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Mährischer Maler in Böhmerwald-Orten

Auf der Tachauer Seite des Heimatboten (➞ HB 1+2/2023) war kürzlich ein Beitrag über den aus Tachau gebürtigen Maler Franz Rumpler (1848–1922).

1863 kam er zur Ausbildung nach Wien – und blieb Zeit seines Lebens dort beziehungsweise in Klosterneuburg. Diesen Weg von der Peripherie ins Zen- trum der Monarchie gingen viele Menschen bis ins frühe 20. Jahrhundert zur Ausbildung, zur Arbeitssuche, als dorthin versetzte Beamte in Behörden, Bil- dungsstätten oder beim Militär. So führt bereits 1931 Karl Haudek alias Armin Carolo in zwei Beiträgen unter der Überschrift „Wäldlersöhne in Wie- ner Erde“ in der Budweiser Monatszeitschrift „Waldheimat“ Persönlichkeiten auf, die aus dem Böhmerwald stammten und in Wien beerdigt sind.

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E ine ähnliche, wie man es heute nennt Binnen-Migration, gab es aber immer auch zwischen den weiten Teilen der Habsburger-Monarchie sowie ihrer Nachfolgestaaten noch bis Mitte der 1930er Jahre – aus denselben oben genannten Gründen.

Diesen Weg ging ein Maler, auf den ich erst vor kurzem aufmerksam wurde und der sicher nur wenigen bekannt ist, obwohl ihn die ältesten noch Lebenden unter den Heimatvertriebenen des Bischofteinitzer und Tauser Kreises kennen könnten. Sein Name ist František Bartoš. Ich fand ihn durch ein im Handel angebotenes Aquarell von seiner Hand, das tschechisch betitelt ist mit „samota u Smolova“ – deutsch etwa „Einschichte bei Schmolau“, datiert 1943. Zu sehen sind darauf zwei Häuser mit Holzzaun, wohl an einem Bächlein gelegen, vielleicht mit einem kleinen Teich rechts unten.

Da meine Mutter in dem Ort ihre ersten Jahre zur Schule ging, weil die Rosenmühle mit Rosendorf politisch zu Schmolau gehörte, erwarb ich das Blatt. Über das Internet konnte ich einige wenige Stationen aus dem Leben dieses Künstlers zusammentragen.

Geboren ist Bartoš am 18. Juni 1903 im kleinen mährischen Dorf Slavíč/Slawitsch, heute Stadtteil von Mährisch Weißkirchen. Er studierte – vielleicht in Brünn – für das Lehramt; seine künstlerische Ausbildung erwarb er durch Privatunterricht bei verschiedenen Malern.

So arbeitete er Zeit seines Lebens hauptberuflich als Zeichenlehrer an Grund- und weiterführenden Schulen. Die Malkunst faszinierte ihn aber auch im privaten Leben.

Das früheste bisher bekannte Aquarell stammt von 1930, da war er 27 Jahre alt. Es zeigt den mit Bäumen bewachsenen Damm des Przechina-Teiches beim Dorf Beneschau, einem Ort im Hultschiner Ländchen; vielleicht hatte er hier oder in der Gegend eine erste Stelle als Lehrer. Doch schon Anfang der 1930er Jahre muß er als Lehrer in die Bischofteinitzer Region gekommen sein. Er arbeitete als Zeichenlehrer und lebte wohl auch in Bischofteinitz, später in Neugedein. Hier ist sogar seine Adresse bekannt: Naměsti – Stadtplatz 6.

Nach der Besetzung des Sudetenlandes durch das Hitler-Regime 1938 mußte er nach Taus ausweichen, das in der „RestTschechei“ beziehungsweise im Protektorat lag, und war dort Schulinspektor. Bei der Revolution im Februar 1948 wurde er von den Kommunisten wegen seiner politischen Überzeugung seines Amtes als Schulinspektor enthoben. Wohl um das Jahr 1965 hat man ihn weit weg nach Mittelböhmen versetzt. Denn da taucht sein Name in der Chronik des Städtchens Mníšek pod Brdy/ Mnischek unter Kammwald auf. Dort hält der Chronist über František Bartoš Folgendes fest: „Vor seiner Pensionierung kam ein hervorragender Maler, der alle Maltechniken beherrschte, in unsere mittelböhmische Region nach Mnischek. Er unterrich- tete zwei bis drei Jahre Mathematik und Zeichnen in der Schule. Er ging mit den Kindern aufs Feld und zeichnete frei … Schon 1933 wurden die Zeichnungen seiner Schüler in Madrid, Barcelona und Paris ausgestellt.“ 1978 ist er gestorben, vielleicht in Mnischek. Den Ort und das von Bartoš, darunter wohl vier, die sich als die 1942 erwähnten identifizieren lassen. genden Verwaltungsgebäude, dem früheren Schloß und Meierhof. Die Brauerei wurde 1980 gesprengt, das Wappen über dem Haupteingang des durch ein Feuer Ende Oktober 2014 zur Ruine gewordenen alten Gemäuers ist bis heute an seinem Platz. Diese Zeichnungen sind erhalten als in der Druckerei von Ervin Brejcha in Bischofteinitz gedruckte Postkarten-Motive. Vermutlich hatte Brejcha nach 1945 eine dort bestehende Drukkerei von deutschen Besitzern übernommen. Denn die alteingesessene, 1925 von Emmanuel Brejcha gegründete Firma hatte ihren Sitz in Pilsen. Sie war vor allem bekannt für den Druck von Bierdeckeln. Womöglich war die Weißensulzer Brauerei schon vor 1945 einer ihrer Kunden.

