Neujahrsempfänge in München und Prag (Seite 3)
Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung HEIMATBOTE
Jahrgang 76 | Folge 3 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 19. Januar 2024
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Schweigeminute des Sudetendeutschen Rates
Gedenken der Prager Amokopfer
74 . S U D E T E N D E U T S C H E R TAG 17 . B I S 19 . M A I 2 0 2 4 IN AUGSBURG
Sudetendeutsche und Tschechen – miteinander für Europa
„Der fürchterliche Amoklauf in Prag war auch ein Schuß in unser Herz“, hat der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, erklärt und verwies dabei auf die vielfältigen Kontakte, die auch Sudetendeutsche seit Jahrzehnten mit der Karls-Universität pflegen. Anschließend erhoben sich die Mitglieder des Sudetendeutschen Rates sowie die Gäste, wie Tschechiens Konsul Lukáš Opatrný, für eine Schweigeminute von den Plätzen und gedachten der Opfer.
Sudetendeutsche Zeitung
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Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
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VOLKSBOTE Schweigeminute in Gedenken der Opfer des Amoklaufs am 21. Dezember in Prag.
Fotos: Torsten Fricke
s ist der folgendschwerste Amoklauf in der Geschichte Tschechiens. Wie berichtet, hat ein 24-jähriger Student in der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität am 21. De-
zember 14 meist junge Menschen erschossen und 25 weitere zum Teil Konsul Lukáš schwer verOpatrný. letzt. Unter den Todesopfern ist die Musikwissenschaftlerin Lenka Hlávková, die auch an der HumboldtUniversität in Berlin und an der Technischen Universität in Dresden gearbeitet hat. Vor dem Amoklauf hatte der Massenmörder seinen Vater sowie einen 32-jährigen Mann und dessen Tochter getötet. Nachdem Polizisten den Amoktäter umzingelt hatten, richtete er sich selbst.
Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe: „Vor uns liegt ein Jahr mit viel Arbeit“
Sudetendeutscher Rat warnt vor Angriffen auf unsere Demokratie
Mitteilungsblatt für den früheren Gerichtsbezirk Zuckmantel im Altvatergebirge
MdL a. D. Christa Naaß, Generalsekretärin des Sudetendeutsches Rates.
Rechenschaftsbericht
Flagge zeigen In ihrem Rechenschaftsbericht hat die Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates, Christa Naaß, die vielfältigen Aktivitäten des vergangenen Jahres Revue passieren lassen.
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eben der Organisation eigener Veranstaltungen, wie den Marienbader Gesprächen, sei es wichtig, bei vielen Brükkenbauer-Veranstaltungen in Tschechien und Deutschland präsent zu sein, so Naaß.
In einer einstimmig verabschiedeten Resolution (Wortlaut auf Seite 2) warnt der Sudetendeutsche Rat vor einem Aufkeimen von Nationalismus und National-Egoismus im Vorfeld der Wahl zum Europäischen Parlament vom 6. bis 9. Juni Lanund fordert al- Bayerns le EU-Bürger desobmann Stefauf, „ihr Wahl- fen Hörtler leiterecht wahrzu- te die Sitzung. nehmen und den rechts- und linksextremistischen Parteien eine Absage zu erteilen“.
Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und langjähriger Abgeordneter des Europäischen Parlaments.
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benfalls mit großer Sorge sieht der Sudetendeutsche Rat, der aus Bundestagsabgeordneten der demokratischen Parteien und der Sudetendeutschen Landsmannschaft besteht, die Entwicklungen in der Ukraine, in Bergkarabach und in Israel. Für Europa und den Westen sei das Jahr 2024 ein Jahr der Entscheidungen, stellte Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, in sei-
MdL Dr. Petra Loibl
Der Tschechische Botschafter in Berlin, Tomáš Kafka, analysierte in seiner Video-Botschaft an den Sudetendeutschen Rat den Stand der (sudeten-)deutsch-tschechischen Beziehungen. Das komplette Video ist im YouTube-Kanal der Sudetendeutschen Zeitung unter https://youtu.be/MpBXy6FojR8?si=f7AYUZRkKaDa7vMr abrufbar. nem Referat fest. Sowohl Posselt als auch Tschechiens Botschafter Tomáš Kafka in seiner Video-
MdB Rita Hagl-Kehl
Bayerns neue Beauftragte Dr. Petra Loibl ist die neue Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene.
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ie Tierärztin aus dem Landkreis Dingolfing ist seit 2018 Mitglied des Bayerischen Landtages und hat sich seitdem in der Arbeitsgruppe Vertriebene, Aussiedler und Partnerschaftsbezie-
Ansprache unterstrichen, daß das (sudeten-)deutsch-tschechische Verhältnis im vergangenen Jahr
MdL Dr. Petra Loibl.
hungen der CSU-Landtagsfraktion engagiert. Petra Loibl: „Ich empfinde mein neues Amt als Beauftragte als eine großartige Aufgabe.“
Ingrid Sauer vom Bayerischen Hauptstaatsarchiv
Ins Präsidium gewählt Einstimmig ist Rita Hagl-Kehl aus Deggendorf als Nachfolgerin des ehemaligen Landtagsabgeordneten Albrecht Schläger in das Präsidium des Sudetendeutschen Rates gewählt worden.
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chläger hatte aus gesundheitlichen Gründen das Amt niedergelegt, bleibt aber Mitglied des Sudetendeutschen Rates.
besondere Fortschritte gemacht hat. „Das ist aber keine Selbstverständlichkeit“, warnte Posselt
und verwies insbesondere auf „die sehr schwierige Situation in der Slowakei, die sich momentan zuspitzt“ und auf den „absoluten Nationalismus des Putin-Gehilfen Viktor Orbán“ in Ungarn. Auch in Polen sei nach dem erfolgreichen Regierungswechsel die Lage noch nicht ausgestanden. Posselt: „Wir Sudetendeutsche sind eine der ältesten Friedensbewegungen der Welt und haben den großen Auftrag, in diesem Sinne politisch tätig zu sein. Vor uns liegt ein Jahr mit viel Arbeit.“ Torsten Fricke
MdB Rita HaglKehl.
Die SPDPolitikerin ist seit 2013 Mitglied des Bundestages und war von 2018 bis 2021 Parlamentarische Staatssekretärin im Justizministerium.
Die Hüterin der Schätze Seit 2008 verantwortet Ingrid Sauer vom Bayerischen Hauptstaatsarchiv das „Sudetendeutsche Archiv“. Dem Sudetendeutschen Rat stellte die Historikerin jetzt ihre Arbeit vor.
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as Archiv sei einzigartig, da hier ausschließlich Unikate gesichert werden. Archivalien können deshalb nicht ausge-
Historikerin grid Sauer.
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liehen, sondern nur im Lesesaal eingesehen oder als Reproduktion bestellt werden. Sauer: „Ich hüte alle meine Schätze wie meinen Augapfel.“
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AKTUELL · MEINUNG
Sudetendeutsche Zeitung Folge 3 | 19.1.2024
AUS UNSEREM PRAGER BÜRO
PRAGER SPITZEN
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ie Botschafterin der Republik Österreich, Bettina Kirnbauer, ist kein seltener Gast im Prager Büro der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Ihr aktueller Besuch war keine Formalität, sondern Ausdruck der engen Verbundenheit und Dankbarkeit Österreichs an das SL-Büro, dessen Arbeit sich nicht nur auf die in Deutschland lebenden sudetendeutschen Landsleute bezieht. Büroleiter Peter Barton erzählte der Diplomatin, wie sehr ihm das Schicksal der Sudetendeutschen in Österreich am Herzen liege und er den Kontakt mit dem Sitz der SLÖ in der Wiener Steingasse zukünftig erweitern möchte. Er betonte bei seiner Darstellung der aktuellen sudetendeutsch-tschechischen Beziehungen, daß auch 2023 weitere eindeutige Erfolge erzielt wur-
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Botschafterin Bettina Kirnbauer mit Peter Barton im Prager SL-Büro und rechts beim Entzünden einer Kerze nach dem Brünner Versöhungsmarsch 2023 am Mahnmal im Augustiner Kloster. Fotos: SL-Büro Prag/Torsten Fricke den, man aber trotzdem noch einiges vor sich habe. Wien und Prag sind bereits geschichtlich durch zahlreiche Gemeinsamkeiten verbunden. Die
gegenseitigen Konsultationen zwischen Barton und SLÖ-Bundesobmann Rüdiger Stix vertiefen die Nähe zwischen diesen beiden Institutionen, und Barton ist sich be-
wußt, daß dies auch der guten Zusammenarbeit zwischen dem Sudetendeutschen Büro an der Moldau und der Österreichischen Botschaft zu verdanken ist.
Eindringlicher Appell des Sudetendeutschen Rates an die Politik in Deutschland und Europa
Resolution gegen Populismus, Propaganda und Polarisierung
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1. Ukraine Deutschland, die Europäische Union und die freie Welt insgesamt müssen alle Kräfte mobilisieren, um das ukrainische Volk in seiner Abwehr gegen den von Rußland entfesselten Angriffskrieg mit ausreichend militärischen, humanitären, aber auch politischen Mitteln zu unterstützen. Die Ukrainer verteidigen unter großen Opfern nicht nur ihr Land, sondern alle Europäer. Wladimir Putin darf es nicht gelingen, die Ukraine zu zerstören und Europa zu spalten, um eine Dominanz über unseren ganzen Erdteil zu errichten, wie es sein erklärtes Ziel ist.
2. Bergkarabach Wir sind schockiert über die mangelnde Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit für den von Moskau angeheizten Konflikt im südlichen Kaukasus, der zur Flucht und Vertreibung von mehr als 150 000 Armeniern in Bergkarabach führte. Die Aggression Aserbaidschans gegen die un-
van Bartoš ist am Wochenende auf dem Parteitag der Piraten als Vorsitzender wiedergewählt worden. In einer Kampfabstimmung hatte sich der Minister für Regionalentwicklung und Digitalisierung gegen die Europaabgeordnete Markéta Gregorová durchgesetzt. Premierminister Petr Fiala (ODS) teilte via X mit, er freue sich auf die weitere Zusammenarbeit mit den Piraten. Arbeits- und Sozialminister Marian Jurečka (Christdemokraten) twitterte, die Entscheidung der Piratenpartei sei eine gute Nachricht für die Stabilität der Regierungskoalition.
Ano rüstet sich für Europawahlkampf
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ie Ano-Partei von Ex-Premierminister und Milliardär Andrej Babiš will fast 50 Millionen Kronen (2 Millionen Euro) in den Europawahlkampf investieren – so viel wie keine andere Partei in Tschechien. Die Wahl zum Europäischen Parlament findet vom 6. bis 9. Juni 2024 statt.
Deutschland muß Strom importieren
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schechien war 2023 mit neun Terrawattstunden Strom der viertgrößte Exporteur in der EU. Der größte Energielieferant war erneut Frankreich, das wie Tschechien auf den Ausbau der Atomkraft setzt, meldet die tschechische Nachrichtenagentur ČTK mit Berufung auf eine Analyse des Beratungsunternehmens EGÚ in Brünn. Nach der Abschaltung der Kernenergie mußte Deutschland trotz der gesteigerten Verstromung von Braunkohle zum ersten Mal seit über 20 Jahren Strom importieren, um den eigenen Energiebedarf zu decken.
Einstimmig hat der Sudetendeutsche Rat, der aus Vertretern der Sudetendeutschen Landsmannschaft und Abgeordneten der demokratischen Parteien des Bundestages besteht, am Samstag im Sudetendeutschen Haus eine Resolution für Frieden und Demokratie verabschiedet. Die Sudetendeutsche Zeitung dokumentiert den Appell im Wortlaut: ast 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wird die weltpolitische Lage immer stärker von Krieg, Nationalitätenkonflikten und Massenvertreibungen geprägt. Dies erinnert die Sudetendeutsche Volksgruppe, auch die nachgeborenen Generationen, an ihr eigenes Schicksal und ihre eigene Geschichte. Die Sudetendeutschen sehen sich daher in besonderer Weise gefordert, aus ihrer Verantwortung für die Zukunft heraus für Frieden und Freiheit einzutreten sowie aktiv gegen die Wiederkehr von Nationalismus, totalitären Ideologien, Extremismus, Rassismus und Antisemitismus zu kämpfen. Ganz konkret fordert der Sudetendeutsche Rat, der zur Hälfte aus Repräsentanten der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien und zur anderen Hälfte aus Vertretern der Sudetendeutschen Landsmannschaft besteht, bei seiner Plenarsitzung am 13. Januar 2024 im Sudetendeutschen Haus in München:
Ivan Bartoš bleibt Piraten-Chef
Regierungspolitiker gratulieren Taiwan
O Einstimmig hat der Sudetendeutsche Rat am Samstag die Resolution verabschiedet. schuldige Zivilbevölkerung dieses Gebietes darf nicht einfach hingenommen werden. Auch für die Armenier gilt das Recht auf die Heimat, das wir auf Grund unserer historischen Erfahrungen europa- und weltweit einfordern, einschließlich eines international kodifizierten Vertreibungsverbotes. Für das Zusammenleben zwischen verschiedenen Volksgruppen in einem Gebiet, wie es bis zur Vertreibung der Armenier Bergkarabach war, haben wir in unserer Geschichte Modelle wie den Mährischen Ausgleich von 1905 entwickelt. Nach der Vertreibung hat insbesondere der Sudetendeutsche Rat immer wieder Initiativen für ein Volksgruppen- und Minderheitenrecht ergriffen, das die Menschen zusammenführt. Daran gilt es auch im Kaukasus bei der Erarbeitung von Friedenslösungen anzuknüpfen.
3. Israel Die Shoah an sechs Millionen europäischen Juden hängt eng mit unserer mitteleuropäischen Geschichte zusammen. Unter den Opfern waren auch sehr viele jüdische Bürger der böhmischen Länder, ob sie tschechischer oder deutscher Muttersprache waren. Der Sudetendeutsche Rat und die Sudetendeutsche Landsmannschaft haben sich stets zur Mitverantwortung unserer Volksgruppe für die Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus bekannt. Aus diesem Geist heraus verurteilen wir schärfstens das Anwachsen des Antisemitismus in Deutschland, Europa und anderen Teilen der
Welt sowie den Überfall der verbrecherischen Hamas-Terroristen auf unschuldige Zivilisten in Israel als grausamen und unmenschlichen Zivilisationsbruch. Wir stehen solidarisch an der Seite des israelischen Volkes sowie der jüdischen Gemeinschaften in aller Welt und rufen die politisch Verantwortlichen in Deutschland, Europa und den USA dazu auf, mit allen vorhandenen Mitteln auf eine nachhaltige Friedenslösung zwischen Israelis und Palästinensern im Nahen Osten hinzuwirken, die das Blutvergießen beendet, das Existenzrecht Israels sowie das Selbstbestimmungsrecht beider Völker gewährleistet.
4. Demokratische Fundamente der EU stärken Die Idee der europäischen Einigung, deren Wurzeln in unserer Heimat liegen, und deren Verwirklichung in der Europäischen Union haben den Europäern im Westen die Freiheit gesichert und sie den Europäern hinter dem Eisernen Vorhang gebracht. Damit wurde ein Modell auch für andere Weltregionen geschaffen. Deshalb rufen wir dazu auf, die kommenden Europawahlen zu nutzen, um Nationalismus und National-Egoismus zurückzudrängen sowie die demokratischen Fundamente der Europäischen Union zu stärken. Wir appellieren an alle EU-Bürger, ihr Wahlrecht wahrzunehmen und den rechts- und linksextremistischen Parteien eine Absage zu erteilen.
Foto: Torsten Fricke
Die EU muß zu einer handlungsfähigen Politischen Union weiterentwickelt werden, die nach innen und nach außen über die Instrumente verfügt, um Frieden und Freiheit zu sichern. Dazu gehörten eine Stärkung des Europäischen Parlamentes und die Verabschiedung eines Europäischen Volksgruppen- und Minderheitenrechtes, aber auch eine gemeinschaftliche Außenund Verteidigungspolitik. Im Jahr des 75. Bestehens unseres Grundgesetzes, der demokratischsten und freiheitlichsten Verfassung in der deutschen Geschichte, gilt es, den Gefährdungen unserer Demokratie, die insbesondere durch Populismus, Propaganda und Polarisierung bestehen, entschieden entgegenzutreten sowie den gemeinsamen demokratischen Grundkonsens zu bewahren und in die Zukunft zu führen. Wir Sudetendeutschen wollen bei der Erreichung dieser Ziele eng und vertrauensvoll mit dem tschechischen Volk zusammenarbeiten. Von besonderer Bedeutung sind für uns dabei der Ausbau der politischen Bildungsarbeit, wie sie auf unserer Bildungsstätte „Heiligenhof“ erfolgt, ein breit angelegter Austausch zwischen Tschechen und Deutschen, wie ihn unsere Volksgruppe, insbesondere auch unsere Jugend, nachhaltig betreibt, und die Fortsetzung unserer auf Verständigung ausgerichteten Politik, die in dem Motto des nächsten Sudetendeutschen Tages, „Sudetendeutsche und Tschechen – miteinander für Europa“, zum Ausdruck kommt.
bwohl auch Tschechien die von Peking oktroyierte EinChina-Politik offiziell vertritt, haben mehrere Regierungspolitiker am Samstag Lai Ching-te zur Wahl zum Präsidenten von Taiwan gratuliert. Markéta Pekarová Adamová (Top 09), Chefin des
Abgeordnetenhauses, teilte via X mit, die Wahlen in Taiwan seien fair und frei abgelaufen. Taiwan sei ein enger Partner und Tschechien werde die Kooperation weiter vertiefen. Ähnlich äußerte sich Senatspräsident Miloš Vystrčil (ODS).
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Trauer um František Janouch
m Alter von 92 Jahren ist am Freitag in Stockholm der Gründer und langjährige Leiter der Stiftung Charta 77, František Janouch, gestorben. Der Kernphysiker war nach dem Zweiten Weltkrieg einer der führenden Persönlichkeiten des gesellschaftlichen Lebens in Prag und ging 1978 ins Exil nach Schweden, wo er die nach der antikommunistischen Bürgerrechtsbewegung Charta 77 benannte Stiftung gegründete, die heute ihren Sitz in Prag hat.
Visegrád-Gruppe tief gespalten
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ie schlecht die Stimmung innerhalb der VisegrádGruppe ist, zeigt die Entscheidung von Premierminister Petr Fiala, dessen Land derzeit den Vorsitz hat, kein Treffen der Regierungschefs einzuberufen. Er wolle erst den EU-Sondergipfel am 1. Februar abwarten, sagte Fiala. Ein Streitpunkt des informellen Vierer-Bündnisses aus Tschechien, Polen, Ungarn und der Slowakei ist die militärische Unterstützung der Ukraine, die von Ungarns Premierminister Viktor Orbán und dem neuen slowakischen Regierungschef Robert Fico abgelehnt wird.
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Handschrift als Kulturdenkmal
ine Handschrift des sächsischen Geschichtsschreibers Petrus Albinus (Peter von Weiße) aus dem 16. Jahrhundert, die sich im Stadtarchiv von Pilsen befindet, ist vom tschechischen Innenministerium zum archivalischen Kulturdenkmal ernannt worden. Die damit außerordentlich wertvolle Handschrift enthält Portraitzeichnungen von sächsischen Kurfürsten und Herzögen aus dem Geschlecht der Wettiner. Im Archiv in Pilsen ist sie seit 1970 eingelagert.
Sudetendeutsche Zeitung ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in TeplitzSchönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Stanislav Beran, Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Karl Reitmeier, Hildegard Schuster, Lexa Wessel. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2023 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief oder einer der Regionalblöcke (Block 1 – Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote; Block 2 – Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Heimatzeitung/Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung; Block 3 – Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimat, Zuckmantler Heimatbrief; Block 4 – Riesengebirgsheimat) (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2023 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.
Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.
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Ministerpräsident Markus Söder und Karin Baumüller-Söder (Mitte) mit dem bayerischen Kabinett (von links): Innenminister Joachim Herrmann, Innenstaatssekretär Sandro Kirchner, Finanzstaatssekretär Martin Schöffel, Familienministerin Ulrike Scharf, Europaminister Eric Beißwenger, Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, Staatskanzleiminister Florian Herrmann, Justizminister Georg Eisenreich, Gesundheitsministerin Judith Gerlach, Wissenschaftsminister Markus Blume, Bauminister Christian Bernreiter, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, Kultusministerin Anna Stolz, Digitalminister Fabian Mehring und Wirtschaftsstaatssekretär Tobias Gotthard. Fotos: Torsten Fricke
Neujahrsempfang des Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder
Ministerpräsident Markus Söder und Karin Baumüller-Söder mit den Fraktionsvorsitzenden Klaus Holetschek (CSU), Katharina Schulze (Grüne) und Florian Streibl (Freie Wähler).
Ministerpräsident Markus Söder und Karin Baumüller-Söder mit Kardinal Reinhard Marx und Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden.
Ministerpräsident Markus Söder, Schirmherrschaftsministerin Ulrike Scharf und die weiteren Kabinettsmitglieder beim Singen der Bayern-Hymne.
1800 Gäste kamen zum Neujahrsempfang in die Residenz. Nach der Rede des Ministerpräsidenten sorgte Lou Bega für musikalische Stimmung.
„Bayern hat nur ein einziges Problem...“ Der traditionelle Neujahrsempfang in der Münchner Residenz ist einer der Höhepunkte des politisch-gesellschaftlichen Jahres in Bayern. In diesem Jahr empfingen Ministerpräsident Markus Söder, der auch Schirmherr der Sudetendeutschen Volksgruppe ist, und Karin Baumüller-Söder 1800 Gäste. Allein das Defilee dauerte drei Stunden.
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nter den ersten Gästen waren der CSU-Ehrenvorsitzende Theo Waigel und Ehefrau Irene Epple-Waigel. Es folgten vor allem Bürger, die sich für die Gesellschaft verdient gemacht haben, unterstrich Ministerpräsident Markus Söder. Dieser traditionelle Start ins Jahr sei ein „riesiges Dankeschön an Ehrenamt, Soziales, Kultur und Brauchtum“, so der Gastgeber: „Im Mittelpunkt stehen all diejenigen, die sich das ganze Jahr für andere einsetzen und ihnen Optimismus, Mut und Hoffnung geben. Dieser Zusammenhalt zeichnet Bayern aus. Als besondere Ehrengäste sind heute viele Helfer der schweren Unwetter vom Sommer dabei. Es ist ein großes Privileg, heute so vielen Menschen persönlich Danke sagen zu dürfen.“ Unter den Ehrengästen waren auch Vertreter der Sudetendeutschen Landsmannschaft als Viertem Stamm Bayerns und weiterer Vertriebenenverbände, wie der Stellvertretende SL-Bundesvorsitzende und Landesobmann Steffen Hörtler, der direkt aus Prag kam (siehe unten), sowie MdB Stephan Mayer, Mitglied der Arbeitsgruppe Vertriebene und Flüchtlinge der CDU/CSUBundestagsfraktion und Präsidiumsmitglied des Bundes der Ver-
triebenen. Ebenfalls dabei waren die neue Beauftragte für Aussiedler und Vertriebene, MdL Dr. Petra Loibl, Innegrit Volkhardt, die in ihrem Hotel Bayerischer Hof in wenigen Wochen wieder mächtige Politiker bei der Münchner Sicherheitskonferenz zu Gast hat, Günter Frey und Max Bertl vom Bayerischen Trachtenverband, Kardinal Reinhard Marx, Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden, sowie der neue evangelische Landesbischof Christian Kopp. In seiner Ansprache erklärte Söder, was Bayern „immer und immer wieder zum schönsten Land der Welt“ mache – die Verbindung zwischen dem herzlichen Bayern aus Menschlichkeit und Tradition mit dem erfolgreichen Bayern aus Technologie, Fortschritt, Leistungsstärke und Innovation. Überhaupt sei Bayern das Land mit der besten Verwaltung, den erfolgreichsten Sportlern und Künstlern sowie mit den meisten DaxUnternehmen. „Bayern hat“, so frotzelte Söder Richtung Berlin, „nur einziges Problem: Daß wir in Deutschland liegen.“ Bereits in seiner offiziellen Neujahrsansprache, die der Bayerische Rundfunk am 1. Januar ausgestrahlt hatte, hatte Söder kritisiert: „Deutschland und die Welt sind leider in der Krise. Erst Corona, dann der Krieg in der Ukraine, Terror gegen Israel, eine Staatskrise durch einen verfassungswidrigen Bundeshaushalt und die Sorge vor sinkendem Lebensstandard. Zum Glück leben wir in Bayern. Uns geht es besser. Aber auch wir sind kein sorgenfreies Paradies, trotzdem haben wir bisher alle Krisen ordentlich gemeistert.“ Überhaupt
sei Bayern das Land der Humanität und habe beispielsweise mehr Ukrainer aufgenommen als Frankreich, dennoch oder gerade deswegen brauche es eine wirksame Begrenzung der Zuwanderung. „Wir sagen Ja zu einer Zuwanderung in Arbeit, aber Nein zu einer Zuwanderung in soziale Sicherungssysteme“, sagte Söder und erklärte zur aktuellen Klimapolitik der Ampel-Regierung: „Wir in Bayern bauen die erneuerbaren Energien massiv aus. Wir sind jetzt schon Vorreiter und wollen noch zulegen. Wir müssen uns aber auch der Realität stellen. Allein mit Ideologie werden Deutschlands Probleme nicht gelöst. Der Ausstieg aus der Kernenergie führt wohl zum Abstieg. Unser Land sollte deshalb dem Beispiel vieler anderer Staaten folgen und endlich umsteuern.“ Seine größte Sorge sei die um Krieg und Frieden, so der Ministerpräsident: „Die Ukraine verteidigt sich, aber sie verteidigt indirekt auch uns. Wir dürfen sie deshalb nicht im Stich lassen. Und wir müssen unsere eigene Bundeswehr dabei deutlich stärken.“ Das Existenzrecht Israels sei „bayerische Staatsräson“, fügte Söder an und sagte: „Wir setzen ein klares Zeichen gegen Antisemitismus, Rassismus, Extremismus, Terrorismus und Fremdenhaß.“ Zudem kämpfe man „für das Vertrauen in unsere Demokratie“, erklärte Söder und appellierte: „Wir dürfen die Sorgen und Ängste der Menschen nicht ignorieren und sie damit radikalen Kräften überlassen. Die Demokratie braucht starke und mutige Demokraten.“ Torsten Fricke
Beauftragte Dr. Petra Loibl mit Ehemann Rudi.
Europa-Minister Eric Beißwenger mit Ehefrau Judith.
MdB Stephan Mayer mit Partnerin Cornelia Bermüller
Neujahrsempfang in Bayerns Repräsentanz mit Europaminister Eric Beißwenger
Gute Gespräche in Prag Europaminister Eric Beißwenger mit Verkehrsminister Martin Kupka ...
Zum traditionellen Neujahrsempfang in der Bayerischen Repräsentanz in Prag hat erstmals der neue Staatsminister für Europa und Internationales, Eric Beißwenger, eingeladen.
