Sudetendeutsches Gespräch mit Prof. Dr. Hans Dieter Zimmermann (Seite 3)
Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung 161. Jahrgang
HEIMATBOTE
Jahrgang 74 | Folge 31+32 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 5. August 2022
VOLKSBOTE
Postvertriebsstück · Deutsche Post AG · Entgelt bezahlt Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH · Hochstraße 8 · D-81669 München · eMail zeitung@sudeten.de
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SL Bayern und SL Baden-Württemberg in Brünn
Gedenken der Opfer von Nazi-Terror & Vertreibung Deutliches Zeichen nach der Pandemie: Mit 160 Landsleuten haben sich die Sudetendeutschen Landsmannschaften aus Bayern und Baden-Württemberg am Versöhnungsmarsch in Brünn beteiligt.
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Gedenken im Kaunitz-Kolleg: Karls-Preisträger Daniel Hermann, Janine Bassenge und Botschafter Andreas Künne. Foto: Reinhard Schmutzer
SL Baden-Württemberg
70 Jahre im Dienst der Landsleute Mit einem Festakt im Stuttgarter Rathaus hat die Sudetendeutsche Landsmannschaft Baden-Württemberg am Samstag ihr 70jähriges Bestehen gefeiert.
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ie Geschichte der SL BadenWürttemberg ist eng mit der des Bundeslandes BadenWürttemberg verknüpft, hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann erst vor wenigen Wochen beim 70-jährigen Jubiläum des Bundes der Vertriebenen unterstrichen: „Denn die HeiStuttgarts OB matvertrieFrank Nopper. benen haben Foto: Rathaus bei der Volksabstimmung im Dezember 1951 nahezu geschlossen für den Südweststaat gestimmt“, so Kretschmann. Bei der Feier mußte kurzfristig Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, für Landesobmann Klaus Hoffmann einspringen, dessen Coronatest positiv ausgefallen war. Mit einem Grußwort würdigte Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper das langjährige Engagement der Sudetendeutschen Landsmannschaft BadenWürttemberg. Bericht: Seite 7.
um ersten Mal war auch ein Gedenken am KaunitzKolleg Teil des offiziellen Besuchsprogramms der Landsleute. Hier hatte die Gestapo bis zum April 1945 ein Internierungs- und Straflager installiert. Die Zahl der
Gefangenen, die vom KaunitzKolleg in andere Konzentrationslager deportiert wurden, geht in die Zehntausende. Neben einer Delegation der Sudetendeutschen legten auch Daniel Hermann, Schirmherr des Festivals Meeting Brno und Träger des Sudetendeutschen KarlsPreises, gemeinsam mit dem Deutschen Botschafter in Prag, Andreas Künne, und dessen Partnerin Janine Bassenge einen Kranz am Mahnmal nieder. (Berichte Seiten 4 und 5)
Die Kreuze kennzeichnen das Massengrab in Pohrlitz, wo viele Opfer des Brünner Todesmarsches beerdigt wurden. Foto: Torsten Fricke
Erstes Treffen der Regierungschefs der beiden Nachbarn in der tschechischen Hauptstadt
Strategischer Dialog: Wie Berlin und Prag die Zukunft gestalten wollen Bei ihrem Treffen in Prag haben der tschechische Außenminister Jan Lipavský und seine deutsche Amtskollegin Annalena Baerbock vereinbart, die deutschtschechische Zusammenarbeit im Rahmen des Strategischen Dialogs weiter auszubauen, und ein Arbeitsprogramm für den Zeitraum 2022–2024 verabschiedet.
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hematischer Schwerpunkt war die gemeinsame Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit den Themen Sicherung der Energieversorgung, Verbesserung der europäischen Verteidigungsfähigkeit, Stärkung der Cybersicherheit, Hilfe für Geflüchtete und Unterstützung der Ukraine beim Wiederaufbau. „Hier ziehen Deutschland und Tschechien an einem Strang“, so die beiden Minister, die mit ihrem gemeinsamen Papier an die Erklärung zum strategischen Dialog ihrer Vorgänger aus dem Jahr 2015 anknüpften. In der jetzt unterschriebenen Erklärung heißt es: „Im Lichte der Deutsch-Tschechischen Erklärung von 1997 und des Abkommens über gute Nachbarschaft von 1992 engagieren wir uns als aktive Gestalter für ein vereintes
In Lidice gedachten die Außenminister Annalena Baerbock und Jan Lipavský der Nazi-Opfer. Rechts: Bei der Übergabe des Arbeitsprogramms ist auch der Deutsche Botschafter Andreas Künne dabei. Fotos: Vlada.cz Europas.“ Seit Juni werden deshalb laufende Projekte aus den Bereichen Energie, Verkehr, Klima, Gesundheit, Bildung, Kultur sowie Wissenschaft und Forschung evaluiert, um den strate-
gischen Dialog zur „treibenden Kraft für die Entwicklung unserer Beziehungen“ auszubauen.
„Am wichtigsten ist es, gemeinsam für Europa neue Energiequellen zu finden“, so Lipavský.
Als ein konkretes Leuchtturmprojekt für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auch in der Ökologie nannte Ministerin Baerbock die Einrichtung einer Wasserstoff-Fernbuslinie zwischen Dresden und Aussig. Weitere konkrete Projekte sind der Ausbau des Tschechisch-Unterrichts an Schulen und Universitäten in Deutschland und die Verbesserung des Bahnverkehrs zwischen den beiden Ländern. Im Anschluß an ihr Treffen besuchten die beiden Außenminister als Symbol für die deutschtschechische Aussöhnung die Gedenkstätte Lidice. Hier hatten am 10. Juni 1942 deutsche Truppen ein Massaker verübt, bei dem alle Männer über 15 Jahren getötet sowie Frauen und Kinder in Konzentrationslager deportiert wurden. „Ein Pfeiler deutscher Außenpolitik bleibt das Wachhalten der Erinnerung an die schrecklichen Verbrechen deutscher Truppen und deutscher Besatzung während der Weltkriege“, sagte Außenministerin Baerbock. Amtskollege Lipavský: „Die aktuelle Krise in der Ukraine zeigt uns, wie wichtig freundschaftliche und verläßliche nachbarschaftliche Beziehungen sind.“ Torsten Fricke
Passaus Oberbürgermeister Jürgen Dupper würdigt den engagierten Brückenbauer
Böhmerwäldler Kulturpreis an Dr. Gernot Peter Hohe Würdigung für Dr. Gernot Peter: Beim Festakt der Stadt Passau, mit dem die 60-jährige Patenschaft für die Böhmerwäldler begangen wurde, ist der engagierte Brückenbauer mit dem Kulturpreis 2022 der Stadt Passau für die Böhmerwäldler ausgezeichnet worden.
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Birgit Kern, Vorsitzende des Böhmerwaldbundes, und Passaus Oberbürgermeister Jürgen Dupper mit Dr. Gernot Peter. Foto: Rudolf Hartauer
er Stadt Passau war es eine Herzensangelegenheit, 1961 die Patenschaft zu übernehmen“, sagte Oberbürgermeister Jürgen Dupper beim Festakt, an dem
auch Christa Naaß als Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates teilnahm. Die Verbindung zwischen Passau und dem Böhmerwald währe tausend Jahre, ihre Basis war der Handel auf den Goldenen Steigen. Der Kulturpreis zeige die Verbundenheit mit den Bhmerwäldlern und erinnere an ihr reiches Schaffen. Die Auszeichnung wird an Persönlichkeiten und seit 1995 auch an Institutionen vergeben, die sich in Kunst, Literatur und Volkstumsarbeit verdient machten.
Gernot Peter ist 1962 in Wien geboren, studierte Handelswissenschaften und arbeitet bei der Raiffeisenbank International in Wien. Seine Leidenschaft gilt dem Böhmerwald sowie der eigenen Familien- und Ahnenforschung. „Für Gernot Peter ist das Böhmerwaldmuseum in Wien, für das er sich seit 1998 als Obmann engagiert, eine Herzensangelegenheit“, so OB Dupper und verwies auf Zahlen, die das eindeutig belegen. So hat Peter 25 000 Fotos erfaßt sowie
16 000 Bücher und Zeitschriften archiviert. Ein Schlüsselerlebnis für Peter, sich als Brückenbauer zu engagieren, war der Jugoslawienkrieg, als sich Flucht und Vertreibung wiederholten. Peter begann seine böhmisch-bayerisch-österreichische Familiengeschichte zu durchleuchten und las Bücher des Heimatschriftstellers Johann Peter, dessen Ur-Urgroßneffe er ist, und nutzte für seine Recherchen Archive in Österreich, Tschechien und Bayern.
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 31 + 32 | 5. 8. 2022
AUS UNSEREM PRAGER BÜRO
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arum wird in der Sudetendeutschen Zeitung eine Kirche in Leipzig abgebildet?“, kann der aufmerksame Leser fragen, und SL-Büroleiter Peter Barton erklärt es: „Die kleine Kirche des Dominikanerklosters St. Albert am Stadtrand Wahren hat eine bewegte Geschichte.“ In der Zeit des „Dritten Reiches“ wurden hier jüdische Bürger versteckt und während der Zeit der Kirchenverfolgung in der Tschechoslowakei diente diese Adresse als Ort für alle tschechi-
schen Christen, die nach einer helfenden Hand suchten. Die Katholische Kirche war in der DDR zwar eine Minderheitsgemeinschaft, aber das damalige Regime ließ sie relativ in Ruhe. Hier empfingen zahlreiche tschechische Priester ihre Weihe, wie der Pilsener Dominikaner P. Vojtěch Soudský OP, der Barton mit seinem geistigen Rat immer wieder zur Seite steht, oder am 21. Oktober 1978 Tomáš Halík, ein katholischer Schriftsteller und Freund des Sudetendeutschen Büros.
PRAGER SPITZEN Erst vor kurzem hat Peter Barton nach vielen Jahren wieder diesen besonderen Ort besucht, der in der kommunistischen Zeit für die in den böhmischen Ländern verfolgte Kirche von so großer Bedeutung war.
Bürger sparen, Second-Hand boomt
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Heimatratsvorsitzender Franz Longin : „Die Aufgaben sind da, wir müssen sie nur angehen.“
Heimatrat setzt verstärkt auf Sudeten.net und Social Media
Zum Meinungs- und Erfahrungsaustausch haben sich die Mitglieder des Heimatrates online getroffen. Heimatratsvorsitzender Franz Longin mahnte für alle Tätigkeitsfelder eine zeitgemäße und moderne Organisation an und sicherte die Unterstützung durch die SL-Bundesgeschäftsstelle zu.
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ongin wünschte sich mehr Berichte über die ehrenamtliche Arbeit in den Heimatkreisen zur Veröffentlichung in der Sudetendeutschen Zeitung, Information über die Heimatstuben und vor allem aktive Mitgliederwerbung. „Die Aufgaben sind da, wir müssen sie nur angehen“, so der Vorsitzende des Heimatrates. Im Anschluß ließ Longin weitere Referenten über erfolgreiche Aktionen in der Heimatarbeit berichten. Zunächst sprach Mathias Heider über Sudeten.net, das neue soziale Netzwerk der Sudetendeutschen. Bereits jetzt, zwei Monate nach seinem Start, habe sich das Netzwerk als geeignetes Instrument zur Arbeit in den Heimatgliederungen erwiesen. So sei es dort möglich, auf Ebene der Heimatlandschaften,
Gemeinsamer Kampf gegen Waldbrand
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und 900 Feuerwehrleute, fünf Löschflugzeuge, 18 Hubschrauber – davon zwölf aus Deutschland: Mit allen Mitteln wird versucht, den Waldbrand in der Böhmischen Schweiz einzugrenzen. Das Feuer war vor zwei Wochen im Nationalpark ausgebrochen und hat bereits eine Fläche von über 1000 Hektar vernichtet. Außerdem mußten mehrere Gemeinden evakuiert werden.
Preise für Bio-Weine aus Südmähren
E über die Entwicklung der Facebook-Gruppen der Heimatgliederung seit dem Sudetendeutschen Tag. Diese sei, so Decker, äußerst positiv verlaufen. In allen relevanten Kategorien, von den Mitgliedern über die Zahl der Beiträge, Kommentare und Reaktionen in den Gruppen, weise der Trend klar nach oben. So habe die Gesamtzahl der Gruppenmitglieder in den ver-
Markus Decker stellte die Aktivitäten auf Facebook vor.“ Foto: T. Fricke -kreise und -orte neue Kontakte zu knüpfen. Zum einen eröffne sich Heimatbetreuern die Möglichkeit, sich persönlich, aber auch ihre Gemeinschaften, Vereine oder Heimatstuben, auf Sudeten.net anzumelden. Vorrangiges Ziel sei dabei, auf die eigene Arbeit aufmerksam zu machen und als Ansprechpartner sichtbarer zu werden. Im Gegenzug hätten die Heimatgliederungen ihrerseits Gelegenheit, an Teilnehmer aktiv heranzutreten, auf deren Interessen einzugehen und sie möglicherweise sogar für eine Mitarbeit zu gewinnen. Mathias Heider wies darauf hin, daß der Nutzen des Netzwerks mit der Zahl seiner Teilnehmer exponentiell ansteige. Ein Anliegen auch der Heimatgliederungen sollte es daher sein, möglichst viele Nutzer für Sudeten.net zu gewinnen. Die Bundesgeschäftsstelle der Sudetendeutschen Landsmannschaft stelle hierfür gerne kostenloses Informationsmaterial zur Verfügung. Im Anschluß sprach Markus Decker, Heimatlandschaftsbetreuer für das Riesengebirge,
econd-Hand ist für viele Tschechen die erste Wahl, um trotz Mega-Inflation von 17 Prozent über die Runden zu kommen, berichtet Radio Prag. Besonders gefragte sind gebrauchte Kleidungsstücke, Kinderspielzeug und Bücher. So verkauft der Second-Hand-Buchladen Knihobot derzeit rund 80 000 Bücher im Monat. „Jetzt mitten im Sommer müßte eigentlich Saure-Gurken-Zeit sein. Doch unser Umsatz liegt höher als an Weihnachten und dreimal so hoch wie im vergangenen Jahr um diese Zeit“, zitiert der Tschechische Rundfunk Knihobot-Generaldirektor Dominik Gazdoš.
gangenen zwei Monaten um mehr als zehn Prozent zugenommen. Einen deutlichen Zusammenhang sah Decker dabei mit der Berichterstattung über den Sudetendeutschen Tag und dem zeitgleichen Start von Sudeten. net, das auf die Facebook-Gruppen verlinke. Besonders stark sei die Zahl tschechischsprachiger Nutzer angewachsen, bei denen es sich häufig um Nachkommen heimatverbliebener Sudetendeutscher handle. Manche Facebook-Gruppen entwickelten sich besonders dynamisch; dies sei immer dort der Fall, wo aktive Moderatoren Anregungen und Impulse zum Austausch gäben. Decker erläuterte dies am Beispiel der AltvaterGruppe, deren Moderationsteam vor einiger Zeit durch SL-Kulturpreisträger Lorenz Loserth verstärkt wurde. Markus Decker rief deshalb dazu auf, selbst Moderatoren-Funktionen zu übernehmen oder um neue Moderatoren zu werben. Infolge intensiver Betreuung und langfristiger Entwicklung seien viele Heimatlandschaftsgruppen inzwischen zu äußerst lebhaften Kommunikationsfo-
ren geworden. So weise allein die Gruppe des Riesengebirges im Berichtszeitraum über 10 000 Nutzeraktivitäten auf. Laufend ergäben sich daraus Kontakte, Impulse und Projekte für die Heimatarbeit in der realen Welt. Über den Beginn einer unglaublichen Erfolgsgeschichte berichtete Dr. Gernot Peter, Heimatkreisbetreuer von Prachatitz, in seiner Vorstellung der seit 2020 neu gestalteten Zeitschrift Der Böhmerwald vom Heimatbrief zur Zeitschrift für alle. Was ihm und seinem Heimatlandschaftsbetreuer Rudolf Hartauer mit vielen weiteren ehrenamtlich Engagierten gelungen ist, ist eine einmalige Erfolgsgeschichte. In seinem kurzen Blick auf die lange Tradition der seit 1949 noch mit der Bezeichnung Böhmerwäldler Heimatbrief als Mitteilungsblatt der Heimatvertriebenen aus dem Kreis Prachatitz erscheinenden Heimatzeitschrift schilderte er spannend die Entwicklung zum heutigen neuen Format. Unter dem Titel Der Böhmerwald werde seit 2019 über das gesamte Gebiet des historischen Böhmerwalds berichtet. Die Zeitschrift erfährt durch das neue Format seit 2020 und den damit einhergehenden freien Verkauf in den Regionen Niederbayern und in der Oberpfalz eine weitere kontinuierliche Aufwärtsentwicklung. Schwerpunkte in der Berichterstattung seien neben dem Jahresthema Beiträge über Kultur, Natur sowie Veranstaltungshinweise. Auch die beliebten Kochrezepte dürften nicht fehlen. Der Heimatbrief mit Familiennachrichten und Berichten aus den Heimatgemeinden und Heimatkreisen, Geburtstagsgrüßen, aber auch Meldungen über das Ableben der Landsleute ist für Abonnenten in die erfolgreiche Publikation integriert. Als Herausgeber der Monatszeitschrift zeichnet der Verein „Böhmerwaldheimatkreis Prachatitz“ mit Gernot Peter an der Spitze und Rudolf Hartauer für die Redaktion als verantwortlich. Mathias Heider/ Hildegard Schuster
Sudeten.net
So sind Sie dabei
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ie Teilnahme an Sudeten.net, dem digitalen Netzwerk der Sudetendeutschen, ist einfach – und selbstverständlich kostenlos. 1. Geben Sie www. sudeten.net in die Adresszeile Ihres Browsers ein.
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ine Fachjury hat Tschechiens beste Bio-Weine gekürt. Auf den ersten Platz kam die Gewürztraminer-Auslese 2019 der Winzerei Víno Marcinčák aus Nikolsburg in Südmähren. Víno Marcinčák erhielt auch den Preis für den besten Bio-Weißwein, und zwar für den Riesling 2018 VOC Mikulov, sowie für den besten Rotwein, in dem Fall der Blaufränkische Strohwein 2017. Beim Wettbewerb Biovino haben die Experten in diesem Jahr 76 Weine aus Böhmen und Mähren bewertet. Dabei vergaben sie 47 goldene und 21 silberne Medaillen.
Prager Flughafen wieder im Aufwind
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er Václav-Havel-Flughafen in Prag hat seine Fluggastzahlen in der ersten Hälfte dieses Jahres gegenüber der von den Corona-Einschränkungen geprägten ersten Hälfte 2021 vervielfacht. Insgesamt wurden fast 4,3 Millionen Reisende gezählt.
Dies waren fünfmal so viel wie noch von Januar bis Juni vergangenen Jahres, aber 45 Prozent weniger als noch im selben Zeitraum 2019. Dennoch sind die Betreiber optimistisch, da die Fluggastzahlen von Monat zu Monat ansteigen. So wurden im Juni erstmals nach fast zweieinhalb Jahren wieder mehr als eine Million Passagiere gezählt. Auch das Angebot entwickelt sich in Richtung Normalität. So kann man in dieser Sommersaison von Prag aus bereits wieder rund 150 Destinationen direkt anfliegen. Vor der Corona-Krise waren es 190 Flugziele.
Möglicher Bewerber fürs Präsidentenamt
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er Musiker und Ex-Menschenrechtsminister Michael Kocáb will sich über seine eventuelle Präsidentschaftskandidatur erst im letzten Moment entscheiden, sagte er bei einem Filmfestival anläßlich der Premiere des Dokumentarfilms „Michael Kocáb – Rocker versus Politiker“. Kocáb erklärte, er sehne sich nicht nach dem Präsidentenamt, er sei in der Musik und Kunst verankert. Er sei aber von der Vorstellung erschrocken, daß nach 30 Jahren ein ehemaliger Kommunist und Mitarbeiter des kommunistischen Geheimdienstes wieder regieren könnte.
Ex-Botschafter wird Staatssekretär
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ie ukrainische Regierung hat am Freitag den ehemaligen ukrainischen Botschafter in Tschechien, Jewhen Perebyjnis, zum Staatssekretär im Außenministerium ernannt. Perebyjnis war seit 2017 Botschafter in Prag, also weitaus länger als die üblichen vier Jahre, und war bei seinen tschechischen Gesprächspartnern hochgeschätzt.
Tschechien rüstet massiv auf
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erteidigungsministerin Jana Černochová (ODS) hat angekündigt, aus Schweden Panzer vom Typ CV-90 kaufen zu wollen. Bereits im nächsten Jahr könnten die ersten Fahrzeuge in Tschechien einsatzbereit sein. Außerdem will das Land 15 Leopard-Panzer aus Deutschland erhalten und 24 amerikanische F-35 Lightning-Kampfflugzeuge anschaffen. Im Haushalt sind entsprechende Finanzmittel bereits bereitgestellt.
Sudetendeutsche Zeitung
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ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Herbert Ring, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Verlagsassistentin: Birte Rudzki. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2022 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2021 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.
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SUDETENDEUTSCHE GESPRÄCHE
Sudetendeutsche Zeitung Folge 31 + 32 | 5. 8. 2022
Der Literaturwissenschaftler Hans Dieter Zimmermann hat seine Lebenserinnerungen 2020 niedergeschrieben. Die Vorstellung seines Buches wurde in Corona-Zeiten etwas gebremst. In der tschechischen Botschaft und dann beim Brünner Symposium stellte er seine Erinnerungen, die viel mit Tschechien und mit den Deutsch-Tschechischen Beziehungen zu tun haben, in diesem Jahr einem geneigten Publikum vor. In seinem Haus in Berlin-Reinickendorf, das er im Oktober 1989 bezogen hat, traf die Sudetendeutschen Zeitung ihn zu einem Gespräch.
Interview mit dem Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Hans Dieter Zimmermann, Experte für tschechische Literatur
„All diese Menschen sind gestört, verstört, beschädigt“
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err Zimmermann, warum gerieten Ihre Lebenserinnerungen, die Sie eigentlich über Kindheit und Jugend für Ihre Enkel verfassen wollten, zu einem Buch über die deutsch-tschechischen Beziehungen? Hans Dieter Zimmermann: Der Antrieb kam von meiner Frau, die meinte, ich solle doch über meine Kindheit etwas aufschreiben. Ich bin noch ein Kriegskind, 1940 in Bad Kreuznach geboren. Und wir wurden ausgebombt. Mein Bruder der Psychologe ist und viele Patienten behandelt hat, meinte dazu einmal: Ein Glück, daß wir nur ausgebombt waren, die Vertriebenen seien viel schlimmer dran gewesen. Mein Lebensweg war dann so verlaufen, daß ich in Bingen Abitur machte und in Mainz studiert habe. Mit 25 Jahren ging ich nach Berlin (West), habe dort das Studium abgeschlossen. Das entscheidende für mich war, daß ich durch meinen Doktorvater Walter Höllerer in die Akademie der Künste als Angestellter kam. Und da hat Günter Grass mir einen Brief an Jan Procházka gegeben, den Vorsitzenden des tschechischen Schriftstellerverbandes, der schon verboten war. Und der hatte Grass einen Brief geschrieben und Grass hat ihm geantwortet. Das war 1970. Also zwei Jahre nach dem Einmarsch der Warschauer Paktstaaten, die dem Prager Frühling ein Ende bereiteten. Und das hat weder Grass gewußt noch ich, daß das mein ganzes Leben verändert hat. Dieser Brief an Procházka. Wann waren Sie das erste Mal in Prag? Zimmermann: Kurz danach, und ich war vollkommen überrascht von der Schönheit dieser Stadt. Ich muß dazu sagen, daß ich am Rhein groß geworden bin und den Rhein immer für die Mitte Europas gehalten habe. Und da habe ich auf einmal gesehen, die Mitte Europas die ist woanders und auch reich an Kultur. Ich bin dann bis Ende 1973 regelmäßig nach Prag gefahren, zweimal manchmal dreimal im Jahr auf Kosten der Akademie der Künste. Pavel Kohout war ein wichtiger Anlaufpartner bei der Unterstützung der tschechischen Autoren. Wen haben Sie dort getroffen? Zimmermann: Ludvík Vaculík, Ivan Klima, Karel Kosík, den Philosophen, einmal auch Václav Havel, den wir in seinem Haus auf dem Lande besucht haben. Ich konnte nicht viel machen, aber es war immer gut, wenn die Intellektuellen Kontakte zum Westen hatten, dann waren sie
Zur Person: Hans Dieter Zimmermann Geboren am 29. Juli 1940 in Bad Kreuznach. Seit 1976 verheiratet mit der Pragerin Helena Becková. Das Paar hat vier Kinder. 1959 Abitur am Stefan-George-Gymnasium in Bingen am Rhein. Anschließend Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie in Mainz und Berlin. 1968 bis 1975: Sekretär der Abteilung Literatur der Akademie der Künste in Berlin (West). 1975 bis 1987: Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Goethe-Universität in Frankfurt/Main. 1987 bis zur Emeritierung 2008: Professor am Institut für Literaturwissenschaft der TU Berlin. Geschäftsführender Herausgeber der Tschechischen Bibliothek in deutscher Sprache in 33 Bänden, Herausgeber einer zwölfbändigen Auswahl der Werke Max Brods und der Werke Jiří Grušas in elf Bänden. 2000: Orden des Tomáš Garrigue Masaryk durch Präsident Václav Havel.
