahlreichen Filmproduktionen beteiligt und wurde 2008/2009 mit dem Tankred-Dorst-Drehbuchpreis sowie 2012 mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet. Anmeldung erforderlich unter Telefon (0 89) 4 49 99 30 oder per eMail an poststelle@ hdo.bayern.de.


Sudetendeutsche Zeitung Folge 30 | 29. 7. 2022

AKTUELL · KOLUMNE

5 Mut tut gut

Treppen zum Himmel

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Landesleute aus Bayern und Baden-Württemberg vor dem Kreuz am Ortsrand von Pohrlitz. Viele der Opfer des Brünner Todesmarsches sind hier begraben. Wenn das kein Statement für das (sudeten-)deutsch-tschechische Verhältnis ist: Mit 160 Landsleuten waren die SL Bayern und die SL Baden-Württemberg beim 17. Versöhnungsmarsch in Brünn vertreten.

B

ayerns SL-Landesobmann Steffen Hörtler erinnerte vor dem 30 Kilometer langen Marsch an die historische Bedeutung dieser Veranstaltung: „Schon zum 17. Mal machen wir uns auf den Weg der mehr als 20 000 Brünner, die vor 77 Jahren zur österreichischen Grenze getrieben wurden.“ Während arbeitsfähige Männer Zwangsarbeit leisten mußten, wurden Frauen, Kinder und Alte begleitet von bewaffneten Kräften zu Fuß Richtung Grenze getrieben. Wer nicht mehr konn-

Fotos: Karel Pažourek

SL Bayern und SL Baden-Württemberg reisten nach Brünn

160 Landsleute beim Versöhnungsmarsch te, wurde erschossen oder erschlagen. Die Zahl der Opfer ging in die Tausende, viele davon sind in dem Massengrab bei Pohrlitz beerdigt. Hörtler: „Seit 2015 drehen wir diesen historischen Marsch symbolisch um, das heißt, wir gehen vom Massengrab in Pohrlitz zum Augustinergarten in AltBrünn. Vor sechs Jahre verabschiedete der Brünner Stadtrat anläßlich des Versöhnungsmarsches eine Deklaration zur

Versöhnung und gemeinsamen Zukunft, die ein historischer Meilenstein im Prozeß der Auseinandersetzung der tschechischen Gesellschaft mit diesem Kapitel ihrer Geschichte wurde.“ Im Augustinergarten konnten die Teilnehmer dann am Mahnmal Kerzen entzünden und der Opfer gedenken. Einen ausführlichen Bericht lesen Sie in der nächsten Ausgabe der Sudetendeutschen Zeitung. UM

Peter Barton entzündet am Mahnmal in Brünn im Gedenken an die Opfer eine Kerze.

Nach sechs Jahren Pause erinnert Memmingen an den großen Feldherr während des Dreizigjährigen Kriegs

Söder und Holetschek wandeln auf Wallensteins böhmischen Spuren Nach sechs Jahren Pause hat Memmingen wieder Wallenstein-Festspiele veranstaltet. Die Festwoche gilt als eine der größten Historien-Veranstaltungen und erinnert an den Einzug des böhmischen Feldherren im Jahr 1630 und an dessen dreimonatige Regentschaft.

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allenstein habe in Memmingen nur kurz regiert und sei dann abgesetzt worden, erzählte Schirmherr Minister-

Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat selbst sudetendeutsche Wurzeln.

präsident Markus Söder bei der Eröffnung und schiebt selbstironisch einen Halbsatz nach: „Was hoffentlich kein schlechtes Omen für mich ist.“ In der Tat endete die Ära des großen böhmischen Feldherrn, der im Dreißigjährigen Krieg für den Kaiser und die Katholische Liga gegen die protestantischen Mächte Deutschlands sowie gegen Dänemark und Schweden kämpfte, höchst dramatisch. Wallenstein fiel in Ungnade und wurde von kaisertreuen Offizieren am 25. Februar 1634 in Eger hinterrücks ermordet. Geboren wurde Wallenstein als Sohn einer alten böhmischen Adelsfamilie am 24. September 1583 in Hermanitz an der Elbe. Mit elf Jahren Vollwaise wuchs Wallenstein bei seinem Onkel auf. Als junger Mann ließ er sich in Prag vom kaiserlichen Hofmathematiker Johannes Kepler ein erstes Horoskop erstellen, in dem ihm die Hochzeit mit einer „nicht allzu schönen, aber sehr reichen Frau“ vorhergesagt wurde. 1608 heiratete Wallenstein eine wohlhabende Witwe, mit deren Vermögen er massiven Einfluß erlangte. Als das erste Horoskop 1625 endete, ersuchte Wallenstein Kepler um eine Fortsetzung. Diese Prophezeiung enthielt eine ernsthafte Warnung für den Beginn des Jahres 1634, Wallensteins Todesjahr. UM

Auf Wallensteins Spuren: Ministerpräsident Markus Söder ist der Schirmherr der Wallenstein-Festspiele in Memmingen. Fotos: Mediaservice Novotny

Volksgruppensprecher Bernd Posselt erinnert bei einer Feierstunde in Geretsried an den verstorbenen französischen Staatspräsidenten

Eine Hymne auf den Europäer Giscard d‘Estaing Europahymne, Deutschlandlied und Marseillaise – unter diesen Klängen fand in Bayerns größter Vertriebenengemeinde, Geretsried, eine Begegnung zwischen dieser von Sudetendeutschen gegründeten Stadt und ihren Partnern aus dem französischen Chamalières in der Auvergne statt.

D

er einer Preßburger Familie entstammende Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller und sein Partnerschaftsbeauftragter, der europaweit vernetzte Egerländer Musikinstrumentenhersteller Gerhard Meinl, hatten Volksgruppensprecher Bernd Posselt als Festredner zum Thema „Valéry Giscard d’Estaing als großer Europäer” gewonnen. Der Hintergrund: Der verstorbene

In Geretsried ertönt die Marseillaise (von links): Gerhard Meinl, Bürgermeister Michael Müller, Bürgermeister Louis Giscard d’Estaing, Hans Knapek, Bernd Posselt. Foto: Johannes Kijas französische Staatspräsident war wie sein Vater Edmond und sein Sohn Louis

Giscard d’Estaing lange Zeit Bürgermeister von Chamalières, und Posselt kann-

te aus dem Europaparlament wie aus der Paneuropa-Bewegung alle drei Generationen dieser politischen Familie. Bürgermeister Louis Giscard d’Estaing war mit drei Bussen aus seiner Gemeinde angereist und freute sich, etliches aus der eigenen Familiengeschichte zu erfahren, die zugleich europäische Geschichte ist. Posselt bezeichnete den Staatspräsidenten Valéry Giscard d’Estaing als „glühenden Europäer und Vater des Euro – weshalb Louis der Bruder des Euro ist”. Die Feierstunde im großen Rathaussaal mündete in die Eintragung Posselts und des franzöischen Bürgermeisters ins Goldene Buch von Geretsried. Unter den Ehrengästen war SL-Bundesvorstandsmitglied Hans Knapek, dessen Schwiegereltern in Geretsried leben.

edes Jahr am 1. August mache ich eine Gedankenreise. Mein Ziel ist Süditalien. Dort liegt am Golf von Salerno die alte Stadt Amalfi. Sie ist Namensgeberin für einen ganzen Küstenabschnitt an diesem Golf, die Amalfi-Küste. Wenn ich mich in meinen Gedanken dort bewege, denke ich an das azurblaue Meer, an die Zitronenbäume mit ihren großen, sonnengereiften Früchten, an die engen Pfade und Treppensteige, die von Amalfi hochführen zu den Siedlungen auf den umliegenden Hügeln. Der Wanderer begegnet auf ihnen nicht selten Maultieren, die Lasten dorthin schleppen, wohin kein Fahrzeug mehr gelangen kann. Eine dieser Siedlungen ist Scala, ein Städtchen ungefähr 360 Meter über dem Meer. Sein Name nimmt direkt auf seine Erreichbarkeit von der Küste her Bezug. Scala heißt nämlich auf Italienisch Treppe oder Leiter. Im Mittelalter war das Städtchen ein Bischofssitz. Der Überlieferung nach stammte Gerado Sasso, der Gründer des Johanniterordens, von dort. Scala hat aber auch für meine Ordensgemeinschaft, die Redemptoristen, eine wichtige Bedeutung. Wir sehen dieses Städtchen als unseren Ursprungsort an. 1732 bildete der heilige Alfons von Liguori genau dort mit fünf Gefährten die spätere Kongregation des Heiligsten Erlösers. So heißen wir bis heute hochoffiziell. Aus der kleinen Schar ist eine weltweite Gemeinschaft mit fast 5000 Mitgliedern geworden. Daß ich jedes Jahr am 1. August gerne im Gedanken nach Scala reise, hängt mit dem Fest des heiligen Alfons an diesem Tag zusammen. Unser Ordensgründer war ein neapolitanischer Adelssohn. Er war intellektuell und künstlerisch hochbegabt, und es wurde bereits als Kleinkind von ihm erwartet, daß er das Ansehen seiner Familie weiter vermehre. Bereits mit 16 Jahren promoviert er zum Doktor des weltlichen und des kirchlichen Rechts und wurde bald zu einem der bedeutendsten und erfolgreichsten Anwälte im Königreich Neapel. Mit 27 Jahren kam es dann aber zu einer Wende. Ein verlorener Gerichtsprozeß führte zu einer religiösen Vertiefung seines Lebens und zur Entscheidung, Priester zu werden. Zuerst war er als Geistlicher überaus eifrig in Neapel. Das Jahr 1732 markiert mit der Gründung unserer Gemeinschaft eine zweite Wende in seinem Leben. Von da an wollte er in bewußter Weise das Evangelium als eine Botschaft der Erlösung verkünden, nicht mehr gebunden an seine Heimatstadt, sondern immer dort, wo diese Botschaft besonders von Nöten war. Doch zurück nach Scala. Ich war bereits mehrfach in diesem Städtchen und kenne es zu allen Jahreszeiten. Immer wenn ich dort war, führte mich mein Weg zu einer kleinen Grotte, die von einer Kapelle überbaut ist. Der heilige Alfons soll dort gern und häufig gebetet haben. Auch ich habe dort bereits intensive Gebetsmomente erlebt. Das Beten fiel mir in dieser Grotte immer leicht. So ist für mich Scala auch der Inbegriff für eine unsichtbare Treppe zum Himmel. Wir Menschen brauchen solche Treppen, damit uns das Leben nicht zur Last wird. Gerade die sommerliche Erholungszeit möge uns dann und wann solche Erfahrungen schenken. Das wünsche ich uns allen. Dr. Martin Leitgöb CSsR Seelsorger der Pfarrei Ellwangen-Schönenberg


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FORUM

Sudetendeutsche Zeitung Folge 30 | 29. 7. 2022

PERSONALIEN SL-Kulturpreisträgerin 2019 aus Mähren

Erica Pedretti † Georg Brandes, Paul Keller, Alexander Roda Roda, Bertha von Suttner waren Marie von Ebner Eschenbach besuchten Maria Stona auf Schloß Strebowitz.

Maria Stona

Altösterreicherin und Europäerin Rudolf Grulich berichtet über die aus Mährisch Ostrau stammende Schriftstellerin Maria Stona.

M

aria Stona kam 1861 in Strebowitz als Tochter des Gutspächters Joseph Stonawski zur Welt, der in jenem Jahr das Gut Strebowitz mit dem Schloß kaufte. Die Mutter Marie stammte aus Bludowitz im Kreis Teschen in Oberschlesien. Als 20jährige heiratete Maria den promovierten Juristen Albert Scholz, Sohn des Unternehmers Alois Scholz, der Direktor der Bergwerke in Witkowitz war. Mit Scholz lebte sie in Chropin an der March, wo 1882 ihre Tochter Helene geboren wurde, die als Bildhauerin

1974 in Rom starb. Ihre Ehe wurde 1899 geschieden. Dann heiratete Maria Stona den Schriftsteller Karl Erasmus Kleinert, dem sie nach seinem Tode 1933 mit dem Buch „Ein Altösterreicher – Karl Erasmus Kleinert“ ein literarisches Denkmal setzte. Sie fing früh an zu schreiben und veröffentlichte ihre Werke unter dem Namen Maria Stona, wobei sie die beiden ersten Silben ihres Mädchennamens wählte. Als ihr Vater starb, erbte sie Gut und Schloß Strebowitz sowie Gut Martinau. Das Schloß machte sie zum Treffpunkt von Literaten, zu denen Marie von Ebner-Eschenbach, Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner,

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Schlesisch-Ostrau geteilt war. Ihre Themen entnahm sie ihrer Umwelt am Oberlauf der Oder und der Oppa. So schuf sie „Mein Dorf – Novellen und Skizzen aus Schlesien“, aber auch Gesellschaftsromane wie „Der Rabenschrei. Roman einer Scheidung“ oder „Die wilde Wolhynierin. Roman aus der Ukraine“, in dem sie die Lebensgeschichte einer Cousine zum Anlaß nimmt, Galizien als altes österreichisches Kronland vorzustellen. Über ihre Reisen schrieb sie in „Von Prag in die Provence über Straßburg, Verdun und Reims“ und „Eine Fahrt nach Karpathorußland“. Maria Stona starb am 30. März 1944 und erlebte nicht mehr, wie 1945 die Rote Armee auch das Schloß Strebowitz ihrer Familie nahm. Später übersetzte die tschechische Schriftstellerin Helena Salichová Stonas Lyrik ins Tschechische. In der Vertreibung gaben 1961 zum 100. Geburtstag Landsleute Texte von ihr heraus, so die Erinnerungen an ihre Mutter in „Erzähltes Erbe. Auslese ostdeutscher Erzählkunst“ und „Dorfgestalten aus dem Vorfeld von Groß-Ostrau“.

Zehn Jahre im Schloßpark in Aalen-Fachsenfeld

Die Wischauer Douglasie Im baden-württembergischen Aalen-Fachsenfeld steht das Informations- und Begegnungszentrum (IBZ) der Gemeinschaft der Wischauer Sprachinsel und grenzt an den Schloßpark.

grün bis blaugrün. Verreibt man sie, verströmen sie einen aromatischen Zitronenduft.

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der schlesische Schriftsteller Paul Keller, der Autor Roda Roda, der dänische Literaturkritiker Georg Brandes und Männer und Frauen der Politik gehörten. Maria Stona unternahm Reisen nach Ost- und Südeuropa und förderte junge tschechische, deutsche und polnische Künstler. Ihr erstes „Buch der Liebe“, das in Wien und Berlin erschien, erlebte wie das folgende „Liebe einer jungen Frau“ mehrere Auflagen. Es folgen Lyrik-Bände wie „Klingende Tiefen“ und „Flammen und Fluten“, Novellen und heitere Geschichten, Romane und Reisebeschreibungen. Ihre Lyrik war heimatverbunden und gilt heute als sentimental, aber Maria Stona galt zu Lebzeiten als eine der angesehensten Schriftstellerinnen ihrer Zeit. Aufgewachsen im Völkergemisch der Donaumonarchie, beschrieb sie tschechische, polnische, deutsche und jüdische Mitbürger im mährisch-schlesischen Gebiet mit dem kulturellen Gegensatz der Herzogs- und Kulturstadt Troppau und dem Industriegebiet von Ostrau, das damals noch in Mährisch- und

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n dem Schloßpark pflanzten am 4. August 2012 – also in sechs Tagen vor zehn Jahren – der damalige Aalener Oberbürgermeister Martin Gerlach mit einer tschechischen Delegation aus den ehemals deutschen Wischauer Sprachinseldörfern eine Douglasie als Zeichen der Verständigung. Gerlach in seiner Festansprache: „Dieser Baum ist ein Symbol für das Zusammenwachsen unserer Völker und für eine gute gemeinsame Zukunft.“ Die Gewöhnliche Douglasie (Pseudotsuga menziesii) ist ein immergrüner Baum. Er kann 60 Meter hoch und mehr als 400 Jahre alt werden. Seine Nadeln sind

Die Schriftstellerin und bildende Künstlerin Erica Pedretti ist am 14. Juli im Schweizer Kanton Graubünden im Alter von 92 Jahren verstorben, wie das Bündner Kunstmuseum Chur und das Neue Museum Biel mitteilten. Weit berühmt wurde Pedretti für ihre Bücher, in denen sie sich oft mit ihrer mährischen Herkunftsheimat beschäftigte. Dafür wurde sie 2019 beim Sudetendeutschen Tag in Regensburg mit dem SL-Kulturpreis für Literatur ausgezeichnet.