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... und mit Industrie- und Handelsminister Jozef Síkela.
nter den 150 Gästen waren auch Vertreter der Sudetendeutschen, wie Bayerns Landesobmann Steffen Hörtler und Christa Naaß, Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates, sowie Dr. Bernd Fabritius, Präsident des Bundes der Vertrie-
benen, BdV-Präsidiumsmitglied Milan Horáček und Markus Rinderspacher, Vizepräsident des Bayerischen Landtags. Beißwenger nutzte seine PragReise auch für politische Gespräche. Gemeinsam mit Staatssekretär Martin Schöffel, der in der Staatsregierung die bayerischtschechische Zusammenarbeit koordiniert, traf er sich mit der Wissenschaftsministerin Helena Langšádlová. Mit Verkehrsminister Martin Kupka erörterte er die Verbesserung der Verkehrs-
verbindungen zwischen Bayern und Tschechien. Und mit dem Industrie- und Handelsminister Jozef Síkela sprach Beißwenger über die Wirtschaftsbeziehungen, den Fachkräftemangel und die Energieversorgung. Der Minister erklärte, Bayern und Tschechien seien in den vergangenen Jahrzehnten enger zusammengewachsen. „Dieser Prozeß hat mit den Besuchen von Präsident Petr Pavel und Premierminister Petr Fiala einen neuen Höhepunkt erfahren.“
Treffen in Prag: Staatssekretär Martin Schöffel, Landtagsvizepräsident Markus Rinderspacher, Generalsekretärin Christa Naaß, Wissenschaftsministerin Helena Langšádlová, Europaminister Eric Beißwenger, BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius, Landesobmann Steffen Hörtler und BdV-Präsidiumsmitglied Milan Horáček. Fotos: Bayerisches Staatskanzlei
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TERMINE
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Faschingsworkshop für Kinder
Helau Teufel
Sudetendeutsche Zeitung
Samstag, 3. Februar, 14.00 bis 16.00 Uhr: Faschingsworkshop. Sudetendeutsches Museum, Hochstraße 10, München. Welche Marionette hat das schönste Kostüm und welche macht die lustigste Grimasse? Jede Menge Spaß verspricht der Faschingsworkshop im Sudetendeutschen Museum. Kinder ab sechs Jahren suchen feierliche Szenen und lustige Verkleidungen in der Sonderausstellung „So ein Theater! Marionetten aus Böhmen und Mähren aus
OnlineAusgabe Ab sofort kann die Sudetendeutschen Zeitung auch online erworben werden, und zwar unter dem Link https://issuu.com/ sudetendeutsche_zeitung
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ie aktuelle Digital-Ausgabe steht jeweils ab dem Erscheinungstag am Freitag zur Verfügung. Auch ältere Ausgaben sind über die digitale Plattform Issuu. com abrufbar. Neue sind auch die SocialMediakanäle der Sudetendeutschen Zeitung auf Facebook, Instagram und X (ehemals Twitter) mit aktuellen Informationen und Veranstaltungshinweisen. Bis
Montag, 5. Februar, Egerland-Museum: „Die Marktredwitzer Krippensammlung – Eine Erinnerung an Karl Schenkl“. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags von 14.00 bis 17.00 Uhr. Egerland-Museum, Fikentscherstraße 24, Marktredwitz. Bis Dienstag 13. Februar, Sudetendeutsches Museum: Sonderausstellung „So ein Theater! – Marionetten aus Böhmen und Mähren“. Sudetendeutsches Haus, Alfred-Kubin-Galerie, Hochstraße 8, München. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags von 10.00 bis 18.00 Uhr. Eintritt frei. Bis Sonntag, 7. April, Sonderausstellung „Ein bißchen Magier bin ich schon... Otfried Preußlers Erzählwelten“. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags von 13.00 bis 17.00 Uhr. Isergebirgs-Museum Neugablonz, Bürgerplatz 1, Kaufbeuren. Begleitprogramm siehe Seite 17. Sonntag, 21. Januar, 15.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: Neujahrskonzert des „Ersten Frauenorchesters Düsseldorf“. Vorverkauf: Düsseldorfer Volksbühne per eMail an info@ kulturamrhein.de oder telefonisch unter (02 11) 55 25 68, Düsseldorfer Volksbühne, Wettinerstraße 13, Düsseldorf. Mittwoch, 24. Januar, 19.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: Lesung „… nachdem die Welt meiner eigenen Sprache für mich untergegangen ist …“ über den Schrifsteller und Pazifisten Stefan Zweig (1882–1942) im Exil mit Dr. Katja Schlenker und Prof. Dr. Winfrid Halder. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Donnerstag, 25. Januar, 18.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: Vortrag „Die Beziehungen zwischen Juden und Deutschen in der Bukowina und Bessarabien zwischen 1900 und 1945“. Referentin ist Dr. Mariana Hausleitner. KAP 1, Konrad-Adenauer-Platz 1, Düsseldorf.
der Sammlung Naefe“, bevor sie Kasperl, dem Teufel oder der Prinzessin ein neues Faschingsoutfit kreieren. Natürlich dürfen die Kinder verkleidet kommen! Zur Inspiration einige Ideen aus der Sonderausstellung, die noch bis zum 13. Februar zu sehen ist: Zu den beliebtesten Märchenstücken, die man hier wiederfinden kann, gehören Schneewittchen und die sieben Zwerge, der Froschkönig oder Hänsel und Gretel mit der bösen Hexe. Weitere populäre Sagenund Märchenfiguren waren Rit-
ter, Könige, Prinzessinnen, Räuber, Riesen und Drachen. Ganz schaurig sind der Teufel und das Skelett: Auch dieses sind wichtige Figuren im böhmischen Puppenspiel. Der Teufel ist immer erkennbar an seinen Hörnern und dem Bocksfuß. Der Tod wird verkörpert durch das schaurige Skelett. Die Teilnahme ist kostenfrei. Anmeldung bis 29. Januar unter anmeldung@ sudetendeutschesmuseum.de Treffpunkt ist an der Kasse des Sudetendeutschen Museums.
detendeutschen: „Faschingsreise durch das Sudetenland“. 14.00 Uhr: Kinderprogramm in Kooperation mit der Museumspädagogik des Sudetendeutschen Museums. 18.00 Uhr: Tanzmusik mit dem Enno-Strauß-Duo. Anmeldung per eMail an anmeldung@ sudeten.de oder per Telefon unter (0 89) 48 00 03 65. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Samstag, 3. Februar, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf: Monatsnachmittag mit Stadtrat Jürgen Sauer zur Sanierung des Littmannbaus. Haus der Begegnung, Giebel-
Freitag, 16. bis Sonntag, 18. Februar 2024: „Wurzeln in Böhmen. Kinder- und Enkelgeneration der Heimatvertriebenen auf der Suche nach Erinnerung“. Seminarwochenende der Sudetendeutschen Landsmannschaft Bundesverband. Die Suche nach den eigenen Wurzeln: Für manche bedeutet sie, bereits verstorbene Vorfahren in Archiven aufzuspüren. Für andere wiederum heißt das, in die Heimat der Ahnen zu fahren und die Gegend, die Orte, vor allem aber die Menschen dort kennenzulernen. Das Seminar bietet deshalb eine Mischung aus Information und gemeinsamem Austausch. Im Mittelpunkt stehen der persönliche Kontakt und das Gespräch über die eigenen Erfahrungen mit Eltern, Kindern, Enkeln und Freunden. Referenten sind: Werner Honal (Schulberater und Philologe), Martin Dzingel (Präsident der Landesversammlung der Deutschen Vereine in Tschechien), Veronika Kupková (Pädagogin und Projektkoordinatorin), SLKulturpreisträger Lorenz Loserth, Klaus Hanisch (Journalist und Buchautor), David Vondráček (Regisseur und Fernsehjournalist), die Målaboum aus Plachtin mit Richard Šulko (Gesang) und Vojtěch Šulko (Zither), Dr. Peter Becher (Autor), Steffen Hörtler (Der Heiligenhof) und Hildegard Schuster (Sudetendeutsche Landsmannschaft Bundesverband). Die Teilnehmergebühr einschließlich Verpflegung beträgt 90,00 Euro pro Person. Der Betrag ist unabhängig von den in Anspruch genommenen Leistungen zu entrichten und kann nicht anteilig rückerstattet werden. Hinzu kommen für den gesamten Seminarzeitraum die Kurtaxe von 3,90 Euro und gegebenenfalls ein Einzelzimmerzuschlag von 20 Euro pro Person. Dieses Seminar wird durch die Sudetendeutsche Stiftung gefördert. Anmeldung per eMail an info@heiligenhof.de oder per Telefon unter (09 71) 7 14 70 Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de
Foto: Torsten Fricke
VERANSTALTUNGSKALENDER Samstag, 27. Januar, 18.00 Uhr, Verband der deutschen altösterreichischen Landsmannschaften in Österreich (VLÖ): 20. Ball der Heimat. Vorverkauf: SL Österreich per eMail an sloe@ chello.at oder per Telefon unter 00 43 677 63 48 52 91. Hotel Arcotel Wimberger, Neubaugürtel 34–36, Wien. Donnerstag, 1. Februar, 18.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „Ostseemetropole im Umbruch. Danzig im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert“. Vortrag von Prof. Dr. Winfrid Halder. Westpreußisches Landesmuseum, Klosterstraße 21, Warendorf. Samstag, 3. Februar, 14.00 Uhr, Heimatpflegerin der Su-
Wurzeln in Böhmen
straße 14, Stuttgart. Dienstag, 6. Februar, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Blutige Farce. Der Hitler-Putsch und seine Folgen 1923/24“. Buchvorstellung und Vortrag mit Dr. Wolfgang Niess. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Donnerstag, 8. Februar, 18.00 Uhr: Sudetendeutsche Heimatpflege: Eröffnung der Wanderausstallung „verloren, vermißt, verewigt. Heimatbilder der Sudetendeutschen“. Stadtmuseum Aussig, Ulice Masarykova 1000, Aussig/Ústí nad Labem. Donnerstag, 15. Februar, 18.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: Im Gespräch mit der ukrainischen Generalkonsulin Iryna Shum. KAP 1, Konrad-Adenauer-Platz 1, Düsseldorf. Samstag, 17. Februar, 10.30 Uhr, SL Bayern: Landesfrauentagung. Anmeldung an SL Bayern, Hochstraße 8, 81669 München oder per eMail an Geschaeftsstelle @sudeten-by. de Kolpinghaus, Adolph-KolpingStraße 1, Regensburg. Samstag, 17. Februar, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und AckermannGemeinde: „Über unsere Schwellen hinaus. Erste Schritte“. Deutsch-tschechischer Dokumentarfilm. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen. Samstag, 24. Februar, 14.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Die geheimen Seiten des Lebens“. Karin Gündisch liest aus ihrem neuen Roman. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Dienstag, 27. Februar, 19.00 Uhr, Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste: Ringveranstaltung zum 80. Geburtstag der Vizepräsidentin Ursula Haas mit Kunstliedern von Alfred Richter. Freier Eintritt mit anschließendem Empfang. Anmeldung per eMail an sudak@mailbox.org oder un-
ter Telefon (0 89) 48 00 03 48. Sudetendeutsches Haus, AdalbertStifter-Saal, Hochstraße 8, München. Sonntag, 3. März, 10.30 Uhr, SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf: 4.-März-Gedenkfeier mit Prof. Dr. Andrea Wechsler, Spitzenkandidatin der CDU Baden-Württemberg zur Europawahl. Haus der Heimat, Großer Saal, Schloßstraße 92, Stuttgart. Sonntag, 3. März, 14.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Augsburg: Eröffnung der Ausstellung „Wir Sudetendeutschen“. Rathaus, Foyer, Marktplatz 4, Königsbrunn. Montag, 4. März, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Augsburg: Märzgedenken mit einem Referat von Steffen Hörtler, Landesobmann der SL Bayern, über den März 1919. Rathaus, Sitzungssaal, Marktplatz 4, Königsbrunn. Mittwoch, 6. bis Donnerstag, 7. März, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Seminar „Kafka, Käfer und Kakanien. Eine Annäherung an Franz Kafka (1883–1924) zum 100. Todestag“. Anmeldung unter Telefon (0 22 44) 88 60 oder per eMail an info@hausschlesien.de Haus Schlesien, Dollendorfer Straße 421, Königswinter. Samstag, 9. März, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: „Unter dem steinernen Meer“. Lesung von Dr. Peter Becher. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen. Samstag, 16. März, 10.00 bis 16.00 Uhr, SL-Landesgruppe Baden-Württemberg: 15. Ostdeutscher Ostermarkt. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart. Montag, 18. März, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Deutsch-Tschechischer Marionettenabend „Spejbl und Hurvínek treffen auf Mozart und Musik“. Anmeldung per eMail an sekretariat@gh-h.de oder unter Telefon (02 11) 1 69 91 11. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Mittwoch, 20. März, 19.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: „Diese Minderheit, die durch Morden, Plündern und Sengen den deutschen Namen besudelt, wird das Unglück
Ausstellung zu Flucht, Vertreibung und Integration
Teil 2: „Ungehört – die Geschichte der Frauen“ Bis Freitag, 12. April, zweiter Teil der Ausstellung „Ungehört – die Geschichte der Frauen. Flucht. Vertreibung und Integration“. Veranstaltungsort: Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München. Öffnungszeiten: montags bis freitags von 10.00 bis 20.00 Uhr. Die Ausstellung, die das Team Dr. Lilia Antipow (HDO), Patricia Erkenberg M.A. (HDO), Prof. Dr. Daniela Neri-Ultsch (Leibniz-Institut für Ost- und Südost-
europaforschung Universität Regensburg) und Prof. Dr. Andreas Otto Weber (Direktor des HDO) kreiert hat, wird nach dem Erfolg im Sommer in einer erweiterten Version gezeigt.
des ganzen deutschen Volkes werden … – Hellmuth Stieff (1901–1944) und das NS-Regime“. Vortrag und Lesung mit Kuratorin Dr. Katja Schlenker und Stiftungs-Direktor Prof. Dr. Winfrid Halder. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 23. März, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf: Monatsnachmittag. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart. Dienstag, 26. März, 19.00 Uhr, Sudetendeutsche Akademie der Wissenschaften und Künste: Ringveranstaltung Peter Becher stellt sein neues Buch „Unter dem Steinernen Meer“ vor. Freier Eintritt mit anschließendem Empfang. Anmeldung per eMail an sudak@ mailbox.org oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 48. Sudetendeutsches Haus, Adalbert-StifterSaal, Hochstraße 8, München. Sonntag, 7. April, 11.00 bis 14.00 Uhr, SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: Fest der Nationen. Gemeindehaus Salvator Giebel, Giebelstraße 15, Stuttgart. Donnerstag, 11. April, 18.00 Uhr, Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus: Eröffnung der Ausstellung „Hitler-Stalin-Pakt und
seine Folgen für Ostmitteleuropa: Geschichte und Erinnerung“. Die Ausstellung läuft bis zum 28. Juni. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Samstag, 13. April, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: Film: „Verschwundener Böhmerwald“. Emil Kintzl erzählt Episoden aus der Grenzregion. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen. Samstag, 20. April, 10.00 Uhr, SL-Landesgruppe BadenWürttemberg: Landesversammlung. Haus der Heimat, Schloßstraße 92, Stuttgart. Montag, 22. April, 19.00 Uhr: Vortragsreihe „Böhmen als Ort der Begegnung – Teil 1: Europäische Wegbereiter“ von Prof. Dr. Stefan Samerski. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Samstag, 27. April, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe StuttgartWeilimdorf: Jahreshauptversammlung mit Ehrungen. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart. Samstag, 4. Mai, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: Muttertagsfeier. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen.
Sudetendeutsche Zeitung Folge 3 | 19.1.2024
AKTUELL · KOLUMNE
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� Tschechiens Präsident Petr Pavel startet Friedensmission im Nahen Osten
Über Israel und Katar nach München
Im Balkan-Krieg hatte Fallschirmjäger-Offizier Petr Pavel im Januar 1993 rund 50 französische Blauhelm-Soldaten aus einer Einkesselung befreit – bis heute ist dies der größte Erfolg der tschechischen Armee. Am 26. Juni 2015 wurde General Pavel Vorsitzender des Nato-Militärausschusses – als erster Offizier eines ehemaligen Warschauer-Pakt-Staates. Und als neu gewählter Staatspräsident reiste Pavel im April 2023 nicht nur nach Kiew, sondern als erstes ausländisches Staatsoberhaupt in den umkämpften Osten der Ukraine. Jetzt hat das charismatische Staatsoberhaupt eine Friedens-Initiative im Nahen Osten gestartet.
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ie Ermordung von über 1000 Zivilisten durch die palästinensische Hamas sei ein „verwerflicher terroristischer Akt gegen den Staat Israel und die Zivilbevölkerung“ und werde „jeden Versuch einer friedlichen Lösung des palästinensisch-israelischen Konflikts für lange Zeit blockieren“, hatte Pavel am 7. Oktober 2023 erklärt, aber gleichzeitig gemahnt, daß „die unweigerliche harte und gerechtfertigte Antwort Israels“ viele Opfer fordern werde und daß eine Lösung nur „am Verhandlungstisch mit viel gutem Willen“ möglich sei. Am Montag reiste Pavel nach Israel und traf sich zunächst mit dem israelischen Staatspräsidenten Yitzhak Herzog, mit dem er nicht nur über die Sicherheitslage im Land, sondern auch über die Hilfe für die palästinensische Zivilbevölkerung in Gaza sprach. „Ich freue mich, sagen zu können, daß die Tschechische Republik Israel nicht nur als Freund, sondern auch als strategischen Partner betrachtet. Wir
Tschechiens Staatspräsident Petr Pavel mit seinem israelischen Amtskollegen Yitzhak Herzog. Fotos: Pražský hrad/Zuzana Bönisch sind solidarisch mit Israels Recht, den Terrorismus zu bekämpfen und die eigene Bevölkerung zu verteidigen, aber gleichzeitig sorgen wir uns um die Opfer unter der Zivilbevölkerung, denn die Zivilisten auf beiden Seiten haben das gleiche Recht auf Schutz“, sagte Pavel nach dem Treffen mit seinem israelischen Amtskollegen und kündigte an, daß Tschechien insgesamt zehn Millionen Kronen (400 000 Euro) für humanitäre Hilfe bereitstellen wird, und zwar fünf Millionen für die Unterstützung der palästinensischen Zivilbevölkerung und fünf Millionen für israelische Gesundheitsorganisationen. Anschließend traf Pavel mit dem Sprecher der Knesset, Amir Ohana, und mit Benny Gantz zusammen, einem Mitglied des Kriegskabinetts und Vorsitzenden des Blocks der Nationalen Einheit, der von 2020 bis 2021 alternierender Premierminister war. Außerdem führte Pavel ein Gespräch mit Premier-
Bei seinem Staatsbesuch in Israel wurde Präsident Petr Pavel auch von Premierminister Benjamin Netanjahu empfangen.
minister Benjamin Netanjahu. Im Anschluß trafen sich Pavel und Israels Außenminister Israel Katz mit Familien der entführten Geiseln und besuchten das österreichische Hospiz „Heilige Familie“ in Jerusalem. Am Dienstag reiste Pavel in das von den Hamas-Terroristen angegriffene Kibbuz. Anschließend flog das Staatsoberhaupt nach Doha weiter, um sich mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad al-Thani, zu treffen. Katar gilt zwar als einer der wichtigsten Finanziers der Terrormiliz Hamas und beherbergt dessen politische Führung, hat aber auch gute Drähte zu den anderen Konfliktparteien. So unterhält Katar stabile Kontakte zum Iran. Gleichzeitig sind auf der Al Udeid Air Base, dem Stützpunkt der katarischen Luftstreitkräfte, US-amerikanische Truppen stationiert. Auch zu Israel, das in Doha ein Handelsbüro hat, pflegt Katar gute Beziehungen und hat in dem aktuellen Konflikt eine kurzzeitige Feuerpau-
se und die Freilassung einiger Geiseln erreicht. Seine Friedensmission wird Petr Pavel dann auf der 60. Münchner Sicherheitskonferenz fortsetzen, die vom 17. bis 19. Februar im Hotel Bayerischer Hof stattfindet. Nach aktuellem Stand sei geplant, daß Präsident Pavel nach München reisen werde, hat Konsul Lukáš Opatrný vom Tschechischen Generalkonsulat in München am Samstag auf der Sitzung des Sudetendeutschen Rates (siehe Seite 1) bestätigt. Im Vorjahr hat Pavel als bereits gewähltes, aber noch nicht vereidigtes Staatsoberhaupt an dem hochrangigen Treffen teilgenommen und dabei Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder zum Vier-Augen-Gespräch getroffen. In einem Interview hat Pavel einmal gesagt, er habe damals in Jugoslawien gehofft, solche Bilder von Krieg, Leid und Zerstörung nicht mehr sehen zu müssen. Diese Hoffnung hat sich bislang nicht erfüllt. Torsten Fricke
� Heimatmuseum Freundenthal/Altvater im Heimatmuseum Memmingen
Erstes Erinnerungscafé im Heimatmuseum Anfang Mai des vergangenen Jahres hat das Heimatmuseum Freudenthal/ Altvater im Memminger Stadtmuseum komplett neu aufgestellt seine Pforten geöffnet. Seither wird es, so die Museumsbeauftragte des Heimatkreises, Daniela Seidel, ausgesprochen gut angenommen. Die Führungen seien stets ausgebucht, und Angehörige der Erlebnisgeneration führten ihre Kinder, Enkel und Urenkel hierher, „um euch zu zeigen, wo ich herkomme“.
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as Museum, hieß es zur Eröffnung, solle nicht nur Erinnerungsort sein, sondern vor allem der Bekenntnisgeneration Antworten geben auf viele noch offene Fragen zum „Warum“ und „Wie“ der Vertreibung der Sudetendeutschen und ihrer Integration in Schwaben. Vieles wurde verschwiegen, nicht weitergegeben, verdrängt, aber auch nicht hinterfragt. Mit ihrem ersten „Erinnerungscafé“ in den Räumen des Museums machten Seidel und die Kulturwissenschaftlerin und Trauerbegleiterin Svenja Gropper im Dezember einen wichtigen Schritt auf diesem Wege. Eine kleine, gleichwohl ausgesprochen gesprächsfreudige Gruppe von Frauen und Männern ließ sich auf das Angebot ein. Wechselweise von Gropper vorgetragene Passagen aus dem „Tagebuch der Angst“ des aus seiner Heimat vertriebenen, kriegstraumatisierten gebürtigen Freudenthalers Kurt Langer und persönliche Vertreibungserinnerungen aus Seidels Familie führten noch einmal sehr deutlich die kaum vorstellbaren schlimmen Ereignisse daheim und unterwegs am und nach Ende des Zweiten Weltkrieges vor Augen, gingen aber auch auf das schwierige Fuß fassen in der neuen Heimat ein. Die Textausschnitte bereiteten damit sehr einfühlsam den Boden für das folgende Gespräch in der Gruppe. Lediglich eine Teilnehmerin beim ersten Erinnerungscafé gehörte noch der Erlebnisgeneration an und war zu Beginn der Vertreibung gerade einmal sechs Jahre alt. Die anderen Gesprächsteilnehmer zählten zur Bekenntnisgeneration, waren Nachfahren der Vertriebenen. Viele kannten den 1991 in Mindelheim verstorbenen Autor Kurt Langer noch persönlich. Ein paar Teilnehmer hatten bereits versucht, die Herkunft der
eigenen Familie zu erforschen, und entdeckten im Laufe der Gesprächsrunde weitere persönliche Bezüge zum Sudetenland. Oft konnte das eingangs Gehörte bestätigt werden, manches war aber nicht bekannt. Da war der Wunsch, mit Zeitzeugen ins Gespräch zu kommen, und mehrfach der Vorwurf an sich selbst, zu wenig nachgefragt zu haben. Natürlich kam die Frage nach der Bedeutung von Heimat und Zuhause auf. Unschwer zu erraten, wo die ältere Dame diese verortete. Sie beherrscht zwar noch die Sprache ihrer Kindheit, „aber mit wem soll ich sprechen?“. Da wurde von Reisen in die alte Heimat erzählt, von Besichtigungen und Gesprächen war die Rede mit den jetzt dort lebenden Menschen. Das Schöne sei, daß Rache und Haß keine Themen seien. Nach der Auseinandersetzung mit all den schwierigen Themen stellte sich die Frage: „Wie können wir es besser machen?“ Seidels Ansatz: „Indem wir im
Im Memminger Heimatmuseum Freudenthal/Altvater fand das erste Erinnerungscafé statt, zu dem Museumsbeauftragte Daniela Seidel (kleines Foto, links) sowie Trauerbegleiterin und Kulturwissenschaftlerin Svenja Gropper (rechts) eingeladen hatten. Fotos: Klaus. D. Treude Kleinen damit anfangen. Etwa mit Gesprächen in unserem Erinnerungscafé.“ Wie Svenja Gropper war sie mit dem Erfolg des ersten Erinnerungscafés sehr zufrieden. Weitere Veranstaltungen werden folgen. Es sei doch wichtig, Wege aus der Sprachlosigkeit zu finden, indem man
sich gemeinsam mit Gästen an Vergangenes erinnert und dabei durchaus auch dunkle Seiten beleuchtet. Zum einen, damit diese nicht in Vergessenheit geraten, zum anderen, damit der „schwere Rucksack der Familiengeschichte“ für zukünftige Generationen leichter wird. Klaus D. Treude
� Mut tut gut
Alle sollen eins sein J
edes Jahr zwischen dem 18. und 25. Januar findet die Gebetswoche für die Einheit der Christen statt. Während dieser acht Tage kommen an unzähligen Orten auf der ganzen Erde Christen unterschiedlicher Konfessionen zusammen, um darum zu beten, daß der christliche Glaube zu einer neuen Einheit finde. Sie entsprechen damit einem Wunsch, den Jesus kurz vor seinem Tod beim Letzten Abendmahl äußerte und der im letzten Jahrhundert als Ziel christlichen Einheitsstrebens neu zu Bewußtsein kam. Dieser Wunsch steht im Johannesevangelium: „Ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben. Alle sollen eins sein: Wie du, Vater in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, daß du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, damit die Welt erkennt, daß du mich gesandt hast und sie ebenso geliebt hast, wie du mich geliebt hast.“ Lange dauerte es, daß nach den vielen Spaltungen der Christenheit durch so viele Jahrhunderte hindurch die unterschiedlichen Konfessionen diese quasi testamentarischen Worte Jesu aufgegriffen und beherzigten. Wir haben die Einheit der Christenheit zwar lange noch nicht erreicht, und wir sind uns nicht einmal eins darüber, welche Form von Einheit wir erreichen wollen, aber wir beten gemeinsam um die Einheit im christlichen Glauben. Initiiert wurde diese Gebetswoche 1909 von dem Amerikaner Paul Francis Wattson, der als episkopaler Christ geboren wurde und später zur römisch-katholischen Kirche konvertierte. Daß es unterschiedliche Konfessionen gibt, hat in breiten Schichten der Christenheit lange nicht gestört. Es wurde als gegeben hingenommen. Oft genug bekämpfte man sich auch oder machte sich gegenseitig das Leben schwer. Daß christliche Konfessionen sogar Kriege gegeneinander führten oder sich gegenseitig den Glauben abgesprochen haben, gehört zu den traurigen Tiefpunkten der christlichen Geschichte und ist ein Skandal, eine Perversion der Botschaft des Evangeliums. So etwas darf niemals wieder vorkommen. Es darf aber ebenfalls niemals wieder vorkommen, daß beispielsweise gemischt konfessionelle Ehen Ungemach erleiden müssen. So lange ist das noch nicht her. Noch vor einem halben Jahrhundert mußten sich Verliebte, die unterschiedlichen Glaubensrichtungen angehörten, von Verwandten und Kirchengemeinden und oft auch von Seelsorgern schikanieren lassen, wenn sie heiraten wollten. Die Wunden aus ihrem frühen Eheleben schmerzen oft nach Jahrzehnten noch. Heute spricht man nicht mehr von konfessionstrennenden, sondern von konfessionsverbindenden Ehen. Viel wurde in den ökumenischen Bemühungen der letzten 100 Jahre erreicht. Ich wage zu behaupten, daß es sich um Früchte des Gebetes vieler Christen um die Einheit handelt. Viel liegt aber auch noch vor uns. Deswegen sollte dieses besondere Gebetsanliegen von uns auch weiterhin gepflegt werden. Dr. Martin Leitgöb CSsR Provinzial der Redemptoristen Wien-München
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FORUM
Sudetendeutsche Zeitung Folge 3 | 19. 1. 2024
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Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
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Am 4. Januar feierte der Karpatendeutsche Rudolf Schuster, Träger des Europäischen Karls-Preises 2011 der SL und ehemaliger slowakischer Staatspräsident, 90. Geburtstag.
� Träger des Europäischen Karls-Preises 2011
eine gemeinsame zweisprachige Arbeit mit Gedanken über ihre persönliche europäische Zukunft verfassen, idealerweise eine Deutsche oder ein Deutscher mit einer Slowakin oder einem Slowaken“. Seine Dankrede schloß er mit den Worten: „Was gestern war, ist zwar Geschichte. Wer aber diese Geschichte vergißt, liegt falsch.“ Der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, gratuliert dem KarlsPreisträger Rudolf Schuster mit folgenden Worten: „Dieser sympathische, lebensfrohe, universal gebildete und weltweit als Reporter von Naturschönheiten aktive Karpatendeutsche gehört zu den wichtigsten Gründervätern der demokratischen und unabhängigen Slowakei. Seine Liebenswürdigkeit und seine Gastfreundschaft ziehen viele Menschen an, seine Tüchtigkeit und Standfestigkeit machen sein großes politisches Erbe aus. Im übrigen gibt es interessante Parallelen zwischen ihm und dem heutigen rumänischen Staatspräsidenten Klaus Iohannis: Beide entstammen dem Teil einer deutschen Volksgruppe aus der ungarischen Reichshälfte der alten k. u. k. Monarchie, der der Vertreibung entging; beide kombinierten erfolgreich die Loyalität zum Heimatland mit der zur Volksgruppe; beide waren vorbildliche Oberbürgermeister von durch die Geschichte gebeutelten Städten, die sie wieder zum Blühen brachten, und beide wurden von einer nicht-deutschen Mehrheit ohne Vorbehalt an die Spitze des Staates gewählt. Ich verbeuge mich vor der Lebensleistung meines Freundes Rudolf und wünsche ihm von Herzen viel Glück, Erfolg, Gesundheit und Gottes Segen.“ nh
Rudolf Schuster 90
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udolf Schuster ist der bekannteste der noch in der Slowakei lebenden Deutschen. Er wuchs in Metzenseifen – 30 Kilometer westlich von Kaschau und heute eines der zwei letzten karpatendeutschen Dörfer – in der Zips in bescheidenen Verhältnissen auf. Sein Vater Alois war Waldarbeiter, seine Mutter Maria hatte auch ungarische Wurzeln. Vater Alois – ein Hobbyfilmer – unternahm 1927 eine dreijährige Expedition nach Brasilien. Nur Rudolf, der älteste Sohn, studierte, und zwar an der Technischen Hochschule. Anschließend arbeitete er im Bezirksinstitut für Landwirtschaft und bis 1962 im Hydrologischen Institut der Slowakischen Akademie der Wissenschaften. 1962 bis 1975 bekleidete er führende Positionen im größten Unternehmen der Slowakei, den Ostslowakischen Eisenwerken in Kaschau. Dann machte er Karriere als Politiker und Diplomat. Zunächst wurde er Kaschauer Bürgermeister, 1986 bis 1989 Präsident des Bezirks Ostslowakei. Nach der Samtenen Revolution wurde er Parlamentspräsident in Preßburg und 1990 Tschechoslowakischer Botschafter in Kanada. Damals nutzte er seinen Urlaub für eine Expedition auf den Spuren seines Vaters in Brasilien, drehte zwei Dokumentarfilme und schrieb ein Buch darüber. Die Bilder der Brasilienreise seines Vaters sind der Ursprung eines Museums, das er mit seiner Sammlung von Foto- und Filmtechnik des 19. und 20. Jahrhunderts dem Staat schenkte. Das Museum beherbergt auch Zeug-
nisse der mittelalterlichen deutschen Siedler. In der unabhängigen Slowakei wurde Schuster wieder Kaschauer Bürgermeister und gründete 1998 die Partei der Bürgerverständigung (SOD). Als Kandidat der vereinigten Opposition wurde er 1999 eine Legislaturperiode lang Staatspräsident.
die nur wegen eines deutschen Namens vertrieben wurden, obwohl sie gegen den Faschismus gekämpft hatten. In Deutschland hätte uns allen das KZ gedroht, aber nach dem Krieg hat trotzdem der deutsche Name Schuster gereicht, um uns im Schulhaus unsere Wertsachen abzunehmen – das wurde nirgendwo
Sudetendeutscher Tag 2011 in Augsburg: Volksgruppensprecher Bernd Posselt ehrt Rudolf Schuster mit dem Karls-Preis. Bild: Rainer Grill Über die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg sagte Schuster in einem Interview mit der Wiener Tageszeitung „Die Presse“: „Ich war damals zwölf und habe die deutsche Schule besucht. Mein Vater war kommunistischer Antifaschist, und mein Bruder hat als Partisan gegen den Faschismus gekämpft. Er hatte noch seine Waffe, als die Soldaten gekommen sind, um uns ins Schulhaus abzuführen. Und in dem kleinen Ort Metzenseifen, aus dem ich komme, kann ich viele nennen,
registriert – und uns auf die Liste der zu vertreibenden Deutschen zu setzen. Nur weil meine Mutter so schwer krank war, daß sie die Vertreibung nicht überlebt hätte, durften wir dann doch bleiben.“ Den Karls-Preis nahm Schuster 2011 „als überzeugter Europäer und leidenschaftlicher Verfechter der Europäischen Union“ entgegen, daher stellte er den mit der Auszeichnung verbundenen Geldbetrag zur Verfügung, damit „zwei junge Menschen
� Karl-Hausner-Medaille 2023 E-Mail
Christa und Horst Engel sowie Wolf-Dieter Eder geehrt
Geburtsdatum, Heimatkreis
Datum, Unterschrift
Ich/Wir ermächtige/n die Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH (SVG), Hochstraße 8, 81669 München, Gläubiger-Identifikationsnummer DE04SVG00000003583, Zahlungen von meinem/unserem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein/weisen wir unser Kreditinstitut an, die von der SVG auf mein/unser Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Ich kann/Wir können innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Dabei gelten die mit meinem/unserem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen. Wenn sich meine Kontodaten ändern, teile ich dies der SVG unverzüglich mit.