Prof. Dr. Hans Dieter Zimmermann in seinem Haus in Berlin-Reinickendorf. An der Wand hängen Bilder des Prager Malers Pravoslav Kotík (1889-1970), dem Vater von Jan Kotík. Foto: Ulrich Miksch ein wenig besser geschützt. Und ich habe auch zweimal Geld vom Internationalen PEN mitgenommen. Und das habe ich in TussexKronen umgetauscht, ganz legal. Die Tschechen durften damals keine Devisen haben. Und dieses Geld hat Kohout an notleidende Familien verteilt.
Unter dem Titel „Ein Rückblick auf 80 Jahre. Was ich der Gruppe 47 verdanke. Erinnerungen“ hat der Literaturwissenschaftler Hans Dieter Zimmermann seine Autobiographie im Wieser Verlag veröffentlicht. Und dann ergab sich auch eine private Begegnung? Zimmermann: Bevor ich das erste Mal nach Prag fuhr, hatte ich in Berlin bei einem Empfang in der Akademie den Maler Jan
Kotik und seine Frau, die Journalistin Ruth Kotíková, kennengelernt. Jan Kotik war Stipendiat des Berliner Künstlerprogramms, und ich habe die beiden immer um Rat gefragt, wenn ich nach Prag unterwegs war. Die gaben mir die Adresse von der Schwester von Ruth Kotíková, die hatte zwei Töchter. Und eine dieser Töchter ist dann meine Frau geworden. Also hat sich eine familiäre Bindung entwickelt. Konnte Ihre Frau ohne Probleme in den Westen ausreisen? Zimmermann: Nein, wir hatten Schwierigkeiten, bis sie rauskam. Ich wurde Ende 1973 festgenommen und abgeschoben. Ich durfte dann acht Jahre nicht mehr in die Tschechoslowakei einreisen. Dank der Initiative eines sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten, den ich kannte, durfte meine Frau endlich Anfang 1976 ausreisen. Wir sind seitdem eine deutsch-tschechische Familie. Meine Schwägerin lebt noch in Prag, meine Schwiegereltern sind leider schon gestorben. Woher kommt Ihr großes Interesse an der tschechischen Literatur? Zimmermann: Ich sage immer, meine bessere Hälfte ist tschechisch, also habe ich auch aus Trotz heraus gegen diese kommunistische Polizei an der tschechischen Sache und der tschechischen Literatur festgehalten. Und das hat mein wissenschaftliches Arbeiten sehr beeinflußt. Mit Kafka habe ich mich schon
als Abiturient beschäftigt. Dann habe ich eine Max-Brod-Werkausgabe gemacht. Ein zweiter Ansporn kam durch meine Bekanntschaft mit dem Übersetzer Eckard Thiele nach der Wende. Mit ihm zusammen habe ich dann die Tschechische Bibliothek herausgegeben, finanziert von der Bosch-Stiftung, die dafür insgesamt 800 000 Euro zur Verfügung gestellt hat. Wir haben insgesamt 33 Bände mit Werken tschechischer Schriftsteller in deutscher Sprache veröffentlicht. Ab 1997 haben wir jedes Jahr zwei Bände zur Frühjahrsmesse in Leipzig und zwei Bände zur Herbstmesse in Frankfurt/Main publiziert. Es gab ein herzliches Verhältnis zu den Leuten von der Bosch-Stiftung. Den ersten Band der Tschechischen Bibliothek haben wir auf der Prager Burg bei einem Empfang vorgestellt. Leider war Präsident Václav Havel nicht dabei, aber wir haben den Kanzleichef kennengelernt. Den letzten Band haben wir dann im Schloß Bellevue Bundespräsident Horst Köhler überreicht, als Eckard Thiele für seine Verdienste um die deutsch-tschechische Verständigung das Bundes-
verdienstkreuz verliehen bekommen hat. Wie haben Sie als sein Doktorvater Eckard Thiele erlebt, der leider bereits 2018 im Alter von 74 Jahren verstorben ist? Zimmermann: Eckard Thiele hatte ein nicht einfaches Leben. Er war wegen einer Erkrankung an Kinderlähmung schon früh an den Rollstuhl gefesselt und hatte es auch politisch nicht einfach. Er war zum Beispiel sehr mit der Schriftstellerin Sarah Kirsch befreundet, die die DDR 1977 verlassen hat. In den vergangenen Jahren haben Sie auch die deutsche Gesamtausgabe der Werke Jiří Grušas im Wieser Verlag betreut und auch hier zu jeder Buchmesse einen Band herausgebracht, zuletzt die „Gebrauchsanweisung für Tschechien“ als Zusatzband. Wie kamen Sie zu Gruša? Zimmermann: Ich habe 1990 in Marbach ein Kafka-Colloquium über die kritische Ausgabe des „Prozeß“-Romans abgehalten. Und da konnte ich zum ersten Mal Tschechen einladen. Und da kam Jiří Stromšík und hat einen tollen Vortrag gehalten, warum der „Prozeß“-Roman
3 für die Prager während der kommunistischen Zeit keine Literatur war, sondern eine realistische Tageszeitung. Die Tschechen mußten sich einen Ruck geben: Nein, das ist ein Roman! Folgendes stand darin: Es geht alles nur mit Beziehungen. Frauen haben bessere Chancen bei der Bürokratie als Männer. Wenn Du nicht verhaftet bist, heißt das nicht, daß du nicht jederzeit verhaftet werden kannst. All das, was einem westdeutschen Leser surrealistisch vorkommt, war für einen Prager Leser Realismus. Und da habe ich auch Gruša eingeladen. Gruša sprach über Milena Jesenská (siehe auch Sudetendeutsches Gespräch mit Dr. Alena Wagnerová in der Sudetendeutschen Zeitung vom 21. Dezember 2021). Und nachher saß er da allein, ich habe mich zu ihm gesetzt. Und da hat er gesagt, es ist etwas Furchtbares passiert. Was denn um Gottes Willen, fragte ich. „Ich muß Botschafter werden. Und mein Freund Václav Havel hat gesagt, du mußt das machen, und ich habe ihm gesagt, dann komme ich doch nicht zum Schreiben. Und da bekam Havel einen Wutanfall, glaubst du ich komme jetzt zum Schreiben?“ Nachdem ich das unter den Anwesenden erzählt hatte, bildete sich eine Traube um Gruša, man wollte den kommenden Botschafter kennenlernen. Ich habe ihn dann immer wieder gesehen. Nach seinem frühen Tod 2011 kam seine Gattin Sabine Gruša auf mich zu und bat mich um die Betreuung der deutschen Ausgabe, was ich gerne gemacht habe. An wen denken Sie noch beim Blick auf die deutsch-tschechischen Beziehungen? Zimmermann: Ich muß an Peter Demetz denken, mit dem ich neben Jiří Gruša vor allem die Tschechische Bibliothek herausgegeben habe. Ihm begegnete ich schon in den 1970er Jahren in Berlin (West). Er war damals als amerikanischer Literaturprofessor schon Mitglied der Akademie der Künste. Und er wird in diesem Oktober 100 Jahre alt. Und an Lenka Reinerová, die ich 1987 zu einer Konferenz einlud, ohne sie zu kennen, sie dann aber noch eindrücklich kennenlernen durfte, als letzte deutschsprachige Prager Schriftstellerin. Was verbindet diese Menschen? Zimmermann: All diese Menschen sind gestört, verstört, beschädigt worden durch dieses miese 20. Jahrhundert. Die Nazizeit, die Kommunisten, die Verfolgungen, die Ermordungen und die Vertreibungen nicht zu vergessen, auch die Vertreibungen der Sudetendeutschen, all diese furchtbaren Sachen, die damals passiert sind, haben Spuren hinterlassen. Und die sind alle davon beeinflußt worden. Gruša auf seine Weise, Demetz der 1948 über die grüne Grenze nach Bayern ist, und der es irgendwo bellen hörte und deshalb seinen Koffer irgendwo stehen ließ und weglief. Und wenn ich mit meiner Frau durch den Böhmerwald marschiere, denke ich immer, vielleicht finden wir ja den Koffer von Demetz noch. Das ist das Traurige an all diesen Dingen. Ulrich Miksch
Tschechisches Finanzministerium veröffentlicht aktuelle Zahlen
Lukrativer EU-Beitritt: 40 Milliarden Euro für Tschechien Tschechien profitiert massiv vom 2004 erfolgten Beitritt in die Europäische Union, belegen Zahlen, die das tschechische Finanzministerium am Freitag veröffentlicht hat.
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So profitiert Tschechien von der EU. Grafik: Vlada.CZ/Finanzministerium
n den ersten sechs Monaten dieses Jahres hat Tschechien bereits 23,5 Milliarden Kronen, also knapp eine Milliarde Euro, mehr von der EU erhalten, als das Land an das Staatenbündnis
überwiesen hat, gab das tschechische Finanzministerium am Freitag bekannt. Davon erhielt Tschechien allein 7,7 Milliarden Kronen (312 Millionen Euro) aus dem Programm NextGeneration EU, dem 800 Milliarden Euro schweren Aufbauprogramm nach der Corona-Pandemie. Damit solle, so die EU, ein „grüneres, stärker digital ausgerichtetes und krisenfesteres Europa“ entstehen.
Schwerpunkte dieses EU-Programms sind Investitionen in Forschung und Innovation im Rahmen von „Horizont Europa“, „eine faire Klimawende und eine faire Digitalisierung über den Fonds für einen gerechten Übergang und das Programm Digitales Europa, eine bessere Prävention, Vorsorge und Reaktion bei Katastrophen über das Program rescEU sowie das neue Gesundheitsprogramm EU4Health.
Weitere Ziele, die die EU mit dem größten Innovationspaket aller Zeiten anstrebt, sind die Modernisierung traditioneller Politikbereiche wie Kohäsionspolitik und Gemeinsame Agrarpolitik, der Klimaschutz, für den mit 30 Prozent der EU-Mittel so viel wie noch nie im EU-Haushalt vorgesehen sind, der Schutz der Artenvielfalt und die Gleichstellung der Geschlechter. Insgesamt hat Tschechien
seit seinem Beitritt in die EU im Jahr 2004 massiv von der Europäischen Union profitiert. So erhielt Tschechien rund 40 Milliarden Euro mehr aus den EU-Finanztöpfen als das Land selbst eingezahlt hat. Umgerechnet auf den einzelnen Bürger hat jeder Tscheche damit 4000 Euro erhalten. Dagegen hat Tschechien eine Beitragsklausel selbst noch immer nicht erfüllt – die Einführung des Euros. TF
4 Bis Sonntag, 4. Dezember, dienstags bis sonntags 10.00 bis 18.00 Uhr: Sonderausstellung „Allerley kunststück. Reliefintarsien aus Eger". Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München. Bis Freitag, 23. Dezember, montags bis donnerstags 10.00 bis 17.00 Uhr, freitags 10.00 bis 12.00 Uhr, Sudetendeutsche Landsmannschaft Bundesverband, Ausstellung: „Gemeinsam für die Heimat“. Sudetendeutsches Haus, SL-Bundesgeschäftsstelle, 1. Stock, Hochstraße 8, München. Freitag, 5. August, 17.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Stuttgart: Feier zur Charta der deutschen Heimatvertriebenen. Begrüßung: UdVF-Landesvorsitzende MdB a. D. Iris Ripsam. Festrede: MdB und Staatssekretär a.D. Stephan Mayer. Musikalische Umrahmung: Bläserquartett Feuerbach. Vorhof des Neuen Schlosses, Schloßplatz, Stuttgart. Anmeldung: Waltraud Illner, Telefon (07 11) 86 32 58, eMail illner@sudeten-bw.de Mittwoch, 11. August, 17.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Stuttgart: Tagesausflug nach BadenBaden und zum Merkur. Anmeldung: Waltraud Illner, Telefon (07 11) 86 32 58, eMail illner@sudeten-bw.de Sonntag, 14. August, 9.30 bis 17.00, Kulturverband der Südmährer: „Südmährer Kiritog“. 9.30 Uhr: Heilige Messe mit Prälat Karl Rühringer; 10.30 Uhr: Totengedenken; 11.00 Uhr: Frühschoppen mit den Original Hochund Deutschmeistern; 14.00 Uhr: Einzug und Auftanz, danach allgemeiner Tanz mit Auftritten der „Stodltaunza“. Weinviertler Museumsdorf, Niedersulz 250, Niedersulz, Österreich. Montag, 15. August (Maria Himmelfahrt), 10.00 Uhr, Kulturverband der Südmährer: Gedenkkundgebung am Znaimer Heimatdenkmal. Dorfstraße 2, Unterretzbach, Österreich. 17 Uhr: Deutsche Messe, St. NiklasKirche in Znaim mit Heimatpriester Dominicus Franz Hofer. Sonntag, 21. August, 14.00 Uhr: Tag der offenen Tür. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 21. August bis Freitag, 30. September, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Ausstellung „Niemandsland, Czernowitz-Butscha 2022 – Arbeiten der ukrainischen Künstlerin Olha Tregubova“. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Sonntag, 21. August bis
AKTUELL · TERMINE VERANSTALTUNGSKALENDER Freitag, 28. Oktober, Stiftung niederlegung). Anmeldung bis Gerhart-Hauptmann-Haus: zum 1. September unter office@ Ausstellung „Sammlung neu gudrunkugler.at Samstag, 17. bis Sonntag, entdeckt II. Ausgewählte Portraits aus der ,Ostdeutschen Ar- 18. September, Adalbert Stifter Böhmerwaldseminar. tothek´“. Gerhart-Hauptmann- Verein: Haus, Bismarckstraße 90, Düssel- Ein Themenschwerpunkt ist der 2023 anstehende 100. Geburtstag dorf. Mittwoch, 31. August, von Otfried Preußler. Der Ger18.00 Uhr, Stifmanist Carsten tung GerhartGansel stellt Hauptmannseine neue Haus: „RuPreußler-BioWegen der Sommerpause ermänien – ein grafie „Kind scheint die nächste Ausgabe der Schnellkurs einer schwieSudetendeutschen Zeitung am zu Geschichrigen Zeit“ 26. August. Wir wünschen allen te und Gegenvor. Der AusLandesleuten einen schönen Urwart“. Refesiger Germalaub und eine gute Erholung. rent: Prof. Dr. nist und grenzWinfrid HalVerlag und Redaktion überschreitender. Gerhartde Aktivist Jan HauptmannKvapil beschäfHaus, Bismarckstraße 90, Düssel- tigt sich mit der literarischen Bedorf. ziehung zwischen Preußler und Sonntag, 4. September, seinem Vater. Kulturzentrum in 12.00 Uhr, BdV, Ackermann-Ge- Taus (Kulturní Centrum Pivovar, meinde Bamberg, SL-Bezirks- Pivovařská 10, Domažlice). Samstag, 17. bis Samstag, gruppe Oberfranken: Vertriebenenwallfahrt nach Gößwein- 24. September, Ackermann-Gestein. Gottesdienst mit dem meinde: Zu Fuß durch NordVertriebenenbeauftragten Pfar- böhmen: deutsch-tschechische rer Monsignore Herbert Haut- Pilgerwanderung von Aussig mann. Anmeldung von Gruppen nach Altbunzlau. Anmeldung bei Margaretha Michel, Telefon und weitere Informationen unter (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@ eMail muenchen@ackermanngemeinde.de familie-michel.net Freitag, 9. September, 17.00 Sonntag, 18. September, Uhr (Nachholtermin): „Alles, 11.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Stuttwas wir nicht erinnern. Zu Fuß gart: „Vertreibungen und Deauf dem Fluchtweg meines Va- portation ächten – Völkerverters“. Buchvorstellung mit Chri- ständigung fördern“. 11.00 Uhr: stiane Hoffmann. Haus der Ge- Gedenkveranstaltung am Mahnschichte, Museumsmeile, Willy- mal im Kurpark Bad Cannstatt, Brandt-Allee 14, Bonn. Königsplatz, Stuttgart. 14.00 Samstag, 10. September, Uhr: Volkstumsnachmittag in 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Stutt- der Liederhalle Beethovensaal, gart-Weilimdorf: Monatsnach- Berliner Platz 1, Stuttgart. Anmittag. Haus der Begegnung, meldung: Waltraud Illner, TeGiebelstraße 14, Stuttgart. An- lefon (07 11) 86 32 58, eMail meldung: Waltraud Illner, Te- illner@sudeten-bw.de Dienstag, 20. September, lefon (07 11) 86 32 58, eMail Stiftung Gerhart-Hauptmannillner@sudeten-bw.de Montag, 12. September, Haus: „111 Gründe, Polen zu lie18.00 Uhr, Stiftung Gerhart- ben“. Lesung und Gespräch mit Hauptmann-Haus: „Schwar- Dr. Matthias Kneip. Gerhartze Erde. Schwere See – Ein Ka- Hauptmann-Haus, Bismarckstraleidoskop der Ukraine“. Auto- ße 90, Düsseldorf. Donnerstag, 22. Septemrengespräch mit Jens Mühling. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bis- ber, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Anmarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 17. Septem- gekommen. Aber wie? – Inteber, ab Wien 7.30 bis 19.00 Uhr, gration von (Spät-)Aussiedlern Verband der deutschen alt- am Beispiel der Siebenbürger österreichischen Landsmann- Sachsen“. Diskussionsabend unschaften (VLÖ) und National- ter anderem mit Heiko Hendriks ratsabgeordnete Dr. Gudrun (Beauftragter der LandesregieKugler (ÖVP): Exkursion zu Os- rung für die Belange von deutkar Schindlers Fabrik in Brünn- schen Heimatvertriebenen, Auslitz. Weitere Programmpunk- siedlern und Spätaussiedlern). te: Laa/Thaya (Südmährisches Gerhart-Hauptmann-Haus, BisHeimatmuseum Thayaland), marckstraße 90, Düsseldorf. Dienstag, 27. SeptemBrünn sowie Pohrlitz (Kranz-
Sommerpause
ber, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Babyn Yar – und der Krieg in der Ukraine“. Vortrag von Dr. Anatoly Podolsky, Zentrum für Holocaust-Forschung der Ukraine. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Mittwoch, 28. September, 19.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „… nachdem die Welt meiner eigenen Sprache für mich untergegangen war … – Stefan Zweig (1882– 1942) im Exil“. Vortrag mit Textbeispielen zum 80. Todestag mit Dr. Katja Schlenker und Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 1. bis Montag, 3. Oktober: Heimatgruppe Sandau und Umgebung: Sandauer Heimattreffen in der Patenstadt Arzberg und in Sandau. Samstag: Besichtigung der Sandauer Heimatstube im neuen Bügerhaus, anschließend Empfang der Stadt Arzberg und Heimatabend im Katholischen Vereinshaus. Sonntag, 10.30 Uhr: Festgottesdienst in Arzberg, nach dem Mittagessen Fahrt nach Eger. Montag, 10.00 Uhr: Heimatgottesdienst in Sandau in der St.-Michaels-Pfarrkirche. Dienstag, 4. Oktober, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Bunte (Noten-) Blätter. Traditionelles Herbstkonzert im Eichendorff-Saal“. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Freitag, 7. Oktober, 18.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Preußen und sein Osten in der Weimarer Republik“. Buchvorstellung mit Prof. Dr. Manfred Kittel und Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 15. Oktober, 10.30 Uhr, BdV Bayreuth: Tag der Heimat in Fichtelberg-Neubau. Festredner: Christian Knauer, Vorsitzender BdV Bayern. Buszubringer: Pegnitz-Wiesweiher: 9.00 Uhr; Bayreuth Bahnhof: 9.30 Uhr. Anmeldung bei Margaretha Michel, Telefon (0 92 41) 36 54 oder eMail mail@familiemichel.net oder bei Rita Tischler, Telefon (09 21) 41 75. Samstag, 16. Oktober, 14.30 Uhr, BdV-Kreisverband Limburg-Weilburg: Tag der Heimat. Festrederin: Margarete Ziegler-Raschdorf, Beauftragte der Landesregierung für Vertriebene und Spätaussiedler. Musikalische Umrahmung: Egerländer Maderln. Bürgerhaus, Hauptstraße 19, Weilmünster.
Studienreise nach Passau
Krisen in Europa – Europa in der Krise Montag, 22. bis Sonntag, 28. August: „Krisen in Europa – Europa in der Krise.“ Veranstaltung für historisch-politisch Interessierte aus Deutschland und Polen. Als dieses Seminar und dessen Titel Ende 2021 entworfen wurden, beherrschten noch die Coronapandemie und deren Auswirkungen die politische Agenda in Europa und dem Rest der Welt. Zudem wurde in der Europäischen Union um Einigkeit gerungen, da es insbesondere in Polen und Ungarn Rechtsstaatsprobleme gab, so daß Zwangsmaßnahmen, etwa die Einbehaltung von Geldern aus dem Corona-Wiederaufbaufonds, diskutiert beziehungsweise in die Wege geleitet wurden. Mit dem 24. Februar 2022, dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, hat sich die Lage substanziell geändert. Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten stehen vor bisher nicht gekannten Problemen. Mittlerweile wurden Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen, viele davon in Polen und den anderen mitteleuropäischen Staaten. Zusätzlich wurden gegen Rußland Wirtschaftssanktionen beschlossen und Militärhilfen für die Ukraine gestartet. Besonders engagiert hierbei war Polen, vielfach gebremst hat Ungarn. Wichtige Beschlüsse können im Europäischen Rat, dem durch Staatsund Regierungschefs repräsentierten Entscheidungsgremium, nur einstimmig getroffen werden. Bisher war bei den Ukraine-Maßnahmen diese Einstimmigkeit gegeben, aber die Gefahr ist groß, daß diese Geschlossenheit aufbricht, wenn die fehlenden Gas- und Erdöllieferungen aus Rußland in der EU ab diesem Herbst zu massiven Versorgungsproblemen führen. Die Diskussion über mögliche Folgen für Europa und dessen Bürger ist Teil dieses Seminars. Anmeldung unter eMail info@heiligenhof.de Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de
Das religiöse Erbe des Deutschen Ostens Mittwoch, 5. bis Donnerstag, 6. Oktober: Studienreise: Dem religiösen Erbe des „Deutschen Ostens“ auf der Spur: Das Kloster der Deutschordensschwestern St. Nikola in Passau und die Benediktinerabtei Kloster Rohr. Die zweitägige Reise findet auf Initiative des Vereins der Förderer des Hauses des Deutschen Ostens in München e. V. und in Kooperation mit der Sudetendeutschen Heimatpflege statt. Es war kein Zufall, daß das Kloster St. Nikola in Passau nach dem Zweiten Weltkrieg dem Schlaf entstieg, in den es die Säkularisierung versetzt hatte. Schwestern des Deutschen Ordens, die der Vertreibung zum Opfer gefallen waren, leiteten unter Oberin Ama-
ta Grüner (1893–1964), die 1942–1945 Provinzoberin der Deutschordensschwestern in Troppau/Opava (MährischSchlesien) war, den Wiederaufbau ein. Auch das Kloster in Rohr nahe Weltenburg verdankt seine Wiederauferstehung ähnlichen Umständen. Der Reisepreis von 145 bis 170 Euro (je nach Teilnehmerzahl) beinhaltet sämtliche Busfahrten der beiden Tage und die Übernachtung im Doppelzimmer im Hotel MK in Passau inklusive Frühstück und Abendessen. Anmeldung bis 31. August bei Rapp Busreisen, Maienweg 26, 89358 Kammeltal-Ettenbeuren. Telefon (0 82 23) 62 73, Fax (0 82 23) 9 05 11, eMail info@rapp-busreisen.de
Sudetendeutsche Zeitung Folge 31 + 32 | 5. 8. 2022
Christa Naaß am Stand der Seliger-Gemeinde
Foto: Seliger-Gemeinde
Rede von Christa Naaß beim Brünner Versöhnungsmarsch
Ein Gedenken, das Versöhnung möglich macht Auch beim 17. Versöhnungsmarsch anläßlich des Meeting Brno 2022 (siehe Seite 5) war die Seliger-Gemeinde vor Ort.
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icht nur der Versöhnungsmarsch bot Anlaß, auch die Begründung der Partnerschaft der beiden Regionen Südmähren und Mittelfranken war ein Grund, nach Brünn zu kommen. So freute sich Christa Naaß als Präsidiumsmitglied der Seliger-Gemeinde, aber auch als Vizepräsidentin des mittelfränkischen Bezirkstages, an diesen Feierlichkeiten teilnehmen zu können. „Denn es geht bei einer Partnerschaft auch um das Erinnern an die gemeinsame Geschichte, an das Unrecht des von Deutschland ausgegangenen Zweiten Weltkrieges, an das Unrecht von Flucht und Vertreibung das folgte. Und es geht darum, als Gesellschaft, als Politik die richtigen Schlüsse für die Problemstellungen der Gegenwart und der Zukunft zu ziehen“, so die Worte in ihrer Begrüßungsrede. „Hier in Pohrlitz gedenken wir voller Trauer und Schmerz der vielen Opfer – ältere Menschen, Frauen und Kinder –, aber auch der Menschen, die den Todesmarsch überlebt haben und mit dem Erlebten leben lernen mußten. Dieses gemeinsame Gedenken ist ein großer gemeinsamer Schritt und macht Versöhnung möglich. Dafür bin ich dankbar!“, sagte Naaß zum Auftakt des Versöhnungsmarsches. Sie freute sich in ihrer Funktion als Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates über die Teilnahme so vieler sudetendeutscher Landsleute aus Bayern, Baden-Württemberg und anderen Bundesländern am Versöhnungsmarsch. Für Christa Naaß ein wichtiges Zeichen der Aussöhnung, des Miteinanders. „An diesem Ort wird es einem noch mehr bewußt, wie wichtig ein gemeinsames Eintreten für unsere wichtigsten Werte ist: Für Frieden und Freiheit, für Demokratie und Menschlichkeit.“ Nach dem Versöhnungsmarsch war die Seliger-Gemeinde wieder mit einem Info-Stand am Meeting Brno im Augustinergarten in Brünn vertreten. Mit aktuellen Informationen zur Arbeit der Seliger-Gemeinde, unter anderem der neuen Ausstellung „Böhmen liegt nicht am Meer“ sowie dem bei den Besuchern beliebten Büchertisch mit Beispielen zur tschechisch-deutschen Literatur, präsentierte sich das Standteam den Besuchern.