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ur Welt kam Erica Pedretti als Erika Schefter am 25. Februar 1930 im nordmährischen Sternberg/Kreis Mährisch Schönberg. Dort und in Hohenstadt, Freudenthal und Berlin verbrachte sie die ersten fünfzehn Jahre ihres Lebens. Ihr Vater war der Bühnenautor, Journalist und Fabrikbesitzer Hermann Heinrich Schefter. Er war als Antifaschist während des Krieges interniert. Die Familie wurde dennoch enteignet und vertrieben. Ende 1945 wurde die junge Erika mit ihren Geschwistern und Cousinen in einem Rotkreuztransportzug mit Auslandsschweizern und KZ-Überlebenden über Prag und München nach Sankt Margrethen im schweizerischen Kanton Sankt Gallen gebracht. In die Schweiz konnten sie zu ihren Verwandten ausreisen, weil die Großmutter väterlicherseits von dort stammte und die Einladung der Zürcher Tante vorlag. Ihre Eltern folgten später. In Zürich besuchte Pedretti 1946 bis 1950 die Kunstgewerbeschule und begegnete ihrem späteren Mann, dem Künstler Gian Pedretti. 1950 mußte ihre Familie, die keine Aufenthaltsbewilligung erhielt, in die USA emigrieren. Zwei Jahre arbeitete Pedretti als Gold- und Silberschmiedin in New York, dann kehrte sie in die Schweiz zurück und heiratete Gian Pedretti; der Bildhauer Giuliano Pedretti war ihr Schwager.. Das Künstlerpaar lebte zunächst in Celerina im Engadin, später im Oberengadin und bekam fünf Kinder. Neben ihrer künstlerischen Arbeit veröffentlichte Erica Pedretti nach der Anthologie „Harmloses, bitte“ (1970) literarische Texte über ihre Herkunft. In „Heiliger Sebastian“ (1973) und „Veränderung oder Die Zertrümmerung von dem Kind Karl und anderen Personen“ (1977) taucht Pedretti tief in Kindheitserinnerungen ein, voller poetischer Bilder und liebevoller Portraits; beschreibt jedoch auch in krassen Bildern die letzte Zeit vor dem Ende des Krieges und die Vertreibung aus ihrer Heimat. Diese früheren autofiktionalen Texte wurden 1996 zusammengefaßt und in der Sammlung „Harmlo-

ses, bitte & zwei Romane“ herausgegeben. Über Reisen in ihre Kindheitsregion in den Jahren 1976 und 1990 verfaßte Pedretti auch das autobiografische Werk „Engste Heimat“ (1995). Darin begibt sich die Erzählerin Anna unter anderem auf eine Spurensuche nach ihrem Onkel Gregor, einem Maler. Tatsächlich wurde Pedretti von ihrem Onkel, dem Künstler Kurt Gröger, wie auch von ihrem literaturbegeisterten Großvater Hermann, stark in ihrem Schaffen geprägt. „Engste Heimat“ wurde 1996 mit dem MarieLuise-Kaschnitz-Preis ausgezeichnet und erschien unter dem Titel „Nechte být, paní Smrti“ auf Tschechisch. Ihr Buch „Fremd genug“ (2010) behandelt wieder die Vertreibung, aber auch viele andere Wege und Reisen. Schon all die Titelformulierungen deuten die tiefe emotionale Bindung der Dichterin an die elterliche Familie und Herkunft sowie den Schmerz über den Heimatverlust an. Pedrettis Stil ist eigenwillig und packend, assoziativ und bilderreich. So stehen im Mittelpunkt der poetologischen Überlegungen Erica Pedrettis auch die Begriffe Wahrnehmen, Schauen und Anschauen – wie bei einer bildenden Künstlerin leicht verständlich. Denn nach ihrer ersten größeren Ausstellung als Künstlerin 1976 in Solothurn präsentierte sie ihre sehr vielseitigen Kunstwerke regelmäßig in Einzel- und Gruppenausstellungen. Nach der Samtenen Revolution hatte sie auch Ausstellungen in der Tschechischen Republik, so mehrfach auch in Sternberg, ihrer Geburtsstadt. Dort wurde sie 2005 mit der Ehrenbürgerschaft geehrt, und dies war nur eine ihrer vielen Auszeichnungen wie schon 1984 der Ingeborg-Bachmann-Preis, 1996 der Marie-Luise-Kaschnitz-Preis und 2013 der Schweizer Literaturpreis für ihr Gesamtwerk. Das Neue Museum Biel präsentierte ihr bildnerisches Werk in einer Retrospektive 2019, denn Pedrettis Kunstwerke, vor allem die „Flügelskulpturen“, sind ebenso faszinierend wie ihre Bücher. Susanne Habel

Prag und Innsbruck

Grassmayr gießt Erinnerungsglocke In Prag wird künftig eine neue Tiroler Glocke läuten: Der Innsbrucker Betrieb Grassmayr goß sie zum 80jährigen Jahrestag des letzten Glocken-Abtransports am 28. August 1942. Tausende tschechische Glocken waren von den Nazis eingeschmolzen worden.

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ie die Gießerei mitteilte, handelt es sich bei der neuen Glocke um die sechstgrößte Glocke der 423jährigen Geschichte der Tiroler Firma. Sie wiegt 9801 Kilogramm und schlägt mit dem besonders tiefen Ton f/0. Die Inschrift „Pax in terra“, deutsch „Friede auf Erden“, wurde beim russischen Überfall auf die Ukraine als Teil der Verzierung der Glocke festgelegt.

Die Oberfläche der Glocke wirkt, als ob Bruchstücke anderer Glocken verbunden worden seien. Bis 1942 wurden in der Tschechoslowakei insgesamt 9801 Glocken von den Nationalsozialisten für Waffen eingeschmolzen. Verzierungselemente dieser alten Glocken prägen daher fragmenthaft die neue Glocke, deren exaktes Gewicht auch an die Zahl der zerstörten tschechischen Glocken erinnert. Zukünftig soll das Tiroler Handwerksstück inmitten des Prager Flusses Moldau in der Nähe der berühmten Karlsbrükke auf einer schwimmenden Insel montiert sein und zu besonderen Anlässen durch das Prager Glockenläuteteam händisch geläutet werden, wie Firmen-

chef Johannes Grassmayr mitteilte. 80 Jahre nach dem letzten Abtransport der Glocken mit einem Schiff nach Hamburg wird zum Jahrestag am 28. August 2022 die neue Glocke erstmalig geläutet werden, hieß es. Geplant ist auch das Einläuten eines Konzertes in Verbindung mit der tschechischen EU-Präsidentschaft am 2. September in Prag.

Die fertige Glocke, deren Oberfläche an einst zerstörte Glocken erinnert.


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KULTUR

Sudetendeutsche Zeitung Folge 30 | 29. 7. 2022

Als weiteres Grundnahrungsmittel und seine mundartlichen Bezeichnungen ging es nun um Brot, denn wie man gewußt habe: „Bruot es Haupt! ‘S wechtichsta Noahrungsmettl nabn ne Aräppln.“ Mit diesem Zitat aus Allendorf in Nordmähren begann Isabell Hardt ihren Vortrag. Die Wissenschaftlerin ging zunächst ein auf die mehrtausendjährige Geschichte des Getreideanbaus von zunächst nur den Weizenvorläufern Einkorn, Emmer und Dinkel, später auch Roggen, sowie diverse Gebäcke. „Brot haben die einfachen Menschen haben meist selbst gebacken.“ Hardt zitierte einen Spruch aus Friedberg im Böhmerwald: „I die Döarfa is in an jednk Baunhaus und Häusl a Bochoufm ejweini gwejn.“ Dafür habe jeder Haushalt auch die passende Gerätschaft gehabt, wovon Hardt Zeichnungen von Zeitzeugen präsentierte. „Wie wichtig das Brot war, sieht man an dem umfangreichen mundartlichen Vokabular.“

„A guats Brot“ und „Böia­suppm“ waren Thema von Isabelle Hardt und Bettina Hofmann-Käs bei einer Vortragsveranstaltung der Heimatpflegerin der Sudetendeutschen in München. Die beiden Referentinnen stellten dabei im Sudetendeutschen Haus mundartliche Begriffe rund um Grundnahrungsmittel und Alltagsspeisen in Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien vor. Die Sprachwissenschaftlerinnen von der Universität Gießen arbeiten seit langem am vielbändigen Projekt „Sudetendeutsches Wörterbuch“ und stellten seit 2013 in München schon in neun Vorträgen die Mundartbezeichnungen in speziellen Themenbereichen vor.

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a es soviel über die leiblichen Genüsse zu erzählen gab, hatten sich die beiden Referentinnen, Bettina Hofmann-Käs und Isabelle Hardt von der Universität Gießen, das Thema aufgeteilt. Zunächst sprach Hofmann-Käs über die mundartlichen Bezeichnungen von Kartoffeln und Rezepten mit der Knolle. „Die Kartoffel kommt in unglaublich vielen Variationen vor“, so die Referentin. „Solanum tuberosum“ – so die wissenschaftliche Benennung – habe im Sudetenland auch „Erdapfel“, „Grundbirne“, „Erdbirne“ oder „Erdbohne“ geheißen. Davon sei Erdapfel am häufigsten gewesen und Erdbirne eher in Schlesien vorgekommen. Gefunden habe man die Kartoffel oder Gerichte damit auch als „Böhme“, „Brandenburger, „Ducke“, „Erdnuß“, „Kellerbirne“, „Patate“, „Feldhuhn“ oder „Rebhühnlein“. Dabei habe es je nach Region lautlich verschiedene Varianten gegeben wie „Eadöpl“ in Wickwitz im Egerland oder „Erapfi“ im mittleren Böhmerwald.

Die Referentinnen Bettina Hofmann-Käs und Isabelle Hardt mit Heimatpflegerin Christina Meinusch im Adalbert-Stifter-Saal mit dem schönen Mosaik. Bilder: Susanne Habel

� Vortragsreihe über Sudetendeutsche Mundarten fortgesetzt

Erdäpfel und Bruot

Kartoffeln und Suppen Eine ähnliche Variantenfülle habe es auch bei Gerichten mit Kartoffeln gegeben. Kartoffelbrei habe auch in Zusammensetzungen oft „Mauke“, einLehnwort vom tschechischen „mouka“, „Fauke“, „Kasch“, „Papp“, „Schmarren“ oder „Sterz“ geheißen. Dazu zeigte die Referentin den Eintrag im Wörterbuch. Der beliebte Kasch sei etwa bei dem deftigen „Werschdln mit Erdepplgasch“ in Komotau oder als „Erdopflgascha“ in Mödritz in der Brünner Sprachinsel vorgekommen. Auch für Kartoffelpuffer, die oft auf der Herdplatte gebacken worden seien, habe es eine Menge verschiedener Namen gegeben, wie Hofmann-Käs mit zwei Karteikarten zu Erdäpfelkuchen zeigte. „Darauf haben die Gewährsleute auch die Zubereitung be-

Nachteile und Nebenwirkungen.

Karteikarten zu „Erdäpfelkuchen“, also Reibekuchen.

Kartoffelpuffer können sehr verschieden heißen.

Brote und Bräuche

Kartoffelpuffer können sehr verschieden heißen.

Utensilien und Gefäße zum Brotbacken.

Jedes Jahr Fortschritte Eintrag zu „Kasch“ im neuen Wörterbuch. schrieben“, freute sich Käs-Hoffmann. Ein anderes Gericht auf Basis von Kartoffelbrei seien die länglichen, gebratenen „Tambourschwänzlein“ in Westböhmen oder „Buttafinkla“ im Falkenauer Land, also eine Art von „Fingernudeln“, wie sie in Bayern geheißen hätten. Weiter habe es eine Unzahl von Suppen gegeben, die teilweise schon zum Frühstück gegessen worden seien, oft jedoch auch zu bestimmten Festen. Von der „Böiasuppm“, einer Biersuppe zum Taufschmaus, bis zur „Tröplsoppe“, die häufig in Ostböhmen zu Mittag auf dem Tisch stand, reichten die Beispiele. Allein für Einbrennsuppe habe man sieben regional verschiedene Bezeichnungen gefunden. „Außerdem gab es viele MundartSprichwörter, in denen es ums Essen ging“, betonte Käs-Hofmann. „Wear lång Suppm ißt, lebt lång“, komme aus dem Egerland. Allerdings habe man im Böhmerwald auch gewarnt: „Suppn und Ölend hat ma bold gnua!“

Allein für das Anfangs- und Endstück des ­„Laabs“ habe es etwa 60 Ausdrücke gegeben. Von ihnen kennt man heute meist nur noch Scherzel oder Ränftel. Auch die spirituelle Bedeutung des lebensnotwendigen Nahrungsmittel sei hoch gewesen. So habe das Angebot von Brot für Gastfreundschaft gestanden und mit „Setzt eich nieder, schett Eich Brut ou!“ in Mohren in Ostböhmen eingeladen. Auch zu Brot habe es viele Lehren, Bräuche und Redensarten gegeben, wie „‘S Brout is hali“ aus Nitzau im Böhmerwald oder „„Frumma Leitn sei Braut schmeckt imma bessa“ aus Chies in Westböhmen.

Anläßlich des Vortrags über Eigennamen in den Mundarten Böhmens und Mährens stellte Bettina HofmannKäs das „Sudetendeutsche Wörterbuch“ vor, an dem sie gemeinsam mit Isabell Hardt seit Jahren arbeitet und forscht.

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as Sudetendeutsche Wörterbuch ist ein wissenschaftliches Dialektwörterbuch, das die fünf verschiedenen deutschen Mundarten der geographischen Regionen Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien darstellt“, begann Bettina Hofmann-Käs ihre Einführung in das umfangreiche Projekt. Dabei gehe es um das Mittelbairische in diversen Regionen vom mittleren Böhmerwald bis Südmähren, das Nordbairische oder Oberpfälzische in Westböhmen, das Ostfränkische in Nordwestböhmen, das Obersächsische in Nordböhmen und das Schlesische in Ostböhmen

und Nordmähren, schilderte sie zu einer Sprachenkarte. Hofmann-Käs erläuterte die Geschichte dieses Forschungsprojektes, das in der Zwischenkriegszeit von Ernst Schwarz und Erich Gierach mit einer Sammlung für ein Wörterbuch der sudetendeutschen Mundarten an

Das Sudetendeutsche Wörterbuch.

der Karls-Universität in Prag begründet worden sei. 1957 habe man in Nachfolge des Prager Germanisten Franz J. Bera­nek dieses Projekt an der Justus-LiebigUniversität Gießen (JLU) wiederaufgenommen. Dafür habe man damals 700 Gewährsleuten insgesamt 120 Fragelisten vorgelegt, deren Ergebnisse und „freie“ Einsendungen bis heute ausgewertet würden. Außerdem würden Heimatchroniken und wissenschaftliche Publikationen gesichtet. Seit März 2021 habe das Team einen neuen Herausgeber, den Germanistikprofessor Thomas Gloning (JLU), so Hofmann-Käs. Von dem Mammutprojekt, das schon zwei Jahrzehnte lang von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und über das Collegium Carolinum (CC) in München vom Freistaat Bayern finanziert werde, erscheine jährlich eine Lieferung mit je 80 Seiten. sh

„Die Ehrfurcht vor Brot führte dazu, daß seine Behandlung und auch seine Lagerung wichtig waren“, erzählte Hardt. Regeln wie „Das Glück schwindet, wen man ‘s Prout mit to fokhaiotn Saitn auf den Tisch legt“ seien im Egerland wohl genauso bekannt gewesen wie „Schneids Brot gleich, wirst reich“ in Nordwestböhmen, wobei „gleich“ hier die Bedeutung von „gerade“ hatte. Hardt brachte noch weitere Beispiele wie „Ohne an Stückla Bråut in da Taschn soll ma niat asn Haus gäihn aus Westböhmen oder die Weisheit aus Altendorf in Nordmähren „Es ijes ein‘m Labm wie bern Bruot – s huot immer Krost und Waeches“. Brot habe übertragen auch für Ansehen, Wohlstand und gelingende Angelegenheiten gestanden. „Brinkl machen Bruut“ sagte man in Friedland in Nordböhmen über Krümel, die zu Brot werden konnten. Als Angelpunkt der Moral sei es ebenfalls vorgekommen: „Wöi ma mi(t)n Bråut umgäiht, sua gäihs im Haus zou“ sei um Karlsbad wohl genauso bekannt gewesen wie „Dear kröigt ‘s Bråut völla af zwåia Seitan geschmiart“ in Westböhmen. Man habe jedoch auch über die möglichen Nachteile sowie Heil- oder Nebenwirkungen von Brot Bescheid gewußt wie im Spruch „Neubåchens Braut u alte Mäg‘n vatrogn si neat“ in Westböhmen. Auch habe „gekeites“, also zerkautes, Brot als Salbe bei Abszessen und Wunden gedient. Dies läßt sich wohl mit der antibiotischen Wirkung von eingespeicheltem Brot erklären, das noch mit dem Schimmelpilz Penicillium chrysogenum aus der Luft infiltriert wurde. Mit dem schönen Spruch aus Westböhmen „A Stickl Bråut in da Tåschn is bessa åls wöi a Fedam am Hout“ schloß Isabell Hardt ihren Teil des Doppelvortrags. Eine lebhafte Diskussion der Referentinnen mit dem Publikum zeigte – ebenso wie der Applaus – das große Interesse der Gästeschar. Susanne Habel


8 Vor fast genau einem Jahr wurden die drei berühmten böhmischen Kurstädte Franzensbad, Marienbad und Karlsbad neben weiteren europäischen Kurstädten – darunter Bad Kissingen mit dem Heiligenhof – von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Dies inspirierte den SL-Bundeskulturreferenten Ulf Broßmann, für Anfang Juli zu einer Kulturfahrt in das Böhmische Bäderdreieck einzuladen. Kundig durch diese Orte führte der von vielen Vorträgen über Böhmen bekannte Professor Dr. Stefan Samerski.