Kontoinhaber
Kontonummer oder IBAN
Dr. Harald von Herget, Erwin Zwerschina, Pia Eschbaumer, Siegfried Doleisch, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Dr. Peter Becher und Wolf-Dieter Eder. Anfang Dezember fand die Preisverleihung der Karl-HausnerMedaille 2023 im Rahmen einer Festveranstaltung im AdalbertStifter-Saal im Sudetendeutschen Haus in München statt.
Bankleitzahl oder BIC
Datum, Unterschrift
S
Alle Preise inklusive 7 % Mehrwertsteuer und Versand. Abbestellungen mit einer Frist von einem Monat zum Vierteljahresschluß schriftlich an die SVG. Sie sind berechtigt, die Bestellung des Abonnements ohne Angabe von Gründen innerhalb 14 Tagen nach Absendung dieses Auftrages schriftlich gegenüber der Sudetendeutschen Verlagsgesellschaft, Hochstraße 8, 81669 München (auch per E-Mail an svg@sudeten.de) zu widerrufen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
Bitte gescannt oder abfotografiert mailen oder in ausreichend frankiertem Umschlag (85 Cent) einsenden an
Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH Hochstraße 8 81669 München E-Mail svg@sudeten.de
3/2024
iegfried Dolleisch, Vorsitzender des Kuratoriums der Hausner-Stiftung, eröffnete die 16. Festveranstaltung der Hausnerstiftung mit Preisverleihung. Zu Beginn wurde des kürzlich verstorbenen Professors Ernst E. Korkisch, Architekt, ehemaliges Kuratoriumsmitglied sowie Erschaffer des Stiftungslogos, gedacht. Die Laudatio auf den Preisträger Wolf-Dieter Eder aus Rosenheim, den jahrzehntelangen Verwalter des Sudetendeutschen Hauses, hielt Peter Becher, Vorstandsvorsitzender des AdalbertStifter-Vereins. Sie trug den Titel
„Vom etwas liederlichen Lausbuben“ zum Kulturmenschen“ und endete mit dem Satz: „So ist aus dem Pfadfinder, Fanfarenbläser und Rosenheimer Stadtmusikanten ein Wahlsudetendeutscher geworden, der durch sein Engagement und seine Identifikation mit dem Haus mehr als so mancher Sudetendeutscher für die kulturelle Vielfalt und das Image der Volksgruppe beigetragen hat und mit vollem Recht neben dem Ehepaar Engel den Hausner-Preis des Jahres 2023 erhält.“ Eder dankte mit einem Vortrag über Franz Kafkas Roman „Das Schloß“ und spannte dabei einen Bogen zum Sudetendeutschen Haus. Wolf-Dieter Hamperl, langjähriger SL-Bundeskulturreferent und AEK-Vorsitzender, hielt die Laudatio auf das Ehepaar Horst und Christa Engel. Die Be-
wahrung und Pflege des Kulturgutes der vertriebenen Karlsbader in einem eigenen Museum in der Patenstadt Wiesbaden, das die Eheleute Engel über ein Jahrzehnt leistete, beeindruckten das Publikum. Hamperl: „In der Zeit nach dem Ende des Berufslebens hat Horst Engel seine Leidenschaft für die Heimat voll in die Heimatsammlung des Karlsbader Heimatverbandes, aber auch in seine Privatsammlung eingebracht. Seine Frau Christa war immer dabei und im wahrsten Sinne des Wortes der gute Geist an seiner Seite.“ Anschließend wurde ein vom Böhmischen Rundfunk produzierter Film über das Karlsbader Heimatmuseum gezeigt, der auf Videomaterial von Horst Engel aufbaut. Da das Ehepaar Engel krankheitsbedingt den Preis nicht persönlich entgegennehmen konn-
te, nahmen vom Träger des Museums die Stellvertretende Vorsitzende Pia Eschbaumer des Heimatverbandes der Karlsbader und Kreisbetreuer Erwin Zwerschina die Urkunde und die Medaille entgegen. Die Festrede hielt diesmal Harald von Herget, Vorstandsvorsitzender der Hausner-Stiftung, anläßlich des 50. Jahrestages des Prager Vertrages vom 11. Dezember 1973. Die Hoffnung steht darin im Vordergrund, daß eine Zeitenwende den Verzicht der Tschechischen Republik auf die Beneš-Dekrete und eine Gleichstellung der Sudetendeutschen mit Auslandstschechen bringe. Die wunderbare musikalische Umrahmung boten der Pianist und Komponist Dietmar Gräf am Flügel und Sonja Sanders an der Flöte. nh
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KULTUR
Sudetendeutsche Zeitung Folge 3 | 19.1. 2024
Harfenistin Marika Cecilia Riedl, Dr. Ortfried Kotzian, Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung, Dr. Dietmar Gräf, Volksgruppensprecher Dr. h. c. Bernd Posselt, Petra Travnicek, Professor Birgit Keil, Serafina Starke, Julius Zeman, Dr. Andreas Wehrmeyer, Anna Knechtel, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Aldabert-Stifter-Vereins, Štěpán Javůrek, Lenka Chobotová und SL-Bundeskulturreferent Professor Dr. Ulf Broßmann. Bilder: Susanne Habel Im Sudetendeutschen Haus in München sind bei einer festlichen Stunde die letztjährigen Förderpreise der Sudetendeutschen Landsmannschaft an Nachwuchstalente verliehen worden. Der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, und Ortfried Kotzian, Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung, hielten Festansprachen. SL-Bundeskulturreferent Ulf Broßmann überreichte gemeinsam mit Posselt die Preise, deren Dotierung durch das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales – dem Schirmherrschaftsministerium – über das Haus des Deutschen Ostens (HDO) gefördert wird. Die Sudetendeutsche Stiftung bezuschußt die Veranstaltung.
� Förderpreise 2023 der Sudetendeutschen Landsmannschaft in München verliehen
Kultur erhalten und neu stiften
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eimat ist für mich etwas Konkretes. Sie kann ein Ort, aber auch ein Zustand sein, der Menschen verbindet“, sagt Bernd Posselt. Der Volksgruppensprecher erinnert daran, daß das Sudetendeutsche Haus seit der Eröffnung vor fast genau 40 Jahren die Aufgabe gehabt habe, die heimatliche Kultur zu bewahren. Dies galt vor allem für die Zeit, bis die Heimatgebiete wieder erreichbar sein würden. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs habe sich das Netzwerk von Sudetendeutschen, heimatverbliebenen Landsleuten und Tschechen
Julius Zeman bei der Bewahrung der Kultur bewährt. „Die böhmischen Länder waren immer eine kulturelle Großmacht“, so Posselt. Allerdings wolle man keine rückwärtsgewandte Kultur betreiben, sondern das kulturelle Erbe weiter voranbewegen. „Kultur ist der Wesenskern, die DNA einer Volksgruppe“, betont Pos-
Serafina Starke selt. Dazu würden auch die jetzigen Förderpreisträger beitragen, wofür er ihnen danke und wozu er sie beglückwünsche. „Unsere Aufgabe heute ist: Wir stiften Kultur“, schließt der Sprecher seine Ansprache. Zuvor begrüßte Ortfried Kotzian die vielen Gäste der Preisverleihung im Adalbert-StifterSaal und hielt eine kleine Re-
de. Der Vorstandsvorsitzende der Sudetendeutschen Stiftung sprach über das chaotische Welttheater im vergangenen Jahr, bei dem die Menschen, die wie Marionetten an den Fäden der Puppenspieler gehangen seien, meist keine Möglichkeit gehabt hätten, sich aus deren Fängen zu befreien. „Ich nenne nur einige Stichworte, Schauplätze
Bernd Posselt, Kammertänzerin Professor Birgit Keil, Petra Travnicek, Mutter des Preisträgers, und SL-Bundeskulturreferent Professor Dr. Ulf Broßmann.
oder auch Bühnen des genannten Welttheaters: Ukraine, Gaza, Berg-Karabach, Heizungsgesetz, Bahnstreiks, Bauernproteste und so weiter. Nirgendwo ist jemand in Sicht, der den Marionetten eine Richtung gibt.“ Sprecher Bernd Posselt habe in seiner Neujahrsbotschaft in der Sudetendeutschen Zeitung, so Kotzian, das Bild mit den Fä-
Anna Knechtel, Laudatorin des Preisträgers für Literatur und Publizistik, Bernd Posselt und Štěpán Javůrek.
den aufgegriffen und sie darin für alle zu einem Netzwerk der Hoffnung und des Friedens verwoben. Damit habe Posselt die Sudetendeutschen als Kontrastprogramm zur Weltlage vorgestellt und die Existenz der Sudetendeutschen im Jahr 2024 als sudetendeutsches Wunder bezeichnet. Zu diesem Wunder zählten auch die aktuellen Preisträger. „Auch beinahe 80 Jahre nach ihrer Vertreibung aus der angestammten Heimat in den Sudetenländern ist die sudetendeutsche Volksgruppe im Stande, bedeutende kulturelle Leistungen hervorzubringen und Akteure zu besitzen, denen Kultur an sich etwas Wichtiges bedeutet“, faßte er diesen Teil des Wunders zusammen. Zu dem sudetendeutschen Wunder wolle die Sudetendeutsche Stiftung ebenfalls etwas beitragen, so deren Vorstandsvorsitzender. „Wir versprechen dem Publikum und den Förderpreisträgern jeweils Soloauftritte auf der Bühne des AdalbertStifter-Saals“, verkündete Kotzian. Er erinnerte daran, daß die Förderpreise nur an verdiente Persönlichkeiten im Alter von unter 35 Jahren auf den Gebieten Bildende Kunst und Architektur, Literatur und Publizistik, Musik, Wissenschaft sowie Volkstumspflege vergeben würden und bedankte sich bei den fünf aktuellen Preisträgern, der Jury und den Laudatoren. Zu den Laudatoren zählen dieses Jahr Kammertänzerin Birgit Pfeil, Trägerin des Großen Kulturpreises, der Musiker Dietmar Gräf, SL-Bundeskulturreferent Ulf Broßmann, der Direktor des Sudetendeutschen Musikinstituts Andreas Wehrmeyer, und Anna Knechtel, wissenschaftliche Mitarbeiterin des AdalbertStifter-Vereins. Sie verlesen der Reihe nach ihre aussagekräftigen Laudationes. SL-Bundeskulturreferent Ulf Broßmann moderiert auch die Verleihung der Förderpreise an die Preisträger. Alle Preisträger präsentieren sich dazu mit Kostproben aus ihrem verdienstvollen Schaffen. Bitte umblättern
In der ersten Reihe SLÖ-Bundesobmann Dr. Rüdiger Stix, Waldkraiburgs Bürgermeister Robert Pötsch, Hildegard und Professor Dr. Ulf Broßmann, Bernd Posselt, Dr. Ortfried Kotzian, Hans Knapek, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Sudetendeutsches Sozial- und Bildungswerk, Steffen Hörtler, Obmann der SL-Landesgruppe Bayern und Stellvertretender SL-Bundesvorsitzender, Christa Naaß, Präsidentin der Sudetendeutschen Bundesversammlung, Reinfried Vogler, Ehrenpräsident der Sudetendeutschen Bundesversammlung, Ursula Haas, Vizepräsidentin der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste, und Professor Dr. Armin Rosin, Träger des Großen Sudetendeutschen Kulturpreises 2003.
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KULTUR
Sudetendeutsche Zeitung Folge 3 | 19.1. 2024
Reden und Ansprachen: Sprecher Bernd Posselt, Dr. Ortfried Kotzian, Professor Ulf Broßmann, Volkstumspreisträgerin Lenka Chobotová, Laudatorin Anna Knechtel und Kammertänzerin Professor Birgit Keil als Laudatorin,
� Fortsetzung von Seite 7
Kultur erhalten und neu stiften Der erste, einer der beiden Preisträger für Darstellende und Ausübende Kunst, Vincent Travnicek, ist bedauerlicherweise erkrankt und kann nicht selber kommen. Statt dessen gibt es ein kurzes Tanzvideo und Fotos, um seine beeindruckenden Leistungen zu demonstrieren. Der junge Ballettänzer zeigt selbst auf der Leinwand immense Bühnenpräsenz. Wie großartig seine Tanzkunst ist, erläutert seine Laudatorin.Kammertänzerin Birgit Keil stellt ihren jungen Kollegen begeistert vor. Travnicek sei als Enkel eines vertriebenen Iglauers 1988 in Schwäbisch Gmünd zur Welt gekommen und mit zwölf Jahren von Mutter Petra Travnicek an der renommierten JohnCranko-Schule in Stuttgart angemeldet worden. Eindrucksvoll beschreibt Keil die harte Ausbildungszeit als Ballettschüler sowie Eleve und als festes Ensemblemitglied. Der junge Tänzer zeichne sich durch Durchhaltevermögen, Persönlichkeit, Hingabe und Leidenschaft aus, so Keil. Aus den Händen von Sprecher Bernd Posselt, assistiert von Bundskulturreferent Broßmann, empfängt Petra Travnicek die Preisurkunde, die dann im Namen des Preisträgers allen herzlich dankt. Dank sagen kann der Preisträger für Literatur und Publizistik selbst, und zwar auf deutsch mit einem Bildvortrag: Der junge Tscheche Štěpán Javůrek, der sich als Autor einen guten Namen mit Büchern aus dem Erzgebirge machte, freut sich über die Auszeichung und betont: „Es ist diese gemeinsame Liebe zur Landschaft, die uns alle zu Freunden macht.“ Der Ex-Jurist und Schriftsteller, der 1987 in Aussig geboren wurde, zeigt bei seiner Dankesrede Ansichten aus seiner Wahlheimat. „Das Erzgebirge, über das ich in meinen Büchern schreibe, wurde von Ihren Vorfahren viele Jahrhunderte lang kultiviert“, wendet er sich an das sudetendeutsche Publikum. „Sie bauten ihre Siedlungen, sie bauten Kirchen, sie schufen geistigen Reichtum. Sie taten dies mit großer Sorgfalt und Liebe“, sagt Javůrek zu großem Applaus. „Nur weil das Erzgebirge heute unsere Heimat ist, heißt das nicht, daß es keinen Platz für Sie gibt. Für Ihre Erinnerungen, Ihre Liebe und Ihre Fürsorge“, fährt der Preisträger fort. In der gemeinsamen Vergangenheit gebe es viele Dinge, die uns trennen könnten. „Aber es gibt noch mehr, die uns verbinden.“ Die gemeinsame Vergangenheit hat Javůrek besonders in einer großen Trilogie dargestellt. In den drei Teilen von „Sudetský dům“ gehe es um die Zeit nach 1945 im fiktiven Ort Glasen-
Das spontan gebildete „Duo“ aus Julius Zeman und Serafina Starke beim Applaus nach dem gemeinsamen Auftritt.
Großen Applaus erhält auch Marika Cecilia Riedl, Förderpreiträgerin von 2013, für ihre Intermezzi auf der Harfe. Bilder: Susanne Habel
dorf, wie seine Laudatorin Anna Knechtel erläutert. Geschildert würden die damaligen Geschehnisse, als tschechische Neusiedler, die Smoliks, im Haus einer deutschen Familie einquartiert worden seien und sich die Protagonisten hätten arrangieren müssen. Um Kompromisse und eine Versöhnung zu erreichen, müßten wir die gemeinsame Geschichte in ihrer Gesamtheit interpretieren, sagt Javůrek am Ende seiner Dankesrede. Und genau dies tut der Preisträger, der jetzt auch eine Art Tourismus-Agentur für das Erzgebige leitet, erfolgreich. Genauso engagiert sind auch die folgenden Preisträger. Den
ke eine Weile, die zweite Preisträgerin für Darstellende und Ausübende Kunst, wie deren Laudator Dietmar Gräf berichtet. Starke sei im Jahr 2000 in eine – teils sudetendeutsche – Musikerfamilie hineingeboren und als Kind schon von ihrer Mutter, der Pianistin und Sopranistin Antonia Starke, unterrichtet worden. Serafina Starke habe dann in diversen Meisterklassen und -studiengängen Geige und Gesang gelernt. Gräf gibt zu: „Von ihren unüberblickbar vielen Studien, Auftritten und Ehrungen kann ich hier nicht alle aufzählen.“ Dieses Jahr werde sie etwa in den Osterfestspielen in Baden-Baden und bei den Händel-Festspielen in Halle auftreten.
Förderpreis für Musik erhält der junge Pianist, Organist, Repetitor und Dirigent Julius Zeman. Der 1998 in Wien geborene Musiker sei auch schon mehrfach im Sudetendeutschen Haus aufgetreten, erinnert SMI-Direktor Andreas Wehrmeyer: „Stets hinterließen seine Auftritte einen starken, weit über den Moment nachhallenden Eindruck!“, so der Laudator. Wegen seiner vielfältigen musikalischen Leistungen sei Zeman für die Saison 2023/24 vom Saarländischen Staatstheater als Solorepetitor und Dirigent engagiert worden. Sein Studium hatte Zeman erfolgreich an der Universität Mozarteum Salzburg abgeschlossen. Dort studierte auch Serafina Star-
Bilder aus dem Dankesvortrag von Volkstumspreisträgerin Lenka Chobotová über ihre Aktivitäten in Neutitschein.
Die Preisträgerin zeichne sich aus „durch eine lupenreine Intonation, absolute rhythmische Präzision, das richtige Tempo und eine deutliche Aussprache, die durch angemessene Phrasierung unterstützt wird“, so Gräf. Davon kann sich das Publikum gleich überzeugen: Denn diese beiden Förderpreisträger – für Musik und Darstellende Kunst – schlossen sich als frühere Studienkollegen spontan zusammen und stellen sich gemeinsam vor, was Moderator Broßmann als Premiere bei den SL-Förderpreisen einordnet. Mit Franz Schuberts „Liebhaber in allen Gestalten“ und Richard Strauss‘ „Zueignung“ begeistern Serafina Starke als Sängerin und Ju-
lius Zeman am Flügel alle Gäste und werden zum Star-Duo der Verleihung. Star-Qualitäten weist auch die Historikerin auf, die mit dem Preis für Volkstumspflege ausgezeichnet wird. Zur Welt gekommen sei sie in Neutitschein im Kuhländchen, wo ihr Vater Karel Chobot ehemals Leiter des Staatsarchivs gewesen sei, erzählt SL-Bundeskulturreferent Broßmann. Nach einem Magisterabschluß in Geschichte an der Palacky-Univerität in Olmütz habe sie unter anderem als Fremdenführerin und Archivarin am Landesarchiv Troppau gearbeitet, so der Laudator, und sei derzeit als Historikerin im Staatsarchiv Neutitschein tätig. „Darüber hinaus ist Lenka Chobotová ein kompetentes Mitglied im Klub der Freunde von Neutitschein, der sich um die Bewahrung des sudetendeutschen Kulturerbes kümmert.“ In diesem Klub gehe es um die Erhaltung und Renovierung der deutschen Ehrengräber auf dem städtischen Friedhof, die Anbringung von Gedentafeln an Wohn- und Geburtshäusern von deutschen Persönlichkeiten aus Neutitschein, die Instandsetzung von früheren Wanderwegen in den Beskiden, die Restaurierung von Kapellen und Statuen und die Herausgabe von wissenschaftlichen Berichten. Über ihr Studium und diese Aktivitäten spricht auch die Volkstumspreisträgerin in ihrem bebilderten Dankesvortrag auf deutsch. „Ich habe immer gute Geschichten geliebt“, betont Chobotová. Inzwischen sei sie eben auch auf dem Gebiet der Geschichte tätig, schmunzelt die Historikerin. Die Präsentation ihres Engagements sei sicher beispielgebend für viele junge Geschichts- und Heimatforscher, wie auch Laudator Broßmann meint. Broßmann schließt die Verleihung mit den Worten: „Wir alle sind begeistert von den Leistungen unserer jungen Preisträger!“ Diese könnten nun auch demnächst dank der Sudetendeutschen Stiftung bei Veranstaltungen im Adalbert-Stifter-Saal ein ausführlicheres Bild ihrer Arbeit liefern, wofür schon einige Interesse gezeigt hätten. Abgerundet wird die Preisverleihung durch das Musikprogramm einer früheren Preisträgerin. An ihrer Konzertharfe spielt Marika Cecilia Riedl Harfenwerke von François Joseph Naderman (1781–1835), Carl Philipp Emanuel Bach (1714–1788), Francisco Tárrega (1852–1909) und Henriette Renié (1875– 1956). Nach dem flotten „Harpicide at Midnight“ von Pearl Chertok (1918–1981) strömen alle zum Empfang der Sudetendeutschen Stiftung im Otto-vonHabsburg-Foyer, wo die Preisträger weiter gefeiert werden. Susanne Habel
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VERBANDSNACHRICHTEN
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� Ackermann-Gemeinde
Krieg im Gaza-Streifen Unter dem Titel „Der Konflikt zwischen Israel und Palästinensern – ein Versuch, wieder eine Sprache zu finden“ klärte der in Israel lebende Georg Rössler, Mitglied der Ackermann-Gemeinde (AG) sowie Reiseleiter, Autor und Deeskalationstrainer, über Details, Hintergründe und Aspekte auf.