In Brünn, bei der Schlußkundgebung, ergriff Christa Naaß als Vizepräsidentin des mittelfränkischen Bezirkstages ebenfalls das Wort. Zum ersten Mal beim Versöhnungsmarsch dabei erklärte sie tief berührt: „So ein Gedenken prägt sich ein und macht einem mehr denn je bewußt: Immer dann, wenn nationalistisches Denken die Oberhand bekommt, wenn Minderheiten ausgegrenzt werden, das Selbstbestimmungsrecht der Völker mißachtet wird, kommt es zu Ausgrenzungen, zu Menschenrechtsverletzungen, zu Vertreibungen, im schlimmsten Fall zu Krieg“.
Rede von Botschafter Andreas Künne, im Hintergrund Christa Naaß. Naaß weiter: „Hier am Mendelplatz, im Augustinergarten, gedenken wir der über 20 000 Menschen, die aus der Stadt getrieben wurden – alte Menschen, Frauen und Kinder. Viele Hunderte starben auf dem Weg an Erschöpfung, Durst, Krankheit oder wurden getötet. Wir gedenken aber auch der Menschen, die den Todesmarsch überlebt haben und mit dem Erlebten leben lernen mußten. Für dieses gemeinsame Gedenken bin ich sehr dankbar. Denn es ist ein großer gemeinsamer Schritt und macht Versöhnung möglich.“ In ihrer Rede schlug die Bezirkstagsvizepräsidentin auch den Bogen in die Gegenwart und erinnerte an die Menschen in der Ukraine, die durch den Angriffskrieg Putins großem Leid ausgesetzt sind: „Die Menschen in der Ukraine brauchen unsere Unterstützung jetzt, aber auch später beim Wiederaufbau des Landes.“ Aus den schlimmen Erfahrungen der Kriege des 20. Jahrhunderts hätten alle gehofft, daß Krieg, Flucht und Vertreibung keinen Platz mehr in Europa haben. „Wir hatten uns getäuscht“, bedauerte Naaß und erklärte: „Umso wichtiger ist es, daß Deutschland und Tschechien, daß die Partner in Europa zusammenstehen, sich helfen und unterstützen und weiter für ein friedliches Europa kämpfen.“
Sudetendeutsche Zeitung Folge 31 + 32 | 5. 8. 2022
AKTUELL · KOLUMNE
5 Mut tut gut
Was heißt glauben?
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Angeführt von der Europaflagge machen sich die Teilnehmer am Versöhnungsmarsch von der Gedenkstätte in Pohrlitz auf die 32 Kilometer lange Strecke Richtung Brünn. Kleines Foto: Mit 160 Landsleuten sind die Landsmannschaften Bayern und Baden-Württemberg in diesem Jahr nach Brünn gereist. Fotos: Karel Pažourek
Mit 160 Landsleuten nahmen die Landsmannschaften Bayern und Baden-Württemberg am Brünner Versöhnungsmarsch teil
Die gemeinsame Erinnerung ist ein ermutigendes Zeichen der Versöhnung „Wir hatten sommerliche Bekleidung, und an Raststationen gab es Getränke und Verpflegung. Außerdem konnte man jederzeit den Bus nehmen“, so Steffen Hörtler, SL-Landesobmann Bayern, nach dem 32 Kilometer langen Marsch am Abend im Garten der Abtei am Brünner Mendel-Platz.
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und 32 Kilometer bei 38 Grad waren eine große körperliche Herausforderung“, so auch Hans Knapek, Vorstandsvorsitzender des SSBW. Beiden ist bewußt geworden, welche Qualen die Menschen, die ohne Getränke, Essen und Pausen diesen Weg 1945 aus Brünn heraus gehen mußten, erlitten haben. „Gerade deshalb“, so Knapek weiter, „ist es ein ermutigendes Zeichen, daß nun schon seit vielen Jahren Deutsche und Tschechen diesen Marsch ins Leben zurück in entgegengesetzter Richtung gehen.“ Besonders motivierend für alle Teilnehmer waren die bewegenden und dankbaren Worte von Botschafter Andreas Künne bei der Abschlußkundgebung, wo er neben Christa Naaß (siehe Seite 4), die auch in ihrer Funktion als Vizepräsidentin des Bezirkstages Mittelfranken teilnahm, und Dr. Alexandra Sußmann, Bürgermeisterin in Stuttgart, als deutscher Vertreter sprach. Am Morgen waren zum Start des Marsches die Teilnehmer an der Gedenkstätte in Pohrlitz vom dortigen Bürgermeister Miroslav Nowák und Petr Kalousek, dem Organisator von Meeting Brno, begrüßt worden. Am Vorabend waren aus Deutschland insgesamt drei Busse mit 160 Landsleuten aus den beiden größten SL-Landesgruppen Bayern und BadenWürttemberg angereist. Klaus Hoffmann, SL-Landesobmann Baden-Württemberg, war hoch erfreut, daß auch er mit einer großen Gruppe ins bereits bekannte Hotel International in der Brünner Innenstadt anreisen konnte. Am ersten Abend konnten die beiden Landesobmänner Hörtler und Hoffmann nicht nur ihre Landsleute begrüßen, sondern auch langjährige Freunde aus Brünn, so Milan Neužil vom BGZ Brünn, Prof. Dr. Zdeněk Mareček und Dr. Vojen Drlík von der Masaryk-Universität Brünn sowie Schwester Edith Breindl, die als Mädchen den Todesmarsch miterleben mußte und nach dem Ende des Kommunismus nach Brünn zurück gegangen ist.
Beim Start des Versöhnungsmarsches an der Gedenkstätte in Pohrlitz (von links): Klaus Hoffmann, Daniel Hermann, Steffen Hörtler, Christa Naaß und Christian Knauer.
Der deutsche Botschafter Andreas Künne und Petr Kalousek von Meeting Brno am Mahnmal im Brünner Abtei-Garten. Im Hintergrund: Steffen Hörtler und Hans Knapek. Der Samstag stand ganz im Zeichen des Marsches, auch wenn nicht alle Landsleute die gesamte Strecke mitgehen konnten. So nutzten viele der mitangereisten Brünner die Zeit bis zur Schlußkundgebung, um sich auf die Spuren ihrer Kindheit zu begeben und den anderen Reiseteilnehmern aus erster Hand über das damalige Leben in einer Stadt, die immer deutsch, tschechisch und jüdisch geprägt war, zu berichten. Es gab Freude über viel Erhaltenes, aber auch Wehmut über Verschwundenes. Der Sonntagmorgen begann mit einem Gedenken am Kaunitz-Kolleg, in dem während der NS-Zeit unzählige Tschechen inhaftiert waren und Folter erleiden mußten. Viele verloren auch ihr Leben. Von sudetendeutscher Seite
waren alle mitangereisten Landsleute, so auch die Heimatpflegerin Christina Meinusch und der BdV-Landesvorsitzende von Bayern, Christian Knauer, anwesend. Auch der deutsche Botschafter, die Stuttgarter Bürgermeisterin und die Vizepräsidentin des Bezirkstags gedachten neben dem früheren tschechischen Kulturminister und Schirmherrn des Festivals „Meeting Brno“, Karls-Preisträger Daniel Hermann, der Opfer. Nach Kriegsende waren hier auch Deutsche inhaftiert. Es ist ein ermutigendes Zeichen, daß Deutsche und Tschechen gemeinsam an ihre Toten erinnern. Danach erwartete alle Teilnehmer ein kulturell-geistiger Höhepunkt, der große Festgottesdienst zu Ehren des 200. Geburtstages von Johann Gregor Mendel in der Kirche Mariä Himmel-
fahrt, direkt in der Klosteranlage. In dem prachtvollen Ambiente mit einer phantastischen Akkustik erklangen Meisterwerke europäischer Musik. Zelebriert wurde die Festmesse in Tschechisch, Spanisch, Deutsch und Latein. Unter den Zelebranten war der Würzburger Pfarrer Klaus Öhrlein, und Schwester Edith las die deutschen Fürbitten. Anschließend begleiteten die Professoren Mareček und Drlik sowie Dr. Eleonore Jeřábková die Landsleute nach Austerlitz, einem wichtigen Schauplatz europäischer Geschichte. Napoleon stand hier den kaiserlichen Truppen aus Wien und St. Petersburg gegenüber. In eindrucksvollen Worten führten die drei Experten in großer Detailkenntnis in das damalige Geschehen ein. Nach der Rückkehr in Brünn stand der Besuch einer deutsch-tschechischen Podiumsdiskussion zum gemeinsamen kulturellen Erbe auf dem Programm, an der auf deutscher Seite unter anderem Dr. Peter Becher, der Vorsitzende des Adalbert Stifter Vereins, teilnahm. Ein Konzert als Reminiszenz an ein von Hugo Iltis vor 100 Jahren aus Anlaß des 100. Geburtstages von Mendel veranstaltetes Programm rundete dieses völkerverbindende Wochenende in Mährens Landeshauptstadt ab. Beim letzten gemeinsamen Essen zogen die Landesobmänner Steffen Hörtler und Klaus Hoffmann ein höchst zufriedenes Resümee. Ein großer Dank ging an alle Teilnehmer, denn die mehr als hochsommerlichen Temperaturen verlangten allen viel ab, an die tschechischen Politiker, die die Veranstaltung unterstützt hatten, wie an den südmährischen Bezirkshauptmann Jan Grolich sowie an den Deutschen Botschafter Andreas Künne. Ein weiterer besonderer Dank galt der Landesgeschäftsstelle Bayern, die die gesamte Fahrt komplett organisierte hatte, sowie für die finanzielle Förderung dem Haus des Deutschen Ostens, dem Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, dem Bundesministerium des Innern und für Heimat sowie dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfond. Einig waren sich die Teilnehmer vor allem in einem Punkt: Auch wenn sicherlich noch einiges zu tun ist in der gemeinsamen geschichtlichen Aufarbeitung, so ist doch gerade dieser Versöhnungsmarsch ein großartiges Zeichen. Andreas Schmalcz
enn ich als Seelsorger mit älteren Menschen ins Gespräch komme, dann höre ich nicht selten beeindruckende Glaubenszeugnisse. Es fallen Sätze wie „Der Glaube war mir immer eine Stütze.“ oder „Hätte ich keinen Glauben gehabt, wäre ich schier verzweifelt.“. Oft stehen diese Sätze am Ende von Schilderungen über große Schwierigkeiten oder leidvolle Erfahrungen. Solche Zeugnisse sind für mich überaus wertvoll. Durch sie bekomme ich in meinem manchmal müden Glauben neue Kraft. Doch was heißt glauben eigentlich? An diesem Sonntag ist in den Gottesdiensten eine Lesung aus dem Hebräerbrief zu hören. Dort steht: „Glaube ist Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht.“ Ich finde, daß es sich lohnt, dieses Schriftwort etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Autor des Hebräerbriefes verbindet zuerst den Glauben mit einer weiteren Grundhaltung unseres Lebens, der Hoffnung. Verkürzt formuliert bringt er zum Ausdruck: ohne Glauben keine Hoffnung. Ist diese Behauptung durch unser Leben gedeckt? Sicher gibt es in unserer menschlichen Existenz eine ganze Reihe von Gründen, die uns zur Hoffnung motivieren. Dabei stellt sich aber die Frage, was mit Hoffnung gemeint ist. Landläufig verbindet sich mit diesem Wort die Erwartung, daß es immer irgendwie weitergeht, auch wenn es im Moment gerade schwierig sein mag. Gewiß ist auch das eine Hoffnung, aber es ist nicht die eine große Hoffnung, auf die sich unser Leben bezieht. Wir Menschen erwarten uns in der Tiefe unseres Herzens mehr, als daß es irgendwie weitergeht. Wir streben nach Glück, nach Angenommensein, nach Liebe, nach Vollendung. Darauf bezieht sich wohl unsere Hoffnung in ihrer tiefsten Bedeutung. Im Lateinischen gibt es das schöne Wortspiel: „Dum spiro, spero.“ Zu Deutsch: „Solange ich atme, hoffe ich.“ Wir hoffen mit jedem Atemzug, erst recht mit jedem Atemzug unserer Seele, nach einem Zustand, von dem wir kraft unserer Vernunft wissen, daß er in dieser Welt nur mit Einschränkungen erreichbar ist. An diesem Punkt können wir zu unserem Zitat aus dem Hebräerbrief zurückkehren. Im zweiten Teil heißt es dort: „Glaube ist ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht.“ Ich versuche das mit meinen Worten auszudrücken. Der glaubende Mensch erfährt in seinem Hoffen eine Wirklichkeit, die über sein eingeschränktes Dasein hinausgeht. Er darf spüren, daß sein Streben nach Glück, nach Angenommensein, nach Liebe und nach Vollendung nicht ins Leere geht. Im Glauben tritt in unserer Endlichkeit ein unendlich liebender Wille zutage, der nicht sichtbar, aber dennoch wahrnehmbar ist. Wir bezeichnen diesen unendlich liebenden Willen mit dem Wort Gott. Glaube ist in dieser Sichtweise mehr als das bloße Für-wahr-halten der Tatsache, daß Gott existiert. Es ist letztlich das Staunen über die Tatsache, daß uns Gottes liebender Wille ohne unser Zutun an so vielen Ecken und Enden begegnet. Ja, diese Erfahrung ist tatsächlich eine Stütze für das Leben. Und ohne sie wäre es manchmal wirklich zum Verzweifeln. Dr. Martin Leitgöb CSsR Seelsorger der Pfarrei Ellwangen-Schönenberg
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FORUM
Sudetendeutsche Zeitung Folge 31+32 | 5. 8. 2022
PERSONALIEN Am 5. August feiert die aus Gablonz stammende omnipotente Dolmetscherin und Übersetzerin Gudrun Heißig/Mieth 80. Geburtstag.
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erständigung der Völker braucht Sprachkompetenz. Deshalb ist die Sudetendeutsche Landsmannschaft froh über Gudrun Heißig. Als erfahrene Dolmetscherin und Übersetzerin vermittelt sie die Inhalte der immer häufigeren Gespräche bei wichtigen Veranstaltungen. Außerdem ist sie mit tschechischen Denktraditionen vertraut und kann hinsichtlich der Empfindlichkeiten beraten. Zu verdanken hat sie dies in erster Linie dem Schicksal ihrer Familie. Seit 1945 war ihre Familie zwangsverpflichtet, weil die Sprachkenntnis der Mutter für eine Exportfirma wichtig war. So wuchs sie mit deutscher Muttersprache in einer tschechischen Umgebung auf, besuchte tschechische Schulen und gelangte bis zum Abitur, von Lehrern für ihr perfektes Tschechisch gelobt. Anfängliche Animositäten gegen Deutsche wurden schwächer. Das Verbot, in der Öffentlichkeit deutsch zu sprechen, galt bis 1948.
Gablonzer Pfingstwunder auf zwei Beinen
Gudrun Heißig 80 Erst nach vergeblichen Versuchen in den fünfziger Jahren, verstärkt seit der 1960 wieder eröffneten Möglichkeit, nach Deutschland zu ziehen, und nachdem die Eltern als Arbeitskräfte uninteressant geworden waren, gelang es der Familie nach vierjährigem Behördenkrieg – begleitet von vorübergehenden Arbeitsverlusten und Verhören – 1964 nach Württemberg auszureisen, wo Verwandte lebten. Heißig begann in Stuttgart zu studieren, was sie in der Tschechoslowakei nicht gedurft hatte. So kam sie 1965 über die Gablonzer Gilde mit dem Arbeitskreis Sudetendeutscher Studenten (ASS) in Kontakt, damals in Gestalt von Widmar Hader, musikalischer Leiter der Südmährischen Sing- und Spielschar. Rasch verbreitete sich in der SL die Nachricht von einer perfekt zweisprachigen Spätaussiedlerin. 1965 verlas sie beim Sudetendeutschen Tag in Stuttgart ihre tschechische Übersetzung ei-
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Sudetendeutsche Zeitung mit Reichenberger Zeitung · Heimatbote · Heimatruf Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft wöchentlich (125,00 EUR im Jahr) Reichenberger Zeitung Nordböhmische Umschau 24 Ausgaben (62,50 EUR im Jahr) Neudeker Heimatbrief für die Heimatfreunde aus Stadt und Landkreis Neudek 12 Ausgaben (31,25 EUR im Jahr) mit folgendem Zahlungszeitraum: jährlich durch Lastschrift halbjährlich durch Lastschrift vierteljährlich durch Lastschrift
ner SdJ-Botschaft an die Jugend der Tschechoslowakei, von der diese wegen der Nachrichtensperre des Regimes nie etwas erfuhr. In München studierte sie Slawistik, wofür sie mit Tschechisch und Russisch wichtige Voraussetzungen mitbrachte. So hoffte sie, die Studienzeit entscheidend zu verkürzen. Um ihr Studium zu finanzieren, machte sie die schwierige staatliche Dolmetscherprüfung, mit der sie auch bei Gerichten dolmetschen konnte. 1968 heiratete sie den Paläontologen Kurt Heißig, ebenfalls ASS-Mitglied. Tschechische Intellektuelle und Studenten bildeten in München eine große Exilgruppe und benötigten ihre Dolmetscherdienste. Auch der ASS versuchte mit den Exulanten in Kontakt zu kommen, um die Grundlage für zukunftsweisende Gespräche zu legen. Er organisierte unter Gudrun Heißig im Oktober 1968 zum 50. Jahrestag der Staatsgründung der Tschechoslowakei zur moralischen Unterstützung der vom Verlust ihrer Freiheitsträume tief getroffenen
Studenten einen Gedenkmarsch, wo der Schriftsteller Vilém Hejl vom Klub ehemaliger politischer Häftlinge sprach. Wichtige SLAmtsträger, die die Gefühle der Studenten wenig interessierten, verurteilten die Aktion. Allerdings hatten auch die Studenten restlos genug von Politik, so daß die Kontakte nur noch privat anhielten. Heißig war vor allem Gerichtsdolmetscherin. Nach der Geburt ihrer vier Kinder blieb aber keine Zeit mehr für einen Studienabschluß. Ihre Tätigkeit wurde immer vielfältiger und umfangreicher, vor allem als sich die Verhältnisse in der Tschechoslowakei wieder lockerten. Für den Arbeitskreis Sudetendeutscher Jungakademiker, wie sich der ASS nun nannte, veranstaltete Heißig 1982 eine erste „Reise zu unseren Wurzeln“, organisiert nach den strengen kommunistischen Regeln. Ihr wurde das Visum verweigert. Zwei Jahre später konnte sie die zweite Reise selbst leiten. Weitere Reisen im Abstand von zwei bis drei Jahren folgten, bis der wachsende Individualtourismus sie unnötig machten.
Erst 1982 erfolgte – nach Verzögerungen auf Betreiben von Jörg Kudlich – die Aufnahme in die SL. Mit der wachsenden Selbständigkeit ihrer Kinder kam Heißigs Beruf immer mehr ins Laufen. Nach dem Mauerfall wurden die Kontaktflächen rasch größer: Firmen, Politiker und Straftäter tschechischer Sprache wurden auch in München aktiv. Dabei war vor allem ihre Fähigkeit, simultan zu dolmetschen, sehr geschätzt. Bis heute ist das Simultandolmetschen – und zwar stundenlang – ihre Stärke. Als Vorsitzende des Arbeitskreises Sudetendeutscher Akademiker richtete sie lange Zeit Seminare und Freizeiten und Vortagsveranstaltungen aus.
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olksgruppensprecher Bernd Posselt bringt seiner engeren Heimatfreundin aus Gablonz für ihre Lebensleistung und für ihr ungebrochenes Engagement große Bewunderung entgegen. „Als Aussiedlerin nach Deutschland gekommen, ist Gudrun nach wie vor tief in unserer gemeinsamen Isergebirgsheimat verwurzelt. Die Sprach- und Sachkenntnis dieser herausragenden Tschechischdolmetscherin und Verständigungsdiploma-
tin ist für sich genommen schon ein ansonsten unerreichtes Phänomen. Hinzu kommt ihre jahrzehntelange politische, menschliche und organisatorische Erfahrung. Als ,Pfingstwunder auf zwei Beinen‘ habe ich sie bezeichnet, weil sie bei sudetendeutschen Großereignissen wie dem Sudetendeutschen Tag die babylonische Sprachverwirrung rückgängig macht und oftmals zehn Stunden am Stück zwischen den beiden Sprachen der Böhmischen Länder, Tschechisch und Deutsch, hin- und herübersetzt, ohne das leiseste Anzeichen von Ermüdung. Ihre Herzlichkeit und ihre Gabe, Menschen zusammenzubringen, werden weithin gerühmt. Nie werde ich vergessen, wie sie 1994 nach meiner Wahl ins Europäische Parlament mich bei der Wahlparty gemeinsam mit ihrem Mann, Professor Kurt Heißig, mit einem ausführlichen selbst umgedichteten Lied in die politischen Schlachten in Straßburg entsandte, das mir bis heute Kraft gibt. Der Text war selbstverständlich in unserem Herkunftsdialekt Paurisch und sollte mir deutlich machen, daß ich nicht abheben, sondern meinen Wurzeln und Freunden treu bleiben solle. Gudrun ist dies jedenfalls immer gelungen. Und ich wünsche ihr zu ihrem viermal 20. Geburtstag von Herzen viel Glück, Gesundheit, erfolgreiches Schaffen und Gottes reichen Segen.“
Engagiertes Mitglied der Ackermann-Gemeinde aus Komotau
Wilhelm Platz† Am 7. Juli starb der aus Komotau stammende Wilhelm Platz, ein engagiertes Mitglied der Ackermann-Gemeinde, nach langer schwerer Krankheit mit 88 Jahren in Frankfurt am Main. Rudolf Friedrich, Ehrenvorsitzender der Ackermann-Gemeinde Hessen, gedenkt seiner.
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ilhelm Platz war heimatbewußt und kirchentreu. Das waren die Elemente, die ihn frühzeitig zur Ackermann-Gemeinde, die stets für Ausgleich und Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen eintrat, führte.
Hier übernahm er gerne Verantwortung, wurde in den Diözesanvorstand gewählt und war lange Zeit Stellvertretender Diözesanvorsitzender im Bistum Limburg. Platz wurde im April 1946 mit Mutter und Schwester aus der nordböhmischen Stadt Komotau vertrieben. Zunächst fand er in Mittelhessen Zuflucht, studierte in Marburg und schloß mit der Promotion zum Doktor der Philosophie ab. Im Frankfurter Stadtteil Zeilsheim gründete er mit Frau Mechtild eine Familie. In Wiesbaden leitete er das Büro des Stadtsynodalbeirates.
In der Ackermann-Gemeinde hat er zahlreiche Fahrten nach Polen und in die Tschechische Republik organisiert und geleitet. Er pflegte gute Verbindungen zur Katholischen Kirche in Schlesien und dem früheren Sudetenland. Zu mehreren Bischöfen dort hatte er einen sehr persönlichen Kontakt, was eine gute Voraussetzung für die Versöhnungsarbeit war. So hat sich Wilhelm Platz für Ausgleich und Verständigung über Gren-
zen hinweg verdient gemacht. Die Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande durch den Bundespräsidenten im Jahr 2017 hat dies gewürdigt. Die Akkermann-Gemeinde hat ihn 2004 mit der Goldenen Ehrennadel ausgezeichnet. Am Trauergottesdienst im Kaiserdom Sankt Bartholomäus nahmen der Landesvorsitzende Peter Hoffmann, das ExBundesvorstandsmitglied Herwig Steinitz und ich teil.
Name, Vorname
Komotauer Internet-Fachmann
Straße, Hausnummer Postleitzahl, Ort
Helmut Mürling 85
Telefon E-Mail Geburtsjahr, Heimatkreis Datum, Unterschrift Ich/Wir ermächtige/n die Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH (SVG), Hochstraße 8, 81669 München, Gläubiger-Identifikationsnummer DE04SVG00000003583, Zahlungen von meinem/unserem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein/weisen wir unser Kreditinstitut an, die von der SVG auf mein/unser Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Ich kann/Wir können innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Dabei gelten die mit meinem/unserem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen. Wenn sich meine Kontodaten ändern, teile ich dies der SVG unverzüglich mit.
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31+32/2022
Am 25. Juli feierte unser Komotauer Landsmann Helmut Mürling im oberfränkischen Bayreuth 85. Geburtstag. Heimatkreisbetreuerin Hedwig Gemmrig-Helmich gratuliert.