KULTUR � Schauplatz mitteleuropäischer Geschichte

Sudetendeutsche Zeitung Folge 30 | 29. 7. 2022

dortigen Aussichtsturm. An der Tepl entlang erschloß sich uns das mondäne Karlsbad, das von dem einzigartigen Hotel Imperial überragt wird. Vorbei am Grandhotel Pupp, einem Hotel der internationalen Spitzenklasse, und am imposanten Stadttheater von 1886 gelangten wir zur Sprudelkolonnade, einem neuen, 1975 errichteten, verglasten Bau aus Stahlbeton. Darin ist der Geysir des 72 Grad heißen Sprudels zu bewundern, der zwölf Meter hoch sprüht. Am Hang darüber besichtigten wir die barocke Kirche Sankt Maria Magdalena, die nach Plänen von Kilian Dientzenhofer 1736 erbaut wurde. Am vierten und letzten Tag lernten wir auf einer detaillierten Führung Schloß Königswart kennen, das ab 1821 im Empirestil umgebaut wurde. Nach der Schlacht am Weißen Berg 1620 wurde die Herrschaft vom Kaiser Bilder Erich Hemmel konfisziert. Um 1623 erwarb die Fürstenfamilie Metternich die Berühmt ist Böhmen nicht nur Herrschaft Königswart und das für seine Bäder, sondern auch damals barocke Schloß. Es blieb seit Jahrhunderten für die Por- bis 1945 in ihrem Besitz. Bekannt zellanherstellung. So ging es am ist Fürst Klemens Wenzel Lothar dritten Tag zuvon Metternich nächst nach Neu (1773–1859), Rohlau im eheStaatskanzler in maligen Kreis der Habsburger Elbogen. Dort Monarchie. Er besichtigten wir spielte auf dem die PorzellanWiener Kongreß fabrik der Ge1814 eine fühsellschaft Thun rende Rolle bei 1794, die jährlich der Neuordnung 3500 bis 4000 Europas. Tonnen PorzelIm prunkvollan produziert. len Schloß waren In einem interzahlreiche diploessant geführmatische Geten Rundgang schenke zu bekonnten wir uns wundern, die hoein Bild von der he Besucher aus heutigen moderden Höfen Euronen Porzellanpas mitgebracht herstellung ma- Goethe-Denkmal in Marienbad. hatten. Bevor es chen. dann ein letzDanach steuerten wir den tes Mittagessen auf böhmischem wohl berühmtesten und traditi- Boden im Restaurant Golf Club onsreichsten Kurort Karlsbad an. Königswart gab, verabschiedeEr liegt malerisch im Tal der Tepl, te sich die Reisegesellschaft in ein Gebäude ist prachtvoller als der Schloßkapelle und dankte das andere. In der Stadt herrsch- für die eindrucksvolle Reise mit te Hochbetrieb, denn die Film- dem Lied „Großer Gott wir loben festspiele waren gerade angelau- Dich“. Vier Tage mit Kultur, Gefen. So tummelten sich Stars und Sternchen, Journalisten, Adabeis schichte, landschaftlichen und und Besucher, so auch wir, in den architektonischen Schönheiten, Gaumenfreuden, guter Untereleganten Straßen und Gassen. Später hörten wir, daß auch haltung in der Gruppe gingen ein Film über den ehemaligen schnell vorüber. Alle Teilnehmer Außenminister der Tschechi- waren begeistert und hoffen auf schen Republik, Karl Schwarzen- weitere Fahrten dieser Art. Der Bundesverband der Sudeberg, uraufgeführt worden sei. Auch in Karlsbad berichtete Sa- tendeutschen Landsmannschaft merski über die Namensgebung als Veranstalter dankt dem Kuldurch Karl V., der 1370 den be- turreferenten für die böhmischen stehenden Ort zur Königsstadt Länder im Adalbert-Stifter-Vererhoben habe, sowie von der Sa- ein für die Förderung dieser KulAndreas Schmalcz ge des Hirschsprunges und den turfahrt.

Spurensuche im Bäderdreieck

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ie Fahrt startete mit dem Bus in München. Wir durchquerten die von Karl IV. Mitte des 14. Jahrhunderts geschaffene Landbrücke von Böhmen bis zur Reichshauptstadt Nürnberg, Neuböhmen genannt, und überquerten die Goldene Straße, die von Prag bis Nürnberg Blick auf die Kurallee in Franzensbad. führte. Bald erreichten wir die Kapplkirche, eine barocke Wall- unter vielen Aspekten. Er führte berichtete über die wechselvol- Gründers dieser Kurstadt, des fahrtskirche bei Waldsassen. Der uns bei herrlichem Wetter durch le Geschichte des Stifts während Abtes Karl Prokop ReitenberUrsprung der Wallfahrt reicht den Kurpark. Wir gingen vorbei der Hussitenkriege, dem Drei- ger, im abgelegenen, verfallenen bis ins frühe zwölfte Jahrhun- an der Schlammaufbereitungs- ßigjährigen Krieg und der kom- Klosterfriedhof. Mit Anteilen dert zurück. Georg Dientzenho- halle – Franzensbad war eines munistischen Ära ab 1948. Nach des Klostervermögens ließ er um fer entwarf die Kirche der Hei- der ersten Heilschlammbäder der Wende kam das Stift wieder 1813 auf sumpfigem Boden und ligsten Dreifaltigkeit und schuf Europas – zum exotischen Pavil- in den Besitz der Prämonstraten- hügeliger Landschaft Marienbad mit drei tragenden Säulen, drei lon der Glauberquellen, in dem ser. errichten. Sehenswert ist dort die Kapellen und drei Altären eine drei Thermalheilwässer aus dem Aber der Verfall nach dem alte, gußeiserne, sanft gebogeder eigenartigsten Kirchenbau- Boden sprudeln. Diese Kombi- Leerstand seit 1978 ist heute ne Kolonnade aus dem Jahr 1869 ten Deutschlands. Ein Brand zer- nation zeichnet Franzensbad als noch überall zu sehen. Tepl be- mit der Kreuzquelle, einem Mistörte 1880 das dreiteilige Dec- besonderen Kurort aus. Sein hi- herbergt die zweitgrößte Biblio- neralwasser mit hohem Salzgekenfresko. Zwihalt. schen 1934 und Samerski be1940 erneuerrichtete über te man es mit eidie Aufenthalner modernen, te von Johann der Zeit entspreWolfgang von chenden AuffasGoethe, die vor sung der Heiliallem seinem gen Dreifaltigverehrten „Ulkeit. rikchen“ geAuf dem schuldet waWeg nach Franren. Ulrike von zensbad durchLevezow verquerten wir schmähte ihn das Grenzgejedoch, worbiet zwischen auf Goethe nie den ehemaligen mehr nach MaHerrschaftsgerienbad kam. bieten WaldsasNach der ansen und Eger, regenden Stadtdie Fraisch, in führung ließen der 1591 bis wir den Nach1862 die Ge- Die kulturbeflissenen Landsleute vor dem Karlsbader mit SL-Bundeskulturreferent Professor Dr. Ulf Broßmann mittag im Kaflinks und Reiseführer Professor Dr. Stefan Samerski rechts. richtsbarkeit feehaus in den jährlich wechKolonnaden selte. In Franzensbad, dem klein- storisches Zentrum ist gesäumt thek der Tschechischen Republik ausklingen und erfreuten uns sten der Heilbäder im Bäderdrei- von eleganten Villen und Palais‘ und die von Johann Wolfgang am gerade beginnenden Kureck, erwartete uns in unserem sowie begrenzt von der Kreuzer- von Goethe gestiftete Minerali- konzert des Westböhmischen Hotel Stefan Samerski, den Broß- höhungskirche. Eine weitere Be- ensammlung. Spannend berich- Symphonieorchesters Marienmann als Stadtführer hatte ge- sonderheit ist, daß viele der ehe- tete Samerski über die glückli- bad. Dieses älteste Orchester winnen können. maligen Denkmale aus k. u. k. che Auffindung und Rückfüh- der Tschechischen Republik verDer Kirchenhistoriker und Zeiten wieder errichtet wurden, rung dieser Sammlung nach dem schönerte mit seiner Musik beTheologe beleuchtet seit Jah- manchmal an Orten, wo sie frü- Krieg. Seit 2008 ist Stift T ­ epl ein reits Sudetendeutsche Tage, Maren in erfolgreichen jährlichen her nie gestanden hatten. Nationales Kulturdenkmal der rienbader Gespräche des SudeVortragsreihen im SudetendeutDas ehrwürdige Prämonstra- Tschechischen Republik. Bevor tendeutschen Rats und andere schen Haus in München die Ge- tenser Stift Tepl war das Ziel am wir nach Marienbad weiterfuh- sudetendeutsche Veranstaltunschichte der Böhmischen Länder zweiten Tag. Der Klosterführer ren, besuchten wir das Grab des gen.

Singende Fontäne vor den Marienbader Kolonnaden. Die Tepl fließt durch die Karlsbader Innenstadt. Bibliothek im Stift Tepl.

Fiaker vor dem Hotel Nové Laznĕ, deutsch Neues Bad, in Marienbad.

Kapelle im Stift Tepl.

Das Metternich-Schloß in Königswart.


Bei der diesjährigen Kulturtagung des BdV-Landesverbandes Hessen Mitte Juli im WilhelmKempf-Haus in WiesbadenNaurod drehte sich alles um Traditionen und Bräuche der Deutschen aus dem östlichen Europa und den ehemaligen Staaten der Sowjetunion.

Gerlinde Rankl, Walltraud Illner und Helga Löffler. Bild: Helmut Heisig

SL-Kreisgruppe Stuttgart

Corona getrotzt Anfang Juli fand die Hauptversammlung der baden-württembergischen SL-Kreisgruppe Stuttgart im dortigen Haus der Heimat statt.

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rotz Pandemie war es ein ereignisreiches Amtsjahr, auf das Kreisobfrau Waltraud Illner bei der Kreisversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft des Stadtkreises Stuttgart zurückblicken konnte. Waren wegen der Pandemie so gut wie keine Präsenzveranstaltungen mehr möglich, trotzten die Sudetendeutschen mit OnlineVeranstaltungen und Videobeiträgen dem Corona-Virus, um ihrer kulturellen Arbeit Raum zu geben und den Kontakt zu ihren Mitgliedern nicht abbrechen zu lassen. Doch wie im vergangenen Herbst war dann auch in diesem Jahr wieder eine Kreisversammlung in Präsenz im Haus der Heimat in Stuttgart möglich, bei der neben dem Rechenschaftsbericht der Vorsitzenden auch wieder die Entlastungen des Vorstandes und der Kassenprüfer auf der Tagesordnung standen. Kreisobfrau Waltraud Illner ließ in ihrem Rechenschaftsbericht dabei nochmals die Veranstaltungen des Stadtkreises Stuttgart der Sudetendeutschen Landsmannschaft Revue passieren, die im ersten Corona-Jahr 2020 zumeist online und im Laufe des Jahres 2021 dann wieder in Präsenz durchgeführt werden konnten. Dazu zählten insbesondere die Teilnahme an der Feierstunde zur Erinnerung an die Charta der deutschen Heimatvertriebenen am 5. August 2021 auf dem Stuttgarter Schloßplatz und das Mitwirken am Tag der Heimat in der Liederhalle. Waltraud Illner, die unter den Besuchern auch den Vorsitzenden des Sudetendeutschen Heimatrates, Franz Longin MdL a. D., begrüßen konnte, sprach natürlich auch die künftige Arbeit der Stuttgarter Sudetendeutschen an, die in Baden-Württemberg die stärkste sudetendeutsche Kreisgruppe bilden. Dabei informierte die Kreisobfrau über die anstehenden Veranstaltungstermine. Zu den Höhepunkten würden die mit Staatssekretär a. D. Stephan Mayer prominent besetzte Charta-Feier am 5. August auf dem Stuttgarter Schloßplatz und der Tag der Heimat am 18. September mit dem Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, Rainer Wieland MdEP, in der Liederhalle zählen. In diesem Zusammenhang machte Waltraud Illner auch deutlich, daß die Sudetendeutschen in Stuttgart mit ihrer Arbeit einen wichtigen kulturellen Beitrag in der Landeshauptstadt leisteten. Neben der Entlastung des Vorstandes und der Kassenprüfer beschäftigte sich die Kreisversammlung der Sudetendeutschen dann auch mit den Aktivitäten der beiden Stuttgarter Ortsgruppen und diskutierte die Organisation und den Ablauf des letzten Pfingsttreffens der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Hof. Helmut Heisig

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VERBANDSNACHRICHTEN

Sudetendeutsche Zeitung Folge 30 | 29. 7. 2022

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ie BdV-Landeskulturbeauftrage Rose-Lore Scholz begrüßte die Gäste – darunter der hessische BdV-Landesvorsitzende Siegbert Ortmann. Andreas Hofmeister MdL, Vorsitzender des Unterausschusses im Hessischen Landtag für Heimatvertriebene, Aussiedler, Flüchtlinge und Wiedergutmachung (UHW), sagte, er sei dankbar, daß der BdV nach der Corona-Pause seine Kulturtage wieder aufleben lasse. Gerade die Kulturarbeit des BdV sei kostbar, da Zukunft immer auch Herkunft brauche. Agnes Maria Brügging-Lazar, Kulturreferentin in der BdVLandesgeschäftsstelle, stellte die Arbeit des BdV-Kulturreferates vor, die europäisch und generationenübergreifend ausgerichtet sei. In ihrer Präsentation wurde die große Veranstaltungsvielfalt sichtbar, die von Ausstellungen, Vorträgen und Tagungen bis hin zur Inventarisierung von Heimatsammlungen reicht. Zu den umfangreichen digitalen Projekten gehört insbesondere der YouTube-Kanal „Culture To Go“ des BdV-Landesverbandes mit derzeit 80 Beiträgen. Carlos Mühlhaus gab einen Einblick in die Arbeit der Podcast-Redaktion. Beim InterviewPodcast „Culture To Go“ über die europäische Zeitgeschichte geht es um Flucht, Vertreibung und Aussiedlung, aber auch um

BdV-Landesverband Hessen

Tradition als Trend? das deutsche Kulturerbe im östlichen Europa. Im Mittelpunkt stehen Gespräche mit Zeitzeugen, deren Enkeln oder mit Experten auf dem Gebiet. In wissenschaftlichen Vorträgen erhielten die Teilnehmer wichtige Impulse für die Arbeit

Vortrag „Zwischen Traditionspflege und Ethno-Business. Feste und Bräuche seit der Wende in Ungarn“ einen Überblick über die Pflege und Wiederbelebung deutscher Traditionen in Ungarn. Feste, Bräuche und Traditionen seien wichtige Marker

die eigene donauschwäbische Kultur heute wiederentdecke und sich verstärkt darauf rückbesinne und zu revitalisieren versuche. Im anschließenden Vortrag „Tradition, Ritual und Politik. Eine besondere Beziehung in be-

BdV-Geschäftsführerin Jolanta Lemm, BdV-Kulturreferentin Agnes Maria Brügging-Lazar, Podcast-Redakteur Carlos Mühlhaus, Autor und Workshopleiter Thomas Perle, Csilla Schill vom Institut für Volkskunde der Deutschen im östlichen Europa, BdV-Landesvorsitzender Siegbert Ortmann, Ethnologin und Expertin für die Themen Heimat, Brauchtum und Tracht, Dr. Elsbeth Wallnöfer, BdV-Landeskulturbeauftragte Rose-Lore Scholz und Andreas Hofmeister MdL, Vorsitzender des Unterausschusses im Hessischen Landtag für Heimatvertriebene, Aussiedler, Flüchtlinge und Wiedergutmachung (UHW). Bild: BdV-Landesverband Hessen/Carsten Becher in den Workshops am nächsten Tag. Die in Budapest geborene Ungarndeutsche Csilla Schill, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Freiburger Institut für Volkskunde der Deutschen im östlichen Europa, gab in ihrem

für die Aktivität und Vitalität einer ethnisch organisierten Minderheitengruppe, so Schill. Dies gelte auch in Siedlungsgebieten der Nachfahren deutscher Einwanderer, wo man in Dörfern mit größerem deutschen Anteil

sonderen Situationen“ sprach Elsbeth Wallnöfer, gebürtige Südtirolerin und in Wien lehrende Ethnologin und Expertin für Heimat, Brauchtum und Tracht, über die Instrumentalisierung von Brauchtum für poli-

tische Zwecke am aktuellen Beispiel der Wyschywanka, einem traditionellen, mit Stickereien versehenen Kleidungsstück, das vor allem in der Ukraine getragen wird. So werde inzwischen in der Ukraine am dritten Donnerstag im Mai der WyschywankaTag gefeiert. Der rumäniendeutsche Autor und Dramatiker Thomas Perle las aus seinem 2018 erschienenen Buch „wir gingen weil alle gingen“. Einen Tag lang konnten die Teilnehmer die Vortragsimpulse vom Vortag in Workshops in die Praxis umsetzen. Die Ergebnisse wurden anderntags präsentiert. Katharina Martin-Virolainen, hessische BdV-Jugendreferentin, Autorin und Kulturschaffende mit rußlanddeutschen und finnischen Wurzeln, leitete die Theaterwerkstatt „Zwischen Generationen und Traditionen. Theaterspiel als Brükke“. „Das Theaterspiel hat sich bewährt, Kapitel der Geschichte und menschliche Schicksale zu erzählen“, so Martin-Virolainen. In ihrem Workshop setzten sich die Teilnehmer mit der Frage auseinander, wie sich persönliche Schicksale von Flucht und Vertreibung deutscher Minderheiten aus dem östlichen Europa szenisch umsetzen lassen. Die Schreibwerkstatt „Tradition hinterfragen – Tradition neu schreiben“ leitete Thomas Perle. Ausgehend vom Weihnachtsfest tauschten sich die Teilnehmer in Gesprächsgruppen über Traditionen und Bräuche aus. Die eigenen familiären Erfahrungen mit Bräuchen und Festen dienten schließlich für eine Verschriftlichung einer ganz eigenen Geschichte.