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eorg Rössler war direkt aus Israel zugeschaltet. Von der Dimension her, sagte er, bedeute der Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober ein Vielfaches der Attentate vom 11. September 2001 in New York. „Israel ist klein. Jeder kennt Menschen, die unmittelbar betroffen waren oder Betroffene in ihrem Umfeld benennen können.“ Rössler erinnerte an die intensive militärische Vorbereitung, auch durch das unterirdische Tunnelsystem. „Die Bevölkerung im Gaza-Streifen ist eine Geisel ihrer eigenen Regierung geworden.“ Zivile Opfer seien unvermeidlich. Zudem würden Waffenpausen für humanitäre Hilfen nur die Hamas begünstigen. Ferner würden diese Israels Abschreckungsfähigkeit kosten und wären eine Einladung an andere Feinde, Israel militärisch anzugreifen. Die Hamas sei nicht nur ein Stachel im Fleisch des israelischen Staates. Sie werde auch von der arabischen Welt gefürchtet. Sie sei eine islamistisch-fundamentalistische Bewegung. Doch die Identität der arabischen Bevölkerung sei der Grund für große Zustimmung, wobei die sunnitisch-arabischen Regierungen in der Region Israels Aktivitäten duldeten. „Die arabischen Länder haben gegenwärtig Angst vor einem expandierenden Iran. Sie suchen ein Sicherheitsbündnis mit dem Westen und Israel und wollen sich in Richtung Westen neu orientieren.“ Doch Rössler nannte auch die Proteste gegen Israel vor allem von der westlich-liberalen Linken, womit er zu den unterschiedlichen Prämissen oder Aspekten kam, die hintergründig in das Thema hineinspielen. Dazu gehörten Dekolonisierung mit den Begriffen Kolonialismus und Imperialismus, die Sicht auf Israel als einem spätkolonialistischen Bollwerk, die Parole „Ein freies Palästina“ und der damit verbundene Befreiungskampf. „Wir müssen uns klar machen, worüber wir reden. Ist der Kampf der Hamas ein Befreiungskampf im Rahmen dieser antikolonialistischen Aufbruchsbewegung oder vielleicht etwas anderes?“ Man unterscheide nicht scharf genug zwischen religiös-ideologischen Gruppen und nationalen Befreiungsbewegungen. Die Palästinenser seien keine heterogene Gruppe. Zwar gebe es ein palästinensisches Volk, das sich als Schicksalsgemeinschaft begreife und als Volk beschreiben dürfe. Doch es gebe mehrere Palästinenser-Gruppen: die 1948 nach Jordanien geflohenen sowie die im selben Jahr in Israel gebliebenen, die im Krieg 1967 geflohenen Palästinenser, die eher säkular ausgerichtete Fatah in den palästinensischen Autonomiegebieten und schließlich die fundamentalistisch-islamistische Hamas. Dann sprach Rössler über deren in ihrer Charta fixierten Ziele. Nicht die Befreiung von Palästina zugunsten eines palästi-
nensischen Staates sei das Ziel zen Amtsweg ins Himmelreich der Hamas, sondern die Reinte- gefunden. Es gibt da auch kein gration der Region Palästina in Unrechtsbewußtsein. Intereseinen islamisch übergeordneten sant ist, daß wir in der westlichen Bereich. Denn dieses Gebiet sei Welt nie eine solche Verbindung von Allah geschenkt und könne herstellen und es eigentlich keidaher nur von Muslimen verwal- ne Stimme gibt, die sagt: ‚Befreit tet werden. „Hier ist nicht mehr Palästina vom Hamas zugunsten die Rede von einem palästinensi- eines Staates Palästina, den sich schen Staat, der eher säviele Menschen hier kular ausgerichtet wäre. wünschen.“ Die Hamas will keinen Dann ging Rössler säkularen, palästinensider Frage nach, inwieschen Staat. Sie kämpft weit der Ansatz der AG, für einen muslimischen, die Anerkennung geeinen islamistischen genseitigen Leids und Staat. Und da ist weder eigener Schuld, als Löfür säkulare Palästinensung für den aktuellen ser noch für den Staat Krieg oder den NahostIsrael Platz.“ Damit ent- Georg Rössler konflikt insgesamt anlarvte Rössler den bewendbar sei. Prinzipisonders aus der westlichen Welt ell sieht er dies skeptisch, da mit kommenden Etikettenschwindel, den territorialen Ansprüchen auf wonach der Kampf der Hamas das gleiche Territorium durch als legitimer Befreiungskampf unterschiedliche Gruppen reder Palästinenser, die einen eige- vanchistische Ansprüche einhernen Staat anstreben, identifiziert gingen. Ein Bekenntnis eigener wird. „Hier schaut die ausländi- Schuld und das Anerkennen des sche Welt nicht differenziert ge- Leids des anderen seien somit nug auf die Hintergründe.“ gegenwärtig nicht denkbar. „Für Als weiteren vielfach in die eine spätere Zukunft schwebt mir Diskussion gebrachten Punkt immer noch das vor, was der Acgriff Rössler den Antisemitismus kermann will: am Ende des Taauf – „ein irrsinnig komplexes ges geht es ja – und das ist die und kompliziertes Thema“. Zu Idee der AG – um den gerechten differenzieren sei zunächst zwi- Frieden.“ Aber: „Es gibt keinen schen antisemitischen Äußerun- gerechten Frieden. Es gibt entgen, Haltungen und Kritik, die weder Gerechtigkeit oder es gibt man teilen könne oder nicht, die Frieden. Gerechter Friede kann aber als solche ihre Berechtigung für diese Region nicht bedeuten, habe. Beim Umgang mit Antise- irgendetwas zurückzuwerfen, zumitismus sei besonders die Emo- rückrollen zu lassen, was früher tionalität zu betrachten. „Ich ha- einmal war. In einem gemeinsabe die Vermutung, daß der Emo- men Denken aus dem Hier und tionshaushalt im Hinblick auf Jetzt ist das Ziel: Wir wollen eine das, was mit und um Israel herum Zukunft haben! Wie kriegen wir geschieht, um ein Wesentliches die am besten hin? Daraus werhöher ist als das, was an ande- den neue Wege entstehen müsren Konfliktherden bezüglich an- sen, was dann auch verwirklicht, derer unterdrückter oder vertrie- was Ackermann vorgemacht hat, nämlich in einem gegenseitigen sich Zusprechen: ‚Ich sehe das, was du erlitten hast, und ich kann das auch in mein Herz hereinlassen.‘“ Dies sei in Israel und Palästina derzeit noch problematisch, weil noch zu viel Revanchismus im Raum stehe. Mit „Konzeptualisierung“ widmete sich Rössler der abstrakten, vereinfachten Sicht auf einen ausgewählten Teil der Welt, die die Objekte, Konzepte und anderen Entitäten enthält, die für einen bestimmten Zweck als interessant angesehen werden. Konkret handele es sich um das Massakrieren bener Völker und Volksgruppen und Mißhandeln von Menschen dieser Welt passiert.“ Problema- und ob dies im Kontext einer tisch sei, mit welcher Selbstver- Freiheitsbewegung vorstellbar ständlichkeit im Kontext dieses sei. Dann gehe es um den Begriff Krieges Juden in Deutschland „Besatzung“. „Hier wird wahrund in der Welt wieder Opfer scheinlich nicht ausreichend sauwürden. ber unterschieden, worüber man Einer der schwierigsten As- eigentlich spricht.“ Seit 2005 seipekte sei die Frage der zivilen en im Gaza-Streifen keine IsraeOpfer im Gaza-Streifen oder der lis mehr. Danach habe zwei JahKollateralschäden. „Es gibt kei- re lang das Westjordanland die ne Vorbilder dafür, daß Kolla- Region kontrolliert, ehe die Hateralschäden im Rahmen von mas 2007 den Gaza-Streifen bruKriegshandlungen in ande- tal erobert habe mit Hunderten ren Kontexten verurteilt wor- von Toten auf Seiten der Fatahden wären.“ Rössler nannte Bei- Regierung. „Von welcher Besatspiele aus der Geschichte und zung spricht man, wenn es keiGegenwart – auch bei der Be- ne Besatzung gibt?“ Schließseitigung autokratischer oder fa- lich sei der Begriff „Befreiung“ schistischer Diktatoren und da- zu hinterfragen. „Von was für eimit verbundener Kämpfe. „Die ner Befreiung reden wir? Ist eiHamas hat aufgrund ihrer selbst ne Hamas-Regierung – eine isbeschriebenen Ziele kein Pro- lamische Regierung – eine Beblem damit, Zivilisten zu opfern freiungsbewegung in einem in ihrem Kampf gegen den größ- westlichen dekolonialistischen ten Todfeind des Islam. Und das Sinn oder eben doch eine reliist für viele Muslime tatsächlich giös inspirierte Bewegung? Sodas Judentum. Wer als Kollate- lange wir in einem westlich-liralschaden in so einem Waffen- beralen-säkularen Diskurs bleigang umkommt, ist erst einmal ben, der auch antikolonialistisch ein Märtyrer und hat den kur- ist, haben wir eine klare Vorstel-
lung, ein klares Bild von der Welt und wo die Guten oder die Bösen sind.“ Rössler mahnte zur Bereitschaft, das gegenwärtige Auftreten islamistischer Bewegungen in der Welt in einen für uns gültigen Kontext zu bringen. Er erinnerte an historische Beispiele für religiösen Fanatismus auch bei Christen. In Bezug auf die offen nachzulesenden und bereits erwähnten Ziele der Hamas schloß er: „Warum glauben wir der arabischen Welt und warum glauben wir der islamistischen Welt nicht das, was sie sich selbst und was sie uns offen sagen? Warum denken wir, daß sie vielleicht gar nicht meinen, was sie sagen?“ In der Diskussion fragte Moderator Rainer Karlitschek nach dem aktuellen Stand der vor dem 7. Oktober überaus starken Demonstrationen und Proteste für die Demokratie vor dem Hintergrund der nun installierten Regierung der nationalen Einheit in Israel. „Alle stehen aktuell hinter dem Krieg. Wenn der nicht gewonnen wird, wäre das eine Einladung für eine größere Offensive aus der arabischen Welt“, so Rössler. Doch für die Zeit nach dieser Auseinandersetzung rechne er mit der Einsetzung einer unabhängigen Kommission und damit, daß die gegenwärtige Regierung Netanjahu mit Pauken und Trompeten abgesägt werde. Auf die Nachfrage Karlitscheks zur Wirksamkeit von Friedensinitiativen oder -projekten war Rössler überzeugt, daß solche Aktionen nicht viel brächten. Darüber hinaus herrsche in Israel jetzt eine große Skepsis und Angst vor Arabern insgesamt. „Das ist eine der schlimmsten Schädigungen, die uns aus dem 7. Oktober entstanden sind.“ Daher stockten nun der arabisch-israelische Dialog und damit Ansätze oder Annäherungen für politische Lösungen. Für Israel hoffe er auf eine neue Regierung, für die Palästinenser im Gaza-Streifen auf einen charismatischen Führer aus ihrer eigenen Mitte, um – möglicherweise mit USA-Unterstützung – nochmal einen Neuanfang zu starten. Konkret gehe es dann auch um die Zweistaatenlösung, die aufgrund von israelischer und palästinensischer Schuld 30 Jahre lang nicht vernünftig bedient worden sei. Weitere Fragen beschäftigten sich mit der Rolle der Kirchen und Religionen, wobei für Rössler hier einzig die jüdische und die muslimische Seite entscheidend und einflußreich seien, und Tipps für Lehrer und den Unterricht. Hierzu verwies Rössler unter anderem auf die völlig andere politische Sozialisation von jugendlichen Migranten aus muslimisch geprägten Ländern, was Antisemitismus oder eine andere Interpretation der liberalen Demokratie angeht. „Hier muß die deutsche Seite klare Kante zeigen – was gilt und was geht oder nicht geht.“ Außerdem empfahl Rössler, in Gesprächen eher Fragen zu stellen, ohne Wertungen damit zu verbinden. Hinsichtlich des erwähnten Etikettenschwindels der islamistischen Organisationen stellte ein Teilnehmer die Gegenfrage, ob die westliche Welt sich nicht auch über die Ziele der israelischen Regierung blenden lasse? „Das Experiment einer solchen Rechtsregierung wird sehr bald gekappt sein.“ Rössler verschwieg aber auch die aktuellen Entwicklungen im Westjordanland, die zunehmende Radikalisierung der Siedler dort und die Auswirkungen auf das Zusammenleben nicht. Der Umgang mit den Siedlern sei für die israelische Regierung höchst diffizil, auch wegen manch übler Gestalten in der jetzigen israelischen Regierung. Markus Bauer
Stephan Krüger, Bruna-Bundesvorsitzender Dr. Rudolf Landrock und David Heydenreich.
� SL-Kreisgruppe Bonn/Nordrhein-Westfalen und Bruna
Markt am Münster Mitte September fand im nord rhein-westfälischen Bonn der Ostdeutsche Markttag statt.
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uf dem Ostdeutschen Markttag wird alljährlich über Kultur und Geschichte der deutschen Vertreibungsgebiete in Mittelund Osteuropa informiert. Neben kulinarischen Spezialitäten stellen Landsmannschaften, die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Städte und weitere Teilnehmer Bücher und Berichte vor. Tafeln informieren über Anliegen der Verbände und der Vertreibungsgebiete. Stephan Rauhut, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien, eröffnete den Markt mit Thomas Konhäuser, Geschäftsführer der Kulturstiftung. Später informierte Konhäuser über die Kulturstiftung. In einem Film stellte er das Virtuelle Bildungshaus vor, das aus digitalisierten Heimatstuben in Nordrhein-Westfalen besteht. Außerdem wurden die Sieger eines Jugendwettbewerbs geehrt. Moderator der Podiumsdiskussion über die Bedeutung des deutschen kulturellen Erbes in der heutigen Zeit war Peter Harder vom Bund Junges Ostpreußen. Schlesier in farbenfrohen Trachten tanzten auf der großen Bühne, und zahlreiche Besucher flanierten durch die Buden. Sie standen beim Bonner Münster, in dem 1314 Friedrich der Schöne von Österreich und 1346 Karl IV. zu deutschen Königen gekrönt worden waren. An den Ständen probierten die Besucher Piroggen, Mohnkuchen, Danziger Goldwasser, Breslauer Domlikör und andere Leckerbissen. Sehr gefragt waren die selbstge-
machten Siebenbürger Stullen mit Schmalz und Zwiebeln. Mancher Flaneur blätterte in den ausliegenden Büchern und Broschüren oder unterhielt sich mit den Standbetreuern. Höhepunkt war der Auftritt des Musikcorps Köln-Flittard. Seine Spezialität ist ein breites Repertoire an böhmisch-mährischen Weisen. Die SL-Kreisgruppe Bonn hatte die Flittards für den Ostdeutschen Markttag gewonnen. Stephan Krüger von der Bruna stellte das Musikcorps vor. Er erläuterte, wie Teile der Vertriebenenkultur Einzug in die lokale Kultur gefunden hätten. Dank der Unterstützung der SL-Bundesgeschäftsstelle gab es reichlich Material über Kultur und Geschichte der Sudetendeutschen. Immer wieder kamen Interessierte an den Stand. Viele schwelgten in Kindheitserinnerungen, wenn sie von den Orten sprachen, in denen sie zur Welt gekommen und aufgewachsen waren. Die Bruna, der Heimatverband der Brünner Deutschen, hatte viel Brünn-Literatur mitgebracht. Für den schnellen Leser gab es ein Faltblatt. Ausführlicher ist das Buch „Brünn im Wandel der Zeit“. Wer, angeregt durch die Bruna-Ausstellungen, etwas über herausragende Brünner wissen wollte, wurde im „Lexikon berühmter Brünner Persönlichkeiten“ fündig. Über das dunkle Geschichtskapitel Brünner Todesmarsch mit 5200 deutschen Opfern informierte das Buch „Němci ven“. Wer etwas über die Brünner Mundart wissen wollte, konnte sich in „Brinnarisch“ informieren. Rudolf Landrock
� Egerländer Gmoi z‘ Forchheim
Nikolaus lobt Die Weihnachtsfeier der Eghalanda Gmoi z‘ Forchheim war rundrum gelungen.
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azu begetragen hatten vier Zitherspielerinnen und eine Gitarrenspielerin, die mit ihrem Liedgut vorweihnachtliche Stimmung zauberten. Pfarrer Martin Emge von Sankt Martin und Pfarrerin Melissa Wißmann von Sankt Johannis begeisterten mit eindrucksvollen Beiträgen. Bezirksobfrau Margaretha Michel war eigens aus Pegnitz gekommen, um Vüarstäihare Ulrike Baier die Rudolf-Lodgman-Plakette der SL zu überreichen. Auch Eberhard Heiser, der Obmann der SL-Bezirksgruppe Mittelfranken, gab den Forchhei-
mern die Ehre. Er erfreute sie mit seinem kuchlböhmischen Vortrag „Die Vertreibung aus dem Paradies“. Als Sankt Nikolaus lobte er die Forchheimer GmoiGemeinschaft und verteilte kleine Geschenke. Angeblich war er extra mit seinem Schlitten-Gespann aus dem Böhmerwald angereist, begleitet von einem reizenden Engelchen. Viele kleine Helfer des Christkinds hätten bereits am Vormittag den Raum festlich geschmückt. Natürlich kam auch das Leibliche nicht zu kurz. Mittags wurden Blaue Zipfl serviert, und nachmittags gab‘s „Stolln und Gagau“. Baier führte mit egerländischen und fränkischen Worten durchs Programm.
Martin Emge, Margaretha Michel, Melissa Wißmann, Eberhard Heiser, Ulrike Baier, Roland Schäfer, Christina Kranholt und Gerlinde Neumann.
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VERBANDSNACHRICHTEN
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Arbeitskreis Sudetendeutscher Akademiker
Silvester auf dem Heiligenhof Zu einem erholsamen Jahreswechsel traf sich der Arbeitskreis Sudetendeutscher Akademiker samt Freunden und Familien auf dem Heiligenhof.
Jubiläumsfeier im Restaurant Böhmerwald.
Böhmerwaldbund Wien, Niederösterreich, Burgenland
Urkunde als Wandzierde Mitte Dezember wurde im Vereinslokal – passenderweise das Restaurant Böhmerwald am Wiedner Gürtel – das 60jährige Jubiläum des Böhmerwaldbundes Wien, Niederösterreich und Burgenland begangen.
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ereinsobmann Franz Kreuss und Gernot Peter, Vizeobmann und Obmann des Böhmerwaldmuseums Wien, konnten im Kreise der Landsleute zahlreiche Ehrengäste begrüßen, allen voran SLÖ-Bundesobmann Rüdiger Stix, Erich Lorenz, SLÖLandesobmann von Wien, Niederösterreich und Burgenland, Alt-Landesobmann Dieter Kutschera mit Gattin Hertha, SLÖ-
Ehrenobmann Gerhard Zeihsel mit Gattin Reinhilde sowie Medienkoordinator Markus Goritschnig. Gerhard Zeihsel, der am 21. Dezember seinen 84. Geburtstag begehen sollte, wurde die Ehrenmitgliedschaft ausgesprochen und eine entsprechende Urkunde überreicht. Ganz besonders wurde das letzte lebende Gründungsmitglied Annamaria Kufner aus Bergreichenstein begrüßt und zur Ehrenobfrau ernannt. Kreuss und Peter überreichten den beiden Geehrten die Ehrenurkunden in roter Ehrenmappe mit Goldband und Quaste sowie gerahmt als Wandschmuck.
SL-Ortsgruppe Pegnitz/Oberfranken
Gespendeter Striezel den freundschaftlichen Plausch blieb genügend Zeit. Manche hatten sich jahrelang nicht mehr gesehen, bedingt durch eigene Krankheit oder durch Angehörige, die versorgt werden mußten. n Pegnitz im katholischen Die Bäckerei Rippl mit WurPfarrzentrum hatten im klei- zeln in Schlaggenwald und nen Saal einige Landsleute lie- Schmiedeberg hatte ausreichend bevoll gedeckt. frischen Striezel Vom Metzger gespendet, der wurde das vorbezum Kaffee köststellte Mittageslich mundete. sen geholt, was Ein besondeallen schmeckte. rer Dank gilt unDann holte Reserem böhminate Raehter ihschen Landsre Ziehharmomann Karel nika heraus. Ein Ciminsky, der Lied nach dem immer für uns anderen wurde da ist, wenn man gesungen, unterihn braucht. brochen von Vor- Annelies Hennig und BezirksMargaretha trägen. Auch für obfrau Margaretha Michel. Michel Eine Feier der oberfränkischen SL-Ortsgruppe Pegnitz mit heimatlichen Texten und Liedern führte stimmungsvoll in die Vorweihnachtzeit ein.
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BdV-Kreisverband Limburg-Weilburg/Hessen
Josef Plahl geehrt burg an. Vorsitzender des CDUStadtverbandes Weilburg war er 1974 bis 2005. Auch wenn er sich von der Komunalpolitik verabschiedet hat, so ist er noch in anderen Bereichen tätig. Seit November 2004 ist er Vorsitzender des BdVKreisverbandes Limburg-Weilburg und Mitglied im Vorstand des BdV-Landesverbandes Hesosef Plahl war 1971 bis 2006 sen. Bereits seit Herbst 1992 gibt Stadtverodneter beziehungs- er die vierteljährlichen „Stimmen weise ehrenamtlicher Stadtrat von Sandau“ heraus, die Heivon Weilburg. 1981 bis 2011 ge- matzeitung für den ehemaligen hörte er dem Kreistag bezie- Kirchsprengel Sandau mit den hungsweise dem Kreisausschuß Orten Amonsgrün, Markusgrün, des Landkreises Limburg-Weil- Obersandau und Zeidlweid. Acht Jahre lang war er auch Vorsitzender des Sozialverbandes VdK in Weilburg. Plahl erhielt die Medaille aus der Hand des Europaabgeordneten Sven Simon aus Marburg bei einem außerordentlichen Parteitag des CDU-Kreisverbandes Limburg-Weilburg. Abschließend sagte Plahl, er hätte diese Aufgaben nicht übernehmen können, wenn ihm seine Gattin Dorith, die aus Nebes im Kreis HohenJosef Plahl, der CDU-Kreisvorsitzende stadt in Nordmähren stammt, Andreas Hofmeister MdL und Sven Si- den Rücken nicht freigehalten mon MdEP. hätte.
Anfang Dezember zeichnete der CDU-Landesverband Hessen Josef Plahl, der in Zeidlweid bei Marienbad zur Welt gekommen war und in Weilburg an der Lahn lebt, mit seiner Alfred-DreggerMedaille in Silber für seine besonderen Verdienste und lange ehrenamtliche Tätigkeit in der Kommunalpolitik aus.
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er erste Abend bot eine Rückschau auf eine Reise, die das Ehepaar Flöter organisiert hatte. Mit vier Privatwagen waren Eger, Franzensbad, Elbogen, Leitmeritz und Aussig erkundet worden. Vor allem die Führung von Petr Koura, Direktor des Collegiums Bohemicum, durch die neue Dauerausstellung „Unsere Deutschen“ im städtischen Museum in Aussig bezeugte das ehrliche Bemühen um ein Verständnis für die wechselhafte Geschichte. Am folgenden Tag sprach Ulrike Sendelbach nach dem Morgensingen über Otfried Preußler. Von seiner Geburt 1923 in Reichenberg über seine Schulzeit, in der er das Erlernen der tschechischen Sprache als bedrückend empfand, und seine Begeisterung im Volkstumskampf, den er in der Jungturnerschaft erlebte, schilderte sie seinen Werdegang bis zum Soldaten, der mit knapper Not die sowjetische Kriegsgefangenschaft überlebte. Schon damals war für ihn die deutsche Sprache bestimmend, was sich in frühen Gedichten äußerte. In der Gefangenschaft schrieb er heitere, aber auch ernsthafte Theaterstücke, die im Lager aufgeführt wurden. Nach der Entlassung bot ihm der Lehrerberuf die Möglichkeit, seine literarischen Fähigkeiten zu entfalten. Klassen mit mehr als 50 Kindern bewältigte er dank seiner Erzählkunst, die in seinen vielfach übersetzten und weltweit erfolgreichen Kinderbüchern ihren Ausdruck fand. Den Erfolg verdankten sie seiner Fähigkeit, sich in die Perspektive von Kindern einzufühlen. Mit einer Lesung aus Krabat, seiner Auseinandersetzung mit der Verführbarkeit junger Menschen, mit der er seine persönliche Ge-
schichte aufarbeitet, endete der Vortrag. Von allen Veranstaltungen zum 100. Geburtstag Preußlers, die wir erlebten, war dies die Krönung. Später folgte Kurt Heißigs Vortrag über die ihm und seiner Frau Gudrun gelungene Entdekkung, daß der nur über mündliche Überlieferung bekannte und im Münchener Stadtteil Neuhausen verehrte „Lokalselige“ Winthir aus Böhmen stammte. Sein Name entspricht nämlich der
menleben trotz überwiegend islamischer Prägung von religiöser Vielfalt und Toleranz geprägt ist. Am dritten Tag besuchten wir die prachtvolle Residenz der Würzburger Fürstbischöfe, die Napoleon bei seiner Übernachtung als das schönste Pfarrhaus Europas bezeichnet hatte. Der Führer erklärte die prachtvollen Säle und die kühne, weitgespannte Decke des Treppenhauses. Diese Konstruktion des
Ulrike Sendelbach spricht über Otfried Preußler.
Kurt Heißig spricht über den seligen Winthir.
tschechischen Version des Namens Gunter. Damit ergab sich auch die Datierung seines Auftretens als Wanderprediger ins 12. oder 13. Jahrhundert, was die einzige wirklich historische Arbeit, die bisher vorlag, bestätigt. Danach blieb Zeit für Gespräche und das Kartenspiel Mariasch. Abends berichtete Klaus Svojanovsky mit einem Diavortrag über seine Reise durch Usbekistan. Mehr als zwei Stunden lang konnte man die prachtvollen Bauten geschichtsträchtiger Städte wie Buchara und Samarkand genießen. Berglandschaften, kleinere Orte am Weg und der Blick auf Wüstenebenen vervollständigten das Bild eines kleinen, sehr heterogenen aufstrebenden Landes mit freundlichen Menschen, deren Zusam-
Egerer Baumeisters Balthasar Neumann hatte sogar im Zweiten Weltkrieg die Last des brennenden Dachstuhls tragen können. So sind auch die barocken Fresken von Giovanni Battista Tiepolo erhalten geblieben. Die nach dem Krieg wieder aufgebauten Seitenflügel hatten ihre originale Ausstattung, vor allem ihre prächtigen Tapisserien, die im Krieg ausgelagert waren. Nach der Führung konnten wir weitere Räume mit unserem Mitglied Karen Flöter erkunden. Die alte Mainbrücke ist eine der ältesten Steinbrücken Mitteleuropas, die wie die Prager Karlsbrücke barocke Heiligenfiguren trägt. Sie war wegen des Weinausschanks so überlaufen, daß wir gleich zum Dom weiterzogen. Zwischen den typischen
Nachkriegs-Bausünden waren malerische Fassaden der Barockzeit nach dem Krieg anhand von alten Fotos wieder aufgebaut worden. Dies gilt auch für den ursprünglich romanischen Dom mit den riesigen Grabplatten der Bischöfe und Fürstbischöfe, darunter zwei von Tilman Riemenschneider geschaffene. Nach der Besichtigung der erhaltenen Krypta, unter anderem mit dem archaischen Merowingerkreuz, besuchten wir das versteckte Lusamgärtchen, in dem der Rest eines romanischen Kreuzganges erhalten ist. Der Silvestertag begann mit dem Gang zum Grab Erich Kukuks, des langjährigen Leiters des Heiligenhofs, in Garitz, wo wir uns mit dessen Witwe Traudl trafen und gemeinsam sangen. Nach einer Polonaise im langen Gang des Hauses ging es an das phänomenale Silvesterbuffet. Für unser Programm bis Mitternacht trugen fast alle einen oder mehrere Punkte bei. Geschichten, Gedichte, Lieder, so dicht war der Abend noch nie gefüllt, daß kaum mehr Zeit für ein Tänzchen oder Zwischenmusik blieb. Dazu gab es noch mit einem Schnäpschen den Geburtstag von Brigitte Kühnel zu feiern. Wer gut zu Fuß war, erlebte dann den Jahreswechsel auf unserem Aussichtspukt, einem Feldweg, auf dem wir das Feuerwerk von Garitz und Kissingen überblicken konnten. Danach ging die Feier noch weiter. Nun hatte Klaus Franz Geburtstag, der in Tateinheit mit dem Neujahrssekt gefeiert wurde. Uns bleibt die Erinnerung an eine wunderbare Winterwoche, bei der die Teilnehmerzahl von 22 auf 32 anwuchs und zwei neue Mitglieder aufgenommen wurden. Daß auch vier Mitglieder der mittleren und zwei der jüngeren Generation mit Begeisterung teilnahmen, läßt auf eine Zukunft unseres Vereins hoffen.
BdV-Kreisverband Groß-Gerau/Hessen
Landrat Thomas Will geehrt läumsveranstaltungen des BdVKreisverbandes und der Kreisgruppe der Sudetendeutschen Landsmannschaft sowie für veranstaltete Ausstellungen im Foyer des Landratsamtes. „Als es galt, nach mehreren Jahren der Planung die Umsetzung und Einweihung eines Zeichens gegen das Vergessen für die deutschen Heimatvertriebenen im Kreis Groß-Gerau zu realisieren, waren Sie es, der uns bei mehreren gemeinsamen Zusammenkünften einen Standort beim
Einsatzes seien die Integration und die Bewältigung der Aufgaben und das Erreichen der Ziele der Vertriebenenverbände möglich geworden. Die Zeitzeugen und die Ehrenamtlichen würden immer weniger. Für das Erfüllen der Aufgaben und das Erreichen der Ziele sei deshalb künftig die finanzielle staatliche Unterstützung verstärkt erforderlich. Eine wichtige Aufgabe seien die Pflege und Bewahrung des Kulturerbes der früheren deut-
ten andauernde Gedenk- und Kulturarbeit sei. „Nur mit dem Dreiklang aus Erinnern, Versöhnen und Bewahren kann die Zukunft erfolgreich gestaltet werden“, sagte Ortmann. Daher sei es wichtig, daß an die Geschichte der Heimatvertriebenen nicht nur sporadisch im Geschichtsunterricht erinnert werde. Das Theaudator Helmut Brandl von ma gehöre vielmehr dauerhaft der Leitungsgruppe des BdVauf die Tagesordnung. Kreisverbandes Groß-Gerau In seinen Dankesworten wies sagte, der BdV danke Thomas Landrat Will darauf hin, daß es Will mit der Medaille für seinen Verpflichtung sei, das Wissen Einsatz und seine Unterstütvon Krieg und Vertreibung, zung der Vertriebenenarbeit von nötiger Toleranz und Inim Kreis Groß-Gerau. Seit Betegration weiterzugeben. „Das ginn seiner Amtszeit 2010 Thema schreit direkt danach, habe er ein offenes Ohr für heute wieder in den Fokus gedie Heimatvertriebenen genommen zu werden.“ Die Inhabt. tegrationsleistung nach dem Seine Anwesenheit mit Zweiten Weltkrieg unter weit Grußworten bei BdV-Veranschwierigeren Bedingungen staltungen liege Will am Herals heute mache ihn zuverzen; dies hätten die vergangesichtlich, daß sich auch heutnen Jahre gezeigt. Hierzu gezutage die Herausforderunhörten sein Interesse an den gen bewältigen lassen. Das jährlichen Veranstaltungen Helmut Brandl, Carmen und Thomas Will, Karin Liedtke, Brigitte Fernges, Rudolf Wissen und die Erfahrungen zum kreisweiten Tag der Hei- Mohr und Siegbert Ortmann. aus der Vergangenheit seien mat und zum Hessischen Gefür den Landrat eine wichtige denktag für die Opfer von Flucht, Dornberger Schloß vorschlug schen Ostgebiete sowie der Ver- Basis für das Handeln in GegenVertreibung und Deportation. und durch persönlichen Einsatz treibungsgebiete in Ost- und wart und Zukunft. „Wir sind Ihnen dankbar, daß Sie die Restfinanzierung dieses Eh- Südosteuropa als gesamtdeutIm Anschluß an die Ehrung dabei stets die geglückte Integra- renmals im Kreisausschuß und sches und europäisches Kul- besichtigten alle die Ostdeuttion, den gemeinsamen Neuauf- in den verantwortlichen Gremi- turgut. Bund und Länder sei- sche Heimatstube. Heimatstubau nach dem Zweiten Weltkrieg en zu einem guten Ende führen en gemäß § 96 des Bundesver- benleiterin Brigitte Fernges erund die Rolle der Heimatvertrie- konnte.“ triebenengesetztes von 1953 läuterte den Egerländer Vierseitbenen als Brückenbauer beim Brandl wies darauf hin, daß verpflichtet, das Kulturgut der hof und sprach unter anderem Aussöhnungsprozeß mit den öst- sich seit Ankunft der Heimatver- Vertreibungsgebiete zu erhal- über das Böhmische Glas und lichen Nachbarstaaten loben.“ trieben, Flüchtlinge und Spät- ten. Porzellan, den Karlsbader SpruDank gebühre Landrat Will aussiedler im BdV und in den BdV-Landesvorsitzender Sieg- delstein, über die Unterschiede auch für die bereits mehrmalige einzelnen Landsmannschaften bert Ortmann erinnerte in seiner der Egerländer Tracht sowie über Überlassung von Räumlichkei- zahlreiche Personen im Ehren- Rede daran, wie wichtig die nun Schönbach, die Heimat der böhten des Landratsamtes bei Jubi- amt engagierten. Dank deren schon seit über sieben Jahrzehn- mischen Geigenbauer.
Der hessische BdV ehrte den Groß-Gerauer Landrat Thomas Will mit seiner höchsten Auszeichnung, seiner Verdienstmedaille. Diese überreichte BdVLandesvorsitzender Siegbert Ortmann in der Heimatstube des BdV-Ortsverbandes KleinGerau.
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Als Rosina Reim mit ihrer oberbayerischen Freundin Eva Leitermann im August Schluckenau in Nordböhmen besuchte, um Hilfsgüter für die Roma bei der Caritas unter Eva Habel, der ehemaligen Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, abzugeben, (Þ SdZ 51+52/2023, 1+2/2024), fand auch das Heimattreffen der Königswalder statt. Ortsbetreuerin Bärbel Henß und Nadira Hurnaus berichten.