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elmut Mürling gehört seit Jahren zu den Stützen unseres Heimatkreises Komotau. Er ist Kreisratsmitglied und ist im Vorstand des Fördervereins Mittleres Erzgebirge – Komotauer Land. In der Nachfolge unserer geschätzten Kulturreferenten wie Walter Kult und Bruno Herr ist er heute zuständig für unsere Kultur. Seine Geburtsstadt Komotau kennt er wie kaum ein anderer. Das befähigt ihn in Verbindung mit seinen technischen Kenntnissen, die Sozialen Medien im Internet zu bedienen. Als Webmaster unserer Komotauer Seiten trägt er unsere Heimat und unsere Kultur hinaus in die weite Welt. Der Internetauftritt ist ein wahres Lexikon geworden und besonders für die Nachgeborenen eine Fundgrube über unsere Heimat. In der Komotauer Badgasse 35 kam Helmut als zweiter Sohn von Siegfried und Anna Mürling/Fel-
ber zur Welt. Sein Bruder Alfred feinkost-Kaufmann bei der war zehn Jahre älter. Sein Va- Nordsee Deutsche Hochseefiter betrieb einen Feinkost-Groß- scherei. Sein Beruf führte ihn und -Einzelhandel und war viel nach Bamberg, Bayreuth und Erunterwegs, die Mutter besorgte langen. 1994 endete sein Berufsdas Ladengeschäft. Das war nicht leben. Damals lebte Helmut mit weit vom Mannesmann-Röhren- Frau Christa, Tochter und Sohn werk entfernt. Helmut ging zwei in Erlangen, unserer Patenstadt. Jahre lang in die Knabenvolks- Er besuchte die Komotauer Heischule in der Gabelsberger Stra- matstube im Palais Stutterheim ße, wo ihn Oberlehrer Thomas und schloß sich der HeimatgrupThiel und Lehrerin Rosa Haupt- pe an. Die Mitarbeit im Heimatvogel unterrichteten. kreis begann. Der damalige HeiDer Vater war inzwi- matkreisbetreuer Kurt Stoupa schen zum Wehrdienst beauftragte ihn, die Internetseieingezogen worden. te www.komotau.de aufzubauen, Das Kriegsende traf die 2002 ins Netz ging. Das war die Familie hart. Alfred der erfolgreiche Komotauer Bemußte den Komotauer ginn im neuen Medium Internet. Todesmarsch am 9. JuSeit einigen Jahren leben die ni 1945 nach Deutsch- Mürlings im eigenen Haus in neudorf antreten. An- Hummeltal im Landkreis Bayschließend war er im reuth. Hier schloß er sich der SLZwangsarbeitslager Maltheuern Ortsgruppe Bayreuth an. Dieinterniert. Im Juli 1946, nach der se Gruppe wählte ihn 2009 zum Entlassung Alfreds, wurde die Ortsobmann. Dieses Amt führFamilie nach Sachsen vertrieben. te er bis 2012. In dieser Zeit entDer Vater, inzwischen aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt, holte die Familie nach Unterfranken. Helmut lernte Fisch- Ausschnitt aus dem Komotauer Internetauftritt.
stand unter seiner Regie eine eigene Homepage für Bayreuth, die er bis heute betreut. Außerdem kümmert er sich um den Internetauftritt des Heimatkreises Kaaden-Duppau. Die von ihm gegründete Facebook-Gruppe „Sudetendeutscher Heimatkreis Komotau“ hat 680 Mitglieder. Sie sind meist mittleren Alters aus der nachgeborenen Generation. In der Regel keine Leser der Heimatzeitung. Unser unermüdlicher Helmut machte mehrere Videos über unsere Heimat und das Sudetenland und stellte sie ins Netz. Sie sind überaus erfolgreich. Für diese ehrenamtliche, kreative Tätigkeit sind wir Helmut äußerst dankbar. Daß wir im Sozialen Netzwerk der SL gut vertreten sind, verdanken wir auch ihm. Dies würdigte die SL. Sie verlieh ihm 2015 das Große Ehrenzeichen und 2017 die RudolfLodgman-Plakette für seine Verdienste um unsere Volksgruppe. Wir gratulieren Helmut von Herzen und wünschen uns, daß er noch lange aktiv bleibt.
Sudetendeutsche Zeitung Folge 31+32 | 5. 8. 2022
AKTUELL
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Konrad Epple MdL, SL-Bundesfrauenreferentin Gerda Ott, Waltraud Illner, Stellvertretende Landesobfrau, Christa Vossschulte, Landtagsvizepräsidentin a. D., Christoph Zalder, Stellvertretender Landesobmann, Vinzenz Sliwka, für die Junge Generation im SL-Landesvorstand, Iris Ripsam, Stuttgarter Stadträtin, UdVF-Landesvorsitzende und ehemalige BdV-Landesvorsitzende, Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper, Bernd Posselt, Volksgruppensprecher und SL-Bundesvorsitzender, Rudolf Fischer, Obmann der Landesgruppe Berlin, Reinhold Frank, Vorsitzender des Landesverbandes der Heimat- und Trachtenverbände Baden-Württemberg, Reinfried Vogler, Ehrenpräsident der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen für Wissenschaft und Forschung, und Professor Dr. Armin Rosin, Träger des Großen SL-Kulturpreises 2003. Bilder: Nadira Hurnaus
� SL-Landesgruppe Baden-Württemberg
Wir sind die Wegbereiter der Zukunft Europas rer Vorsitzenden wie Wenzel nisse unermüdlich Brücken birge in die Sowjetische BesatJaksch, Rudolf Lodgman von geschlagen. Dann ließ er den zungszone vertrieben worden Auen oder Hans Schütz. Sudetendeutschen Tag in Hof und im thüringischen FinsterberZalder erinnerte an die Revue passieren. Dort ha- gen gestrandet. Sein Vater arranEichstädter Erklärung von be die SL mit Klaus Iohan- gierte die Flucht der Großeltern ine Woche zuvor war ein 1949 sowie an die Detmolder nis und Wolodymyjr Selenski in den Westen. großer Bus mit Landsleuten Erklärung, das Wiesbadener zwei Staatspräsidenten geehrt. Viele Millionen anderer aus Baden-Württemberg zum Abkommen und die Charta Auch Pavel Bělobrádek, ehe- Landsleute hätten ohne die Hil17. Brünner Versöhnungsmarsch der deutschen Heimatvertriemaliger Minister und KDU- fe der SL nicht überlebt, denn die gefahren (Ý Seite 5). Manchen benen von 1950. Alles DokuČSL-Chef, sei gekommen und Aufnahme in der Fremde, so Poshatte dort das Corona-Virus über- mente der Friedensbereithabe gesprochen. Die Tsche- selt, sei keine Ruhmesgeschichte fallen, zum Beispiel Landesob- schaft in einem vereinten Euchische Nationalhymne, die gewesen. Und wieder hätten wir mann Klaus Hoffmann. Deshalb ropa. In der Landesverfassung zum ersten Mal auf einem Su- es mit Flucht und Vertreibung zu begrüßte nun sein Stellvertreter stehe: „Das Volk von Badendetendeutschen Tag gespielt tun. Und auch im 21. JahrhunChristoph Zalder die Gäste. Württemberg bekennt sich Sabine Mezger, Ehrenamtliche Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Nord, Professor worden sei, beginne mit der dert habe die SL große Aufgaben. Jahrhundertelang hätten die Bis Ende 1946 seien 600 000 darüber hinaus zu dem unver- Dr. Franz Effenberger, Träger des SL-Kulturpreises für Wissenschaft 2021, und Frage: „Wo ist meine HeiDeutsche aus Böhmen, Mähren äußerlichen Recht auf die Hei- Kulturpreisträgerkollege Armin Rosin. mat?“ Diese Frage habe nichts Sudetendeutschen in ihren Köpund Sudetenschlesien im Süd- mat.“ Das Land habe 27 Patenvon ihrer Bedeutung verloren. fen und Herzen nach einem Auswesten Deutschlands gestran- schaften über sudetendeutsche wegen der Charta der Heimat- geratenen Welt geboten. Auch Barbara Coudenhove-Kalergi, gleich mit den Tschechen gedet, sagte Zalder. „Meine Mut- Orte, 24 sudetendeutsche Ein- vertriebenen. Dann skizzierte er Hellstern schilderte den Mei- die Nichte des Paneuropa-Grün- trachtet. Zwangsläufig hätten sie ter und ihre Eltern kamen aus richtungen, Heimatstuben und den Wandel der Haltung zur Ge- nungswandel. ders Richard Coudenhove-Kaler- den Weg zurück in die Heimat gesucht. Auch Reichenberg im offenen Vieh- Archive. Wichtig ist Zalder die schichte der Vertriebenen. Lange Willy Brandt, Herbert Wehner gi, sei als junwenn Natiowagon am 26. Mai 1946 im Lager Zukunft: „Wer erleben möch- sei sie von Verdrängen und Ver- und Erich Ollenhauer hätten fol- ge Frau äunalismus auf Malmsheim an.“ Um die Not in te, daß Edvard Benešs Unrechts- gessen geprägt gewesen. Erst in gendes Telegramm zum Schle- ßerst links und beiden Seiten der Fremde zu lindern, sei Hilfe dekrete fallen, braucht viele jüngerer Zeit habe sich das ge- siertreffen 1963 gesandt: „Ver- gegen ihren Realität gewenötig gewesen. Doch wegen des und starke Freunde in Prag. Mit ändert. Ein Beispiel sei der aus zicht ist Verrat, das Recht auf Onkel gewesen sei. Es haKoalitionsverbots seien ab En- den Unrechtsdekreten im Ruck- Eger vertriebene SPD-Politiker Heimat läßt sich nicht für ein Lin- sen. In ihrem be den 4. März de 1945 zunächst nur soziale und sack kann man langfristig nicht Peter Glotz (1939–2005) mit sei- sengericht verhökern. Das Kreuz 2013 erschie1919 gegeben. kirchliche Hilfsstellen für Neu- gleichberechtigt am Tisch der nem 2003 erschienen Buch „Die der Vertreibung muß das gan- nen Buch „ZuUnd es habe bürger entstanden. Nach dem friedliebenden Nationen Euro- Vertreibung – Böhmen als Lehr- ze Volk mittragen helfen.“ Die- hause ist überden MenschEnde des Koalitionsverbots ha- pas sitzen.“ stück“. Ebenso erfreulich sei der se Solidarität sei Ende der 1960er all“ setze sie heitsverbrebe sich im Juli 1948 die StuttgarZu Oberbürgermeister Frank tschechische Gesinnungswan- Jahre verschwunden. Die Ver- sich allerdings cher Adolf Hitter Kreisgruppe konstituiert. Am Nopper sagte er: „Danke, daß del, wie er sich in dem Versöh- triebenen erscheinten als natio- tiefgründig ler gegeben. 29. Juli 1949 sei in der Stuttgar- die Stadt vor wenigen Tagen am nungsfestival „Meeting Brno“ nalistische Revanchisten. Pe- mit ihrer HeiDie Vertreiter Gastwirtschaft Paulaner die Brünner Friedensmarsch ein Zei- manifestiere. Im übrigen sei ter Glotz habe gefragt: „Warum mat, dem Verbung sei kein SL-Landesgruppe Württemberg- chen setzte und mit vielen sude- Brünn seit 1989 Partnerstadt von glaubt man uns nicht?“ Richard lust der HeiBaden gegründet worden. Deren tendeutschen Landsleuten vor Stuttgart. Nichtsdestotrotz war- von Weizäcker habe gesagt: „Die mat und dem Landesobmann Klaus Hoffmann Kolateralschabeim Versöhnungsmarsch in Brünn. den des ZweiLandesobmann sei der Karlsba- Ort war, um der Opfer zu geden- te noch viel Arbeit auf die SL hin- Heimatliebe eines Vertriebenen Ankommen Bild: Reinhard Schmutzer ten Weltkriegs der Freiherr von Stein gewesen. ken, tschechischer wie deutscher sichtlich Versöhnung und Völ- ist kein Revanchismus.“ in der Fremde gewesen, sonSüdbaden und Südwürttem- Opfer von Gewalt und Haß.“ kerverständigung. In die Zukunft gerichtet sag- auseinander. berg, wo sich die französite Hellstern: „Die ErlebniskulDas Schicksal seiner Fami- dern eine ethnische Säuberung. schen Besatzer zuvor geweitur weicht der Erinnerungs- lie, so Posselt, hätte auch anders 1946 habe andernorts bereits der gert hätten, Vertriebene aufkultur. Wer wenn nicht die verlaufen können. Sein Vater sei Wiederaufbau begonnen. „Wir, auch viele Landsleute in zunehmen, habe sich 1949 Landsmannschaft muß die Er- nach Kriegsgefangenschaft bei geöffnet. „So formierte sich innerung an das Kulturgut im den Amerikaner 1946 in die US- Baden-Württemberg, begannen am 1. Mai 1950 in SigmarinBewußtsein des ganzen deut- amerikanische Besatzungszone bereits vor dem Fall des Eisernen gen die SL-Landesgruppe schen Volkes und des Auslan- nach Würzburg entlassen wor- Vorhangs mit der Annäherung.“ Südwürttemberg-Hohenzoldes halten. Wer wenn nicht die den. Im nahen Veitshöchheim Zu einer gemeinsamen guten Zulern mit Obmann Hubert LuxLandsmannschaft muß sich in habe er bei einem Bäcker eine kunft gehörten ein international VertreibungsverDobischwald. Wenig später Helga Löffler, langjährige Vermögensverwalterin der Landesgruppe, Landtags- der Pflicht sehen, Verständi- Unterkunft bekommen. Doch er kodifiziertes wurde in Freiburg die SL-Lan- vizepräsident Daniel Born und Herbert Hellstern, Ministerialdirigent a. D. gung und Versöhnung über habe keine Ahnung gehabt, wo bot, ein international kodifiziertes Volksgruppen- und Minderdesgruppe Südbaden mit Obdas bisher Erreichte weiterzu- seine Familie gestrandet sei. mann Karl Pache gegründet.“ „1952 gab es drei wichtige ErHerbert Hellstern, Ministe- führen?“ Und er zitierte einen Nun habe er in der zerstörten heitenrecht und nicht zuletzt ein Zwei Tage nach der Gründung eignisse in und für Stuttgart“, rialdirigent a. D., überbrach- Verbliebenen: „Es kommt nicht Würzburger Universität studiert. internationaler Gerichtshof, der des Landes Baden-Württemberg sagte Oberbürgermeister Frank te die Glückwünsche von Tho- auf das Geld an. Wichtig ist, daß Jeden Morgen sei er auf einem Verstöße sanktioniere. „Wir sind sei am 27. April 1952 die Sat- Nopper. Württemberg-Baden, mas S trobl, Stellvertretender Ihr kommt und hier sichtbar wird, Pritschenwagen von Veitshöch- die Wegbereiter der Zukunft Euzung der SL-Landesgruppe Ba- Württemberg-Hohenzollern und Ministerpräsident und Innenmi- Deutschland sorgt sich um die heim nach Würzburg gefahren. ropas.“ Mit einem herzlichen Dank den-Württemberg verabschie- Baden hätten sich zu Baden- nister. Die Landsmannschaft ha- Deutsche Minderheit.“ „Da sieht er auf einem entgegendet worden. „Landesobmänner Württemberg vereinigt. Der VfB be, zitierte Hellstern Mathias Festredner Bernd Posselt kommenden Pritschenwagen ei- und vielen Glückwünschen zum waren Hans Matjatko, Adolf Ha- Stuttgart sei zum zweiten Mal Beer, beigetragen, die Last des dankte zunächst dem langjähri- nen Schulkameraden. ,Wo sind 70. Geburtstag enteilte Volkssenöhrl, Helmut Haun, Werner deutscher Fußballmeister gewor- Verlustes und die Herausforde- gen Landesobmann Werner No- meine Eltern?‘ ,In Finsterber- gruppensprecher Bernd Posselt Nowak und ist Klaus Hoffmann.“ den. Und im April sei die SL-Lan- rung des Neuanfangs zu mei- wak. Der habe, obwohl die Fami- gen!‘ Und schon waren die Wä- Richtung Geislingen. Dort tagDaß die Sudetendeutschen nicht desgruppe gegründet worden. stern. Das Zusammensein mit lie Schreckliches habe erleiden gen aneinander vorbeigefahren.“ ten die Südmährer, und er vertrat zum sozialen Sprengstoff geworAuch Nopper erwähnte Stutt- Landsleuten habe Halt und Ori- müssen, Maßgebliches geleistet Posselts Großeltern waren wie Festredner Klaus Hoffmann. BeNadira Hurnaus den seien, sei das Verdienst ih- gart als historischen Schauplatz entierung in einer aus den Fugen und dank seiner Sprachkennt- viele Deutsche aus dem Iserge- richt folgt.
Vergangenen Samstag feierte die SL-Landesgruppe BadenWürttemberg im Stuttgarter Rathaus 70. Geburtstag.
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Franz Longin, Vorsitzender des Sudetendeutschen Heimatrates, und Herbert und Gudrun Preisenhammer. Deren Familienmusik begleitet die Geburtstagsfeier mit betörenden Stücken von Wolfgang Amadeus Mozart, Carl Philipp Stamitz und Franz Xaver Richter, deren Verbindung zu den Böhmischen Ländern Herbert Preisenhammer lebhaft erklärt. Zaldertochter Leonie, Christoph Zalder, Bernd Posselt, Hans Dieter Scheerer MdL und Andreas Kenner MdL.
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KULTUR
Sudetendeutsche Zeitung Folge 31+32 | 5. 8. 2022
SL-Bundeskulturreferent Professor Dr. Ulf Broßmann, Akademie-Altpräsident und SL-Kulturpreisträger 2020, Professor Herbert Zeman, Vizepräsidentin Ursula Haas und Professor Dr. Günter J. Krejs sowie die Referenten des Festkolloquiums, Professor Dr. Dr. Matthias M. Dollinger und Privatdozentin Dr. Dr. Elisabeth Fabian. Bilder: Susanne Habel Die Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste lud anläßlich des 75. Geburtstages ihres Präsidenten Günter J. Krejs zu einem Festkolloquium ein. Bei der Feier wurde der Akademiepräsident mit der Medaille Pro meritis geehrt, die ihm Akademievizepräsidentin Ursula Haas überreichte. Die Laudatio zu Ehren des Jubilars hielt Elisabeth Fabian (Wien), die kommissarische Sekretarin der Naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie. Der Gastrologieprofessor und Hepatologe Matthias M. Dollinger hielt den Festvortrag „Prometheus – Out of Austria“. Er erklärte dabei, warum der Prometheus-Mythos quasi einen Schlüssel zur Behandlung der Leberzirrhose bereitstellt. Drei junge Blechbläser umrahmten das Festkolloquium musikalisch mit Posaunenklängen.
� Festkolloqiuum der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste für Präsident Günter J. Krejs
Gipfelstürmer und Visionär
ner Matthias M. Dollinger. Der Gastrologieprofessor und Hepatologe hatte beim Kolloquium unter dem Motto „Prome theus – Out of Austria“ über die Leber, ihre Aufgaben, Krankheiten sowie deren Vorbeugung und mögliche Heilung referiert. Dabei stellte Dollinger heraus, daß die Leberzirrhose, das Endstadium chronischer Leberkrankheiten, lange als irreversibel gegolten habe. „Heute liegt die Erkrankung auf Platz 16 der häufigsten Todesursachen weltweit.“ Jetzt würden sich jedoch Berichte erfolgreicher Therapieansätze mehren. Der Festredner stellte die Auslöser der Zirrhose in den Mittelpunkt: Neben dem Alkohol – bei der alkoholische Steatohepatitis (ASH) – rückten zunehmend Übergewicht und das metabolische Syndrom bei der nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH) in den Fokus. Die Behandlung ziele darauf ab, die Grunderkrankung zu heilen und eine Dekompensation der Leberfunktion zu verhindern. Oft bliebe nur die Transplantation, die in Deutschland dank der Spenderknappheit jedoch eine schlechte Option sei. Verglichen mit anderen Orga-
dienabschluß und weiterer Ausliche Güte und Menschlichkeit bildung sei ihm eine Assistenzseien auch bei der Abschiedsvorarztstelle angeboten worden am lesung anläßlich seiner Emeritiedamals neuesten und modernrung 2013 klargeworden, zu der sten Spital Europas, dem Stadtmehr als 500 begeisterte Zuhörer spital Triemli in Zürich. Dort sei gekommen seien. er als erster gastroenterologi„Professor Krejs ist ein Gipscher Spezialassistent an der Klifelstürmer und Visionär, der von nik ausgebildet worden. „Krejs seiner wissenschaftlichen Neuwar in der Schweiz sehr erfolggierde getrieben und mit sehr reich, sollte aber vor Erhalt einer viel Fleiß und persönlichem EnOberarztstelle noch ein Jahr, gegagement, eine beispiellose infördert durch den Schweizer Naternationale Karriere vorweisen tionalfonds, in den USA verbrinkann“, sagte Fabian. Sie schilgen. So führte ihn also sein weiderte auch das Engagement von terer beruflicher Weg nach Texas Krejs für die Sudetendeutsche an die Southwestern Medical Akademie der Wissenschaften School in Dallas.“ In Dallas habe und Künste. „Seine Liebe zur ünter J. Krejs wurde im März er auf dem Gebiet der intestinasudetendeutschen Kultur wird 1945, nur wenige Wochen vor len Absorption und Sekretion geauch durch sein größtes Hobdem Ende des Zweiten Weltkrie- forscht, sei Leiter des Endoskoby verdeutlicht: Er ist stolzer Beges, als dritter von vier Söhnen pielabors gewesen und habe versitzer einer von seinen sudetenim niederösterreichischen Waid- schiedene neue Methoden wie deutschen Vorfahren ererbten hofen an der Ybbs geboren“, be- die Laparoskopie oder die Laoriginalen Iglauer Weihnachtsgann Elisabeth Fabian ihren Vor- serphotokoagulation eingeführt. krippe“, sagte Fabian und zeigtrag. Krejs‘ 75. Geburtstag konn- Sein besonderes Interesse habe Ursula Haas überreicht die Medaille Pro meritis mit Urkunde an Professor te ein Foto von Krejs und seiner te wegen Corona erst zwei Jahre jedoch auch dem Effekt von re- Dr. Günter J. Krejs. Krippe mit etwa 400 geschnitzgulatorischen Peptiden ten Figuren, für deren und Hormonen auf die seinen zahlreichen Spitzenpu- stroenterologie.“ Fabian zähl- Erneuerung Krejs sointestinale Absorption blikationen und einer insgesamt te dann mehrere Ehrungen, Mit- gar das Schnitzen erund Sekretion gegol- enormen Publikationsleistung gliedschaften und Würdigungen lernt habe. ten, bis hin zu endokrin von mehr als 500 Originalarti- auf, so den Life time AchieveZu den von der aktiven Somatostati- keln sowie unzähligen Vorträgen ment Award der United Euro- Laudatorin erwähnten noms. „Bis heute ist auf internationalen Kongressen pean Gastroenterology Federati- Ehrungen kam gleich er ein weltweit höchst sei Krejs für Generationen von on und den Master of the World eine weitere: Die Sudeanerkannter Spezia- jungen Wissenschaftern bis heu- Gastroenterology Organisation tendeutsche Akademie list auf dem Gebiet der te ein einzigartiges Vorbild. Award. zeichnete ihn mit ihneuroendokrinen TuEr habe weiter in der internaDie Medizinische Universi- rer höchsten Auszeichmore.“ Dank seines un- tionalen Gastroenterologie ge- tätsklinik Graz sei in den fast drei nung aus: Vizepräsiermüdlichen Einsat- wirkt, etwa bei Kongressen wie Jahrzehnten unter Krejs‘ Lei- denten Ursula Haas Professor Krejs mit seiner Iglauer Krippe. zes und Eifers habe er der United European Gastroen- tung für ihre enormen und ex- faßte zusammen, daß Auch Professor Dollinger zeigt Bilder. viele Publikationen in terology Week oder dem Welt- zellenten Leistungen in der Welt Krejs 1991 als ordentlinach dem eigentlichen Termin höchst renommierten wissen- kongreß für Gastroenterologie, als hervorragendes universitäres ches Mitglied in die naturwissen- nen besitze die Leber jedoch eimit dem Festkolloquium gefeiert schaftlichen Zeitschriften ver- der 1998 unter seiner Präsident- Zentrum bekannt geworden und schaftliche Klasse berufen wor- ne ausgeprägte Fähigkeit zur Rewerden, wie Vizeprädidentin Ur- öffentlicht und viele Forschun- schaft in Wien veranstaltet wor- könne den höchsten Stand der den sei, wo er mehrere Jahre das generation. „Wenn auch nur 30 sula Haas bei der Begrüßung er- gen durchgeführt. „So blieb es den sei. „Mit 13 000 Teilnehmern Medizin bieten. Seine unermeßli- Amt des Sekretars und 2016 bis Prozent des Lebergewebes geretklärt hatte. nicht bei dem einen geplanten war dieser der bis heute erfolg- chen Leistungen, sein unermüd- 2018 jenes des Vizepräsidenten tet wird, kann sich die Leber völDie ersten Jahre seiner Kind- Jahr in den USA, sondern es wur- reichste Weltkongreß für Ga- licher Einsatz und seine unglaub- ausgeübt, bis er 2018 das Amt als lig regenerieren.“ heit habe Krejs in Waidhofen ver- den insgesamt zwölf Diese Eigenschaft habe schon Präsident übernombracht, so Fabian, später sei die daraus“, zunächst als men habe. Er zähle in der Antike in der griechischen Familie nach Krems an der Do- Assistant Professor, auch zu den großzü- Mythologie Einzug gefunden. In nau gezogen. Krejs habe das dor- später als pragmatigigsten Spendern der der Sage von Prometheus hätte tige Piaristengymnasium 1963 sierter Associate ProAkademie, wie Haas Göttervater Zeus Prometheus zur mit der Matura mit Auszeich- fessor. „Mit 39 wurde Strafe für die Übergabe des Feubetonte. nung als Klassenbester abge- er dann schließlich, Nachdem sie ihm ers an die Menschen an einen schlossen. Erst zwei Monate vor als einer der jüngsten die Medaille über- Felsen schmieden lassen. „Tägder Matura habe er beschlossen, in Texas, Full Profesreicht hatte, hielt lich frißt ein Adler einen Teil seiMedizin zu stüdieren. „Eine wei- sor of Internal MediKrejs eine Dankesre- ner Leber, der aber bis zum nächse und von Erfolg gekrönte Ent- cine.“ Danach habe de an die Beteiligten sten Tag wieder nachwächst“, scheidung, wie sich herausstel- er sich erfolgreich für des Festkolloquiums. schilderte Dollinger und zeigte len sollte“, sagte die Referentin, die Stelle des OrdinaEr lobte dabei Ger- das Rubens-Gemälde. „Prometdie auch Bilder aus dem Leben rius für Innere Medida Fritsch – die Wit- heus wurde daher als ,Schutzdes Jubilars zeigte. zin in Graz beworben we seines Vorgängers heiliger‘ der Hepatologen – alIn der kürzestmöglichen Zeit und sei 1986 von DalRudolf Fritsch – und so der Leberspezialisten – adophabe Krejs das Studium der Hu- las nach Österreich dessen Tochter Vero- tiert, der den Weg zur Therapie manmedizin an der Universität zurückgekehrt. Unter nika Fritsch, die beide der Leberzirrhose weist“, erklärin Wien abgelegt, wobei er durch Krejs seien wichtige weiterhin für die Aka- te der Festredner. Sein geistreidie Erlangung eines Stipendiums Forschungsbereiche ches Motto „Prometheus – Out demie tätig seien. auch ein Jahr seiner Ausbildung an der Medizinischen Sein besonderer of Austria“ spielte jedoch auch an der Universität Zürich habe Universität Graz aufDank, so Krejs, gelte auf die Herkunft des Jubilars an. absolvieren können. Nach Stu- gebaut worden. Mit Florian Helbich, Julian Pfeil und Maria Mertes spielen Madrigale auf Renaissanceposaunen. Susanne Habel jedoch dem Festred-
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Der Seerosenpreis der Stadt München geht dieses Jahr an die beiden Künstler Doris Hahlweg und Roland Helmer, der 1942 in Fischern bei Karlsbad zur Welt kam. Helmer ist als SL-Kulturpreisträger 2007 den Landsleuten wohlbekannt und war auch öfter bei Veranstaltungen im Sudetendeutschen Haus zu sehen. Er ist einer der Vertreter der Konkreten Kunst. Die Preisverleihung ist Donnerstag, den 11. August um 19.00 Uhr im Kunstpavillon in München, wo neuere Werke der beiden Preisträger bis Ende August zu sehen sein werden.