Die SL-Kreisgruppe Burglengenfeld- Städtedreieck berichtet im Internet über „Alte Heimat, neue Heimat“, über „Zusammenhalt und Freundschaften“ und über ihre 70-Jahr-Feier.

SL-Kreisgruppe Burglengenfeld-Städtedreieck/Oberpfalz

Alter Kirchenmaler und neues Internet Für Ende Juni hatte Sigrid Ullwer-Paul, Obfrau der oberpfälzischen SL-Kreisgruppe Burglengenfeld-Städtedreieck zu einem Vortrag über den fast vergessenen Kirchenmaler Maurus Fuchs eingeladen.

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uch Stadtpfarrer Franz Baumgartner war gekommen. Maurus Fuchs lebte von 1771 bis 1848 in Tirschenreuth. Der frühere SL-Bundeskulturreferent Wolf-Dieter Hamperl berichtete über diesen Grenzgänger. Denn Maurus habe sein Hauptwerk in Stift Tepl im Egerland geschaffen. Als Freud von Abt Karl Reitenberger, dem Gründer Marienbads, habe er die Gelegenheit erhalten, das große Abendmahl im Refektorium des Klosters zu ma-

len. Gleich große Malereien habe Abtwohnung habe er Gemälde die fast schon impressionistisch er für die Wände des Oratoriums mit den vier Lebensabschnitten, wirkten. mit den Darstellungen der Be- aber auch phantastische LandMaurus habe 1814 bis 1827 im freiung der Apostelfürsten Petrus schaftsmalereien geschaffen, Kloster Tepl gelebt und sei dann und Pauls aus nach Tachdem Gefängau gezogen, nis geschafum im dortifen. Besongen Franzisders phankanerkloster tasievoll zahlreiche seien die MaÖlbilder zu lereien für hinterlassen, den Blauebenso Deken Saal und kengemälde die Deckenin der Kirche gemälde mit der Franzisden Darstelkaner. Dabei lungen vom habe er stets Ende des auch besonKrieges und dere Themen den Segnun- Das Böhmische Trio Hannelore Götz, Rosa Mehringer und Marianne Fuchs, Ob- wie die Ergen des Frie- frau Dr. Sigrid Ullwer-Paul, Referent Dr. Wolf-Dieter Hamperl und KassierJosef scheinung Bild: Josef Paul Jesu am Aufdens. Für die Mehringer. Das Bild „Heiliger Johannes von Nepomuk“ malte Maurus Fuchs 1809 an die Orgelempore der Kappl genannten Kirche Sankt Elisabeth bei Bärnau. Sie wurde wohl erstmals bei der Verleihung des Egerer Stadtrechts an Bärnau 1354 von Kaiser Karl IV. errichtet. Rechts das Gemälde „Segnungen des Friedens“, das Fuchs 1821 an die Decke des Festsaales im Kloster Tepl malte.

erstehungstag gewählt. Als Gärtner erscheine er Maria Magdalena. Sein Humor lasse zu, daß er sich als stiller Beobachter in den Bildern darstelle. Auch Jesus gebe er zuweilen sein Gesicht. Nach dem kurzweiligen Vortrag präsentierte Josef Paul seine Kurzfilme von der letzten Egerlandreise nach Kladrau, Chotieschau und Wiesengrund. Sigrid Ullwer-Paul erläuterte die Ziele der heurigen Busfahrt, darunter Beidl und Flossenbürg. Ein gelungener Nachmittag ging zu Ende. Bei einem vorhergehenden Treffen der Kreisgruppe hatte Vize-Obmann Bernhard Krebs über „Soziale Medien“ referiert. In diesem Rahmen stellte er auch den Internetauftritt der SL-Kreisgruppe Burglengenfeld vor.


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VERBANDSNACHRICHTEN

Sudetendeutsche Zeitung Folge 30 | 29. 7. 2022

SL-Orts- und -Kreisgruppe Bayreuth/Oberfranken

Volksmusikfest ohne Lala-Lieder Anfang Juli fand nach zwei Corona-Jahren endlich wieder das Volksmusik- und Mundartfest der oberfränkischen SL-Orts- und -Kreisgruppe Bayreuth im Schloß Goldkronach statt.

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ehr als 50 Volksmusikund Mundartfreunde waren zu dieser fröhlichen Veranstaltung im Gewölbesaal des Schlosses Goldkronach bei Familie Koschyk gekommen. Mit neuen Luftreinigern mit UV-Technik hatte Familie Koschyk die Gefahr einer Coronaansteckung deutlich reduziert. Endlich wieder Gemeinschaft, endlich wieder gemeinsam musizieren, singen und Humor genießen. Zunächst begrüßte Hartmut Koschyk, der Hausherr, frühere CSU-Bundestagsabgeordnete und Bundesbeauftragter für Aussiedler und Vertriebene, die Landsleute. Dann dankte Moderator Manfred Kees Gudrun und Hartmut Koschyk für deren erneute Gastfreundschaft. Gudrun Koschyks elterliche Wurzeln liegen im Saazerland und im Elbetal. Zentrale Figur war Peter Rubner mit seinem Akkordeon, ein Meister seines Fachs. Er sorgte schwungvoll und gekonnt für musikalische Stimmung und schlug so alle Teilnehmer in seinen Bann. Zahlreiche Volkslieder erklangen, und die Teilnehmer sangen stimmgewaltig mit. Es gab keine Textschwierigkeiten und keine „Lala-Lieder“, weil die

Liedertexte über Laptop und Beamer auf eine Leinwand übertragen wurden. Horst Skripalle, ein Schlesier wie er leibt und lebt, war der erste Mundartinterpret mit einem gewaltigen Begrüßungsgedicht in schlesischer Mundart von Ernst Schenke, dem bekannten schlesischen Mundartdichter. Aufgetreten war auch „Der Bayreuth Schorsch“, alias Günter Ammon. Günter Ammon wurde 1947 in Bayreuth geboren, hat die Stadt nur aus Studienoder Urlaubsgründen kurzzeitig verlassen und fühlt sich nach wie vor hier am wohlsten. Er las aus eigenen Gedichtbänden von seiner Lieblingsfigur, dem „Schorsch“ in Bayreuther Mundart. Ihm folgte Rudi Kiesewetter, ein sudetendeutsches Urgestein und Meister der paurischen Mundart. Paurisch ist der alte Dialekt der Menschen aus Gablonz an der Neiße und dem Isergebirge. Rudi Kiesewetter trug gekonnt Gedichte von Heinz Kleinert, dem großen Isergebirgler Mundartdichter, vor. Kreis- und Bezirksobfau Margaretha Michel hielt eine Dankesrede in Prosa und rundete damit die Mundartbeiträge gekonnt ab. Außerdem hatte sie frische Kolatschen von der Pegnitzer Bäckerei Rippl mitgebracht. Eine Veranstaltung ganz nach den Vorstellungen der Teilnehmer. Dies zeigten jedenfalls der kräftige Schlußapplaus und die Rückmeldungen. ds

Vor dem Sudetendeutschen Museum in München. Bilder: Bernhard Kuhn

SL-Bezirksgruppe Oberfranken/Bayern

Das neue Erlebnis Heimat Mitte Juli besuchte die bayerische SL-Bezirksgruppe Oberfranken mit 39 Teilnehmern das Sudetendeutsche Museum in München.

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ezirksobfrau Margaretha Michel, die die Fahrt geplant und organisiert hatte, freute sich über die vielen Teilnehmer. Zu ihnen zählten Helmut Hempel, Vorsitzender des BdV-Kreisverbandes Bayreuth, Manfred Kees, Obmann der SL-Ortsgruppe Bayreuth, Vize-Bezirksobmann Adolf Markus aus Naila, Heidi Engelhardt, Obfrau der SL-Kreisgruppe Lichtenfels, und Rudolf Hüttner, Obmann der SL-Kreisgruppe Bamberg. Das Sudetendeutsche Museum konnte 2020 pandemiebedingt nicht festlich eröffnet werden, daher wurde dies im Juli ein ganzes Wochenende lang nachgeholt, und zwar gleich als richtiges Museumsfest! Unsere oberfränkische Gruppe war schon am ersten Tag dabei. Unter dem Leitbegriff „Heimat“ erzählt das Sudetendeutsche Museum vom Leben der Deutschen in Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien in der heutigen Tschechischen Republik. Auf fünf Ebenen ist dort die Historie der böhmischen Länder dargestellt. Sie dokumentiert einen Zeitraum von rund 1000 Jahren. Das Museum kostete 27 Millionen Euro, der Bund zahlte 18 Millionen, Bayern neun Millionen Euro. Auch wenn nicht alle Wünsche der verschieden Interessengruppen erfüllt werden konn-

ten, ist das Museum in seiner Darstellung überaus geglückt. Die oberfränkische Reisegruppe nahm die Besichtigung sehr positiv auf, und alle Teilnehmer waren zufrieden. Schließlich gibt es viel zu Bestaunen, und bei manchem werden Erinnerungen an die Heimat wach.

lik. Die Heiligenverehrung, die in den böhmischen Ländern ein besonderes Ausmaß erreichte, lebte ebenso auf wie die Wallfahrten und Kirchweihfeste. Bekannte Heilige sind Kyrill und Method für Mähren und Herzog Wenzel für Böhmen. Die Herrscher stellten im Laufe der Jahr-

Die Landsleute sind begeistert. Die Heimat der Sudetendeutschen war kein einheitliches Siedlungsgebiet. Mehr als ein Dutzend Regionen bildeten Heimatlandschaften mit unterschiedlichen Mundarten, Bräuchen und Wirtschaftszweigen. Erst seit 1919 werden alle Deutschen der verschiedenen Heimatlandschaften unter dem Begriff „Sudetendeutsche“ zusammengefaßt. Religiöse Bräuche prägten nicht nur private und öffentliche Feste, sondern auch den Alltag. Mit der Gegenreformation im 17. Jahrhundert ging eine Hinwendung zur Volksfrömmigkeit einher. Sie fand ihren Ausdruck in vielfältiger, religiöser Symbo-

hunderte Land und Untertanen unter den besonderen Schutz von nicht weniger als 20 Heiligen als Landespatrone, der bekannteste unter ihnen ist wohl Johannes von Nepomuk (1345–1393). Weitere Exponate geben Einblick in Wirtschaft und Kultur. Das reichte von Kunert-Strümpfen über Glasmacherei bis hin zu Fahrrädern. Ein besonderes Exponat ist das längste Serienmotorrad der Welt, die Böhmerland. Weitere Exponate erinnern an Nationalismus und Nationalstaat. Den Jahren 1945 und 1946 widmet sich eine eigene Abteilung, die den Verlust der Heimat durch Flucht und Vertreibung

dokumentiert. Repressalien, Internierung und Zwangsarbeit mit Lageraufenthalten sowie unterschiedliche Formen der Vertreibung mit eindrücklichen persönlichen Erinnerungen prägten diese Zeit. Anstatt Ordnung herrschte Chaos, wie an der auffälligen Installation zum Ausdruck gebracht wird. Die letzte Abteilung zeigt die Ankunft in der Fremde, in der die Sudetendeutschen zunächst nicht willkommen waren. Sie zeigt die Integration, die wirtschaftliche Aufbauleistung und die Pflege der alten Traditionen. Mittlerweile entstanden nach Besuchen in der Heimat zahlreiche Partnerschaften mit tschechischen Pfarreien und Kommunen, die einen hoffnungsvollen Weg in die Zukunft weisen. Bald wird es so gelingen, die Lasten der Geschichte aus dem Weg zu räumen. Das wird zu einem noch engeren Miteinander im Herzen Europas führen. Dies war ein erlebnisreicher Tag in unserem Museum. Für Speis und Trank war im anliegenden Haus des deutschen Ostens (HDO) bestens gesorgt. Mit vielen schönen Erinnerungen an die Heimat konnte die Heimreise angetreten werden. Manfred Kees, Obmann der oberfränkischen SLOrtsgruppe Bayreuth, dankte im Namen aller Bezirksobfrau Margaretha Michel, die immer mit viel Herzblut ihre Aktionen vorbereitet und durchführt. Ein „Anti-Streß-Ball“, den ihr Manfred Kees überreichte, soll ihr dabei eine kleine Hilfe sein. Bernhard Kuhn

Heimatverband Marienbad/Egerland

Dr. Günter Ammon, Rudolf Kiesewetter, Peter Rubner und Horst Skripalle begeistern mit Mundart-Liedern und -Gedichten.

Gutes Omen für einen Neuanfang Mitte Juli traf sich der Heimatverband Marienbad in der Gaststätte Zum alten Bezirksamt im Haus des deutschen Ostens (HDO) in München zur Mitgliederversammlung mit Neuwahlen.

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Nach zweijähriger Corona-Zwangspause singen die Landsleute wieder ihre traditionellen Volkslieder im Gewölbesaal von Schloß Goldkronach. Rechts unten Manfred Kees und Günter Ammon.

ergangenes Jahr starb Franz Pany. Pany war nicht nur 2002 bis 2014 Obmann der SL-Landesgruppe Bayern und 2008 bis 2014 SL-Bundesvorsitzender. Bereits seit 1991 leitete er den Heimatverband der Marienbader. Sein Tod und Corona erschwerten eine ordentliche Übergabe an einen Nachfolger. Dies sollte nun geregelt werden. Zunächst schilderte Hans-Peter Sang, der Kandidat für die Nachfolge Panys als Verbandsvorsitzender, die Schwierigkeiten bei der Regelung des Marienbader Erbes von Franz Pany. Mittlerweile sei alles einigermaßen in trockenen Tüchern. Der pensionierte Schulleiter Sang ist studierter Mathematik-, Informatik- und Physiklehrer, hat aber auch einen Lehrauftrag

für Neuere Geschichte. Gegen- Dietmar aus Markt Rettenbach, München. Der 96jährige Egerer wärtig arbeitet er an einer Bio- bleibt Schriftführerin. Neue Bei- leitet außerdem den Marienbagraphie über Kronprinz Rudolf. sitzer sind Johanna Demharter der Stammtisch, der sich einmal Er wolle, so Sang, den „Marien- und Irene Kaim aus dem bay- im Monat im Alten Bezirksamt bader Heimatbrief“ weiter her- erisch-schwäbischen Wertingen- im HDO trifft. ausgeben, die Kontakte in die Gottmannshofen. Die bereits in Der Marienbader Josef Holer Marienbader Heimat ausbauen der örtlichen SL tätigen Schwe- hatte seine Frau Heidi und seiund den Marienbader Verband stern wollen damit das ideelle nen Sohn Christian mitgebracht. in eine gute Zukunft führen. Erbe ihrer verstorbenen heimat- Heidi und Christian gingen als Gemäß der vereinsrechtli- treuen aus dem Kreis Marien- neue Mitglieder des Heimatverchen Regularien entlasteten die bad stammenden Mutter weiter- bandes der Marienbader wieLandsleute nach dem Bericht tragen. der nach Hause. Das ist ein gutes des Kassenprüfers den Vorstand Neue Kassenprüfer sind Ire- Omen für einen Neuanfang. und betrauten Dietmar Heller ne Kaim und Oswald Egerer aus Nadira Hurnaus mit der Wahlleitung. Sang wurde zum Ersten Vorsitzenden gewählt, seine beiden Stellvertreter sind Josef Plahl aus dem hessischen Weilheim und Dietmar Heller aus Markt Rettenbach in Bayerisch-Schwaben. Schatzmeisterin ist Hildegard Sauter aus dem bayerisch-schwäbischen ZiertheimReistingen. Kriemhild Hildegard Sauter, Kriemhild Heller, Dietmar Heller, Dr. Hans-Peter Sang, Irene Kaim, JoBild: Nadira Hurnaus Heller, wie ihr Mann hanna Demharter und Oswald Egerer sind der neue Vorstand.