� Heimattreffen in Königswalde
Kirche und Kreuzweg feiern
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önigswalde wurde bereits vor 1361 gegründet und ist heute ein Stadtteil von Schluckenau. Der dörflich geprägte, von Osten nach Westen vier Kilometer lange Stadteil liegt in einer hügligen Landschaft in einem Tal, das an drei Seiten an Wald grenzt. Kirchlich gehörte das Dorf zum Erzpriesterstuhl Bischofswerda, pfarrlich nach Spremberg und somit zum Bistum Meißen. Nach der Reformation kam Königswalde zur Pfarrei Schluckenau. Doch erst um 1840 regte Dechant Georg Göttlich aus Ge-
Erzdekan Pavel Procházka und Monignore Karel Havelka beten, Havelka predigt und Stefan Richter ministriert. Gottesdienst. Die Konzelebranten waren Monsignore Karel Havelka, Dekan des Domkapitels in Leitmeritz, und der Schluckenauer Erzdekan Pavel Procházka. Heimatfreund Jürgen Richter
Monsignore Karel Havelka, Tomáš Kolonečný und Roman Klinger auf dem Königswalder Friedhof. Bilder: Nadira Hurnaus orgswalde den Bau einer Kirche aus Premnitz im Havelland mian. 1843 war Grundsteinlegung, nistrierte. Hans Gehrmann aus und am 10. August 1848 wurde Sohland umrahmte den Gottesdie dem heiligen Laurentius ge- dienst mit Liedern aus der Deutwidmete Kirche eingeweiht und schen Messe von Franz Schubert, eine Pfarrei in und Roman Königswalde Klinger, Träger errichtet. Das des Förderpreiwar beim Köses für Volksnigswalder Heitumspflege der mattreffen im SL 2019 aus dem vergangenen nahen Nixdorf, August just bereicherte den 175 Jahre her Orgelklang mit und wurde geseiner herrlibührend gefeichen Stimme. ert. Schluckenaus Zwei Tage neuer Bürgernach dem Laumeister Tomáš rentiustag rieKolonečný befen am Vormitgrüßte die Kötag die Kirchen- Das Grab der Großeltern des Hei- nigswalder zu glocken zum matpfarrers Karl Kindermann. ihrer Freude Ruth Kotzian, die Tochter von Marie-Luise und Ortfried Kotzian, berichtet sehr persönlich über die Sommerreise auf den Spuren der Vergangenheit ins Riesengebirge, über die ihr Vater jüngst berichtete (Þ SdZ 51+52/2023 und 1+2/2024).
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eit meiner frühesten Kindheit waren Themen wie Migration, Minderheitenpolitik, Ereignisse in Ost- und Südosteuropa, Flucht und Vertreibung Inhalte unserer Familiengespräche beim Abendessen. So wie heute das Thema Fußball bei uns ist: ganz selbstverständlich. Der Tatsache, daß meine „Auer Omi“ Gerlinde Kotzian bei den wilden Vertreibungen aus dem Riesengebirge ihr Bergdorf verlassen mußte, wurde dabei nie besonders viel Raum gegeben. Trotzdem war dies für mich immer irgendwie präsent. Hin und wieder tauchten die Erlebnisse und persönlichen Erfahrungen meiner Omi rund um das Thema Vertreibung und den Neuanfang in Au bei Illertissen in meinem Leben ganz nebenbei auf. Dabei wurde das meiste nicht unbedingt von meiner Omi weitergegeben, sondern vieles von meinem Vater, der von seinen Erfahrungen als Flüchtlingsbua erzählte. Zum Beispiel wie er am Kolleg der Schulbrüder zum Direktor zitiert und von diesem er-
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HEIMAT
Sudetendeutsche Zeitung Folge 3 | 19. 1. 2024
auch auf Deutsch. Seine Vorgängerin Eva Džumanová war ebenfalls gekommen. Über den heiligen Laurentius aus Rom und über die 175jährige Geschichte der Kirche predigte Monsignore Havelka in zwei Sprachen. Anschließend gedachte Roswitha Mautsch der 2022 und 2023 verstorbenen Königswalder Heimatfreunde Maria Müller, Franz Pietschmann, Monika Kindermann, Margit Michel, Hilde Stepan, Helene Miksch, Pfarrer Gottfried Miksch, Norbert Miksch, Maria Mautsch und Leni Hammerl. Am Ende des Gottesdienstes gedachten die Landsleute Persönlichkeiten aus Königswalde mit einem runden Geburts- oder Sterbetag. Sie gedachten des Opernsängers Franz Josef Loebel (1768–1827), der Wohltäterin Barbara Kumpf (1798–1875), des Politikers Johann Krumpe (1885–1943), des Krippenbauers und Schnitzers Johann Wendler (†1973) und des Krippenbauers Gerhard Matz (1926–2013). Deren Lebensgeschichten trugen Monsignore Havelka auf Tschechisch und Roman Klinger auf Deutsch vor. Beim Friedhofsrundgang wurde am Grab der Familie Lorz, das der Kulturverband der Deutschen aus Schluckenau hatte renovieren lassen, an den Schulinspektor Johann Lorz erinnert. Er war vor 175 Jahren in Königswalde Nr. 29 zur Welt gekommen und 1913 gestorben. Dann gedachten die Landsleute ihres Heimatpfarrers Karl Kindermann am Familiengrab seines Großvaters.
Anschließend zogen sie auf den Kreuzberg. Vorbei ging es an der Abendmahlsstation und dem Jakobsbrunnen zum Garten Gethsemane. Von hier sah man schon die wiederhergestellte Grotte mit der restaurierten Petrusstatue. In der Geißelungskapelle daneben stand die neue Statue des leidenden Christus. Im Vorjahr hatten die Besucher des Kreuzberges die Statue der Studentin Miroslava Martincová aus sieben Modellen ausgewählt, und die Königswalder hatten sie mit ihren Spenden finanziert. Jan Kracík von der Akademie der Bildenden Künste in Prag und seine Studenten waren ebenfalls zur Weihe der neuen Statue und der Petrusgrotte gekommen. Vor der Weihe erzählte Monsignore Havelka, der in Schluckenau aufgewachsen war, von seiner Trauer über den Verlust des Kreuzweges nach dem Zweiten Weltkrieg und seine gegenwärtige Freude, die neuen Stationen weihen zu dürfen. Abschließend informierten Jan Kracík und Martin Chroust, Bereichsleiter Entwicklung und Umwelt im Rathaus Schluckenau, über den Fortgang des Wiederaufbaus des Kreuzweges. Nach einem Mittagessen mit Bürgermeister Kolonečný besichtigten die Königswalder die renovierte Kapelle in Kaiserswalde und fuhren ins Karltal. Das schöne Tal hatte der Schluc-
kenauer Bäcker Karl Schütz während des Baues der Eisenbahnstrecke zwischen Rumburg und Schluckenau 1872 entdeckt. Für die Bahnarbeiter baute er zum Essen und Schlafen ein Holzhaus. Später wurde daraus ein Restaurant und aus dem Restaurant ein Kurhotel. Das Karltal, wie es nach Karl Schütz genannt wird, beherbergte ein weltbekanntes Kurhotel. Nahezu unverändert überstand es zwei Weltkriege und diente bis in die 1980er Jahre als Rast- und Versammlungsstätte oder Ferienheim. In den letzten zehn Jahren wurde es nicht mehr bewohnt und seiner Zerstörung freier Lauf ge-
Links Martin Chroust und Bäbel Henß und oben Jan Kracík (rechts) mit seinen Studenten auf dem Kreuzberg. lassen. 2016 entdeckte Familie Bilinski das ehemalige Kurgelände. Sie fanden das originale Betonbecken mit Springbrunnen und legten es frei. Seitdem sind das Karltal Bestandteil ihres Lebens und der Wiederaufbau des Kurhotels ihre Vision. Und nun erwartete die Familie Bilinski die Königswalder
Dem Leid ein bißchen näher Meine Omi, die zeitlebens mit dem Koffer unter ihrem Bett schlief, in dem die wichtigsten Ausweisdokumente waren. Damit sie diesmal gewappnet wäre, wenn wieder jemand mit dem Maschinengewehr vor ihrem Haus stünde, sie eine Stunde
lerweile. Schon seit vielen Jahren wollte ich die Heimat meiner Großeltern im Sudetenland besuchen. Ich wollte sehen, wo die alte Fischer-Villa in Pommerndorf steht, wo der Hohlweg war, den meine Omi samt Kinderwagen, in dem meine kleine Tante
Der Bahnhof in Hohenelbe. Zeit hätte, um einen Koffer mit 20 Kilogramm zu packen, und sie dann alles andere zurücklassen müßte. Vor kurzem las ich einen Artikel darüber, wie Traumata von Generation zu Generation übergeben werden. Automatisch, ohne daß man etwas dagegen machen kann. Ich glaube das mitt-
lag, mit all den anderen hinunter getrieben wurde, während die Soldaten hinter ihr schossen. Ich wollte den Bahnhof in Hohenelbe sehen, von dem aus sie in eine ungewisse Zukunft verschickt wurden. Zugleich aber wollte ich auch die Orte kennenlernen, von denen sie aus den guten, alten Zei-
für die Roma zur Schluckenauer Caritas gekommen. Das wurde mit Hilfe der Caritasleiterin Eva Habel, der ehmaligen Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, ausgeladen. Und so endete der Besuch von Rosina Reim und Eva Leitermann in Schluckenau wie er begonnen hatte: mit dem Ausladen von Hilfsgütern.
Bernhard und Rosina Reim mit Dr. Eva Habel.
� Riesengebirge
mahnt wurde, daß es sich für einen Teenie nicht gehöre, jeden Tag in kurzer Lederhose zu erscheinen. Er hatte aber nur diese eine Hose. Und welche Gefühle diese Ermahnung bei ihm auslöste. Oder von meiner Mutter, deren Vater als Flüchtling aus dem Egerland ebenfalls seine Heimat verloren hatte und die immer wieder kleine Begebenheiten in den Alltag einflocht. Zudem war es nicht irgendwer, der dieses Schicksal erlebt hatte. Es war meine Omi. Die, die jedes kleinste Wehwehchen von uns Kindern mit der berühmten Ehrenhöfer Salbe behandelte. Die herrlich duftende Himbeeren durch ein Baumwolltuch drückte, das an einem umgekehrten Hocker befestigt war, um ihren von uns heiß geliebten Himbeersirup herzustellen. Die einen Küchenschrank für ihre Enkel eingerichtet hatte, in dem sich zwar auch ein paar Spielsachen, aber ansonsten viele wundersame Alltagsdinge befanden wie eine unfaßbar große Menge Knöpfe. Noch nie in meinem Leben habe ich so viele Knöpfe auf einem Haufen gesehen, aus denen sich die tollsten Bilder legen ließen.
im Karltal. Das Kurhotel strahlt noch immer eine gewisse Würde und einen gewissen Glanz aus. Entlang des Gondelteiches standen im Schatten der hohen Bäume Pavillons mit Sitzgelegenheiten. Der Verkaufswagen bot Getränke, eine vielfältige Kuchenauswahl und leckere Appetitbrote, wie es sie früher sonntags zum Fünf-Uhr-Tee im Kurhotel gegeben hatte. Gemütlich saßen die Königswalder in der herrlichen Natur beisammen. Sie dischkerierten und sangen, denn ihr Gottfried Sturm hatte wieder seinen Freund Johannes mitgebracht, der sie mit Witzen und Liedern unterhielt. Am Sonntag besuchten die Königswalder die Wallfahrtsmesse in Phillipsdorf und trennten sich nach einem Mittagessen in der Fichtelschänke in Neufriedersdorf. Währenddessen war Rosina Reims Sohn Bernhard mit einem weiteren Auto voller Hilfsgüter
ten berichtet hatte: die Dorfschule vom Oberlehrer Fischer, meinem Urgroßvater in Pommerndorf, das von ihm gebaute Kapellchen am Waldrand, die Spindlerbaude und die Schneekoppe. Zum Glück hatten auch meine Schwestern das Bedürfnis, das alles kennenzulernen, und meine Eltern waren bereit, es uns zu zeigen. Und so machten wir uns Mitte August mit der ganzen Großfamilie auf ins Sudetenland auf den Spuren unserer Vorfahren sozusagen. Mein Vater, der die wohl größte Erfahrung in der Organisation von Studienreisen hat, die ich kenne, bereitete alles tipptopp vor. Sogar ein dickes Geheft mit Informationen über die unterschiedlichen Orte, die wir besuchen wollten, sowie dazu passend die Familiengeschichte mit alten Fotos, Auszügen aus Registern und so weiter hatte er für jeden von uns zusammengestellt und zu Büchern binden lassen, damit sich auch die Enkel später einmal an diese Reise erinnern und nachlesen können. Unsere erste Station war Tetschen-Bodenbach, wo wir uns alle im hübschen Motel U Kaple
trafen, einen sonnigen Stadtspaziergang zum Tetschener Schloß unternahmen und erste Kontakte mit den kulinarischen Köstlichkeiten der böhmischen Küche knüpften. Am nächsten Tag ging es weiter über Ober-Ebersdorf, Markersdorf und Josefsdorf, Herkunftsorte der Vorfahren meiner Schwager, in unser Feriendomizil nach Benetzko. In den nächsten Tagen folgten Besuche in Hohenelbe, Pommerndorf, Witkowitz, bei den Teplitzer Felsen und vieles mehr. Dazwischen immer wieder überlieferte Geschichten und Anekdoten von unseren Groß- und Urgroßeltern, die meine Eltern noch erinnerten. Abends suchten wir zwischen Fichtennadellimonade und Lagerfeuer in digitalen Archiven nach den genauen Straßennamen des Geburtshauses unseres Großvaters Oskar Kotzian in Hohenelbe, um am nächsten Tag noch einmal dort auf die Suche gehen zu können. Danke an meine Eltern für die Planung und das persönliche Näherbringen der Heimat unserer Vorfahren und danke an deren Enkel Christian, Simon und Paul, die diese Reise in die Vergangenheit mitmachten. Eine Reise, die mir half, das Trauma der Vertreibung meiner Omi besser zu verstehen und vielleicht sogar selbst zu verarbeiten. Dadurch, daß ich dem Leid näher war.
Reicenberger Zeitung
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Stadt und Kreis Reichenberg
Kreis Deutsch Gabel
Nordböhmi[e Um[au
Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de
Sudetendeutsche Zeitung Folge 3 | 19. 1. 2024
Kreis Friedland
Kreis Gablonz
Otfried Preußlers Nachlaß ausgestellt
Der Mensch braucht Geschichten Der 100. Geburtstag des gebürtigen Reichenbergers Otfried Preußler (1923–2013) wurde auch in Berlin mit der Ausstellung „Der Mensch braucht Geschichten“ gefeiert. Warum gestaltete die Staatsbibliothek zu Berlin auch mit Studenten der Humboldt-Universität eine Sonderausstellung im Kulturwerk genannten Ausstellungsbereich ebenerdig zur Straße Unter den Linden, dort wo die Staatsbibliothek seit gut einem Jahr über ihre umfangreichen Sammlungen und vielfältigen Forschungen berichtet?
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er Grund ist Otfried Preußlers Nachlaß. Er kam in Etappen und auf Initiative noch von Preußler selbst ab 2012 in die Staatsbibliothek nach Berlin. Erst waren es 100 Kartons, dann 2013 nach seinem Tode im Gedenken an seinen 90. Geburtstag noch einmal 34. Nach weiteren kleineren Lieferungen füllt dieser Nachlaß nun 48 Regalböden im Tresormagazin der Handschriftenabteilung Unter den Linden, aber auch im Haus am Potsdamer Platz – dem Scharounbau – sowie im Magazin der Kinder- und Jugendbuchabteilung im Haus Unter den Linden. Über die genaue Verteilung informiert die Staatsbibliothek im Internet mit einer virtuellen Ausstellung, die auch nach dem Ende der nur zehn Wochen dauernden Sonderausstellung noch zugänglich bleibt. In dieser virtuellen Ausstellung stößt man beispielsweise auf eine Kiste. Darüber steht: „Geradezu eine Schatzkiste stellt dieser Karton dar, in dem sich eine klappbare Brille Preußlers, zwei seiner Mützen, eine selbstgebastelte Handpuppe, Autogrammkarten sowie sein Diktiergerät nebst zugehöriger Microcassetten sowie Schuhspikes befinden. Die letzteren drei Gegenstände verwundern vielleicht ein wenig, gehören aber unmittelbar zusammen. Otfried Preußler war Erzähler. In den 1950er Jahren hatte er als Lehrer zunächst seinen Schulkindern und als Vater dann auch seinen Töchtern Geschichten erzählt. Um diese Erzählungen in Schriftform zu bringen, nutzte Preußler ab den 1960er Jahren ein Diktiergerät. Damit strich er stundenlang durch seine neue bayerische Heimat und zeichnete seine Erzählungen auf. Um diese Arbeitsweise auch im Winter ungefährdet beibehalten zu können, zog der Autor die auf Gummi montierten Spikes unter seine Schuhe.“ Einblicke in den Nachlaß, die das Internet gewährt, war aber auch die Idee der kurzlebigen Ausstellung im Kulturwerk. Dort sah man ein Kinderfoto, Preußler als jungen Mann und dann als Lehrer mit seinen Schülern, ein klassisches Klassenfoto. Man fand einen Stadtplan von Reichenberg von 1930. Darin eingezeichnet sind die drei Wohnadressen der Preußlers, damals noch unter dem Familiennamen Syrowatka, der erst 1941 von Preußlers Vater umgeschrieben wurde. Dann einige Publikationen von Preußlers Vater Josef, der Lehrer war wie Preußlers Mutter Ernestine. Josef Preußler war aber auch Schriftleiter der Zeitschrift „Deutsche Jugend“ und verfaßte diverse Beiträge in volkskundlichen Zeitschriften. Dann folgten Otfried Preußlers erste Veröffentlichungen,
Otfried Preußler umringt von seinen Schülern in der Grundschule im oberbayerischen Stephanskirchen.
Otfried Preußler wandert durch den heimatlichen Wald …
… und sitzt als junger Mann auf einer Wiese..
Die Schatzkiste in der virtuellen Ausstellung.
Programm von „Mein geliebtes Porzellan“, Kasan 1946.
Bilder (9): Ulrich Miksch
ein Gedicht in der „Zeit“ – einer Wochenzeitung im Sudetenland – oder das spät aufgefundene, 1944 erschienene Landserheft „Erntelager Geyer“. Da war er bereits in Rumänien an der Front in der Gegend um Jassy/Iaşi und Kischinew/Chişinău. Bald darauf geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft, die er in Kriegsgefangenenlagern in der autonomen Republik Tatarstan knapp überlebte. Zunächst war er in Jelabuga eingesperrt, ab Frühjahr 1945 im sogenannten Silikatlager in Kasan. Dort schrieb er Gedichte, Erzählungen und Theaterstücke. Von der Aufführung „Mein geliebtes Porzellan“ und dem Drama „Kang-Chen-Dzönga“ über eine Himalaya-Expedition sah man Fotografien und auch einiges Material, das der Biograph Carsten Gansel im Russischen Staatlichen Militärarchiv gefunden hatte. Aus dem Lager konnte Preußler nur wenige Karten an seine Mutter Erna schreiben, an die bereits nach Rosenheim in Oberbayern vertriebene Familie, die man betrachten und lesen konnte. Am 23. Juni 1949 kam Preußler in Rosenheim an, traf seine Jugendliebe Annelies Kind wieder, die er wenige Monate später heiratete. Alle diese Lebensorte bis zur Ankunft in Bayern fanden sich verzeichnet auf einer politischen Europakarte aus dem Jahre 1952. Und auch eine alte Karte des Königreiches Böhmen aus dem Jahre 1743 hing wohl gerahmt im Arbeitszimmer Otfried Preußlers und ließ sich nun in der Ausstellung betrachten. Dazu gab es Materialien über seine erfolgreichen Bücher, Theaterstücke und Requisiten zum Beispiel von der Verfilmung des „Räuber Hotzenplotz“ mit Gerd Fröbe als Räuber. Außerdem sah man die Goldene Schallplatte aus den 1970er Jahren, die er für die Einspielung des „Räuber Hotzenplotz“ bekam, die erste für ein Hörspiel verliehene Goldene Schallplatte. Und der Räuber hatte auch ein eigenes Briefpapier, in dessen Verkleidung Otfried Preußler gelegentlich auch politische Anfragen, beispielsweise an den Bayerischen Innenminister Günther Beckstein richtete, der diese auch in Preußlerscher Manier beantwortete. Man dankte es Otfried Preußler, wie die vielen Kinder- und Jugendzuschriften beweisen, die er alle beantwortet hatte. Aber auch Politiker antworteten und dankten meistens dem Jubilar für seine Leistung als Kinderbuchautor. Am eindrücklichsten tat dies die damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen in der zweiten Hälfte der Nuller Jahre. Sie berichtete von ihren eigenen Lektüreerfahrungen und die ihrer Kinder. Leider kann man den Rundgang durch das Leben nun nicht mehr in der Berliner Staatsbibliothek nachwandern, aber der Nachlaß, auf den die Ausstellung zurückgeht, ist und bleibt in Berlin. Und angefüttert von der interaktiven Darstellung im Internet könnten sich Interessierte auf den Weg machen und nach der Nutzung des Nachlasses trachten. Das Haus steht wohl dafür zur Verfügung, und der Reichenberger hat es dabei nicht allzuweit. Berlin liegt schließlich von Reichenberg, dem Geburtsort Preußlers, näher als München. Ulrich Miksch
Dechant Franz Jomrich mit seinen Tauben als Porzellanfigur.
Isergebirge
Alte Taubenrasse Wer kennt sie noch aus der Heimat, die alte Taubenrasse Schlesischer beziehungsweise Neustädter Weißschwanz?
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iese Rasse war einst im schlesischen und böhmischen Iser- und Riesengebirge sowie in der östlichen Oberlausitz stark verbreitet. Der Zuchtschwerpunkt soll in Neustadt an der Tafelfichte/Nové Město pod Smrkem gelegen haben. Dem Neustädter Original, dem volksnahen Dechanten Pater Franz Jomrich, wurde wegen seiner Tauben von der Neustädter Porzellanmanufaktur eine Figur gewidmet. Wer diese Tiere noch aus seiner Kindheit kennt beziehungsweise etwas weiß oder sogar noch alte Fotos besitzt, möge Andreas Klose bei der Rückzüchtung dieser schönen Rassetaube helfen. Informationen nimmt er unter (01 51) 61 01 48 83 gerne entgegen.
Schlesischer Weißschwanz, Züchter Werner Breuning, Breslau.
Deutsch Gabler Sage
Meierhof Wüstenwiese
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n der Nähe des Meierhofes befindet sich auf der westlichen Seite der aus Sandstein bestehenden Wände in ziemlicher Höhe eine in den Felsen gehauene Nische, in der ein Christusbild angebracht ist. Unter der Nische ist die Jahreszahl 1771 nebst einigen Buchstaben eingehauen. Es wird erzählt, daß hier zur Kriegszeit ein Husar mit dem Pferde bei der Verfolgung einer Frauensperson, die hier, ohne Schaden zu nehmen, hinabsprang, hinabgestürzt, auf der Stelle tot gewesen und begraben worden sei. An dieser Stelle ist auch noch der Damm des Pechteiches wahrnehmbar, der sich in früherer Zeit von hier gegen Johnsdorf hinzog und seinen Namen von einem Pechofen erhalten hat. Dessen Stelle ist noch heute bekannt und sichtbar.
Moni Filová ist Initiatorin des Kreuzweges um die Sankt-Anna-Kirche in Dittersbach mit Stationen des Glasmeisters Pepiček Novotný aus Hermsdorf.
Das Hörbuch im MP3-Format kostet 8 Euro plus Versandkosten, erhältlich bei Monika Hanika, Telefon (0 66 52) 3 55, eMail monika.hanika@t-online.de.
Jan Heinzl, Pfarrer Pavel Andrš, das Ehepaar Lukáš und Natascha Duliček mit seinen Söhnen Milan, Ferdinand, Teodor und Emil sowie Franz Hanika in Klostergasthof. Monika Hanika berichtet von ihrem jüngsten Besuch Ende November in ihrer Isergebirgsheimat.
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eider nahmen mein Mann Franz und ich aus gesundheitlichen Gründen nicht am Wallfahrtsgottesdienst in Haindorf im Juli teil. Meine im nahen Raspenau lebende Enkelin Natascha Duličková vertrat mich deshalb bei der damaligen Taufe des zweisprachigen Buches „Sagen und Märchen der Deutschen aus dem Isergebirge“ von Petra Laurin und mir (Ý RZ 29/2023). Um so mehr freuten wir uns, nun nach Gablonz-Reinowitz zu fahren. Im dortigen deutsch-tschechischen Begegnungszentrum stellte nämlich dessen Leiterin Petra Laurin das zweisprachige Hörbuch zu dem gedruckten Buch vor. Das schönste an dieser fünfstündigen Fahrt aus dem osthessischen Burghaun war das Ziel Raspenau bei Natascha und ihrer Familie. Dort schlossen wir unseren vierten Urenkel Milan das erste Mal in unsere Arme. Er war am 12. August, an unserem 57. Hochzeitstag, zur Welt gekommen. Seine drei Brüder Emil, Ferdinand und Teodor lieben ihn heiß und innig. Natascha fuhr uns durch ein Schneetreiben zur Veranstaltung in Reinowitz. So konnten wir mit ihr und dem kleinen Milan den Tag im sogenannten Riegerhaus abschließen. Eine Menge Besucher war gekommen, die von der Präsentation ebenso begeistert war wie wir. Vor einigen Monaten hatte ich mit Hannelore Born den deutschen Part übernommen. Hannelores Eltern stammen aus Lusdorf im ehemaligen Kreis Friedland. Jan Šebelka (*1951 in Tetschen) ist ein Kollege von Petra Laurin. Er moderierte die Präsentation. Gemeinsam hatten sie veranlaßt, daß ein Buch über den deutschen Isergebirgs-Fotografen Siegfried Weiss herausgegeben und Ende Dezember in der großen Bibliothek in Reichenberg vorgestellt wurde. Šebelka schrieb bereits drei Bücher über den Lebenskünstler Gustav Ginzel. Von Petra und mir wollte er wissen, was uns zu dem Buch bewogen habe. Da gab es natürlich manches zu berichten, was ich als wichtige deutsch-tschechische Zusammenarbeit definierte. Schließlich habe ich einen Her-
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REICHENBERGER ZEITUNG
Sudetendeutsche Zeitung Folge 3 | 19. 1. 2024
Die Musikgruppe „Kalama“ aus dem Journalisten Martin Trdla, Tomáš Marek und dessen Sohn Matěj mit Monika Hanika. „Kalama“ ist für die Musik in dem Hörbuch verantwortlich.
Monika Hanika, Luboš Motič, Franz Hanika und Monika Motičková.
Franz Hanika, Jan Polák, Jiří Ružicka mit seiner Lebensgefährtin Iveta Juklíčková, deren Freundin Šárka Manzánková, Jaroslav Beneš und Monika Hanika.
� Isergebirge
Ein Koffer voller Erinnerungen zensbezug zur Heimat meiner 2001 eröffnete im alten FranVorfahren. ziskanerkloster in Haindorf ein Mit vielen Details entstand ei- Internationales Zentrum für ne Tonaufnahme, die die neue geistliche Erneuerung. Dessen Musikgruppe „Kalama“ ver- Direktor ist heute Jan Heinzl. edelt. Zu ihr gehören der Journa- Neben dem Kloster steht die list Martin Trdla, Tomáš Marek Wallfahrtskirche Mariä Heimsuund dessen Sohn Matěj. Matěj chung. Der deutsch-tschechische studiert Linguistik in Prag. Wäh- Wallfahrtsgottesdienst wird heurend der Busfahrt zur Universi- er schon am Sonntag, 30. Juni um tät dichtet und komponiert er. 10.00 Uhr stattfinden. ZuständiSchon mehrmals wirkte er beim ger Seelsorger für Haindorf und Poesie-Festival in Reichenberg Raspenau ist Pfarrer Pavel Andrš. mit. Schön ist, sich die Geschichten in Deutsch und Tschechisch anzuhören und dem Klang Rings stehn die Berge so feierlich da, beider Sprachen nachzuso ernst und düster schaun sie nieder, spüren. Die Geschichten die ich in langen Jahren nicht sah, sollten uns auf unserer oh, Berge der Heimat, ihr habt mich Heimfahrt begleiten. wieder! Zusätzlich bereicherten Begegnungen mit Die dunklen Fichten starren so stumm deutschen und tschechiund baden sich in den schwarzen schen Freunden unseren Fluten, Aufenthalt. Dazu zähldie steinernen Wächter lugen rundum te das Wiedersehen mit und lassen auf meine Seele bluten. Moni Filová in Reinowitz. Sie erzählte uns von Kein Vogelgesang, die Luft so schwer, ihrem Projekt, das sie der Himmel so nah den mit Unterstützung des Bergesmooren. Deutsch-Tschechischen Kein Freudenton bei der Wiederkehr, Zukunftsfonds und dem mein Herz nur hat ein Jauchzen Heimatortsbetreuer Rudi geboren. Jarisch aus Wittenberg in ihrem Heimatort DitKein Echo schallt aus der Stille zurück, tersbach im ehemaligen verschüchtert muß mein Jubel Kreis Friedland habe umverhallen, setzen können. Glasmeiverschließen muß ich still mein Glück, ster Pepiček Novotný aus da plötzlich die Schleier der Seele Hermsdorf habe auf ihre fallen. Anregung den Kreuzweg um die Sankt-Anna-Kirche mit außergewöhnlichen Glasbildern versehen. Das Am selben Abend nahmen habe 522 000 Kronen gekostet. sich unsere beiden Freunde PaBemerkenswert, daß sie kurz vor vel Andrš und Jan Heinzl Zeit, Weihnachten darüber noch ei- um mit uns und unserer Enkelin nen Vortrag in Wittenberg hielt. samt Familie im KlosterrestauAm Tag nach der Präsen- rant zu essen. Dabei erfuhren wir, tation ließ es sich bei Moni- daß in der Diözese Leitmeritz, zu ka Motičková und ihrem Mann der Haindorf gehört, ein WechLuboš im Friedländer Haag gut sel stattfinden werde. Der 75jähplaudern. Monika, die Mitglied rige Bischof Jan Baxant trete aus des Vorstands der Oberwittigta- gesundheitlichen Gründen zuler ist, beherrscht die Mundart rück, sein Nachfolger, der dernoch perfekt und wird sie weiter zeitige Generalsekretär der Diöpflegen. Einen Dolmetscher be- zese, Stanislav Přibyl, werde am nötigten wir bei der verbliebenen 2. März in der Kathedrale Sankt Deutschen nicht, denn ihr Mann Stephan in Leitmeritz zum Bispricht recht gut Deutsch. Wir schof geweiht. stehen über WhatsApp in reger Hoffentlich wird der bischöfVerbindung. liche Segen Haindorf beglei-
ten, damit auch die Dachsanierung und weitere Renovierungen der Wallfahrtskirche und im alten Kloster heuer gelingen. Dank Heinzl finanzieren namhafte Geldgeber dieses große Projekt mit wie der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds, der Kreis Reichenberg und die EU. Andršs vielfältige kirchliche Bemühungen sind weithin bekannt. Kaum zu überbieten ist, was Heinzl und Andrš in ihrem Bistum leisten.