Bilder aus Helmers Werkserie „Senkrecht“ (2015).
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� Seerosenpreis 2020 für Künstler aus Fischern bei Karlsbad
oland Helmer war im September 1946 durch die Vertreitung mit seiner Familie in dem kleinen Ort Hebertshausen bei Dachau in Oberbayern gestrandet. Hier verlebte er seine Kindheit bis zum Umzug der Familie in die Stadt Dachau. Schon während der Schulzeit erweckte er mit seinem überdurchschnittlichen zeichnerischen Talent die Aufmerksamkeit seiner Umgebung; daher begann er mit 14 Jahren seine Ausbildung zum Gebrauchsgraphiker an der Münchener Blochererschule, einer Privatschule für freie und angewandte Kunst. An vier Ausbildungsjahre schlossen sich eine kurze Ausbildung zum Tiefdruck-Retuscheur und erste Berufserfahrungen an.
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KULTUR
Sudetendeutsche Zeitung Folge 31+32 | 5. 8. 2022
Bilder: Susanne Habel
Seerosenpreis und Seerosenring
Jahrzehntelanges Schaffen
Verleihung am 11. August Ein Schlüsselerlebnis für Roland Helmers weiteren künstlerischen Werdegang war 1961 ein Ausstellungsbesuch im Münchener Lenbachhaus. Hier sah er erstmals die Sammlung von Gemälden des Expressionisten Wassily Kandinsky, die Gabriele Münter anläßlich ihres 80. Geburtstages der städtischen Galerie vermacht hatte. Fasziniert von diesen Arbeiten faßte er spontan den Entschluß, ein Malereistudium zu beginnen, kündigte seinen Arbeitsplatz und schrieb sich kurz darauf an der Münchener Akademie für Bildende Kunst ein. Er kam in die Klasse von Ernst Geitlinger (1895–1972). Nach dessen Emeritierung beendete Helmer 1967
Roland Helmer produziert oft ganze Werkreihen. westlich von München und arbeitet freiberuflich in seinem Atelier im nahen Eichenau. Seit 1962 stellt Helmer im Inund Ausland aus. Zuletzt waren Werke von ihm 2012 im Kunst-
detendeutschen Kulturpreis. Ein Jahr später wurde er in die Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste berufen. Werke von Helmer befinden sich in vielen Sammlungen, von
einen der Hauptstränge der modernen Kunst. Sie wurde schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit dem Kubismus in Frankreich vorbereitet. Wichtige Eckpunkte waren in der Folgezeit der italie-
„V98 Farbrelief Rot Blau Schwarz Weiß“ (2020) von Roland Helmer (rechts bei einem Besuch im Sudetendeutschen Haus). sein Studium an der Akademie bei Georg Meistermann. Danach arbeitete er zunächst freiberuflich als Grafiker und ab 1972 als Assistent am Lehrstuhl Günter Fruhtrunk an der Münchener Akademie. Zeitweise war er als Kunstlehrer in München tätig. 1984 übernahm er selbst eine Professur. Seit 1986 lebt Roland Helmer in Fürstenfeldbruck
forum Ostdeutsche Galerie in Regensburg und im Egerlandkulturhaus Marktredwitz, 2013 in Karlsbad und Freising und 2014 in Karlsruhe zu sehen. Er erhielt viele Preise und Ehrungen wie 1978 den Förderpreis des Freistaats Bayern für junge Künstler, 1997 und 2001 den Kunstpreis des Landkreises Fürstenfeldbruck und 2007 den Su-
der Bayerischen Staatsgemäldesammlung München über die Neue Nationalgalerie Berlin und das Museum für Moderne Kunst Cuxhaven bis hin zum Egerland-Museum Marktredwitz und dem Musée d‘ Art et d‘ Histoire Cholet Anjou in Frankreich. Helmer gehört zu den wichtigsten Vertretern der Konkrete Kunst. Die Konkrete Kunst bildet
Bei einer Ausstellung in Fürstenfeldbruck: Helmer-Werke aus vielen Jahrzehnten.
geht, sieht eine Farbverwandlung und Richtungsänderung der Inhalte: ein absolut verblüffender Effekt, der vermutlich nur live oder in einer Filmaufnahme richtig zu erleben wäre. Auch die Rahmen gehören in Form und Färbung zu vielen Bildern. Das Kunstwerk wird Gesamtkunstwerk. Bei der Preisverleihung am 11. August in München durch Stadtrat Beppo Brem wird Reinhard Fritz die Laudatio auf Helmer halten. Die Laudatio auf die CoPreisträgerin Doris Hahlweg hält Oliver Herwig. Er betont: „Do-
nische Futurismus, der russische Suprematismus Kasimir Malewitschs, die holländische De-Stijl-Bewegung mit Theo van Doesburg und Piet Mondrian, das Bauhaus in Weimar und Dessau sowie die Kunst der Zürcher Konkreten seit den dreißiger Jahren. Ab Anfang der sechziger Jahre waren besonders die Gruppen Zero und Nouvelles Tendances
vorbildlich für diejenigen Studenten der Klasse von Ernst Geit linger an der Münchener Akademie geworden, die sich – wie auch Roland Helmer – der geometrisch-abstrakten, konkretkonstruktiven Kunst verschrieben hatten. Und während die abstrakte Kunst noch eine sekundäre Gegenständlichkeit, Anklänge oder Erinnerungen an die sichtbare Welt erlaubt, ist die Konkrete Kunst von dieser absolut unabhängig. Sie ist aus einer mathematischen Denkweise entwickelt und schafft eine neue bildliche Wirklichkeit jenseits der sichtbaren Natur. Sie konzentriert sich allein auf die konkreten bildnerischen Elemente wie Fläche, Raum, Linie, Farbe, Hell-Dunkel, Licht und Bewegung. Bei Helmer spielt auch der Raum eine große Rolle. Viele seiner Bilder sind dreidimensionale Reliefs. Die Dimensionalität entsteht dadurch, daß Helmer nicht auf einer glatten Leinwand, sondern auf zum Betrachter hin zulaufenden Erhebungen malt. Wenn der Betrachter sich an dem Bild vorbeibewegt, ändert sich auf verblüffende Weise die Ansicht. Ein anderes, neues Bild öffnet sich. Die Farben wechseln, neue Blickwinkel tauchen auf. Wer an einem Bild entlang-
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er Seerosenpreis wurde 1962 vom damaligen Oberbürgermeister HansJochen Vogel, dem Maler Hermann Geiseler und Mitgliedern des Seerosenkreises ins Leben gerufen. Der Seerosenkreis entstand 1948 in der namensgebenden Schwabinger Gaststätte Seerose als Treffpunkt der Künstler, die den Krieg und die Verfehmung durch das Naziregime überlebt hatten. Später trennten sich Schriftsteller und Bildende Künstler, da die Seerose zu klein für die immer mehr anwachsende Zahl der Künstler wurde. Die Literaten gingen in die Schwabinger Seidlvilla, die Bildenden Künstler in das Münchener Künstlerhaus. Nach wie vor fühlen sich beide Gruppen zum Seerosenkreis gehörig. Im Jahr 2000 stiftete und schuf die Bildhauerin Irene Hallmann-Strauss den Wanderpreis Seerosenring als Dank an die Teilnehmer des Seerosenkreises und auch an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die mit dazu beigetragen haben, diesen Künstlerstammtisch am Leben zu erhalten. Der Ring wird jährlich weitergegeben. Der letztjährige Träger schreibt einen Bericht über das Jahr, in dem er ihn trägt. Dadurch entsteht auch ein interessanter Zeitzeugenbericht. Der von der Landeshauptstadt München gestiftete Preis in Höhe von jeweils 2000 Euro wird jährlich von einer Jury aus Münchener Künstlern an Kollegen vergeben, die langjährig tätig sind und ihren Lebens- und Schaffensmittelpunkt in München haben. Zu den Preisträgern zählten auch viele, die aus dem Deutschen Osten kamen wie Ernst Krebs (2021), Peter Tomschiczek (1986), Ingo Glass (1984), und Oswald Malura (1976).
ris Hahlweg schafft Denkräume, in denen sich Betrachter tatsächlich verlieren können.“ Ihre Arbeiten würden einen Augenblick umgreifen, in dem etwas Form annimmt – ohne vollends greifbar oder begreifbar zu werden, so Oliver Herwig. „Ist es das? Ein Prozeß, der Kontrolle abgibt ohne an Präzisionzu verlieren? Der genau ins Vorsprachliche zielt.“ Doris Hahlweg wurde 1957 in São Paulo in Brasilien geboren. Von 1978 bis 1986 studierte sie an der Akademie der Bildenden Künste München bei Rudi Tröger und Hans Ladner und schloß als Meisterschülerin mit dem Diplom ab. Susanne Habel Bis Sonntag, 28. August: „Seerosenpreis 2022“ in München am Stachus, Kunstpavillon im Alten Botanischen Garten, Sophienstraße 7 a. Dienstag bis Samstag 13.00–19.00, Sonntag 11.00– 17.00 Uhr.
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AUS DER HEIMAT
� Heimatort Sandau/Kreis Marienbad
Sudetendeutsche Zeitung Folge 31+32 | 5. 8. 2022
Der Start am Lichtenwalder Paß, rechts das Ziel.
Heimatstube hat neues Domizil Putz an den Außenwänden bröckelte; auch im Innern ging es dem Gebäude nicht mehr gut. Der Freistaat Bayern stellte der Stadt Arzberg 4,5 Millionen Euro aus Städtebauförderungsmitteln zur Verfügung, so daß mit dem Umbau des alten Gebäudes begonnen werden und im vergangenen Herbst die Sandauer Heimatstube in das neue Domizil ziehen konnte. er Heimatbrief „Stim„Die Sandauer Heimatstumen von Sandau“ rief zur be in Arzberg ist ein SchmuckSammlung von Geldbeträgen stück für die oberfränkische und Sachspenden auf. Dieser Stadt,“ sagte Bürgermeister Aufruf fand bundesweite Zu- Stefan Göcking in einer Sitstimmung. Unermüdlich wa- zung mit dem Vorstand der ren die Mitglieder des Arbeits- Heimatgruppe Sandau und kreises der Heimatgruppe Umgebung. Außerdem stellte Sandau und Ungebung unter er für den Abbau in der alten ihrem Vorsitzenden Eduard Liegenschaft und für die WieKindler beschäfdereinrichtung tigt, das Projekt der Gegenstäneiner Sandaude in zwei hell er Heimatstudurchleuchtebe in der Patenten Räumen im stadt zu verwirkObergeschoß lichen, um die des sanierten Erinnerung an Gebäudes zwei die Heimatstädtische Arstadt Sandau beiter zur Verund an die Dörfügung, die die fer Amonsgrün, Exponat Herrgottswinkel. Vitrinen stabsMarkusgrün, mäßig aufstellObersandau und Zeidleid für ten und dafür sorgten, daß die die Zukunft wachzuhalten. zahlreichen Museumsstücke Auch der damalige Bürger- wieder an richtiger Stelle demeister Ewald Drechsel und poniert wurden. die städtischen Gremien von Besondere MuseumsstücArzberg unterstützten tatkräf- ke in der Sandauer Heimattig das Vorhaben. Für diesen stube sind die Sandauer Dose, Zweck stellte die Stadt Arz- die der Drechsler Johann Geiberg das einstige Thiloschul- ger um 1800 herstellte, ferner haus zur Verfügung. So weih- die Vereinsfahnen des Christten schon beim Heimattreffen lich Deutschen Burschenver1965 die Geistlichen beider eins von Sandau und des MiKonfessionen, Pfarrer Anton litärvereins, Zeichnungen Fritsch und Pfarrer Anton Ar- des Graphikers Rudolf Zuber, nold, die Sandauer Heimatstu- Egerländer Möbel und Trachbe ein und übergaben sie der ten. Öffentlichkeit. Das Sandauer HeimattrefAber bald stellte sich her- fen findet vom 1. bis 3. Oktoaus, daß die Räume im Thilo- ber in Arzberg und mit einem schulhaus wegen der immer Gottesdienst in der Sandauzahlreicher werdenden Expo- er Pfarrkirche Sankt Michael nate zu klein waren. Eine grö- nach der Corona-Unterbreßere Unterkunft mußte ge- chung wieder statt. Die Landssucht werden. leute haben dann die MöglichWieder zeigten der Bürger- keiten, die neue Heimatstube meister und die städtischen zu besichtigen. Gremien großes Verständnis Der Einsatz von Bürgermeifür das Anliegen der Heimat- sters Stefan Göcking und der gruppe. Sie boten neue Räu- städtischen Gremien der Pame im ersten Obergeschoß des tenstadt von Sandau ist beiehemaligen Haupt- und Be- spielhaft und lobenswert. Er rufsschulgebäudes an. Der Ar- zeigt, daß eine Stadt bereit ist, beitskreis der Heimatgruppe die Kulturgüter der Heimatnahm das Angebot mit einem vertriebenen für die GegenFlur und drei Räumen an. wart und Zukunft zu erhalten. Im Verlaufe der Zeit war Lob und Dank gebühren den es um das einstige Schulhaus betreffenden Personen. nicht mehr gut bestellt. Der Josef Plahl Der Gedanke, eine Sandauer Heimatstube einzurichten, wurde am 30. September 1961 bei der Festveranstaltung zur Patenschaftsübernahme durch die Stadt Arzberg in Oberfranken geboren, denn schon vor der Vertreibung gab es freundschaftliche Beziehungen zwischen Arzberg und Sandau im Egerländer Kreis Marienbad.
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� Bärnwald/Kreis Grulich im Adlergebirge
Stepke-Erinnerungs-Marsch Richard Neugebauer leitet die gemeinnützige Gesellschaft Bohemia Troppau, die zinsgünstige Kredite an kleine und mittelständische Unternehmer der deutschen Minderheit in der ČR vergibt. Und er ist Mitglied des Präsidiums der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik. Er berichtet über einen Marsch nach Bärnwald im Adlergebirge, der an den ersten Siedler vor 500 Jahren erinnerte.
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ärnwald, tschechisch Neratov, ist heute ein Ortsteil von Batzdorf, tschechisch Bartošovice v Orlických horách, im ehemaligen Kreis Grulich im Adlergebirge. Seit dem 17. Jahrhundert ist Bärnwald ein Wallfahrtsort und heute landesweit bekannt. Die Ruine der Mariä-HimmelfahrtsKirche wurde nach der Wende unter der Leitung von Monsignore Josef Suchár repariert und erhielt ein Dach aus Glas. Der tschechische Verein Neratov hat nicht nur die Kirche innovativ renoviert, das heißt Barock mit der Ruine und Moderne zusammengefügt. Darüber hinaus wurden ein Gemeinschaftshaus, eine Schule, eine Brauerei oder die Brücke über die Wilde Adler gebaut.
Die frühekommen sein ren deutschsoll. Der Sasprachige nach hat er gen Bewohseinen Stock ner können an der Stelsich glückle beim spälich schätteren Anwezen. Während sen 14/15 in Hunderte von die Erde geden ehemals steckt, wo deutschen der WasserDörfern vertrog stehen schwunden sollte. Der sind, lebt Stock schlug Bärnwald auWurzeln und ßerordentlich wuchs zu eiflott weiter. ner stattliUnsere Gechen Linsellschaft Bode heran. hemia TropDiese stand pau ist zwar noch am Ennicht fürs Adde des ZweiDie barocke Mariä-Himmelfahrts-Kir- ten Weltkrielergebirge zuständig, ich che mit modernem Glasdach. ges. An dem bin aber dort Marsch nahm geboren, und meine Vorfahren auch Kurt Stepke teil, ein direklebten dort seit dem 17. Jahrhun- te Nachfahre des sagenumwobedert, seit 1840 auch in Bärnwald. nen ersten Siedlers. Da die deutsche Geschichte des Weitere Organisatoren waren Ortes langsam in Vergessenheit der Verband der Deutschen in gerät, wollten wir also an den An- Nordmähren und Adlergebirge fang der Besiedlung des Adler- mit Sitz in Mährisch-Schönberg, gebirges erinnern. Wir veranstal- der Heimatverein Adlergebirge teten am 22. Juli einen Marsch aus dem oberbayerischen Waldentlang des Weges, auf dem der kraiburg und der polnische VerSage nach der erste Siedler na- ein Habelschwert, polnisch Bymens Stepke vor 500 Jahren ge- strzyca Kłodzka.
Der Treck sollte zuerst an der Kirche in Lichtenwalde/Poremba in der Grafschaft Glatz starten. Dieser Straßenabschnitt ist aber nicht im guten Zustand. Deswegen starteten wir beim Paß Lichtenwalde/Prelecz nad Poreba und nahmen die Route durch das Dorf Peuker/Poniatow über den Fluß. Die gesamte Strecke von weniger als vier Kilometern war so gewählt, daß auch Ältere mitmarschieren konnten. Das Wetter war außerordentlich gut. Wir hatten 24 deutsche, vier polnische und 20 tschechische Teilnehmer. Alle erhielten am Start einen Marschausweis. Gegen dessen Vorlage am Ziel erhielten sie dort das Büchlein „Geschichte von Bärnwald“. Zum Schluß waren alle bei Kaffee und Kuchen im Společenský dum, dem Gemeinschafthaus in Bärnwald. Das genaue Jahr der Ankunft des ersten Siedlers ist nicht überliefert. Die erste schriftliche Erwähnung von Bärnwald stammt aus dem Jahr 1567. Wir können also die 500 Jahre der Ankunft von Stepke noch mehrere Jahrzehnte feiern. Deshalb planen wir, auch im nächsten Jahr das Büchlein auf Deutsch und Polnisch zu diesem Anlaß herauszugeben.
Blick auf die restaurierten Gräber in Hermanitz.
� Hermanitz/Kreis Trautenau im Riesengebirge
Omni Cimiterium saniert Gräber Vorstandssitzung der Heimatgruppe mit Bürgermeister Stefan Göcking, Altbürgermeister Winfried Geppert, Vorsitzender, Horst Heil, Rudi Hahn und Josef Plahl, Herausgeber der „Stimmen von Sandau“.
Blick in das neue Domizil der Heimatstube.
Barbora Větrovská berichtet über das Projekt „Restaurierung des Friedhofs in Hermanitz“ im früheren Riesengebirgskreis Trautenau.