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VERBANDSNACHRICHTEN

Sudetendeutsche Zeitung Folge 30 | 29. 7. 2022

Institut für Kirchen- und Kulturgeschichte der Deutschen in Ostmittel- und Südosteuropa (IKKDOS)

Christenunterdrückung in der ČSSR Das Institut für Kirchen- und Kulturgeschichte der Deutschen in Ostmittel- und Südosteuropa (IKKDOS) hatte mit dem Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-MaximiliansUniversität München (IKGS) im Salesianum in München das Tagesseminar „Christli-

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che Existenz in totalitären Systemen im 20. Jahrhundert“ organisiert. Dabei beleuchteten mehrere Referenten diese Thematik aus unterschiedlichen Länder- und Inhaltsperspektiven. Lenka Kopřivová aus Prag berichtete über die „Situation der kroatischen Minderheit in Mähren nach der Zerstreu-

or der Tagung hatten sich spielsweise auch in den Kirchenzehn Studierende und ein liedern ausgedrückt. Doktorand der Universität Split Im 19. Jahrhundert, als die Naunter der Leitung von Professor tionalbewegungen stärker, die Aleksandar Jakir zu einem zwei- tschechische oder deutsche Identägigen Nachwuchsseminar ge- tität ausgeprägter geworden seitroffen. Dabei stand das Ver- en, hätten die Kroaten gute Konhältnis von Religion und Gesell- takte zu beiden Seiten unterhalschaft in Jugoslawien 1918 bis ten. Dagegen sei in der Ersten 1991 mit Schwerpunkt auf Kroa- Tschechoslowakischen Republik tien im Mittelpunkt. Der Dokto- ab 1918 der tschechische Einfluß rand Frano Bilić berichtete über viel größer geworden, kroatische die zentralen Inhalte. Schulen zum Beispiel nicht erAuf die früheren IKKDOS-Ta- laubt worden. Mit dem Anschluß gungen 2016 und 2017 über die- ans Deutsche Reich ab 1938 sei sen Themenkomplex verwies ein Druck zur Germanisierung der IKKDOS-Vorsitzende Rai- einhergegangen, die kroatische ner Bendel in seiner Begrüßung Sprache habe nicht einmal in der und hieß die Teilnehmer auch im Kirche bei Gottesdiensten beNamen des IKGS willkommen. nutzt werden dürfen. Neue Erkenntnisse, basierend Mit der Vertreibung der Deutauf Studien oder Besichtigungen schen 1945/46 habe sich das aus unterschiedlichen themati- Schicksal der Kroaten bereits anschen Bezügen und Zugängen, gedeutet: der zu enge Kontakt hätten zur Erweiterung der Per- zu den Deutschen und damit die spektive und damit zur erneuten Beschäftigung mit dem Thema geführt, aber „ohne Anspruch auf Vollständigkeit“, so Bendel. Schon viele Jahre ist Lenka Kopřivová mit der Geschichte der Kroaten in Mähren vertraut, unter anderem hat sie beim Aufbau eines Museums mitgearbeitet. „Die Verbindung zum katholischen Glauben und zur Kirche war und ist Das Salesianum in München. für sie prägend“, merkte sie einleitend an. In der Tschechi- den Kroaten zugeschriebene Unschen Republik gebe es nur we- zuverlässigkeit hätten nach der nige Quellen darüber, die The- kommunistischen Machtergreimatik sei kaum bekannt, ver- fung im Februar 1948 zu ihrer tiefte sie. Grund genug also, um Umsiedlung oder Vertreibung in diese Wissensdefizite zu schlie- 120 Gemeinden in Mähren geßen. Dazu sei eine Rückblende führt – oft in ehemals von Deutins 16. Jahrhundert nötig. schen bewohnte Sprachinseln. Als Teile des Habsburger Rei„Die Aussiedlung war für die ches infolge der Expansion der Kroaten sehr schwierig. Sie haOsmanen von eben diesen be- ben sich noch mehr an den Glausetzt worden seien, sei die Um- ben geklammert“, schilderte siedlung in nördliche Regionen Kopřivová. Das habe sich besondes Habsburger Reiches erfolgt. ders in der Religionspraxis oder Um 1534 hätten die Liechtenstei- im bewußten Tragen der Trachner die Kroaten vor allem nach ten an den neuen Orten – etwa Südmähren geholt. In der Re- an Fronleichnam oder bei Wallgion um Feldsberg/Valtice ha- fahrten – gezeigt. Wegen der be es nach dem Kontakt mit der zerstreuten Wohnorte trugen ansässigen slawischen Bevölke- diese Treffen in Tracht bei kirchrung nach und nach eine Assimi- lichen Anlässen auch zum Erhalt lierung gegeben. In anderen Re- der kroatischen Identität bei. Mit gionen, wo auch Deutsche gelebt den Tschechen und den verbliehätten, hätten die Kroaten ihre benen Deutschen verbunden hat Identität – dazu hätten Sprache, die nun in ganz Mähren beheiDialekt oder Tracht gehört – be- mateten Kroaten die Sorge um halten. die Kirche. Als einfache Leute, vor allem Nach der Samtenen RevolutiLandwirte, habe das Kirchenjahr on sei die Vereinigung von Bürdie Kroaten geprägt. Der Besuch gern kroatischer Nationalität in der Sonntagsmesse in Tracht und der Tschechischen Republik entdie Wallfahrten ins Burgenland, standen, seither gebe es Trefnach Ungarn, in die Slowakei fen und Festivals. Die Kroaten in oder nach Mariazell in der Stei- Mähren zeichne, so die Referenermark hätten auch als Zeichen tin abschließend, inzwischen ein gedient, daß man sich als Teil ei- „Familienbewußtsein“ aus. ner größeren Gemeinschaft geEinen völlig anderen Baustein sehen habe. Das habe sich bei- steuerte der Historiker Otfrid Pu-

ung in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre“. Und Otfrid Pustejovsky aus dem oberbayerischen Waakirchen gab einen Einblick in die satirischen „Zeichnungen im ‚Dikobraz‘ – Beispiele antikirchlicher politischer Propaganda in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik (ČSSR)“.

stejovsky bei. Er befaßte sich mit „Zeichnungen im ‚Dikobraz‘“ als Beispiele antikirchlicher politischer Propaganda in der ČSSR. Zunächst erläuterte er die unterschiedlichen Inhalte, Mittel und Wesenselemente von politischer Satire. Dabei verdeutlichte er, daß in Diktaturen die Satire oft in einem direkten oder indirekten Auftrag der Machthaber eingesetzt werde, um den Gegner lächerlich zu machen. Ebenso verwies er auf die Phasen der kommunistischen Herrschaft in der ČSSR von 1948 bis 1989, um die Hintergründe der von ihm gezeigten satirischen Darstellungen einordnen zu können. Vor allem 1948 bis 1953/56 während der stalinistischen Unterdrückung, die von schwersten Repressionen gekennzeichnet gewesen sei, habe das von 1945 bis 1990 erschienene Humorund Satiremagazin „Dikobraz“ (Stachelschwein) alle Formen der Desinformation und Feindbilder aller Art vermittelt – vor allem in Bezug auf die Kirche und den Vatikan. „Nur in tschechischer Sprache gibt es zugängliche Arbeiten über diese Zeitschrift“, sagte Pustejovsky, wobei religions- und kirchenfeindliche Satire in der wissenschaftlichen Diskussion nur wenig Beachtung gefunden habe. Dabei würden der Papst, die Bischöfe, die Orden und die praktizierenden Gläubigen – also die Institution Kirche – in den Darstellungen fast immer der Lächerlichkeit preisgegeben und als abhängige Diener des amerikanischen Großkapitalismus gezeigt. Die westlichen Siegermächte des Zweiten Weltkriegs mit Maschinengewehren und der Papst mit einem Kreuz in der Hand sowie der Deutsche Michel und Mao Tse Tung verteidigen in einer satirischen Zeichnung das Goldene Kalb, also die neue Zivilisation und Demokratie inklusive der Wall Street. In einer anderen Karikatur segnet ein buckliger Papst Fahnen mit SS-Symbol, Dollarzeichen, von Adolf Hitler getragenes Hakenkreuz. Die Textzeile lautet: „… und erfüllt von unendlicher Freude und Stolz nehme ich Ihre Bitte feierlich an.“ Pustejovsky: „Hier werden Kirche, Faschismus, SS oder der Petersdom in einen Topf geworfen als verderbliche Mächte beim Aufbau des neuen kommunistischen Staates.“ Immer wieder thematisieren die Bilder die Kooperation zwischen Kirche und Kapitalismus – ob der Rammbock gegen den Aufbau des kommunisti-

schen Staates mit einer Mitra an der Spitze, welche der Papst und zwei Herren mit Gehrock und Zylinder an einer Stange gegen die im Bau befindliche Mauer richten, oder die antikommunistische Orgel mit dem Geldsack „Wall Street“ als Organisten, in die der Papst mit dem Blasebalg die Luft bläst und anstelle der Orgelpfeifen menschliche Köpfe mit verzweifelt offenen Mündern singen. Oben auf der Orgel halten Goebbels und Hitler als Engel neben einer Hakenkreuz-Standarte eine Tafel „Mein Kampf“, daneben hält Churchill den „Eisernen Vorhang“. In einer weiteren Darstellung mit dem Titel „Im Interesse der christlichen Zivilisation“ bekommt der Papst von einem Mann mit Frack und am Bauch angehängtem Dollar eine Tüte voller Dollar-Noten und segnet dafür Panzer und Militärflugzeuge. Auffallend sind oft deutliche semitische Körperpartien wie Nasen, was laut Pustejovsky auf die antisemitische Tendenz in der kommunistischen Partei der ČSSR hinweist. Besonders diese Karikatur zeige den „hochpolitischen Auftrag der Beeinflussung und Lenkung der Bevölkerung“, bekräftigte der Referent. Durch den Kakao gezogen wurde in mehreren Karikaturen auch das Wunder von Číhošť vom Dezember 1949. Auch hier ist in der einen Darstellung ein fetter Manager auf der obersten Wolke sozusagen der Strippenzieher, der die Seilbewegung über den Papst an den Pfarrer weitergibt und so das Kreuz vor dem Tabernakel in Bewegung setzt. Im anderen Bild sagt ein Ordensmann zum Bischof: „Eminenz, so ein Wunder. Nun wollte der Heilige Vater es in großem Stil einführen.“ Und erneut die Beziehung zwischen Großkapital und Papst in einer weiteren Karikatur: „Auch der Heilige Vater hört auf das Wort Gottes.“ Dargestellt ist in der oberen Bildhälfte ein telefonierender feister Mann mit Manhattan-Silhouette im Fenster und der aufrichtig lauschende Pontifex im unteren Bild. Mit diesen und einigen weiteren satirischen Zeichnungen aus der Zeitschrift „Dikobraz“ machte Pustejovsky deutlich, daß diese „ein Teil der gesamtstaatlichen Maßnahmen zur Unterdrückung in direkter und indirekter Weise durch die Kommunistische Partei“ waren. Die weiteren Vorträge beschäftigten sich mit Themen aus Jugoslawien, Breslau und der Batschka (Donauschwaben). Die nächstjährige Arbeitstagung wird voraussichtlich wieder mehrtägig sein und in Regensburg stattfinden. Markus Bauer

Dr. Otfrid Pustejovsky, Professor Dr. Rainer Bendel, Professor Dr. Aleksandar Jakir und Lenka Kopřivová mit den Teilnehmern.

Bild: Markus Bauer

Blockhütte beim Vogelbeerbaum von außen und von innen.

Liwanzenbäcker und Liwanzenesser Elke Schmidt, Inge Kölisch, Erika Grasser, Frank Grasser, Ralph Edelhäußer MdB, Hans Raithel, Heinz Bieberle und Hannelore Heller.

Heller-Urenkelin Laia Barbara Belzner mit Papa Michael und Mama Katrin.

Dieter Heller, das neue Mitgliedsbuch und das neue Mitglied Martha Müller.

SL-Ortsgruppe Roth/Mittelfranken

Fest überm Vogelbeerbaum Mit den Worten „Der Vogelbeerbaum ruft zum Vogelbeerbaumfest“ hatte die mittelfränkische SL-Ortsgruppe Roth für Anfang Juli in die Blockhütte im Rother Stadtpark 150 Meter oberhalb ihres Vogelbeerbaumes eingeladen.

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Schausberger ist nicht nur Akkordeonspielerin, sondern auch Obfrau der SL-Ortsgruppe Heils-

unächst begrüßte Dieter Heller, Obmann der SLOrtsgruppe Roth sowie der SLKreisgruppe Roth-Schwabach, die feierfreudigen Landsleute nach zwei Jahren Coronapause endlich wieder zum Vogelbeerbaumfest. Und wieder werde der Vorstand der Rother SL-Ortsgruppe seine Gäste mit Liwanzen, Karlsbader Oblaten, Schneeballen, Kaffee, Karlsbader Becherbitter Akkordeonspielerin Margit Schausberund Vogelbeerschnaps ver- ger spielt für die Landsleute auf. wöhnen. Die Liwanzenbäckerinnen Elke Schmidt, Inge Kö- bronn in der mittelfränkischen lisch, Erika Grasser und Han- SL-Kreisgruppe Ansbach. Sie unnelore Heller, seine Frau, hätten terhielt die Landsleute mit einem zu Hause bereits eine Menge Li- umfangreichen Liederpotpourri wanzenteig vorbereitet. zum Mitsingen, darunter waren Ein Grußworte entbot Ralph natürlich auch viele heimatliche Edelhäußer MdB. Als Liwanzen- Lieder und Weisen. Liebhaber habe er sich dieses Der jüngste Gast war Laia Fest nicht entgehen lassen kön- Barbara Belnzer, die Urenkelin nen, auch wenn er dafür andere von Hannelore und Dieter HelTermine habe absagen müssen, ler. Sie war mit ihren Eltern Kasagte er. 2011 bis zur Bundes- trin und Michael gekommen und tagswahl im März 2021 – also von Schausbergers Akkordeonzehn Jahre lang – war er Erster klängen so begeistert, daß sie Bürgermeister von Roth. Nach vor Vergnügen quietschte. Darder Wahl zog er in den Bundes- aufhin mußte sie sich mit einem tag ein. Der neue Erste Bürger- Stückerl Liwanze stärken. meister Andreas Buckreus hatGestärkt ging auch die Ortste sich das Fest dagegen ent- gruppe aus diesem Fest hervor. gehen lassen müssen. Für ihn Mit Martha Müller hatte sie nämsprach Heinz Bieberle, Mitglied lich ein neues Mitglied gewondes Rother Stadtrates und der SL- nen. Müllers familiäre Wurzeln Ortsgruppe, ein weiteres Gruß- liegen tief drin im Böhmerwald. wort. Obmann Dieter Heller überreichFür gute Stimmung und gu- te ihr nun das Mitgliedsbuch. Ein te Musik sorgten Margit Schaus- schönes Ende für ein schönes berger und ihr Akkordeon. Fest.


Neudeker Heimatbrief

Sudetendeutsche Zeitung Folge 30 | 29. 7. 2022

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für die Heimatfreunde au+ Stadt und Landkrei+ Neudek Neudek

Abertham

Folge 635 · 7/2022

Bärringen

Frühbuß

Platten

Patenstadt Augsburg

Heimatkreis Neudek – Patenstadt Augsburg. Heimatkreisbetreuer: Heinrich Hegen, Pflugstraße 41, 86179Heimatkreisbetreuer: Augsburg, Telefon (08 21) XXXXXXX. Heimatmuseum Stadt und Kreis Neudek, Von-Cobres-Straße 5, 86199 Besichtigungstermine bei Heimatkreis Neudek in der Sudetendeutschen Landsmannschaft – Patenstadt Augsburg. Josef Grimm, Waxensteinstraße 78c, 86163 Augsburg, Telefon (08 21) 6Augsburg. 41 42, eMail grimm-augsburg@ Josef Grimm, Telefon (08 21) 6 41 42, eMail grimm-augsburg@t-online.de oder Dieter Thurnwald, Telefon (08 21) 88 05 55. Heimatgruppe „Glück auf“ Stadt und Landkreis Neudek – Vorsitzender: Heinrich Hegen. Neudeker Heimatbrief – Verantwortlich von t-online.de. Heimatmuseum Stadt und Landkreis Neudek, von-Cobres-Straße 5, 86199 Augsburg; Besichtigungstermine bei Josef Grimm. Heimatgruppe Glück auf – Freunde des Heimatmuseums Stadt und Landkreis Neuseiten der Heimatgruppe: Dieter Thurnwald. Redaktion: Herbert Fischer, Hochstraße 8, 81669 München, Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail neudeker@sudeten.de. Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. dek in Augsburg, eMail heimatgruppe-glueckauf@t-online.de, Internet www.heimatgruppe-glueckauf.de – Vorsitzender und zuständig für den Neudeker Heimatbrief: Josef Grimm. Redaktion: Lexa Wessel, eMail neudeker@ Erscheint achtmal jährlich im Abstand von etwa sechs Wochen. Jahresbezugspreis 25,00 EUR. Redaktionsschluß für die nächste Ausgabe: Mittwoch, 14. März. sudeten.de. Mit Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Jahresbezugspreis 31,25 EUR. Konto für Bezugsgebühren und Spenden: Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft, Stadtsparkasse München – IBAN: DE69 7015 0000 0906 2126 00, BIC: SSKMDEMMXXX. Redaktionsschluß für Folge 636 (8/2022): Mittwoch, 17. August.