Referent auf dem Heiligenhof. Er spricht und schreibt perfekt Deutsch und versucht in der Face book-Gruppe Sudeten mit Wohlgefallen, unterschiedliche Menschen zum fairen Diskutieren zu animieren. Leider handelt er sich dabei oft virtuelle Ohrfeigen ein, sowohl von tschechischen als auch von sudetendeutschen Landsleuten. Jan brachte uns auch mit der jungen Belgierin Hanne Biesemans in Kontakt. Ihre Böhmerwälder Großmutter war als Kind nach der Vertreibung in Belgien gestrandet. Biesemans Ja, doch! Ihr seid die Berge noch, suchte Zeitzeugen für ihr die Hüter in meinen Kindertagen, Filmprojekt über die Verwenn ich durch Schlucht und Felsen treibung der Sudetenkroch, deutschen. Bald werde ich als mich der Bäume Windschütte darüber berichten. tragen. Jaroslav Beneš lernten wir mit Jan Heinzl und Ich wollte ein heitres Angesicht von Heinrich Wessig im Someuch, mer 2021 bei Jan Polák ihr alten grauen Recken! in Dörfel im ehemaligen Dann wäre ich euer Kind wohl nicht, Kreis Friedland kennen wenn ich euch lachend müßt wecken. (Ý RZ 33+34/2022). Seit dieser Zeit tauschen wir Nein, nein, die Freude der Wiederkehr uns regelmäßig via eMail, lebt auch in eurem tiefsten Schweigen. Facebook und WhatsApp Nun schickt mich die bunte Fremde aus und schätzen uns. her, Wir mögen seine fröhlida solltet ihr euch anders zeigen? che und herzliche, aber auch ehrliche kritische Ich bin stets euer getreuer Sohn, Art. Er beleuchtet unsere ihr grüßt mich väterlich, ernst wie gemeinsame Geschichte immer, nicht nur einäugig. Dabei und unser Glück verkläret schon erfährt er bei einigen alauf allen Höhen ein goldiger ten sudetendeutschen FaSchimmer. cebook-Freunden oft harten Widerstand. Trotzdem läßt er sich nicht Am Tag vor unserer Heimreise entmutigen. Er sieht unsere getrafen wir uns mit weiteren fünf meinsame Vergangenheit immer tschechischen Freunden im Ka- im Zusammenhang und bedauert varna Hugo, einem gepflegten die schrecklichen Geschehnisse, Café in der früheren Haindorfer die einander angetan wurden, Volksschule. Durch das Fenster und möchte wie wir die Wunden sahen wir die Basilika. Diesmal heilen lassen. hatte sie weiße Pudelmützen über Jaroslav hält in seiner Freiihre Kuppeln gezogen, Frau Hol- zeit Vorträge über die Finanzle schüttelte nämlich kräftig ih- wache. Dies ist ein praktisch verre Betten. Zwei Stunden vor dem gessenes Korps, das mehr als 100 Requiem für Fürst Karl Schwar- Jahre lang die Grenzen bewachzenberg (Ý RZ 51+52/2023) ver- te, aber nicht nur diese. Er führt tieften wir unsere Freundschaft. die Zuhörer in die gesamte GeNun möchte ich unsere klei- schichte des Korps‘, seine Besonne Runde vorstellen. Jan Polák derheiten und Aufgaben ein. Die kennen wir schon einige Jahre Finanzwache wurde 1842/43 geüber Facebook. Er besuchte uns gründet. Jaroslav schildert ih2021 in Burghaun und war schon re Meilensteine in der Geschich-
Heimkehr ins Isergebirge
Die Journalistin Petra Laurin leitet das Riegerhaus in Reinowitz.
te. Diese reicht von der Habsburgermonarchie bis zur Auflösung 1949 in der Tschechoslowakei. Er erwähnt dabei natürlich auch deren Beteiligung an den Verteidigungsstrukturen 1938/39. In seinen Vorträgen kommen interessante Geschichten aus dem Leben von Finanzbeamten oder Schmugglern vor. Zum Beispiel warum es unter den Habsburgern Quoten für die Zahl der verheirateten Angehörigen der Finanzwache gab, oder warum der Gefängnisdienst heute die Farbe Lila trägt und Zoll- oder Finanzwache früher grasgrün waren. Leider finden seine Vorträge bis jetzt nur in Tschechien statt. Er könnte sie durchaus auf dem Heiligenhof in Deutsch halten. Dann könnte man erfahren, daß nicht alles, was im Wald brummt, eine Kuh ist, oder warum es wichtig ist, eine gesprenkelte Dienstmütze zu haben. Jiří Ružicka lernten wir bereits vor etwa zehn Jahren im Hain dorfer Kloster kennen. Er hatte von dem deutsch-tschechischen Seminar „Kraft aus den Wurzeln – Síla z kořenů“ erfahren und wollte mehr über die ehemaligen Hausbesitzer von Ferdinandsthal wissen, weil er sich dort ein Häuschen gekauft hatte. Mit Margit Kučerová alias Hammer-Margit stand er bis zu ihrem Tod in Verbindung (Ý RZ 43 ff./2023), mit uns, wenn wir in Haindorf oder Raspenau waren. Diesmal hatte er seine sympathische Lebensgefährtin Iveta Juklíčková und deren Freundin Šárka Manzánková mitgebracht. Beide Frauen lesen unsere Berichte auf Facebook und betrachten auch gerne meine Gemälde, die ich regelmäßig veröffentliche. Alle interessieren sich für die Zeit vor und nach der Vertreibung der Deutschen in Haindorf, Ferdinandsthal und Umgebung. Jiří zeigte uns noch am frühen Morgen die letzte Ruhestätte unserer Hammer-Margit. Nun können wir im Sommer auf ihrem Grab eine Kerze anzünden. Mit unseren tschechischen Freunden hörten wir uns das Gedicht „Heimkehr ins Isergebirge“ von Julius Streit aus dem Poesiomaten (Ý RZ 51+52/2023) an. Es berührte uns sehr. Julius Streit (1884–1966) war Lehrer und Leiter der Gablonzer Stadtbücherei, Gründer des Gablonzer Heimatkreises und Mitgründer der Leutelt-Gesellschaft.
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Dux
Ladowitz
Klostergrab
Ossegg
für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau
Bilin
Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. Heimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den Seegärten 35a, 63920 Großheubach, Telefon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard. spacek@gmx.de Redaktionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de
Teplitz-Schönau
Graupen
Niklasberg
Der Schacht Nelson III am 3. Januar 1934
142 Männer fallen Explosion zum Opfer Am 3. Januar 1934 kosteten eine Kohlenstaubexplosion und deren Folgen mehr als 140 Bergleute das Leben in Ossegg. In den Musealen Sammlungen des Deutschen Bergbau-Museums Bochum erhielt sich dank einer Schenkung eine Reihe von Zeugen dieser Katastrophe. Gedenkmarsch durch Ossegg.
Bilder: Martin Vokurka
Ossegg betrauert Bergwerksunglück vor 90 Jahren
Schacht Nelson III In der Tageszeitung „Mostecký deník“ beschreibt Reporter Martin Vokurka das Gedenken, an dem unsere Korrespondentin Jutta Benešová leider nicht teilnehmen konnte. Mit seiner Erlaubnis veröffentlicht der Heimatruf Benešovás Übersetzung seines Artikels.
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den die Musikschule Gasmann in Brüx begleitete. Anschließend eröffnete eine Ausstellung von Exponaten des Bergbau-Museums in der Galerie des Informationszentrums im Klosterareal. Das Gedenken hatte die Stadt Ossegg mit Partnern aus dem Bezirk Brüx organisiert: mit dem Vorerzgebirgischen technischen Museum und der Union der nordböhmischen Bergleute. An der Gedenkveranstaltung betei-
n Ossegg fanden sich Anfang Januar einige hundert Teilnehmer ein, um den 90. Jahrestag des Bergwerksunglücks im Schacht Nelson III zu begehen, als eine Explosion am 3. Januar 1934 142 deutsche und tschechische Bergleuten tötete. Das war eine der größten Bergwerkstragödien in Mitteleuropa. Am Denkmal der Opfer trafen sich Gedenken am Mahnmal für das Grubenunglück. am Vormittag Knappen-Vereine aus Tsche- ligten sich außerdem der Bezirk chien und Deutschland, Vertre- Aussig und das Revierbergamt. ter der BergwerksgesellschafDie Explosion von Kohlenten, Bergretter, Delegationen staub im Braunkohlebergwerk von Städten und Gemeinden und Nelson III, das der Brüxer Kohder Bevölkerung. Nach Kranz- lebergbau-Gesellschaft gehörniederlegungen, Ansprachen te, war 1934 in der breiten Umund einem gemeinsamen Gebet gebung zu hören. Die Bergleute gingen alle in einem feierlichen starben direkt durch die ExplosiUmzug durch die Stadt in die ba- on oder an einer Kohlendioxidrocke Klosterkirche von Ossegg Vergiftung. Aus der Nachmitzu einem Gedenkgottesdienst, tagsschicht konnten sich nur vier
Gedenkmesse in der Ossegger Klosterkirche.
Bergleute retten. Diese arbeiteten gerade unterhalb des Ossegger Friedhofs, wo sie durch einen nahen Lüftungsschacht fliehen konnten. Diese Havarie vor 90 Jahren erschütterte die gesamte Gesellschaft und führte zu strengeren Gesetzen im Bereich Bergbau. An der Beerdigung der Opfer nahmen nach Schätzung etwa 80 000 Menschen aus der ganzen Tschechoslowakei sowie Vertreter der Regierung teil. Das Denkmal entstand ein Jahr nach dem Unglück und ist seit 1978 Nationales Kulturdenkmal. „Die Arbeit der Bergleute wird nie ohne Risiko sein“, sagte bei der Gedenkfeier am Samstag Vratislav Procházka vom Revierbergamt in Brüx. Man solle nie diese Tragödie vergessen und hoffen, daß sich so etwas nie wiederholen werde. Im gleichen Sinne äußerten sich auch die Vertreter der sächsischen Knappen-Verbände und der Pfarrer, der in der Ossegger Basilika zur Ehrung des Andenkens an die Opfer und zum Schutz aller aufrief, die auch heute noch unter den schweren Bedingungen des Bergbaus arbeiteten.
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ber 1938 in Bochum. Franz Hauser war der Betriebsleiter des von der Brüxer Kohlen-BergbauGesellschaft betriebenen Bergwerks Nelson III. Dies alles geht aus dem Schriftverkehr zwischen Hauser und Winkelmann hervor, der sich heute im Bergbau-Archiv Bochum befindet. Die genauen Hintergründe des Treffens im Bergbau-Museum und im Parkhotel Haus Rechen werden durch den Briefwechsel nicht deutlich, nur, daß das Grubenunglück vom Nelson-Schacht thematisiert wurde. Franz Hauser hatte nämlich Winkelmann bei diesem Treffen versprochen, für das Bergbau-Museum „einige Sachen von unserer Grubenkatastrophe zu senden“.
as Grubenunglück auf dem Braunkohlenbergwerk Nelson in Ossegg bedeutete nicht allein den Tod fast aller zu diesem Zeitpunkt unter Tage arbeitenden Männer, es verwüstete auch beinahe alle Grubenbaue und Einrichtungen. Nur wenige konnten sich noch retten. Bei Rettungsversuchen, die wenige Stunden nach dem Unglück erfolgten, konnten nur noch Tote geborgen werden. Weitere Explosionen, die durch die Zufuhr von frischen Wettern, das heißt frische Luft, ausgelöst worden waren, zwangen schnell zur Abdeckung der Schachtmundlöcher. Die unter schwierigsten Bedingungen stattfindenden Bergungs- und Aufräumarbei- Verbrannte Taschenuhr. ten zogen sich über Jahre hin, erst 1938 konnten die letzten Opfer der Katastrophe geborgen werden. Schon kurz nach dem Unglück stellte eine vom Ministerium für öffentliche Verbrannter Draht. Arbeiten ernannte Kommission fest, daß entzündeter Kohlenstaub die Explosion ausgelöst habe. Die Staatsanwaltschaft in Brüx leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren ein. Zeugen und Sachverständige wurden gehört. Das Ergebnis war, daß die Explosionsgefahr des Braunkohlenstaubes unterschätzt worden sei und trotz entsprechender Vorschriften kaum eine wirksame Vorbeugung gegen Kohlen- Verbranntes Schußbuch. staubbildung und Entzündungsgefahren stattgefunden Er hatte schon einige interessanhabe. Laut den Sachverständigen te Dinge beisammen, als er dem erwiesen sich die Sparmaßnah- Museumsdirektor am 10. Februmen in diesem Bereich als fatal. ar 1939 schrieb. Allerdings wurde der UrsprungsAlle Objekte zeigten die Spuort der Explosion nie genau er- ren der Explosionen oder der mittelt und schließlich vermutet, Brände. Darunter Uhren wie die daß eine undichte Stelle eines Taschenuhr, die ein Häuer, den Branddamms die Entzündung die Explosion zerrissen hatte, in des Kohlenstaubs zur Folge hat- der Westentasche trug. Hauser te. Lediglich Geldstrafen für die lud Winkelmann zu einem BeNichtbeachtung von Sicherheits- such nach Ossegg ein, wo er ihm vorschriften wurden den Ange- Aufnahmen aus der Grube zeiklagten 1938 auferlegt. Nach gen könne. Winkelmann dankBeendigung der letzten Gewäl- te für die Bereitschaft, die Dintigungsarbeiten, das sind Auf- ge dem Museum zur Verfügung räumarbeiten, 1941 wurde bis in zu stellen. Besonders die Uhdas Jahr 1983 der Bergbau wei- ren fanden sein Interesse. Er haterbetrieben. be nach solchen Uhren seit JahDas Grubenunglück hatte in ren gesucht. Ihm sei eine Uhr, die der Presse ein über die Tsche- angeblich ein Knappe bei einem choslowakei hinausreichendes Grubenunglück auf der Zeche Echo gefunden. Inwieweit der Radbod bei Hamm getragen haDirektor des damaligen Berg- be, angeboten worden. Gemeint bau-Museums in Bochum, Hein- war wohl die Schlagwetterexplorich Winkelmann, davon Kennt- sion auf Radbod am 12. Novemnis nahm, ist nicht bekannt. Aber ber 1908 mit bis zu 360 Toten. Er kurz nach der Besetzung des Su- habe diese allerdings abgelehnt, detenlandes durch das Deutsche da die Angaben nicht mehr einReich auf Grundlage des Mün- wandfrei nachzuweisen gewesen chener Abkommens traf sich seien. Die Originale aus Ossegg Winkelmann mit dem Bergin- waren daher sehr wertvoll für den spektor Franz Hauser im Dezem- Museumsdirektor.
Im Mai 1939 besuchte Winkelmann Hauser in Ossegg auf dessen Anlage. Dabei dürfte eine Auswahl von Objekten stattgefunden haben, die am 7. Juli 1939 in Bochum eintrafen. Neben fünf Uhren gehörten zwei Grubenlampen, ein Schichten- und ein Schußbuch, zwei Taschenmesser, ein Schlüssel, zwei Zigarettenetuis, ein Schloß mit Riegel, ein Telefon, ein Schaufelrad eines Ventilators, Teile zweier Hunte, Zughaken eines Schlepperhaspels mit abgerissenen Seilen, ein durch Hitze ausgelaufenes Lager, Signalstützen (Isolatoren) vom Automat auf der Seilbahnstrecke, drei Grubenstempel, ein Rollentrageholz, eine Kabellatte des Telefonkabels und ein Drahtseil zu der Schenkung. Laut Karteikarte fanden zumindest einige Stücke den Weg in die damalige Ausstellung. Im Nordflügel im zweiten Obergeschoß des Bergbau-Museums, das auch Schlagwetter und Grubenbrand gewidmet war, wurden die beschädigten und mit verkoktem Kohlenstaub inkrustierten Grubenstempel, das abgebrochene Rollentrageholz und die Kabellatte mit Teerbelag ausgestellt. Die Uhren scheinen laut der alten Objektzettel zunächst im Depot aufbewahrt worden zu sein. Später fand eine von ihnen ihren Weg in die Ausstellung und zwar in den Erweiterungsbau von 1986. Sie hatte dem Steiger Knauer, der bei der Explosion ums Leben kam, gehört. Die Überreste der Uhr erzählen auf ihre Weise von der gewaltigen Explosion. Uhren, die wohlmöglich genau zum Zeitpunkt eines Unglückes stehen blieben – man denke nur an die berühmte Uhr des Atombombenabwurfs über Hiroshima im Hiroshima Peace Memorial Museum – sind im wahrsten Sinne des Wortes Zeitzeugen. Kein Wunder, daß Winkelmann gerade diese für das BergbauMuseum sichern wollte. Neben den verschiedenen Objekten aus Ossegg werden auch heute noch andere Gegenstände, die nach Grubenunglücken gefunden wurden, in den Musealen Sammlungen bewahrt. Übrigens auch eine Uhr des Unglücks auf Radbod. Diese kam aber erst 1983 wiederum als Schenkung in das Deutsche Bergbau-Museum Bochum. Die Objekte führen dem Betrachter die Ausmaße der Katastrophen eindringlich vor Augen. Dank der Aufarbeitung des Bestandes im Bergbau-Archiv Bochum im Rahmen des Projektes „montan.dok 21“ werden die Hintergründe der Schenkung aus Ossegg deutlich. Ebenso deutlich wird das offenkundig schon früh bestehende Anliegen des damaligen Museumsdirektors, auch an die Gefahren und Unglücke, die mit dem Bergbau verbunden sind, im damaligen Bergbau-Museum zu erinnern. Maria Schäpers
HEIMATBOTE
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Bischofteinitz
Ronsperg
FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ
15 Hostau
Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de
Taus
Ansichtskarte von Wistersitz aus der Zeit um 1930. Rechts sehen wir das Gasthaus Zur frischen Quelle der Gastwirtsfamilie Walbert.
Als der Eiserne Vorhang fiel „So viele Besucher hatten wir noch nie“, freute sich die Leiterin des grenzüberschreitenden Projekts „Hindle“, Kristýna Pinkrová, hoch erfreut. Genau 34 Jahre nach dem Beginn der Samtenen Revolution in der Tschechoslowakei am 17. November 1989 erlebte der Vortrag „Als der Eiserne Vorhang fiel“ im Hindle-Zentrum in Taus einen Besucheransturm.
Wistersitz
Instrumentenbauer Walbert Der Versuch meiner „Umschrift“:
Die Winterzeit war früher wie oft noch heute auch die Zeit für Hausmusik. Denn da ruhten – schon wetterbedingt – viele landwirtschaftliche Arbeiten draußen in Feld und Flur. Zu Advent, Weihnachten und im Fasching kamen allerlei Musikinstrumente zum Einsatz. Namhafte Zentren der Herstellung befanden sich vor allem im Erzgebirge sowohl mit Graslitz auf böhmischer wie mit Klingenthal auf sächsischer Seite.
In da Wissensitz wor amol a grouße Hetz‘, dau ham‘s in Bummel am Turm afi g‘setzt. Olles haut g‘schaut, un olles haut g‘lacht, wos der Bummel fir a G‘sicht haut‘ g‘macht. Refrain: In da Wissensitz is schai, schai, schai, schai, sell mou ma b‘stai!
D
urch Zufall kam ich vor längerer Zeit auf die Spur eines Instrumentenbauers in Wistersitz. Im Internet wurde eine „Harmonika“, also ein Akkordeon, angeboten. Hier fand sich auf einem Schild die Inschrift: „Fr. Walbert – Harmonika-Erzeugung – Wistersitz bei Weißensulz Böhmen“. In den beiden Heimatbüchern „Heimatkreis Bischofteinitz“ und „Gerichtsbezirk Hostau“ sind die Besitzer beziehungsweise Bewohner zur Zeit der Vertreibung mit Namen leider nicht vollständig erfaßt. Über die Listen der Volkszählung 1921 erfährt man, daß es 1921 in dem Ort drei Familien mit Namen Walbert gab: Haus-Nr. 4 Josef Walbert, Bauer; Nr. 15 Michael Walbert, Gastwirt; Nr. 39 Franz Walbert, Schneider. Franz Walbert hatte nun einen Sohn, ebenfalls Franz, geboren am 24. Dezember 1902. In der Berufsrubrik steht bei dem 19jährigen damals „Tagarbeiter“, was immer damit gemeint war. Bei ihm könnte es sich also um diesen späteren Instrumentenbauer handeln. Wie Josef Simon von der Kreisbildstelle des Heimatkreises Bichofteinitz recherierte, leb-
??? G
ibt es jemanden unter den Lesern des HB, der Auskunft über diesen Franz Walbert geben kann oder über jenen Herrn aus der Gegend von Friedberg? Kennt jemand das Wistersitz-Lied und kann den Text verbessern oder weiß noch die Melodie, nach der es gesungen wurde? Hinweise bitte an die Redaktion ( siehe Impressum oben) oder direkt an Pfarrer i. R. Klaus Oehrlein, eMail st.valentinus@web.de
Da Burgermoasta u da G‘meinderat, dei hom amol a Sitzung g‘habt. Wei‘s sua genga über‘s Weierdamm her, hom‘s in Maou in Weia drin g‘seang. Dau han‘s kumma mit Steck‘n un Stonga, hom den Maou woll‘n assa fonga. Hom g‘stochert un g‘stoußn die ganze Noat, un ham den Maou net assa broat.
Der handgeschriebene Liedtext. te der Harmonika-Erzeuger nach Lied, das Wistersitz bezeihungsder Vertreibung in Hannesried, weise Wissensitz zum Inhalt hat. einem Ortsteil der Gemeinde Er bekam es einst vom mittlerTiefenbach im oberpfälzischen weile verstorbenen Josef Brix Landkreis Cham. Laut Auskunft aus Weißensulz. Und Simon ereines früheren Nachbarn in Hannesried baute und reparierte Walbert weiterhin Instrumente, selbst spielen konnte er aber nicht. Beim Heimatgottesdienst in Heiligenkreuz am 9. Mai 2023 trafen Josef Simon und ich einen Mann aus Wistersitz, der jetzt um Friedberg bei Augsburg lebt. Ihn fragten wir nach jenem Instrumentenbau- Die Plakette vorne auf der Harmoer, und er wußte, wo die- nika, die den Hersteller Fr. Walbert ser Walbert in Wistersitz aus Wistersitz nennt, und rechts die zu Hause war. Leider – wir ganze Harmonika. standen am Auto und waren bereits im Aufbruch begriffen innerte sich beim Lesen dann, – haben wir uns weder dessen daß dieses Lied nach dem Krieg Namen noch die Haus-Nummer ebenso in seiner Heimat Dietersin Wistersitz notiert. Es muß ei- dorf im Wirtshaus gesungen wurne Art Doppelhaus gewesen sein, de. Er war nur damals zu jung, daran erinnere ich mich noch. um sich näher damit zu befasUnd leider kaufte ich seiner- sen. Da der Text handschriftlich zeit – der geforderte Preis war und in Egerländer Mundart vermir zu hoch – auch die Harmo- faßt ist, so sind manche Worte für nika nicht. mich nicht eindeutig zu entzifIn dem Zusammenhang sand- fern oder ergeben keinen rechten te mir Josef Simon ein lustiges Sinn.
Dau sagt da Burgermoasta zum G‘meinderat, hört‘s ma aaf mit eiera Tat. Wenn ma am Hirscht in Weia aslaua. dann kummt da Maou voo selber gauer. In da Wissensitz hom‘s a mol Raipirzel bach‘n. Über des Ding‘ könnt‘ e hait nu lach‘n. Innen voll Spund u assn vobrennt,
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nter den Besuchern befanden sich auch der Historiker und bekannte Buchautor Zdeněk Procházka, der Vorsitzende des Touristikclubs Taus, Petr Matjěka, der ehemalige Direktor der Städtischen Wälder Taus, Jan Benda, sowie Mitglieder des Freundeskreises Furth im Wald-Domažlice. Pinkrovà bekannte eingangs, daß sie am 34. Jahrestag der Samtenen Revolution nicht mit einem solchen Ansturm gerechnet habe. Referent Karl Reitmeier bemerkte, daß er als Redakteur die Samtene Revolution und den Fall des Eisernen Vorhangs hautnah miterlebt habe. Das Interesse am Nachbarland sei bei ihm durch den damaligen Further Bürgermeister Reinhold Macho entfacht worden. Reitmeier sagte, daß sich die Veränderungen im Nachbarland bereits vor dem November 1989 abgezeichnet hätten, und verwies auf einige Ereignisse wie im Jahre 1987 das erste Prager Oktoberfest, das Macho und den damaligen Deutsche Botschafter Werner Schattmann eingefädelt hätten. Zunächst ließ er die Ereignisse zum Beginn der Samtenen Revolution in der Tschechoslowakei Revue passieren, die dann auch auf Taus übergesprungen seien, wo im heutigen Hotel Sokolský dům der Sitz des Občanskě Forum oder Bürgerforums gewesen sei. Hauptanführer der Proteste in Taus sei der heutige Apotheker Hynek Faschingbauer, Sohn des späteren Landrats Pavel Faschingbauer, gewesen. Reitmeier erinnerte dann an seine ersten Besuche im Nachbarland. Dabei habe er im Februar 1990 auch den Abbau des Grenzzauns fotografieren und Weltgeschichte festhalten können. Sehr schnell habe er auch die Gastfreundschaft der Tschechen kennenlernen dürfen. In Erinnerung rief Reitmeier auch die Präsentation der
Further Einzelhändler in Taus, bei der auch die Busse des Reisebüros Wolff auf dem dortigen Stadtplatz von einer großen Menschenmenge umlagert gewesen seien, während sich im Kulturhaus die Geschäftsleute vorgestellt hätten und dabei erste Freundschaften geschlossen worden seien. Kurze Zeit später sei auch eine Präsentation in Pilsen erfolgt. Schon im Mai 1990 hätten sich tschechoslowakische Firmen bei der DOMEX in der Further Festhalle präsentie-
Hindle H
indle bedeutet im chodischen Dialekt der Ort zwischen hier und dort. Hindle ist die Region zwischen Pilsen und Regensburg, in der es nicht darauf ankommt, in welcher Sprache man spricht, sondern das gegenseitige Verstehen zählt. Trotz der schwierigen Vergangenheit gibt es viel mehr, was uns eint, als was uns trennt. Hindle ist ein Ort, an dem es keine Grenzen geben muß, wenn wir das wollen und etwas dafür tun. ren können. Macho war nämlich der Meinung gewesen, daß wirtschaftliche Beziehungen keine Einbahnstraße sein dürften. Reitmeier erwähnte auch, daß Furth im Wald bereits im November 1990 als zweite Stadt in Deutschland eine Partnerschaft mit Taus besiegelt habe. Dem seien ein Besuch einer Further Delegation beim damaligen Außenminister Jiří Dienstbier in Prag und ein Besuch von Staatspräsident Václav Klaus im Further Rathaus gefolgt. Zum Schluß appellierte Reitmeier an alle, die wunderbare deutsch-tschechische Freundschaft in einem vereinten Europa auch in Zukunft zu pflegen, denn nur ein gemeinsames Europa garantiere eine gute Zukunft. Es gebe nichts Schöneres, als wenn man sich mit dem Nachbarn gut verstehe. Für seine Ausführungen, die Marcela Řezníčková dolmetschte, überraschte Kristýna Pinkrová Reitmeier mit einer Geschenkpackung mit Bieren aus Taus. lr
han‘s voller Freid in da Stumm umagrennt. Seitdem is in da Wissensitz schai. Scheina zwoa Moau zum home gei‘. Der oine am Himmel, der ondre im Teich. Liabe Leit‘, des i a groauße Freid‘! Klaus Oehrlein
Dolmetscherin Marcela Řezníčková, Karl Reitmeier, Kristýna Pinkrová und Hindle-Mitarbeiterin Vldana Kubisková. Bild: Veru Černá
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Heimatbote für den Kreis Ta<au
Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt, Telefon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl @online.de. Internet www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de
� Paulusbrunn und Hals
Die Kapelle in Glitschau.
Sakrale Kunstwerke werden abtransportiert In seinen Unterlagen über den Untergang von Paulusbrunn fand Heimatkreisbetreuer Wolf Dieter Hamperl einen Bericht eines nach Bernburg ausgesiedelten Landsmannes aus dem Jahr 1999. Dieser berichtete über den Abtransport der Kircheneinrichtungen der ehemaliegen Pfarrkirche Zum Heiligen Kreuz in Paulusbrunn und der Schloßkapelle in Hals.