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as Projekt zur Restaurierung alter deutscher Grabsteine auf dem Friedhof in Hermanitz wird heuer fortgesetzt. Die Restaurierung eines Teils der Grabmale an der Friedhofsmauer wird von der Gemeinde Hermanitz mit finanzieller Unterstützung des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds durchgeführt. Insgesamt handelt es sich um neun Grabmale früherer Dorfbewohner. Über die Friedhofsgeschichte sind nur wenige Dokumente erhalten. In den kaiserlichen Ab-
drucken des Stabilen Katasters von 1835 wird am heutigen Friedhofsstandort das Grundstück von Otto Ludwig aufgeführt. Auf den Originalkarten des Stabilen Katasters von 1840 ist der Friedhof aber bereits zu finden. Das Zentralkreuz mit der deutschen Inschrift datiert aus dem Jahr 1888. Die heutige Form des Friedhofs geht auf den erhaltenen Bauplan der Baufirma Václav Holub aus dem nahen Jermer von 1899 zurück. An der gesamten Friedhofsmauer befinden sich große deutsche Gruften, die mit Plastiken reich verziert waren. Kleinere deutsche Grabsteine sind über die Friedhofsfläche verteilt und weisen zum größten Teil Verfallsschäden auf. Das Zentralkreuz befindet sich auf der Wegeach-
se in der Mitte des Friedhofs. Der Friedhof wird noch immer genutzt. Die Gruften sind in sehr schlechtem Zustand, sowohl im ober- als auch im unterirdischen Teil. In den meisten Fällen sind die Grabplatten eingebrochen. An ausgewählten Gruften werden seit Ende Juni vom Verein Omni Cimiterium im Auftrag der Gemeinde Renovierungsarbeiten durchgeführt. Die Grabmale werden ausgegraben, aufgerichtet, verfugt, gereinigt und der Stein wird imprägniert. Die Grab einfassungen werden begradigt und von Moos und Flechten befreit. Abschließend wird die Inschrift vergoldet und die Gräber mit Blumen bepflanzt. Im vergangenen Jahr wurden zwei eingefallene Gruften
an der Friedhofsmauer und sechs Grabsteine auf der Friedhofsfläche restauriert. Dank der schrittweisen Instandsetzung gewinnt der Friedhof sein verlorenes Gesicht zurück und lädt Besucher mit Interesse an Friedhofskultur zu einem besinnlichen Spaziergang ein. Mit der Restaurierung des Friedhofs und der deutschen Gräber will die Gemeinde Hermanitz eine würdige und pietätvolle letzte Ruhestätte für die früheren deutschen Bürger aus Hermanitz und Umgebung wieder errichten und den Gedanken unterstützen, deutsches Kulturerbe in der Tschechischen Republik mit den Landsleuten in Deutschland gemeinsam zu bewahren. Übersetzung Zuzana Finger
Reicenberger Zeitung
Sudetendeutsche Zeitung Folge 31+32 | 4. 8. 2022
Stadt und Kreis Reichenberg
Kreis Deutsch Gabel
Nordböhmi[e Um[au
Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail rz@sudeten.de
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Kreis Friedland
Kreis Gablonz
� Wallfahrtspredigt von Weihbischof Karlheinz Diez
Das Gebet wendet Not und Tod Fahrgäste an einer Haltestelle warten. Aber wenn der Bus kommt, fährt er vorüber, weil er voll besetzt ist. (…) Wir fahren an unserem wartenden Gott vorbei.“ Maria hat Goterne bin ich auf Initiative tes Blick gespürt und ihn anmeines Mitbruders Mar- genommen. Das dürfen auch kus Blümel hierher in das Klo- wir tun, der Herr kommt uns ster Haindorf, den östlichsten entgegen. Marienwallfahrtsort Nordböh„Der Mächtige hat Großes mens, gekommen. Deine Vor- an mir getan.“ Wenn wir in fahren, lieber Markus, stam- Ruhe auf unser Leben schaumen aus dieser Gegend um en, merken wir, wie Gott an Haindorf, und Du bist dieser uns wirkt. Allein, daß er uns familiären Spur und Verwur- ins Dasein berufen hat, daß wir zelung treu geblieben. Ich ha- leben, ist ein Geschenk. Das be Respekt vor der großen Hil- Wirken Gottes wird besonders feleistung, die Sie hier den deutlich in den dunklen LeFlüchtlingen aus der Ukraine bensphasen. Dann, wenn alzukommen lassen. Möge der les kompliziert wird; bei VerHerr es Ihnen reich vergelten. lust und Krankheit, wo unser Es ist mir eine Ehre, das Fest, Vertrauen mißbraucht wird, das die Menschen in einer wo wir plötzlich alleine stehen. großen Wallfahrt hierherführt, Genau dahinein möchte Gott mit Ihnen feiern zu dürfen, kommen. Genau da hilft er das Fest Mariä Heimsuchung. und spendet Trost. Und nach Danke für und nach die freund– und meiliche Einlastens anders dung. als wir geIn unsedacht haben rem Fuldaer – nimmt Gesangbuch, unser Ledem Gottesben eine gulob, gibt es te Wendung. ein Lied, desDann stimsen Refrain men wir ein mich immer in den Loban das Fest Der Fuldaer Weihbischof Professor gesang MaMariä Heim- Dr. Karlheinz Diez zieht in die Wall- riens: „Der suchung er- fahrtsbasilika in Haindorf ein. Mächtige hat innert; er Großes an lautet: „Da berühren sich Him- mir getan.“ mel und Erde, daß Frieden „Er stürzt die Mächtigen werde unter uns.“ Maria trägt vom Thron und erhöht die den Sohn Gottes in ihrem Leib. Niedrigen.“ Für mich bedeuDie Muttergottes steht da als tet das mit Blick auf die politiMittlerin und Fürsprecherin sche Lage in der Ukraine nach heute wie damals in Judäa bei dem brutalen Angriffskrieg der Begegnung mit ihrer Ver- und auch sonst in den Krisenwandten Elisabeth. Wir haben herden dieser Erde, daß Wahrdas berühmte Magnifikat ge- heit und Gerechtigkeit am Enhört; Maria hat es bei der Be- de immer gewinnen werden. gegnung mit ihrer Verwand- Immer. Ich denke da an ein ten Elisabeth gesprochen. Es bekanntes Wort von Mahatklingt in meinen Ohren so, als ma Gandhi, dem Anführer der ob der jungen Frau Maria aus indischen UnabhängigkeitsNazaret da erst richtig bewußt bewegung und Pazifisten, erwurde, was mit ihr geschehen mordet 1948: „Und wenn ich ist: Sie wurde von Gott auser- verzweifle, dann erinnere ich wählt, seinen Sohn zur Welt zu mich, daß durch alle Zeiten in bringen. Das bringt sie dazu, der Geschichte der MenschGott zu loben und in einer pro- heit die Wahrheit und die Liephetischen Rede seine Wun- be gewonnen haben. Es gab dertaten zu offenbaren. Tyrannen und Mörder, und eiDie Muttergottes findet ne Zeitlang schienen sie unbewunderbare, kostbare Worte. siegbar, doch am Ende scheiSie werden über die ganze Er- terten sie immer. Denke daran de Tag für Tag im Stundenge- – immer.“ bet der Kirche gebetet, immer In der Zeit, in der mitten in zur Vesper. Sie sind ein kost- Europa Krieg herrscht, kann barer Schatz. Ich möchte ein uns dieser Vers aus dem Mapaar Verse herausgreifen: gnificat aufrichten und neu„Auf die Niedrigkeit seiner en Mut schenken. Gott ist auf Magd hat er geschaut.“ Maria der Seite der Schwachen und verkündet einen Gott auf Au- Kleinen, er stürzt die Mächgenhöhe. Einen Gott, der sich tigen vom Thron und erhöht den Menschen zuwendet, der die Niedrigen. Beten wir diesie anschaut, der uns anschaut. sen Lobpreis Mariens nicht Gott sucht uns, er möchte uns nur heute, sondern auch bebegegnen. Gott, der die Liebe wußt als Bitte um Frieden in ist, sucht die konkrete Begeg- der Ukraine und überall dort, nung mit seinen Geschöpfen. wo Menschen brutale UngeEben auch mit uns. Wir dürfen rechtigkeit und Terror erfahuns ihm öffnen, ihm zeigen, ren. Das Gebet reißt Mauern daß er bei uns willkommen ein, es wendet Not und Leid. ist. Tun wir es wie die MuttergotIn einem Buch von dem ver- tes, lassen wir uns ganz auf storbenen Kölner Erzbischof den Herrn ein. Dann spüren Joachim Kardinal Meisner ha- wir, daß der Himmel uns ganz be ich ein schönes Bild dafür nahe ist. Wieder kommt mir gefunden, wie sehr Gott uns der Refrain in den Sinn: „Da sucht, wie sehnsüchtig er mit berühren sich Himmel und Eruns verbunden sein möchte: de, daß Frieden werde unter „Gott wartet auf uns wie die uns.“ Amen. Wir dokumentieren die Wallfahrtspredigt des Fuldaer Weihbischofs Karlheinz Diez in der Haindorfer Basilika Mariä Heimsuchung.
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Pfarrer Pavel Andrš, Weihbischof Professor Dr. Karlheinz Diez und Dechant Markus Blümel zelebrieren die Wallfahrtsmesse.
� Nachlese zur Haindorfer Wallfahrt
Da berühren sich Himmel und Erde, daß Frieden werde unter uns sche Übersetzung von Pfarrer Pavel Andrš bereichert wurde. „Da berühren sich Himmel und Erde, daß Frieden werde unter uns“,
Vater Ženatti war der ehemalige in das tschechische Markttreitschechische Besitzer des Wit- ben auf Haindorfs Straßen. Am tighauses. Er nahm wegen der Nachmittag bestieg er mit Marschwierigen Umstände den Ge- kus Blümel und Pavel Andrš den burtsnamen seiner deutschen Jeschken, besuchte das ehemaFrau an. lige Franziskanerkloster und die Wenn sich auch die Zahl der Sankt-Bonifatius-Kirche in Reier Fuldaer Weihbischof Pilger aus Deutschland – im chenberg-Nieder Hanichen. Vor Karlheinz Diez und DeGegensatz zu all den Jahren einigen Jahren erhielt diese Kirchant Markus Blümel aus Eizuvor – verringerte, so zeugte che eine kleine Bonifatius-Reliterfeld waren aus Hessen ansie doch in unterschiedlicher quie aus dem Fuldaer Bonifatigereist. Mit Pavel Andrš, PfarWeise von der Verbundenheit us-Dom, der Kathedrale des Bisrer von Hain dorf, Raspenau und Liebe zur Heimat bezie- tums Fulda. und Einsiedel, hießen sie viehungsweise der VerbundenDer Sonntagabend endete le tschechische und deutheit der jüngeren Generation für den Weihbischof in der Vilsche Pilger willkommen. Unmit ihren Vorfahren. la Klinger, dem Hauptsitz des ter diesen waren Agathe Weihbischof Diez äußerte Unternehmens CiS in Neustadt und Jenő Széchényi, Urenspäter anläßlich seiner ersten an der Tafelfichte, wo er Gast kel des letzten Friedländer Begegnung mit tschechischen des Unternehmers Peter WöllGrafen Franz von Clam-Galund deutschen Pilgern immer ner war. Hier fand im Kreise weilas, ebenso Jan Heinzl, Direk- Weihbischof Karlheinz Diez in der Bonifa- wieder seine Begeisterung für terer Pilger die Wallfahrt einen tor des Internationalen Zen- tiuskirche in Reichenberg. die außergewöhnliche Atmo- guten Ausklang in dem Bewußttrums für geistliche Erneuesphäre in der Haindorfer Ba- sein, daß ein weiterer Brückenrung im ehemaligen Haindorfer war ein Kernsatz der Predigt des silika. Die Diözese Fulda unter- schlag zwischen tschechischen Franziskanerkloster sowie Volks- Bischofs. stützte auch mit der persönli- und deutschen Menschen gelungruppensprecher und SL-BunDer aufsteigende Weihrauch chen Anerkennung des Bischofs gen ist. desvorsitzender Bernd Posselt. tauchte die sonnendurchflutete und einer Geldspende die AktiviVon Herzen danken wir PfarNatürlich waren noch weitere Basilika in ein geheimnisvolles täten des Klosters, das seit März rer Andrš, der die Schirmherrungenannte liebenswerte Men- warmes Licht und sorgte für eine Menschen aus der Ukraine ein schaft der traditionellen deutschen aus weiten Teilen Deutsch- mystische und friedliche Atmo- vorübergehendes Zuhause bie- schen Wallfahrt fortsetzen will. lands und dem gesamten tsche- sphäre. Alle Pilger konnten wäh- tet. Dabei werden ihn Dechant Blüchisch-deutsch-polnischen rend der Gebete und Lieder in Nach dem Pontifikalamt mel und Jan Heinzl weiterhin unGrenzbereich zu dieser Wall- diesem Frieden ein tiefes Gefühl mischte sich Weihbischof Diez terstützen. fahrtsmesse gekommen. der Verbundenheit und ihre Erwähnt sei hier vor allem Ma- Verantwortung als Brückenrianne Blum (* 1941 in Bad Lieb- bauer für die gemeinsame Zuwerda), die wieder mit Tochter kunft deutlich wahrnehmen. und Schwiegersohn aus Fulda Sicherlich war dies den anangereist war. Sie überbrachte gereisten ehemaligen Bediesmal Grüße von Franz Neu- wohnern des Heimatkreises mann, der sonst immer die Wall- Friedland besonders wichtig. fahrt organisiert hatte und heuer Zu ihnen zählte der 90jähriaus gesundheitlichen Gründen ge Heimatortsbetreuer Runicht teilnehmen konnte. Gleich- di Jarisch, der aus Dittersbach zeitig erinnerte sie an Pfarrer Jo- stammt und in der Lutherstadt sef Scholz, (* 9. Juni 1936 in Bul- Wittenberg lebt. Er war mit lendorf, † 15. Mai 2022 in Bran- seinem Neffen Klaus Jarisch denburg; Ý RZ 28/2022), der gekommen und fühlt sich Monoch im letzten Jahr in Haindorf nika Filová aus Dittersbach die Heilige Messe konzelebriert sehr verbunden, die das Verund am Nachmittag in der Kirche mächtnis der ehemaligen Einin Bullendorf einen Gottesdienst wohner des Ortes schon über gehalten hatte. viele Jahre ins Gedächtnis der An der Orgel spielte wieder jetzigen Bewohner bringt. Hans Lau, ein HeimatverbliebeDer aus Haindorf stammenner aus Morchenstern im ehe- de 90jährige Teo Krause war maligen deutschen Kreis Ga- wieder mit seinem Neffen Peblonz, Lieder aus der Deutschen ter Knapp (* 1945 in Haindorf) Messe von Franz Schubert. Weil aus dem bayerisch-schwäbiLau beide Sprachen beherrscht, schen Kaufbeuren-Neugakonnte die Liturgie auch im blonz gekommen und hatte InWechsel mit tschechischen Lie- geborg Krause aus dem hessidern begleitet werden. So ent- schen Haunetal mitgebracht. stand bald ein harmonisches Mit- Ingeborg ist die Tochter seieinander, das durch die Predigt nes verstorbenen Cousins Judes Weibischofs Karlheinz Dietz lius Krause. Julius war der Bein deutscher Sprache unterstri- sitzer der Haindorfer Gaststät- Die Wallfahrer feiern das Patrozinium, die Kirchweihe Mariä Heimsuchung. chen und durch die tschechi- te Grüner Baum. Teo Krauses Damit ist ein Markt auf den Straßen um die Basilika verbunden. Deutsche und tschechische Brückenbauer begegneten sich Anfang Juli beim Wallfahrtsgottesdienst in der Haindorfer Basilika (Þ RZ 28/2022). Monika Hanika berichtet Details.
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REICHENBERGER ZEITUNG
Sudetendeutsche Zeitung Folge 31+32 | 5. 8. 2022
� Königswald/Kreis Tetschen-Bodenbach
Ein Friedhof und seine Geschichte Renate von Babka engagiert sich für die Instandsetzung des Friedhofs in Königswald/Libouchec im ehemaligen Kreis Tetschen-Bodenbach, wo ihre familiären Wurzeln liegen. Noch sucht sie Sponsoren.
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in Blick in die Geschich te zeigt uns, daß der Fried hof mit dem Bau der Kirche ent stand. Friedhöfe an Kirchen waren üblich, sofern in der Ge meinde noch keine Friedhofs kirche oder Kapelle an einem an deren Ort existierte. Der Wegzug der Friedhöfe von den Kirchen in Bereiche außerhalb der Ortschaf ten setzte erst mit den Hygiene vorschriften im Josephinismus Ende des 18. Jahrhunderts ein. In der Praxis war das allerdings größtenteils erst im Lauf des fort geschrittenen 19. Jahrhunderts der Fall. Manchmal kam es über haupt nicht dazu, insbesondere dann, wenn sich die Kirche mit dem Friedhof am Rand des be bauten Teils der Gemeinde be fand wie in Königswald. Die Quellen über die Ge schichte der Friedhöfe sind für den Zeitraum bis zum 17. Jahr hundert größtenteils spärlich. Sie gibt es eher erst für das 19. Jahr hundert. Ein gewisser materieller Beleg der älteren Geschichte des Friedhofs Anfang des 18. Jahr hunderts ist jedoch das bis heu te erhaltene barocke Eingangstor des Seiteneingangs der Kirche. Dieses Tor muß eine Anbindung zur barocken Friedhofsmauer ge habt haben, auch wenn das heu tige Aussehen des Friedhofs das Ergebnis von Umbauten ist. In einer älteren Broschüre über die Königswalder Kirche le sen wir: „Der Eingangsbereich
Ich werde das Unrecht der Vertreibung nie vergessen, doch als Christin bin ich bereit, einen Weg der Versöhnung zu gehen.
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ch bin Jahrgang 1923. Meine deutsch-germanischen Vorfah ren wanderten im 12. Jahrhun dert in die Randgebiete der Su deten und des Böhmerwaldes ein. In den vielen Jahrhunderten entstand durch Fleiß unserer Alt vorderen aus diesem Stückchen Erde ein blühendes Land. Erst nach dem Ersten Welt krieg wurde die Tschechoslo wakei gegründet, nachdem das Land knapp 400 Jahre (1526– 1918) zur Habsburgermonarchie gehört hatte. Aber den Tsche chen gelang es nicht, die Span nungen in dem Vielvölkerstaat zu meistern. Und schon 1938 ging der Staat nach 20 Jahren durch das Mün chener Abkommen zwischen Adolf Hitler und den Westmäch ten zu Ende. Doch durch die Un terdrückung des tschechischen Volkes unter den Nazis erlebten wir Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg dann die fol genschwere Vergeltung – die Vertreibung. Dies ist und bleibt für uns das größte Unrecht im 20. Jahrhundert.
Strandbad in Markersdorf um 1930.
des Treppenhauses führt zu dem großzügig wirkenden Friedhofs eingangstor mit einer Eingangs öffnung, die mit einem halbrun den Bogen mit Gewölbe durch zwei Toskanische Pilaster an den Seiten abgeschlossen und von einem Giebel mit Segmentkrö
derts. Hinter dem Tor steigt der Zufahrtsweg bis zum Seitenein gang im Unterturm an. Die hoch wertige barocke Statuengrup pe ,Kalvarie‘ von 1728 links vor dem Eingangstor bringt diese räumliche Abstufung noch bes ser zum Ausdruck. Die Statuen
Auf dem Friedhof rechts vom Haupteingang ist der hiesige Pa ter Franz Focke beigesetzt. Er ge hörte zu den regionalen Heimat forschern der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auf diesem Friedhof fand auch der Orgel bauer Franz Feller († 1843) sei
Zunächst will Renate von Babka die Walter-Gruft sanieren. Der Frost spaltete die Fugen, die Platten verrutschten und verkeilten sich, und Gras wuchs aus allen Ritzen. Nach 1997 nahm Horst Hamprecht die Sanierung in Angriff. Jedes Jahr schloß er aufs Neue die Fugen. In die besonders breiten gab er Füllmatrial und strich schwarze Farbe drüber. Das Füllmaterial rutschte runter und fiel hörbar ins Wasser. Die Gruft für 35 Särge steht unter Wasser. Sie arbeitet zwischen Winterfrost und Sommerhitze und ist extrem einsturzgefährdet. Die Mauerwand rechts neben der Treppe stand auch schon mal im Frühjahr plötzlich im 45-Grad-Winkel in Richtung Weg. 2019 legte das Ehepaar Hamprecht das letzte Mal Hand an. Dann kam Corona, und inzwischen ist Horst Hamprecht über 90 Jahre alt und kann solche Arbeiten nicht mehr verrichten. nung mit einer heute nicht mehr vorhandenen Steinkugel und zwei seitlichen Spitzpfeilern ge krönt wird. Zwei seichte Nischen gliedern die Wände an den Sei ten des Tores. Diese Ausführung spricht für die Übereinstimmung mit dem Zeitraum des barocken Umbaus Anfang des 18. Jahrhun
sind das Werk eines unbekann ten Schöpfers, der eine ähnliche Statuengruppe auch für die be reits lange verschwundene Brüc ke über den Fluß Biela in Aus sig schuf. Sie steht heute hinter dem Presbyterium der Erzde kanatskirche Mariä Himmelfahrt.
ne letzte Ruhestätte. Seine Söh ne Franz Josef Feller († 1843) und Anton Feller († 1891) waren Or gelbauer mehrerer nordböhmi scher Orgeln des 19. Jahrhun derts. Da ihre Sterbeurkunden in Königswald zu finden sind, müs sen auch sie auf dem hiesigen Friedhof liegen.
� Markersdorf/Kreis Deutsch Gabel
Vertreibung ist ein Unrecht Nun wurden 3,5 Millionen su detendeutsche Landsleute inner halb weniger Stunden mit gerin gen Habseligkeiten ihrer Heimat beraubt und vertrieben. Wir, die wir als Erlebnisgeneration die ses Schicksal, den Verlust der Heimat, erdulden mußten, wis sen, was wir verloren haben, und könnten wohl alle über die da nach folgende Leidenszeit ein Buch schreiben. Für mich grenzt es heute noch an ein Wunder, daß die vielen Heimatlosen ohne Lebensmittelzuteilung und oh ne ein Dach über dem Kopf diese schwere Anfangszeit in Deutsch land überleben konnten. Dage gen bekamen die Tschechen un ser ganzes Privatvermögen, um gerechnet viele Milliarden Euro, sowie einen riesigen Landbesitz von Wald und Ackerfläche. Wir haben inzwischen alle hier wieder liebe Menschen und ei ne Heimat gefunden, doch unser Herz wird immer unserer Wur zelheimat gehören. Deshalb reif te in mir die Idee, einen Kontakt zu den jetzigen Besitzern meines
Elternhauses aufzubauen. Diese Generation trägt keine Schuld an den politisch verirrten Wirkun gen. Ich erfuhr inzwischen, daß die jetzigen Eigentümer in Prag wohnen und unser Haus als Wo chenendhaus gekauft haben. Da wurden meine Gedanken für ei nen Besuch hellwach. 1989 besuchte ich also zum er sten Mal wieder meinen Ort, den ich 44 Jahre zuvor so plötzlich hatte verlassen müssen. Der er ste Eindruck war erschütternd. Wie hatte sich das Dorf verän dert. Viele Häuser waren abge rissen oder zerfallen und standen leer. Häuser, die jahrzehntelang den eisigen Wintern und glühen den Sommern standgehalten hat ten, sind innerhalb einer Gene ration dem Sozialismus erlegen. Der mehr als acht Hektar große Teich ohne Sandstrand, ohne Ba dekabinen und Ruderboote. Das Ufer mit Dickicht verwachsen. Ich suchte vertraute Wege aus meiner Kindheit, doch auch sie waren verwachsen, und Nesseln deckten die Erinnerung zu. Nun
Bilder: Heimatkreisarchiv
waren es nur noch wenige Schrit te auf der Dorfstraße, und ich stand vor meinem Elternhaus. Mir stockte der Atem. Doch die anschließende Be grüßung von den jetzigen Besit zern verlief gleich so herzlich, wie ich es nie zu ahnen gewagt hätte. Als ich in die Stube trat, war mir, als wäre das alte Haus aus einem tiefen Schlaf aufge wacht, um mich ebenfalls zu be grüßen. An der Wand hing noch unsere alte Uhr, die meinem Va ter und Großvater zur letzten Stunde geschlagen hatte. Auf geheimnisvolle Weise roch ich Großmutters köstlichen Mohnkuchen und sah sie mit frisch gemolkener Ziegenmilch aus dem Stall kommen. Wie im Traum ging ich vom Keller bis zum Dachboden. Überall Erinne rungen! Manchmal war ich nahe dran, ,,Mutter“ zu rufen, so gegenwär tig war mir die Vergangenheit. Es waren unwiederbringliche Stun den, die mir diese Menschen er möglichten. Ich brauchte Zeit,
Markersdorf in deutscher Zeit.
Die Königswalder Kirche wur de Mitte des 14. Jahrhunderts erstmals schriftlich erwähnt. Sie war eine Kirche, bei der ein Prie ster seinen ständigen Sitz hatte und die mithin Sitz eines Kirch spiels war. Wie gesagt, gab es den Friedhof an der Kirche be reits mehrere Jahrzehnte eher. Unterschiedliche Konfessionen änderten nichts an seiner Nut zung. Der Friedhof existierte im mer ohne Rücksicht darauf, ob der Pfarrer ein Katholik oder ein Lutheraner war. Die Beisetzun gen sind erst mit den standes amtlichen Eintragungen ab 1654 belegt. Zwar steht in den amtlichen Eintragungen nicht, daß auf dem Friedhof Beisetzungen statt gefunden hätten, aber es han delt sich um die standesamt lichen Einträge der beigesetz ten Personen des Königswalder Kirchspiels, und woanders wa ren Beisetzungen nicht möglich. Die Größe des Friedhofs ist an den Karten vom Stabilen Kata ster 1843 ersichtlich. Damals war der Friedhof kleiner als heute. In der Einleitung zum Inventar des Archivfonds „Pfarramt Königs wald“ im Aussiger Stadtarchiv steht, daß der Friedhof 1880 er weitert und am 8. Oktober 1882 auf dem Friedhof eine neue Lei chenhalle geweiht worden sei. In diesem Inventar befindet sich au ßer der erwähnten Pfarrchronik kein Schriftstück, das Aufschluß über die Geschichte des Königs walder Friedhofs geben würde. Die Kirchenabrechnungen 1736 bis 1809 und 1863 bis 1941 könn ten vielleicht über die Instand setzungen der Friedhofsmauern oder über den Bau der Leichen halle Auskunft geben. um dies alles langsam zu verkraf ten – und ich will wiederkom men. Bei meinem letzten Besuch 2003 fuhr unsere Tochter mit, und ich konnte ihr unsere Heimat Nordböhmen zeigen. Im Eltern haus wurden wir wieder herzlich aufgenommen. Am Nachmittag saßen wir mit elf Personen, es ka men noch Bekannte von uns da zu – dreisprachig – in unserem großen Garten unter dem Apfel baum bei Kaffee und Kuchen. Diesmal nahm ich bewußt von al len Abschied, denn bald wird es heißen, sich in die ewige Heimat zu verabschieden, aus der wir nie mehr vertrieben werden können. Deshalb bedanke ich mich bei meinen tschechischen Freunden herzlich, weil sie mir die Gele genheit gaben, daß ich dies alles noch erleben durfte, und auch, daß sie das Hab und Gut achten und pflegen, das einmal uns ge hörte. Wie schön könnte es auf der Welt sein, wenn solche Brücken zu einem menschlichen „Zusam menführen“ helfen könnten. Ge rade weil in unserer friedlosen Welt ein Weg zur Versöhnung wichtig wäre. Das Unrecht der Vertreibung muß man deshalb nicht vergessen. Ilse Redlinger
Die Jungfernsteine in Ringelshain im Kreis Deutsch Gabel.
� Ringelshain
Drei Jungfrauen Die Jungfernsage von Ringelshain überlieferte der Chronist Josef Bürger in „Geschichte von Lämberg und Chronik von Ringelshain“ 1886.