Bartoš war Mitglied des Redaktionsausschusses der Zeitschrift „Český kreslíř“/„Der tschechische Zeichner“ und im SZVU, dem 1925 gegründeten Verband Westböhmischer Bildender Künstler mit Sitz in Pilsen. Im Rahmen von dessen Ausstellungen –bis zur durch die Kommunisten verfügten Zwangsauflösung dieses Verbandes 1951 – zeigte er dort weitere Werke wie zwei Kohlezeichnungen der Kirchen in Bischofteinitz und Stockau. Diese beiden Zeichnungen finden sich – neben weiteren mit Motiven aus Bischofteinitz, Horschau, Plöss, Stankau, Weißensulz – als Illustrationen in dem bereits 1947 von seiner Bischofteinitzer Lehrerkollegin Anna Polakova (1910–1999) auf Tschechisch verfaßten Touristenführer „Horšovský Týn, perla Českého lesa“/„Bischofteinitz, Perle des Böhmischen Waldes“ mit Beschreibung der Sehenswürdigkeiten in und um Bischofteinitz.

Das Zucker-von-Tamfeld-Wappen.

Vielleicht gibt es unter den Lesern des Heimatboten solche, die speziell die drei Motive aus Schmolau genauer zuordnen können. Zdeněk Prochazka, der unermüdliche tschechische Forscher und Chronist dieser Region aus Taus, konnte die Motive nicht identifizieren; auch das dortige Museum hat bisher keine weiteren Angaben über die Motive gemacht. Klaus Oehrlein genaue Datum konnte ich bisher nicht eruieren.

Die Motive seiner Gemälde, die heute noch existieren oder von denen man die Titel kennt, fand er großteils im Umkreis von Bischofteinitz, Neugedein und Taus. Während seiner Amtszeit in Taus organisierte er 1942 eine umfassende Ausstellung seiner Werke. Als Titel werden dabei unter anderem genannt „Kirche in Luschenitz“, „Haus in Tilmitschau“, „Petrowitz“. Alle drei Orte liegen im Umland von Taus. Außerdem „Alte Scheune“, „Einschichte in Schmolau“, „Der älteste Bauernhof in Schmolau“. Im Bestand des Tauser Museums befinden sich heute sechs Werke

Auch nach dem Krieg beschickte er die Pilsener Ausstellung des Verbandes mit Bildern: 1947 in Öl „Winterlandschaft bei Bischofteinitz“ und als Aquarell „Frühling in Stockau“, 1949 „Spáňov“ – Spanow liegt zwischen Taus und Neugedein – und 1950 die Ausstellung zum 25jährigen Jubiläum dieses Künstlerverbandes mit „Alte Schmiede in Taus“.

Wohl auch erst nach 1945 sind zwei Motive aus Weißensulz entstanden: die dortige ehemalige Brauerei des Heiligenkreuzer Barons Kotz von Dobrš und das Zucker-von-Tamfeld-Wappen, das Wappen eines Vorfahren der Kotz, am neben der Brauerei lie-

Welche zwei Gebäude sind mit der „Einschichte“ wohl dargestellt? Wo lagen dieser „Älteste Bauernhof“, ein Holzhaus, und das Anwesen mit der davor liegenden Toreinfahrt in Schmolau oder wer waren deren letzte deutsche Besitzer? Wer hat oder kennt weitere Motive des Malers František Bartoš? Hinweise bitte an die Redaktion (➝ siehe Impressum oben) oder direkt an mich, Pfarrer Klaus Oehrlein, eMail st.valentinus@ web.de

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