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s war im Frühjahr 1948, den Tag weiß ich nicht mehr genau. Kurz nach Mittag kamen wir mit zwei Mitfahrern in Paulsbrunn bei der Kirche an. Dort wurden wir vom inzwischen verstorbenen Pfarrer – Pfarrer Aloys Bayerl starb am 20. Februar 1948 in Paulusbrunn – und dem Gendarmen empfangen. Uns wurde mitgeteilt, daß in nächster Zeit die Kirche gesprengt werden solle, weil sie im Grenzstreifen der Grenzsicherung liege. Dann machten wir uns an Inneres der ehemaligen Pfarrkirche Zum Heiligen Kreuz in Paulusbrunn. das Aufladen der Bilder – wohl Kreuzwegbilder – und ver- in Richtung Galtenhof und Rin- Schloßkapelle. Auch hier beschiedener Altarteile. gelberg zum Schloß der Fami- gannen wir mit dem AussortieAls wir mit dem Beladen fer- lie Landwehr in Hals. Dort be- ren und anschließenden Auflatig waren, fuhren wir über das sichtigten die Herren von der den der Statuen, die den Altar Zollhaus und den Baderwinkel Landesverwaltung und wir die geschmückt hatten. Nach unge-
fähr zwei Stunden hatten wir die Statuen auf den Anhänger geladen. Dann zogen wir eine Plane über die Ladung und fuhren zum Meierhof in Tachau. Der Verwalter ordnete an, den Hänger in eine Scheune zu fahren, die er dann verschloß. Den Schlüssel nahm er an sich. Wir machten daraufhin Feierabend. Am nächsten Tag ging es früh über Kladrau nach Alt-Pilsen bis zum Schloß Ziegenbock. Vor dem Schloß hatten wir mit der Durchfahrt Schwierigkeiten. Deshalb borgte die Schloßverwaltung uns einen kleineren Hänger. Mit diesem kamen wir durch die Einfahrt und konnten die Statuen und Bilder am gewünschten Ort im Schloß Ziegenbock abladen.“ In seinen Büchern konnte Wolf-Dieter Hamperl in Alt-Pilsen kein Schloß Ziegenbock finden. Eine Burg hat es dort gegeben. Ihm war bekannt, daß das Kloster und Schloß Plass, rund 20 Kilometer nördlich von Pilsen gelegen, Sammelstelle für Kunstgegenstände aus zur Zerstörung freigegebenen Kirchen und Schlössern in den Nachkriegsjahren gewesen war.
� Paulusbrunn
Grenze besetzt und Geld gestempelt I
m Dezember 1918 wurde von dem tschechoslowakischen Militär die hiesige Grenze gegen Bayern besetzt. Diese Besetzung dauerte bis 1920. In Hermannsreith bei Gastwirt Troglauer, im Wittichstal im Gasthaus Nr. 20 und in Hinter-Paulusbrunn bei Herrn Fischer Nr. 2 waren die Militärwachmannschaften unter-
gebracht. Wer die Grenze überschreiten wollte, mußte erst beim Kommando dieser Militärabteilungen seinen Grenzschein vidieren lassen. Kurz vor dem Erscheinen dieser Grenzbesetzung hatte der hiesige deutsche Gendarmerie-Wachtmeister und Postenkommandant Georg Böhm sei-
nen Posten verlassen und war nach Deutsch-Österreich ausgewandert, einstweilen seine Familie zurücklassend. Das Gendarmerie-Siegel wurde zunächst am Gemeindeamte aufbewahrt, bis der erste tschechoslowakische Gendarmerie-Meister Möller eintraf. Dieser blieb aber nur sechs Wochen. Danach wurde er von Wachtmeister Karl Braier abgelöst. Vom 1. bis 3. März 1919 fand die Geldabstempelung statt. Jedem wurde nun klar, daß unser Paulusbrunn nebst dem Bezirk Tachau zur Tschechoslowakischen Republik gehört. Viele Ortsinsassen hatten es vorher nicht geglaubt. Wer Papiergeld hatte, mußte alles am Gemeindeamte abgeben und bekam dafür die Hälfte der abgestempelten Noten zurück. Unsere Gemeinde ließ circa eine halbe Million Papiergeld stempeln. Ende 1919 fand die erste Wahl der Gemeindevertretung nach dem neuen tschechoslowakischen Gemeindewahlrecht statt, aus welcher Johann Spanner als Vorsteher hervorging. Um den Arbeitslosen Beschäftigung zu geben, wurde die Straße von Wittichstal nach Hermannsreith gebaut. Der Bau dauerte zwei Postkarte mit der Gesamtansicht von Vorderpaulusbrunn im Jahre 1936, links die Bäckerei und Gemischtwarenhand- Jahre und kostete 95 000 Krolung Josef Hederer, rechts eine Detailansicht. nen.
Im „Gedenkbuch der Gemeinde Paulusbrunn“, das Oberlehrer Georg Müller, Leiter der Volksschule in Hinter Paulusbrunn, am 25. November 1923 auf Grund des Gesetzes Nr. 80 vom 30. Januar 1920 angelegt hatte, fand Heimatkreisbetreuer Wolf Dieter Hamperl folgenden interessanten Eintrag.
� Glitschau
Wo ist Hans? Im Zweiten Weltkrieg wurden polnische Männer nach Deutschland und ins Sudetenland zur Zwangsarbeit gesandt, weil die deutschen Männer im Krieg waren. Die deutschen Landwirte im Kreis Tachau konnten sich in der Kreisstadt Tachau einen Arbeiter „bestellen“.
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em Nachbarn meines Großvaters in Glitschau war ein Arbeiter zugesagt worden, da der Sohn Kriegsdienst leistete, der Vater schon etwas älter war und jemanden für die Arbeit brauchte. Also fuhren Großvater und der Nachbar nach Tachau, um einen landwirtschaftlichen Arbeiter abzuholen. Neben dem Mann, der Großvaters Nachbarn zugeteilt war, stand ein 15jähriger Junge mit einem Zettel in der Hand, auf dem stand: „Möchte bei Onkel Josef bleiben.“ Die beiden Männer überlegten: „Was sollen wir tun“. Der Nachbar brauchte nur einen Helfer. So entschloß sich Großvater, den Jungen zu nehmen, damit er wenigstens in der Nachbarschaft seines Onkels bleiben konnte. Der damals sehr verängstigte Junge kam also mit Großvater nach Hause nach Glitschau auf den sogenannten Beern Huaf. Er lebte sich gut ein, half so tüchtig wie er konnte mit. Die ganze Familie hatte ihn gern. Er nannte meine Großmutter sogar Mutter, und für sie war er „ da Bou“. Die Großeltern hatten nur zwei Töchter, und so wuchs Hans, so hieß der polnische Bub, mit den Mädels auf. Das Kriegsende kam, die Polen durften zurück, die Deutschen mußten ihre Heimat verlassen. Und jeder mußte sehen, wo er blieb. Als Anfang der 1980er Jahre allmählich durchsickerte, wie schlecht die Versorgungslage in Polen ist, sprach Großvater immer vom Hans. „Wenn ich bloß wüßt‘, ob Hans noch lebt und wo er zu Hause war, ich weiß ja nicht einmal mehr seinen Nachnamen. Ich würde ihm doch Päckchen schicken.“ Aber ohne Adresse
konnte er nichts ausrichten. Ständig überlegte er, wie er es anstellen könnte, den Hans zu finden. Wunder gibt es immer wieder: Im August 1982 kamen gleich drei Männer von verschiedenen Behörden aus Nürnberg und suchten den Herrn Wiederer oder seine Angehörigen. Ein Jan Stasak aus Polen bräuchte dringend eine Arbeitsbestätigung für seine Tätigkeit als landwirtschaftlicher Arbeiter während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland beziehungsweise im Sudetenland. Das war ein Hallo in der Familie. „Manna, da Hans lebt, öitza kinn ma a Packl schickn, öitza ho(b)m ma Nama und Adress.“ Unglaublich. Hans hatte meinen Großvater schon jahrelang suchen lassen, jedoch immer ohne Erfolg. Wegen eines Übersetzungsfehlers konnten die Wiederers nicht gefunden werden: Man glaubte, sie seien nach Amerika gegangen. Richtig war jedoch, daß sie in die amerikansichen Besatzungszone gekommen waren. So vergingen mehr als 35 Jahre, bis die Wiederers für Hans gefunden wurden. Damals war freies Reisen noch nicht erlaubt. Deshalb mußten wir Hans einladen, damit er nach Deutschland kommen konnte. Und Hans folgte der Einladung am 6. Dezember 1983. Er kam mit seinem Fiat 500 bei uns im oberpfälzischen Bärnau an. Großmutter war damals schon schwer krank und bettlägrig. Hans ging in ihr Zimmer, Oma sah ihn und erkannte ihn sofort und rief: „Jassas da Bou.“ Und Hans sagte: „Ach Mutter.“ Sie umarmten sich lange. Hans blieb eine Woche bei uns. Oma konnte dies also noch erleben, denn am 31. Dezember starb sie. Mit der Familie und weiteren Freunden von Hans haben wir noch immer Kontakt. Seine Kinder leben inzwischen in Deutschland, und die Frau seines verstorbenen Freundes ebenfalls. Sie kam nach der Samtenen Revolution als Pflegerin nach Deutschland, und als ihr Mann starb, blieb sie hier. Ingrid Leser
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Heimatkundliches Mitteilungsblatt für die Vertriebenen aus dem Isergebirge/Organ des Gablonzer Heimatkreises e.V. Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail isergebirge@sudeten.de
WIR GRATULIEREN Polaun. Wir gratulieren allen Heimatfreunden, die im Februar Geburtstag feiern können, und wünschen ihnen ein gesundes, zufriedenstellendes neues Lebensjahr. Hans Pfeifer Ortsbetreuer Labau-Pintschei. Die Orts-
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ei einem vorweihnachtlichen Ausflug mit der Familie ins adventliche Salzburg entdeckte ich im fast ganzjähig geöffneten Weihnachtsmuseum Gablonzer Christbaumschmuck. Das Weihnachtsmuseum über dem Café Glockenspiel am Mozartplatz umfaßt unter dem Motto „Feste zwischen Advent und Neujahr von 1840 bis 1940“ elf verschiedene Themenbereiche. Die Stücke der in Europa einzigartigen kulturhistorischen Sammlung hat Ursula Kloiber in fast 50 Jahren zusammengetragen. Im Bereich der Vorweihnachtszeit fand sich ein Christkindlmarktstand, an dem Gablonzer Christbaumschmuck feilgeboten wird. Die reichhaltige Auslage zeigt Miniaturen von Glocken, Sternen und Kugeln. In einer weiteren Abteilung fand sich eine Vitrine mit „Glasperlenbaumschmuck aus Gablonz. Gablonz, frühes 20. Jahrhundert. Glas, gefärbt, verspiegelt.“ Weiter erklärt die Legende dem Besucher: „Im böhmischen Gablonz wurden mundgeblasene Hohlglasperlen hergestellt, die auf Draht gefädelt und zu dekorativem Baumschmuck weiterverarbeitet wurden.“ Bilder: Kathrin Hoffmann
WAS ZUN LACHN
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aalt Weibl vunn Dorfe kom amoul nouch Gablunz ei de Stoodt rei und froite ann Mon, dan se grode begahnte: „Nej, sohn se mr ock, wos is denn dos dorte fr a grußes Gebäude?“ Dar Mon sohte ibr se: „No, dos is doche s Wossrsammelwerk!“ „Wooos“, mejnte dos Weibl, „nej satt ock de Leute ei dr Stoodt – itze stelln se de Wossrsammln schunt fabrikmäßich har!“
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nne Froue kimmt ei Gablunz ei de Optheke und soht ibr n Apotheker: „Nej, wissn se, mei Mon hout immr sitte Koupangst; honn se ne a poor gude Tablettn drfier?“ „Natürlich, da nehmen sie am besten Veramon... die sind sehr gut!“ „Fr a Mon? No gutt, odr gibt’s die fr Weibr ou?“, mejnte druf die Froue.
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chier Korl , wos a ann Kolonialwornlodn besoß, hotte schunt Juhr und Tag elendn Krach mit sann Noppr Prode Frnand. Zunn Neun Juhre stond drnou amoul ann Gablinzr Tagblaatl folgnde Annonce: „Allen meinen geehrten Freunden und werten Kunden wünsche ich ein glückliches Neues Jahr, ock grode Prode Frnandn ne!“ Ergebenst: Karl Schier und Frau.
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ej, iech wejß gor ne, iech dechte iech hätte ihr Gesicht schunt amoul wuandrsch gesahn!“, meinte de Schölern, ols se anne ale Bekannte nouch Juhrn amoul wiedr trof. „Nej, dos kon ne sein, iech ho s immr uf dr selbn Stelle!“, sohte die druf. Thomas Schönhoff
Otfried Preußler im Isergebirgs-Museum
... ein bißchen Magier tenerzähler“. Lesung aus der gleichnamigen Publikation, die einen Einblick in Preußlers Leben und Werk, zu seinen persönlichen Überzeugungen und seiner Weltanschauung gibt. Veranstaltungspauschale: 2,00 Euro. Anmeldung jeweils telefonisch über (0 83 41) 96 50 18 oder per eMail verwaltung@ isergebirgs-museum.de
Unter dem Titel „Ein bißchen Magier bin ich schon... Otfried Preußlers Erzählwelten“ ist bis zum 7. April ein gemeinsames Ausstellungsprojekt des Isergebirgs-Museums Neugablonz, des Sudetendeutschen Museums und des Adalbert-Stifter-Vereins in der Großen Galerie des Isergebirgs-Museums zu sehen. Begleitet wird die Ausstellung von vielen kreativen und informativen Veranstaltungen für groß und klein.
Angebote für Kinder
Schumburg-Gistei, Unterschwarzbrunn. Im Februar gratuliert die Ortsgemeinschaft zum 79. Geburtstag Heinz Dimter am 19. in Ettlingen. Hans Theileis Ortsbetreuer Albrechtsdorf. Im Februar gratulieren wir zum 87. Geburtstag am 23. Ingrid Winkler/Klamt. Friedrichswald. Zum 89. Geburtstag gratulieren wir am 9. Februar Margit Horn/Streit in Neugablonz.
Johannesberg. Wir gratulieren allen Landsleuten, die im Februar Geburtstag feiern. Zum 90. am 27. Liese Klemm/Pörner; 85. am 21. Lieselotte Wagner/ Fotr in Lauf an der Pegnitz; 82. am 20. Helga Albrecht/ Lammel. Kukan. Wir gratulieren allen Landsleuten, die im Februar Geburtstag feiern. Zum 89. am 28. Rudi Weber in Tabarz; 93. am 14. Egon Nentwich in Steinholz; 85. am 11. Dietlinde Wolmsen/Beranek in Bad Herrenalb; 80. am 17. Hannelore Glaser/ Herbig in Neugablonz; 77. am 23. Alfred Rössler. Neudorf. Zum 77. Geburtstag am 24. Februar gratulieren wir Brigitte Köllmer/Wick. Wiesenthal. Zum Geburts-
tag im Februar gratulieren wir zum: 90. am 13. Theresia Prediger/ Ludwig in Erlangen; 81. am 16. Dieter Feix in Neugablonz.
Reinowitz. Zum Geburtstag im Februar gratulieren wir zum: 84. am 16. Wilfried Hantschel in Rieden bei Kaufbeuren. Gablonz. Zum Geburtstag im Februar gratulieren wir zum: 98. am 14. Margit Mogk/ Augst (Schmelzgasse 32) in Neugablonz; 96. am 4. Horst Vorlitzky (Hochstraße 14) in Nürnberg; 94. am 11. Doris Alferi/Zasche (Parkstraße 23) in Kaufbeuren; 88. am 2. Gisela Glassner/Langer (Ackerstraße 19) in Schwäbisch Gmünd und am 16. Anneliese Schlegel/Thorsch (Villenstraße 2) in Kaufbeuren; 83. am 3. Hans-Joachim Broucek in Hötensleben. Thomas Schönhoff Ortsbetreuer
Alle Termine (für Kinder im Vorschul- und Grundschulalter) beinhalten eine kindgerechte Lesung der betreffenden Geschichten und sind mit einem Kreativangebot im Anschluß daran verbunden (links zum Beispiel eine Bastelarbeit zum „Engel mit der Pudelmütze).
Angebote für Erwachsene Freitag, 26. Januar, 15.00 Uhr: „Wie sieht eine gute Hexe aus?“ Otfried Preußler und seine Illustratoren haben das Bildgedächtnis von Generationen geprägt. Eine Kuratorenführung durch die Sonderausstellung mit Ute HultschSchmidt. Donnerstag, 8. Februar, 15.00 Uhr: „Literatur im Café“. Anna Knechtel vom Adalbert-Stifter-Verein nimmt das Jubiläum von Otfried Preußler zum Anlaß, ihn für sein immer noch aktuelles Werk zu ehren und einen Blick nicht nur auf seine Bücher, sondern auch auf seine Biografie zu werfen. Mittwoch, 28. Februar, 15.00 Uhr: „Kuratorenführung durch die Sonderausstellung“. Eva Haupt vom Sudetendeutschen Museum führt im Isergebirgs-Museum durch die Sonderausstellung. Freitag, 15. März, 15.00 Uhr: „Ich bin ein Geschich-
gemeinschaft gratuliert zum Geburtstag im Februar: zum 91. am 16. Olga Simmen/ Kiesewetter in Tambach-Dietharz; zum 90. am 3. Gottfried Mühl in Kaufbeuren-Neugablonz; zum 89. am 18. Annelies Fritz/ Ulbrich in Neuötting; zum 86. am 7. Dr. Dieter Piwernetz in Nürnberg; zum 79. am 11. Klaus-Dieter Siegmund in Karlsruhe und am 21. Roswitha Theileis/Kolb in Kaufbeuren-Neugablonz; zum 78. am 26. Gertraud Theileis/Gast in Nagold; zum 75. am 1. Ute Schlegel/ Havlik in Weidenberg und am 26. Karin Theileis in Garbsen; zum 71. am 5. Brigitte Zöpfel/ Tomesch in München und am 15. Josef Hausmann in Dösingen; zum 69. am 4. Brigitte Posselt in Altdorf und am 25. Renate Domin/Prade in KaufbeurenNeugablonz; zum 53. am 18. Gabriele Neubert/Havlik in Röslau; zum 31. am 19. Lena Liebau in Marburg. Am 15. Februar feiert das Ehepaar Brigitte und Luis Castro in Neugablonz seine Goldene Hochzeit. Dazu gratulieren wir herzlich. Hans Theileis Ortsbetreuer
Gränzendorf. Zum 89. Geburtstag am 20. Februar gratulieren wir Marie Grimm/Tschöp in Gotha.
Bilder: Isergebirgs-Museum
Mittwoch, 14. Februar, 10.00 Uhr: „Fastnacht im Wald der kleinen Hexe“. Freitag, 23. Februar, 10.00 Uhr: „Es schneit, es schneit – Winter bei den Hutzelmännern im Siebengiebelwald“. Samstag, 16. März, 10.00 Uhr: „Der kleine Wassermann“. Samstag, 3. April, 10.00 Uhr: „Der Räuber Hotzenplotz“.
Materialkostenpauschale: 3,00 Euro. Anmeldung jeweils telefonisch unter (0 83 41) 96 50 18 oder per eMail verwaltung@isergebirgsmuseum.de
Das kleine Isermoor/Rašeliniště Jizerky, das eines der wildesten und ursprünglichsten Gebiete des Isergebirge ist, verdankt seine Existenz den extremen Witterungsbedingungen mit tiefen Temperaturen, reichen Niederschlägen und dicker Schneedecke, wurde zum Naturschutzgebiet erklärt und ist nur auf gekennzeichneten Pfaden begehbar. Bild: Hans Pfeifer
WIR BETRAUERN Josefsthal. In Neugablonz starb am ersten Tag des neuen Jahres Christa Pichl/Schmidt aus dem Hujerwinkel im Alter von 92 Jahren.
Gablonz. In Neugablonz starb im Dezember 2023 Lieselotte Kieslich/Schwarz im Alter von 90 Jahren. Thomas Schönhoff Ortsbetreuer
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Heimatblatt für den Kreis Sternberg in Mähren (einschl. Neustädter Ländchen) Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail sternberg@sudeten.de
Erster Personenzug vor 150 Jahren
35 Minuten für 16 Kilometer Neustadt, Mährisch Schönberg, Hannsdorf und Freiwaldau zugestimmt. Festgelegt wurden dabei zwei Bedingungen: Die baulichen Arbeiten und Lieferungen unterstehen der Kontrolle des Ministeriums, und die Bahn muß spätestens nach drei Jahren fertiggestellt sein. Es begann nun die Zeit des Vorbereitens und des Abmessens. Die Baufirma arbeitete mit Arbeitern aus Italien, Mährisch Schönberg und Sternberg; alle erhielten einen guten Lohn. Und der erste Bahnhof, der an der Bahnstrecke errichtet wurde, war der von MährischNeustadt. Am 18. August 1873, damals der 43. Geburtstag von Kaiser Franz-Josef, fuhr der erste Zug. Geschmückte Waggons brachten Baumaterial und ein paar Leute, vor allem Ingenieure und Landarbeiter. Die Begrüßung erfolgte am Mährisch Neustädter Bahnhof durch die Stadtvertreter, Erfrischungen waren vorbereitet und auch eine Kapelle spielte auf. Die Stadt ließ beim Einfahren der Dampflokomotive „dreimal Hoch“ erklingen, und vom Bahnhof begaben sich alle zum Hotel Goebl zu einem Umtrunk. Um 12.30 Uhr fuhr der Zug nach Mährisch Schönberg und von da weiter. Als er um 6.00 Uhr abends zurückfuhr, spielte wieder die Musik und aus Kanonen schossen Salven. Es flossen auch etliche Liter Mährisch NeuOben das alte Bahnhofsgebäude, dann der Umbau und das städter Bier. „Es lebe jetzige Gebäude. die Eisenbahn, es le-
Am 14. Oktober 1873 wurde feierlich die Eisenbahnstrecke eröffnet, die Sternberg mit Mährisch Neustadt, Mährisch Schönberg, Hohenstadt und Freiwaldau verband.
Ein Mährisch Neustädter Original
Der Winter-Schani Der Fotograf „Winter-Schani“ war ein Mährisch Neustädter Original, das jeder kannte. In der Gebietsgeschichte machte sich dieser Mann keinen Namen, aber er übte eine sehr unterhaltsame Arbeit aus.
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etektivarbeit war nötig. Wir verfolgten Spuren, hörten Zeugen, lernten einen Unterhaltungskünstler kennen, identifizierten die Person und suchten Portraits, besichtigten Orte, forschten in Registraturen, legten Karteien und Akten an. Das Motiv dabei war nicht, etwas zu erhaschen, anzuschwärzen oder gar zu glorifizieren; es ging darum, eine Tür zu öffnen, hinter der man jemanden kennenlernen kann. Auslöser war ein Zufall – eine Passage im Büchlein „Goldenes Zeitalter der Mährisch Neustädter Archäologie“ über Dokumentierungspraktiken im Museum. Da die Mährisch Neustädter Archäologin Mizzi Maneth im Museum keinen Fotoapparat hatte, war sie gezwungen, Externe einzusetzen, unter ihnen Johann Winter. Und weil diese Erwähnung über den Fotografen Winter nicht die erste war, bekamen die Nachforschungen ein klares Ziel. Eine reiche Informationsquelle ist die deutsche Heimatortsbetreuerin für Mährisch Neustadt, Sigrid Lichtenthäler, die Informationen und Fotos zur Verfügung stellt. Der rundliche Herr Winter einigte sich über Aufnahmen von archäologischen Funden mit Mizzi Maneth. Diese Spur ist nachweisbar, und wir forschten im Archiv und Namensverzeichnis nach. Erfolgreich! Wir fanden weitere Fakten über Geburt und Familie und auch weitere Fotografien. Und aufs Neue tauchten Zeitzeugen mit Informationen auf, die sich in offiziellen Aufzeichnungen nicht finden. Wer war also jener „Herr Winter“? Johann Engelbert Winter wurde am 4. Mai 1897 dem Ehepaar Johann und Anna, geborene Strouhal, geboren. Sie wohnten in der Olmützer Gasse, der Vater war Maurer. „Schani“, wie sie ihn nannten, war freundlich und gerne unter Menschen. Als junger Mann lernte er Feinmechaniker und schaffte er sich einen Fotoapparat an, der sein Lebensbegleiter wurde. Über sich selbst sagte er, daß er „ein Fotograf für alle Fälle“ sei. Er machte Aufnahmen für Reportagen, hielt das Stadtleben fest, unter anderem große Hochzeiten, Kultur- und Sportaktivitäten, Ge-
burten, Stadtfeste und Tätigkeiten örtlicher Vereine. Der größte Teil seiner Arbeit ergab sich jedoch durch Familienereignisse wie Geburtstage, Hochzeiten, Weihnachtsfeiern. Er war ständig im Einsatz. Winter fotografierte mit Apparaten der Marken Kodak und Leica. Wenn er mit seiner rundlichen Figur in dunkler Kleidung und Mütze auf dem Kopf und mit Belichtungsmesser zwischen den Menschen spazierte, konnte man ihn unmöglich übersehen. Er hatte angeblich auch immer eine Tasche über der Schulter mit Hilfswerkzeug für seine Fototätigkeit und ein Lächeln im Gesicht. Über einen Mangel an Aufträgen konnte er sich nicht beklagen. Damit er einigermaßen bequem seine Arbeit in der Umgebung erfüllen konnte, schaffte er sich ein motorisiertes Fahrrad an. Winter lieferte auch Fotomaterial an Auftraggeber. Und als im Krieg Mangel an Rollfilmen herrschte, fand er eine Ersatzlösung – er stellte Rollfilme aus Planfilmen her. Damit konnte er die Wünsche seiner Auftraggeber erfüllen. Die belichteten Filme entwickelte er sofort, und noch am selben Tag konnte man fertige Fotografien mit Firmenstempel erhalten. Dank der Zusammenarbeit mit Mizzi Maneth, die nicht nur für archäologische Forschungen, sondern auch für MuseumsSammlungen zuständig war, ist bis heute Bildmaterial erhalten geblieben von Arbeiten aus den 1930er und 1940er Jahren. Er fotografierte für sie gefundene Gegenstände, aber der unglückliche Verlust von Negativen beendete die Zusammenarbeit. In dieser Zeit hatte er schon zwei Töchter – Anni (1930) und Josefine (1932), mit deren Mutter er zusammenlebte, ohne daß er mit ihr verheiratet war; er wollte seine Freiheit nicht verlieren. Sie lebten mit Hund Rolfi in der Oberen Alleegasse 18. Nach der Vertreibung kam die Familie nach Hessen, wo Winter-Schani, wie ihn alle nannten, als freier Fotograf arbeitete. Am 14. März 1965 starb er in Rüsselsheim. Von seinen Aufnahmen blieb nur ein Bruchteil erhalten, aber er schuf damit einen bedeutenden Beitrag zur Geschichte von Mährisch Neustadt, und auch für die Mährisch Neustädter Heimatvertriebenen blieb er unvergessen. Nikola Hirnerová Aus dem „Mährisch Neustädter Berichterstatter“, übersetzt von Sigrid Lichtenthäler.
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nvestor war die Aktiengesellschaft Mährische GrenzEisenbahn, deren Hauptkonzessionäre die Mährisch Schönberger Firma Eduard und Karl Oberleithner und die Firma Gebrüder Klein waren. Die Bewilligung zum Bau der Eisenbahn wurde 1871 gegeben. Alles lief nach Plan, bis Anfang des folgenden Jahres die Gesellschaft Konkurs anmeldete. Ein Grund dafür war die jahrelange wirtschaftliche Flaute, durch die es am 9. Main1873 zum Wiener Börsenkrach kam. Gemachte Bestellungen für die Bahnstrecke wurden aber nach dreimonatiger Unterbrechung übernommen, und es gelang, den geplanten Bau bis Ende September 1873 fertigzustellen. Daß Mährisch Neustadt bei der Eisenbahnverbindung von Olmütz über Mährisch Schönberg nicht umgangen wurde, war dem Mährisch Neustädter Bürgermeister Ferdinand Doubrava zu verdanken. Er verhandelte mit der Eisenbahngesellschaft schon ab 1863, denn es gab drei Varianten: der Weg über Bärn, der Weg über MährischSchönberg oder über Sternberg und Römerstadt. Nach langen Verhandlungen fuhr
am 8. Mai 1871 eine Delegation mit dem Zuckerfabrikanten Caspar Fleischmann nach Wien, und nach weiteren Gesprächen wurde dem Ausbau der Strekke von Sternberg über Mährisch
be der Kaiser, es lebe die Eisenbahn“, hörte man überall. An der schnellen Öffnung der Bahnstrecke zweifelte niemand. Die erste „richtige“ Fahrt bereitete man für den 15. Oktober vor, für den Tag vorher erhielten die Bahn-Inspektoren und andere Persönlichkeiten Gastfreundschaft. Aus Sternberg fuhr die Bahn am 14. Oktober 1873 um 8.30 Uhr weg und kam um 9.00 Uhr in Mährisch Neustadt an, wo alle Insassen feierlich empfangen wurden. Am Bahnhof großer Jubel, der Bürgermeister Doubrava hielt eine Rede, dankte dem Investor Karl Oberleithner, und der Zug, in dem sich auch die Mährisch Neustädter Delegation und weitere hundert Mährisch Neustädter Reisende befanden, fuhr nach einer halben Stunde nach Mährisch Schönberg. Weiter ging es durch die romantische Gegend, unterwegs immer wieder feierliche Ansprachen, Hochrufe und Musik an den Bahnhöfen. Der regelmäßige Bahnbetrieb wurde am 15. Oktober 1873 um 4.32 Uhr aufgenommen. Die erste Fahrt von Sternberg nach Mährisch Neustadt dauerte 35 Minuten, nach Mährisch Schönberg weitere 80 Minuten und für die gesamte Strecke wurden fünf Stunden gebraucht. Für Mährisch Neustadt baute man dann einen EisenbahnKorridor, der deutlich besser für Unternehmer hätte genutzt werden können. Für die Zuckerfabrik wurde 1880 ein fast kilometerlanges Anschlußgleis gebaut, und für die Vodicka-Baufirma mit Sägewerk wäre der Schienenweg auch ein Beitrag gewesen. Aber eine weitere Entwicklung des Schienennetzes war nicht bekannt. Dennoch wurde Mährisch Neustadt eine Stadt, die im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts auf modernen Wegen mit dem Land verbunden war. Es zahlt sich also aus, die Gelegenheit am Schopfe zu packen – aber ohne Arbeit geht es nicht. Aus dem Mährisch-Neustädter Berichterstatter vom Oktober 2023, verfaßt von Nikola Hirnerová, gekürzt und übersetzt von Sigrid Lichtenthäler.