D
ie Sage gibt es in verschie denen Versionen. Eine da von lautet: „Vor vielen Jahrhun derten hatten sich auf einer Wie se bei den Steinen, den jetzigen Jungfernsteinen, drei Jungfrau en aus Ringelshain an einem Fei ertag während des Hochamtes in der damaligen Ringelshainer Kir che dem Tanz hingegeben. Trotz der Ermahnung Vorübergehen der verharrten sie in ausgelasse ner Freude. Zur Strafe ihres Fre vels versanken sie in der Erde.“
TERMINE n Freitag, 2. bis Sonntag, 4. September, Kriesdorf: 65. Hei mattreffen in Jonsdorf im Kur haus Jonsdorf. Übernachtungen dort bitte selbst reservieren bei Kurhaus Jonsdorf, Auf der Hei de 9, 02796 Luftkurort Jonsdorf, Telefon (03 58 44) 71 10, eMail kurhaus-jonsdorf@t-online.de, Internet www.kurhaus-jonsdorf. de. Auskunft und Unterstüt zung: Christian Schwarz, Tele fon (0 04 36 99) 11 12 59 56, eMail chris@clcs.at
KREIS DEUTSCH GABEL n Hennersdorf – Todesfall: Am 1. Juli starb Hella Brabetz/ Prokop (Haus-Nr. 2) kurz vor ih rem 94. Geburtstag in München. Sie war die Witwe von Hans Bra betz, dem langjährigen Heimat kreisbetreuer für Deutsch Gabel und allen umliegenden Ortschaf ten. Die Hinterbliebenen sind die Töchter Karin Zinner und Isolde Schemberg mit Angehörigen. Im Namen der Hennersdorfer spre che ich auf diesem Wege mein aufrichtiges Beileid aus. Rosl Machtolf n Markersdorf – Todesfall: Am 18. Juni starb nach ei nem erfüllten Leben Ilse Redlin ger/Volkmer (Haus-Nr. 82) mit 98 Jahren im württembergischen Leonberg. Bereits 2007 war ihr Mann Franz, Sohn des Steyrer franzels aus Schwarzpfütz, ge storben. Zuletzt lebte sie viele Jahre im Betreuten Wohnen im Samariterstift in Leonberg. Un sere aufrichtige Anteilnahme sprechen wir ihrer Tochter Elke Redlinger-Schmidt, Zollernstra ße 39/1, 71229 Leonberg, sowie allen Angehörigen aus. Der Ver lust der Heimat beschäftigte sie bis ins hohe Alter, doch als Chri stin war sie auch bereit, einen Weg der Versöhnung zu gehen (Ý links). Personensuche: Gesucht wird die Ortsbetreuerin von Markers dorf, Helga Hecht, zuletzt wohn haft in Breite Straße 7, 06642 Ne bra. Wer kennt die neue Anschrift oder Telefonnummer? Antwort erbeten an Heimatkreisbetreuer Othmar Zinner, Fastlinger Ring 267, 85716 Unterschleißheim, Telefon (0 89) 3 10 73 83, eMail othmar.zinner@gmx.net Othmar Zinner
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REICHENBERGER ZEITUNG
Sudetendeutsche Zeitung Folge 31+32 | 5. 8. 2022
� Friedland
Karl Kolaczek und die Wallenstein-Apotheke Die Stadtvertretung in Fried- Lebensjahr an einem Herzklap- kann sich jeder beim Besuch der hatte er im Nordböhmischen Ge- Gefallenendenkmals erfolgte am land hielt am 14. Dezember 1932 penfehler. Dieses Haus wurde Apotheke ansehen.“ werbemuseum in der Stadt unter 24. und 25. August 1929. Das Mounter dem Vorsitz des Bürger- am letzten Kriegstag, dem 8. Mai Richtig ist: Bei dem Besuch dem Jeschken seine eigene Aus- nument aus Lindenholz hatte eimeisters Eduard Schröder ei- 1945, von Fliegerbomben zer- der Apotheke findet kein Besu- stellung. Am 29. November 1959 ne Höhe von 4,5 Meter und zeigne öffentliche Sitzung ab, in der stört. Bis heute ist die über ei- cher die kleinste Spur von die- starb Karl Kolaczek in Reichen- te Christus, wie er vom Kreuz herab die Hand einem tödlich nen langen Zeitraum un- sen zwei beschriebenen Gegen- berg. die Rechnungsabschlüsgenutzte Baulücke, die ständen aus der Vergangenheit. se der Gemeinde und Kolaczek war Sieger vieler verwundeten Soldaten reicht. Sein wichtigstes Werk nach der Bombar- Niemand in der Apotheke hat die Wettbewerbe, Mitglied der von der Gemeinaus der Zwischendierung der Stadt geringste Ahnung, wohin diese des Metznerbundes de verwalteten Ankriegszeit war das direkt neben der zwei Sachen verschwunden sind. und Schöpfer der stalten und Fonds Denkmal „Die Apotheke ent- Auch die Information in tsche- Gefallenendenkfür das Jahr 1931 sterbende Kraft“ stand, zu sehen. zur Debatte chischer Sprache über die Eröff- male in Leitmezu Ehren der Nach dem En- nung der Apotheke im Jahr 1920, ritz und Reistanden. Bei dieGefallenen und de des Zweiten die auf dem an der Außenwand chenberg. Ein ser Sitzung wurVermißten des Weltkriegs wur- angebrachten Schild zu finden weiteres de auch das GeseiErsten Weltde in den Räu- ist, entspricht nicht der Wahr- ner Kunstwersuch des Alois kriegs mit der men der ehemali- heit. Meiner Ansicht nach ist das ke ist das ReliStreitzig um die Statue eines tödgen Apotheke ein angegebene Jahr völlig falsch. ef des ReichenKonzession für lich verwundeten Uhrengeschäft er- Nach den mir bekannten und zur berger Tuchträgers den Betrieb einer Soldaten, das öffnet. Die neue Verfügung stehenden Informa- an der Fassade neuen Apotheke in Friedland im Karl Kolaczeks Wallensteinrelief Wallensteintionen wurde die Apotheke nicht des Hauses in Deutsche Aufschrift auf der sich vor der Kirche des Heiligen Apotheke, mit im Jahr 1920, sondern am 27. der Lerchenfeld- Apotheken-Fassade. befürwortenden an der Apothekenfassade. gasse 8a – heuKreuzes in Reiden neu reno- September 1934 gegründet. Sinne erledigt. vierten Räumlichkeiten, wurde Über dem Eingang in die Apo- te Rumjancevova ulice – ge- chenberg befand. Am 31. Mai m 27. September 1934, kurz 55 Jahre später, nach dem Besit- theke und auf der linken Außen- genüber der Regionalen wissen- 1931 wurde dieses Denkmal im nach der Wallenstein-Fei- zerwechsel von dem jetzigen In- wand des Gebäudes befindet sich schaftlichen Bibliothek. Es ist das Beisein von nahezu 15 000 Zuer, die in Friedland vom 23. Juni haber wieder ins Leben gerufen. noch heute ein rundes Relief, auf einzige erhaltene Kunstwerk von schauern feierlich enthüllt. An bis 1. Juli 1934 stattfand, eröffne- Seit dem Jahr 2000 versorgt sie dem sich der Kopf des Herzogs Karl Kolaczek. der Denkmal-Enthüllung und te der aus Haindorf stammende die Friedländer Bevölkerung mit von Friedland, Albrecht WenBei der Ausstellung der Kunst- an der Weihe in den neu geApotheker Alois Streitzig seine allem, was für Heilung und Ge- zel Eusebius von Wallenstein werke von Künstlern aus der Hei- schaffenen Anlagen unterhalb neue Apotheke. Sie hieß Wal- sundheit nötig ist. Auf der rech- (* 24. September 1583 in Hartma- mat, die in Friedland im Schloß- der Kreuzkirche beteiligten sich lenstein-Apotheke und war im ten Außenwand der Apotheke nitz; † 25. Februar 1634 in Eger), museum während der großen auch die Kameraden und die eheHaus Nr. 390 des Oberlehrers maligen „94er“ aus Friedland Al fred Beer im Zentrum der und Umgebung. Der Festzug Stadt an der Ecke Schloßgasmarschierte vom Turnhallense/Töpferplatz. Im Juli 1937 garten zum Denkmalplatz. stellte Streitzig die erforderHier folgten die Feldmesse, lichen Medikamente für die Festrede, Enthüllung und die Hausapotheke der FerienkoloWeihe. Nach der Gedenkrenie zur Verfügung. Seit dieser de übernahm der ReichenberEröffnung sind mittlerweile ger Bürgermeister Karl Kostka beinahe 88 Jahre vergangen. das Denkmal in die Obhut der Der Hausbesitzer Alfred Stadtverwaltung. Dem folgte Beer starb am 26. Juli 1938 ein Volksfest im Volksgarten. nach längerer Krankheit in An der großartigen und einseinem 82. Lebensjahr. Beer drucksvollen Feier beteiligten war in Horschenz (Hořenec) sich rund 100 Vereine mit 80 zur Welt gekommen und ging Fahnen. nach dem Besuch des GymNach der Vertreibung der nasiums an die StaatslehrerDeutschen aus der Tschechobildungsanstalt nach Prag, slowakei wurde dieses Kunstdie er 1878 absolvierte. 1878 werk wegen der deutschen InBilder: Stanislav Beran schrift: „In euren Taten laßt bis 1920, über vier Jahrzehn- Die Lücke rechts neben der Waldstein-Apotheke zeugt von der Bombardierung am 8. Mai 1945. te, stand er im Schuldienst uns ewig leben!“, die sich auf in den Bezirken Asch, Traute- befindet sich eine neue runde befindet. Der Autor dieser klei- Wallenstein-Gedenkfeier vom dem Sockel des Denkmals benau und Friedland. In Friedland Reklametafel mit dem deutschen nen Kunstwerke ist der Reichen- 17. Juni bis 1. Juli 1934 lief, wur- fand, zerstört. Damals sahen die war er von 1884 bis 1896 Franzö- Text: „Wallenstein-Apotheke – berger akademische Bildhau- de sein Gipsmodell des Portraits neuen Siedler nur die deutsche sischlehrer an der Bürgerschu- Friedland i. B. – Schloßgasse“, er Karl Kolaczek, der am 20. De- und des Wappens für das Grab- Schrift und waren sich nicht bele. Nachher war er bis zu sei- die an vergangene Zeiten erin- zember 1898 in Ratiboritz im mal Wallensteins in der Anna- wußt, daß sie ein wichtiges hukirche in Münchengrätz ausge- manistisches Denkmal von hoher ner Rente im Jahr 1920 Lehrer nert. Kreis Nachod geboren wurde. in Jungbuch bei Trautenau. Seit Ein interessanter, aber aus Sein Studium absolvierte er stellt. Dieses Grabmal schuf Ko- künstlerischer Qualität zerstör1921 lebte er mit seiner Familie meiner Sicht leider falscher Hin- an der Kunstgewerbeschule in laczek zum 300. Todestag von ten, das allen Opfern des Ersten wieder in Friedland. Alfred Beer weis in tschechischer Sprache Wien, wo er Schüler der öster- Albrecht von Wallenstein. Das Weltkriegs gewidmet war und hatte einen Sohn, den Lehrer Os- befindet sich auf der Internetsei- reichischen Bildhauer Josef Va- Schloß in Münchengrätz ist heu- nach der Gründung der Tschewald Beer, der an der Knaben- te der jetzigen Apotheke www. lentin Kassin (* 15. Mai 1856 in te nicht nur die letzte Ruhestät- choslowakischen Republik entvolksschule in Friedland lehrte. lekarna-frydlant.cz: „Aus der Zeit Klagenfurt-Sankt Ruprecht, † 30. te des berühmten Feldherrn, son- stand. Nach der Zerstörung verNachbar der Wallenstein- der ursprünglichen Wallenstein- Dezember 1931 in Wien) und dern auch ein Ort, an dem viele schwand das Reichenberger Apotheke war bei der Eröffnung Apotheke sind ein altes Rezept Karl Wollek (* 31. Oktober 1862 mit dem Herzog verbundene hi- Denkmal für die Gefallenen des 1934 der Zahnarzt Anton Kratzer, und eine Originalschachtel für in Brünn, † 3. September 1936 storische Gegenstände aufbe- Ersten Weltkriegs spurlos und der in dem Nebenhaus rechts in Medikamente vom Anfang des in Wien) war. 1923 kam er nach wahrt werden. für immer. Übrig geblieben sind Die Enthüllung des von Ko- nur Fotos und ein leerer Platz. der Schloßgasse 391 wohnte. Er 20. Jahrhunderts erhalten geblie- Reichenberg und wohnte in der starb am 28. August 1942 im 72. ben. Diese beiden Gegenstände Ruppersdorfer Straße 71. 1935 laczek stammenden Leitmeritzer Stanislav Beran
A
� Kaufbeuren
Gablonz zu Gast beim Tänzelfest Eine Delegation aus Gablonz besuchte das Tänzelfest von Mitte bis Ende Juli in der bayerisch-schwäbischen Partnerstadt Kaufbeuren.
N
ach zwei langen Jahren Coronapause fand endlich wieder das traditionelle Tänzelfest
in der Altstadt von Kaufbeuren statt. Dazu hatte die Stadt wie in der Vergangenheit Vertreter der Partnerstädte Ferrara in Italien, Szombathely in Ungarn und Gablonz eingeladen. Feierlich eröffnet wurde das historische Tänzelfest vom Oberbürgermeister Stefan Bosse.
Der Gablonzer Repräsentant Milan Kouřil und der Kaufbeurener Oberbürgermeister Stefan Bosse. Bilder: Stadt Gablonz
Die offizielle Delegation aus Gablonz wurde von Milan Kouřil vertreten. Der traf sich nicht nur mit seinen Amtskollegen aus anderen Städten in Kaufbeuren, sondern besuchte auch einige Veranstaltungen. Eine davon war die beliebte Abendveranstaltung „Lagerleben“, an der der Verein der Damen und Herren aus Gablonz aktiv teilnahm. An dem Gablonzer Stand konnten die Besucher traditionelle böhmische HochzeitKolatschen und andere regionale Spezialitäten kosten oder einfach nur tschechischen Volksliedern lauschen und ein wenig verweilen. Die Mutigen haben sogar etliche Tanzrunden mit den Tänzerinnen aus Gablonz gedreht. Im Rahmen des Konzerts der Blaskapellen und des traditionellen großen Festumzugs wurde die junge Blaskapelle aus Gablonz vorgestellt. Sie tritt zusammen mit ihrer Partnerkapelle „Musikvereinigung Neugablonz“ re-
gelmäßig bei dem Tänzelfest auf. Das Kaufbeurener Tänzelfest ist das älteste Kinderfest in Bayern. Mit Ausnahme von zwei Pandemiejahren findet das Kinderfest seit dem 15. Jahrhundert jedes Jahr statt und gehört seit April 2020 offiziell zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO.
Zahlreiche Besucher jeden Alters nahmen an dem Tänzelfest teil, sei es als Zuschauer, Organisator oder Darsteller. Allein beim Hauptumzug waren ungefähr 1850 kostümierte Kinder, 170 Reitpferde, mehr als 35 Festwägen und 20 unterschiedliche Blaskapellen zu sehen. Stanislav Beran
Gablonzer Damen locken mit böhmischen Schmankerl.
� Gablonz
Wunderwelt aus Glaskugeln Weihnachtsschmuck an einem Baum zeigen? Das wäre zu langweilig. Die neue Installation des Gablonzer Glas- und BijouterieMuseums präsentiert ihn anders. Als Meereswellen, Dampfer oder als Wolkenkratzer. „Mehr als 3300 Schmuckstücke brauchte der Designer Jakub Berdych Karpelis für die Sonderexposition“, sagt Museumsdirektorin Milada Valečková. Die Ausstellung soll an den langen Weg des Gablonzer Weihnachtsschmucks nach Übersee erinnern.
M
it der Ausstellungseröffnung beendet das Museum seine zehnjährigen Bemühungen, um den atypischen Anbau in Form eines Kristalls mit Leben zu erfüllen. Das dreistöckige Gebäude wurde vor zwei Jahren eröffnet, die neue Dauerausstellung „WOW – Welt der Wunder“ kam jetzt dazu. Sie beinhaltet nur ein Fünftel des reichen weltweit einzigartigen Museumsfundus aus 17 000 Posten von Weihnachtsschmuck aus Glas und Perlen. Die meisten Stücke bekam das Museum im Jahr 2008 als Geschenk von der ehemaligen Exportgesellschaft Jablonex, die ihren Musterraum aufließ. Der Rest stammt von der Firma Ornex. Kuratorin Dagmar Havlíčková: „Die Sammlung wird stets ergänzt. Sie umfaßt aber auch historische Exponate vom Anfang des 20. Jahrhunderts.“ Milada Valečková: „Unser Ziel war keine gewöhnliche Dauerausstellung, wir wollen den Besuchern ein einzigartiges emotionales Erlebnis bieten. Direkt in der Exposition findet man nur Grunddaten. Details und weitere Informationen bietet der Audiobegleiter, der in fünf Sprachen zur Verfügung steht. Außerdem gibt es einen Kurzfilm über die Herstellung von Weihnachtsschmuck von Tomáš Luňák, der 2012 für seinen Film „Alois Nebel“ den Europäischen Filmpreis in der Kategorie „Bester Animationsfilm“ erhielt. Die ältesten Exponate stammen aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. „Es sind Pappdekorationen oder Produkte aus geblasenen Perlen, die mit Wachs und Phosphor gefüllt sind, die auf dem Baum strahlen“, sagt Chefkurator Petr Nový. Das größte Exponat ist eine 68 Zentimeter hohe Turmspitze, das winzigste eine 4,5 Zentimeter hohe Elefantenfigur. „Wir haben auch einige luxuriöse Dekorationen, um die uns sogar das New Yorker Metropolitan Museum beneidet.“ Mit der Ausstellung eröffnete das Museum ein neues Atelier, das über die Feiertage kreative Workshops anbietet. Die Programme sind vor allem für Familien mit Kindern. Jeden Freitag können die Besucher Vorführungen der traditionellen Glas- und Modeschmuckherstellung bewundern oder selbst etwas basteln. Während der Ferien ist die Fuchsenbaude in der ehemaligen Glasgemeinde Christianstal im Isergebirge täglich geöffnet, wo eine Dauerausstellung über die Ortsgeschichte und ein Familienprogramm läuft. Am 27. August werden dort Glasbläser ihre Kunst zeigen. Petra Laurin
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 31+32 | 5. 8. 2022
Dux
Ladowitz
Klostergrab
Ossegg
für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau
Bilin
Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. H eimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den See gärten 35a, 63920 Großheubach, Tele fon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard.spacek@gmx.de Redak tionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Lexa Wessel, eMail heimatruf@ sudeten.de
Teplitz-Schönau
Graupen
Niklasberg
� Teplitz-Schönau – Vortrag im Schloßmuseum
Böhmische Prinzessin und dänische Königin Anfang Juni fand im Teplitzer Schloßmuseum ein Vortrag des ehemaligen tschechischen Botschafters in Dänemark, Zdeněk Lyčka, statt. Lyčka berichtete über das Königreich Dänemark, dessen Kultur, Kunst, Architektur und historische Vergangenheit, darunter auch über die böhmische Prinzessin und dänische Königin Dagmar aus dem Geschlecht der Přemysliden. Jutta Benešová berichtet.
Z
deněk Lyčka studierte unter anderem moderne Philologie mit Spezialisierung auf die dänische und englische Sprache an Bei der Ausstellung „Königin Dagmar, eine der Philosophischen Fakultät der böhmische Prinzessin“ erzählten 20 Tafeln Karls-Universität in Prag. 1991 von Fakten und Legenden, den Přemysliden bis 1996 war er an der damals sowie den dänischen Königen. noch tschechoslowakischen Botschaft in Kopenhagen, 1998 bis 2002 war er Direktor des Tsche- wenn man in Dänemark über die beteiligte sich die Botschaft der treibung. Das erste Mal war zuchischen Zentrums in Stockholm. Königin Dagmar spreche, erin- Tschechischen Republik in Ko- sammen mit ihren Eltern, als OtUnd 2008 bis 2013 war er Bot- nerten sich die Dänen vor allem penhagen aktiv an den Feierlich- tokar I. vor seinem Verwandten schafter der Tschechischen Re- an die Volksballaden über diese keiten, welche an Königin Dag- Heinrich Břetislav III. nach Meipublik in Dänemark. anmutige und gutherzige Köni- mar erinnerten – die einzige dä- ßen flüchten mußte. Im Jahr 1197 Er erzählte gin. Aber nur nische Königin des Mittelalters, kehrte die Familie zurück. Kurz auf interessanwenige wüß- die in den Legenden bis heu- darauf verstieß der König seine te Weise über ten, daß sie aus te weiterlebt. Dagmar personifi- Gemahlin Adelheid, welche erdieses KönigBöhmen stam- ziert damit die persönliche Bin- neut Schutz bei ihrem Bruder am Bei der Ausstellungseröffnung in Ringsted 2012. reich auf der me. dung zwischen Dänemark und markgräflichen Hof in Meißen jütländischen Sie wurde der Tschechischen Republik. fand. zeichnis. Sie war sich bewußt, Dieser aufschlußreiche VorHalbinsel. Zu im Jahr 1186 An dem Festival in Ribe im Im Jahr 1204 besuchten dä- daß sie eine Frau dreier Reiche trag des ehemaligen Tschechidiesem gehöauf den Na- Jahr 2012 nahm auch eine Dele- nische Gesandte den Meißner war, welche Dänemark mit den schen Botschafters Zdeněk Lyčka ren auch Grönmen Markéta gation des tschechischen Parla- Hof und trugen Drahomira den Ländern verband, die an der El- fand in den Räumen des romaniland und die Drahomira ge- ments unter der Leitung der da- Heiratswunsch des seit 1202 re- be und an dem Ufer der Ostsee schen Benediktinerinnenklosters Färöer-Inseln, tauft und war maligen Parlamentsvorsitzenden gierenden, dänischen Königs lagen: die Länder der Abodri- statt. Königin Judith von Thürinwo sich Norddie Tochter des Miroslava Němcová teil. Bei die- Waldemar II. zu. Bei den nach- ten, der Elbslawen und des Pom- gen aus dem Geschlecht der Luund Ostsee Herzogs und ser Gelegenheit traf sich die De- folgenden diplomatischen Ver- mernlandes. dowinger hatte es um 1158 getreffen. späteren Kö- legation auch – entgegen aller handlungen bekannte sich OtSie schien rein und gerecht gründet, und es ist nun Teil des Mit seiner Zdeněk Lyčka referiert im ehemali- nigs Ottokar I. protokollarischer Gepflogenhei- tokar I. wieder stolz zu seiner zu sein und half dem dänischen Teplitzer Schlosses. Dessen Begen Benediktinerinnen Kloster, heu- Přemysl von Mitteilung, Volk, welches dies zu schät- wohner haben auch in den nachdaß 2012 in te Teil des Teplitzer Schlosses.. Böhmen zen wußte. Ihre barmherzi- folgenden Jahrhunderten einen Dänemark das und dessen gen Taten werden noch heu- bedeutenden Teil der europäFestival „Dagmar 800“ anläß- erster Gemahlin Adelheid von te in Volksliedern besungen. ischen Geschichte mitgeschrielich des 800. Todestages der dä- Meißen aus dem Geschlecht Sie schildern unter anderem ben. nischen Königin Dagmar ausge- der Wettiner. Wie allgemein die Hochzeitsfahrt der böhmiGleichzeitig sind einige Tarufen worden sei, erregte Lyčka bekannt ist, ist Ottokar I. schen Prinzessin und ihre Bitte feln der tschechischen Ausstelbesondere Aufmerksamkeit un- Přemysl der Sohn der Teplitan Waldemar, als Morgenga- lung zu sehen. Diese machen die ter den Teplitzer Zuhörern. Denn zer Klostergründerin Judith be die Gefangenen freizulas- Besucher vor allem mit der Zeit von Thüringen und des böhsen und die Bauern von Abga- bekannt, in welcher Ottokar I. mischen Königs Wladislaw II. ben zu befreien. Das bekann- Přemysl lebte, regierte und dabei Somit war Judith die Großteste dieser Volkslieder heißt seine Tochter in seine diplomatimutter der zukünftigen däni„Dronning Dagmar ligger udi schen Pläne einbezog. Die Ausschen Königin. Ribe syg“ – deutsch „Köni- stellung läuft bis 18. August Lyčka bemerkte dazu: „Wir gin Dagmar liegt krank in Rihaben zwischen Dänemark be“– und beschreibt ihren und der Tschechischen ReTod. Das Lied ertönt im Dom publik ein einziges Problem, zu Ribe täglich als Glockenund zwar, daß wir nicht genau spiel. wissen, wann Königin DagDas Dagmarkreuz geht mar gestorben ist. Wir wissen, ebenfalls auf ihren Namen zudaß es der 24. Mai war, aber rück, eine byzantinische Arob das im Jahr 1212 oder 1213 Dieses Relief von Anne Marie Carl-Nielsen am Fuße der Dagmar-Statue am Ri- beit des 10. oder 11. Jahrhunwar, wissen wir nicht. Die Dä- berhus zeigt den frühen Tod Königin Dagmars, wie ihn ein altes dänisches Volks- derts, welches ihr angeblich nen behaupten, es sei das Jahr lied besingt. Mutter Adelheid beim Ab1212 gewesen, aber in unseschied um den Hals gelegt hat. ren historischen Büchern wird ten – mit der dänischen Königin Tochter, da er nach einem geeig- Eine Nachbildung des Kreuzes 1213 erwähnt. Das führte mich Margreth II. Lyčka erklärte dazu, neten politischen Verbündeten ist bis heute in Dänemark ein trazu der Idee, als wir im Mai 2012 daß diese damit ihre Huldigung suchte. ditionelles Tauf- und HochzeitsDagmarkreuz oder Dagmarkors. zu den Feierlichkeiten für Köni- und Verehrung gegenüber der Drahomira wurde im Jahr geschenk. gin Dagmar in der Stadt Ribe wa- dänischen Königin Dagmar zum 1205 in Lübeck mit Waldemar ren, ein Jahr der Königin Dag- Ausdruck habe bringen wollen. vermählt. Mit der Hochzeit ermar auch bei uns in der TscheDie Ausstellung wanderte hielt sie auch den neuen Namen WIR GRATULIEREN chischen Republik auszurufen, dann im September 2012 nach Dagmar – Tagesjungfrau bezien Heimatkreis Dux. HerWir wünschen unseren treudas am 24. Mai 2012 begann und Ringsted. An diesem Ort war Dag- hungsweise Morgenrot –, welen Heimatruf-Abonnenten, bert Ring, jahrzehntelang Auam 24. Mai 2013 endete.“ mar in der Kirche Sankt Bendt cher ihre Schönheit und adelige die im August Geburtstag fei- tor des Heimatrufs, SenioDie Tschechische Botschaft in beigesetzt worden. Dort eröffne- Gestalt symbolisieren sollte. ern, von Herzen alles Gute, renzentrum Lambertusstift, Kopenhagen hatte 2012, anläß- ten der Tschechische BotschafIm Jahr 1209 schenkte sie ihGesundheit und Gottes über- Dorstener Straße 653, 45721 lich des Festivals „Dagmar 800“, ter Lyčka und der Bürgermeister rem Gemahl den Sohn Waldereichen Segen. Haltern, zu seinem 98. Gedie Ausstellung „Königin Dag- von Ringsted, Nils Ulrich Her- mar. Sie starb nach sieben Jahren burtstag am 17. August. mar, eine böhmische Prinzes- mansen, die Ausstellung. Die Ehe bei der Geburt des zweiten n Bilin. Dr. Gerda Plattig/ n Sobrusan/Kreis Dux. sin“ in Ribe, der Stadt, in wel- tschechische Version der Aus- Kindes in Ribe. Und sie wurde in Schlager, Steinforststraße 30, Herbert Ring, Seniorenzencher Dagmar lebte und starb, stellung eröffnete dann Mirosla- der von Waldemar I. von 1163 bis 91056 Erlangen, 17. August trum Lambertusstift, Dorstein Form von 20 Tafeln vorberei- va Němcová im September 2012 1170 errichteten Sankt-Bendts1940. ner Straße 653, 45721 Haltern, tet. Diese informierten über die im Nationalarchiv in Prag. Die- Kirche zu Ringsted auf Seeland n Rothaugest/Kreis Bi- 17. August 1924; Přemysliden, die dänischen Kö- se war bis 2013 im Clementinum bestattet. lin. Dr. Alois Hartmann, KetHarald Mündel, Rilkestraße nige, über historische Fakten und in Prag der breiten Öffentlichkeit In Dänemark war Dagmar bei telerstraße 36, 63303 Dreieich, 11, 94315 Straubing, 26. AuLegenden. Tschechische und dä- zugänglich. ihrem Volk sehr beliebt. Bereits 1. August 1932. gust 1929. nische Historiker stellten die TexMarkéta Drahomira erlebte in im 13. Jahrhundert findet sich Eine Dagmar-Darstellung. te gemeinsam zusammen. Damit ihrer Jugend zweimal eine Ver- ihr Name in einem Heiligenver-
HEIMATBOTE
Sudetendeutsche Zeitung Folge 31+32 | 5. 8. 2022
Bischofteinitz
Ronsperg
FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ
15 Hostau
Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de
Vergangenes Wochenende feierte Ronsperg die Verbreitung der Paneuropa-Idee von Richard Nikolaus Graf Coudenhove-Kalergi vor 100 Jahren mit einem Schloßfest, das alle Erwartungen übertraf.