Nachlese

Dialog für die Zukunft In der tschechischen Zeitschrift „Krušnohorský Herzgebirge Luft“ (Juni 2022) erschien eine erfreuliche Nachlese zum 72. Sudetendeutschen Tag in Hof unserer tschechischen Freunde aus Neudek/Nejdek, die wir hier in deutscher Übersetzung abdrucken.

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euer nahmen wir nach drei Jahren wieder am Sudetendeutschen Tag teil, diesmal in Hof in Nordbayern. Wegen Corona war er 2020 ausgefallen. Und letztes Jahr hatten sich die Teilnehmer in München zu einem kleinen Sudetendeutschen Tag getroffen, bei dem sie auch das neue Sudetendeutsche Museum besichtig konnten. Wie bereits seit Jahren üblich, gestalteten wir unseren gemeinsamen Neudeker/Nejdeker Ausstellungsstand mit den Augsburger Freunden Anita Donderer und Josef Grimm. Gemeinsam präsentierten wir die Region Neudek und die Partnerschaft zwischen Augsburg und Neudek. Im Vergleich zu den Vorjahren war die tschechische Sprache unter den Besuchern öfter zu hören. In den letzten drei Jahren ist die Zahl der Besucher aus Deutschland wegen ihres fortgeschrittenen Alters zurückgegangen. Heuer erklang auch erstmals die tschechische Der Neudeker Stand E 8 vor einer hellen Fensterfront: Markus Harzer, Obmann der SL-Landesgruppe Hessen, Josef Grimm, endlich ein Standbesucher, Anita Donderer und Pavel Andrš. Bild: Ulrich Möckel Nationalhymne „Kde domov můj“. Auch heuer hielten Politiker offizielle Sudetendeutscher Reden, zum Beispiel der Bayerische Mi-Tag 2022 – Festabzeichen nisterpräsident Markus Söder und der 72. Sudetendeutscher Tag in Hof Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt. Und es gab Vorträge, Diskussionen, Stände, Vorführungen, Musik und Tanz. Diesmal waren sie im Geiste des Krieges in der Ukraine. Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis erhielt nachträglich den Karls- Der positiven Bewertung über den hellen Fenstern überhaupt nicht einset- lerweile mehr als zehn Jahren mit einem samen Ausstellungsstand, sondern lebt Preis 2020, und der ukrainische Staats- 72. Sudetendeutschen Tag fügen wir zen. deutsch-tschechischen Gemeinschafts- bereits seit vielen Jahren von gegenseipräsident Wolodymyr Selenskyj er- einige Wermutstropfen aus der Sicht Während sich im Hauptausstellungs- stand auf den Sudetendeutschen Tagen tigen Besuchen, auch auf höchster komhielt den aktuellen Karlspreis der Heimatgruppe „Glück auf“ raum die Stände, Aussteller und Besu- vertreten sind. munaler Ebene, von kulturellen und 2022. Stadt und Landkreis Neu- cher dicht drängten, hatten wir in unseAugsburger Neudeker und tschechi- sportlichen Veranstaltungen sowie dem Zusätzlich zu den gedek in Augsburg an. Jo- rem Nebenraum, von oben und unten sche Nejdeker präsentierten erstmals Austausch von Berichten in Publikationannten Haupt- und nur über Treppen erreichbar, zwar reich- auf dem Sudetendeutschen Tag 2007 nen mit Übersetzung in die jeweils ansef Grimm berichtet. Begleitveranstaltunlich Platz, dafür aber kaum Besucher. in Augsburg ein Gemeinschaftsprojekt: dere Sprache. er 72. Sude- Am gesamten Pfingstsamstag waren es die Wiedererrichtung des Neudeker gen war es das Ziel, Und nun lasen wir erstaunt, daß antendeutsche ein Treffen von etwa fünf Besucher. Am Pfingstsonntag Kreuzweges. Seit 2012 trat die Heimat- dere das Rad neu erfunden hätten. Wir Tag in Hof hät- kamen dann deutlich mehr. Menschen beider gruppe „Glück auf“ und die tschechi- sind sehr interessiert, ob der im Bayte für die Stadt in Seiten der GrenWir waren besonders überrascht und sche Bürgerorganisation „Jde o Nejdek erischen Rundfunk erwähnte „einzige“ Nordbayern mit erfreut, daß als bisher ranghöchster Be- – es geht um Neudek“ auf allen Sude- Gemeinschaftsstand nur eine Einzelakze abzuhalten, um t e d 46 000 Einwoh- sucher bei all unseren Auftritten bei den tendeutschen Tagen in Nürnberg, Augs- tion oder eine lebendige Dauereinrichmiteinander zu ren i überwnzen nern eigentlich ein Sudetendeutschen Tagen der Stellver- burg, Regensburg und heuer in Hof tung ist. Addiert man den Zeitaufwand den und um KonG re herausragendes takte zu knüpfen, tretende Bayerische Ministerpräsident mit einem deutsch-tschechischen Ge- unserer drei tschechischen Freunde und Ereignis sein sol- und Wirtschaftsminister Hubert Aiwan- meinschaftsstand auf, immer dokumen- von uns beiden Augsburgern für unsedie wichtig für die I len. Immerhin waren ger zu uns kam, begleitet von seinem tiert im Neudeker Heimatbrief. Unsere ren Auftritt in Hof, ergeben sich etwa 14 Zukunft sind. Trotz UN J . sämtliche Hotels in der Abgeordnetenkollegen im Bayerischen deutsch-tschechische Zusammenarbeit Frau- beziehungsweise Manntage. Dader negativen histori3. B I S 6 Stadt von Festbesuchern Landtag, Bernhard Pohl aus Kaufbeu- beschränkt sich nicht auf einen gemein- zu kommt noch der finanzielle Aufwand schen Erfahrungen der belegt, welche für Kost und Un- ren. Das milderte unsebeiden Volksgruppen, insbefür uns selbst und unsesondere im 20. Jahrhundert, war es of- terkunft in der dortigen Gastronomie et- re Verstimmung deutlich. re Heimatvereine. Ganz so fensichtlich, daß sie gemeinsam einen liches Geld ausgaben. Dies schlägt sich Bernhard Pohl ist übrigens schlimm wie „außer SpeDialog für die Zukunft im gemeinsamen für die Stadt Hof in der Gewerbesteu- seit 2018 Mitglied im Stifsen nichts gewesen“ war er nieder. Entsprechend hätte man als tungsrat der SudetendeutEuropa führen wollen. es nicht, aber etwas mehr Sonja Bourová, Pavel Andrš Festbesucher etwas Schmuck und Weg- schen Stiftung. Erfolg hätten wir schon erweiser, zum Beispiel in Form von FahAber dann lasen wir im wartet. Von Josef Grimm nen und Hinweistafeln, erwarten kön- Nachhinein auf der HoSollte jemals wieder ein aus dem Tschechischen übersetzt. nen. Aber es gab nichts davon, zumin- mepage des Bayerischen Sudetendeutscher Tag in dest wir aus Augsburg waren allein auf Rundfunks in einem BeHof geplant werden, dann das Navigationsgerät im Auto angewie- richt von Annerose Zuauf jeden Fall ohne uns. sen. ber, daß sich in Hof „als Und auch Regensburg WIR GRATULIEREN Von der SL-Bundesgeschäftsstel- einzige Region am Stand kann, was das PlatzangeDen treuen Beziehern des Neudeker le erhielten wir den Ausstellungsstand vom Riesengebirge Deutbot für Aussteller anbeHeimatbriefs, die im Juli Geburtstag Nummer E 08 zugewiesen, eingetragen sche und Tschechen gelangt, nicht annäherungshaben, wünschen wir von Herzen al- in einem Grundrißplan. Wir glaubten, meinsam präsentierten.“ weise an Augsburg oder les Gute und viele schöne Jahre in Ge- daß es wieder die üblichen Messestände Irgendjemand muß das Nürnberg heranreichen. sundheit und Zufriedenheit. mit massiven Rück- und Seitenwänden wohl dem Bayerischen Schon auf dem 65. Sudesein würden. Dementsprechend bereite- Rundfunk vermittelt hatendeutschen Tag 2014 in Bergstadt Platten. Oswald Jordan ten wir massive Schautafeln vor. ben. Dem Informanten sei Augsburg hatten wir unse(Nr. 19), Bürgermeister-Fink-Straße 2, Am Morgen des Pfingstsamstags empfohlen, sich vorher zu ren Stand in der hintersten 89331 Burgau, 12. Juli 1933. stellten wir fest, daß die Stände nicht vergewissern, zum BeiEcke der abgelegenen ausgeschildert waren. Wir fanden dann spiel in der SudetendeutMessehalle 5, worüber wir Eibenberg. Hanni Gellner/Zettl den Platz, der möglicherweise uns zuge- schen Zeitung und dem uns im Neudeker Heimat(Nr. 18), Peter-Dörfler-Straße 39, 86368 dacht war, nach längerem Suchen in ei- seit 2012 darin integrierbrief beschwerten. DiesGersthofen, 18. Juli 1934. nem Nebenraum vor einer Fensterfront. ten Neudeker Heimatbrief, Die Freien Wähler beim Sudetendeutschen Tag in Hof: Bayerns Stellver- mal ging es uns ebenso in An dieser Fensterfront konnten wir dann ob nicht andere deutsche tretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger Hof. Ein drittes Mal soll Kohling. Elli Frank/Sattler, Wolfs- nur provisorisch einige Bilder ankle- und tschechische Heimat- MdL und Bernhard Pohl MdL gehen von Stand zu Stand, unter anderem te es nicht mehr vorkom Bild: Nadira Hurnaus men. graben 8, 65779 Kelkheim, 30. Juli 1935. ben. Den Rechner konnten wir vor den gruppierungen seit mitt- besuchen sie auch die Neudeker.

Heimatgruppe „Glück auf“

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NEUDEKER HEIMATBRIEF

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� Frühbuß – Teil II und Schluß

Kleinste tschechische Stadt

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ie Příbram-Erzgruben bauten weiterhin Zinn- und Arsenerze ab. Nach der Entdeckung der Pechblende begann man 1946 mit der Exploration von Uranerz. Die Verwaltung des Werkes wurde auf die Sankt Joachimsthaler Grubenbetriebe übertragen, welche 1948 die Exploration als unrentabel einstellten. 1953 bis 1958 wurde noch einmal nach Zinnerz gesucht. Zu einer Zeit, als der Bergbau im Niedergang begriffen war und die lokale Bevölkerung nicht mehr ernähren konnte, setzten as Wetter sorgt auch im Erzgebirge für sommerliche Temperaturen und bunte Blumenwiesen: weitläufige Frühlingswiese bei Crottendorf im sächsi- sich in Frühbuß neue Industrien schen Erzgebirge mit Blick auf den Fichtelberg im Hintergrund. Bild: Gunter Heyer durch. Vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich dort die Herstellung von Perlmuttknöpfen, in der damals bis zu 13 Prozent der Dorfbevölkerung tätig waren. Die Perlmuttindustrie ergänzte somit die traditionelle Spitzenklöppelei, die sich seit dem 18. Jahrhundert entwickelt hatte – 1908 wurde eine Klöppelschule gegründet–, sowie das Sammeln von Waldprodukten, insbesondere von Heidelbeeren. Die Verdienstmöglichkeiten der Einwohner waren jedoch nicht sehr groß. Und selbst die geringsten sozialen Verwerfungen wie die große Wirtschaftskrise der 1930er Jahre verschärften die Situation weiter und machten sie noch dramatischer. FrühDie ehemals in der Trinksaifner Kirche getauften Festgäste. buß gehörte mit den umliegenden Gemeinden zu den sehr armen Regionen. � Trinksaifen und Hochofen Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts sowie die Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg waren von einer Reihe Neuerungen gekennzeichnet. Seit den 1860er Jahren gab es im Dorf ein Postamt, das ab 1896 mit einem TeleDie 24. wiederaufgelebte Kirch- greifbar spüren könne: „Gott hat der stattlichen Kirche einen gro- vera vorgetragen, schufen noch grafen und ab 1930 mit einer öfweih in Trinksaifen und Hoch- uns den Dienst, das Amt der Ver- ßen Akanthus-Altar. Mit einem einmal eine ungemein dichte, fentlichen Telefonstation ausgeofen am 2. Juli war für alle eine söhnung aufgetragen.“ stattet war. Im Dezember 1897 Lied, das auf die Friedenssehn- freundschaftliche Atmosphäre. beglückende Begegnung. Zwei Pfarrer Thaddäus Posielek, sucht von Menschen aufmerkAm Sonntag ging es unter Ro- nahm eine Darlehenskasse ihTage Beerbreifest gingen har- als Kind ein Spätaussiedler aus sam machte, verabschiedeten wir man Kloc (Prag/Trinksaifen) und ren Betrieb auf. Im Juli 1869 wurmonisch zu Ende, und man freu- Oberschlesien (Polen), feierte uns. Josef Dvořáček (Hochofen) über de Frühbuß von einem verheete sich schon auf eine Begeg- mit uns die Heilige Messe. Auf renden Brand Wir fuhren ins nahe Frau- ein Stück nung im nächsten Jahr. Adolf den Begriff der Heimsuchung enreuth wo ein großes Land- Hochtanner ZU VERSCHENKEN heimgesucht, Hochmuth berichtet. ging er in der Predigt ausführlich gut zu einem Spitzenhotel um- Weg hinunter bei dem 39 m Nachlaß des im Jahr 2020 ein. Peter Rojík aus Rothau be- gebaut wurde. Wir kamen uns ins Rohlautal Häuser bis auf ei schönem Hochsommer- gleitete die Lieder aus der Schu- fast vor wie im Grandhotel Pupp und den Eiverstorbenen Werner Ströer die Grundwetter konnten wir dieses bert-Messe an der Orgel. Gegen in Karlsbad. Während der Kaf- sensteinweg aus Augsburg/Bärringen sind mauern nieJahr termingenau am Weihetag Ende der Messe segnete der Pfar- feerunde sangen wir das Lied „Of hinauf Richviele Jahrgänge des Neudeker derbrannten. der Kirche Mariä Heimsuchung rer das seit 60 Jahren verheirate- da ­Barch, do is halt lustich“ von tung HochHeimatbriefes vorhanden. Die Erst im März in Trinksaifen das Trinksaifner te Ehepaar Monika und Helmut Anton Günther, was der Chefin ofen. Witwe gibt sie kostenlos ab, 1888 wurde Man Fest begehen. Hochofen hat- Herold und wand um die Hände des Hauses, einer Württember- konnte jedoch nur gegen Selbstabeine Feuererte seelsorglich immer zu Trink- der Jubilare erneut die Stola. holung in Augsburg. Kontakt: wehr mit 30 gerin, zu gefallen schien. Übri- ste Schwarzsaifen gehört, auch wenn es geAntonie Ströer, NebelhornIm einzig verbliebenen Gast- gens hatte sie für jeden einen beeren, wenn Männern gemeindlich stets selbständig war. straße 72, 86163 Augsburg, haus, bis vor kurzem Penzion Muffin mit einer großen Blau- auch gründet. 1920 heuer Zum Gottesdienst waren fast Sportka, jetzt Na Vysoké Peci, beere vorbereitet. Telefon (08 21) 6 39 69. wurde ein recht klein, 50 Personen gekommen, ein- deutsch Am Hochofen, aßen wir Turnverein Der Abend in Hochofen verlief zupfen. Imschließlich nicht weniger Tsche- zu Mittag. Und nachmittags ging wie immer traditionell. Deutsche merhin waren gegründet. chen beziehungsweise Heimat- es mit dem von der politischen und tschechische Lieder, auf den noch etwa 20 Wanderer dabei. 1927 erhielt Frühbuß eine Busverbliebener. Dabei war es so, als Gemeinde wie immer gratis be- Ziehharmoniken von den zwei Und man verabschiedete sich mit verbindung mit Neudek, die ob man das Wort des Paulus im reitgestellten Autobus nach Gos- heimatverbliebenen Musikan- dem Gefühl, ein wunderschönes für kurze Zeit der Unternehmer Zweiten Korintherbrief im Raum sengrün. Dort besichtigten wir in ten Helmut Zettl und Franz Se- Beerbreifest erlebt zu haben. Klier aus Fischern bei Karlsbad betrieb. Ein Jahr später richtete Franz Richter eine regelmä-