WIR GRATULIEREN Mährisch Neustadt. Wir gratulieren herzlich allen Landsleuten, die im Februar Geburtstag feiern können und wünschen ihnen alles Gute! Am 3. Elisabeth Felske/Klapka (Müglitzer Gasse) zum 85. Geburtstag in Bad Camberg; am 4. Mizzi Heizenröder/Berger (Untere Alleegasse) zum 90. Geburtstag in Trebur; Karl Heinz Leiter (Wallgasse) zum 83. Geburtstag in Riedstadt und Johann Niesner (Untere Alleegasse) zum 90. Geburtstag in Volkmarsen; am 5. Brigitta Neumann/Benesch (Olmützer Gasse) zum 86. Geburtstag in Nidderau; am 6. Peter Mannl (Sternberger Gasse) zum 81. Geburtstag in Kriftel; am 7. Waltraud Bartel/Reimer (Herrengasse) zum 83. Geburtstag in Groß-Zimmern;
am 8. Waltraud Deuermeier/ Heger (Obere Alleegas- se) zum 81. Geburtstag in Wolfhagen; am 10. Elisabeth Felgenhauer/Plhak (Flurgasse) zum 86. Geburtstag in Weinbach; am 11. Walter Roland (Gr. Neustift) zum 92. Geburtstag in Weilburg; am 18. Ferdinand Meixner (Sternberger Gasse) zum 91. Geburtstag in Gemünden; am 20. Walter Pollak (Untere Alleegasse) zum 88. Geburtstag in Leutenbach; am 22. Erhard Kauer (Herrengasse) zum 82. Ge-
burtstag in Besseringen-Merzig und Liesbeth Schackert/Wiesner zum 83. Geburtstag in München; am 23. Walter Bartel (Müglitzer Gasse) zum 85. Geburtstag in Fulda und Heinz Hornitschek (Mittelgasse) zum 82. in Groß-Gerau;
am 24. Walter Felzmann (Feldgasse) zum 85. Geburtstag in Löhnberg; am 25. Anton Fischer (Schwabengasse) zum 93. Geburtstag in Frankfurt und Otto Seuchter (Stadtplatz) zum 89. Geburtstag in Wolfhagen; am 27. Hans Brixel (Herrengasse) zum 91. Geburtstag in Berlin und Othmar Fischer zum 81. Geburtstag in Kempten; am 28. Franz Drexler (Mittelgasse) zum 88. Geburtstag in Niedernhausen und Helga Schafmeister/Bernhauer (Sternberger Gasse) zum 81. in Herne. Sigrid Lichtenthäler Ortsbetreuerin
STERNBERGER HEIMAT-POST
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� Noch ein Mährisch Neustädter Original
Adolf Zink – klein mit großem Talent Mit Freude las Sigrid Lichtenthäler den Bericht von Nikola Hirnerová und übersetzte ihn gleich. Es geht um unseren Landsmann Adolf Zink, den viele kennen und erlebt haben.
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er bedeutende Mährisch Neustädter wurde am 23. Januar 1874 als drittes von acht Kindern geboren. Vater Johann, der Weber war, und Mutter Rosalie lebten in ständiger Not. Der älteste Bruder Karl starb im März 1874 und Schwester Theresia nach der Geburt. Bei Adolf zeigte sich eine Wachstumsstörung, aber was ihm an Größe fehlte, bekam er als Talent. Bei dem Jungen machte sich bald eine komödiantische Begabung bemerkbar, er schauspielerte sehr gut, sang und tanzte. Obwohl nicht größer als einen Meter, hatte er ein ansprechendes Gesicht und eine symmetrische Figur. Und er wollte unbedingt Theater spielen.
Zu seiner Zeit existierte das Theater „Gesellschaft der kleinen Leute“ (Miniatur-Schauspieler-Gesellschaft), welches die Brüder Rosenfeld leiteten, und dorthin ging Adolf. Bald war er der Star der Vorstellungen und die Kritiker voll des Lobes, wie er seine Rollen spielte. Durch sein Talent übertrumpfte er all seine Mitspieler; er hatte ein breites Ausdrucksregister und war ein Komödiant, ohne vulgär zu sein. Dazu war Adolf Zink ein ausgezeichneter Sänger und gewandter Tänzer. Die „Gesellschaft der kleinen Leute“ trat in Deutschland, Österreich, Belgien, England und Rußland auf, und nach den vielen Erfolgen entschieden sich die Mitglieder, ihr Glück über dem Ozean zu suchen – New York, Chicago, Cincinatti. Und wieder hatten sie Erfolg. Sie entschieden sich, in den Vereinigten Staaten zu bleiben, und baten um Aufenthaltserlaubnis, die sie auch erhiel-
ten. Dabei sicherten sie zu, sich auch an Vereinbarungen zu halten, die die Theaterbranche betrafen. Aber: drei Männer aus dem Ensemble kamen hinter Gitter. Die San-Francisco-Zeitung schrieb am 15. Dezember 1896, daß tags zuvor ins Bostoner Gefängnis drei Mitglieder der kleinen Leute des deutschen Theaterensembles gebracht worden waren, die hier vergangene Woche Theater gespielt hatten. Grund war die Anklage des New Yorker Dramatikers Adolph Philips, weil ein vor zwei Jahren unterschriebener Vertrag mit ihm nicht erfüllt wurde. Eingekerkert wurden Frank Ebert, Max Walter und Adolf Zink. Die Zeit ihres Gefängnis-Aufenthaltes war aber insgesamt nicht lange, denn das Ensemble zog bald weiter. Sie spielten originelle Spiele und Bühnenbearbeitungen, bei denen immer Musik dabei war, heute würde man dazu „Musical“ sagen. Zink war berühmt
für seine Fähigkeit, Frauenrollen darzustellen; Verkleidung und Frauenrollen waren sein Metier. Nach Beginn des Stummfilms begann man, außer den Theaterbühnen auch die Kamera zu entdecken. Obwohl Adolf Zink die amerikanische Staatsbürgerschaft hatte, entschied er sich, nach Ausbruch des Weltkrieges, nach Hause zurückzukehren. Er kaufte sich ein Haus in Groß Ullersdorf und fuhr auch oft nach Mährisch Neustadt – immer elegant gekleidet mit dunklem Anzug, weißem Hemd, Lackschuhen und Hut. Er war leidenschaftlicher Fischer und Jäger, widmete sich dem Sportschießen und fuhr auch zu örtlichen Scharfschützen-Wettkämpfen. 1939 berichtete er im voll besetzten Mährisch Neustädter Volkshaus über sein Leben und seine Stummfilmzeit, aber 1946 zog er wieder in die Vereinigten Staaten, wo er am 23. Oktober 1960 starb.
� Im Wandel der Zeit
Vogtei, Kaserne und schließlich Wohnhaus 16) und der Acker-Wiesen-Waldbesitz um den Großen Hof, seit 1782 Groß-Neustift. Im Besitz der Stadt war das Hauptgebäude und fand zunächst Verwendung als „Herrenhaus“. 1749 wurde es zur Kaserne umgebaut, diente zeitweilig als Kriegslazarett und seit 1885 als städtisches Mietshaus. Schließlich ließ die Stadt den ganzen Gebäudekomplex, der inzwischen marode war, abtragen und verkaufte die drei Bauplätze 1911 für Neubauten. An
zu bauen. Die Parzelle „Herrenhaus“ kauften am 5. November 1911 der Stadt- und Primararzt Dr. Emil Miller und seine Ehefrau Therese, geborene Fleischmann. In ihrem Auftrag schuf Baumeister Zděnko Vodicka den Bauplan im Stil eines Nürnberger Patrizierhauses und stellte das zur Erinnerung an die mit 22 Jahren 1911 verstorbene Tochter des Bauherrn genannte „Marthahaus“ bis September 1912 fertig. Dr. Emil Miller war Arzt und Sammler und auch am Aufbau
Dr. Emil Miller, hatte große Pläne. Das Museum, anfangs in einem Raum der Knabenschule in der Klosterkirche untergebracht, sollte umgelagert werden in ein repräsentatives Haus am Stadtplatz; in sein erbautes Haus von 1911. Aber es kam zu Streitigkeiten mit dem städtischen Rat, und vom Geplanten wich man ab. Nach dem Tode Dr. Millers wurde seine Witwe alleinige Besitzerin und verkaufte das Haus 1928 der Sparkasse der Stadt Mährisch Neustadt, die im Erd-
hand darstellen, der verkündet: „Hier ward Deutsches Recht gehegt seit 1223“. Das Martha-Haus, das mit zu den Schönsten des Stadtplatzes gehört, wurde 2020 (die Information stammt aus dem MährischNeustädter Berichterstatter) Kulturdenkmal. In ihm sind heute die Büros der Stadtverwaltung untergebracht, und die Experten würdigten den architektonisch künstlerischen und historischen Wert des Hauses. Nach fachmännischem Standpunkt ist es ein
Durch ein breites Einfahrtstor von der Platzseite oder ein kleines Pförtchen in der Fronfestgasse gelangte man in eine Art Hofraum, zu dessen beiden Seiten enn wir durch das Städtsich die laubenartigen Verkaufschen Mährisch Neustadt stände der Fleischerzunft befanspazieren, fällt auf der Südseiden. Die Fleischhauer hatten date des Stadtplatzes das Marthamals noch nicht ihre Geschäfte Haus auf. Früher stand an dieser in speziellen Gassen oder eigeStelle die Vogtei, das Herrenhaus nen Häusern. Die Schlachtunfür den Stadtvogt mit den benögen fanden meist zu Hause statt, tigten Stallungen in der Herrenaber „ausgehackt“ wurde in der stallungsgasse, daher der spätere Fleischbank. Auch früher war das Name „Herrengasse“. Geld knapp, und wurde zum BeiÜber die Vogtei schrieb im spiel ein Rind geschlachtet, Neustädter Ländchen 1944 so teilten sich einige FleischProfessor Otto Kühnert, deshauer das Fleisch zum Versen Bericht hier gekürzt weikauf. tergeben wird: Aber fast jeder Fleischhauer Man vermutet, daß der Bauhatte seine eigene Schafherde, platz der Vogtei schon bei der die außerhalb der Stadt weiStadtplanung im Jahre 1213 dete. Die Schafzucht war lohvom Vogt Theoderich festgenend, da sie fast nichts kostelegt worden ist, der hier, auf te. Am frühen Morgen wurden dem vornehmen Platze, sein die Tiere ausgetrieben und und seiner Erben Wohnhaus spät abends wieder nach Hauerbauen wollte. Hier sollte der se geholt. Dort genügte den Amtssitz des Vogtes der NeuTieren ein großer Klumpen en Stadt sein, dessen Würde Steinsalz zum Lecken und im der Markgraf bereits festgeWinter ein wenig Heu. So wurlegt hatte. de billiges Fleisch erzielt, und Das Amt des Vogtes als für die Schafwolle war reichRichter und Zinseinnehmer lich Absatz bei den Tuchmawar materiell gut ausgestatchern, deren Gewerbe damals tet, aber ab 1352 ging „der An der Südseite des Stadtplatzes steht das Martha- oder Millerhaus, 1912 erbaut von Dr. Emil Miller und benannt nach seiner verstorbenen Tochter Martha. Die blühte. Rang des Oberhofes über al- kleinen Bilder oben zeigen dieselbe Stelle, jedoch mit der alten Vogtei und den Fleischbänken. Darunter das Martha-Haus und der neue Schlachthof. Aber alles wandelte sich. So le nordmährischen Gemeinerlebten Schafzucht und Tuchwesen Magdeburger Rechts“ von die Stelle der Fleischbänke trat des Strelitzer Museums beteiligt, geschoß ihre Diensträume ein- herausragendes Beispiel des ro- macherei ihren Niedergang, Mährisch Neustadt an Olmütz. die Buchhandlung Meier, wo- das im Jahre 1900 eröffnet wur- richtete. manischen Historismus mit neu- während die Fleischerzunft eiZur Vogtei gehörte ein gan- gegen die Bauparzelle „Militär- de. Er wollte aber auch ein StadtDamit die Denkwürdigkeit der gotischen Elementen und einer nen Aufschwung nahm, wie der zer Häuserkomplex, nämlich das kaserne“ geteilt wurde in „Hin- museum in Mährisch Neustadt Stätte auch äußerlich zu erken- Reihe gut erhaltener handwerk- Bau eines stattlichen SchlachtWirtschaftsgebäude (Fronfest- terhaus“ und „Herrenhaus“. Die gründen, was ihm 1906 gelang. nen war, bekam der akademische licher Details. Die Parzelle der hauses und der Motorbetrieb gasse 1, Schwabengasse 5) und, Parzelle „Hinterhaus“ wurde bis Das Mährisch Neustädter Muse- Bildhauer Gustav Jekel vom Bür- alten Fleischbänke erwarb die bei der Wursterzeugung beweidurch einen Schwibbogen über 1927 als Garten des Distriktarztes um ist in den ersten Jahren nicht germeister der Stadt 1943 den Buchhandlung Meier (Die Infor- sen. Die alten Fleischbänke, die das Scherchgassl verbunden, die Dr. Rudolf Schmidt genutzt und nur mit privaten Mitteln entstan- Auftrag, ein steinernes Hoch- mationen sind aus dem Neustäd- durch Erbschaft oder Kauf von Fleischbänke in der Fronfestgas- dann städtischer Kinderspiel- den, sondern erhielt auch Unter- bild für die Zwischenfensterflä- ter Ländchen vom 10. Juli 1921, Generation auf Generation überse 2, dann das Gefängnis Fron- platz. 1930 erwarb das Grund- stützung vom mährischen Lan- che an der Stirnseite des Hauses Th. Klein): Auf diesem Grund- gingen, wurden abgerissen und festgasse 5, die Vogteimühle, die stück Direktor August Lohwas- deskomitee. Aber der Schöpfer zu schaffen. Es sollte einen Ro- stück stand früher ein altes Ge- den gesteigerten WohnungsbeHerrenstallungen (Herrengasse ser, um sich hier ein Wohnhaus des Museums und Hauptmäzen, land mit Schwert und Schwur- mäuer, „Fleischbank“ genannt. dürfnissen zugänglich gemacht.
Heute stehen wir noch einmal am Stadtplatz und erfahren, welche Gebäude früher am Platz des Martha-Haues standen.
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 3 | 19. 1. 2024
Redaktionsschluß: Jeweils der 5. des Erscheinungsmonats. Redaktion: Kathrin Hoffmann, Telefon (0 81 04) 88 80 10, eMail zuckmantel@sudeten.de
Über Franz Schubert gibt es Auf den Spuren des Liederfürsten Franz Schubert zahlreiche Publikationen, die meisten haben eine Aufzählung seines umfangreichen Werkes zum Inhalt. Eine umfassende Darstellung der Ahnenreihe, die 400 Jahre Familienchronik umfaßt, wurde ben mußte, wenn ein Klavier Klavier, und die Sänger sanvon der Urgroßenkelin Martha zur Verfügung stand. gen seine Lieder. Auch LeBöhm-Schubert zusammengeIm Laufe seines kurzen Lesungen und geistvolle Unterstellt. Die Ahnentafel I beginnt bens – er wurde nur 31 Jahre haltungsspiele, welche häufig mit seinem Großvater Carl Schu- alt – entwickelt er eine Prounter einem bestimmten Thebert aus Neudorf. duktivität, die unvergleichma standen, gehörten zu den lich ist. Schätzungsweise hat Abenden. ranz (Seraphicus Peter) Schu- er 30 000 Stunden mit KompoIm Alter von 25 Jahren trifft bert, geboren in Lichtent- nieren verbracht, sogar beim Schubert eine gesundheitliche hal bei Wien (Himmelpforten- Schlafen soll er eine Brille geKatastrophe, als er bei sich die grund) am 31. Januar 1797, tragen haben, damit er seine Symptome für Syphilis entwuchs als Sohn eines Lehrers in nächtlichen Einfälle sofort nodeckt. Schubert kommt in das sehr bescheidenen, man kann tieren konnte. Seine neunte modernste Krankenhaus Eusagen dürftigsten Verhältnissen Sinfonie ist allerdings unvollropas in Wien, das 1784 vom auf. In dem kleinen Wiener Vor- endet geblieben. kaiserlichen Reformer Josef ort lebten in 86 Häusern über Mit 21 Jahren ist Schubert II. eröffnet worden war. In der 3000 Leute. In der kleinen Ein- einige Zeit Musiklehrer beim nicht gerade anregenden Umeinhalbzimmerwohnung, die im Grafen Esterházy in Zseliz gebung von „GeschwürkranWesentlichen aus einer großen (heute Ungarn). In den restliken“ im „Ausschlagzimmer“ Rauchküche bestand, wurden 14 chen zehn Jahren lebt Schuschreibt er aber die schönsten Oben rechts Franz Schubert auf einem Lieder, wie die Liederzyklen Kinder geboren, von denen nur bert bei verschiedenen FreunGemälde von Wilhelm August Rieder „Winterreise“ und „Schwafünf überlebten, und Franz Pe- den, zuletzt bei seinem Bruder (1875, nach einer Aquarellvorlage von nengesang“. ter war das zwölfte Kind. Sei- Ferdinand, und wird zum Zen1825). Oben das Haus in Zuckmantel, ner Mutter Elisabeth war er auch trum und Magnet kunstliebenAls sich 1825 seine Konditiin dem Schuberts Mutter 1756 zur Welt on bessert, unternimmt er mit über ihren frühen Tod hinaus in der Zirkel: den „Schubertiakam. innigster Liebe verbunden. Da- den“. Bei den ersten Schuberdem Sänger Michael Vogl eine Bilder: Wikipedia, Alte Heimat Zuckmantel lange Reise durch Oberöstergegen bestand zu seinem Va- tiaden spielte Franz Schubert ter, der zwar sehr fromm, aber selbstgerecht und despotisch AHNENTAFEL VON FRANZ SCHUBERT I war, ein gespanntes Verhältnis. Er hielt vom KomponieCarl Schubert1 Susanna Mück2 ren nicht viel und hat es ihm 6.5.1723 Neudorf Nr. 41 13.5.1754 19.1.1733 Neudorf schließlich verboten und sogar ✝6.12.1787 ✝2.8.1806 Hausverbot erteilt. Schon früh zeigt sich bei Franz die musikalische Begabung, und er lernt bei seinem Maria Theresia Maria Theresia Johann Josef Franz Theodor Florian4 Franz Anton Johann Carl Alois3 älteren Bruder Ignaz Klavier, 3.4.1755 6.1.1757 4.1.1759 26.11.1759 22.10.1761 11.7.1763 den er bald trotz seiner kur✝29.12.1804 ✝11.8.1762 ✝4.1.1759 ✝19.8.1762 ✝14.9.1762 ✝9.7.1830 zen „Wurstfinger“ überflügelt. Durch seine guten Zeugnisse und seine Sopranstimme Anna Elisabeth Anna Maria Thekla6 Susanna Gottfried Johann Josef David Maria Theresia5 wird er in das k.u.k-Stadtkon 28.7.1765 18.9.1767 2.5.1770 29.1.1773 12.2.1774 4.8.1775 27.1.1778 vikt aufgenommen, in dem er ✝1.10.1781 ✝nach 1830 ✝22.2.1773 ✝14.2.1774 ✝19.9.1775 ✝27.1.1778 sehr nach innen gekehrt ganz seiner Musik lebt, von dem Hofkapellmeister Antonio Sa1 Carl Schubert war Bauer und Ortsrichter in Neudorf Nr. 41. Er kauft am 14. Januar 1759 das Bauerngut seines Schwiegervaters Andreas lieri gefördert wird und beMück für 203 Taler. reits mit 14 Jahren seinen Weg 2 Susanna war die Tochter von Andreas Mück, Bauer in Neudorf, geboren um 1731. als Komponist geht. Aber es 3 Johann Carl wird Schullehrer an der Karmeliterschule in Wien-Leopoldstadt. Er heiratet am 15. Februar 1778 Maria Anna Becker, Witwe ist ein schwieriger Weg, da er des Andreas Becker, Schullehrer. die im Konvikt geltenden Dis4 Franz Theodor Florian wird Schullehrer in Wien-Lichtenthal, seit 1786 Lehrer und Schulleiter von der Elementarschule in Wien-Lichtenthal ziplinen nicht beachtet und und seit 1818 Schulleiter von der Rossauer Schule. Er heiratet am 17. Januar 1785 Maria Elisabeth Katharina Vietz, Tochter des Schlosserdaher fast relegiert wird, bis meisters Vietz aus Zuckmantel. Franz Theodor Florian und Elisabeth kaufen am 14. Mai 1801 in Wien das Haus Nr. 14, „Zum schwarzen Röser schließlich mit 16 Jahren sel“ genannt. dem Konvikt auch dem Mili5 Maria Theresia heiratet am 16. Januar 1786 Anton Bierend aus Waltersdorf Nr. 23. tärdienst „entkommt“ und als 6 Anna Maria Thekla heiratet am 20. Oktober 1789 Florian Harbich, Schneidermeister aus Woitzdorf, der 1791 den Bauerngrund Nr. 41 in NeuHilfslehrer beim Vater angedorf übernimmt. stellt wird. Anmerkung: Die 13köpfige Kinderschar wurde in weniger als 24 Jahren nach der Trauung geboren, aber nur zwei Söhne und eine Tochter Jetzt beginnt sein komposiüberleben. Carl Schubert soll als Regimentsmusiker bis nach Flandern gekommen sein, wurde 1760, etwa mit 37, ältester der Geschworenen. torisches Schaffen: die ersten Er ließ 1780 zwischen Neudorf und Hohenseibersdorf einen „Christus am Ölberg“ aus Sandstein errichten. Ungeklärt ist, warum die beiden fünf Sinfonien, vier Messen, Söhne Johann Carl Alois und Franz Theodor Florian aus einer wohlhabenden Bauernfamilie den Hof aufgeben und zuerst in Brünn und dann sechs Opern, vier Streichquarin Wien eine höhere Bildiung anstreben und dann den Lehrerberuf ergreifen. tette, neben einer Vielzahl kleinerer Stücke und etwa 270 Liedern. In dieser Zeit erlebt er auch seine erste und einzige AHNENTAFEL VON FRANZ SCHUBERT II tiefe Liebesbeziehung zu der Sängerin Therese Grob, für Franz Theodor Florian Schubert Maria Elisabeth Katharina Vietz die er auch seine erste Messe 17.1.1763 Neudorf 30.10.1756 Zuckmantel 17.1.1785 komponiert. Da die Eltern von ✝9.7.1830 Wien ✝28.5.1812 Wien Therese die Verbindung mit dem „armen“ Musikus verhindern, endet die Liebesbeziehung unglücklich und führt Carl Franziska Magdalena Franziska Magdalena Franz Carl Anna Caroline Elisabeth Ignaz Franz1 dazu, daß Franz keine dauer 8.3.1785 1.3.1786 23.4.1787 6.1.1788 5.7.1789 10.8.1790 11.7.1791 hafte Bindung mehr eingehen ✝30.11.1844 ✝13.8.1788 ✝6.2.1788 ✝19.8.1782 ✝1.1.1792 ✝10.8.1790 ✝20.7.1791 kann. Durch seine geniale Fähigkeit, tiefste Inhalte sofort muJosef Ferdinand Lukas2 Franz Carl3 Franz Seraphicus Peter Aloisia Magdalena Maria Theresia4 Peter sikalisch auszudrücken, soll er 29.6.1792 16.9.1793 18.10.1794 5.11.1795 31.1.1797 17.12.1799 17.9.1801 den „Erlkönik“ mit leuchten✝14.1.1793 ✝18.10.1793 ✝26.2.1859 ✝20.3.1855 ✝19.11.1828 ✝18.12.1799 ✝7.8.1875 den Augen sofort vertont und noch am selben Abend aufgeführt haben. Auch das „Forel1 Heiratet am 14. September 1836 Wilhelmine Grob ( 1784, ✝18. Januar 1856). lenquintett“ soll er nach einem 2 Ferdinand Lukas war Kirchenkomponist und Pädagoge, 1809 Schulgehilfe und 1816 Lehrer im Waisenhaus, 1820 Regenschori (Dirigent eilangen Abend mit Freunden nes Kirchenchores) in Alt-Lerchenfeld, 1824 Lehrer an der Hauptschule zu St. Anna, 1851 Direktor dieser Anstalt, heiratet am17. Januar 1816 und etlichen Flaschen Wein Anna Maria Schülle ( 25. April 1794, ✝29. Mai 1831), heiratet am 2. August 1831 zum zweiten Mal Theresia Spazierer ( 9. Dezember 1810, und Zigarren geschrieben ha✝1882). ben. Wie es heißt, hat Schubert 3 Franz Carl ist Landschaftsmaler und Kalligraph und heiratet am 19. November 1823 Theresia Schwemminger ( 17. Oktober 1799, ✝1855). wie übrigens auch Mozart im 4 Maria Theresia heiratet am 31. August 1823 Matthias Schneider ( 1788, ✝1861). Kopf komponiert, so daß er es dann nur noch niederschrei-
Wurzeln in Zuckmantel
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reich. Zurück in Wien wirkt er oft abwesend, es plagen ihn ständig gesundheitliche und finanzielle Probleme. „Alles geht miserabel“, schreibt er, denn aus der Bewerbung um die Zweite Hofkapell-meisterstelle wird nichts, ebenso auch nichts aus Opernplänen. Von seinen Verlegern bekommt er einen Gulden pro Lied. Seine Not um Geld für Medikamente wird schamlos ausgenutzt. In der Forschung konnte bisher nicht herausgefunden werden, wie viele Lieder Franz Schubert tatsächlich geschrieben hat. Schubert war sehr spendabel und gab das Geld aus seinen Schuldiensteinnahmen und für seine Kompositionen für Abende im Freundeskreis in den Altwiener Gasthäusern aus. Wenn er seine Rechnung nicht bezahlen konnte, wurde auch gerne ein Lied in Zahlung genommen, das Schubert oftmals gleich am Wirtshaustisch komponierte. Vermutlich sind da einige „Schätze“ für immer verloren gegangen. Franz Schubert schuf die gewaltige Fülle von rund 600 Liedern, darunter Vertonungen von Gedichten von Johann Wolfgang von Goethe, Heinrich Heine, Ludwig Hölty, Theodor Körner, Friedrich von Matthisson, Friedrich Rückert und Friedrich Schiller. Für die Bühne schrieb er mehrere Opern und Singspiele, die sich aber nicht lange gehalten haben, auch seine Kirchenmusik (unter anderem sechs Messen, eine „deutsche Messe“) hat keine große Wertschätzung erfahren. Seine großen Orchesterwerke sind bis auf die große CDur-Sinfonie und die berühmte „Unvollendete in h-Moll“ unaufgeführt geblieben. Zu Schuberts bekanntesten Liedern gehört das Lied „Der Lindenbaum“, bekannt auch als „Am Brunnen vor dem Tore“ aus dem Zyklus „Winterreise“ In seinem letzten Lebensjahr schreibt Schubert eindrucksvolle Kompositionen, sein Tagebuch wird dagegen immer spärlicher. Da er ständig unter Kopfschmerzen leidet, wird ihm Landluft verordnet, so zieht er im Juni 1828 zum Bruder Ferdinand, mit dem er noch einen langen Fußmarsch (70 Kilometer) zum Grabe von Joseph Haydn unternimmt. Schuberts Tod meldet sich gespenstisch beim Abendessen mit den Brüdern im „Roten Kreuz“ an, als er plötzlich Messer und Gabel ablegt und von da an nicht mehr ißt und trinkt und nur noch Medikamente einnimmt. Franz Schubert stirbt, wie es heißt, an „Nervenfieber“, an der gleichen Krankheit wie seine Mutter, nachmittags um drei an ihrem Namenstag, am 19. November 1828. Rudolf Heider Literatur: Wikipedia. Martha Böhm-Schubert, Siehe Fußnote 1. Blätter für Heimatkunde, 14. Jahrgang, 1928, Brünn, Heft 56, Seiten 134 ff. Sudetendeutsche Familienforschung, 10. Jahrgang,1937–38, Aussig, Heft 2, Seite 71. In der nächsten Ausgabe, die am 16. Februar erscheint, werden wir uns ausführlicher mit der Mutter von Franz Schubert beschäftigen