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um Auftakt eröffnete eine Ausstellung über den Gründer der Paneuropa-Union, Richard Nikolaus Graf Coudenhove-Kalergi. Sie läuft bis 21. August. Ab 8. September wird sie im Rahmen der tschechischen EURatspräsidentschaft auch drei Wochen lang im Haus des Kreises Pilsen in Brüssel gezeigt. Später zieht sie ins Centrum Bavaria Bohemia im oberpfälzischen Schönsee. Der Direktor des Tschechischen Denkmalamtes in Budweis, Petr Pavelec, erinnerte bei der Vernissage daran, daß Richard Coudenhove-Kalergi oft gesagt habe, er sei in Ronsperg groß geworden und der dortige Aufenthalt habe seine Persönlichkeit beeinflußt. Am Samstagmittag begrüßte Bürgermeister Martin Kopecký unter den Ehrengästen beim Japanischen Garten Kulturminister Martin Baxa, Rudolf Špotak, Hauptmann der Region Pilsen, Jan Látka, Vorsitzender des Ausschusses für Kultur, Denkmalpflege und Tourismus des Bezirks Pilsen, Bernd Posselt, Präsident der Paneuropa-Union Deutschland und Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Mirian Švejda, Präsident der Tschechischen Paneuropa-Union, Ehrenbürgerin Masumi Böttcher-Muraki, Thomas Kessi von der schweizerischen Partnergemeinde Radelfingen sowie Denkmalamtsdirektor Petr Pavelec. Kopecký nannte die Freundschaften zwischen den Nationen wichtig, dies zeige sich jetzt beim Ukraine-Krieg. Sein Dank richtete sich an alle, welche die Stadt Budweis bei ihren Bemühungen um die Sanierung des Schlosses unterstützen. Kulturminister Baxa bemerkte, daß Coudenhove-Kalergi die Richtung vorgegeben habe für die Zusammenarbeit in Europa. In Ronsperg sei damit Geschichte geschrieben worden, denn dieser Mann, der in ganz Europa bekannt sei, habe hier gelebt. Leider hätten die Kommunisten das Schloß zerstört. Der Gedanke der europäischen Integration sei auf jeden Fall in Ronsperg entstanden. Der Krieg in der Ukraine zeige, wie wichtig der europäische Zusammenhalt sei. Rudolf Špotak forderte, „daß uns der Gedanke der PaneuropaUnion in die Zukunft führt“. Er wünsche der Ausstellung, in der ganzen Welt erfolgreich zu sein. Er wünsche sich, daß die erste Etappe der Rekonstruktion nicht die letzte sein werde und die Arbeiten gut vorangingen. Jan Látka dankte für die Organisati-
Die Pilsener Philharmonie konzertiert vor dem Schloß.
Schloßfest in Ronsperg
Vereintes Europa und saniertes Schloß on der Veranstaltung und versprach, nach besten Kräften bei der Renovierung des Schlosses zu helfen, wobei alles eigentlich viel schneller vorangehen müsse. Petr Pavelec wies darauf hin, daß Richard Nikolaus Couden-
Bernd Posselt
Als die größte Unterstützerin der Restaurierung des Schlosses, der auch der Zen-Garten in Ronsperg zu verdanken sei, stellte Bürgermeister Kopecký Masumi Böttcher-Muraki vor. Diese bemerkte, daß dieser Garten
Jan Látka
Martin Baxa
Martin Kopecký
hove-Kalergi in einem Buch, für das Winston Churchill das Vorwort geschrieben habe, das Schloß in Ronsperg als sein Zuhause bezeichne. Die Jahre, die er dort verbracht habe, hätten ihn geprägt. In seinen Memoiren schreibe er viel über seinen Vater Heinrich. Pavelec verwies auf einen Ausspruch des Begründers der Paneuropa-Union: „Nichts ist sicher, aber alles ist möglich.“ Dies treffe auch auf die geplante Restaurierung des Schlosses zu.
symbolisch die Familie zeige, die einst im Schloß gelebt habe. Es sei egal, welcher Stein wen symbolisiere. Das überlasse sie der Fantasie der Besucher des ZenGartens. Bernd Posselt erinnerte daran, daß er vor 47 Jahren die Ehre gehabt habe, die Paneuropa-Jugend zu gründen. Damals sei es nur im freien Westeuropa möglich gewesen, Veranstaltungen durchzuführen. So hätten sich die jungen Leute immer
Petr Pavelec, der Direktor des Tschechischen Denkmalamtes in Budweis, führt durch die Ausstellung.
gi das Schloß ein wissenschaftliches Zentrum der Monarchie gewesen sei. Leider habe sich zunächst der Traum des Paneuropa-Gründers nicht erfüllt, da der Zweite Weltkrieg ausgebrochen sei. Die Gedanken über die europäische Einigung seien aber in diesem Schloß geboren worden. Švejda versprach, daß die tschechische Paneuropa-Union alles versuchen werde, damit sich die Wünsche für das Schloß erfüllten. Thomas Kessi sprach die Hoffnung aus, daß Europa in dieser schwierigen Zeit zusammenhalte. Er überreichte Bürgermeister Kopecký von der schweizerischen Partnergemeinde Radelfingen umgerechnet 500 Euro für die Schloß-Renovierung. Kopecký informierte, daß sich bis jetzt umgerechnet 7600 Euro für die Renovierungsarbeiten auf einem transparenten Bankkonto befänden. Mit diesem Geld solle das Tor für den Haupteingang rekonstruiert werden. Sein Dank richtete sich an die Schloß-Kommission, „die seit vier Jahren einfach alles macht“. Nach den Ansprachen startete das abwechslungsreiche Programm im Schloßpark. Vor allem die Falkner-Vorführungen stießen auf große Resonanz. Der Höhepunkt war am Abend vor dem Schloß ein Konzert der Pilsener Philharmonie, dessen hohe Qualität alle begeisterte. Der Eintritt war frei, aber Spenden für die Schloß-Renovierung wurden gerne angenommen. Zum Ausklang gab es noch eine große Schau mit Kostümen aus dem 19. und 20. Jahrhundert, die man sich vom Theater in Pilsen ausgeliehen hatte. Bei den Models
in Furth im Wald getroffen, seien aber geistig in Ronsperg gewesen. Dann sei der Herbst 1989 mit der Samtenen Revolution gekommen. Von Furth im Wald aus sei man nach Ronsperg aufgebrochen und habe das kaputte Schloß gesehen. In Prag habe man die Samtene Revolution hautnah miterlebt. Lebhaft erzählte Posselt von den damaligen Ereignissen und Erlebnissen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen der deutschen und tschechischen Paneuropa-Union sei entstanden. Bürgern von Ronsperg und ihrem engagierten Bürgermeister sei es zu verdanken, daß versucht werde, das Schloß wieder aufzubauen. Im Juni habe man auch in Ronsperg das Jubiläum 100 Jahre Paneuropa-Union gefeiert. Dabei habe Bischof Tomáš Holub zwei Fahnen der Paneuropa-Union geweiht, die später dem Europarat feierlich übergeben worden seien. Die Ronsperger könnten stolz darauf sein, daß hier der Erfinder der europäischen Integration gelebt habe. Posselt dankte der tschechischen Regierung, daß sie im Rahmen der Führung der Ratspräsidentschaft auch das Thema Coudenhove-Kalergi aufgenommen habe, was als Chance für die Erneuerung von Europa Masumi Böttcher-Muraki und Rudolf Špotak gesehen werde. Posselt sprach von einer einmaligen handelte es sich durchwegs um Chance, Europa wieder vorwärts Mitarbeiter der städtischen Einzu bringen. Er sah aber auch ei- richtungen, die großes Talent an ne einmalige Chance, das Schloß den Tag legten. als blühendes Zentrum aufleben Das Fest zeigte, daß es wieder zu lassen. Hoffnung für das Schloß RonsMarian Švejda erinnerte dar- perg gibt, in dem der Ursprung an, daß unter dem Vater von eines geeinten Europa geboren Richard Coudenhove-Kaler- wurde. Karl Reitmeier
Bilder: Karl Reitmeier
TERMINE
Die dem heiligen Bartholomäus geweihte Kirche in Muttersdorf. Sonntag, 28. August, 11.00 Uhr, Muttersdorf: Gottesdienst anläßlich des Patroziniums in der Sankt-Bartholomäus-Kirche mit Monsignore Emil Soukup. Anschließend Gang zum Friedhof und zum Gedenkstein der Muttersdorfer. Auskunft: Ortsbetreuer Roland Liebl, Paul-GerhardtStraße 14, 71672 Marbach am Neckar, Telefon (0 71 44) 3 91 77, eMail roland.liebl@gmx.net
Sage über Eisendorf
Der grausame Graf Zur Zeit Kaiser Karls IV. legte der bayerische Landgraf von Leuchtenberg den Pfrentschweiher bei Eisendorf an.
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abei mußten seine Untertanen in harter mühsamer Fronarbeit jahrelang helfen. So mancher Arbeiter ging in Folge der kargen Entlohnung vor Hunger und bitterem Elend zu Grunde. Allseits bat man den Grafen, doch mit den armen Menschen Mitleid zu haben und sie zu schonen. Man predigte aber tauben Ohren, der Graf behielt sein kaltes Herz. Als der große, weite Teich vollendet war, ritt der nun freudig gestimmte Graf mehrmals um ihn herum. Dies tat er auch künftig sehr gerne, hauptsächlich auch darum, um die Fischdiebe zu verscheuchen. Nun war der Leuchtenberger Graf, der Erbauer des sehenswerten Weihers, längst schon tot – und doch sah ihn das Volk noch immer in finsterer Stunde um den Weiher reiten. Einmal jagte der Graf selbst bei lebendigem Leib, dann wieder sein schaurig huschender Schatten auf rasendem Roß oder gar sein heulender Hund um den Weiher. Hinter den finsteren gefürchteten Gestalten sauste stets der tückische Teufel einher. Dieser schlug mit schweren eisernen Ketten so gewaltig um sich, daß oft mehrere sechs- bis achtpfündige Glieder davonflogen. Heute ist der Weiher seit fast 200 Jahren trocken gelegt, seine Sohle birgt weite Wiesenflächen, ausgedehnte Wälder, Röhrichte und Sümpfe. Aber vom grausamen Grafen, der ihn einst erbaute, erzählt das Volk immer noch.
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 31+32 | 4. 8. 2022
Heimatbote für den Kreis Ta<au
Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt, Telefon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl @online.de. Internet www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, eMail post@nadirahurnaus.de
TERMINE
� 32. Heimatgottesdienst in Altzedlisch
Schäi wor‘s Vor der Kirche nach der Messe: Applaus für das Platzkonzert der Waidhauser Blasmusik. Unser Heimatgottesdienst in Altzedlisch Anfang Juli war wieder ein schönes Erlebnis, obwohl im Vorfeld nicht abzusehen war, wer denn nun wirklich kommen würde. Die Anmeldungen kamen nur sehr zögerlich.
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och dann erlebten 52 Besucher einen feierlichen Gottesdienst. Dazu trug die Waidhauser Blasmusik unter Hermann Mack, die die Lieder der Deutschen Messe von Franz Schubert begleitete, einen großen Teil bei. Die Priester waren Franziskanerpater Franz de Paula Sigmund, der Waidhauser Pfarrer Georg Hartl und der Hausherr Václav Vojtíšek. Bürgermeisterin Jitka Valíčková hieß uns in der Heimat willkommen, ich als Marktbetreuerin begrüßte die Gäste,
und Pater Franz hielt eine sehr beeindruckende Predigt. Die Fürbitten trug Reinhold Wurdak vor. Nach meinem Schlußwort mit vielen Dankesworten und einem zum Nachdenken anregenden Gedicht sangen wir das Böhmerwaldlied, inzwischen ein fester Bestandteil unseres Treffens. Und das i-Tüpfelchen war das Platzkonzert vor der Kirche, nach dem der Kapelle großer Applaus gespendet wurde. Aber solche Lieder wie „Egerland, Heimatland“, „Wir sind Kinder von der Eger“, „Wilde Rosen aus Böhmen“ oder „Böhmischer Wind“ sind einfach wunderschön und passen sehr gut in diesen Rahmen. Sogar Petrus war auf unserer Seite. Es hatte kurz vor Beginn des Gottes-
Pfarrer Václav Vojtíšek, Pfarrer Franz Sigmund OFMCap und Pfarrer Georg Hartl.
dienstes zwar etwas geregnet, aber später lockerte es auf, und bei angenehmen Temperaturen konnte man den Aufenthalt in der Heimat genießen. Dann ging es hinüber in die Schule, wo man sich mit mitgebrachter Verpflegung und mit Köichlan und Golatschen stärken konnte. Mit den großen Kuchenmengen versorgte uns Clarissa Hartmann/Gebert, die bis tief in die Nacht hinein für uns gebacken hatte und uns die Kuchen spendete. Herzlichen Dank dafür. Für den Kaffee und die Getränke waren wieder Jan und Babora Svoboda sowie Miroslav Vetrák zuständig. Auch ihnen vielen Dank für ihren Einsatz. Es blieb viel Zeit für nette Gespräche, bevor die Heimreise angetreten wurde.
Einen Gast möchte ich noch besonders erwähnen, nämlich einen Nachkommen der Heidlers vom Schloß: David Heidler von Heilborn. Er lebt in Bonn und ist an der Heimat seiner Vorfahren sehr interessiert. So freute er sich, zusammen mit seiner Partnerin Karoline, auch heuer wieder einmal dabei sein zu können. Entsprechend der Altersstruktur waren in erster Linie vor allem Nachkommen von Altzedlischern, Maschakottenern und ein Schossenreither gekommen. Schön wäre, wenn diese auch in Zukunft ihre Wurzeln nicht vergessen. So könnte die Beschreibung unseres 32. Heimatgottesdienstes in Kurzfassung lauten: „Schäi wor’s.“ Sieglinde Wolf
Blick in die Kirche und auf die Gläubigen.
In dieser Folge schildert Gretl � Gretl Schmid: „Meine Mutter, eine außergewöhnliche Frau“ – Teil II Verkaufskreis, während Vater die Schmid, wie ihre Mutter ihr GeKunden im Geschäft bediente, was schäft wieder aufbaut. gerade in der Sommerzeit am Dorf nser Vater hielt sich immer ein ruhiger Job war. im Hintergrund, und MutAnstelle des Fahrrads kaufte ter war diejenige, die nach vorne sich Mutter ein Motorrad und späblickte und sich nicht unterkriegen ließ. nicht entmutigen. und ihren Mut, und unser Vater verließ ter sogar ein Fuldamobil, einen KleinNach einer Woche wurden die Sachen, Sie hatte einige Stoffe über die Gren- sich auf sie, die weiterhin für die Fami- wagen, der vorne zwei Rädern und hindie Mutter über die Grenze geschmug- ze geschmuggelt, und das sollte nun der lie sorgte. Das Geschäft lief immer bes- ten ein Rad hatte. So konnte sie ihr Sortigelt hatte, in Waidhaus abgeholt. Mut- Grundstock für eine neue Existenz wer- ser, und Mutter suchte sich in Augsburg ment weiter vergrößern, wurde bekannt, ter versuchte sich mit der Lage abzufin- den. Da Ladenräume fehlten, entschloß einen Großhändler, der sie mit Waren und ihre Stammkunden warteten schon den und das Beste daraus zu machen. sie sich, mit der Ware die Leute auf den versorgte. Als in Rohrenfels ein kleiner immer auf ihren vierwöchentlichen BeSie ging bald zu dem Bauern zum Arbei- Dörfern zu besuchen und die Stoffe dort Laden zu mieten war, griffen die Eltern such. Mutter war beliebt. Noch lange ten und schämte sich nicht, wenn auch zu verkaufen. Das nannte sich Hausie- zu und eröffneten dort ein kleines Tex- Zeit erzählten alte Kunden nur Gutes schweren Herzens, bei den Nachbarbau- ren und war eine verpönte Tätigkeit, die tilgeschäft. Die Inhaberin verkaufte dort von ihr. Den Haushalt machte sie nebenern um Brot zu bitten, wenn Not war. Um nur Menschen aus der untersten Schicht auch noch Geschirr, aber man arrangier- bei. diese Zeit erkrankte ich am sehr selte- ausübten. Mutter ließ sich das nicht an- te sich. Mutter fuhr trotzdem weiterWenn sie am späten Nachmittag vom nen Q-Fieber, lag drei Monate im Kran- merken. Ein Fahrrad, das sie ebenfalls hin zum Hausieren und erweiterte ihren Hausieren heimkam, blieb sie noch bis kenhaus und hatte furchtbar Heimweh. über die Grenze geschmugsieben Uhr abends im GeMutter besuchte mich mindestens drei- gelt hatte, wurde instand schäft, während unser Vater Kirche zu Roßhaupt, gezeichnet von mal in der Woche, und wenn sie manch- gesetzt, und so fuhr Mutter nach Hause fuhr, meist mit Jeannette Reinl, Maria-Ward-Gymnasium mal das Milchauto nicht als Fahrgele- tagtäglich, oft singend, mit einem kleinen Umweg über Günzburg 9a. genheit erwischte, ging sie die acht Ki- einem Koffer auf dem Gedie Waldeslust, einem Lolometer zu Fuß. päckträger in die Dörfer und kal, wo es immer hoch herDann kam die Währungsreform. Al- verkaufte dort ihre Ware. ging. Nach Ladenschluß le mußten ihr Geld, die Reichsmark, ab- Erst viel später erzählte sie, kochte Mutter das Mittaggeben, und jede Person bekam 40 Deut- wie schwer ihr dies gefallen essen für den nächsten Tag sche Mark als Kopfgeld. Angeblich sei. und verrichtete auch noch waren nun alle gleich, doch die EinheiSie war eine Tochter aus alle anfallenden Hausarbeimischen hatten zu den 40 Mark natür- gutem Hause, eine erfolgten. Ich muß immer wieder lich ihren Grundbesitz und ihre Häu- reiche Geschäftsfrau und betonen: Mutter war immer ser, während die Heimatvertriebenen mußte sich nun so manche gut gelaunt, hat viel gelacht nun auch noch ihre Reserve an Reichs- Beleidigung anhören. Manund auch viel gesungen. mark verloren, die sie bei der Aussied- che behandelten sie wie ei Fortsetzung folgt lung noch mitgebracht hatten. Aber un- ne Bettlerin. Doch Mutter Jeden Samstag tätigsere Mutter ließ sich auch hierdurch verlor nie ihren Optimismus te sie den Wocheneinkauf
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Immer voller Optimismus
n Sonntag, 14. August, 11.00 Uhr, Kladrau: Deutscher Gottesdienst in der Klosterkirche mit dem Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer. n Samstag, 13. August, 15.00 Uhr, Neudorf: Segnung des neuen Holzkreuzes auf dem in Renovierung befindlichen Friedhof mit Pfarrer Miroslav Martiš aus Mies sowie Pfarrer Georg Hartl aus Waidhaus mit anschließendem Imbiß. Weg zum Friedhof: Auf der Straße von Pfraumberg (Přimda) nach Neudorf (Nová Ves) 50 Meter vor dem Ortsschild Nová Ves nach rechts abbiegen. Auskunft: Gerhard Reichl, Stettiner Straße 5, 92665 Altenstadt, Telefon (0 96 02) 66 62, eMail gereichl@gmail.com n Sonntag, 21. August, 15.00 Uhr, Haid: Deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle. n Freitag, 9. bis Sonntag, 11. September, Loreto-Wallfahrt in Haid: Freitag, 17.30 Uhr, tschechischer Gottesdienst in Sankt Nikolaus. Samstag, 19.00 Uhr, deutscher Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle mit Pfarrer Georg Hartl und den Waidhauser Fußpilgern, anschließend Lichterprozession. Sonntag, 9.30 Uhr, tschechischdeutsch-lateinisch-sprachiger Gottesdienst in der Loreto-Wallfahrtskapelle mit Pater Václav Sládek; anschließend Empfang und Imbiß in der LoretoAnlage.
WIR BETRAUERN n Godrusch. Am 20. Juli starb der allseits beliebte Josef Magerl, unser Warta Seff, mit 85 Jahren im Klinikum Memmingen im Kreise seiner Angehörigen. Er war am 25. September 1936 als zweites Kind der Bauern Johann und Maria Magerl, geborene Wenisch, im Haus Nr. 18 zur Welt gekommen und besuchte ab 1942 die einklassige Dorfschule. Am 30. Mai 1946 wurde die Familie nach Tiefenbach im Kreis Illertissen vertrieben. 1950 begann Josef eine Lehre als Zimmermann, dieser Arbeit blieb er ein Leben lang treu. Bereits kurz nach seiner Lehrzeit begann er mit Hilfe seiner Familie und Freunden ein eigenes Haus in Illertissen-Au zu bauen, in das er 1955 einzog. 1956 stürzte er bei der Arbeit von einem Hausdach und brach sich das Fersenbein. Die Folgen behinderten ihn ein Leben lang. Josef war nie verheiratet. Noch bis vor zwei Jahren, fuhr er regelmäßig mit seiner älteren Schwester Maria mit dem Auto in die Heimat, zum elterlichen Hof in Godrusch, meist verbunden mit dem Loreto-Fest in Haid. Er hatte ein freundschaftliches Verhältnis zu dem jetzigen tschechischen Eigentümer seines Hofes. Sepp war ein sehr gläubiger und geselliger Mensch. Er besuchte stets die Sonntagsmesse, anschließend den Frühschoppen und am Nachmittag ging‘s auf den nahen Fußballplatz! Wegen seiner letzten schweren Krankheit war er auf seinen Tod vorbereitet. „Ich habe von oben ein Zeichen erhalten, jetzt wird es Zeit zu gehen“, waren seine letzten Worte. Um ihn trauern seine Schwester Maria und seine Schwester Barbara mit Ehemann Gernot und Sohn Markus sowie seine Nachbarn und Freunde. Josef, ruhe sanft und in Frieden! Franz J. Schart Ortsbetreuer
KORREKTUR
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n dem Artikel „Galizien und das Egerer 37. Regiment“ über den Kreis Tachau und die Ukraine von Wolf-Dieter Hamperl (Ý HB 26/2022) hatte Hamperls Vater den Vornamen Alfred. Er heißt aber Josef und der Großvater Andreas.