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24. Beerbreifest

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ßige Buslinie von Frühbuß über Neuhaus und Neuhammer nach Neudek ein, die dreimal am Tag verkehrte. Das erste elektrische Licht wurde 1927 in der Gemeinde eingeschaltet. Ursprünglich gab es in Frühbuß eine Wanderschule, dann befand sich ein Schulraum im alten Forsthaus mit der Nummer 49. Eine eigene Schule, Nummer 163, wurde 1836 und nach einem Brand 1869 neu gebaut. 1898 wurde ein neues Schulgebäude errichtet. Im Schuljahr 1944/1945 besuchten 156 Schüler die ersten drei Klassen. Die weiteren Klassen mußten die Schüler an der städtischen Schule in Neudek besuchen. Der Unterricht, nun in tschechischer Sprache, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg fortgesetzt. Die Grundschule des Dorfes wurde in den 1980er Jahren geschlossen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam es zu einem Austausch der Bevölkerung. Die Einwohner deutscher Nationalität wurden in die alliierten Besatzungszonen Deutschlands vertrieben. Nur eine Handvoll der ursprünglichen Einwohner blieb zurück. Im Rahmen der Neubesiedlung kamen vor allem Tschechen aus dem Landesinneren hierher. Im Juni 1945 wurde eine örtliche Verwaltungskommission eingesetzt, die am 1. Oktober 1946 auch die Verwaltung von Sauersack übernahm. Und im Februar 1947 wurde auch das Dorf Neuhaus übernommen. Frühbuß verwaltete diese beiden Dörfer bis Ende 1952, und ab Januar 1953 wurden sie zu dessen Siedlungen. Ein örtlicher nationaler Ausschuß wurde erst im Mai 1952 gegründet. Obwohl das Dorf nur eine sehr kleine Bevölkerung hatte – zwischen 1939 und 1950 sank die Zahl der Einwohner auf etwa ein Zehntel –, wurde es in den 1960er und 1970er Jahren nicht eingemeindet, weil es von den umliegenden Dörfern isoliert war. In dieser Zeit wandelte sich Frühbuß in ein Erholungsgebiet, und einige der einst dauerhaft bewohnten Häuser wurden zu Erholungszwecken umgebaut. Die meisten Häuser überlebten jedoch die unsensible Abrißwelle nicht. Hauptsächlich entwickelte der staatliche Forstbetrieb Graslitz den Gastbetrieb im Dorf. Vorübergehend wurde dort in den 1950er und 1960er Jahren Torf industriell abgebaut. Im Juni 2007 erhielt Frühbuß den Status einer Stadt zurück, und ihr wurde bei dieser Gelegenheit das his­ torische Wappen verliehen.

Oberfrühbuß im Jahr 1950.

Die ehemalige Justinsklause wurde zur Penzion Sportka, welche nun zu Na Vysoké Peci wurde.

Bilder: Sonja Luber

Bei der Herstellung von Perlmuttknöpfen im Erzgebirge.


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 30 | 29. 7. 2022

Dux

Ladowitz

Klostergrab

Ossegg

für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau

Bilin

Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. Heimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den Seegärten 35a, 63920 Großheubach, Telefon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard.spacek@gmx.de Redaktionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Lexa Wessel, eMail heimatruf@ sudeten.de

Blick in das Teplitzer Restaurant Monopol.

Teplitz-Schönau

Graupen

Niklasberg

Der Eingang zum Teplitzer Gymnasium.

Bild: Steffen Hörtler

Teplitz-Schönauer Heimattreffen – Teil III und Schluß

Uromas Service und ein Altar auf Glas Karikaturisten Jaz zu sehen, le in Vergessenheit geraten. In der in einfachen blauen Strikommunistischer Zeit wurde chen Szenen aus der böhmisie als Lagerhalle mißbraucht, schen Geschichte gemalt hatder Altar wohl einfach entte. sorgt. Im Café des Museums stanDank einer glücklichen Füden Thon-Stühle, die nach der gung kam das Gymnasium Fertigungsmethode der Tho1994 an zwei Gebäude der net-Stühle, die auch in BöhGrundschule. Darin befand er Samstag begann mit tropi- men gefertigt wurden, hergesich diese Kapelle, von der schen Temperaturen über 30 stellt werden. Die Familie Thoman nichts mehr wußte. Sie Grad. Unser Ziel war das Stadt- net wurde nach dem Krieg war in einem völlig verwahrmuseum in Aussig, welches am enteignet und gründete im losten Zustand. Unter Mithilfe im November seine Daueraus- hessischen Frankenberg eine vieler Menschen, allen voran stellung „Unsere Deutschen“ er- neue Firma. Schüler des Gymnasiums, eröffnet hatte. Zurück fuhren wir durch strahlt dieses Zeugnis christliIn klimatisierten Räumen das Elbtal, vorbei am Dubitzer chen Glaubens und der hohen konnte man die mit viel Sorgfalt Kirchl und den Tschernoseker Kunst der Beuroner Schule in zusammengetragenen Expona- Weinbergen. Im Teplitzer Re- Gymnasiumsdirektor Zdeněk Bergman, Heimatkreisbetreuer Erhard Spacek, Steffen Hörtler, Obmann der SL-Landes- neuem Glanz. te betrachten. Sie zeigten in vie- staurant Monopol aßen wir zu gruppe Bayern, sowie Graf Christian und Gräfin Maria von Clary und Aldringen bei der Altarweihe in der Beuroner KaDie Fassade der Kapellen Facetten, wie das Zusammen- Mittag. Das ehemalige Varie- pelle des Gymnasiums. le ist von großer Schlichtheit leben von Tschechen und Deut- té ist nach wechselvollen Nutund zeigt nur die Figur des schen verlief. Die böhmischen zungen jetzt ein Restaurant mit tars. Das Altarbild, welches man dieser wurde das Abbild auf Glas Elke Holbe-Eisenhauer seinen heiligen Josefs mit dem JesusFürsten hatten die Deutschen im eigener Brauerei. mit Sandstrahltechnik auf eine angefertigt. Die Kosten trugen Beitrag auf 3000 Euro erhöhen kind und dem Heiligen Karl Bor12. Jahrhundert ins Land geruDer Höhepunkt des Abends Glasplatte eingraviert hatte, wur- der Deutsch-Tschechische-Zu- konnte. romäus. fen. Diese pflegten ihr Brauch- war das deutsch-tschechische de bereits vor zwei Jahren instal- kunftsfonds, das Gymnasium TeNach dem Krieg und der Die Kapelle ist der Unbetum weiter und behielten ihre Treffen in der Beuroner Kapel- liert. Außer einem Foto war von plitz und der Teplitz-Schönau- Vertreibung der Barmherzi- fleckten Empfängnis der JungSprache. Sie grenzten sich aber le des Teplitzer Gymnasiums dem ursprünglichen Altar nichts er Freundeskreis, welcher dank gen Schwestern des Heiligen frau Maria geweiht. Die Feier zu nicht ab, so daß in den vielen ge- zur Einweihung des neuen Al- mehr erhalten gewesen. Nach einer großzügigen Spende von Karl Borromäus war die Kapel- diesem Anlaß begann mit Remeinsamen Jahrhunderten ein den des Direktors des Gymnasigutes Miteinander entstand, ums, Zdeněk Bergman, des Bürdas zum Reichtum Böhmens germeisters von Teplitz, Hynek beitrug. Hanza, und des Vorsitzenden des Marit Ueltgesforth, eine Teplitz-Schönauer Freundeskreijunge Deutsche, die dort ein ses, Erhard Spacek. Zu den EhFreiwilliges Soziales Jahr abrengästen zählte unter anderem solviert, führte uns durch die Steffen Hörtler, Obmann der SLAusstellung. Da viele aus unLandesgruppe Bayern, Stellverserer Gruppe Wurzeln in Böhtretender SL-Bundesvorsitzenmen haben, riefen die Exponader und Leiter des Heiligenhofs. te unterschiedliche ErinnerunDer Generalvikar des Bisgen wach, welche man auch tums Leitmeritz, Martin Davidek, miteinander teilte. Die Unterweihte den Altar. Dann spielbrechungen nahm Ueltgeste das Trio des Konservatoriums forth verständnisvoll hin. Teplitz. Anschließend wurde im Das eindrucksvollste ExpoPresbyterium der Kapelle zu einat für mich war ein Kaffeesernem angerichteten Buffet eingevice. Es war das gleiche Kafladen. feeservice, das meine UrgroßAm nächsten Tag fand eine mutter hatte und das wir bei Messe in der Sankt-Johannesunserer Vertreibung zurückKirche statt. Danach überreichte lassen mußten. Anna Kuchař, der Freundeskreis Teplitz-Schöeine eng befreundete Tschenau am Schloßplatz den Vertrechin, bewahrte es für uns auf. ter der Salesianergemeinschaft Bei unserem ersten Besuch Vendulka Drobná DiS, und Pa1964 in der Heimat holten wir vel Hartl SDB, einen Scheck es bei ihr ab. Sie hatte auch in über 2000 Euro. Diese leiten das all den Jahren unsere Gräber Projekt „Lebendiges Haus“, ein gepflegt. christliches Kinder- und JugendAn den weißen Gängen des Die Mitglieder des Teplitz-Schönauer Freundeskreises bei der Übergabe des Spendenschecks: vorne Dr. Walter Gleißner mit Tochter Ruth-Maria Eicher, dahin- zentrum, um dessen Errichtung Museums waren Zeichnungen ter Hildegard Koch mit Tochter Karin, das Ehepaar Hermann und Sigrid Kautzner, Graf Christian von Clary und Aldringen, Vendulka Drobná, Erhard Spacek, sich der Freundeskreis auch weiBilder (2): Heidelinde Obermann terhin bemühen wird. des bekannten tschechischen Gräfin Maria von Clary und Aldringen sowie Pavel Hartl. Im dritten Teil des Berichtes über das Heimattreffen in Teplitz-Schönau Mitte Juni schildert Heidelinde Obermann die Besichtigung kostbarer Exponate, Kirchenbesuche sowie eine Scheckübergabe des TeplitzSchönauer Freundeskreises:

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HEIMATBOTE

Sudetendeutsche Zeitung Folge 30 | 29. 7. 2022

Bischofteinitz

Ronsperg

FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ

15 Hostau

Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

Furth im Wald

TERMINE

Bischof in Bischofteinitzer Heimatkirche Als einstiger langjähriger Ka- Steinen der Gebäude des ehe- Schloßplatz, die Stele mit dem plan in Furth im Wald bei Prä- maligen Further Auffanglagers heiligen Johannes von Nepomuk lat Sebastian Werner und Ange- gestaltet worden. Und so denke auf der Bahnbrücke oder den Gehöriger der sudetendeutschen er immer daran, daß die Steine denkstein gesprochen. Bekenntnisgeneration war Hol- bestimmt zu einem der GebäuStadtpfarrer Karl-Heinz Seidl ger Kruschina prädestiniert, de gehörte hätten, in denen sei- und Kaplan Johannes Spindler die Erklärung dieses bedeut- ne Eltern die erste Zuflucht ge- wiesen darauf hin, daß vermehrt samen Kleinods zu überneh- funden hätten. Bischof Rudolf die aus der Ukraine geflüchteten men. Dabei ging es aber nicht Voderholzer war tief ergriffen, und in Furth im Wald untergenur um die Kunstschätze, son- da auch seine Mutter ihre ange- brachten Menschen gerade hier rund war der zweitägidern vor allem auch um die stammte Heimat hatte verlassen in der Kreuzkirche Ruhe zum Gege Pastoralbesuch des BiBedeutung dieser Kirche für müssen. bet und seelische Zuflucht fänschofs im neugeschaffenen die Heimatvertriebenen aus Im Gespräch wurde auch über den. Denn in den Altarbildern erGroß-Dekanat Cham. Nach dem Kreis Bischofteinitz und die Verbundenheit des Heimat- kennten sie ihr eigenes Schick20 Jahren waren im März die Umland. kreises Bischofteinitz zu Furth im sal. Der Betrachtung schloß sich Dekanate im Bistum RegensPfarrer Kruschina sprach Wald und die weiteren sichtba- dann das gemeinsame Vesperburg neu geordnet worden. über die Bedeutung der vielen ren Zeichen dieser Partnerschaft Gebet der Geistlichen an, das sie Die bisher 33 Dekanate des Kerzen im Altarraum mit den wie die Orgel in der Kreuzkir- allen aus der Heimat vertriebeBistums wurden zu 15 zusamjeweiligen Bildern der Kirchen che, das Glockenspiel am Amts- nen Menschen widmeten. mengefaßt und auf acht Rein der Heimat, über den Flü- gericht, der Brunnen auf dem Johann Dendorfer gionen verteilt. Das Dekanat gelaltar mit den Cham besteht nun aus den biseindrucksvollen herigen Dekanaten Cham, Robildlichen Verding und Kötzting. Es war nun bindungen zwidas erste Dekanat, welches der schen dem LeiBischof besuchte. Zum Gottesden der Heimatdienst und der anschließenvertriebenen und den Begegnung mit Bischof Bischof Rudolf Voderholzer predigt in der dem der Heiligen Rudolf waren alle Haupt- und Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt an- Familie. KruschiEhrenamtlichen des Großde- läßlich seines Pastoralbesuchs. na gestand dakanates eingeladen. bei auch, daß er Bereits am Nachmittag hatte Pfarrei Wald sowie Regionalde- immer auch an seider Bischof die Kreuzkirche Zum kan Holger Kruschina von der ne Eltern habe denHeiland auf der Rast auf dem Pfarrei Roding begleiteten ihn. ken müssen bei seiFurther Friedhof besucht. Sie ist Kruschina ist darüber hinaus nem Dienst am Altar seit 1969 die Heimatkirche der Vorsitzender des Sudetendeut- in der Kreuzkirche. In der Kreuzkirche hören Bischof Rudolf Voderholzer, Dekan Ralf Heidenreich und StadtBilder: Johann Dendorfer Vertriebenen aus dem Kreis Bi- schen Priesterwerks. Dieser Altar sei aus pfarrer Karl-Heinz Seidl Regionaldekan Holger Kruschina zu. Ende Juli feierte der Regensburger Diözesanbischof Rudolf Voderholzer – seine Mutter Mutter Maria Voderholzer/Schill stammte bekanntlich aus Kladrau – in der Stadtpfarrkirche Mariä-Himmelfahrt in Furth im Wald einen Pontifikalgottesdienst.

schofteinitz und der deutschen Orte im Kreis Taus. Der Further Stadtpfarrer Karl-Heinz Seidl mit Kaplan Johannes Spindler, Dekan Ralf Heidenreich von der

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Furth im Wald

Zur Kreuzes Erhöhung Heimatkreisbetreuer Peter Pawlik berichtet über die Bischofteinitzer Heimatkirche Zur Kreuzes Erhöhung in der Patenstadt Furth im Wald.

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ie Further Bürgerschaft wollte am „Pestacker“ für die dort begrabenen Toten eine Kapelle errichten. Der Baubeginn ist auf 1668 datiert, Weihbischof Albert Ernst Graf von Wartenberg aus Regensburg weihte die Kapelle am 24. Juli 1691. Das Patrozinium lautet „Zur Kreuzes Erhöhung“. Der erste Altar ist die Kreuzigungsgruppe, welche vermutlich um 1350 von der Regensburger Dombauhütte für die Pfarrkirche angefertigt wurde. 1789 wird sie in die mittlere äußere Fensternische der Chorwand eingemauert. Auf Initiative von Stadtpfarrer Johann Baptist Kolbeck wird sie im Rahmen einer umfassenden Renovierung vor der Verwitterung gerettet, in die Kirche rückübertragen und ist seit 1960 gegenüber der Eingangstür in der Nische des vermauerten Gegenportales in der Nordwand zu sehen. Die Verehrung Christi stand und steht im Mittelpunkt des Volksglaubens und des religiösen Brauchtums. In ihrer Feldkapelle weiter oben an der Hochstraße hat die Familie Muck in der Mitte des 18. Jahrhunderts die Figur „Heiland in der Rast“ aufgestellt, die ein geheimes Leiden unseres Herrn darstellt. Nach längerem Hin und Her entscheidet der Regensburger Bischof, diese Figur, vermutlich ein Werk des Further Bildhauers Johann Georg Kellner, in die Kreuzkirche überführen zu lassen. Mit der Überführung der Figur am 19. Juni 1781 wird die Kreuzkirche zur Wallfahrtskirche. 1789 wird die Figur auf den Hochaltar übergesetzt

und gewann so die Herzen der Gläubigen, deren Zustrom stetig wächst. Dank des Entgegenkommens der Stadtväter und des Stadtpfarrers erwählen 1969 die Heimatvertriebenen aus dem Kreis Bischofteinitz und der deutschen Orte im Kreis Taus die Kreuzkirche zu ihrer Vertriebenen- und Heimatkirche. Entsprechend der Absprachen machten es sich die Vertriebenen zur Aufgabe, den Hochaltar neu zu gestalten. Mit

Er sprach von den Symbolen dieses neuen Altares, er sprach aber auch von dem alten Wallfahrtsbild des Herrgotts auf der Rast, das seit Jahrhunderten für viele auf ihrem Weg von Böhmen nach Bayern oder umgekehrt auch ein Ort der Rast gewesen sei, einer Einkehr bei Gott. Im Zuge der Generalsanierung 1985 bis 1987 stiftet der Heimatkreis Bischofteinitz 1986 einen neuen Altartisch. Diesen hatte der aus dem Böhmerwald stam-

Bischof Rudolf Voderholzer vor den Wallfahrtskerzen hinter dem Altar. der Gestaltung und der Ausführung wird der in Frontenhausen geborene akademische Maler Helmut Kästl aus München beauftragt. Beim 8. Heimatkreistreffen weihte am 23. August 1969 Vertriebenenweihbischof Adolf Kindermann den Vertriebenenaltar.

mende Bildhauer Leopold Hafner aus Aicha vorm Wald gestaltet. Dargestellt ist das apokalyptische Lamm, welches mit einem Dornenkranz den mit Marmor verkleideten Altartisch umklammert. Gemauert ist der Volksaltar mit Ziegelsteinen aus dem ehemaligen Grenzdurchgangslager

hinter dem Further Bahnhof. Der Ständer für die Opferlichter wurde ebenfalls von Leopold Hafner gestaltet. Die Weihe erfolgt währen des 17. Heimatkreistreffens am 17. Juni 1987 durch Weihbischof Karl Flügel, der in den Altarstein die Reliquien eines Märtyrers und des Bischofs Johann Nepomuk Neumann versenkte. „Zur Erinnerung an die Kirchen in unserem Heimatkreis Bischofteinitz übergebe ich diese Kerzen mit der Bitte, sie zu wei-

Bild: Johann Dendorfer hen.“ Mit diesen Worten übergab Heimatkreisbetreuer Rudolf Kiefner die Wallfahrtskerzen am 27. Mai 1989 in die Obhut der Pfarrei Furth im Wald. Im Rahmen der Dankandacht wurden die Kerzen von Stadtpfarrer Sebastian Werner im Beisein des Bischöflichen Geistlichen Rates

Die dem heiligen Bartholomäus geweihte Kirche in Muttersdorf. Sonntag, 28. August, 11.00 Uhr, Muttersdorf: Gottesdienst anläßlich des Patroziniums in der Sankt-Bartholomäus-Kirche mit Monsignore Emil Soukup. Anschließend Gang zum Friedhof und zum Gedenkstein der Muttersdorfer. Auskunft: Ortsbetreuer Roland Liebl, Paul-GerhardtStraße 14, 71672 Marbach am Neckar, Telefon (0 71 44) 3 91 77, eMail roland.liebl@gmx.net

WIR GRATULIEREN Johann Nepomuk Womes geweiht. Auch die Ständer für diese Kerzen schuf der Bildhauer Leopold Hafner. Die unterschiedlichen Größen der einzelnen Kerzen spiegeln die Anzahl der Gläubigen in dem jeweiligen Kirchsprengel. Die Spendenfreudigkeit sorgte dafür, daß das Bergkirchlein im Rahmen des 9. Heimatkreistreffens mit einer neuen Orgel ausgestattet werden konnte. Das bewies erneut, wie sehr man sich dem christlichen Ahnenglauben, aber auch den Patenschaftsverpflichtungen verbunden fühlt. Im Rahmen des Festgottesdienstes am Samstag, 21. August 1971 weihte Bischof Adolf Kindermann die von der Firma Nenninger gebaute Orgel. Unter Hinweis auf die biblischen Worte Hiobs bezeichnete der Oberhirte der Sudetendeutschen diese gute Tat als einen Akt echter Menschlichkeit, und mit dem von der neuen Orgel begleiteten „Großer Gott, wir loben dich“ klang dieser festliche Höhepunkt aus. Ein fester Bestandteil der Heimatkreistreffen ist die Dankandacht in dieser Kirche. Der Chronist berichtet: „,Lassen Sie den Altar, den Sie gestiftet haben, auf sich wirken. Wie es damals war, so wollen Sie sich hineindenken – auch bei den Orgelklängen‘, sagte Stadtpfarrer Sebastian Werner zu den Landsleuten in der Further Kreuzkirche, der Bischofteinitzer Wallfahrtskirche. Man betete einen Teil des Schmerzhaften Rosenkranzes, ein altes Mariengebet und das Vaterunser. Stadtpfarrer Werner segnete die Gläubigenschar, die nun das Lied ,Segne, du Maria‘ anstimmte, die Einkehr und Selbstbesinnung hielt, wie Jahrzehnte oder Jahrhunderte vorher ihre Ahnen an dieser Stelle.“

Im August gratulieren wir herzlich folgendem treuen Abonnenten des Bischofteinitzer Heimatboten und wünschen ihm alles erdenklich Gute, Gesundheit und Gottes überreichen Segen: Kleinsemlowitz. Am 30. Manfred Malzer (Haus-Nr. 13), 79 Jahre. Marianne Maurer Ortsbetreuerin

Ortsbetreuerecke

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erzlich gratulieren wir im August Angela Rybka, ehemalige Ortsbetreuerin von Pössigkau und Zemschen, am 6. zum 95. Geburtstag; Sigmar Mahal, Ortsbetreuer von Schiefernau, am 8. zum 83. Geburtstag; Andreas Zuber, ehemaliger Ortsbetreuer von Schiefernau, am 10. zum 91. Geburtstag; Manfred Maschauer, Mitarbeiter des Heimatboten, am 12. zum 84. Geburtstag; Anna Hitzler, Ortsbetreuerin von Murchowa, am 16. zum 92. Geburtstag sowie Walter Schröpfer, Ortsbetreuer von Rindl und Kreisrat, am 20. zum 82. Geburtstag. Wir wünschen den Landsleuten alles Gute, Gottes Segen sowie noch viele Jahre in guter Gesundheit und danken für den steten und tatkräftigen Einsatz für unsere Heimat! Peter Pawlik Heimatkreisbetreuer


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Sudetendeutsche Zeitung Folge 30 | 29. 7. 2022

Heimatbote für den Kreis Ta<au

Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstra­ße 21, 83352 Altenmarkt, Tele­fon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl­ @online.de. In­ter­net www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de

Die Kirchen in Neu- und Altzedlisch sowie der Judenfriedhof von Neuzedlisch waren die Höhepunkte des Spaziergangs mit dem Waidhauser Pfarrer Georg Hartl ins südliche Egerland am ersten Julisonntag.

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er Fußweg begann in Neuzedlisch und führte vorbei am Kollerschlößchen sogleich hinauf zur Dreifaltigkeitskirche. Dieses Gotteshaus ist wohl mehr eine Ruine als eine Kirche. Das Interieur ist nur noch teilweise erhalten. Da aber die Bänke noch da sind, finden hier trotz aller Widrigkeiten Konzerte statt. Nach einer Umrundung mit Blick hinüber nach Altzedlisch führte der weitere Weg zum nahegelegenen Judenfriedhof. Daß es früher manchmal üblich war, den Juden ein eher schlecht gelegenes Grundstück für ihre Beerdigungen zu überlassen, wurde auch hier deutlich. Man mußte

�Neuzedlisch und Altzedlisch

Iwe ins Böihm Das Barokschlößchen in Neuzedlisch beherbergt die Forstverwaltung. zuerst über einen Bohlensteg ein Feuchtgebiet durchqueren, dann erreichte man den an einem Abhang gelegenen Gottesacker, der

jedoch mit einem recht guten Zustand überraschte. Nahezu alle Grabsteine standen aufrecht. Dazwischen gab

Bilder: Siegfried Zeug es keinen Wildwuchs, und jeder Stein war mit einem im Boden steckenden Scanschildchen versehen, von dem man per Handy

die entsprechenden Daten abrufen konnte. Nun mußten die Wanderer wieder zurück durch den Ort. Die Straße nach Tachau wurde überquert, und durch offenes Gelände führte ein bequemer Feldweg nach Altzedlisch. Hier erwartete uns schon wieder Petr Fojtíček, unser freundlicher Tscheche für verschlossene Kirchentüren. Nach Besichtigung der den Heiligen Prokop und Ulrich geweihten Kirche kredenzte er uns vor dem renovierten Pfarrhaus eine kleine Erfrischung mit Mohn-Käse-Kuchen. Zum Abschluß beteten die Fußpilger ein Vaterunser in der Hauskapelle, und derselbe Weg führte wieder zurück nach Neuzedlisch. Hier hatte man noch einen herrlichen Blick über den See zum malerischen, renovierten Barockschloß, in dem heute die Forstverwaltung ihren Sitz hat. Siegfried Zeug

Englisch-tschechische Tafeln informieren über den jüdischen Friedhof und QR-Codes über die Grabsteine.

Die Landsleute vor und in der ruinenhaften Dreifaltigkeitskirche in Neuzedlisch. In dieser Folge schildert Gretl Schmid die letzten Tage in der Heimat und die ersten Tage in der Fremde.

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ie Grenze zu Bayern wurde geschlossen, und unser Vater kam aus dem Krieg zurück. Mutter mußte das Geschäft schließen, wir brauchten nicht in die Schule zu gehen, und überall herrschte Ausnahmezustand. Durch unser Dorf kamen Flüchtlingstrecks aus Schlesien. Einige Male beherbergten auch wir solche Familien, die dann nach Bayern weiterzogen. Gegenüber in der Bürgerschule zog das tschechische Militär ein, und in unserem Haus im ersten Stock ließ sich die Verwaltung nieder. Wir selbst mußten im Laden schlafen. Es begann eine furchtbare Zeit für viele Deutsche aus unserem Dorf. Die Tschechen, die vor dem Krieg diese Gegend hatten verlassen müssen, übten nun Rache. Und viele deutsche Nazis wurden nun gefangengenommen und zur tschechischen Verwaltung in unser Haus zum Verhör gebracht. Diese Verhöre liefen oft blutig ab. Es wurde gefoltert und geschlagen. Danach zwangen sie unsere Mutter, das Blut von den Wänden zu waschen. Wir Kinder bekamen davon damals nichts mit, da wir zur Oma

Die dem heiligen Prokop und dem heiligen Ulrich geweihte Kirche in Altzedlisch.

� Gretl Schmid: „Meine Mutter, eine außergewöhnliche Frau“ – Teil II

Fels in der Brandung geschickt worden waren. Mutter hat erst Jahre danach davon erzählt. Zu dieser Zeit wurde auch immer wieder davon gesprochen, daß wir Deutschen das Dorf verlassen müßten. Da wir so grenznah wohnten, hatten sich viele Roßhaupter entschlossen, wertvolle Gegenstände über die Grenze nach Bayern zu schmuggeln. Unsere Mutter war auch dazu bereit, und so gingen viele Nacht für Nacht mit wichtigen Dingen über die zwei Kilometer entfernte Grenze. Auf der bayerischen Seite war ein Einödhof, der zufällig einem Cousin von Vater gehörte. Dort wurden die Sachen sicher untergestellt. Eines Nachts schnappten die Tschechen einige Grenzgänger, darunter unsere Mutter. Sie mußte gemeinsam mit den anderen eine Nacht in einer Gefäng-

niszelle verbringen. Danach ist nichts passiert, und unsere Mutter verlor darüber auch ihren Humor nicht. Das Gerücht über die Aussiedlung, die Vertreibung der Deutschen, wurde wahr. Da wir in einem wichtigen Grenzdorf wohnten, an der Hauptverkehrsstraße von Prag nach Nürnberg, wurde in Roßhaupt angefangen, die Bewohner zu vertreiben. Da in unserem Haus die Verwaltung untergebracht war, waren wir die ersten, die den Vertreibungsbefehl erhielten. Das war an einem Donnerstag. Bis zum Montag mußten

wir das Haus mit nicht mehr als 40 Kilogramm Gepäck pro Person verlassen. Der Jammer war groß. Warum? Wie lange? Wo kommt man hin? Was soll man mitnehmen? In meiner Erinnerung herrschte ein unbeschreibliches Durcheinander. Da wir viele Verwandte hatten, die alle kamen, gab es nur Ratlosigkeit, Tränen und Chaos und Ratschläge, was alles nicht besser machte. Am Montag wurde die ganze Familie mit Gepäck auf einen Pferdewagen verladen. Wir und noch sieben weitere Familien aus unserem Dorf fuhKirche zu Roßhaupt, gezeichnet von ren in die KreisJeannette Reinl, Maria-Ward-Gymnasium stadt Tachau, wo Günzburg, 9a. wir nach gründlicher Desinfektion, bei der giftiges Pulver unter die Kleidung gegeben wurde, für ein paar Tage in einer Halle untergebracht wurden. Unsere Mutter sorgte für uns, und sie

war auch für unseren Vater, der nur mit seinem Schicksal haderte, der Fels in der Brandung, was auch die anderen aufbaute. Im Lager machte ich Bekanntschaft mit einer Wasserleitung, was neu war, und auch Stockbetten waren interessant. Das alles begann am 27. März, Mutters Geburtstag. Nach ein paar Tagen im Lager Tachau wurden wir in einem Viehwaggon aus unserer Heimat nach Bayern transportiert. Nach einem Lageraufenthalt in Haunstetten endete unsere Reise in Neuburg an der Donau, unserer jetzigen Kreisstadt. Nach einigen Tagen Lager wurden wir mit einem Pferdefuhrwerk nach Rohrenfels gefahren und in Baiern, einem kleinen Dorf bei Rohrenfels, bei einem Bauern einquartiert. Wir bekamen eine kleine Küche und im oberen Stockwerk ein Schlafzimmer, etwa 16 Quadratmeter für fünf Personen. Die Räume waren bis auf einen Herd unmöbliert. Die umliegenden Bewohner versorgten uns mit dem Nötigsten. Die größte Schwierigkeit war, daß die Leute gegen die Zwangseinquartierung waren und uns eigentlich nicht wollten. Aus Roßhaupt kam noch eine weitere Familie nach Baiern, die anderen waren schon in Haunstetten auf die Landkreise verteilt worden. Fortsetzung folgt

TERMINE n Freitag, 29. Juli, 14.30 Uhr, Jakobifest in Bruck am Hammer: 32. Gottesdienst in der Heimatkirche mit dem Chor „Fontana“ aus Marienbad und der „Missa Brevis“ von Zdeněk Lukáš; anschließend Totengedenken auf dem Friedhof und Wirtshausbesuch. n Samstag, 13. August, 15.00 Uhr, Neudorf: Segnung des neuen Holzkreuzes auf dem in Renovierung befindlichen Friedhof mit Pfarrer Miroslav Martiš aus Mies sowie Pfarrer Georg Hartl aus Waidhaus mit anschließendem Imbiß. Weg zum Friedhof: Auf der Straße von Pfraumberg (Přimda) nach Neudorf (Nová Ves) 50 Meter vor dem Ortsschild Nová Ves nach rechts abbiegen. Auskunft: Gerhard Reichl, Stettiner Straße 5, 92665 Altenstadt, Telefon (0 96 02) 66 62, eMail gereichl@gmail.com n  Sonntag, 21. August, 15.00 Uhr, Haid: Deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle. n  Freitag, 9. bis Sonntag, 11. September, Loreto-Wallfahrt in Haid: Freitag, 17.30 Uhr, tschechischer Gottesdienst in Sankt Nikolaus. Samstag, 19.00 Uhr, deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle mit Pfarrer Georg Hartl und den Waidhauser Fußpilgern, anschließend Lichterprozession. Sonntag, 9.30 Uhr, tschechisch-deutsch-lateinisch-sprachiger Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle mit Pater Václav Sládek; anschließend Empfang und Imbiß in der Loreto-Anlage. n  Sonntag, 16. Oktober, 15.00 Uhr, Haid: Deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle mit Bischof em. Friedhelm Hofmann aus Würzburg.

WIR GRATULIEREN Wir gratulieren folgenden treuen Abonnenten des Tachauer Heimatboten, die im August Geburtstag feiern, von Herzen und wünschen alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen. n  Maschakotten. Am 20. Luitgard Puhr/Wurdack (Räs‘n, Haus-Nr. 12), 86 Jahre. Reinhold Wurdak Ortsbetreuer n  Strachowitz. Am 29. Josef Hermann (Gauchala), 81 Jahre. Werner Schlosser Ortsbetreuer

Ortsbetreuerecke

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erzlich gratulieren wir im August Helga Ernst, Stellvertretende Ortsbetreuerin von Ratzau, am 3. zum 61. Geburtstag und Manfred Maschauer, Ortsbetreuer von Neuzedlisch, am 12. zum 84. Geburtstag. Wir wünschen alles erdenklich Gute, Gesundheit sowie Gottes reichen Segen und danken für den Einsatz für unsere Heimat. Sieglinde Wolf


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